Der verschollene Sohn Roman von M. Betzhold (18. FortsetzungJ «Run, das Geschirr stand in den Schranken undwir bat-eng seit lan ger Zeit nicht mehr gebraucht, jeden Monat wurde es nachgesehen und ge hust. Vor acht Tagen waren die Schkänke noch Voll, es fehlte nichts, ich kann das mit voller Sicherheit bei« dank-ten Heute Abend wollte icb aus einem der Schränie etwas holen, da fiel es mir sossort.auf. daß Manche-Z fehlte· ich sah genauer nach und ent deckte zu meinem Schrecken, daß so wohl die Silbetschränte wie die Lein wandfchtänte beraubt waren." - Die alte Frau machte eine Pause, der General schüttelte den Kopf, als ob er sagen wolle, er begreife. das nicht« Elsriede und ihre Mutter erwarteten mit sichtbarer Spannung die Fort sekuna »Und es fehlt viel, sehr oiel«, strbr Brigitte nrit stockender Stimme fort, »der Dieb hat sich Zeit genommen, die werthvollsten Stücke auszusuchen und alles Uebriae so zu arranairen, daß die Lüsten nicht sobald bemerkt wer den tonnten.« «Sapverment, wie ist das denn möglich?« rief der General. »Hm denn ein Eindruck- stattzaesunden, oder ist das Haus einige Stunden lang of fen und unbewacht aetvesen?« «Keines von beiden. und eben des kackldb ist es auch mir ganz unbegreif t I «Na, und das Dienstmädchen?« i l...Die ist treu wie Gold, Herr Gene -a .« Degen Sie denn gean sonst Nie mand Verdachtsf «Wsie könnte ich das? Der Diebs muß ja mit der Einrichtung unseres-; hauses genau bekannt gewesen sein,« auch von dem Jnhalt ver Schriinte41 Kenntniß gehabt haben, und von al-ä len Leuten. die bei uns aus- und ein-I gehen, wüßte ich keinen, den ich dieser! Schandthat fähig halten könnte.« ..Ja, wenn Sie gar nichts anzuge ben wissen· dann wird die Unter suchuna sehr schwierig sein«« sagte die -Generalin. »und unter diesen Uni ständen wäre es doch wohl rathsam, mit der Untersuchung bei dein Dienst mädchen zu beginnen.« .Ganz meine Meinung«, nickte der General. .Was sagt denn die Frau Maiorin dazu?« »Ich habe noch nicht den Muth ge sunden, ihr Mittbeilung davon zu machen«. erwiderte Brigitte. »Ich xvollte vorher Sie um ihren Rath bit-. en.« «Savperrnent, ich weiß wahrhaftig nicht, welchen Rath ich Ihnen geben foll, da Sie ja nicht im Stande find, mir eine Spur anzugeben.« .Etwas weiß ich doch, aber oh dies zur Entdeckung des Thiiters führen wird, vermag ich nicht zu bestimmen. Vor einigen Tagen meldete das Mäd chen mir, es habe am Morgen die Hausthüre unverschlossen gesunden, die Riegel waren zurückgeschoben und das Nachtschloß offen, und doch be hauptete es mit voller Sicherheit« am Abend vorher die Thüre in aewohnter Weise geschlossen zu haben.« »Ah, das ist etwas!« sagte der Ge neral. »War kein Fenster offen, durch welches der Dieb eingestiegen ist? Sie wissen ja, wie man’s hier bei mir ge macht hat!« »Nein, die Fenster waren alle ge schlossen.« «Gut, dann muß der Schust sich am Tage in's Haus geschlichen und dort versteckt haben; natürlich voraus gesegt. daß das Mädchen wirklich kein Verdacht treffen kann.'· Frau Brigitte blickte eine Weile schweigend vor sich hin, man sak- ihr an, daß diese Bemerkung sie in Verle genheit setzte. . .Das ist’5 ja, daß ich eine Dumm heit begangen habe, die ich meiner ausdan Frau gar nicht gestehen dars«, sagte sie nach einer Pause, wölk fest ihr Blick voll ängstlicher Befug niß die Anwesenden streifte. «Ste see-den es mir noch am wean übel set-ern Herr General, da Sie ja auch aster- heß Vertrauen geschenkt ha - J »Der Frau Denk-" nagte ver Gene ral eisria. »Mit-sen Sie aus die Ver dacht geworfen?« »Das nicht. Wir waren Alle nicht wohl, die Frau Heß wollte mir einen Trank geben« der uns turiten sollte; und wenn man trank ist. dann bedenkt man sich nicht lange, man greist eben u Allem. was helfen kann. Die gnä ige Frau durste aber davon nichts wisse-. sit mag die Frau Heß nicht seiden. und von ihren Kuren will sie erst recht nichts missen. Deshalb lie ssen wir an jenem Abend, da die Frau einige Male aus und ein ging. die Haustbiir essen, inzwischen sollte Deß draußen Wache halten. Der Trank ist denn auch gebraut worden, und wir baden allesamt-at bis sum anderen Morgen fest gelebt-dies ' Lenkt geholfen?« fragte der Ge eea . . ,chl, ern-as Kopfweh hatten wit. . i Kahn der Magen war wiederi Oele-L , Und in derselben Nacht ist der W verübt werdens« sagte El ; « I» Da sollte man ast glauben, AMMJU ist elem Zweck I s »Sapperrnent, ich möchte den Ver rdacht doch nicht so offen aussprechen!'« serwidertse der General kopfschüttelnd »Der Heß hat vielleicht nicht Wache ge balten und ein berurnlungernder Lurnp hat die offene Hausthüre bemerkt, wer tann wissen, wie die Sache zusammen hängt!'« »Seltsam ist es doch, daß gerade in den Häusern gestohlen wird, in denen die Frau Heß Patienten gesunden bat«. sagte die Generalin nachdenllich. »Dir rietb sie, das Schlafzinnner zu räumen und das Fenster Tag und Nacht offen zu lassen. und dieses of fene Fenfter benutzte der bis heute noch unbekannte Dieb, um Dich zu be stehlen.« .Und dabei fallen die Ebeleute hesz ihre Hände iin Spiel aebabt haben?« faate der General. während er lang sam auf und nieder wanderte. »Ich tann das nicht glauben, und aus dem zufälligen Zusammentreffen verschiede ner Ereignisse läßt sich dasiir auch kein Beweis stehen« - »Ich möchte es auch bestreiten«', er widerte Frau Brigitte, »die Deß sind ordentliche Leute« und rnan muß da täi berücksichtigen daß er Polizeidiener i .« »Damit beweisen Sie das Gesen theil nicht«, sagte die Generalin, »Dek tor Bitter bat dein Manne niemals getraut und oft geäußert, man müsse einen besseren Beamten anstellen. denn von diesem könne man teinen Schuh erwarten.' »Te: Doktor Bitter ift natürlich wütbend auf ihn. weil die Frau Deß ihm in’s Handwerk pfuicht«, fpottete der General, »ich tann’s ihm nicht iibel nehmen. Aber wir streiten um des Kaisers Bart und veraessen die Haupt sache Von dem Diebstahl muß na türlich sofort Anreiae Wem cht wer den« Frau Brigitte. da hilft kein Ber tuschen, Sie müssen Alles anqeben, rrias Sie wissen, das ift nun einmal Ihre Pflicht und Schuldigkeit.« »Aber die gnädiae Frau ·—«« »Die wird Ihnen auch den Kopf nicht abreisrem überdies lann Ihnen auch kein schwerer Vorwurf gemacht werden« »Ich habe ihr ohne ihr Wissen den Trank der Frau Heß ir, einem Giase Glühwein gegeben« »Und hat der Trank sie kurirt, was will die Frau Majorin Ihnen dann noch vor-werfen? Recht war es frei lich nicht. aber es ift geschehen. und ändern läßt sich nun nichts mehr da ran. übriaens werde ich Sie schon in Schutz nehmen, wenn das Gewitter aar zu fis-r rk los-bricht Ich bealeite Sie ich will mich an Ort und Stelle von der Sachlage unterrichien und der Frau Majorin mit Rath und That zur Seite stehen« Frau Brigitte war für dieses An erbieten sehr dankbar. aber sie trat doch mit schwerem Herzen den Heim wea an, die Worte des Generals hat ten sie nicht beruhigt. 16. Bruno Winter war spät in der Nacht beimaekehrt, und zwar in der Nacht vor dem Tage, an welchem Rie del seinen Geburtstag feierte. Eine Einladung zu dem Fest fand er in seinem Zimmer, als er sie las, glitt ein triumphirendes Lächeln über seine Lippen. " »Ich werde das Ziel erreichen«, sag te er leise, »nur Geduld, es fällt kein Baum auf den ersten Streich.« Am nächsten Morgen war er schon friih aus den Federn, er schellte dem Kellner und forderte sein Frühstück. »Wenn der Postbote kommt, so sa gen Sie ihm, daß ich zurückgekehrt sei", rief er ihm nach und das Friihs ftiick stand kaum auf den Tisch, als der Briestriiaer schon eintrat. »Sie sind ein Mann von Wort«, sagte Winter inbeiterem Tone. »das freut mich, ich sehe- man kann sich auf Sie verlassen« »Ei, das will ich meinen!« erwiderte der Beamte schmunzeknd »hier ist die Zeitung und hier ein Brief.« »Na, so warten Sie doch noch einen Augenblick. haben Sie keines Brief, der für meinen verunglückten Freund bestimmt warf« ,.An Herrn Felsan? Jch glauber nicht, aber ich will noch einmal nach sehen.«« Der Postbote nalrm die Briefe aus seiner Tasche und sah nach, Winter stand neben ihm, fein scharfer Blick suchte aber eine andere Adresse, als die seines Freundes. «halt!« sagte er plötzlich, indem er rasch die band aus-streckte und einen Brief ergriff, «da ist ja der Brief aus Afrika, den die Frau Majorin so lan ge schon erwartet.« »Im-obl; sawth in einer halben Stunde wird sit Hm baben.« »Ist-lieu Sie mir einen großen Ge fallen erzeigen?« «Run?« »Dann gestatten Sie mir, daß ich der Dame diesen Brief über-geht« ! »Hm, das ist ein sonderbareö Ver-! langen«, sagte der Bosibate bedenklich.« «S-anderbar? Durchaus nicht. Jch möchte der- Fran Majorka gern eine. Freude bereiten, sie wird inir dank-" dar sein, wenn ich ihr den Brief liber- E .drinae. Und Ihnen kann ej isa strich giltig fein, wer ihn über-Chi, Ihnen danli man ja doch nicht dafür.« Bruno Winter .batte, währen-d er das sagte, einige Silbermünzen auf den Tisch gelegt, den Brief hielt er noch immer in der Hand. »So ganz gleichgiliig ist des doch nichi«, erwiderte der Beamte zögernd-, »ich bin dafiir verantwortlich daß der Brief an seine Adresse gelongi.« »Fürchlen Sie, ich werde ihn nn gerichlagenV fragie der Doktor belei igt. »O nein, das wollte ich damit nicht j sagen, ich meine nur — «Sie können sich daran verlassen, daß ich den Brief besorge. das wird Ihnen wohl neniiaen hier-, trinken Sie auf mein Wohl eine Flasche Wein.« Der Vostboie qögerte noch immer, aber einem solchen vornehmen deren gegenüber konnte er doch auch kein Mißtrauen zeigen, es unterlna ja lei nem Zweifel, daß der Doktor den Brief abgeben würde. , Er nabm das Geld mit einer dan tenden Verdeuauna, die allerdings nicht musterailtig war, aber doch ib ren Zweck erfüllte «Und dann möchte ich Sie noch bit ten. einstweilen zu schtveigen«, sagte Winter, während er den Brief in die Tasche steckte. «die Frau Masorin könnte sonst vor meinen Besuch unter richtet werden« und dann wäre rnir die Freude verdorben.« »Ja, aber der Brief muß gleich ab gegeben werden!'· «Soll auch aefcheben, bester Freund, Haben Sie nur teine Anast, mir lie t selbst oiel daran. der Dame sobald wie möglich die Freude zu bereiten und den Dank einzubeimsen.« Der Postbote war jetzt beruhigt, es handelte sich ja auch nur um einen ge wöhnlichen Brief und nicht um ein Wertbstiich Bruno Winter dachte nicht daran, sein Frühstück zu verzehren; den Brief, der an ibn selbst adressirt war« wür digte er teines Blickes, ebenso wenig beachtete er die Zeitung, weder das Eine noch das Andere schien Interesse fiir ibn tu haben. Hastia schob er den Rieaet an der Zimmerthiire vor und machte sich dann mit dem Briefe aus Afrita zu thun. Ersteckte eine Spirituslarnpe an. die wohl schon zu diesem Zwecke bereit ar standen hatte. und da das Couvert des Briefes nicht aefieaelt war, so sei-arm es ihm durch die beißen Wasser diimpfe, dasselbe so vorsichtig zu lö sen, dass es ohne hinterlassung oon verrätberischen Spuren ’ soiiter wieder » geschlossen werden kannte. Er schien in dieser bedenklichen Kunst bereits Uebuna und Erfahrung zu besehen. Es war ein langer Brief von vier ena beschriebenen Seiten. nnd die nicht sehr deutliche Handschrift bereitete dear Doktor anfanas einige Schwierigkei ten. die er aber rasch überwand. Jen nrer finsterer zogen seine Brauen sich zusammen. indesz sein Blick iiber die Zeilen glitt, ein tückischer Zua um zuckte seine Mundrointel. und die Glutb des Hasses loderte aus seinen Augen. Der Inhalt des Briefes mußte ihn in höchstem Grade aufgeregt haben, mit einem Fluche sprang er aus «,hat denn die Hölle sich amen mich derscksvoren?« sagte er mit beiserer Stimme. wwiibrend er gleich einem ge fangenen Raubthier in dem Zimmer auf und nieder rannte. »Wenn dieser Brief in die stände der Mast-ein gekommen wäre, hätte ich deute noch meine Koffer packen tön nen.« Er blieb endlich am Fenster stehen und blickte lange aedantenvoll hinaus, dann zündete er die erloschene Cigarre wieder an. »»!lt; bas, so rasch darf man den Muth nicht verlieren«, nahm er sein Selbstaesmäch wieder aus, «einstn)ei len ist noch nichts zu befürchten. Was dieser Jan Steen über mich und meine Beziehungen zu Steinthal ausarsagt hat, ist leeresGeschwätz, und in Bezug aus die übrigen Mittbeilungen sehlen die Beweise Dieser here v. Bach wird also in ten nächsten Wochen nicht wieder schreiben, er bat sich einer Ex pedition in’s Innere angeschlossen, und ich möchte wiinschen. daß es ihm aus dieser Reise erginge, wie es soVie len ergangen ist. deren Gebeine in asriianischer Erde ruhen. Und selbst im qliicklichsten Falle können Monate vergeben, ehe wieder eine Kunde hier her kommt, diese Zeit muß nun be nusst werden; sobald Eugenie Niedel meine Frau ist« tann ich allen Stür-( men die Stirne bieten. Und konnte; Felsina sie erobern, so wird es mirs wohl auch gelingen. frisch gewagt ists hall- aewvnnen.« Er überlegte noch einen Augenblick lieb dann den Brief aus und zündete ihn mit raschem Entschlusse an; hier aus tvars er itm in den Ofen-, vor dem er stehen blieb, bildaö Papier ver brannt war. .Der Postbote muß scknveigen«, murmelte er, «sein eigenes Interesse zwingt ihn dazu, und er wird ej thun. Also Muth, noch ist nichts verirrte-M Er schob den Riegel tunder zurück und össnete iesi den an ihn adressiri ten Brief. In diesem Augenblick wart- an - klopft, die Ære geöffnet, nnd r Rentner Odrner stand aus der Schwelle. Mut immer hereint« sagte Winter scherzend »Bist-en Sie schon ersahrery daß ich wieder da bin?« Instui Götner Hielt die Dqse in der hand, lächelnd bot er ihm eine Prise an. « Ei war sa Essai-reden dns Sie E gener- Usbend zurückkehren Music « ffertniderte er, »bei dem Fest in der Bill-a Riedel diirfen Sie heute nicht fehlen.« «Wird es so graßartia werdens-« »Na, was Papa Niedel unter nimmt, das wird immer mehr oder tveniaer großartig: namentlich sucht er seinen Stolz darin, seinen Gästen die Reichhaltialeit und Borsüglichteit sei nes -Weintellers zu beweisen, und ie dem echten Rheinliinher lann eine sol fhze Beweisführung nur angenehm em.« .Meinem armen Freunde hat sie das Leben actostet". schaltete der Dot tor ein. »Ich mache mir fest hittere Vorwürfe darüber, daß ich ihn nicht gewaltsam zurückgehalten habe, es ist die alte Geschichte von der zu spiit kommenden Reue.« »Ist die Anaelegenheit fest erle digt?« sraate Görner. .J;a, ich habe ihn gestern zu Grabe geleitet. Was ist inzwischen hier L Neues vorgefallenfk s Der Rentner ruhe auo seinen Srn nen empor, er hatte wieder einmal über das schwarze Bartbaar nachge dacht, das ihrn noch Kopszerbrechen machte. »Wer-si« erwiderte er. »Ja so, bei der Frau Masorin o. Bach ist ein großartiger Diebstahl verübt worden. Silbergeschitr und Leinwand, man spricht von einigen tausend Thalern Werth.« Einbruchi« »Das toeisz man eben nicht. Vor gestern erst ist die Sache herausgekom men, aber der Tbäter hat keine Spur hinterlassen. Der Bürgermeister soll sich in keiner rosigen Laune besinden, im Laufe der Jahre ist hier so man ches Verbrechen ein ungelöstes Rüthsel geblieben, daß man es der Regierung nicht verdenken kann, wenn sie eine Erklärung dafür in der Geschäftsfüh rung unseres gestrengen herrn sucht.« Bruno Winter strich mit der band über seinen schwarzen Bart und blickte dabei den Rentner forschend an. »Sie sind mit der Familie Niedel :vohl eng bestertndet?« fragte er nach einer lurzen Pause. »Ich bin dort seit Jahren haus ireund." .llnd gilt Ihr Rath in dem Hause etwa3?« »Da-für habe ich Beweise.« »Bitte. lesen Sie diesen Bries; der l Inhalt desselben muß einstweilen noch Geheimniß bleiben. ich weiß in diesem Augenblick noch nicht, welchen Ent schluß ich fassen werde und ich ver traue Ihnen die Sache nur an, weil ich glaube, daß ich aus Jhre Freund schast bauen dars.« Justus Görner hatte das Schreiben« welches Winter seiner Brieftasche ent nahm, rasch gelesen, erstaunt blickte er aus. »Man bietet Ihnen eine Professur anf« sagte er. »Im Vrag — iatvohl« nickte Win ter. »ich habe mich nicht darum den-or ben und so weiß ich auch nicht, ob ich sie annehmen werde.« .Das würde ich sedensalls thun!« «Verzeiben Sie, als einzelner Mann bin ich nicht genöthigt, irgend welche Rücksichten zu nehm-en. Jch kann eine neue Reise um die Welt antreten und meine Kenntnisse erweitern, ich lann —« »Gewiß, Sie können zu Gunsten ei ner Laune dieses ehrenvolle Anerbieten ablehnen«, unterbrach der Rentner ihn, »aber ich meine. es müsse doch auch Ihnen wünschenswertb scheinen, end Zich in den sicheren Hausen einzuwü en.« »Nur dann, wenn ich die Gründung des eigenen Herdes damit verbinden ann.« »Und was hindert Sie noch, den eigenen Herd zu gründen, nachdem Sie Ihre Existenz sicher asestellt und eine beoorzugte Stellung errungen ha beni« Bruno Winter guckte die Achseln und wanderte einige Male aus und nieder. »Ich will ausrichtia sein«, erwiderte er nach einer Pause, »Sie haben mich so oft Ihrer Freundschaft versichert, wohlan, ich will die Aufrichtigkeit die ser Versicherung prüfen. Ich liebe Eugenie Niedri, nur der Wunsch, ihr herz und ihre band zu erringen, hat mich hier zurückgehalten Und doch habe ich nicht den Muth, ossen mit der Sprache heraus zu rücken. Die Fa milie Riedel ist reich, ich fürchte, man tönnte mir den Vorwurf machen, ich suchte mir aus diesem Wege eine sor gensreie Existenz zu sichern.« Görner schüttelte mißbilligend das Haupt. ihm aefiel dieses Projekt; eine heirath zu stiften, Oar stets sein Ver aniigen gewesen nnd er vergaß, wel « chen schlimmen Verdacht er gegen den E Doktor gehegt hat-. Jetzt wollte er vielmehr Alles ausbieten, diese Ver bindung zu Stande zu bringen. »Wie könnten Sie denn in solxn Verdacht lommen!" sagte er. « ie sind ein Gelehrter. Sie haben den DottortiteL Sie dürfen überall an tlovsen, Papa Riedel tann sa nur stolz aus einen solchen Schwiegersohn e n.« »So vermuthen Sie —- Riedel könn te aber doch anders darüber denten. Und es wäre mir zu peinlich, einen Korb zu erhalten« « ««dm. wemxich mich nicht seht ge irrt hobe, so hatten Sie seither Ab sichten auf Fräulein v. Steinthal.« »Ich lengne das nicht« Elstiede o. Steinthckl haM«einen tiefen Eindruck aus mich gemacht, aber ich erkannte doch bald, daß Fräulein Riedel —« »M. n«a. bleiben wir bei der Wahr heit«. unterbrach Görner ihn setzte zend, «Sie haben erkannt, daß Frau lein n. Steinthal keine Neigung zeigte, Ihren Hoffnungen und Wünschen ent gegen zu kommen. Ich hätte Ihnen das voraussagen können. nmn spricht schon lanae davon, daß Elsriede v. Steinthal den Deren Dotter v. Bach heirathen wird. Schon vor dein Kriege erwartete man die Verlobung, ich bin überzeugt, dass sie erfolgen wird, so bald Herr v. Buch zurückgekehrt ist.« .Bruno Winter sah ihn erstaunt an, diese Mittheiluna schien ihn zu über raschen. »Ja, wenn ich davon nur eine Ach nuna gehabt hätte, würde ich nicht so thöricht gewesen sein« Hoffnungen zu heaen, die oorausstchtlich sich nicht er süllen lonnten«, saate er. »Und nun wünschen Sie. daß ich zwischen Ihnen und der Familie Rie del vermittle?« »Wenn Sie das übernehmen woll ten —« »Seht gerne, aber Sie müssen Ge duld haben. Wir dürsen nicht mit der Thüre in’s Haus fallen. so lanae Sie nicht mit Zuversicht wissen, daß Ihre Liebe erwidert wird." »Das eben weiß ich nicht« CFortseszung solgt.) -— Wie behuten wir die Augen unserer Kinder. Von Dr. c. Dasein-en II. Bilden diesellnglückssülle zumGlücki mehr oder minder große Seltenheiten, so müssen alle Eltern ausnahmslos zu der Frage Stellung nehmen: wie be hüten wir unsere Kinder oor Aussich « tiateitlt Unter ihr versteht man bekanntlich tsenjenigenZustand des Auges, bei wel chem nur solche Gegenstände deutlich und scharf gesehen werden, die dem Auge ftark genähert worden sind; je nach dem Grade der Annäherung, wel cher nöthig ist, unterscheidet man gerin ge, mittlere und hochgradige Kurzfichs tigleit. Die ersten beiden Formen be deuten fiir den Betreffenden nur Un beauemlichkeit, die aber immerhin schon fo weit gehen kann. dafz sie die Lebensfrqu recht erheblich vermin dert. So z. B» wenn ein Kurzsichti ger mittleren Grades, der nur bis 8 Zoll von feinem Auge entfernt deutlich sieht, eine Aussicht genießen will und fein Glas nicht zur Hand hat. Auch ist zu beachten, daß schon die leichtesten Formen der Kurzsichtigkeit fiir manche Betusszweige untauglich machen, so fiir den Beruf des Seemannes, denn mit gutem Recht wird von diesem leh teren voll Sehkraft neit unkorrigir tem Auge, d. h. ohne Glas« verlangt. da man das Schicksal eines ganzen Schifer unmöglich von dem Umstande abhängig machen kann. ob des Kapi tiins Brille vielleicht im entscheidenden Augenblicke verlegt, zerbrochen oder auch nur angelaufen ist. Alfo, wenn irgend möglich habenEltern diePslicht, auch die Entstehung le i ch t e r Grade zu verhindern. Vollends zu vermeiden 'al:er find die s ch w e r e r e n Formen. Denn fie bedeuten nicht bloß Unbeha gen und Unzutriiglichkeiten, sondern bringen Gefahren mit sich: das Wesen der Kurzsichtigleit besteht in einer im mer zunehmenden Vergrößerung des Auges, wobei namentlich die tieferen, edleren Theile, so vor allem die Netz haut, gezerrt und gedehnt werden. Da durch kommt es nicht felten zu Blu tungen im Augeinnern und in schlimmsten Fällen sogar zu Neghauts ablösung —- tvomit der Tod des Au ges besiegelt ist. l Glücklicherweise ift dieser Ausgang keineswegs die Regel, ganz im Gegen teil: die weitaus meisten Fälle von Kurzsichtigleit kommen mit dem Auf hören des Körperwachsthums zum Stillstand, nachdem sie einen höchstens mittleren Grad erreicht haben. Es ist leineswegs die Thätigkeit an und fiir sich. welche unbedingt Anlaß gibt zur Entstehung der Kurzsichtig leit, sondern es ist nur diejenige Art der Naharbeit, welche unter günstigen hhgienischen Bedingungen geleistet wird, d. h. bei mangelhafter Beleuch tung und bei schlechter Körperhaltung und zwar deshalb, weil alsdann das Auge dem Objekt über Gebiihr genä hert werden muß. Die richtige Ar beitidistanz beträgt 13 Zoll. Verein gert sich dieser Abftand, fo müssen die Augen, welche beim Blick geradeaus parallel stehen, sehr stark konoer ’ren, dies erzeugt übermäßig ftarten lut zusluß zum Auge, wodurch die Ent stehung der Kurzsichtigkeit eingeleitet wird. Auf die Beleuchtung also und zweckmäßigen Sih ist der hauptwerth« zu legen Jede Mutter weiß, daß helles Licht nur in der Nähe des Fensters zu haben ist« und nur das eine sei betont, daß der Schreibende stets von links das Licht erhalten solle denn kommt es von rechts, so stört der hewegliche Schatten der eigenen Hand. Bemertenswerth ist« daß der halö (namentltch die Frauen tleidung verstößt htergegen!) in leiner Weise durch den Kragen heengt setn dars. Sonst entsteht sosort Blutstu un im Konse, und dieses Blut drückt au das Auge. Eingehender ist das zweite Moment zu besprechen: die Bedeutung der Kör perhaltung. Man mache folgendes kleine, aber lehrreiche Experiment: aus einen dünnen Draht wird oben ein Kartossel ausgespieszt7 so lange der Draht senkreckt gehalten wird, so daß er den Kartossel und ihren Schwer punkt genau unterstützt, trägt er die so bedeutend schwerere Last ohne weiteres; s neigt dieser letztere aber nur wenig nach ivsm so ukzt sie, indem der Draht sich knickt, so ort oorniiber.— Was hier ge schieht, ist nichts anderes als die Nach ahmung der Körperhaltung bei schlech tem Sitz und ihre Folgen. Nur dann triigi die Wirbelsiiule,die als elasiischer Stab zu denken ist, den Kopf, wenn sie seinen Schwerpunkt genau unterstützt; wird der Kopf vorniiber geneigt, so ist von mühelosem Baionciren nicht mehr die Rede, dann muß der Kon von den Muskeln des alfes und denen der Wirbelsiiule fe tgehalten werden. Dies gelingt aber nicht auf die Dauer, der Kopf ist zu schwer, die Muskeln ermü den. Als Konsequenz ergibt sich: das Kind schiebt die«Arme, namentlich den linken, weit nach vorn auf den Tisch der Kopf sinkt mehr und mehr vorn iiber, bis er schließlich geradezu aus den Arm aufgelegt werden kann. Jn Er müdungsstellung, oiso wird der Kopf, und mit ihm das Auge,dem Objekt un gebührlich genähert, sei es, dnß es sich dabei um Lesen und Schreiben oder um Hand-arbeiten und Zeichnen hon delt, und hierdurch sind sofort die Be dingungen gegeben, durch welche Kurz f sichtigkeit hervorgerufen wird. Es folgt hieraus die wichtigste Grundte gelz ftets ist fiir einen Arbeitsobstand von 12 bis 13 Zoll zu sorgen. und es ergibt sich sofort die ebenso wichtige wie einfache Maßnahme, größeren Kindern einLineal neben den Arbeitsplatz zu geben, mit welchem sie die vorgeschrie bene Entfernung von Zeit zu Zeit kon trolliren können. Freilich ist dies fiir die Dauer nur möglich, wenn der Arbeitsplah richtig lonstruirt ist. Befindet sich zwischen dem Stuhl und dem Tisch ein Zwi schenraum, so ist es ganz unmöglich auch nur fiir eine halbe Stunde vor schriftsmäßig, d. h. mit angelehntem Odertörper und aufrechtern Kopf zu sitzen: vielmehr muß der Kopf und der gesammte Obertörper vorniiber geneigt werden« wodurch alsbald der Zerfall der Haltung eingeleitet wird. Anders bei solchen Plätzen, an denen der Sitz unter den Tischrand heruntergefchoben werden tannt es ruht hier die Wirbel iäule bequem an der Lehne, der Kon balancirt ohne Mustelanftrennung auf dem Rumpf, der ganze Körper befindet sich in harmonischem Gleichgewicht Man spricht in solchen Fällen von »Minnsdistanz", weil die Entfernung zwischen Tisch und Stuhl, welche im erften Falle als positiv bezeichnet wer den kann, ietzt negativ geworden ist. Nur diese Bänle also eignen sich als Arbeitsplätze sitr Heranwachsendez nur diese werden schon längst von den gro fzen Städten fiir die Schulen ange schafft. Jm houshalt tann man die «Minusdistauz« nachahmen, indem man entweder so tonstruirte, nach der Körpergrssze und dem Wachsthum ver stellbare Arbeitspulte lauft, oder aber indem man einfach den Tisch, an wel chem das Kind- arkeitet, stets so weit vorschieht, daß die Tifchplatte bis iiber den vorderen Stuhlrand hast-erreicht Und nun der letzte Vorschlag, durch dessen Befolgung Eltern von ihren Kindern Noth und Kummer fernhalten tönnent die Ueberlegung, ob der ers wählte Beruf im Eintlang steht mit der Leistungsfähigkeit deg Auges. Nur zu oft erlebt es der beschäftigte Augenarih daf; Leute ihn um Rath fragen, denen als einziger Bescheid die Antwort gegeben werden lann. voll ständige Schonung teider Augen siir Wochen, iir Monate, ja noch länger. Wieviel -orge wäre verhütet worden« hätten in diesen Fällen die Eltern sich gefragt, ob ihr Flind den Beruf als Lehrer, als Geistlicher, als Modistin oder Näherin wiirde ausfüllen tönnen, ob es nicht zweckmäßiger sei von vorn herein den Beruf in Uebereinftimmung zu setzen mit der verntiudrrten Seh traft. Wer einmal erlebt hat« wie er fchiitternd auf Erwachsene reiferen Al ters es wirlt, wenn der Arzt die Fortführung der bisherigen Berufari beit ihnen als unmöglich bezeichnet, der wird denWerth der oben gegebenen Warnung in vollem Umfang zu wiirs digen wissen. Es gilt dies nicht bloß fiir Kurzsichtige,sondern überhaupt fiir Menschen mit nicht ganz vollständiger Sehschärfe, mag die Ursache der her abminderung angeboren, oder mag sie etwa durch hornhautflecle erworben sein. Jn neuerer Zeit sind Tabellen arsgearlseitet worden, in denen sich die Berufsarten aufgezählt finden je nach den Ansprüchen, die sie an die Sehtraft ftellen. Mit ihrer Hilfe ist jeder Arzt sofort in der Lage zu entscheiden. So erfordern —— um hier nur einige wenige Beispiele zu geben —- die höchste Seh lraft u. a. der Beruf des See-naan des Uhrmachers, Photographen oder Optikers; mittlere erheischen das Ge werbe des Technilers, des Jngenieurs, des Lehrers, Kaufmanns oder Wandu aiften; noch aeringere dieThätigleit des Gärtners, Brauerei oderLandwirths u. s. w. Manche der aufgezählten Gewerbe gestatten das Tragen eines korrigi renden Glases, jedoch andere wiederum nicht. Von größter Bedeutung bei der Eisenbahnverwaltung ist ferner der Nachweis normalen Farbensinnez — ein wichtiges Erfordernis, seitdem vor Jahren ein schweres Eisenbahnungliiel geschob, weil derLolornotivfiishrer Noth und Grün verwechselte. So war es also nicht zu viel gesagt, wenn es in den einleitenden Worten hieß: Die Eltern sind fiir die Augen ihrer Kinder ost auf Lebenszeit ver antwortlich. Ganz gewifz soll jeder den Berugx erwählen dürfen, zu dem ihm die elgung hinführt, aber Sache der Eltern ift eg, zu erwägen, ob die Vorbedingung existiert: die erforderli che Sehkraft.