Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 15, 1909, Zweiter Theil, Image 9

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    Nebraska
Staats-Anzeiger und J'cerold.
Zum-gnug 30. Grand Island. Nebr« 15. Oktober 1909. Zweiter (Ti1eil.) Nummer sk.
Herbstlted.
Dies ist ein Herbfttag, wie ich keinen
fah —
Die Luft ist still, als athmete man
taum,
Und dennoch fallen raschelnd fern und
nah«
Die schönsten Früchte ad von jedem
Baum.
O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
Denn heute löst sich von den Zweigen
nur.
Was vor dem milden Strahl der
Sonne fällt.
Friedrich Hebbel
Der Traum vom Licht.
Skizze von Ogtarkarn
»Es ist Zeit,« sagte Paul mit fester
Stimme, indem er sich erhob.
Zitternd safz sie vor ihm. Todt
bleich im Antlitz.
»Paul!«
Er neigte sich zärtlich zu ihr nnd
drückte einen Kuß auf die von gold
blondem Haar umrahmte Stirn. Eine
Weile blieb er so über sie gebeugt sie
hen. lind noch einmal sagte er sanst
und leise: »Ich muß jetzt gehen!«
Da wurden ihre lieben lichten Au
gen feucht, und langsam stahlen sich
ein paar große Tropfen über ihre
Wangen.
»Sei start, Jrieda!" bat er.
Sie blickte unter Thränen lächelnd
zu ihm auf. »Ich werde an Dich den
ken, Paul «- jede Selunde2 Werde
fiir Dich beten und flehen. Und Du
kannst es ja, wenn Du nur Zuversicht
hast. -—- Und wenn es heute mißlänge
— -— es wäre schrecklich. Es würde
wieder Jahre dauern, bis man an
Dich dächt, und dann!« - Ein
herzzerreißendes Schluchzen erstickte
ihre Worte.
»Es wird gehen, mein Liebstes, habe
nur Vertrauen! Das verdoppelt mei
nen Muth, meine Kraft-» Wenn Du
um elf Uhr," fuhr er fort, »den Licht
schein siehst, dann gehe mir entgegen.
Siehst Du ihn nicht »O Gott,
Paul« unterbrach sie ihn — »dann
sagte er milde, aber bestimmt. »dann
wirst Du von mir oder einem Arbeiter
sofort erfahren, warum eg nicht
brennt. Du brauchst deshalb nicht
gleich das Schlimmste zu befürchten
llnd nun leb wohl.«
Er küßte den kleinen, zarten Mund« i
und auch ihm wallte das Blut heis; zu
Kopf -
»Frieda!« Ein Hauch war es nur.
Dann drückte er sie sachte in dens
Stuhl und verließ leise das ZintnierJ
Sie lauschte. -
Da hörte sie unten iui Flur die«
Ihiir gehen, und nun verballten seine
Schritte. s— Wenn es- iirißlang, war
all ihr Glück dahin! Sie sing leise an
zu beten.
Eigentlich that sie es nur aus Aus
regung, aus Seelenangst. Das Wort
erstarb ihr aus den Lippen.
Von der furchtbaren Aufregung er
schöpft, übermannt, hielt sie inne. Eine
Weile noch starrte sie in’s Leere.
Dann umfing sie mit zarter Hand
ein linder Schlaf. Sie träumte, sie sei
in einem unterirdischen Palast, und
alles war so licht, so licht! Und alles
funkelte. Und alles blitzte. Und alles
war eitel Gold und Edelstein. — ---
Inzwischen ging Paul die Land
straße hin. -—— Es herrschte tiese Fin
sternis-. Schwarze Wolken jagten am
Himmel· Schwarz stieg der Hald zu
beiden Seiten des engen Thaleg an.
Knapp neben der Straße liefen die
Schienen, die, wenn der Mond einen
Augenblick aus dem Gewölk trat, zwei
langen silbersunlelnden Schlangen
glichen
Um die Grundsteine des Bahndani
mes gurgelte und zischte der Bach
Glucksend schlugen die Wellen anks
User. Ein talter Märzwind strich
durch das Thal.
Paul hüllte sich sester in seinen
Mantel nnd schritt sort. Da schien der
Mond wieder einen Augenblick trüb
durch eine lichte Wolke. Und in seinem
Schein sah Paul einen Schatten aus
tauchen. Er tarn näher· Ein taltes
Grauen saßte den sonst starken Mann.
Nervös suhr er zusammen.
Der Schatten tam aus ihn zu.
Kranipshast umsaßte er den Griss
seines Stockes· Seine kalten Finger
umllainrnerten ihn wie ein Nettungs
seil. Und nun sah Paul: es war ein
hetumirrender Hund. Also so über
keizt waren seine Nerven. Er hatte
Furcht.
Und sollte in kurzer Zeit vor der
elektrischen Maschine stehen. Sollte
...-!—..’-—..-...—. ' —-—-———.Ä- . «— -—-.——. -- - ---.-.
sie aus eigene Verantwortung in Be
trieb setzen. Und wenn es mißlung.
Er wagte gar nicht daran zu den
ten. ----s Aber mußte es nicht sein: um
ihretwillen? Gelang es, bekam er eine
gute Stellung und konnte sie heim
führen.
Sie, die all sein Glück mak.
Er hörte ein Geräusch hinter sich
und suht herum. Der Hund verfolgte
ihn. —- War er ain Ende toll?
Da ging Paul ganz nahe an den
Wald. ,
Das Thier blieb stehen. Es schien
ihn verloren zu haben und kehrte trau
rig um«
Nun sah Paul schon ganz undeut(
lich über dem Bach die Stau: und
Wehranlagr.
Auf der Brücke stand die groteste
Gestalt des Wächters. Paul rief ihn
an. Ob das Wasser schon im Kanal
wäre?
Ja!
Er solle das- Wasser steigen lassen
bis lzur Fallentante!
Gewiß. das würde er thun.
llnd um Gottesivillen nichts Eigen
mächtiges unternehmen.
Sicher nicht!
Paul ging weiter.
Vor ihm tauchten die schattenlzasten
Umrisse eines Felsens ans. Hinter dem
Felsen laa d-.is’ Elettriiitätswert
Durch einen Tunnel schoß das Wasser
Paul aina k,eruni. Nun laa unter ihm
kat- Maschinenbaus mit schwach er
leuchteten Fenstern.
Es war noch vom Bauaeriist um
geben.
Man hörte dag Tosen des Wassers-,
das aus einer aeivaltiqen Pforte
stürzte· Der Schöpfer und Leiter des
Wertes stand da lsei der Genuas-falle
Paul sali noch einmal zurück. Dort
hinter jenem Berariicten war das
Hans-. Dort war fie· Er mußte sich
aus«- seinen Gesölslen gewaltsam los
reißen. Nun stiea er hinab und be
ariisite den Direttor des Wertes-.
Es war nur ein stiller Händedruck,
den die insei Männer anstauschten«
Aber es Lia ein Wunsch, der Wille, die
Existenz Jder zwei darinnen-. Paul
wandte sich in den Arbeitern, deren
dhantastiscbe riesiae Gestalten sich iiber
die Bretter bewegten s
»Alle hierher!« ·
Sie schritten sich nkn den Inae
nieur· ;
»Unte! lsis ailt heute eine ernste
Sache. Wenn its-r eine Unvorsichtiakeit
beacht, ist die aanie lsieschichte bein
Teufel!«
Paul suchte sich einen Lesondere
starten nnd zitdeklässiaen aus.
»Sie aelien .icht«, redete er ilin an,
»daß der Draht, der iiber diese Rolle
läuft, nicht in schnell in’S Wasser
taucht!« «
»Gebt ber!««
Eine tleinr LTellamve wurde ar
dracht nnd verbreitete einen unaensis
sen Schein ijber die arbeitenden und
,iutiöreiideii Arbeiter. Der Ernst der
Sache hatte sie erarissen. DIE konnte
man ans ileren Gesichtern lesen.
»Also Sie halten das Holzaersist
mit dein Drattt aut! Wenn Sie etwas
Besonderes zu thun t;aben, werde ich
binausrufen.«
Paul und der Direttor stieaen iiber
das Gerüst ans schiesaelegten Brettern
hinunter.
Nun traten see durch die grosse, Halb
ossene Thiir in den Maschinenraum.
Jn jedem Fenster stand eine steue.
Natürlich nur das Licht schwach.
»Na, hoffentlich haben trir bald bes:
sere Beleuchtuna!« saate mit einein
süßsauren Lächeln der Tireltor.
Paul antwortete nicht. Er list-er
sloa nriisend den Raum mit scharer
Blicken. Die Malchinisten. die den Re
anlator siir die Tisrbine zu bedienen
hatten. standen an ihren Posten. Die
. Montenre und ihre Hilfearbeiter wa
ren mit den letzten Vorbereitunaen be
. ichättiat.
Hinter dem Schaltbrett, sni dfmm
wannunasraum hörte man Die Nr
setsle des zweiten, jüngereiiJitqeisimrs
Nun kam er und begrüßte liichelnd Dir
beiden. Er war immer auter Laune
- und hob dadurch auch die Stimnnins
der andern. Psnl inspizirte selbst nnd
einmal die neirgltiaem starrenden »Na
s scksinein dann erscholl laut nnd tlar
sein Ruft »Anlausen!«
Ein part Dreh: innen am Requlator
rad und h s riesiae Schwunqrad sinq
gnnr laanim an sich zu dreien.
Die beiden Maschinisten lasen von
eineianstrument, das sie an die Achse
vreßteii, die Tonren der Maschine ab
und riesen sie sich tu Nun drehte der
eine weiter mis. Die Geschwindigkeit
wurde höher.
Man sah kaum noch die Speichen
tes Sch vunarades. Immer höher
wurde das Sausen der Maschine, im
mer olsrenbetäubender das schlagende
Geräusch der Riemen an den Trans
mifslonen.
Paul sprach einige Worte mit dem
zweiten Ingenieur. Der Direktor und
ein Monter: r ninsien rauchend aus und
al Leute die sich als Zuschauer eins
gesunden b.:tten, driicrten sich in die
Ecken oder standen an der Thür.
Man erwartete eine Sensntion. In
.:llen Gesichtern stand die Aufregung.
Was nnirde sein! ---«
Da trat Paul ans S-el:saltbrett, das
erhöht stand. Der Direktor und der
Monteur blieben sieben
Die Maichinisten schrien durch dar
Brüllen Ver Maschinen ihre kahlem —
In dichten Schnur-en zog Der Eigent
ren- und Cianettenranch durch die
ricsine .ßille. Ilgul warf noch einen
Vliel iiber die Maschinen nnd die
Leute. Ruhm, edel, vornelnn stand er
da. Kein Muskel zudte in feinem
durclueiitigten Antlitz. Nun riickte er
an einem Hebel, nnd nun neiff feine
Linie In das Schalircrd. :
Un: einen Ton wurde sein Antlitz
bleicl:er. lfr preszte Die Lippen an ein
ander.
s- Um iliretieillm s-- Frieds!
Ein Ruck -- ein Brüllen der Ma
schine. dir- dein eines wilden Thieres
glich, nich-dem ei— einqeieliem das-, es
dein i(l;kv clten Menschen nehorchen
müsse dacs skiielen steigerte fich noch
ein stnirsclten die Maschine gab
Strom.
Ein vanr Voll nur. Aber es stieg.
In —— - Rus- 100——100()-— 2000
2500 wenn nnr ietzt nichts geschah.
chin« nur der aesährliche Punkt. Der
Transfermator lonnte verjagen, der
tlrsspeiter den Draht in's Wasser fallen
ln en.
Der lleinste Fehler an der Maschine
lonnte jetzt ein Unglück herbeirufen
Panl öffnete weiter.
Jessmt Volt tsr ,iönerte einen Auaens
-
Danks drehte er abermal-·- -- 53200
- ltiott sei Taut! lis schien zu geben«
schien aerettet
—ts)s1«, III-» die Zeiger irtliren
nni til-m zurück
«Lllir brauchen konstanten Wasser
stand« briillte der Maschinist. .
»Das aelst ietzt nicht« schrie ihn alls
aereat Der Direktor an.
»Es muß aber seinl« bestand der
JJkaicltinisL
»Die Eljtaielyine ist l)in,, wenn Zie
das nicht lassen!«
»Aber meine Firma l)aftet!«
»Sol! felire Firma der Teufel ja
ten!«
Wiithend ging der Direktor davon.
Da kam ihm schon der andere Ma
schinist entgegen.
,,Konstanten Wasserstand!« ver
langte er zorngliihend
»Maul halten! «schrie außer sich der
Direktor
Die Leute« die sich in die Ecke ge
drückt halten« glotzten blöde dazu. Ta
sandte der Direttor einen Arbeiter zur
Falle am Bach.
,,Höt)eren Wasserstand--—«falle melns
schließen! Verstanden3«
Der niclte nnd lief davon.
Die Spannung stieg wieder. Paul
oifnete reitet-. Muth 5000, Hin-«
Da dag höchste Juno . . . . tiin
Griff
,.Licl)t!«
Taghell wars in dem Raum. Tie
Leute staunten mit offenen Mäuler-L
Der Direktor lächelte glücklich.
Der zweite Jngenienr rieb sicti ver
gniigt die Hände. Die Maschinisten
hörten aus zu fluchen. W
Paul aber stand noch immer am
Schaltbrett, die linte Hand am Rad.
Nun drehte er sich gegen die ande
ren. Ein leises, überlegenes Lächeln
ging über sein bleiches, ruhiges thnt
litz.
« Das Lächeln des Siegerz. — Dann
stieg er herab, und er, der Direktor
und der zweite Jngenienr reichten sich
stumm die Hände.
Weiter sausten die YJiaschinen, nnd
’ taahell brannte das Licht —
’ Kaum eine Stunde, nachdem sie ein
I geschlafen mar, fuhr Frieda jäh in Die
Höhe. Heute hatte sie geschlafen!
Während er tänipste siir sich nnd
sitr - sie!
tsinen raschen, ängstlictien Wirt
wars sie ans die Uhr: »Halt) elf.«
Wenn Du um elf Uhr den Licht
schein siehst, dann gehe inir entgelten
hatte er gesagt. Arn Ende brannte es
gar schon.
Sie trat an'g Fenster und sah that
abwärts-. Nein, es war noch finster.
— Noch jagten auch die Wolken
Noch flüsterte der Wind.
Eine Weile schaute sie so hinaus.
das Köpfchen in ihre zarte Hand ae
stützt -- in schweren Sorgen. Wenn
es mißlanal
»Panl, mein armer Paul!« lispelte
sie
Da —--- im Osten — thalabivärts
ein heller Schein. War es am Ende
ihre überreizte Phantasie? Nein, nein,
es war ja — Licht! Licht!
Ein wilder anel löste sich aus ih
rer schwergepreßten Brust. In we
nigen Minuten war sie auf der
Straße. Sie lief mehr. als sie ging.
In ihrem Herzen das jubelnde, das
unfaßliche, das große Glück.
Sie war bis fast zu den Fallen ge
toinmen. Sonst hatte sie sich gefürch
tet. Heute dachte sie gar nicht daran.
Zu ihm, nur zu ihm!
Sie fah dankbar zum Himmel.
Siehe, der hatte sich geklärt. Nur
mehr weiße, fputhafte Wolken segelten
gleich Riese-möge1n im Ozean des
Aether-I. Da sah sie vor sich eine hohe
Gestalt, die ihr rasch entgegenkam.
»Paul!« schrie sie in die Nacht nnd
flog in seine offenen Arme, an feine
tobende Brust.
»Licht!« faate er trunken.
»Licl)t!« jubelte fie.
Hinter der letzten, verfchwindenden «
Watte erschien der Mond. — Stroh-;
lend. » Göttlich. —
Und über den zwei Menschenkindern
tlanq ein getoaltiger Ht)iinuts, und
tausend Sterne leuchteten. Und spie
aelten ihr Antlitz im funkelndem
alitzerndcn Wasser.
»Mein Trauni!« flüsterte Frieden
»Der Traum vom Licht,« sagte
Paul ahnungsvoll und ernst, »der
Traum vom Licht ist Wahrheit im
Leben«
Von früheren und modernen
Schlachten
Tit- iiinaften außereuroväiichen
striege tönnen uan keinen iuoerläsfi
gen Anhalt iiber den wahrscheinlichen
Berlan einer Entscheidunggschlacht in
einem liinftiaen europäifchen Feldzuae
geben. Theil-:- Zoaren die geogr.1
pfifehen und llimatifchen Verhält
nisse andere als in Eurnva, vor
Ullem aber waren die Grund
l sähe, mit denen die Gegner in
»den Kampf zogen, andere, die Vorde
treitung der Truppen auf den Kampf
igrößtenteils viel unmoderner als wir
je. uns vorstellen. Vor allem gehen
swir mit der unerbittlichen Forderung
Ides angriffngeifen Verfahren-, des
festen Zrtfassens, wo wie den Feind
finden, der vrutalen Lffensive, wie es
die Franzosen nennen, in den Krieg
hinein. Das taten weder die Buren —
ldie z. B. auch den fliehenden Feind
lnicht verfolgten und damit ihre abe
Jlu' Verständnislosigleit bekundeten.
. noch die Rassen, die von Stellung
fzu Stellung zuriicllvichen und ihre
Führer gar nicht auf die offensioe Lei
tung großer Heere erzogen hatten, so
daß selbst dort, wo Teilangriffe schöne
Erfolge hatten, diese doch an dem end
lichen lfijefamtfchiitfal der Armee nickt-J
ändern konnten.
Die DcuttrtJeU gehen aber auch mit
voller Achtung vor der foldatisihen
Tugend des Gegnerg in den Krieg:
das taten nun wieder die lftigländer
in Siidafrika nicht, die zwar die Be
deutuna des offensiven Geiste-Z von
Anfang an richtig miirdigten nnd da
durch auch tfreilich mit gewaltiger
nunierifcher Ileherlegenheity schließlich
Sieger blieben, aber doch übermäßig
viel Blut vor den Stellungen ihrer
vorzüglich schief-enden Gegner fließen
. lassen mußten nnd sich erst durch diese
trüben Erfahrungen genötigt sahen,
ganz neue Formen der Truppenbe
tvegunaen unter der Einwirkung des
feindlichen Feuer-I zu erlernen, mass
im Frieden hatte aefchehen miiffen.
Nur die Japaner haben deutsche
Grundsätze inrlzrlahrheit gemacht. Sie
handelten offensiv nnd ioufiteu ihren
Gegner wohl einznfchiitzeu Wir müs
sen bedenken, das-; beide Parteien erft
nach Verlauf hielertlrlochen die nötigen
Massen versammelt und operationg
bereit haben konnten, die Rufseu, ganz
abgesehen odn ihren schwierian inner
politischen Verhältnissen. infolge der
ungeheuren lsutfernuna dec- Krieg-J
fchauplatzeg Von dem Zentrum ihrer
Macht und des-.- 11ulftandeg, daf; ais
Transportioea eine einzige, lkitum
Meilen lanae eitheleifiae Bahn, die
beim striegsausbriuh noch nicht ein
mal fertig war, in Frage tamr die
Japaner infolge dec- ZioangeT ihr
Heer iiber See in fremdem Lande zu
versammeln, ehe die rusfifehe Seeherr
ichast tatsächlich gebrochen war. Und
diefe lange Zeit tonrde auf rufsiicher
Seite zum Anstalt ftärtfter Verteidi
aungsstellnngeu benutzt, deren Weg
nahme viel Zeit, Kräfte und Umsicht
erforderte, jedenfalls einen schnellen
Siegerzng arisschlofi.
So sehen tvir, dafz zur Schlacht der
eine Gegner mit abioartend-defensiver,
der andere mit zugreifend-offensiver
Stimmung, wenn ich diesen Ausdruck
brauchen darf, herankommt. Diese
Stimmung muß fich schon in den vor
hergehenden Ereignisse-i kundgemacht
haben, vor allem in der großen ftrate
gischen Aufklärung der Kavallerie
wissen Freilich im deutsch-französi
schen Krieg 1870—71 finden wir oft
die Kavalleriedivisionen zurückgehal
ten, wohl mit der Idee, sie später in
der Schlacht zur Stelle zu haben,
statt daß man sie weit über die An
fänge der eigenen Kolonnen hinaus
gegen Irr-nd Flanten und Rücken der
feindlichen Massen entsendet hätte,
um Meldungen zu bekommen. Freilich
hatte damals die Kavallerie keine
Handfeuerwaffe und mußte, wo feind
liche Jnfanterie feuerte, zeitraubende
Rückwärtsbewegungen machen, um
ihren Zweck zu erreichen, während sie
heute mit Karabiner und Maschinen
gewehr sehr wohl in der Lage ist, sich
einen Weg zu erzwingen, wo er ihr
verleqt wird.
US tu auch noch im Berlaufe des
Feldzuges in dieser Beziehung viel ge
lernt worden, und heute wäre auch der
Weide- und Besehlsverkehr zwischen
den vorgetriebenen Kavalleriernassen,
deni Hauptquartier, den Armeeober
tommandos und den Generaltomman
das viel leichter als damals, wo nur
das Pferd als Ueberbringungsmittel
diente, während heute viele Kraftfahrs
zeuae das Schlachtfeld durchqueren,
Telearaphie mit und ohne Draht die
Konnnandobehörden verbindet, das
Lustschifs das Bild des Gegners durch
feine Meldungen ergänzt. Es ist ein
Winterst)stetn nach dem Morsealphabet
eingerichtet, das aus der Schützenlinie
Zeichen und Nachrichten nach rück
wärts zu neben gestattet.
Die Ausnutzung all solcher moder
ner Vertehrsmittel ist aber auch in ge
wisser Beziehung viel nötiger als sonst,
weil alle ltämpfe länger dauern als
früher, also die Leistungsfähigkeit der
Fiihrer und Truppen noch erbar
mungsloser aufgezehrt wird als ehe-«
dein. Für die höhere Führung liegt
nun ein ungemessener Vorteil der mo
dernen Vertehrsmittel darin, daß sie
I aar nicht beim Kampfe zugegen zu sein
;t-raucht. Die Eindrücke, die man an
aefichtg eine-:- hin: und herwogenden
Kampfes in sich aufnimmt, sind auch
bei starken Cliaratteren mächtig ge
nua, utn die ruhige liederlegung in
Fraae zu stellen. Gerade diese ist es
aber, die der verantwortliche Führer
in den dölterentsctkeidenden LUiotuenten
in denen das Schicksal einer groszen
Schlacht schwankt, anc allernötigsten
hat. Nur den deanadetiten Feldherru
naturen ist es aeaeden, sieh ini Getüm
utel der Schlacht auf ein Stündchen
schlafen »in leaen, tsis die in die Wege
aeleitete Entscheidung heranreift, wie
es Naddleon bei Bautzen tat! Der Te
hemmt aeftattet dent Feldherrn diesen
Litrtt—.-—: TUtarschall Ohania leitete die
Schlacht bei Mutden don seinem
Hauptauartier Jantai aus, ist Meilen
hinter der Gefechtslinie der Japaner.
Die moderne Vertehrstechnit hat
also auch eine eminente Eittwirtnng
aus die Psucholdaie der Heerfiihruna.
El: mindert nicht das Verdienst des
Feldberriu indem sie etwa sozusagen
sein Handwerks-selig technisch vervoll
lommnet hat; sie macht nur alle Ver
hältnisse uinsassender, steigert sie inst
Riesenhafte. Wenn Deutschland je
einmal einen Krieg nach zwei Fronten
zu siilsren hätte, so wiirde sich das in
noch oiel großartigerem Maßstabe zei
gen. Dann miißte wohl die Gesamt
ileitung in Berlin verbleiben und die
deutschen Heere würden an den Gren
» irr mit Selbständigkeit operieren.
l Wird nach errungenein Siege der
Jffeind verfolgt, wird er dermaßen ge
begi, daß er sich nicht zu weiterem
Widerstande sammeln tann. so ist aus
baldige Beendigung des Krieges zu
rechnen Unterbleilit die Verfolgung
so wird auch nach ernsten Niederlagen
ein energischer Fiilsrer einem tüchtigen.
Heer zu erneutem Widerstand Kräfte
sammeln!
Tag ist eine Binsenwabrheit Es ist
gerade heutzutage-, wo das- ganze Voll
iu den sieieg zieht, wo die Wollgswirt
ichast gedieterisch die schnelle Beendi
gung des Krieges erfordert, selbstver
ständlicher als je zuvor. llnd dennoch
schen wir, wie im jüngsten Kriege die
Japaner gegen die Russen die sonst so
zielbewußte japanische Heeressiihrnng
versagt. Auch früher versagte ost die
Führung des siegreichen Heere-Z in die
sem Punkte durchaus, so z. B. 1870
auf deutscher Seite. Auch Naboleon
that zeitweise schwere Unterlassungen
aus diesem Gebiete auszuweisen
Mutden ist ein Beispiel, daß nach
einer großen modernen Schlacht das
Versolgen ungeheuer schwer sein muss.
Betrachtet man die Verteilung der
beiderseitigen Truppen gegen tfnde
dieser Schlacht, so etwa um den 7.
t
I
i
l
März herum, so ist man erstaunt, zu.
finden, wie weit der von den Japanern
umsaßte rechte Flügel des russischen
Heeres schon zurückgedogen ist. Man
glaubt, der eiserne Ring müsse sich
schließen und das russische Heer von
der Bildsläche verschwinden; Aber es
gelang dem rusfischen Feldherrn, dank
seinen auf dem rechten Flügel mit
zähester Tapferkeit lämpsenden Trup
pen, die Armee zurückgehen zu lassen,
ja, fie sogar nach wenigen Wochen wie
der zu Gefechtgbereitschast zu bringen.
Wir wollen einige Gründe anfüh
ren, die dieses Vetsagen der Verfol
gung erklären:
Die ungeheure Erschöpfung aller
ain Kampfe beteiligt gewesenen Trup
pen; der Mangel an schnell beweglichen
Waffen, also Kavallerie, reitende Ar
tillerie usw-, die fähig sind, die Flügel
des Gegnerg zu überholen und unab
lässig seine zurückgehenden Truppen
von rückwärts anzugreifem die nume
rische Schwäche der Japaner über
haupt; die schlechten Wegevethältnisse
auf dem Kriegsschauplatzx Mangel an
Munition, Pferden, Verpslegung und
große Verluste
In der modernen Schlacht müssen
manche Truppen mehrere Tage und
Nächte fast ohne Unterbrechung kämp
fen. Die Eindrücke des Gefechtes sind
so gewaltig daß sich des einzelnen ent
weder eine ungeheure Aufregung oder
eine absolute dumpfe Gleichgültigteit
bemächtigt. Bei Liaujang soll es vor
gekommen fein, daß die Soldaten in
der Schützenlinie vor Erschöpfung ein
schliefen. Jst nun der Krampf vor
über, so ist sowohl für Körper und
Geist eines jeden einzelnen, wie auch
für die Truppe in ihrer Gesamtheit
der nächste Wunsch der nach Erholuna.
Man wird sich zunächst der Notwen
digkeit des Verfolgeng nicht voll bes-«
wußt.
Wenn nun aber trotzdem verfolgt
werden muß —— und daß diese Not
wendigkeit vorliegt, ist doch zweifellos
-—— so müssen wir nach Mitteln suchen,
den durch den Kampf mitgenommenen
Truppen wenigstens einen Teil der
Verfolgungsarbeit abzunehmen Diese
Mittel sind schnell bewegliche, feners
kräftige Truppen, die fähig find, die
Flügel der weichenden feindlictien
Truppen zu überholen, die Rück-zugä
strafzen zu sperren und damit der er
schöpften Jnfanterie die Zeit zur Be
teiligung an der Verfolgung zu ver
schaffen. Solche Waffengartungen
sind Rad-allerle, die reitende Artillerie,
fahrende Maschinengewehrabteilungen,
schließlich in Zukunft auch noch Luft
trennt
Wir nannten oben noch eine Reihe
weitere Hindernisse, die sich einer aus«
giebiaen Verfolgung in den Weg stel
len: schlechte Wegederl)ältnisse, Man
gel an Munition, Lebensmitteln und
pedantisches Verhalten der Führer.
Die beiden ersten Gründe sind klar«
aber der letzte bedarf noch einiger
Worte-. Es ist eine angeborene Gabe.
Truppenfijhrer zu sein. Nur einen
Teil dessen, wag der Truppenfiihrer
zu seiner Tätigkeit braucht, läth sich
lernen. Das Angeborene aber läßt
iitb nicht beschreiben, eCJ ist ein »tiinft(
lerisdiess Element, dass in dem betref
senden Individuum darinnen steckt
und die strieggtunst eben zur Kunst
macht.« Dieses künstlerische Element
war ess, das Friedrich den Großen
nach Leuthen führte-, das Napoleon
leitete, das den General v. Alvenss
leben am 1ti. August 1870 den weit
ijberlegenen Gegner angreifen ließ.
Nun denn, dieser- liinstlerische Element
ist es auch, dessen man zu einer Ver
solgung bedarf. Mit zahllosen logi
schen Griinden mag bewiesen werden,
daf; ein Angriff gegen einen dreifach
iiberleaenen, lambfträftigen Feind ein
Wahnsinn ist: Leuthen und Viondille
sprechen fiir diesen Wahnsinn. Ebenso
mag bewiesen werden, dasz man mit
zu Tode erschöpsteu Trupben einen in
Ordnung abzieheuden Feind nicht
wirksam verfolgen lann: alle Beweise
in Ehren, aber ein tttneisenain ein
Vliiiber verfolgte eben doch. Und so
wird ei- auch in Zukunft sein; auch im
Zeitalter der Massenheere wird es die
siterfdnlithleit sein, die siegt, nicht die
Ellkasse an sich. A l f r. M e n e r.
.».-..·.. —
End der guten alten Zeit
tssLi war in der Zeit, als die Samt
lehr-er noch ein recht arinseligeg Da
sein fiihrten, wenig Gehalt und die
sen recht unregelmässig von der Ge
meinde erhielten ---— als in einem
Nachbarorte von Knausingen die
Bauern ihrem Schulineister freiwillig
das Gehalt um zehn Gulden erhöh-:
ten. -— ,,Gar ta’ Spur«, erwidert der
Lehrer von Knausingen, als man ihn
- ausfordert, auch unt Gehaltserhöhung
zu bitten, ,,gar ta’ Spur. Meine
. zweihundert Gulden Gehalt im Jahr
muß i’ mir selbst einlassiren; wenn
H i« im Jahr noch hundert-ndztvanzig
Gulden mehr eintreiben muß, so is
das mein Todt«
——-. » — v-—
Es versteht sich von selbst, daß, wer
itber beide Ohren in Schulden steckt,
fiir Mahnungen taub ist.