Nebraska Staats-» Anzeiger und II set-old. Jahrgang 3.0 Grund Island, Nebr» m. September I d09 Zweiter (Theil.) Nummer 3. VieIlt ist so schön. »w Dek Vogel steigt. ein vertörpertesLied, Helltlingend nen Himmel. dahin es ihn sieht, Und selig wirbelt er in den Höh’n: Die Welt ist so schön! Der Strahl des Morgens erweckt die Blum’. Ausschließi sich ihr duitendes Heilig timm, Aus offenem Kelche die Diifte kveh’n: Die Welt ist so schön! Im flüssigen Silber, im schimmernden Bach Eilt sliichtia die Welle der Welle nach; Sie netzets das User mit sanftem Ge: tön: Die Welt ist so schön! Was stehst du Mensch mit sinsteretn Bl ict Und schaust in die iiniteke Brust zu rück? L, wolle den Jube! doch ringsum sehn Die Welt ist so schön! « —--—— Grube Harmonie. Von Armin Wechsler. Seide tonnte Fritz hammer auf feinem Bauerngute nicht spinnen. Es war tliiglich steriler Boden, den eg da zu beackern gab und die Erträgnisse, die nach harter, unablässiger Arbeit erzielt wurden. reichten gerade hin, um die Wirthschaftsgeböude vor dem Verfall zu bewahren. Es war merk würdig: während ringsum alles fast von allein zu gedeihen schien und die Bauern bebiibige, reiche Leute wurden, standen die hölmchen auf Hamnier’g Fluren wie »armer Leut’ Getreide«. Natürlich galt der ,,Sandsuchs«, so wurde hammer in der Umgegend ge nannt« bei den übrigen Bauern nicht für voll und er mußte gar manche stachelige Redensart über sich ergehen lassen, wenn er sich Abends im Kret scham sehen ließ. Namentlich der Grundhofbauer that sich unter denje nigen hervor, die ihr Miithchen an hammer zu kühlen pflegten. Der Bauer glaubte auch guten Grund hierzu zu haben, denn eg ging im Dorfe das Gerücht, daß Johanna, des Bauers blondes Töchterlein, fiir Fritz Hammer außergewöhnlicheg Jn teresse an den Tag lege. «.hallo, hammer Fritze«, rief dem Eintretenden der Bauer zu. »warst Du heute in Deinem Garten und hast tontrollirt, ob Deine Kartoffeln als Spalierobst fortkommen werden?« Dröhnendes Gelächter von allen Seiten war die Quittung über diesen Win. Hammer setzte sich etwas abseits an einen Tisch und meinte: »Laf3t mich nur zufrieden, —- eg ist ja be kannt, daß die diimmften Kartoffeln bei den größten Bauern wachsen.« Da hatte er die Lacher auf feiner Seite, und der Grundhofbauer wurde fuchsteuselswild.- »Alle Wetter«, schimpfte er, »willst uns wohl gar noch foppen? Wenn Du aus Deiner Wüste nei mal eine gesunde Kartoffel wirst ernten können, soll dieselbe auf der nächsten landwirthschaftlichen Ansstel lung prämiirt werden« Hammer sah ein, daß er in dem» Geiänt ichliesziich doch den Kiirzeren ziehen werde und machte sich bald aufJ den heimweg Unterwegs traf er Jo: hanna. Die Begriiszung war eine der art herzliche, dasz es teinem Zweifel unterliegen konnte, dasz die beiden ein Herz und eine Seele waren. »Dein Vater hat mich eben wieder mal schön abgesiihrt,« klagte hammer, »wenn’s nach dem ging, würden wir im ganzen Leben tein Paar werden« »Es geht aber nicht allein nach dem,« erttärte Johanna recht ernst hast« »ich habe da auch noch mitzure den und schließlich ist doch das ’ne Sache, die mich mehr angeht als Va tern.« »Du scheinst deiner Sache rechts sicher zu sein,« meinte Friy zögernd. «Bin ich auch«, beträftigte Johan na, »denn ich habe die seste Ueber eu gung, daß aus deinem Gute bei ingen swer Bewirthschastung doch noch mal was werden wird.« »Ach jeh, das wär’ zu hoffen«, stöhnte Frid. «Aber’ö sieht noch nicht so aus . . .'« »Na, verlier nur die Kurasche nicht," redete ihm Johanan gut zu. «Jeht muß ich aber nach Hause eilen, denn sonst ist der Vater eher da als ich. Ein kurzer Abschied und sort war e. si Alt Iris hammer am nächsten Mor gen in seine Felder ging, war er sehr nachdenklich gestimmt. Ging es denn mit demhenter zu, daß gerade auf sei dem Boden weniger wuchs wie weilen weit ringsum? Weshalb lag überall der fette Humptsboden in dicken Schichten umher, während er bis zu den Find cheln im Treibfand stampfte? Das mußte doch einen Grund haben, aber was für einen? Hammer hielt eben auf ein Bitten wöldchen zu, dessen Saum er beinahe erreicht hatte. Da gewahrte er etwas Seltsameg: bei völliger Windstille bes wegten sich plötzlich die Blätter des vordersten Baumes als ob sie vom Sturmwind Izerzauft würden. Der Stamm fchien von einem nervösen Zittern befallen zu sein und langsam im Boden zu versinten Hastig sprang Hammer hinzu, er griff nach dem Stamme, wollte sich an demselben fest halten« gerieth aber selbst in eine un haltbare Lage. Der Boden wanlte unter seinen Füßen. er brach durch, —— big an den Leib verschwand er im Boden! Da fand sein rechter Fuß ei nen Hatt. es tani Hammer vor, als ob er in morsches, briichiges Holz trete Nun hies-, es, sich ans der Grube wieder berauszuarbeiten. Das gelang unter der größten Anstrengung, denn die Masse unter seinen Füßen bröctelte immer wieder ab. Aber endlich hatte er sich doch aus dieser Kute befreit. Tausend. er war ordentlich im Schweiß gerathen. Aber es erschien ihm doch von Wichtigkeit, der Sache auf den Grund zu tommen. Sollte er etwa den Schlüssel zur Lösung des Nätbsels gesunden haben, weshalb aus seinem Grund und Boden Kar tofseln nur dann gediehen, wenn sie »als Spalierobst gezogen« wurden? Hammer holte Spaten und Hacke. Dann buddelte er vor der Bitte, vor der er eingesunten war, ein großes Loch aus, und schachtete und schach tete . . . . Er warf eine ganze Menge Erde aug: Sand, Latten, wieder Sand, dann schwärzlichen Gras, wie er ihn noch selten gesehen hatte. Und dann war er aus die Stelle gestoßen, wo sein Fuß Halt gesunden hatte. Es schien ein im Verwesen begriffe ner Baumstamm zu sein, dicht an die ten gedreftt lag ein zweiter und an diesem wohl ein dritter. Mit kräfti gem Hackenschlag ris; er ein mächti ges Stück der schwärzlichen Masse aus dem Grunde. Das nahm er sorg sam mit nach Hause. Am Abend zeigte er seinen Fund Johanna. Die beaugte und betastete das Stück von allen Seiten: »Das ist Kohle, gute schwere Brauntohle,« erklärte das Mädchen mit aller Bestimmtheit »Damit fährst du sosort nach der Stadt und läßt die Geschichte begutachten von ’nem Berginspettor oder noch besser, von ’nem Bergrath. Wenn der sagt, ’g ist Kohle, dann besitzst du ja den tbeuersten Grund und Boden weit und breit. Werthooll ist derselbe nicht dadurch wag auf ihm wächst, sondern durch das, was unter ihm verborgen itt.«« Fritz Hammer kam mit dem Be scheide zurück, daß man ihm baldigst Nachricht zukommen lassen würde. Aber das «baldigst« dauerte bedenklich lange, - eg vergingen Tage und Wo chen, ehe sich etwa-, in der Angelegen heit regte. Fritz wollte schon ver zweifeln, -— da aber ereignete sich et was unertvarteteg. Vier Herren ta men vor dem Gutghause von Fritz Hammer angefahren und ließen sich von ihm nach dem bewußten Birken tväldchen führen. Einige Arbeiter wurden mitgenommen, die mußten buddeln. fchaufeln und harten. Die Herren suchten eine ganze Anzahl vons Stücken aus, die sie in Säcke ver packen ließen und mit nach der Stath nahmen. Am Abend ging es im Kretscham außerordentlich lebhaft zu: es galti eine große Neuigkeit zu debattiren und der Name Fritz Hammer schwirrte von Mund zu Mund. Die Spannung löste sich erst, als der Grundhofbauer erschien. Er hatte sich noch kaum gesetzt, da erfuhr er auch schon die Sensation. »Du«, klärte man ihn auf, ,,beiin Fritz Hammer haben sie heute Kohlen gefunden.« »Was rechts«, höhnte der Bauer, ,,bei mir liegt ’n ganzer Schuppen vol.« »Red’ nit so g’spassig«, knurrte ein anderer, ,,mit faden Wissen ist da nichts zu machen. Eine Kommission aus der Stadt war da. Die hat fest gestellt, daß unter dem Birkenwäld chen mächtige Kohlenflöze liegen.'« Da sptßte der Grundhofbauer in etwas die Ohren. Aber er sagte doch geringschätzig: »Sol1en sie doch liegen, der Habenichts, der Hammer, hat ja lein Geld, um sie abbauen zu lassen.« »Wenn er dein Schwiegersohn sein wird, wirst ihm schon so viel und noch viel mehr geben«, lachte dem Grund hosbauer sein Nachbar ins Gesicht. Das ging diesem denn doch über die Hutschnur, solche lästerliche Reden ver letzten ja seine Autorität. Puterroth vor Zorn sprang er auf nnd schlug mit der Faust auf den Tisch, daß die Gläser durcheinander tanzten. »Daß dir ein Wetter in die Knochen sahre«, tobte er tviithend, »dieser heil lose Durlmiiuser wird mein Schwie gersohn im ganzen Leben n . . Ehe der Erreate aber nach das »nicht« vollenden konnte, ging die Thür ans und Fritz Hammer trat ein. Nun richtete sich die ganze Wuth des Bauern gegen diesen. Ein Hagel von Schimpsworten prasselte ihm entgegen. Der Bauer war vorwärts gesprungen und wollte sich auf den Eintretenden stürzen. Von allen Seiten aber fiel man dem Bauern in die Arme und es gelang den vereinten Kräften, ihn wie der aus seinen Stuhl niederzuzwiw gen. Fritz Hammer überschaute die Si tuation mit einem Blick, ließ sich aber trotzdem aus seinem gewohnten Platz nieder. Als sich der Lärm soweit ge legt hatte, daß man sich verständlich machen konnte, sagte Fritz in aller Ruhe. als sei nichts vorgesallen: »Die Kommission hat mir ver: sichert, daß die Kohlenslöze unter mei nem Grund und Boden außerordent lich mächtig seien. Alle gratulirten mir dazu, daß ich jetzt der reichste Mann im Dorfe sei. Trotzdem werde ich Johanna heirathen, weil ich ihr mein Versprechen gegeben habe. Ob der Grundhosbauer damit einverstanden ist oder nicht« ist uns gleichgiltig. Jo hanna wird bald großjährig und da brauchen wir die Einwilligung ihre-Z Vaters zur Heirath nicht mehr.« Mit gemessenem Schritt verließ Hammer die Gaststube, den Grund-— hofbaner mit einem Gesicht ruriirtlasi send, dem jeder Zua in’H Geistreiche versagt war. s- Q « Drei Jahre später. Mitten in der früheren Wüstenei des früheren Bauern Fritz Hammer erhoben sich zahlreiche in Ziegelroth gehaltene We bäude, Fabritschlote dampften, Ma schinen sauchten, lzahlreiche Arbeiter waren thätig, Schwebebahnen besör betten unaufhörlich Wagen um Wa gen vom Schacht nach dem Bahnhof hin und zuriict Länas der Bahnae leise sind große Schilder ausgestellt mit der Inschrift: Brauntohlenwert und Brilettsabrit »Hm-be Harinonie«, Fritz Hammer E Co. Diese »Kom pagnie« besteht aus dem Grnnthf dauern, der inzwischen Großvater zie worden ist. Unter den Besitzern der »Grube Harmonie« herrscht schon lanast die vollste Harmonie Der große Roman. Elizic von Ulluit. Hier, Herr Kollege, lesen Sie doch mal sofort diese Novelle und sag-In Zie mir dann Ihr Urtheil.« Mit diesen Worten reichte der lsbtf redatteur seinem subordinirten Helfer in den Redattionsaeschästen der aroszen Tageszeitung »Die Stunde« ein sauber mit Maschinenschrist geschriebenegsllia schinenschrist geschriebeneg Manuskript über das Doppelpuli. »Ich stehe gleich zu Jyrer Verfü gung, Herr Dottor,« antwortete ver emsig schreibende junge Herr. Egentlich führte Herr Bräuner, der Chesredatteur, gar nicht den Titel Doltorx aber Doktor Jlling, sein Ge lmnurie kaute-r verliehen, Soofiir sich genäher, hatte ihm diese Auszeichnung dann sein Vorgesetzter durch Verlei hung des Titels »Herr Kollege« be dankte. Jedenfalls lebten die beiden Herren in gutem Einvernehmen mit einander, was ihnen auch gar nicht schwer siel, da sie nicht nur das gleiche Thätiateitsield hatten, sondern auch aesellschastlich ziemlich in den aleichen Kreisen verkehrten und sich gegenseitig schon manches herzliche Profit zugeru sen hatten. Doktor Jlling vertiefte sich in den Jnhnlt des Schriftstüites. »Glänzend, geradezu glänzend! Schade!« entsuhr es ihm, als er geen det hatte· »Nicht wahr? sagte Bräuner. »Eine geradezu vorzügliche Arbeit, und doch für uns nicht brauchbar. Diese sein beobachteten psychologischen Züge, vie Gedrungenheit der Darstellung, das Anstiirmen des Konslitts und dann diese geradezu geniale Lösung!« ,,.5iönnen wir denn nicht diesen Herrn Conrud Fonbert einmal in un sere Reduktion bitten, damit wir ihm Aufschluß geben über die Ziele unserer Zeitung nnd über die Zwecke unserer Bestrebungen? Es wäre doch ewig schade, von einem so ausgezeichneten Schriftsteller teine Arbeiten mehr zu erhalten, einfach, weil er uns vielleicht die Zuriicksendung seiner Novelle übel nimmt und falsch auslegt.« »Ich glaube, wir werden damit lein Gliiet haben; wir hoben ihn in frühe re r Zeit, ehe Sie hier Ihren Stuhl be innen, schon einmal um seinen Besuch gebeten; nber er lehnte höflich und be stimmt nb, weil er keine f Zeit hätte Und dabei wohnt er qernde zwei fjsuer straßen von biet-. »Nun, es ist zwar etwas ungewöhn: lich, aber dann werde ich den Herrn aufsuchen. Ich alaube, er ist eLs tverth«, meinte Doktor Jlling »Wenn Sie wollen, lieber Herr Kollege. Jch hnbe nichts dagegen ein zuwenden trotzdem ieb ja eigentlich finde, man sollte der Eitelkeit der jun neu Leute nicht so schmeicheln. « »Sie halten den Verfasser für jung, .e·) err Dottor?« »Noch seinen bescheidenen Honorar sorrerungen zu schließen, ja, Herr Kol lege.« »Nun, dann ist es doppelt Menschen pflicht, hinzunehen,« sagte Doktor Jl ling autniüthig. »Vielleicht ist seine Toilette nicht so in Ordnung, daß er sich damit unter Menschen sehen lassen lann.« »Das macht Ihrem Herzen Uhre,nes ber Kollege,« sagte Bräuner warm, nnd dann vertiesten sich beide wieder in ihre Arbeiten. Dottor Jllina machte eine halbe vStande früher Mittag und begab sich ruf die Suche. ,,Verliner Straße 127, Gartenbaus tsier Treppen, hier muß es sein!« sagte er, indem er den Titeltopf des mitge nommenen Briefes mit der Haus-num mer einer recht bescheiden aussehenden thietlzstaserne verqlich Er begab sich Lfiber den sonst ganz reinlich gehaltenen Hof zum Aufgang des sogenannten Gartenhauses ohne Garten nnd klomm die vier Stiegen hoch. Richtig, da war ein Schild: Conrad Fonbert Recht arschmactooll sah es ans und aar nicht ärmlich. Er schellte. Ein sicher in die Welt schauender junaer Mann öffnete; er trug einen Malertittel, während am Daumen der Linken eine ölduftende Palette bina. »Kann ich Herrn Conrad Fonbert sprechen?« »Ich bin lsonrad Fonbert Was steht zu Diensten?« DottokJllina war etwas überrascht »Ich tomrne nämlich --— ich bin Redat teur an der Tageszeitung »Die Sinn de« und komme wegen Ihrer Novelle »Herdfener«.« Fonbert errötfrte merklich »So, so, wegen der Novelle. Bitte, treten Sie ein« aber Vorsicht, drei Zinsen führen noch hinauf.« Dettor Jllina trat in dass Alte-lieh welches unmittelbar an den Treppen flur grenztr. Sehr aeschcnadboll war es ausgestattet - - zwar nicht reich, aber durchaus nicht ärmlich. Die Stiz zen in Kreide, Pastell und Oel, die ge rahmten fertigen Bilder zeugten jeden falls von einem zwar noch nicht ferti gen, aber immerhin sehr bedeutenden Können. Das alles war es, was Dot tor Jlling mit einem Blick sofort sah. »Bitte nehmen Sie Platz. Dukf ich Ihnen eine Zigarette anbieten?« »Dante, aernek" Fonbert hielt dem Gast das bren nende Streichholi hin und setzte auch seine Ziaarette in Brand. Dann nahm er dem Besucher qeaeniilier in eineni Legestislil Platz. Ein Geiis oon Behaalichleii lag über dem Ganzen, so daf: Doktor Jl ling das Sprechen nicht schwer wurde. »Sie haben uns da eine aani ausae zeichnete Novelle aesandt, deren Stil und Jnhalt uns gleicherinaßen erfreut hat. Das-, Jhr Stil ein so ausgeteil ter, geschrnaclvoller ist, nimmt mich ja nicht wunder, nachdem ich gesehen habe, daß Sie so recht mitten im Geschmack drin sitzen. Aber der Inhalt « dazu sind doch tiefe sienntnisse nöthig die man sich nicht allein ans Menschen mühsam herausholen kann, sondern die auch das ernste Studium einer ganzen Reihe wissenschaftlicher Werte bedin gen. Wo haben Sie nur die Zeit dazu her bei Jhrem eigentlichen Beruf, dem Sie ja astqenscheinlich nicht nur mit Leib und Seele, sondern auch mit gro ßem Fleiß obliegen, noch solche gründ lichen Kenntnisse sich anziieianen?« Fonbert war wieder roth geworden Augenscheinlich war ihm das Thema nicht recht bequem. »Ich bitte Sie«« sagte Toltor Jl ling, »nur keine falsche Bescheidenheii. Wir sind unter uns, nnd ich bin nicht dazu hergekommen, um Ihnen Honig aufzutrschen, sondern aus dem Wun sche heraus, den Mann kennen zu let-— nen, dessen Verstand es vermag, die feinsten Schwingungen seiner empfin dungsreichen Seele mit so sicheren Strichenan das Papier festzuban nen.« Fonbert verneigte sich. »Ja, ich hat-: te es auch für eine grosse Kunst, nicht nur richtig zu sehen, sondern das Ge sehene auch so zum Ausdruck zu brin gen, daß die anderen es genau ebenso sehen müssen, dasz man sie einfach in den Bann der eigenen tünstlerischen Persönlichkeit schlägt. Das ist wohl in der Schriftstellerei genau so wie in der Malerei,« sügte er nachdenklich hinzu. »Wollen und können Sie mir verra then, wrlchenStudienging Sie gemacht haben, um trotz Jhrer augenscheinlich so großen Jugend auf zwei Gebieten Bedeutendes zu leisten?" Fonbert wurde verlegen. Augen scheinlich war er sich noch nicht klar, wie weit er dem fremden Herrn da die Wahrheit sagen könne. Er schielte nach feiner Palette, die aus einem klei nen Tischchen in Reichweite lag. »Ja, sehen Sie --—- —- — aber das würde Sie doch H —- -—« und mechanisch, wie -1m die Verlegenheitspause zn iikserbriiclen, langte die Linie nach der Palette, die bald wieder an ihrem ge wohnten Daumen hing. Und als obs von diesem Stück ein Zwang ausginge, » stand Fonbert aus und trat vor dass Bild, an dem er gerade gearbeitet hatte —- einemMädchentops von eigen artiger Schönheit »Bitte behalten; Sie ruhig Platz und lassen Sie sich. nicht stören, ich muß von Zeit zu Zeit « mein Wert ansehen: bei solch plötzli-’ ebem Anschanen sieht man manchmal die Fehler nnd Unterlassungssiinden schneller als beim angestrengten Su schen-« Dr. Jlling war anfangs etwas be fremdet gewesen. Fonbert wandte ihm ietzt den Niicten zu. ,,Also, worüber ich beute hauptsächlich mit Ihnen sprechen wolltet wir brauchen einen aroszen Roman sür unsere Zei tung, und ich glaube, Sie sind der ge eignete Mann, ihn uns zu schreiben. Nur müssen Sie mir gestatten, daß ich, Sie etwas in die Ziele nnd Bestrebun gen unserer Zeitung einweihe.« Fonbert hatte bei Beginn der Rede einen Pinselstrich gemacht, wie um seine Unentscltlossenheit zu verbergen; nnd je weiter Doktor Jllina kam, desto öfter bekam sein Pinsel auf der Lein wand hier und da einen derbessernden Strich zu thun. »Sie verzeihen« sagte er dann ent schuldiqend, »daß ich weiterarbeitex aber ich furchte, -—- daß ich, — daf-, die Farben ——. Jch glaube ,ich bin jetzt doch zu senr bei meiner Malerei und tiinn meine Gedanken nicht auf Ihre fo äußerst mertbvollenRathschläae um schalten.« Er leate die Palette wieder bin und fah Dottor Jltina ratblog an. ,,Freilich,« unterbrach Doktor Jllina die etwas peinliche Stille, indem er sich vom Platze erhob· »Wenn Sie ein solch interessantes Porträt arbeiten, tann ich Ihnen auch nicht oerdenken, dan Sie für etwas anderes keine Zeit badete-« ,,Vielleicht darf ich Sie aber bitten,« fuhr Fonbert wie von einem plötzlichen Gedanken erleuchtet fert, «morgen Abend eine TasseTtsee bei mir zu trin— len. Und ich verspreche Ihnen, das-, Sie dann einen besseren Zithörer ha lxen werden« »Ich steile th Ebenfalls-, Hing Doktor Jlling verbindlich, ,meinem Mitarbeiter an unserer Zeitung, der sub gleichfalls sehr sijr Jhre Arbeiten interessiert, Jbre liebenswürdige Zus sage übermitteln, ihm sagen zu können, daß Sie nicht abgeneigt sind, uns den großen Roman zu schreiben.« »Oh, es wird mir eine große Freude sein, auch Ihren Herrn Kollegen ten nen zu lernen: bitte, bringen Sie ihn mit, wenn er Zeit und Lust hat,« sagte Fonbert noch, als er Doktor Jlling dte Hand zum Abschied reichte. Am nächsten Abend stieg Bräuner voll Erwartung mit Doktor Jlling die vier Treppen im Hof der Berliner Straße 127 heraus. Fonbert empfing rte ungezwungen wie gute alte Bekann te. Er führte sie durch das Atelier, das in der eigenartigsten Beleuchtung durch zwei Versteckt angebrachte Am peln noch stimmungsvoller aussah als am Tage, in ein bescheidenes, aber ebenfalls sehr geschmaclvoll gehaltenes Wohnzimmer. Ein Tisch war sauber gedeckt; und vier Stühle, die so recht in dieses Kiinstlerheim paßten, waren berumgesetzt. Noch standen die Her ren, da trat mit der Theetanne ein jun ges Mädchen herein, in welchem Dol tor Jlling sofort das Porträt wieder erkannte. an dem Fonbert gestern ge arbeitet hatte. »Meine Schwester!" stellte Fonberi ungezwungen vor; »die Herren Re dalteure von der »Stunde«, die uns wegen der Novelle ,,Herdfeuer« bo suchen.« Die beiden Herren ver-beugten sich. »Redatteur Bräuner.'« »Dottor Jlling.« »Bitte, wollen die Herren Platz neh men,« sagte Fräulein Fonbert mit ein facher Freundlichkeit Und mit feis nem Geschick waltete sie ihres Amtes als- Hausfrau Die beiden Herren fühlten sich sofort wie zu Hause bei Its-Lesen Menschen, die der Kunst so nahe wohnten und frei waren von dem, was den Alltag so grau macht. Bräuner entpuppte sich als Feinschmecker und lobte in Fachausdrijcken die vorzügliche Zithereituna des Jrnhisses. Doktor Jlling erhob scherihast die Theetasse und stieß aus das Wohl der »Am-Drin dieses Mahles« an, während Fonbert voll frohen Stolzes seine Schwester ansah und ihr zuries: »Dein Wohl, Nelly!« Als man sich die Zigaretten anziin dete, meinte Doktor Jlling: »Aber wir müssen jetzt auch zu dem Geschäftlichen tommen.« Tief-mal erröthete Fonbert nicht, aber seiner Schwester geschah es. Als Bräuner dann über den großen Roman sprach, und auch Doktor Jl ling von Zeit zu Zeit einige Bemer tnngen dazwischen warf, war es stets Fräulein Fonbert, die antwortete, während ihr Bruder strahlend seine Zigarette zwischen den Fingern drehte. Schließlich schwang sich Doktor Jl ling zu der Frage auf: ,,Wo in aller Welt haben Sie, Fräulein Fonbert, alle diese Wissenschaft her?« »Hat es Jhnen mein Bruder nicht gesagt? Jch besache hier die Universi tät und habe einiae sehr interessante Kollequ über Philosophie und Logik belegt. Nebenbei führe ich ihm die Wirthsebait.« »Ja,« fiel Fonbert iyr lachend rng Wort, ,und die Novelle-n hat sie auch geschrieben; aber aus überqtosssr Be scheidenheit wollte sie ihren Namen nicht aenannt haben und hatte mir strengstens verboten, den Schleier zu liisten: aber nun hat sie sich ia bereits selbst berraien.« Die beiden Herren machten ziemlich verbliisste Gesichter; aber Doktor Jl ling rettete sich, indem er sagte: ,,Frei lich, bag habe ich längst gemerkt.« Fräulein Fonbert rief ihrem Bru der ein vorwurfgvolles »aber Conrad« zu, und sich dann zu den Herren wen dend, vertheidiate sie sich mit iornischem itfisert »Eiqentlich war die Täuschung doch nicht so schlimm; tpie Novelle trug ioch meinen Vatersnamen, und der Vorname war abgekürzt. Ob da nun die ersten vier Buchstaben von Cons radg Namen dastehen oder die ersten vier von meinem Namen »Cornelie«, dac- tonnte auch ebensogut ein Druck fehler der Schreibmaschinistin sein!« «Rirk1tia!« sagte Doktor Jlling. — s Etwa R Wochen später begann Bräu suer etwas zöaernd iiber das Doppel sp.1lt: »Saaen Sie, lieber Herr Kol leae —--- es ist zwar eigentlich aar nicht s«räuchlich in unserer Reduktion —, als-er könnten wir nicht versuchen, Fräulein Fonbert alH Redakteurin für uns zu gewinnen?« Doltor Jlling lächelte. ,,Sehr ge ebrter Herr Doktor, soeben wollte ich ; anen Divon die JJtittbeilunza machen, jdaß ich gestern Fräulein Fonbert als lebenslänaliche Redakteur-in siir mei nen urtiinftiaen Haue-stand gewonnen hobe« Aus dem Resermdarexamem Herzlich ge lacht wurde kürzlich auf dem Brei-lauer Oberlandeggericht über Jeine unerwartete, doch verbliissend richtige Antwort, die einer der Raubi » daten im Reserendarexamen auf eine an ihn gerichtete Frage gab. Der iHerr Eraminator verlangte vom iPriisling eine turze Darstellung der Geschichte des Oberlandesgerichtg Er half ihm dabei ein wenig aus und ibedentete ihm daß dieses Gericht sriiher «tlppellationggericht, vordem Oberlandeggericht geheißen habe, wie eg auch heute wieder heiße und be gehrte dann weiter zu wissen, aus weichen Ursachen Und zu welchen Zeit puntten die Namengwechsel erfolgt seien Da der standidat keine befrie digende Auskunft zu geben wußte, sagte der Herr Eraminator: »Ich will eine andere Frage stellen; vielleicht zeigt sie Ihnen den rechten Weg sür die Beantwortung meiner ersten Frage Gesetzt den Fall, wir besänden uns jetzt im Heitalter Friedrichs des Großen. Wie würde der große König die Herren dieses Gerichtes, —- tvie würde er beispielsweise mich anre dens« . Ohne Besinnen erwiderte der Kandidat: »Mit Er!« . . . Be zwungen von dieser unansechtbaren Wahrheit stimmten die herren Exa minatoren dem Prüfling rückhaltslos bei. «