Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 13, 1909, Zweiter Theil, Image 10

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    Was die Nacht verbarg.
Roman von E. P. Oppenbem
...... HÆrWD
(11. FortsesungJ
«O nein. Jch sagte Ihnen schon«
daß er in jener letzten Nacht beions
ders aufgerämnt und rebselia war.
Ilö er feine Brieftafche hervorzog um
die Zeche mit einem Hund-ermatt
schein zu bezahlen, zeigte er mir das
Bild eines kleinen Mädchens-, das er
offenbar immer mit sich herumtrug
Es war ein häßliches Kind. ihm aber
schien ei der Inbegriff aller Schön
beit, und es sah ihm ja auch so iikkns
lich. daß man es auf den ersten Bäict
als sein Kind hätte ertennen müssen.
· Als ich ihn ein bißchen damit auf
sper, erklärte er zwar, es sei das Töch
terchen seines in Südafrita verhei
rathete-i Bruders, aber er wurde sehr
verlegen und brachte das Gespräch so
gleich auf etwas anderes.«
»Das scheint freilich nicht ganz un
Ierbächtig«, meinte being nachdenk
lich. «Urnlomebr, als der Bruder
aus Stidafrika weder Frau noch Kind
bat. Ader atn Ende müßte doch die
ser Bruder, der vor einigen Tagen
« hier aufgetan-It iit. um den Nachlaß
des Ermordeten in Besitz zu nehmen,
etwas von dieser Ehe gewußt baben."
Ehe-halb müßte er das? Könnte
Otto Mariens ei ihm nicht ebensogut
verschwiegen haben. wie er es hier vor
aller Welt verschwiegen hat? Ich
glaube, sein Leben war ganz voll von
allerlei großen und kleinen Geheim
nissen.« - — »
«Die Mög-lichten ware treue-h man
suiaefchloffen An etwas anderes
Aber hohen Sie« nicht gedacht, mein
Fräulein Oder können Sie sich vor
stellen. daß eine Frau. die von der
crmrdnna ihres Mannes hört, we
der ein Bei-Zangen fiihlen faste, an
die Bahre des Todten zu eilen, nach
Uherhqupt ein Bedürfnis sich zu mel
den —- wiire es auch wirklich nur« um
fiir sich und das Kind ihren aefetzinä
ßigen Anspruch auf den Nachlaß gel
tend zu machenk
»Das kommt aanz auf die Umstän
de an", tagte die blonde Miete. »Ich
habe in der Zeituna gelesen. daß man
nicht mehr als dreihundert Mart in
dem Nachlaß vorgefunden hat, nnd
aus den Fraaen des Rechtsanwaltg"
wie aus den Ihrigen habe ich entnomss
men, daß tein Mensch etwas über bie
pertunft feiner großen Einnahmen
weiß. Es wird alfo wohl irgend ei
nen Daten nett diesen Einnahmen ba
hn, und feine Frau hat möalicherweis
fe die triftiafien Gründe, in ihrer Ver
borgenheit zu bleiben, urn nicht da
nach gefragt zu werden. Den Todten
kann sie ja schließlich nicht wieder le-j
sendia wachen, auch wenn-sie Ströme
M Thränen an seinem Grabe vers
ießt Auf die nachgelassenen drei
ndert Mart aber tann fie leichten
herzens verzichten, wenn sie in aller«
Stille die Tausende weiter heziebtl
Ihrr die Mariens veriügte.« .
Es war der verschlagene Spürfinnj
des einzia an talte Berechnung ges
wöhnten Weibes. der in ihren Vermnsi
thungen und Folgerungen zu Tagej
trat. Heinz fühlte sich davon in bo«
hern Maße anaewidert, aber er ver-;
mochte sich der einleuchtend-en Loaitj
ihrer Ausführungen nicht zu entziesi
heu. Die Angelegenheit aervann irl
dieser Beleuchtung ein wesentlich ver-l
öndertes Aussehen, und manches er-«
fchien unter solcher Borausfetzuna
weniger unerllärlich als zuvor. Er
hatte noch eine Reihe weiterer Fragen
in Bereitfchaft aber von der Bald-«
ne her ertönte in diesernAugenblic«l
ein fchrilles Klinaelzeichen
»Ich muß aus die BiiThne ertlarte
Friiuiein Mieze, indem iie sich rasch
erhob. »Wenn Sie in dieser Angele
enheit noch etwas mit mir zu be
prechen wünichem werden wir es also
fui ein anderes Mal verschieben müs
en.«
»Sie gestatten rnir vielleicht. brief
lich eine weitere Unterredung zu er
bittern salls es sich als nothwendig
erweisen sollte? — Nur eine Frage
noch: haben Sie auch zu dem Reckzts
ampalt Berger von Jhrer Ver-tim
thung gesprochen, daß Mariens ver
heirathet gewesen sei?'·
»Ah was denken Sie — Wenn
ich itn Besitz von hundert Geheimnis
en gewesen ware dieie Mumie wür
rnir sicherlich keines davon entlockt
Ist-Leu — Für ient alio adieu, Herr
Vollselder —- und hoffentlich aus Wie
dersehenP
Mit ihrem bezauberndsten Lächeln
reichte sie ihm die Hand und rauschte
aus den Gang hinaus urn in der
Richtung nach der Bühne hin zu ver
schwände u
n deine aber legte sieh, als er das Ge
Nie-de des Eihotados Theaters nach
Miit-) verließ, in der Stille seines
I die seine-et zu heantroortende
essen-, eh ei eine besonders län
M teitninalistischer Oe chin
tneifen ei, die er da soeben
sehnt-ein und oh er der Lssung des
Ists-setz Msieh so geheimnißvos
. infckstn Lebensweg gestellt
" Jan-it sittlich auch nur unt den
z WWM Mit niihee gekom
- YIII iei.
Ijizehstes Kapitel
iw dies- :WOBNM Netz-tacht
c- Miit«
Idetlalmirte sie lächelnd. »Wir müs
sen ihn sehr tiihl empfangen, Mar
gvt —- nicht wahrt«
Das junge Mädchen hatte am Fen
iier efiandsen und auf die sonnig
Strage hinausgesehen. Jetzt schra
sie leicht zusammen und wandte sich
um. »Wen, Liebes« fragte sie zer
streut.
»Wen anders als den feurigen Ga
lan, der mehrere Tage gebraucht hat,
sich von seinem abendlichen Schrecken
zu erholenl —- Willit Du vielleicht al
lein mit ihm reden, Kind?«
»Nein, nein —- oder doch —- icb
weiß nicht. Ich bitte Dieb« eint-fange
Tu ihn. Wenn ich dann später her
eintomme, magst Du mich immerhin
allein mit ihm lassen.«
Die Korntesse erhob sich und reckte
ein wenia ihre volle Gestalt. »Wie
Du willst«. sagte sie. »Aber ich bitte
Dich, laß mich nicht zu lange warten.
Männer, die so leidenschaftlich in ein
anderes Mädchen verliebt sind, sind
iDmmer ein wenig lanarneilicsJ weißt
u.« i
Sie lachte leicht. Margot aber saate
ernst, indem sie zur Tbiir ging: »Du
solltest nicht darüber scherzen, Liebe.
Mir thut Herr Hallielder leid.«
. «Wenn er Dir leid thut, solltest Du
ihnfnicht so grausam behandeln, Mar
aot.«
! Die Tbür hatte sich längst hinter
Margot geschlossen, als Hesinz eintrat.
Er that im Frach der seine schlanke.
selegante Gestalt vorziiglich kleidete·
lNur die Blässe seines Antliyes ver
) rieth seine innere Erregungx äußerlich
) war er vollkommen beherricht.
» »Meine Gnädiaste!« saote er mit ei
»ner ritterlichen Verbeugung. »Juki
T ich hoffen. nicht lästig zu iallenk ;
Die Gräiin hatte schon vor keinem
Eintritt nach den Blumen neariisen,3
die er durch die Zofe hereinaeichiew
hatte, und indem sie sie jetzt iliichtikH
an das seine Näschen hielt. sagte sie«
mit jener Liebenstoiirdigteit. die ioie
eine unsichtbare Schranke ist: »Durch
auå nickt, here Hollielder. —- Bitte.
rrollen Sie aeiälligst Platz nehmen-«
Sie ließ ich ihm geaeniiber nieder.
und sein tiinitleriich aesckiulteg Auge
erfreute sich In der sicheren Grazie
ihrer Bewegungen Er fühlte, das-,
er mit dieser klugen und liebenswür
digen Dame offen und unumwunden
sprechen konnte. i
- .Jch habe vorerst um Verzeihungl
zu bitten«, saate er. »Meine Aus
führung an jenem Abend tann durch
meine große Erreauna nur erklärt.
nicht entschuldigt werden. Tars ich
bosien daß Sie mir trotzdem verzei
ben haben?«
Sie spielte mit den köstliche-i Ro
sen, die sie nicht mebr aus der Hand
aeleqt hatte, und ließ eine kleine
Weile in Schweinen veritreichen, ehe
sie erwiderte: »Ich habe Ihnen an se
nem Abend nicht aeztirnt, obwohl ich
vielleicht Grund dazu aeb bt hätte.
Aber Sie werden bearei-en. here
Hollfelder. baß ich eine Erklärung er
wartete. Sie baden mich ziemlich
lanae warten lassen.«
»Ich liabe teinen Augenblick daran
gedacht, Ihnen diese Erklärung schul
dig zu bleiben«, versicherte heinz er
regt, »und ich bitte Sie von herzen,’
meiner Säumniß nicht weiter zu ge
denken. Wenn Sie in mein Jnnerej
sehen könnten —'
Die Komteffe unterbrach ihn ruhm:
»Ich bin nicht redantisch, Herr Holl- »
"elder, und ich kann begreifen, daf-1
Sie sich erit zur Klarheit durchrinaenl
wollten, ehe Sie hierhertarnen. Aberl
eben weil ich rnich Ihnen ven vorn-!
herein in einem fehr freien Lichte sie-l
zeigt habe, hcklte ich es für nothwen
dig, ein ernstes Wort rnit Ihnen zus
sprechen. Ich weiß, wie leicht eint
Mann fich falsche und thörichte Vor-I
ftellungen über ein junges Mädchens
. —- ich spreche jeht von Fräulein Mar- s
got —- bildet, wenn er fie in irgend-;
wie ungewöhnlichen Situationen ge-;
- sehen oder gar kennen gelernt hat.
i Sie meinen vielleicht auch, daß ich es
L mit den guten Sitten nicht allzu ge
inau nehme, weil ich Eigaretten rau
I che und durchaus nicht prude bin. Sie
f täuschen sich aber darin, here Hollsel-.
; der. Ich bin in Dingen des Anstan
des und des Taktes vielleicht feiniiih
; liger als andere, und Sie diirfen mir
lglauhen daß auch Margot fehr leicht
zu verlehen und fehr schwer Fu ver
föksien ist. Wenn Ihnen etwas an
ihrer Freundfchaft gelegen ift, io seien
Sie ihr gegenüber sehr vorsichtig und
sehr behutsam. Wir sind keine Aben
teuerinnen —- ich bitte Sie, das nicht
zu vergessen«
heins machte ihr iin Sihen eine ehr
erbietige Verbeugung. «Jeh danke
Ihnen fiir Jhre Offenheit, gnädigfte
Oräfim aber ich ver-sichere Sie, daß
ich init keinem meiner Hebeirnsten Ge
danken Ihnen oder Frnulein v. Weh
rinpen unrecht qethan habe. Jch habe,
nachdem ich rnir einmal eine bedauer
liche Uebereilung zu fchulden tonnnen
ließ, lo korrekt wie möglich zu verfah
ren gesucht. Ich darf wohl annehmen,
daß Ihnen das Zertpiirfnij bekannt
ist, das zwischen Fräulein v. Wehr-in
aen und ihren- Stiefvaten dein Derrn
Miit-stund Irreiiiptrf --«
Wiese unter ach . M
weib. ich veiid cito ts- singu .
m hat bis J
»Ich habe es trotzdem siir meint
Pflicht gehalten, zunächst den Herr
Oberstlieutenant. der mich zu meiner
Freude seiner IMUM Oel-Erdsc
bat, um die Band seiner Tochter zr
bitten· Ich will anen die Antwort
nicht verschweigen die er mir gegei
ten hat« Er erklärte mir, daß et
ieinier Tochter gern und srendia seit
Haus össnen werde, wenn sie ihn all
meine Frau besuchen wolle. —
liebe Fräulein Mark-et wie ich por·
dein keine Frau geliebt dabe. und is
werde mich sür den aliilichiten Men
schen halten, wenn sie einwilligt. di·
Meine zu werden«
Die Grösin streckte ibrn ihre Nechtt
entgegen, die er an seine Lippen führ
te. »Ich babe Sie immer siir einer
Ebrenmann aebalten«, saate sie herz
lich. »und ich freue mich. daß ich mick
nicht in Ihnen aetäuscht habe. Ich
sinde ia durchaus kein Verbrechen da
rin. wenn ein junaer Mann ein jun
aes Mädchen einmal in übermütbiget
Laune küßt. obwohl vielleicht leinel
von den beiden dabei gleich an eine
Heirath denkt, aber gerade unter den
Umständen, die Sie und Margot au
iarnmen efiibrt baten, und rnit Rück
sicht au das eigenartige Verhältnis
in dem Sie iu ibr stehen, durften Sie
als anständiger Mensch sich nicht so
weit vergessen. —- So, Herr dassel
der, mischen uns dars nunmehr die
Angelegenheit als erledigt gelten.
Alles weitere liegt bei Fräulein Mar
abt.'
heinz neigte sich vor und fah ihr
mit angitoollem Blick in die Augen.
»Können Sie mir nicht ein ganz tlein
wenig hoffnung machen?"
Die Gräfin machte eine leichte Be
weaung mit den Schultern und stand
auf. »Sie diirfen mich nicht fragen«,
sagte sie aufweichend »Margot ift
iehr fchwer zu beurtheilen. Ader wie
ihre Antwort auch ausfallen mag«
meine Shmpathien gehören Ihnen fe
denfalls, Herr Hollfelderk
« »Ich dante Xb nen fiir dieses Wort
gnadigfte Gräiin!«· sagte er. Könnte
ich fest nicht Fräulein Margot -—-«
»Sie werden mit ihr sprechen tön
nen. Ich höre sie lommen."
Jrn nächsten Augenblick ging die
Thitr auf, und Margot ftand auf der
Schwelle. Sie trug ein einfaches
Kleid, ohne jeden anderen Schmuck
als den einer schlichten goldenen Na
del, die das Kleid am Halsausfchnitt
zusammen hielt. Aber ihre Schön
lkeit war Hein« dennoch niemals ho
äeitivoller und vornehmer erschienen,
sls in diesem Augenblick. Das Dun
tel ihres welligen, in der Mitte ce
icheitelten. Vaaree hob die fchneeige
Bläffe ihres Teintö noch mehr her
vor, und ihre Augen hatten den weis
chen Glanz und den irrisirenden
Schimmer der Opalr. Sie erwiderte
hollfelderi Gruß mit einem leichten
Neigen des fchiinen Kopfes.
Noch ehe sie aber etwas hatte fa
gen tdnnen. trat die Komteffe auf
sie zu und sagte laut: »Herr hollfels
der wünscht Dich zu sprechen, Mar-»
got.« Leife aber fügte sie hinzu, fo
leife. daß es being nicht hören konn-l
te: »Sei nicht grausam, Liebe! Er
ist wirllich reizend.«
Margot wartete, bis sich die Thitr
hinter ihr geschlossen hatte. Dann
wandte sie sich ruhig an Heinz. »Ich
freue mich'. sagte sie, »daß Sie mir
Gelegenheit geben, mich non Ihnen zu
veradfchieden.«
Hollfelder blieb für einige Augen
blicke stumm. Das hatte er nicht er
wartet. »Ja verabfchieden?« wie
derholte er. uSie wollen —- Sie wol
len reifenk
Sie nickte Moraen früh. O. ich
bin iroh —- Sie wissen nicht, wie froh
ich hinl«
Er wußte nur, daß sie fehr schön
war, und daß sie durchaus nicht fo
frob ausfah, wie man et nach ihrer
Versicherung hätte glauben sollen.
»Ich werde immer an Berlin den
ten als an einen Ort, mit dein sich
fiir mich die fchreetlichften Erinnerun
gen oertniipfen«, fuhr sie fort. »D,
wenn man doch fo weit fortgehen
könnte, dafi ielbft die Erinnerungen
nicht folgen könnten!«
»Man könnte vielleicht auch fo weit
gehen Fräulein o Bedinge-»f
»Mir sind jedoch nur wenige Du
send Meilen gestattet, und Berlin ist
ein furchtbares Unzen-tin ei streckt
feine Fangarme fehe weit aus. '
»Mir wenige Dudend Meilen« ,
wiederholte er mit sichtlicher Erleich
terung. uNord-» weit-, fild- oder oft
. wärt-W
;Siidwiirts«. erwiderte sie lächelnd.
.Und dort, wohin ich gebe, werden
mich Berge von leidlicher höhe ein
schließen. sEjfLst immerhin ein Trost,
sie zwischen ir und einem Ort zu
wissen, den ich —- hasse.«
»Warum ist Ihnen Berlin nur so
bassenswerth?« iragte er.
»Vielleicht nicht gerade hassens
werth. Richtiger ist, daß ich mich vor
ihm —- kürchte.«
So wollen wir nicht mehr von
diesem schrecklichen Ort sprechen«, sa -
te er. »Sage-r Sie mir lieber, wol-en
Sie geben«
«Jn ein kleines Paradie6«, erwi
derte sie.
»Das Paradies«, erinnerte holl
selder, »wer siir«zwei Menschen be
stimmt.«
»Es werden such met dort sein«,
gab sie lächelnd zurück.
Sein Vers begann hestiger zu schla
gen· Er siihlte, daß ihn seine Leiden
schaft wieder zu überwiiltigen drohte.
»Und wenn i nun auch Lust hätte,
den anl ng zu spielenk fragte
ad
Der is par-dies — das wäre anrich
n
tig", weinte sie. »Er würde teine gute
Rolle spielen
·Das ltiine auf die beiden anderen
sit« -
»Die qniiaen sich valltaiiinien. Und
sie fiillen das Paradies aus. Erin
nern Sie sich. daß ich Ihnen sagte. ei
iei nur tiein.«
·Solch ein Mai existirt nicht«, sagte
er. »Ein Paradies dari nicht tlein
fein. Die aanze Welt ist ein Para
dies —- iiir zwei. die sich lieben
»Ich liebe meine Freundin«, gab sie
lächelnd zurück.
Er atdinete tief auf. »Sie glauben
nicht. welche Erleichteruna rnir das
Geschlecht des zweiten Paradiesbewohs
nerö beieitete«, iaate er. »Aber finden
Sie nicht. daß auch darin eine Un
richtiateit liegt?' Noch ehe sie antwor
ten tonnte, bemächtigte er sich ihrer
beiden Dände und tagte mit leiden
schaftlicher zitternder Sti me: »Frau
lein Mai-got — können ie mich denn
wirtlich nicht lieben? Sie wissen ja
nicht« wie ich Sie cnbetel Ich will
Ihnen ein Paradies bauen — wo im
mer Sie wollen. und wenn es am
Ende der Welt wäre» Keine Scrae,
kein »in-ei Gedanke spa sich in dieses
Paradies einichleichen tönnen.'
Sie machte sich sogleich von ihm
frei und trat weit von ihm zuriich
»Sie diirien nicht io zu mir sprechen«.
iaate sie mit ieiter Stimme. »Sie dür
fen nicht!«
»Aber warum darf ich nicht? —
Saaen Sie mir den Grund. wenn
Sie einen Grund zu nennen wissen!«
Sie ialp ihm in die Augen. »Min
nen Sie den Grund nicht errathen?«
. teaate iie rubia.
i Er machte eine hestig abwehrende
Handbewegung «Sie verstehen mich
nicht«, sagte er. »Es gieht nur ei
nen einzigen Grund, den ich anerken
nen würde — und ich weiß nicht ein
mal, ob ich es thun würde. Alles an
dere aber iit von vornherein bedeu
tungslos.« -
Sie gab leine Antwort. Schwei
gend sah sie vor sich nieder.
Er aber drängte sie ungestüm:
»Sagen Sie mir. daß Ihr Herz schon
einein anderen gehört. daß ich Jhnen
gleichgültig hin, dass ich Ihnen immer
gleichgültig bleiben werde — und ich
gehe. Sie würden mich niemals wie-.
versehen. Aber nichts Inderes—nicht"o,j
wtg es auch immer sein möge, wirdl
strich dazu bringen, von Ihnen zu las-’
.en.«
Zeine Worte hatten den Klang ei
ner heißen, verzehrenden Leidenschaft,
und unwillkürlich streckte er die Arme
nach ihr aus.
.Sdrechen Sie ein einziges gutes
Wortl« rief er slehend. «Sie wissen,
was ich urn Sie gelitten habe. Wenn
nicht ein anderer zwischen uns steht.
io sogen Sie mir ein liebes Wort!'
Sie fah, daß der Mann da vor ihr
ausgewählt war bis in die Tiesen tei
ner Seele. daß er sich nicht wiirde de
liigen lassen. Ader sie wußte auch,
wie tödtlich jedes nüchterne und pro
saiiche Wort einer hohen. von Liedes
poeiie geweihten Stimmung ist. und
in der Furcht oor sich selbst griff fie
zu diesem lehten Mittel. ·Sie wis
ien nicht, was Sie sagen', erwiderte
sit. .ch habe Sie nicht mehr als
drei Mal gesehen. Wir wissen nichts
von unseren Verhältnissen, wissen
überhaupt to gut wie nichts voneinan
der. Uher wir leben im nüchternen
zwanzigiten Jahrhundert, nicht im
Jahrhundert der Liebesrornantii,
here holltelder.«
Er hörte den liihlen, iast geschäfti
mäßigen Klang ihrer Worte nicht, er
iah nur das unruhige Flimmern ih
rer Augen und das Beben ihrer sei
nen weißen hande. und er siihlte, daß
sie ihm iiir immer verloren war,
wenn er jeht nicht den Sieg davon
trun.
»Ich kenne Ihre Verhältnisse Sie
haben mir aesagt, daß Sie so gut wie
mittellos sind, und ich —- bin seoh
darüber. Denn ich habe genug, eine
Familie zu erhalten« und ich werde ar
beiten, herrlich arbeiten tönnen. wenn
ich Sie neben mir habe. —- Margot
— liebe, liebe Maraot —«
Er suchte sie sanft an sich zu ziehen.
Abet sit wehrte IF,
Lassen Sie en i« sagte sie, schwer
aihmend. .Es stehen Dinge zwischen
uns —'
«Es steht nichts Miichen unl. Jch
erkenne es nicht an. Was mit jenem
—- senem Schrecklichen zusammen
hängt. haben wir seit schon gemein
sam zu tragen, und wir werden es
gemeinsam überwinden. Es steht nichtl
zwischen ung, es schließt uns zusam
men, Maravt!«
»Nein —- nein —- ich will nicht!
Lassen Sie mich!«
»Ich lasse Dich nicht mehr. Menge-L
Nicht, trenn Du mir nicht sagst- daß
Du mich verabscheust.«
Er hielt ihre beiden hände, und sie
fühlte, wie ihre Kraft sie verließ.
»Ich gehe sort«, sliisterte sie behend.
»Sie werden mich vergessen. Sie müs
sen mich vergessen!«
»Du wirst nicht sortgehen«, sagte
er, «ehe ich nicht weiß, wohin
sehst. Fürchte Dich nicht —- ich drän
ae mich nicht in Deine Gebeimnisse
und ich werde Dich nicht hindern. nach
Deinem Willen fortzuführen was Du
begonnen hast. Aber ich asse Dich
nicht« ehe Du mir nicht gesagt hast«
ob Du mich liebst, oh Du —- srti r
oder später — mein Weib sein will .«
»Ich werde morgen iriih von hier
sortgehen.«
«Ich tte die Nicht-. ern-idem
er, «el-en alls eine tieine Reise zu
machen —- nur wenige Diesend Mei
len weit nach Süden-«
Sie lachte ver-weitern Das itt se
alles thörichtes Zeugi« sagte sie. aSie
milssen seit gehen —- sogleich! Die
Komtesse solt Sie nicht mehr hier sin
den, wenn sieguriictlammtk
«Jch werde gehen, wenn Du es
oerianäw aber nicht« ehe ich nicht
meine ntwort habe.«
- ·Jch finde, Sie sind der hartnäckig
sie Mann unter der Sonne.« " "
«Jn diesem einen —- ja«, gab er
»So hören Stei« sagte sie und
suchte sich einen Anschein oon Fettig
teit zu geben, noch immer verzwei
felt bemüht, ihre Hände aus den sei
nen zu ziehen. «Jch will und werde
Sie nicht heirathen-«
Er iuate die Achseln. «Es genügt
mir", sagte er geiassen, »daß ich dar
über anderer Meinuna bin. Es ist
auch nicht die Antwort. die ich haben
wollte
Sie wollte zornig werden« aber un
ter dem Blick. mit dem er sie ansah
vermochte sie es nicht. Plöhlich warsi
sie sich an seine Brust. »Ta, ich liebe;
zil
i
Dich!« sliisterte sie mit hei em Athem,s
und ihre Lippen suchten hie seinen
NeunzehntesKapiteL
Nur siir die Dauer weniger Axt-I
genbtiae ruhte Margot selostoergessi
sen an hollselders Brust. Dann mach
’tt sie sich srei, und nun war sie in der
That ruhi —- innerlich wie äußerlich.
.Jch haae und verabscheue die Lüge.
wenn sie zugleich eine Feigheit ist«,
sagte sie und ordnete mit halb mecha
nischer handhewegung ihr Haar.
»Ireilich, es giebt Lügen. de aus in
nerer Nothwendigleit geboren werden.
Aber daß ich Jhnen nicht sagen woll
te, daß ich Sie liebe ——-"
«Margot, Du sagst nticks1 nicht Du
zu mir?' sragte er ooll Be iirzung
.Es ist besser so«, entgegnete sie.
.An unseren Gefühlen ändert die
Form nichts, aber sie verhindert viel
leicht, daß wir —- dasz Sie sich zum
; zweiten Male vergessen.' Sie lä
3 cheite traurig. »Man- an dem Ent
schluß, den ich Ihnen vorhin ausge
sprochen habe, tann nichts geändert
werden, Heiner
It. -!ta s
was-II IW USHOLIIS tin-II -
«Vielleicht lernen Sie mich einmal
begreifen. Meiner feften tut-erzeu
auna nach find wir nicht dazu ge
schaffen. und fürs Leben zu verbin
den. Ich liebe Sie —- — Aber bitte,
szeinz. laß mich!«
Er hatte sie von neuem in feine
Arme ziehen wallen. Er war ja feft
entschlossen, sie nun, nachdem sie ihm
das beieiiaende Gefiiindnifz ihrer Lie
he gemacht hatte. zu halten fiir im
mer, die einaebildeten Schranken, die
sie zwischen sich und ihtn wähnte, nie
derzureißem Sie duldete es, daß er
sie nach einmal küßte, aher sie erwi
derte feine Liehtofung nicht, und als
in diefem Augenblick die Thür auf
aing. und die Kamteffe in das Zim
mer trat, riß sie sich beinahe unge
ftiim lag nnd verließ den Raum. ehe
Heini fie hatte halten können.
»Es fcheint mir vom Sckickial be
stimmt, ftets im ungeeignetiten Au
aenbliet ru erfcheinen«. faate die Grö
fin zwiichen Scherz und Ernft
Heini ader ftieii flehend hervor
sJch bitte Sie, Gräfiw rufen Sie
Fräulein Maraat zuriick. Ich —- sie
— sie darf nicht fa van mir gehen!«
Die Aomteffe fchiittelte den Kopf
.So haben Sie lein Glück gehahtf
fagte sie. »Ich will thun fiir Sie,
was ich kann. Ader Sie diirfen nicht
mir die Schuld geben, wenn auch ich
nichts erreiche-·
Sie verließ das Zimmer, und being
blieb allein. Sein Blick fiel zufällig
auf einen Spiegel, und er erichrat. als
er feine verftörten Gesichtsziiae ge
wahrte. Wo war die Selbftbeherrichs
ung, die er fteid als eine der vornehm
ften Eigenschaften des guterzogenen
Menfchen gerühmt hattei —- Durfte
er sich von feiner Leidenfchaft fo ganz
überwiiltiaen laffeni
Er richtete sich energifch auf und
sirich sich leicht mit der band iiber die
vachenden Schlafen. Er kannte Ia
doch aliietlich fein, wußte ee doch, daß
ihn Margot liede. Aber er war nicht
glücklich. nicht in diefern Iugendltch
Mars-i hatte bei ihrer Ertlsiruns
daß Sie« niemals die Seine werden
tdnnte. zu viel Jesiigteite das-eintsie als
daß er nicht siir sein S zitte rn
sollte. Er tannte sie ja wir noch
io wenig. und vielleicht gabes n der
scbat etwas das ihre Verbindung nn
möglich machte. Aber es sollte, es
dnrite nichts derartiges geben, er woll
te alte Hindernisse iiberwindenl
Los bebender Erwartung sah er
der stiiettebr der Komtesse entgegen.
Würde sie Margot mitbringenii
» Sie lam allein.
i »Ich weiß nicht was Sie ihr ge
« tban bade-IT sagte sie mit ihrer ange
nehmen Stimme. »als Sie siecheleidtgt
oder —- zn glücklich gemacht haben.
Jedenfalls will sie Sie bewa nicht
mebr sehen.«
.Jch —- ich weiß nicht, was ich den
len soll", sagte Deinz erregt. »Sie
selbit ermannten mich, Margot ge
aeniiber vorsichti and korrekt zu ver
sabren, aber sie elbsi --«
»Sie ist ein junges Mädchen. dem
man manches zu Gute baiten soll,
was ein Mann nicht thun dürste«,
siel ian die Komtesse ins Wort.
Es klopfte.
Die Rose überbrachte ihr eine Kar
te. Als sie einen Blick daraus gewor
sen sab sie unwilltiirlich zu soviel
der biniiber und sagte anmuthig:
»Aber sagte ich anen nicht, Jeanet
te. daß ich siir diesen Deren teinesi
salle zu sprechen bini«
»Er wollte sich nicht abweisen las
sen«. saate das Madchen entschuldi
aend »Und ich wußte nicht-—
Sagen Sie ibrn daß ich Besuch
hätte, und daß ihn nicht anneh
men tönne', entschied die Gräsin.
»Es kommt aus die Form nicht an,
denn ich wünsche nicht noch einmal
von ier bebelliat zu werden«
Das Mädchen entfernte sich, und die
Gräfin wandte sich wieder Hollselder
zu, der schweigend gewartet hatte.
Aber es war eine Unruhe jest in ilf
reni Wesen die er vorher nicht wahr
genommen hatte.
»Sie dürfen rnir nicht zürnen, daß
ich Ihnen teine bessere Austunft ge
ben konnte. Aber ich saate Ihnen ia
vordern fchon, daß Margot unbere
chenbar ist« und d:ß man nich-te mit
ihr ausrichten kann, wenn sie sich et
was in den Kopf geseyt hat«
»Aber Sie werden begreifen, in
welcher Unruhe ich mich befinde«, rief
Heini. »Seit es wahr, daß Fräulein
Maraot morgen friih ———«
Die Komteffe erhob abwehrend die
Hand. »Dosten Sie mich nicht. denn
ich mußte Maraot auf ihre eindring
lichen Bitten versprechen, Jhnen über
nichts Auskunft zu geben«
.Wenigfteng das eine könnten Sie
rnir doch faaenl Es wird nicht Mar
gots Absicht fein, rnich fortzuschiaen
wie einen lästigen Bittfteller, den
tnan fo kurz wie möglich abfertigt.
Ich glaube doch, etwas Befferes ver
dient zu haben.«
Der Gröfin bereitete die peinliche
Laae. in der sie sich ihrn gegenüber
befand, offenbar Verlegenheit. »Es
thut rnir herzlich leid, Herr Hollfels
der, aber ich darf rnen gegebenes
Wort nicht brechen. Ich will rnit Ih
nen hoffen. das; zwischen Margot und
Ihnen noch alles aut werden wird,
aber ich hohe die Erfahrung machen
rniiffen. daß die Einmischunjt eines
dritten in Liebesangeleaenhei en fehr
felten zurn Guten autfchlöat daß
Inan in den meiften Fällen nur Ber
wirrung anrichtet. Sie sind ein Mann
— und Sie werden Ihren Weg ohne
Zweifel allein zu finden wissen!«
»Ich werde ihn finden, Komteffe!'
tagte er feft. »Und ietzt will ich Ih
nen nicht länger lästig fallen. —
Wollen Sie rntr gestatten, wiederzu
toninieni«
Ach pflege in der Kataoftube ani
Wittenhergplah zu friihftiicten, Herr
Dollfelder —- uin die elfte Stunde
Wenn wir uns dort treffen follten,
wird es mir anaenehni fein.«
Er verabschiedete sich und ging
langsam die breite, teppichbelegte
Treppe hinunter. Als er arn festen
Abfai angelangt war, tani ihtn die
Zofe entge en. rnit hochrothern Gesicht
und hliden Augen.
Mortfeiuna folgt.)
—
Satire ift oft bkoß fauet geworde
nee hinnen
Ismsitt
sf f .
Freundin: »Ein-na, du hast is schon wick- eln-n neuen hat« wis
machst du denn das?« .
hausbesi ersgattim Evas ist höchst einfach, ich trage die Ausgab
I bei meinem anne unm Dachdecketatbettes ein«