Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 30, 1909, Zweiter Theil, Image 16

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    site Geschichte dont Gericht. Von
Paul Wilhelm.
Der Derr Gerichtisekretiir Dr.
Verlies sah seit einer Stunde zum
vierten Male aus die Uhr. Er hatte
III bei denQerbandlungen eine kleine
Wie eintreten lassen. Eine drückende
Dise lag in dem kieinen Arbeitsraum H
beim seiirksgericht W» und aus den T
verstaubten Akten strömten durchauT
nicht die Wohigerüche Schiras. Der
herr Mr war sehr mißmuthig. Er
konnte kaum die Mittagsstunde er
warten, um in seine Stammkneipe zu
kommen. Und Arbeit gads wieder in
hülle nnd Fälle« Es war doch die
reine Ironie des Schicksals! Weil die
Frau Cruder beispielsweise die Frau
Siangelderger eine dumme Gans ge
beißen hatte, mußte er in der Hiae
Eber den Akten sitzen! Ja beim
Schwurgericht ist das noch anders.
wenn ei sich um einen Mord handelt,
da gibts doch noch einige Spannung!
Der herr Gerichtsseiretär pthe
sorgfältig die Feder und sah zum
fünften Male aus die Uhr.
Da trat der Gerichtsdienee Brindl
mayer ein. einen Regenschirm unter
dein Urm. »Da is’ Eordas Delirti
sür die morgige Verhandlung! J gibs
deetpeil da ab.«
»Welche Verhandlung?« fragte Dr.
Walzel und blätterte in den Akten
Mchs
»Na, der Fall Strohmaner-hackerl,
die Geschick-· mit dem Regenschirm.«
«Ma. Die Diebstahlsdeschuldigung
Strohmann contra hackerL here
hattet-i soll bei deern Stroh-ander im
Borzimmer eine Reparatur gemacht
hoben und den neuen Regenschirm des
Vernr Strohmann fortgetragen ha
ben. Bei einer Hausburchsuchung
wurde der Schirm bei hackerl ausge
funden, den here Strohmann als
sein Eigenthum reauirirte, während
Herr Mk behauptet, denselben vor
einein Jahre geschenkt erhalten zu ba
den. Ra. einfacher Fall. Es ist doch
sonnenklar, daß der Kerl den Schirm
gestohlen hat. Jch wette hundert ge
gen Eini. daß ich in einer Viertel
Iande ein klares Geständnis zuwege
W«
«Ider der Derr Doktor-! Das Iviu
i« sei-ent« sagte Brindlrnaver rnit ei
m woswollenden Grinsen .Da
gibts tein Felsk nit. Wann der herr
Dotter was in d' band nimmt, da
sit-ists sie nir—"
O danke siir Jhre gute Meinung.
Es höre mir allerdings werthvollen
M man «oden« mehr Berständniß
sit meine Fähigkeiten bekunden wür
de,« meinte der herr Doktor mit ei
nem selbstgesälligen Lächeln. »Im
neerdin. da nehmen's sich ein Zigarrl,«
M er mit einein Unflug von Leut
seligteit hinzu. Jn solchen Momen
ten bediente er sich immer eines sehr
kollegialen Bienerscki
.Danke, danke, herr Dotior,« sagte
der Serichtsdienen »Da stell' i’s Pa
rapluie ins Eck’, daß ? morgen bei der s
band is.«
»Schon gut.« wehrte der Herr Dr.
Walzel den Redestrom des Dieners
ab, und vertieste sich von Neuem in
de Akten. Es war erst halb ein Uhr.
Und draußen warteten noch zwei
Fälle.
«Eintreten lassen!« herrschte ver Ge
richtisetretiir den Diener an. Fall
Lipinsti - Lohn: Ehrenbeleidigungx
Dieser und der nachfolgende Fallt
wurden mit thunlichstrr Beschleuni
gung erledigt. Jrn ersten Fall gelang
ei dem Dr. Walzel einen Ausgleich zu
Stande zu dringen. Herr Livingti
nehm den Ausdruck Betrüger zurück
Iogegen herr Lohn sich großmüthig
bereit erklärte, von der Klage zurück-)
getreten, falls hetr Lipinsli auch ser
nerhin seine verehrliche Kundschast
bleiben wolle. Beim zweiten Falle
sind N ein plausibler Grund zur
Berti-gnug dor, so daß der Herr Ge
Æsetretiir einige Minuten vor ein
Ist die leste Partei sür heute abge
W SIM Wische-! hatte sich
M draus-n die Situation einiger
ntoßen geändert. Die Sonne blickte:
nicht mehr aus wollenlofer Pläne
Schwere Wollen waren ausgezogen.
Ein Gewitter hing am Himmel und
chon fegte ein Wirbelwind durch dies
traßen und die ersten großen Tro
pfen fielen schwer herab. herr Doktor
solzeh der das Aufsteigen des Ge
Iltteti Ior nicht edrnertt hatte, warf
eines besorgte Blick auf die Straße
und rief ärgerlich: Gerade heute, wo -
ich meinen neuen hat sgenommen und
seit dem Stock ausging, muß es reg
m stindlmoyery, bringen Sie mir
einen Mem.« Aber Brindltnoyer
soc bereits entschwunden Es war
fünf Motten noch ein Uhr nnd der
alte Mit-teuer wor beim Verlas
sen des Migebändes von einer
user-ordentlichen Pllnttlichteit. Der
here Mist-Mir war verzweifelt .
Wes Mbliet kroch der Regen ?
ständen los. - Ei me eine höchst :
Mehr Situation Do plsslich
Ue Unsere des herrn Dr.
f. Zu der Ecke stand fried
M«M« Den-ei m emsig
M
MWLJO
Us
nehme den Schirm und stelle ihn
Nachmittags wieder in seine Ece zu
rück. Es ist doch zuweilen gut. wenn
die Leute Regensahirrne stehlen.«
Und flugs entfernte sich der Oerr
;Gerichtsseiretiir. Eine baibe Stunde
später hatte er zu Mittag gegessen und
saß bereits in seinem Stamrncase bei
der geliebten Tarockpartir. Mit einer
wahren Freude vertieste er sich in das
Spiel. Er genoß in vollen Zügen die
Wonne der Freiheit. Aber leider nur
kurze Zeit. denn um drei Uhr rief be
reits wieder die Pflicht. Da herr Dr.
Walzel jedoch heute im Gliick spielte
und bereits iiber drei Kronen gewon-!
nen hatte« wurde ihm der Ausdrucks er- s
leid-irrt Er zahlte. steckte seinen Ge-!
winn ein und griff nach seinem
Schirm. Donnerwetterk Der Schirm
war aus dem Stauden in den er ihn
gestellt hatte, sortgetommenZ Jm Ei
ser des Spieles hatte er ganz überse
hen, den Schirm im Auge u behalten.
An Stelle des fast neuen idenschir
mes stand ein altes, zerbrochenes, mit
schlechtem Zeug überspanntes Gestell
dort« dessen Werth, wenn es überhaupt
einen hatte, nur in seiner Eigenschaft
ais Antiquität bestehen konnte. herr
Dr. Walzel schäumte vor Muth Er
erklärt-. er miisse sein Eigenthum wie
der haben, toste es was es wolle, und
schwor Stein und Bein, ein Lokal, in
dem einem so etwas passian könne«
nie wieder zu betreten. Der Casetier
suchte ihn zu trösten, indem er bedau
ernd bemerkte: »Das kommt leider öf
ter vor. daß Schirme vertauscht wer
den. Die herren neben eben nicht ge
nug acht».'« »Was sagen Sie, ver
tauscht?« schrie Dr. Walzel, »das nen
nen Sie vertauscht? Das ist ein ge
meiner Diedstabl mit dem erschweren
den Moment böswilliger Versöhnung
des Bestohlenew Sie werden doch nicht
im Ernst glauben, daß ein Mensch mit
siins aeraden Sinnen eine solche Mist
aabei —- er schleuderte den Schirm
wüthend aus das Billard — unab
sichtlich mit einem neuen Seidenschirm
verwechseln kann. Das ist ein ausge
machter Diebstahl! So ein sollt-n
ie...« Der Caietier guckte die Ach
seln und versicherte »dem Wüthenden
wiederholt. daß es ihm unendlich Xeid
thue und daß er qerne bereit set, ihm
von den zurückgebliebenen Schirmen»
deren ei ver der Kappe ein Dutzend gut-, -
einen zu borqen. Im Uebrigen, feste
er hinzu. habe es sich inzwischen wie
der aufgeheitert und das Ungliick sei
kein so nrpsesi herr Dr. Walzel
börte gar nicht auf diese Trosseiworte«
sondern siiirzie aus dem Lokal ins
Freie. Ei war ihm durchaus nicht
wohl zu Muth. Er daiie sich eines
schweren Visziplinarpergebeni schul
dia gemacht Wenn nun morgen die
Verhandlung stalifand und das Cor
pus Delirti verschwunden mur? herrn
Dr. Walzel stand troi der durch das
Gewitter eingetretenen wesentlichen
gbÆblung der Schweiß auf der
tirn.
Da durchzuckte ihn ein rettender
Gedanke. Er mußte genau den glei
chen Schirm Jufzutreiben suchen!
Zum Glück war ei eine ziemlich ge
wöhnliche Type mit«einem rundgebp
genen Griff gewesen. Er hatte den
Schirm qenuu in der Erinnerung. Ei
konnte also nicht allzu ist-er fallen,
einen ganz ähnlichen zu finden. Du
mit ging er einigermaßen beruhigt in
sein Bär-« Tr dein arbeitete er mit
ungewöhnlicher ervpsitiit und konnte
den Augenblick nicht erwarten, da er
wieder frei war. Sofort machte er sich
auf die Suche. Von Geschäft zu GE
fchäft pilgerte er, bis er endlich in ei
ner kleinen Schirmhandlung ein dem
gestohlenen völlig ähnliches Objekt
fand. Ebenso wie ver entwendete ein
Seidenschirm mit gebogenemGriss aus
dem gleichen rauhen solz. Herr Dr. L
)
Walzel war felig. Nachdem er noch
seufzend vierzehn Kronen bezahlt hat
te, trug er feine Beute triumpbirend
heim. Arn nächsten Morgen tasn er
absichtlich um eine Viertelstunde frü
her in’s Bürd, um dae Corpus Delicti
wieder unauffällig in die Ecke des
Versandlungszimmers zu befördern.
Um elf Uhr fand die Verhandlung
statt. Der Prieatzguge Strohmann
der mit feiner Gattin erschienen mar
und der Angeklagte Hackerl wurden
vernommen. herr Dr. Walzel blat—
terte in den Atten. Das Carpue De
licti laa auf dem Verhandlungstifch.
Herr Dr. Walzel rief den Zeugen vor:
»Sie haben anaeaeben, daß der hier
befindliche Schirm sich im Borzirnmer
Ihrer Wohnung befand, als Herr
Hackerl dortfelbft eine Repvratur an
einem Kaften vornahm. Nach der
Entfernung des Herrn hackerl wurde
der Abgang des Schirmed bemerkt
Als Sie fofsrt sich zu Herrn hackerl
begaben. fanden Sie in deffen Woh
nuna diefen Schirm vor. den Sie fo
aleich als den Ihrigen erlannten. De.
haderl bestreitet diefe Behauptung, in
dem fowodt er als auch feine Frau
den schier-i als ihr Eigenthum,be
zeichnete. Bleiben Sie bei Ihrer Ins
last«
Ohr-is bleib’ ich dabei« erwiderte
Derr Sirt-W im Oe lil feines
Rechts. »F sper’ do mein chirni ten
M«
·Oas baden Sie daran zu erwi
dern. Insektqu
.Vais’i net wahr ill« entgegnete
here Vater-l .Z’ Weihnachten inan
me an Ost-O shabt von meiner
Fakt- — die Im- ii fein-ei sie-st
bih sitt Mc feliqi Und d hat
mir ncchirnt sum christkindlass
Priifent småt »Ist kunn( i’ beei
I. is — sicut-.- W w
Dr— Bat-et etwas span .da k
Tante Ihnen gerade einen m
zum Geschenk gemacht hat, und nach
seltsamen daß sie seither bewarben
r «
»Was is denn da seltsam dran«.
entgegnete Herr Hackerl frech. »Na
türli is g’siurh’n, weil’s d’ Ausseh
rung g’habt hat. Sie war ja- da, um
an Professor z’sragen. War eh an
Unsinn. Hat nur a heidengeld tost
und a nix g'nuht. Da is s’ halt ge
storb’n im März. Und weil mir uns
ihrer ang’nomm’n hab’n, wia’s her
g’kommen is, hat's mir an schiin neu
chen Schirm g’schentt, weil i eh kan
g'habt hab und hab’ mir allerweil anJ
g’witnscht.« !
»Sie sehen also«, wendete sich Drs
JWalzel zu Herrn Stroh-neuen der
sAngetlagte bestreitet Ihre Aussage
Es wird also nichts Anderes iihrig
bleiben, als Sie und eventuell Ihre
Frau zu beeiden. Bleiben Sie alsa
bei Ihrer Behauptung daß das nor
liegende, bei berrn Hackerl vor esun
dene Objekt aus Ihrem gefihe
stammt? Hier sehen Sie sich den
Schirm nochmals an, ich werde so
gleich die Beeidigung vornehmen.'
Hieran ettheilte herr Dr. Walzel
eine kurze Belehrung iiber den Eid
und der Gerichtsdiener Brindlmaher
zündete die beiden Kerzen an. here
Strohmener nahm den Schirm zur
hand. reichte ihn seiner Frau und
sagte: »Na, is er’s oder is er’s net?
Du haft ihn ja tauft." Frau Stroh
meher sah den Schirm prüfend an,
dann meinte fie: »Er is, aber ichwsr’n
kann i net· weil i überhaupt nit
schwör’!'·
»Es genügt ja die eidliche Einver
nahrne Jhres Gatten allein. Also er
kennen Sie das vorliegende Objekt als
Jhr Eigenthum an?« here Stroh
meher nahm den Schirm in die hand,
sah ihn nochmals genau an. Da
fühlte er, wie feine Frau ihm heftig
auf den linken Fuß trat. Er wiegte
den Schirm in den händen. und als
er ihn näher betrachtete, zeigte fein
Gesicht plöhlich eine merkwürdige
Tendenz zum Längerwerden. »Diis
is aber mertwiirdi.'· stieß er hervor,
Jest is die Voll-seiden aus amal Zei
den wur’n.« Er traute sich hinter den
Ohren und murmelte vor sich hin
» s dös aber merkwürdi.« »Eint
Sie also bereit, Jhre Aussage zu be
eideni« fragte here Dr. Walzel etwas
net-bös »Es-späten möcht' i’s net.
hoher herr Gerichtshof. »S« lunnt
de sein. daß rna sich irrt und dann
bringet ma an Menschen unschuldi
ins Landesgericht.« »Als-) ift der
Schirm der Jhrige oder nichti Jch er
mahne Sie, nur die vollste Wahrheit
zu sagen!« »Daher here Gerichts
haf,·· entgegnete here Strohmeher mit
llliglicher Stimme, »i hin an ehr
licher Mensch, und als ehrlicher
Mensch muß i sag’n, i hab' mi geirrt.
Mei Schirm war net gansseidem und
der Griff war um ein kleines vmel
breiter." Da fuhr here Dr. Walzel
aber empor: «Ra hören Sie, bat ist
denn doch stark. Das bemerten Sie
erst fest? Sie haben doch in der Bar
untersuchung mit absoluter Bestimmt
beit ertläri. der Schirm sei der Jbs
rige, und jest erklären Sie, baß Sie
sich geirrt batten.« Haber here Ge
richtsbos,« bemerlte herr Strobmener
völlig eingeschiichtert. ·J’ bätt’ schwö
ren können, baß ? meiner war. Er
muß rein vertauscht worden sein-"
,.Etlauben Sie mal. was glauben
Sie denn vom Gericht?' fubr here
Dr. Walzel empor· »Ich verurtheile
Sie wegen dieser Bemerkung zu einer
Ordnungsstrase von zehn Kronen.
Glauben Sie, das t. l. Bezirligericht
bat ein Interesse, Jbren Schirm zu
vertauschen?« Geer Dr. Walzel war
wütbenb, baß er einen tbeuren Ganz
seibenschirm getauft hatte. ·J bitt«
vielmals um Verzeihung, here Dat
tor,« slebte here Stroh-neben »Ich
hab' mir'n ja genau ang’schaut, unb
ich hätt' jeden Eib geschwar’n. es is
der meine.«
»Aber fett, wo Sie lchtvoren lot
len, jetzt ist’g mit einemmal nicht der
Jhrige.«
»Ich bitt’ vielmals um Entschuldi
gung, aber Jrren ist menschlich.«
»Ein Jrrthum, tvo ei sich urn die
Ehre und die Unschuld eines Neben- -
menschen handelt, ist nicht menschlich,
sondern unmenschlich!« Herr Dr.
Walzel war aus den Witz ungemein
stolz. Herr hackerl, der bei den Bor
bereitungen zur Eideileistung immer
mehr iusammengelnickt war, wußte
nicht« wie ihm geschah. Sein Gesicht
wurde immer leuchtender, seine Mie
nen immer zuversichtlicher. Er wars
heraussprdernde Blicke zu Deren
Strohmeyer und dessen Gattin hin
über, die völlig gebrochen aus der
Zeugenhant niedergesnnlen war. here
Strohmener bemerkte, dass ihm das
ganz unertliirlich sei, er müsse rein
seine Ausen anderswo gehabt haben.
derr Dr. Rahel aber entgegnete
in flammender moralischer Entrü
stung: «Es ist doch eine unglaublich
Leichtsertigteit, mit solcher npodiltis
scher Sicherheit eine Anklage zu erhe
ben, wenn man nachher ertliiren muß,
daß man sich geirrt habe. Wissen Sie,
daß derr hackerl Sie tpe n Ver
leiimduns versiegen kann Deer
Weil M sich auf. »Mit-is nnd
,i wer mir’i a no tiberiogen. Co weit
Ein da du's sticht ritiren. Da hört
sie do die O’miithlichteit aus. Ihrr
bös solt 'n reichen Derrn Strohmeher
no heimzahlt werd’n.«
Den Strohrnehn der völlig zer
tniistht wac, erklärte sich freiwillig
behufs Sühnung seines Jrrthuins zu»
einer Getdbuße von zwanzig Kronen
an Derrn Hackerh ebenso wie zur seit I
ertichen Abbitte und sosortiger Zu
rückziehung der Klage bereit.
»Na. in Gott’snamen,« sagte Oerr
hackerl gnädig. .i bin an anderer
rMensch, i bring an Andern nöt gern
zins Landesg’richt!«
»Das ist Jhre Privatangetegenheit,«
sagte Herr Dr. Walzel kurz, erhob sich
und verurtheilte, da die Klage zurück
gezogen wurde, herrn Strohrneher zu
den Gerichtitosten, intlusive einer
Disziptinarstrase von gehn Kronen«
indem er hingusiigte: «Danten Sie es
meinem Wohlwollen. daß ich Sie nicht
noch zu einer Muthwillenssirase wegen
der leichtfertigen Ungeige verurtheile."
Den Strohmroer war völlig ver
nichtet und verließ mit seiner Ehegati
tin, die ihn schon aus der Stiege mit
den bittersten Borwiirsen überhäuste,
den Gerichtisaal herr Hackerl be
mertte. aus den Gerichtssetretär zuge
hend: »F dank schön siir'n Frei
spruch. Aber mein Schirm dars i
mir do wieder z’ baut trag'n?«
aEsell)stoersttindlich." bemerkte Derr
Dr. Walzet innerlich vor Wuth
schäumend, daß er dem braven
Mann. von dessen Schuld er sesi
überzeugt war, den Seidenschirm,
der ihn baare vierzehn Kronen geto
stet hatte, auisolgen mußte. Er
tonnte sich dabei nicht versagen. die
anziigliche Bewertung zu machen:
»Geben Sie acht, daß Jhnen der
Schirm nicht einmal irgendwo gestoh
len wird. Das pflegt mit theuren
Schirmen zuweilen zu geschehen.«
»Ah, i gib schon acht,« meinte Herr
hackerl treuherzig, »aus so a schön’3
Stück Damit nahm er schmunzelnd
den Seidenschirm unter den Arm und
begab sich die Stiege hinab. Drunten
itand herr Strohmever im haus
slur, ein wahres Bild des Jammers.
Denn draußen hatte ei inzwischen zu
regnen begonnen und herr Stroh
mever hatte im Vertrauen« seinen
Schirm wieder gu erhalten, iein Pa
raolui mitgenommen Nun stand er
unter dem DauithoU zwar vor dem
Regen geschiigt. aber nicht vor den
Vorwursen seiner Ehegattim die ärger
ais ein Woltmbruch aus ihn nieder
vrasseltem
.Da hast ei fest, Du Narreniaiel,' "
fest kannst wascheinaß wer’n, oder a
Stand do im hauethor stehn Als
ohst keine Augen im Kopf hätt’st, hösi
nei giei sagen können, daß net Dei
Schirm war. So a Reinasnri machen.
Jeft is Dir g’hois’n, weilst D« kan
Schirm hast« und no a heidengeld
zahkn kannst siir’s G’richi. dehnen
tee tramhoppater!!«
Derr hackerL der von der verzwei
fellen Miene des Deren Sttvhmehet
gerührt war, nnd den heimlichen Ge
danken hegte, der reiche hat-then habe
seinen Schirm im lesten Moment nur
verleugnet, um ihn nicht ins Landes
gericht zu bringen, trat auf das Paar
ist«-end sagte: .Wann ich die gnädige
Frau einladen diirsi’, unter mein
Schirm die paar Schritt z' machen.
Mir liegt nix dran, i kann schon naß
wer’n.« Dieser edle Vorschlag des von
ihm so schwer gekränkien Mannes
rührte herrn Sirohmeyet auf's tiefste.
Er nahm das Anerbieten dankend an,
froh, daß er den Vorwürfen der Gat
tin hier unter dem Flur des Gerichts
gebiindei ein Ende machen konnte,
nahen den Schirm nnd erklärte hern
haekerL daß er ihn nachher gegen ein
gutes Trinkgeld in seiner Wohnung
alcholen thue. Während des Rach
hausegehene sagte er zu seiner Frau:
«Siehsi Du, nnd diesem braven, an
ständigen Menschen haben wir ein so
bitteres Unrecht gethan. Wie man sich
doch manchmai täuschen iann.«
Derherr Gerichtsselretiir aber stand
oben am Fenster und sah wüthend in
den Regen hinaus. Da er mit dem
Corpus delicli ins Büro gekommen
war, hatte er nun abermals keinen
Schirm und mußte voraucsichtlich im
Regen nach hause gehen, während
herr hackerl mit seinem iheuren vier
zehn Kronen - Schirm gemüthlich da
vonsegangen war. Aber ein ganzer
Kerl war der Dr. Walsel doch! Er
hatte die Sache wieder einmal gros
ariig gemacht Einsach seudal. Die
ses Bewußtsein war schließlich vier
zig Kronen werth. Ei ver-schaffte
ihm wieder siir längere Zeit das Voll
gesiihl seiner durch nichts einzuschiichs
ternden schneidigteii. Er sejie sieh
behaglich zu den Akten, strich den
Schnurrhari aus und ries: »Mithsier
Zell- Eansa Il. s. contra M. G. se
irngianzeigel Eintreten lossen.«
W
M.
Madame: «3u Ihrem Geburiitage
sollen Sie ein neues Kleid haben,
Annal«
Dienstmädchen: glich Gott, lassen
Sie M doch lieber von Ihrem Mann
A
eins sQenken», Sie hast« nsihis
W«
Va- Verhsngnis der Signal
trW
Ein Maniloerttiiachen oon Robert
Dillmanm
. Haben Sie den Trompeter Stiptki
getanntf"
«Neinl«
»Auch nicht oon ihm gehört?«
.Keine Zwangs-Sie machen mich
neugierig."
»Na, da muß ich Jhnen einmal ein
Stückchen-von ihm erzählen. Ei en
det zwar traurig. aber lustig ist«
doch
Sehen Sie! Der Stipsli war in
seiner Art ein Original. Nicht etwa,
daß er ein militärisches Genie gewesen
wäre, und eine Jnsanteriesignalresorm
geschaffen hättet Nein, davon auch
nicht die leiseste Spur einer Ahnung.
Stipiti war froh, als man ihm in
der «Pseisereite« hinter der Hasel-nen
mauer mit Mühe und Noth die Ge
heimnisse der tattischen Musik einge
drillt hatte.
Und wenn er alle die Titulaturem
die er dabei zu hören bekommen hatte,
aus seine Visitenlarte drucken lassen
würde, so müßte sie so groß sein wie
Mutter Stidstie Scheunenthor da
heim.
Jch kann ja die Geschichte ruhig er
zählen, denn unser Stipsti ist
leit Jahren zur großen Armee a
gangen.
Es war an ihm nichts Musikalischej
als die rothen, weißgestreiftenSchwals
bennester an den Aermelm Ader ein
Original war er doch, und zwar im
Schlafe-il
Das klingt allerdings für einen
Trompeter, der weiten soll, etwas selt
sam. Ader es war doch so, und die
extraoagante Vorliebe sitt einen gesun
den und vor allem nicht zu kurzen
Menschenschlas wurde silr Stipskis
manchmal verhängnisvoll. i
Zwar halfen ihm feine Kameraden
aus der Paische, da er im wachen Zu
fiande ein seelensguter Mensch war.
Einmal ist er aber doch iibel gefahren,
und das wollte ich erzählen.
Stipsti machte sein zweites Mand
ver mit. Eines Tages hatte sich iein
mufilalischer Genosse, d. h. der andere
Trompeter, Blasen an die Füße gelau
fen. Zwar hinderten ihn die Blasen
nicht am Blasen. Ader ein Trompeter
muß nicht nur blasen, sondern auch
laufen können, sie-war's damals und
wird’s bleiben, bis man ihm ein Fahr
zeug zur Verfügung stellt.
Unfer Stiosli war von dem Unfall
seines Genossen nicht fonderlich er
baut; denn der Maior d. Kratehlwig
dem er zur Verfügung ftehen mußte,
war iein guter.
Der erfte Tag ging ganz leidlich
ohne weittragende Mißbelligteiten vor
nher. Für den zweiten aber war ein
hauptschlag geplant.
Es war gegen 10 Uhr Morgen-.
heiß brannte die Sonne hernieder.
Ein Theil der Ilsfanierie lag un der
BHchuna der Ehauffee in Ruhe oder
stand, Gewehr ad. in tleinen Gruppen.
Noch war vom «Feinde« nichts zu se
hen. Auch die Borposten hatten nichts
aufgestöbert. Natürlich hatte der Ma
jor wieder einen feiner berühmten
Gewaltmärfche ausgeführt und war
zu friih zu dem bestimmten Ziele ge
kommen. Um nun die im Schlachten
plan vorgesetzte Verbindung nicht zu
verwfsem mußte er mit feiner Helden
schaar hier in Deckung verharren.
Solche unerwarteten, aber nicht un
erwiinschten Ruhepausen wurden
gründlich ausgenuU und un-. ja leine
Zeit zu verlieren, legte sich unser
Trompeter in dem törglicheu Schatten
eines morschen Kirschbaum zur Ruhe.
Bald war er, die Trompete fest tm
Urm, selig entschlummert.
. . I L
Plößlich tam Bewegung in die rn-I
tenden Massen. Aliutanten flogen
umder, die Chargirten otdneten ihre
Schenken Kommandoruse jagten
durcheinander, Meldungen folgten aus
Meldungen. Es war ein lebensvolle
Treiben auf die Ruhe gefolgt.
Nur Stipsti laq unter’m Kirsch
baum und schlief, und nicht einmal
lein hübnerauge ahnte, daß der qroße
Augenblick des Entscheidungstampses
bevorstand.
Das Ganze vorl« schnarrte Kra
tesltpig »Ich! . . Trompeter!«
Ei war keiner da.
Aber eine schlimme Ahnung mußte
unseren Stipjti aufgeweckt haben;
denn bekanntlich haben bisweilen auch
Schlafmiiten Abnungen, und bald
meldete er:
.Zue Stelle . . .«
»Kerl, ich lasse ihn einstecken! Bla
ten.·.daj Ganze vorl«
»Er nahm die Trompete und blies
lnnem — —- Iuppt Fuppl tlang«t
dumpf hervor.
«Blalenn! Nerli ossst ilnn das
Wetter von 93 in die npchen geseh
ten! Blase-int« Im höchsten orne
ichrie es der Major. Sein erd
wette zusammen unter der mich gen
Zügelung, mit der es zu dem un
glückliche-i Stipsti herumgerissen
wurde.
Der stand zitternd da, wie ein nach
Stätten verbanntei, easirtei Kameel
und schüttelte die Trompete und blies,
und Fuva Fuppl tönte es leise her-«
H« «...s s» »du-— U»:. »e. k«
seee Stimme sein .Vlasennnn!«
»Bei tue W UrtestP 421
Die N Seit nabrn iibers l
band. Die erneren Ibtbeilren
warteten aus das Signal. Die O i
ziere schüttelten ratsos die Köpfe,
und einige dachten schon an einen
«blauen ies« siir den Maser.
«Kerl2 Jeb reite ibn zusammen!
Vlaaasennn! Zum Doria.... Das
Ganze vorrrl« schrie Mateblwig mit
röter Anstrengung und machte ein
cht, als ob er den Trompeter ber
schlingen wollte.
Sttpsli ergriff noch einmal die ver
hängnisvolle Trompete und blies mit
aller straft seiner derben Lun enslii
gel, so daß sein seistes Gesi t vom
iatten Rotb zum Dunkelblau sich ber
ieirbte und die Augen sbrmlich zum
Kopfe beraustraten. Iuppl Juppi
Päiiäiiöi entquoll es dem meta enen
Munde. Etwas Kleines, Graues
sloa in weitem Bogen aus der Trom
petenössnung und lief rasch davon
binter die Furchen des Allers.
Fuppl Piiiiiil wieder etwas tleines
Graues.... "
Nun war das Verhängnis der
Trompete gebannt.
»Das Ganze vor!« schmetterte das
Signal iiber die weite Flur. Es war
die höchste Zeit. Wären die Mäuse
noch fünf Minuten in der Trompete
geblieben« dann wäre alles verloren ne
wseen.« .
I s
Ja, aber ieb bitte Sie. wie waren
denn die Mäuse in die Trompete at
tomment
»Ach, richtig! Das abe ich ja noch
aar nicht erzählt. S sli tte mit
zwei anderen seiner Korpara chast am
Borabende Quartier aus dem Boden
eines Bauernbauses gehabt. Dort
schienen die Mäuse aber gegrade einen
Kongreß abzuhalten, und desbalb war
es den beiden Nichttrompetern un
möglich, Nachtrube zu sinden. Nur
Stipsti schlummerte mit der ian ei
aenen Virtuosität, und die Mäuse
tanzten um ibn und aus ibm, und er
merlte nichts. Er schties so sest wie
weiland Baal zur Zeit des Propheten
Elias in Israel.
Zum Zeitvertreib batte der eine
Kamerad sich daran gemacht, Mäuse
zu sangen, und Hatte zwei der Thier
chen in Stipstis Trompete gesteckt, die
am Thürpsosten bina. Böses batte er
dabei nicht im Sinne: denn er glaubte,
Stipin werde vor dem Ausriiaen sein
Instrument puten und über den selt
samen analt erschrecken. Statt bes
sen batte er aber bis zum lebten In
enblick geschlasen. und die beiden an
deren batten im Rummel des Aus
brnchs nicht wieder an die verhäng
nisvolle Tbat gedacht.
I I i
Stipin ist übrigens nicbt wieder
als Trompeter tbiitis gewesen«
Er saß seine drei Taae ab mit der
Resianation eines Menschen, der eben
nichts anderes zu tbun bat.
Als er aus dem Kasten kam, meinte
er betrübt: .hiibich war es nicht. Aber
ich babe wenigstens beinahe ausschla
sen können-«
—
Eis sorsltbtiser.
,
I
hausherr Un der stelleiuchenden
Kinderfrau): »....Noch ein-! Das
Kind, weiches Ihnen anvertraut wird,
hat kürzlich ein 85 Goldstück ver
ichluckt, das nach nicht wieder zum
Vorschein aetotnmen». Können Sie
Kautian stellen?«
Das Rezept
A.: »Ich muß neulich meiner Frau
irgend etwas gesagt haben, was ihr
nicht gevaßt hat; seit drei Tagen
spricht sie mit mir kein Wart.« »
L. (eifrig): Können Sie sich nicht
erinnern, was Sie ihr gesagt habe-IN
Reichsst
v
Sie: »Wenn Sie mich wahrhaftig
lieben, so beweisen Sie M«
Et: .Getn!» Stüt- eu Sie sich ins
Wasser! Ich steht Mut heraus-'