Was die Nacht verbarg. Roman von E. P. Oppcnhem (8· FortsegungJ heinz machte eine ungeduldige Be wegung. »Natürlich wissen Sie es nicht. Es ließe sich doch aber der Fall denken, daß er sein Einkommen ir gendwelchen duntlen Beziehungen ver dantte. Wie gesagt, das sind alles nur Bermuthungen von mir, aber wir wollen einmal annehmen, daß es so wäre. Er befand stch vielleicht imj Besid von Papieren, die ihm das Geld; derschassten Nun tönnte man zweier-H lei glauben: entweder ist er aus Ver-? anlassung dessen ermordet worden« den er zur Zahlung so großer SunH men veranlaßt oder vielleicht auch —s gezwungen hat, oder von jemand, der» sich selbst in den Besitz seines Einkom mens seyen wollte.« Verständnißlos sah ihn Mariens«l an. »Ich kann das nicht beweisean sagte et hilflos. »Ich kenne wohl dies Verhältnisse hier zu wenig. Aber es( mag wohl sehr scharfsinnig gedachtI sein, was Sie da gesagt Laden. Wasj rathen Sie mir aber dann zu thunim »Ich rathe Jhnen nichts, als die Aufklärung des Verbrechens nach Möglichkeit zu fördern und im übri gen sehr vorsichtig zu sein·" gab Heinz zur Antwort. »Aber ich glaube aller dings, daß Sie gut thun, sich diesen Rechtsanwalt Berger einmal vorzu nehmen« ,Jch weiß nicht« Herr Hollfelder, Fie haben mich ganz verwirrt und angstlich gemacht,« erwiderte Mar iens »Wissen Sie, mit solchen Sa chen habe ich nicht gern etwas zu schaffen. Wenn Sie Jhre Güte so weit treiben wollten, mich vielleicht zu dem Rechtsanwalt zu begleiten —- ! Heinz zögerte. Er hatte das n: cht erwartet und nicht gewünscht. So; sehr er sich nach Aufklärung und nach der Kenntniß der Wahrheit sehnte i toollte er doch nicht noch weiter in die Ungelegenheit hineingezogen werden. Bot allen Dingen war ihm dieser Saul Mariens im höchsten Grade zu wider. Aber er entschied sich dann zur Erleichterung des herrn Martens doch. dafür, ihm seine Begleitung zuzusa gen. Er erwog bei sich, daß es am Ende besser war, er behielt diesen sur-schen der bei aller an den Tag gelegten Sonderbatleit doch ganz ge rieben schien, in den Augen, um ihn,. Denn es noth that, von diesem oder jenem zurückzuhalten J »Ich will mit Ihnen gehen, dabei aber zu meinem Bedauern heute leine, Stunde mehr srei,« sagte er. »Wirs werden den Gang also aus morgen verschieben müssen.« »Ich will Sie aewiiz nicht drängen. Ihre Liebenswiirdiateii ist ohnediez groß aenug,« Versichette Mariens-. »Aber sehen Sie — ich habe hier wirt Iich keinen Menschen sonst, an den ich « mich baiten könnte, und da ich die Verhältnisse so aar nicht kenne, biitte ich ohne Sie wirklich nicht gewußt, das ich hätte besinnen so"en.« Sie verabredet-n die Stunde zu der Martenö Kollfeider aus seiner Wohnung abbolen solt-» nnd froh. daß er der« Gesellschaft dea sonderba ren Patjrons meniastens iiir bei-te le dig war, schlug Heinz den Heimweg em. Dreizehntes Kapitel· Es war um die vierte Nachmittags stunde des nämlichen Tage-, als Domhrotvsti abermals das neuer dings zu so zweifelhafter Berühmt heit gelangte Haus in der Ranu straße betrat. Aber sein Besuch galt diesmal nicht dein jungen Schriftstel ler, der sich, wie er wissen mußte, um diese Zeit immer itn Klub auf hielt, sondern er schritt an Hollselders Bohnungsthiir in1 ersten Stockwerk Vorüber, und erst in der darüber ge l nen Etage drückte er aus den L ops der elektrischen Klinget Eine halbe Minute spnter wurde die Thiir eine Spalte weit geöffnet, nnd eine Männerstimme fragte: ,,3u isten wünschen Sie, mein seen-« »Ja herrn Marun5." »Wenn Sie den Matten-d meinen, der bis vor einigen Wochen hier —«« »Nein, den meine ich nicht« denn ich weiß, daß er nicht mehr unter den ·· Mden weilt. Aber man sagte mir, III die von ihrn innegehabten Zim ;: see seit heute von seinem Bruder, W Paul Mariens, bewohnt wur «0anz recht! Jth selbst hin hast« , Miets- Rame ist Dombeowzti. — Isen Sie mir eine Viertelstunde III-tun herr-Mnrtenii« ) Dieser sixirte ihn noch ein paar Ich-den lang, ehe er sieh entschloß,z III den Zutritt steht-geben Offen-l siihlte er sich in der Behauinng T ermordeten Bruders nicht so U M und hatte sieh vorgesetst Mist-i Besuchen- gegeniiber t·ehr « seiner hat zu sein« Während er - Inder-en durch eine einladende . hebe-Mk in das Wahn-tim W M Es III Nin folgte, war er immer daraus bedacht, einen Abstand von mehreren Schrit ten zwischen sich und ihm zu lassen« und auch der Ton, in welchem er fragte. womit er dienen könne, ließ sein Mißtrauen ziemlich hörbar durch klingen. »Was mich zu Ihnen führt« Herr Mariens, ist lediglich mein Interesse an der Aufklärung des Verbrechens, dem Jhr unglücklicher Bruder zum Opfer fiel.« .Sie haben ihn gekannt?« »Nein. Meine Theilnahme siir ihn datirt erst seit dem Brianntwerden seines seltsamen Todes.« «Sind Sie von der Polizeik« »Nicht eigentlich Ader ich habe mr die Aufgabe gestellt. den Urhebern wie den Thätern dieses Berbrechens auf die Spur zu kommen, nnd ich hof fe, dabei auf Jbre Unterstützung rech nen zu dürfen.« »Selbstoerständlich! Aber ich müßte doch wohl erst wissen, wie Sie dazu tommen —« »Meine Gründe könnten Jhnen ei gentlich gleichgültig sein. Nehmen Sie an. ich thäte es aus einer Art oon Wahrheitsfanatismus oder aus beson derer Vorliebe siir die Ergründung anscheinend unergriindlicher Geheim nisse. Für Sie ift das Wesentliche doch wohl nur, dasz dabei jedes mate rielle Interesse auf meiner Seite voll ständig ausgeschlossen ist, und daß ich fiir meine freiwillige Tbötigleit tei nerlei Entschädigung verlange, gleich viel, ob sie von Erfolg getrönt sein wird oder nicht« Diese Erklärung und die ruhige, selbstbewußte Sicherheit in dem Aus treten des Fremden versehlten ihre Wirkung auf Paul Mariens nicht. Noch einmal ließen seine blinzelnden Augen einen raschen, sorschenden Blick über die Erscheinung des Doktors hin gleiten, dann entschloß er sich, ihm ei nen Stuhl anzubieten. »Wollen Sie also gesälligst Platz nehmen, mein Herr. —- Es ist übrigens merkwür dig, daß Sie von meinem hiersein wissen. Woher haben Sie denn er fahren, daß ich meines Bruders Woh nung bezogen habe?« »Ich habe gewisse Verbindungen mit der Polizei, die mich über alles aus dem laufenden erhalten. was aus diese Angelegenheit Bezug hat« Aber ich sage Ihnen das im strengsten Ber trauen, denn es könnte mir sehr hin derlich werden. wenn andere Kenntniß davon erhielten. Sie selbst hegen, wie ich gehört habe. teinerlei Ver muthungen in Bezug aus die Person oder die Beweggründe des Mördersi« »Wie sollte ich, da ich doch nicht die leiseste Ahnung habe, wie mein Bru der hier gelebt hat, und mit wem er verkehrte! -—— Sie aber, mein herr, haben vielleicht schon einen Ver dacht?" , »Nein — wenigstens keinen, über den ich bereits reden diirite. Immer hin glaube ich mit meinen Nachfor schungen schon erheblich weiter zu sein, als die herren von der Polizei« die. wie ich höre, zur Zeit in Rußland nach dem Mörder sucht. Vielleicht, wenn ich Jhrer Mitwirkung sicher sein darf, werden wir die Wahrheit schnel ler ergründen als jene.« »Das wäre ja sehr erfreulich. Aber ich weiß wirklich nicht, inwiefern ich Jhnen sollte behtkslich sei können. Jch bin erst vor kurzem aus Astika zurückgekehrt und habe mich dann in Amsterdam aufgehalten, bis ich ganz zufällig in einer Zeitung von der Er mordung meines Bruders las. Die Verhältnisse, unter denen er hier ge lebt hat, und die hiesigen Verhältnisse überhaupt sind mir also vollständig sremd.« Dombtotvski nickte wie jemand, dem man von längst bekannten Din gen spricht. »Gerade der Umstand, daß Sie hier niemand kennen und von niemand gekannt sind, wird uns zu Statten kommen,« sagte er. »Man hat Ihnen den Nachlaß Jhrej Bruders ausgeliefert? Auch seine noch vorne fundene und von der Polizei zunächst befchlagnahmte Korrespondenz?« «Man hat mir alles übergeben, weil man der Meinung ist, daß es sich nur um gleichgültige Brieie handelt, die für die Rachforschungen nach dem Mörder ohne Belang sind.« »Sie haben diese Korrespondenz be reits durchgeseheni« »Natürlich! — Aber es ist nichts darunter, woraus man etwas ersehen könnte —- roirklich nichts! — Sehen Sie, ich könnte Jhnen ja alles zeigen, aber es hat keinen Zweck. Jch habe mich schon genug darüber geärgert — wahrhaftig. das habe ich. Während ich mich msihfelig durchlchlagen mußte, und manchmal nicht wußte wovon ich am nächsten Tage mein bißchen Essen und Trinken bezahlen sollte, hat er Thier gelebt wie ein Färst Liebesbu hältnsse hat er gehabt — gleich drei nnd vier auf einmal. Die Briefe, die man mir gegeben hat, sind beinahe alle derartiger Natur. Jmmer ist darin von Geschenken die Rede. die er machen soll oder schon gemacht hat. Und was er nach den vorgefundenen Quittstsen für seine Anzüge und seine Krameri ten. sitr Weine, Zigarren und so rosas ausgegeben hat« grenzt geradezu anz Unglaubliche." . »Sie wußten also nicht« daß Ihr Bruder in scheinbar glänzenden Jer niögensverhältnissen lebtek« ,,Keine Ahnung hatte ich — keine blasse Ahnung!« versicherte der Kleine, den seine Entriistung ersichtlich alles Mißtrauen gegen den unbekannten Besucher hatte vergessen lassen. »Ich stehe noch immer wie vor einem Mith sel. Woher hat der Mensch das viele Geld genommen? Jn drei Vierteljah ren hat er achtzehntausend Mark ver braucht — achtzehntausend Markt — Und in seinen nachgelassenen Papieren auch nicht eine Spur über dir Der tunft dieser Summen!« »Es würde Jhnen wohl viel daran gelegen sein, ihre Derkunst zu ersah ren, mehr vielleicht als daran. den Mörder entdeckt zu sehen?« Paul Mariens sah den Fragenden zweifelnd an, da aber nichts von Spott oder Ironie aus dem Gesicht des Dottors zu lesen war, wurde er noch ossenherziger. »Sie dürfen mich nicht sitt liedlos halten. mein Herr, aher schließlich ist es doch keinem Menschen übel zu nehmen« wenn er zu erst an sich selbst denkt. Ich habe so zusagen das lehte mit meinem Bruder getheilt, als er in Noth war, und ich wiirde es wieder thun, wenn er noch unter den Lebenden wäre. und wenn er meiner bedürfte. Aber —- sehen Sie — seht ift er doch nun todt, und es macht ihn auch nicht wieder leben dig, wenn der, der ihn umgebracht hat« ins Zuchthaus tommt oder aufs Schasott. Den Mörder ausfindig zu machen, ist zudem Sache der Behör den und nicht meine Sache. Sehen Sie — ich muß doch vor allem daran denken, mein Leben zu fristen, und kein Mensch lann mir einen Vorwurf daraus machen, wenn ich mir nichts von dem entgehen lassen möchte. wo rauf ich als der einzige Erbe meines Bruders ein Recht habe.« Dombrowsti betrachtete den kleinen Mann mit wachsendem Interesse. hat ten sein zappeliges Benehmen und seine Ausdruasweise ihn anfangs vermuthen lassen, daß er es mit einem höchst unbedeutenden und beschränk ten Menschen zu thun habe, so fühlte er sich doch jeht bereits sehr geneigt, diese Annahme insofern zu berichti gen, als er eine gute Portion Schlau heit hinter all dem leeren Geschwiih zu spiiren begann. Jedenfalls war der schmächtige Bursche von einer maßlosen habgier besessen. und Dom browsti war Menschenlenner genug, um aus dieser Wahrnehmung heraus sogleich auch auf ein sehr dehnbares Gewissen zu schließen. Das machte Herrn Paul Mariens in seiner Schä hung zu einem ebenso brauchbaren Werkzeug seiner besonderen Pläne, als es ihn zu einem jederzeit mit dem nöthigen Mißtrauen zu behandelnden Bundesgenossen machte. Nach dieser Schöhung beschloß er denn auch, sein Verhalten gegen ihn einzurichten. Daß der Bruder des Ermordeten schon damit angefangen hatte, ihm Wichtiges zu verschweigen, ahnte er freilich ·nicht. - ---,;Jch habe kein Urtheil darüber, in wieweit Jhre Voraussezungen und Folgerungen den wirklichen Thatsa chen entsprechen,« fagte Dombrowsli nach einer kleinen Pause, »aber ich denke, daß es fiir Sie nur einen ein zigen Weg giebt· sich Auftliirung iiber die Einnahmequellen Jhres Bruders zu berschafsen.« «Und welcher wäre das, here Dol tor?« s »Sie miissen zu erfahren suchen," mit wem Jhr Bruder in den letzten Monaten verkehrte, und müssen sich jede dieser Personen sehr genau aus die Möglichkeit hin ansehen, daß fie mit jenen Eintiinften in Verbindung stehen könnte.« »Ein vortrefflicher Rath," rief der Kleine, »ein ganz ausgezeichneter Rath — ohne Zweifel! Nur fchade, daß ich durchaus nichts damit anzu fangen weiß. Nehmen Sie mir's nicht übel, herr Doktor. aber so klug wäre ich ja am Ende auch selber ge wesen. Jch soll herausbringen. mit wem er in Verkehr stand! Das ist fiir mich ungefähr so, als wenn Sie mir empfehlen würden, eine kleine Ent deckungsreise nach dem Monde zu un ternehmen. Wo soll ich denn mit mei nen Nachforschungen anfangen? Etwa bei den kleinen Choristinnem die ihm so wunderschöne unorthographifche Lieheshriefe geschrieben habenf« »Sie sind, wie ich sehe, nicht ohne Anlage fiir humor,« sagte Dom hrowski mit sarkaftischem Lächeln. »Nun, im til-eigen wäre es nicht ein mal undentdar, das ein kluger und geschickter Mensch aus diefen kleinen Choristitfnen mehr herauszubringen vermöchte, als die Polizei aus ihnen herausgebracht hat. Aber ich würde Ihnen immerhin rothen, sie fiir zulest aufzusparen, so verlockend auch die Rachforschungen an dieser Stelle er Tscheinen mögen, denn die lunft des . von Ihnen erwähnten file lichen Ein ikommens ift doch wohl anderswo zu suchen. Vielleicht kann ich Ihnen siir den Anfang einen kleinen Wink geden, poratitßeiesx dass sie mir versprechen, mich nicht II verstehen-« »Mein Ehrenwort, herr Doktor, mein heiliges Ehrenwort! — Wenn Sie mich Innre kennten. würden Sie wissen, das ich mein Ehrenwort noch nie gebrochen habe.« Gut also! —- Daben Sie in den nachgelassenen Papieren Jhres Bru ders irgendwo den Namen Waben-. dorsf gesunden?« ; Paul Mariens schiittelte nach eini-; gern Besinnen den Kons. »Waiden-1 dorssi —- Daß ich nicht wüßte! Es mußte denn sein, daß der Bei-Mind ler —« »Nein — es handelt sich nicht um einen Weinhändlen sondern um eine Gräfin dieses Ramens.« »Eine Gräsini —- Ach nein, mit so vornehmen Damen bat mein Bruder doch wohl nicht in Verkehr gestan den.« »Nun, man kann nicht wissen. Es könnte ia schließlich ein rein geschäft licher Verkehr gewesen sein. Unter allen Umständen wäre es der Miit-e werth. daß Sie sich danach erkundi gen-« »Bei wem denni« »Am einsachsten und sicherlten bei der Komtesie selbst. Da haben Sie ihre Adresse." . , Er schrieb einige Worte auf eine" Seite seines Notizbuches und riß das Blatt her-aus« um es dem gierig da nach greifenden Mariens zu überrei chen. »Sie meinen, daß ich so ohne wei teres zu der Dame hingeben kann, um sie zu fragen?'« »Warum denn nicht? Jhre Un kenntniß der Verhältnisse und Jhr be rechtigtes Interesse an einer Klarstel iung derselben find Entschuldigung genug fiir einen solchen Schritt.« »Aber wenn die Dame mich nun fragt, wie ich gerade Jus sie versal len tonnte? Ihren Namen, Herr Dok tor, soll ich ja doch nicht nennen!« »Nein, das sollen Sie allerdings nicht. Aber es macht doch auch nicht viel aus, wenn Sie sich irgend einer harmlosen kleinen Notbliige bedienen, wenn Sie zum Beispiel sagen, Sie hätten den Namen und die Adresse der Grösin auf einem Zettel im Schreibtisch Jhres Bruders gesun den.« »Ja, das könnte ich am Ende sa gen. Aber möchten Sie mir nicht mit tbeilen, was Sie auf die Vermuthung bringt, daß diese Griifin —« »Nein, mein Bester, danach dürfen Sie mich vorderhand nicht fragen. Möglich, daß ich es Ihnen später sage, wenn wir erst etwas nöber miteinan der bekannt geworden sind, vorerst aber rathe ich Jhnen nur, den Besuch so bald als iraend möglich zu machen.« «Meinen Sie, daß ich es noch heute thun könntes« »Je weniger Zeit Sie verlieren, desto schneller werden Sie zu einem Ziele kommen. Nur auf eines möchte ich Sie besonders aufmerksam machen, obwohl ich das bei einem so gescheiten Manne eigentlich nicht nöthig hätte. Es wäre nämlich immerhin nicht un dentbar, dasz die Gröfin Waldendorss den Wunsch hegt, ihren Verkehr mit Deren Otto Mariens nicht betannt werden zu sehen, und dasz sie darum Jhnen gegenüber ableugnet, ihn ge kannt zu haben. Darum müssenSie bei Ihren Fragen so diplomatisch als möglich vorgehen. und müssen nicht bloß die Ohren, sondern auch die Au gen hübsch offen halten. Eine Miene oder eine Bewegung ist oft wichtiger alt ein Wort —- wenigsteni für den« der sich ein wenig aus die Beobach tung menschlicher Phosiognomien ver siebt« Paul Mariens bemühte sich, sehrF überlegen und verschmigt auszusehen »Was das betrifft, Herr Dottor, das war immer meine Stätte. Jn mei ner geschäftlichen Thätigteit tonnte ich's den Leuten sozusagen immer an der Nasenspiye ansehen. ob man sie hoch nehmen dürfe oder nicht. Jch hatte einen Ruf dafür —« »Umso bessert Und wag ich Ihnen da anempfohlen habe, gilt nicht bloß fiir die Gräsin Waldendorff, sondern ebenso oder noch mehr für die Dame, die Sie möglicherweise in ihrer Ge sellschaft finden werden. Es ist ein Fräulein v. Wehringen· Sehen Sie zu, daß Sie auch mit ihr über Jhren Bruder sprechen können, und behal ten Sie sie dabei scharf im Auge. Durch ein hochmiithig abweisendes Benehmen, auf das Sie sich immerhin gefaßt machen müssen« dürfen Sie fich nicht einschilchtern lassen.« ,O, here Doktor, sehe ich aus wie ein Mann, der sich einschiichtern oder nbschretten löst, wenn es sich gewisser maßen um ein Geschäft handelts« «Und möglicherweise um ein sehr großes Geschäft —- vergessen Sie das nichts Aber ich will Sie seit nicht länger aufhalten. Vielleicht komme ich morgen, um mich nach dem ste sultat Ihrer Bemühungen zu erkun digen. Unter allen Umständen wer den Ste sehr bald wieder von mir his ren.« «Das ifi sehr freundlich von Ihnen, derr Dotter! Sie thun wahrhaftig ein gutes Wert, wenn Sie sich ein bißchen meiner annehmen. Und aus meine Dislretion können Sie sich un bedingt verlassen.« »Das hosse ich. —- Aus Wiedersehen also!« Der Kleine begleitete ihn unter vie len Verbeugungen zerr Thür, die es:4 hinter ihrn wieder aus das sorgfäl tigste oerrtegelte und verschloß. Dann begab er sich in das rnit allen erdenk lichen Toiletteartiteln" ausgestattete Garderobezimmer seines Bruders, das eher dem Anlleideraurn einer rassinir ten Weltdame als dem eines jungen Mannes glich. und bemühte sich, seinen äußeren Menschen so bestechend zu ge stalten. wie es ihm für den Besuch bei einer wirllichen Gräsin geboten! schien. Vierzehntes Kapitel. Heinz hatte eine schlechte Nacht ge habt. Spät erst war er heimgekom-! men, und lange war ihm die Wohl that des Schlummer-s versagt geblie ben. Mit brennenden Augen vor sich hin in das Dunkel starrend, hatte er über sein Schicksal gegriibett. Jn ihm lehnte sich nachgerade etwas aus ge gen das Ueber-naß von Widerwärtig keiten, das ihm aufgebürdet worden war. Er sagte sich. daß sein Ver-s schweigen eines Umstandes, der seiner: innersten Ueberzeugung nach mit dem Morde nichts zu thun hatte, kein Ver brechen gewesen sei, und daß er sich von diesen Selbstverwiirsen und qua lenden Zweifeln freirnachen mußte,I womk » sich nicht wire-ich in bestem-I digen innerlichen Kämpfen aufreiben.i Die äußeren Unannehmlichleiten, die; seiner noch harren mochten, warens schließlich zu ertragen, wenn er sie« kaltbliitig hinnahm und nicht noch künstlich vergrößerte. s Mit diesen Vorfützen schlief er end-’ lich ein, und als er mit der Pünkt:" lichkeit eines Menschen, der gewohnt ist, sich stets zur gleichen Stunde zuk erbeben« am frühen Morgen erwachteJ als ihn statt der Dunkelheit der Nacht die lichte helle des Sommermorgengi umgab, fühlte er voll Befriedigt-vgl daß die Bilder aus der Mondnacht und die folgenden Szenen wirklich schon etwas von ihrem Schrecken für» ihn eingebüßt hatten. Er frühftückte zum erften Male wieder mit leidlichem Appetit und vermochte sich sogar ernst-s lich mit seiner Arbeit zu beschäftigen, bis ihm gegen zehn Uhr Martens ge meldet wurde. being empfing ihn lühl und zurück baltend. »Dars ich bitten, einen Au genblick Plaß zu nehmen,« sagte er und deutete auf einen Stuhl. Matten-, der bereits eine unver schämte Vertraulichkeit angenommen hatte, ließ sich behaglich nieder. »Se ben Sie. ich bin pünktlich,« sagte ek, während er sich bemühte, die Knopfes seiner hellgelben Glacehandschuhe zu: schließen. »Ich möchte eben keine Mi nute in dieser Angelegenheit verlie ren.« being hatte unbekümmert um ihn ein paar Süße an seinem Manuskript« weiteraeschrieben und sagte nun, während er die Blätter zusammenlegs te: »Es ist mir sehr angenehm, daß Sie pünktlich sind, herr Mariens. Jch möchte ebenfalls so wenig wie möglich Zeit verlieren, denn ich bin gerade jeßt außerordentlich beschäf tigt. Jch werde deshalb auch bedauern müssen, mich Ihnen allzuvft zur Ver fügung stellen zu können.« , l Mariens ließ den Blick seiner dun zelnden Augen umherroandern. »Q« sagte er, während er mit dem aus dem Besih seines Bruders stammen den Spazierstöctchen spielte, »was das betrisst, so werde ich Sie gewiß nicht über Gebüht belästigen. Jch habe hier schon mehr Freunde und mehr Bei stand gesunden. als ich dachte.' heinz gab seinem Stuhl eine Dre hungj so daß er dem Besuchet in das Gesicht sehen konnte. »Mehr Freun de?« fragte er, ein wenig unruhig. »Aus ich wissen —« »Warum nicht? Jch brauche kein Geheimnis daraus zu machen.« Und er erzählte ihm in weitschrveisiger Aussiihrlichteit von dem Besuch Dorn browstis und von seiner Unterredung rnit der Gräsin Waldendorss. »Am nen Sie vielleicht diesen herrn Dom browsti?« «Jawohl —- gewiß,« erwiderte heinz und betrachtete seine Fingernii gel. »Wir sind in demselben Klub« Der Amte-. «Wie eht es denn Ihrem hem- Gemle l TPIU e, der Arzt hat ihm schon wieder zwanzig Kilometer pro Tag et on .« »Da tönnen Sie mir vielleicht auch sagen, was der here eigentlich ifti" ; being guckte die Achseln und erwi derte: »Nein, Herr Matten-. Meine Wifsens ist er Privatgelehrter, aber er scheint ja nach Jhrer Erzählung ,auch Kriminalist im Nebenberuf zu, ? sei-X Er erhob steh. »Wie er dazu lam, Sie zu der Gräfin Waldenborff Z zu schicken. begreife ich übrigens wirt- ’« lich nicht« Mariens riß seine Augen weit auf. aNennen Sie die Griifin etwa auchi' fragte er verwundert. .Fliichtig, ja,'« sagte heinz nachlas sig, indem er langsam zur Thär ging »Sie haben ja übrigens aus ihrem eigenen.Munde gehört, daß sie nichts von dem Gelde Jhreö Bruders ge wußt hat. Jch begreife auch nicht,. woher Sie davon wissen sollte. — Wollen wir nun aufbrecheni« Sie nahmen fich eine Drvschie und fuhren zur Französischen Straße hin unter. Das Haus« vor dem der Kut scher hielt, zeigte schon von außen die Kennzeichen ehrwürdigen Alters. Die Treppe war dunkel und wintlig, mit ausgetretenen, lnarrenden Stufen, und da tein Pförtner sie hatte zurecht weisen könne« mußte heinz in jedem Stockwerk bei dem Lichte eines sünd bölzchens die Namensschilder lesen. Es waren größtentheils Zins-unver mietherinnen, die hier ihr Heini auf geschlagen hatten, und es kostete einige Mühe, all die zahllosen Visitentarten durchaustudirem die an den Tbiiren befestigt waren. Erst im vierten Stock fanden sie ein Poriellanschild knit der Aufschiift »K. Bergen Rechtsan walt«. Heinz drückte auf den Knon der KlinaeL und gleich darauf steclte ein bartloser junger Mensch, den die hin ter das Ohr aeschobene Feder als Schreiber lennzeichnete, den Kopf zur Thür heraus «,»0,u wein wünschen Sie?« fraate er mürrisch, die beiden Fremden mit der dreisten Unaeniertheit solcher Leute musternd. »Wir wünschen Herrn Rechtsan walt Berger zu sprechen,« erwiderte deinz turz. »Der Herr ist doch an wesend?« Der Schreiber öffnete die Thük vollends. »Er ist da,'« erwiderte er dabei auf die Frage Haus-wert »Bit te — gehen Sie nur da hinein.« Er führte sie durch eine dürftig ausgestattete Kanzleiund pochte an eine Thür, urn sie auf ein turzeg »Herein!« zu öffnen .Da sind zwei herren, die Sie sprechen möchten«u meldete er und ließ die beiden eintreten. Berger erhob sich von dem Schreib stuhl vor dem mit Papieren aller Art bedeckten Schreibtisch, als er hollfels der erkannte. Auch dies Zimmer zeigte eine ziemlich schädige, anböte rifrhe Einrichtung, die oortresflch zu der Gestalt des Rechtsanwaltg paßte. »Guten Morgen, Herr Rechtsan walt!« begrüßte ihn heinz »Sie wer den sich meiner gewiß erinnern?'« Berger machte eine halbe Verbeu gung und ließ den Blick feiner kalter-, von unzähligen Runzeln und Furche-r umgebenen Augen auf Mariens ru hen, während er erwiderte: »Gewiß erinnere ich mich, Herr hollfelder. Darf ich fragen. wer der Herr —« »Dieb ist Herr Paul Martenö. ein Bruder des verstorbenen Otto Mar tens, Jhres Mandanten.« (Fortsehung folgt. ) .-.-4-— Halt zu machen war stets leichter siir den« der ging, als siir den, der lies. O O O Kein Wunder, daß die Baum wollspinnereien Uebetzeit arbeiten müssen: am ersten Juli tritt in drei Staaten das Ges über die neun Fuß langen Bettiispr in Kraft. i · Eine russische Kugel hat ein Loch in den Schornstein eines englischen Schisses gerissen. Wenn nur fett nicht auch das dumme Gerede von der eng lisch-russischen Freundschast ein Loch bekommen bat! I I i Am Tage der Begegnung des Za ren und des Kaisers bat die ganeh aus 850 Fabrzeugen bestehende bei i sche Flotte mobil gemacht —- siir ein Man-Spec Wetter, muß den Priten sdie iEntrevue aus den Magen gesallen ein.