Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 30, 1909, Zweiter Theil, Image 9

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    Jahrgang
Nebraska
ÆStaats Anzetger und J set-old
909. (Zwei rThekl )
Nummer 36.
Ein ernstess Wort.
Erst wenn das Glück, das du besessen,
Aus ewig du verloren hast,
Wirst seinen Werth du recht ermessen,
Scheint es dir unersetzlich fast!
Erst wenn dein Liebstes dir genom
men,
Ach! durch des Todes talte hand,
Wird recht dir zum Bewußtsein korn
men,
Welch Kleinod dir mit ihm ent
schwand!
So lang’ noch Zeit ist, —- drum er
zeige
Dem Nächsten Liebe immerdar! —
Bist du getränkt. —- den Zorn ver
schweige!
Sold ist der himmel wieder klar.
So kurz ist unser Erdenleben,
Schnell, unverhosst naht ost der
Tod, —
Drum nichts als Liebe sollst du geben
Den Deinen nach des Herrn Gebot! —
Mädchenschtauheit.
Novellette von A rthu r Za p p.
»Also vergiß nicht« liebe Franzis
la«, sagte Herr Bernsdors, schon an
der Thür, «schreibe an herrn Kramer,
daß unser Statabend in dieser Woche
nicht am Freita, sondern erst am
Sonnabend stattsinmt.«
»Schön, Papa, werde nicht verges
sen-« Sogleich, nachdem hir Vaters
Hgangen war, lehte sich das junge
ödchen an ihren zierlichen Schreib
tisch am Fenster und wars ein paar
formelle Zeilen auf ein Briesblatt.
Als sie das kurze Schreiben beendet«
seuszte sie unwillkürlich ties aus, und
ein Schatten senkte sich aus ihr hiib
schee, freundliches Gesicht. Gedanken
voll stützte sie ihren Kopf in die
Hand; ihre Blicke schweisten träume
risch durch das Fenster nach dem
blauen Firmament empor, und ihre
angeregte Phantasie malte ihr das»
Bald des innen Manne-. an den sie»
soeben iin Au trage ihres Vaters ge
schrieben hatte· Es war nichts Außers
gewöhnliches in seiner Erscheinung,
was an ihm besonders anziehend wirt
. te, war der ehrliche, osfene Ausdruck;
seiner Mienen und der tlare, treuher-;
zige Blick seiner blauen Augen. Jn
seiner Nähe hatte sie immer das Ge
fühl, einen wirklich ausrichtigen, zu
verlässigen Menschen vor sich zu bei-den« s
in dessen Schuh eine Frau einmal gut
geborgen sein würde.
Ach, wenn er nur nicht den einen
großen Fehler gehabt hättet Er be
saß eine so unglaubliche, ganz un--l
nioderne Bescheidenheit, so ungemein
wenia Selbstvertrauen. Er liebte
sie —- davon war sie überzeugt« So
etwas empfindet ein Weib mit ab
soluter Sicherheit, ohne daß der be
treffende Mann auch nur ein Wortl
davon zu verrathen hätte. Schon
ein paar Mal hatte er angesetzt.
ihr seine Liebe zu erklären· Sie
hatte es wohl gemertt, aber im ent
scheidenden Moment, wenn sie schon
geglaubt, das erlösende Wort würde
fallen, sehlte ihm der Muth, er brach
ab und richtete irgend eine banale Be
merkung an sie, während sie sich ärger
lich enttäuscht aus die Lippen biß und
das Weinen ihr nahe war.
Wer weiß, ob er sich nicht schließ
lich, schüchtern und muthtos wie er
war, ganz von ihr zurückzog, und
einer anderen. ichlauerem weniger
bedenklichen gelang es, ihn zum
Sprechen zu bringen« und sie taperte
ihn» ihr sozusagen vor der Nasel
wen
Und doch hatte sie ihn, den gu-"
ten, jurchtjainen Menschen, von Her
zen gern. Die Einsaine stöhnte. Wie
schwer es doch die Männer sich und
einem jungen Mädchen machten, glück
lich zu werden! Aber daran war nurl
die verwünschte Erziehung und Ge:
wöhnuna schuld, die den Mnnern die
übertriebene Idee einflößte, in den
jun en Mädchen erhabene, engelhajte
Wesen zu sehen, denen man sich nur
mit größtem Reipett und der zartesien
Zurückhaltung nähern, die man nurj
von weitern anschwärinen und anbeten j
durfte. Unsinn! Die jungen Mädchen
waren ja viel verliebter als die jungen
Männer und waren bei weitem nicht
la ideal angelegt, als die jungen Leu i
te in ihrer Unerfahrenhett und von
allerlei verjtiegenen, üherjpannten Ge
dichten und Romanen irregeführt, sich
eindildeten. Liebe wollte ste, und noch,
einmal Liebe, aber keinen Respett und
l «ne kerhiminelnde Anhetung aus der
k erne.
Dein jungen Mädchen war bei die
lern Grdantenaang het geworden.
Ja. wenn rnan ihm das agen tcnntel
Ell-er nian lonnte es leider nicht. das
wäre a gegen die lonventtonelleSchick
tiehlei und Sitte gewesen.
Das Her war ihr zum Zerjkrini
aen voll. .·raend jemand muhe sie
sich anvertrauen. Aber wem? -hre
Mutter lebte ja schon seit Ja ten
nicht mehr, und ihre einzizge intime
Freundin Martha Wagner war mit
ihren Eltern nach außerhalb gezo
gen.
Der Drang, sich mitzutheilem war
so kos, daß die Einiame instinktiv
F der Feder griff, einen neuen
Bogen nahm und zu schreiben be
gann. Die Seiten füllten sich wie
irn Fluge. Alles, was Franzista
Bernsdorf eben bei sich gedacht, warf
sie auf-das Papier. Die Freundin
würde sie verstehen, mit ihr empfin
den. sie trösten und ihr vielleicht einen
guten Rath geben.
Als sie mit dem Brieie zu Ende
arti-nimm war sie wie im Fieber.
Das Gesicht glühte ihr und die»
Hände zitterten so heitia, daß sie taurn
die Feder führen konnte. Nun schnell!
die beiden Briefe couvertirt und mit
Adressen versehen!
»Friiulein Martha Wagner,
LeipziaX
Und dann noch die Bennchrichtigunq
an Herrn Kramer. Der Sicherheit
wegen entfaltete sie das Blatt noch
einmal, bevor sie es adrefsirte. Aber
tras war das? Das war ja das
Schreiben mit den intimen Dutzenng
siändnissen, die sie an ihre Freundin
gerichtet hattet Jn ihrer Aufgeregiheit
hatte sie die Briefe falsch touvertirt
Da hätte sie beinahe etwas schoneg
angerichtet. Ein Schauder flog
durch die schlanke, zarte Gestalt.
Wenn sic das Versehen nicht noch
rechtzeitig bemertt, wenn der siir
Martha Wagner bestimmte Brief in
Eli-gen Kramers Hände gelangt
wäre! Was der wohl siir Augen
gemacht. wag der wohl bei der Lek
tiire ihrer offenen intimen Her
zensergießungen empfunden hättet
Das junge Mädchen begann wieder
zu deuten und zu träumen, während
sich ihre Züge immer mehr aushellten
und einen schelmischen, listigen Aus
druck annahrnen. Furchtbar über
rascht, berbliisst würde der »gute Eu
gen Kramer sicherlich sein« wenn er
das alles, was sie ihrer Freundin an
vertraut hatte. lesen möchte. Und
dann s ja, was würde er dann thun?
Der Sinnenben tlopste das herz
hochaus. Ein Zug starker seelischer
Spannung trat in ihre Mienen. Ja,
was würde er dann wohl thun?
Würde es seine Achtung, seinen Ne
spekt gegen sie mindern, oder würde;
es ihn im Gegentheil anregen, an
seuern, ermuthigen? Franziska
Bernsdorss Augen blißten und ein
plötzlicher Entschluß tam über sie.s
Sie wollte einmal die Vorsehung
spielen und bewußt, mit Absicht voll- j
enden, was der Zufall beinahe gesiigt
hätte.
Sie schob die siir Herrn Kramer
bestimmte kurze formelle Einladung
Lzum Statabend in das leere Koubert
und schrieb die Adresse ihrer Freun
din daraus. Dann kleidete sie sich
mit krampshaster Hast an, als fürch
tete sie« ihr Entschluß könnte ihr wie
der leid werden, und lies aus die
Straße hinab. Noch ein kurzer, se-«
tunderlanger Kampf, dann wars sie
mit jähem Ruck beide Briese in den
Kasten und lehrte langsam nach
Hause zurück.
Mit einem Male packte sie eine
Angst und Kleinmiithigkeit, und
hönderingend rannte sie im Zimmer
aus und ab. Das was sie soeben ge
than, tam ihr mit einmal nnweiblich
und ungeheuerlich vor.
Als dte Mittagsstunde yerannayce.
zwang sie sich zur Ruhe. Der Würfek
war gefallen; sie mußte tragen, was
das Schicksal iider sie verhangen
würde.
Crsi ais sich ihr Vater wieder nach
seinem Bureau begeben hatte und sie
rnit ihren Gedanken wieder allein
war. kehrte auch die Unruhe und Ner
vosität zurück. Jeht brachte ihm wohl
der Brieftriiger den ominösen Brief
ini Haus, nud jest las er und staunte.
Was er nur von ihr denken würde?
Ach Gott, ach Gott! Ganz geknickt
sank sie auf den nächsten Stuhl. Nun
würde er sie gewiß verachten und
würde gewiß nicht wiederkommen!
Plötzlich fuhr sie fchreckensdolk in
die Höhe. hatte es nicht gekkingektZ
Jamoth Jetzt vernahm sie auch,
wie das Dienstmädchen zur Korriss
dorthür eilte. und aleich daran öff
nete sich die Stuhenthiir.
»Herr Kramer isi da. Jch habe
ihm schon gesagt, daß der Herr nicht
zu hause ist, aber er möchte gern das
Fräulein sprechen.«
Dem jungen Mädchen stand das
Vers beinahe still, sie brauchte ein
paar Sekunden, bis sie antworten
konnte.
Möhren Sie Verrn Kramer her
eint« Und nun trat er ins Zimmer,
verlegen. scheu wie tnnnee.
»Ach, Sie bemühen sich selbst Herr-I
Kramer, Sie haben wohl am Sonn «
abend teine Zeit?«
Er stutzte und sah sie verständniß
los an. s
»Ich verstehe Sie nicht, Fräuleins
Bernsdors.« H
Sie that noch immer ganz arglos,i
während ihr das Herz wie rasend:
schlug. · »
»Aber haben Sie denn nicht mer
nen Brief erhalten? Jch schrieb Ih
nen doch im Austrage Papas, dasz der
Statabend diesmal am Sonnabend
stattfinden soll.'«
Er staunte noch immer.
»Das haben Sie mir geschrieben?«
»Allerdings."
Sie bemerkte, ihn ängstlich nnd
verstohlen beobachtend, wie ein Blih
des Verständnisses über seine freund
lichen, ossenen Züge huschte.
»Und Sie haben gleichzeitig auch
an Ihre Freundin geschrieben?«
sragte er, während ein bescheidenes
Lächeln unt seine Mundwintel
zucktr.
Die Miene der Ueberraschung und
Bestürzung gelang der Listigen ganz
ausgezeichnet
»Aber woher wissen Sie -- —?«
»Weil« -— sein Lächeln wurde zum
vergnügten Schmunzeln, »weil Sie
die Brieie verwechselten, Fräulein
Männchen«
Noch einen Blick anscheinend starr
sier Bestiirzung dann schlug sie be
schämt die Hände vor ihr von flam
mender Gluth übergossenes Gesicht
Jhr hörbares Aufschluchzen verlieh
dem jungen Mann Muth und Ent
fchloffenheit. Er eilte zu ihr hin und
faßte nach ihren Händen.
« »Theure Franziska,« rief er, wäh
.rend seine Stimme voll Jnnigkeit
und Mitgefiihl zitterte, »weinen Sie
»doch nicht, Fräuzcheni Jch freue mich
;ja, ich bin ja so glücklich über die
IVerwechfelung! Nun weiß ich ja, daß
ich hoffen kann, daß ich es wagen
darf, Ihnen zu sagen, wie sehr ich
Sie liebe. Jhr Brief hat mir ja das
höchste Glück befrheert, nnd ich bin
i dein Zufall so dankbar! —«
Es war ihm gelungen, ihr die
Hände vom Gesicht fortzuziehem sie
mußte sich Zwang anthun, um die
peinlich Befangene, Verfchämte wei
terzuspielem während sie am liebsten
laut hinausgejubelt hätte: »Harm,
gewonnen!«
Herr Bernodors war angenehm
überrascht, als er beim Nachhause
kommen Herrn Kramer in der Gesell
schaft seiner glückstrahlenden Tochter
fand und dieser ihn um feinen väter
lichen Segen bat.
Zwei Monate später fand die
Hochzeit statt. Martha Wagner war
Tags zuvor von Leipzig gekommen
Erst ietzt offenbarte ihr Franziska ir
oertrauter Aussprache ihre List,
»Nimm-! Das hast du ganz famoss
gemacht!« lobte die Freundin bscaei
ftert, »das werde ich mir fiir die Zu
tunft nierten.«
Vier Wochen daraus, als die gliin
liche jun-sie Frau von ihrer Hochzeitg
reife zurückkehrte, traf aus Leipzig ein
tartonirter Brief ein. Martha Waq
net zeigte ihre soeben ftattgehabte Ver
lobung an. Unter die formelle litho
graphirte Anzeige hatte die Freundin
ganz iein mit Bleistift gekritzcli:
Herrlichen Dant, liebe Franziska«
»Wosiir dankt sie dir denn?« fraatk
Engen Kramer seine verschmitzt la
chelnde junge Frau.
Aber Franziska schloß dem neuaie
rigen Frager mit einem Fluß den
Mund.
»Das brauchst du nicht zu wissen,
Drrmnichen!«
Mutse Jus-unne- tu betet-Ideen
baden die Erfahrung gemacht, dass.
es, wenn ein Anständer sich Ueber
ariife an ihren Gestaden gestattet
das beste ist, stillschwei end zu du! !
den, statt ihn zu bestrafen und da-: !
Risiko zu laufen, daß ein Kanonen
boot ans der Heimath des Uebelthä
tere anlangt Ein Richter in ant
indessen nnknn kürzlich doch Geier-en
heit, dies nlte Schuldkonta etwas zu
erinäßigen und seine Setbitachtmn
wieder zu gewinnen, als solch ein
Verdrecher vor ihn gebracht wurde.
Auf sei ne erste Frage nach der Na
tionalität des Angeklagten hatte der
Dokmetscher geantwortet daß der
Gefangene ans der Schweiz ftannne
»Schweiz!« sagte der Richter; »und
die Schweiz hat keine Meereökiistc
nicht wahr?« —- ,,Keine Meerejki.istr.
Euer Ehren«, antwortete der Dol
mettchern »Und keine Flotte?«
fuhr der Richter fort. —— »Und keine
Flotte, Euer Ehren«, war die Ant
wort. —- ,,Gut venn«. sprach der
Richter, Jwir wollen ihm ein Jahr
Zuchthauc gebeut«
Die jüngste Industrie:
Wenn es einen zuverlässigen Werth
messer gäbe, um den Werth der Zeit
ereignisse hinsichtlich ihrer zukünfti
gen Bedeutung festzustellen, so würde
man von den Errungenschaften des
vorigen Jahres wohl die auf dem
Gebiete der Luftschiffsahrt und
Flugtechnil am höchsten einschötzem
Man braucht sich dabei keineswegs je
nem Ausspruche lrititlos anzufchlies
ßen, den Kaiser Wilhelm im Augen
blick nationalen Uebereisers und spon
taner Begeisterung that, als er den
Grafen Zeppelin den größten Mann
des zwanzigsten Jahrhunderts nannte,
sondern man wird zu einer gleichen
zeitgeschlichtlichen Beurtheilung der
letztvergangenen Zeitereignisse auch ge:
Jlangen, wenn man die Leistungen des
. Xahres hinsichtlich ihrer Bedeutung
fiir die Zukunft würdigt. Denn da
trir erst am Anfange dieses Jahrhun
iderts stehen, so läßt sich, solange wir
eben nicht den sicheren Blick des Pro
rheten fiir die Zukunft haben, nicht sa
gen, ob nicht noch ,,gri:ißere« Männer
mit ihren Ideen und Erzeugnissen die
Welt erfüllen. Wohl aber liegt der
obgeschossene Zeitraum eines Jahres
mit seinen kleinen und großen Resul
taten seinen Fortschritten und Lei
stungen als ein Ganzes vor uns, so
ils-, wir von der höheren Watte der
historischen Betrachtung aus auch die
Ieinzelnen Errungenschaften eines Jah
reg ihrem lulturgeschtchtlichen Werth
nacy zu oeurlqeuen oermogen. Du un
terliegt es doch wohl keinem Zweifel,
daß das Gebiet der Luftschiffahrt und
Flugtechnil, das diegesarnmte Kultur:
weit mit so stannenstoerthen Erfolgen
iiberraschte, an allererster Stelle steht.
Bedeuten diese Errungenschaften doch
nicht bloß einen wichtigen Wendepunlt
in der Geschichte der Aeronautil, son-· -
dern vielleicht sogar den Anbruch eines
euen Zeitalters der Vertehrstechnil
nd Verkehrs-entwicklung im interna
onalen Leben der Völker.
is Nach den glänzenden Erfolgen, mit
knen Die sur-jährigen Ver-suche der
Luftschiffahrt und Flugtechnil gelrönt
waren, war fiir die Entwicklung dieser
neuen Industrie ein günstiger Boden
geschaffen. So konnte schon an der
Wende des vorigen Jahres die erste
,.Ausstellung fiir Lustschiffahrt« in
;Parig veranstaltet werden, die über
)den enaen Kreis der Fachleute hinaus
,bor allem der Allgemeinheit einen
ylehrreichen Ueberblick über den gegen
.toiittigen Stand dieses Industriezwei
Fges und der in dem einen oder ande
Iren Lande gemachten technischen Fort
Jschritte geben sollte. Während diese
Ausstellung ein nmfassendes Bild von
dem gegenseitigen Wettbewerb der
Kulturnationen an der Hand des
’braltisch Erreichten bot, konnte der
Jnternationale Lustichisfahrte « Kon
grefz tFederation Aeronautique Jn
ternationale), der soeben als erste der
artiae Veranstaltung in London taate,
überMittel undWege berathen, um der
aeronautischen Wissenschaft und
Praxis In neuen Erfolgen zn verhel
fen. Und diese Berathungen sind nicht
ohne praltisches Ergebniß verlaufen.
Einem Antrage des belgischen Aeros
clubs zufolge beschloß dieser Kongreß,
zum Bau von Flugmaschinen und
lenkbaren Lustschissen Meile im Ge
sammttverthe von l.2 Millionen Fres.
zu stiften. Belundet diese Ovsertvil
ligleit, die in noch höherem Maße bei
dem tragischen Geschick deg deutschen
Lastschiffe-H Zeppelins zum Ausdruck
lam, ein weitgehende-? Interesse nicht
nur derFachleute, sondern der gesannn
ten Kulturtvelt an dem rastlosen Fort
schreiten der Lustschiffalirt und Flug
technil, so ist sie andererseits der
kliiihrbodem auf dem eine so arosie fi
nanzielle Opfer erfordernde Industrie
der Luftfchifsahrt emporbliihen lann.
Mit einem Weltrekord fand das
vorige Jahr seinen Abschluf-,. Wilbur
Wriglit erzielte mit seinem Flugappa
katx die bis dahin unerreichte Leistung
von 100 Meilen in 2 Stunden und 20
Minuten, sodaß er eine Geschwindig
teit von etwa 40 Meilen in der Stun:
de, also die Fahrschnelligteit eines be
fchleunigten Eisenbahnzugeg erzielte.
Kurz vorher, am 12. Dezember, hatte
Wright eine Strecke von 75 Meilen in
1 Stunde 55 Minuten zurückgelegt,
was fast der gleichen Schnelligkeits
leistung entspricht. Hatte doch schon
der erste Flugversuch Wilburs
Wrights. der am 11. Oktober in Ge
inetnfchaft mit zwei Passagieren aus
geführt wurde, die Dauer von 1
Stunde 10 Minuten ergeben, wobei
eine Strecke von 50 Meilen durchsto
gen wurde, nachdem der Aufstieg am
21. September, der auf 1 Stunde 32
Minuten bei einer zukückgelegten
Strecke von 55 Meilen ausgedehnt
werden konnte, glücklich verlaufen war.
Um die gleiche Zeit, etwa zwei Wochen
früher-, kam auch aus Amerika die
Nachricht, daß Orville Wrights Flug
versuch den staunenswerthen Erfolg
von 37 Meilen bei einer Dauer von
613 Minuten erzielt hatte. Hinter die
sen Leistungen treten die bis dahin ge
machten Versuche bedeutend zurück.
Die längste Fahrt wurde von Dela
grange unternommen und erstreckte sich
auf 16,5 Minuten bei Mk Meilen
Flugweitr. Dagegen dauerte der Aus
stieg Farinans am sil. März nur 3,5
Minuten, derjenige am 13. Januar
nur 1,3 Minuten. Bei letzterem Ver
such wurde z Meilen, bei letzterem lsk
Meilen Strecke zurückgelegt. Die
Flugmaschine begann im vorigen Jahr
also mit einem Versuche von 1,3 Mi
nuten Dauer und endete mit der Re
tordleistung eines 100 Meilen-Fluges
Andererseits erhöhte sich die durch
schnittliche Schnelligkeit einer Stunde
von 28 aus 40 Meilen.
Durch diese gewiß staunenswerthen
Fortschritte ermuthigt, hat sich dieCom
pagnie Generale de la Navigation Ae
renne mit der Bau von nicht weniger
als 50 Apparaten besaßt, die nach der
Konstruktion Wrights hergestellt wer
den. Auch wandern die Patente der
Flugmaschine bereits in alle Länder,
um dort entsprechend nutzbar gemacht
und einer ersolgversprechenden Indu
strie erschlossen zu werden. So wird
sich noch im Laufe dieses Jahres aus
den Patenten der Vvisinschen Flieger
typen in Deutschland eine Industrie
der Flugmaschinen entwickeln, die, ih
ren Ausgang von Frankfurt a.M. neh
mend, diese Apparate zunächst in
die Dienste des Spvris und dann
weiterhin auch des einen oder an
deren Verkehrszweiges stellen wird.
Reben der Flugtechnit hat sich in
ähnlicher Weise auch die Luftschifsahrt
entwickelt. Die Retordleistung Zeppe
lins init seinem Riesenballon von 15,
WU Kubitmeter Jnhalt sind noch in
aller Erinnerung, nnd dessen tragi
sches Schicksal, dem das Wunderwerk
deutscher Industrie bei Echterdingen
anheiinfiel, war nur ein weiterer An
sporn im Kampfe um die Eroberung
der Luft. Denn mit Hilfe der Natio
nczlspende, die das deutsche Volk dem
Grasen Zeppelin in nationaler Begri
sternng zurVerfiigung stellte, war bald
die finanzielle Basis geschaffen, auf
der die Lastschiff - Zeppelin - Bauge
sellschaft in Friedrich-shaer mit einem
Kapital von etwa drei Millionen
Mart errichtet werden konnte. Da
durch bietet sich die Möglichkeit, daß
die bisherigen Luftschisfthpen nach den
inzwischen gemachten Erfahrungen
ausgebaut und verbessert, daneben
aber auch Versuche mit anderen Kon
struktionen und anderer Bauart Cz. B.
ans Holz) gemacht werden können.
Mit einer halben Million Kapital hat
es die Luftfahrzeug-Gesellschaft in
Bitterseld übernommen, Lastschiffe
nach dem Parsevaltyp zu bauen. Bis-«
ber hat sie bereits drei solcher Schiffe
sertiggestellt, von denen das eine, 3200
Kubilmeter umfassend, vom deutschen
Vlero Klub fiir sportliche Fahrten er
worben wurde; das zweite von 8600
Kubitmeter ging in den Besitz des
deutschen Reiches über, während das
dritte größere mit 5600 Kubitmeter
Inhalt durch die MotorluftiStudien
gesellschaft Verwendung finden wird.
Vergleiche-weise sei hinsichtlich der
Tragfiihigteit der Lastschiffe nur er
wähnt, daß das ZepveliwLuftschiff ei
nen Gesammt-Ballaft von 7000 Pfund
das Parsevalschiff 800 Pfund zu tra
gen hatte.
Auf erner anseynuchen Hohe in oie
Luftschiffindustrie auch in Frankreich
angelangt Die Bisher fertiggestellten
Schiffe »halbstarrer Bauart« können
sich jedoch hinsichtlich ihres Umfanges
niit dein Typ Zeppelins nicht messen.
Das größte, die Republique, umfaßt
3800 lKilometer, während die Ville de
Paris, die von der Militärberwaltuna
erworben wurde, und Element Bahard
je über 3600 Kubikmeter verfügen
Entsprechend stehen auch die Fahrge
schwindigkeiten hinter den deutschen
Schiffsthpen zurück: das Höchstmaß
dürfte hier etwa 25 Meilen in der
Stunde betragen, während die Dauer
des Fahrens auf höchstens sechs Stun
den, also etwa die Hälfte der Fahr
dauer der deutschen Lastschiffe, zu ste
hen kommt. Daneben werden in
Frankreich aber auch Luftschifftypen
von kleineren Konstruktion gebaut, die
etwa 700 bis 900 Kubitmeter umfas
sen und eine Fahrgeschwindigkeit von
ca. 20 Meilen in der Stunde errei
chen. Diese Typen scheinen jedoch we
niger für Kriege-zwecke, als vielmehr
fiir die Dienste des Sports bestimmt
zu sein, schon weil ihre Anschasfung
bei einem Kostenaufwande von etwa
30,000 bis 40«000 Franken nicht mehr
zu den Unmöglichkeiten gehört. Aus
diesem Grunde ist auch die allgemeine
Bedeutung dieser Luftschtfftypen nicht
zu verkennen; denn wenn einmal der
« Sport sich ihrer in größerem Maße be
mächtigt hat, sind dem Lastschiffe die
Wege auch als allgemeines Verkehrs
mittel geebnet.
Jn den Ver. Staaten liegen die
Fortschritte hauptsächlich auf dem Ge
biete der Flugtechnik, wie wir an den
Erfolgen Orville Wrightg gesehen ha
ben. Daß es daneben nicht auch an
Versuchen gefehlt hat, einen Luftschiff
typ zu schaffen, bedarf keiner weiteren
Erwägung. Belannt ist ja der im
Sommer vorigen Jahres in Califor
nia erfolgte Aufstieg des Morellschen
Luftschiffes, dessen erste praktische
Probe leider zu dem bellagenswerthen
Ende eines jähen Absturzes führte
Trotzdern setzte man in Amerika die
Experimente fort. Freilich auch an
derwärts waren die Erfahrungen nicht
immer günstig; ja es scheint, als ob
man in den einzelnen Ländern über
haupt von verschiedenen Gesichtspunk
ten ausgegangen roäre, um zu dem ge
meinsamen Ziele der allgemeinen pral
tischen Verwendung des Luftschiffes,
sei es im Heere, sei es im Sport oder
sei es im Verkehr zu gelangen: Wäh
rend die Ber.Staaten, anscheinend um
die Nutzbarmachung fiir den Krieg
und den Sport zu vereinigen, die rie
sengroße Bauart wählten, ging Frank
reich zur Verkleinerung des Sport
fchifftyps über, um auf diesem Wege
diese Konstruktion nach und nach zu
der eines Vertehrsschiffes auszugestal
ten.
Auch andere Kulturländ r, wie
England, Italien, Ruleand, Oefter
reich, die Schweiz, Belgien usw. haben
es sich nicht nehmen lassen, an dem
allgemeinen Kampfe um die Erobe
rung der Lust theilzunehmen. Sie sind
freilich weniger als Pfadfinder hervor
getreten, vielmehr haben sie sich ledig
lich damit beschäftigt, die anderwärts
gemachten Versuche in die Praxis um
zusetzen. So ist in Jtalien ein Luft
fchiff von etwa 2000 Kubiimetern ge
schaffen worden, das zum Preis von
12(),()()0 Lire in den Besitz des Staa
tes übergegangen ist. Auch Rußland
hat, nachdem feine eigenen Bemühun
gen, etn Luftfchiff zu bauen, ergehn-ess
los verlaufen sind, in Frankreich ein
solches herstellen lassen, das etwa 4000
Kubitmeter umfaßt. Wenn die ande
ren Länder im luftschiffindustriellen
Wettbewerb bisher weniger hervorge
treten sind, so wird hierfür vor allem
der eine Umstand maßgebend gewesen
sein: der Mangel an den erforderlichen
Mitteln. Denn der Bau von Luftschif
sen, der ja immerhin noch im An
fangsstadinm seiner Entwicklung sich
befindet, verlangt beträchtliche Kapi
talien, die namentlich durch die Miß
erfolge des einen oder anderen Versu
ches schnell ins Riesenhafte wachsen.
Jn Deutschland war es die Opferwil
ligieit des ganzen Volkes, die beim
Wiederaufbau des Zeppelinschen Luft
schiffes eine Geldnoth überhaupt nicht
aufkommen ließ. Belgien und Oester
reich haben in dieser Beziehung nur
die Vorarbeiten getroffen: es haben
sich Gesellschaften gebildet, die sich zu
nächst mit der Aufgabe beschäftigen,
größere Kapitalien zusammenzubrin
gen, um dann später den Bau von
Luftschiffen nach stehenden Tnpen oder
nach eigenen Jdeen zu finanziren. So
wird auch hier die Entstehung der
Luftindustrie zu einer Nationalfrage
gemacht.
Kaum sind die ersten greifbaren Er
folge im Kampfe um die Eroberung
der Luft in die Erscheinung getreten,
so tauchen auch schon allerhand Pro
leme aus« Während man sich in
Amerika bereits niit der Einrichtung
von Vertehrslinien für die Lastschiff
fahrt beschäftigt hat, find in Deutsch
land schon die rechtlichen Vorausset
zungen erwogen worden. unter denen
dieser neue Verkehr sich gestalten wird.
Hier sind wir an derfsrage eines neuen
Rechtgproblecns angelangt, aus dem
sich einmal ein internationales Luft
verkehrgrecht entwickeln wird.
Mil. Richter·
In der Kascrnr.
Unteroffiziert »Was find S-ie?«
Rekrut: »Ich bin Tagesschrifistel
ler·«
11nteroffi,-.ier: ,,(;Siil)t es denn auch
Nackthchtiftsteller?«
Gut benümc Gelegenheit
Wais ,rfagetin: »Sie können sich gea
tuliren! Noch in dies sem Jahre steht
Jhnen eine größere Er bgchaft bevors«
Student: »Formen Ote mit nicht
daraufhin zwanzig Mart pmnpen?«
War-ums.
A. (zun1 Freund, welcher vor ihm
Abends aus der Kneipe fortgew
»Du, rufe im Vorbeigehen meiner
Frau zu daß ich noch nicht komme ..
stelle Dich aber nicht so nahe nettes-z
Fenster!«