Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 30, 1909, Zweiter Theil, Image 14

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    VBis ans Ende der Wklts
III-mit von Makaillau Bottich-V
(5. Fortsetzung)
4. K a p i te l.
Der Oberst hatte an der hohen
Muse einen tapitalen Bock geschos
feu, noch davon »spitz von vorn« s
Itit einem wahren Meisterschuß also;
m da er in seiner Siegerlaune auf
dem Heimweg nicht müde wurde, alle
phasm seines Abenteuers wieder und
tötet-et bis ins neinstk hinein zu schn
detrh und da er dabei immerer mit
verliebt zwinternden Augen nach dem
erbenteten Gehörn des »braven Bur
fchenst schielte, das sich aus dem Ruck
ack des Führers hervorstahl, so ent
sing ihm seiner Tochter und des-Ober:
Untertantö Besongenheit gänzlich.
Aber auch sonst schien ihm der mor
Küche Birschgang ins Elmenthater
ter durchaus nicht schlecht betont
Iett zu wollen. Er frühftiickte mit
dein Appetit eines ausgehungerten
Greis und schlief nach dem Bade zwei
solle Stunden wie ein Murmelthier,
Uhrend der starke Koblenfäuregehalt
des Wassers ihm bisher immer noch
Vlnt nnd Nerven in erregte Schwin
gungen verlth und mit Regelmäßig-«
seit jeden Schlummer von feinen Li
dern fortgeicheucht hatte.
So plätscherte er denn auch förm
lich in Behagen, als ihm Professor
Iltdors kurz vor dem Essen den »obe
Un Menschen« gründlich behorchte
Und beklopfte. nnd stimmte einen
hehren Hymnus aus Liebenftein an.
»Da tch hier nun noch auf die Jagd
sehen kann, ist das Nest fiir mich ein
leibhaftiges Paradies, aus dem ich
sich am liebsten überhaupt nicht wie
der Fertreiben ließe.«
m ,s.sk-—
M —f, Mllcylc Uck Epicurus-«
sorchie noch einmal in das an Rot
Inburgs Herzgrube get-rückte Stetho
stpp hinein und sagte dann: »Die
nächsten zwei, drei Tage aber wollen
Dir doch lieber hübsch zu Hause blei
Ien, und uns mit den Promcnaden
Degen begnügen. Man darf nichts
Aber-treiben —- befonderz im Anfang
Mi. Ihr Organismus muß sich erst »
wieder gewöhnen. WenW so weit ist,l
Ich Sie zum zweiten Male mit derT
sächfe los-ziehen können, sag’ ickfs
chan. f
»Nein-? Hat der Blnisack dadrin
Ien die angebotene Kindersirapoze
etwa übelgenommen?« brummte der
Oberst
»Nicht zu sehr. Aber Sie wissen ja:
Msicht isi die Mutter aller Weis
i .«
Nach der Tafel nahm Altdorf Ju
sis bei Seite und, indem er mit ihr
mäer den ichsitigen Bäumen des Ho
ielparies ani und nieder ging, legte
er ihr noch einmal ans Herz, nach sei
ner Abreise dem Oberst auf keinen
soll irgendwelche Extravaaanzen zu
Hatten. Er bereue es fast, zu dem
daussluq seine Zustimmung gege
n u haben.
,, llen Sie denn schon so bald
wieder fort; Herr Professor?« fragte
Juiia im Ton aufrichtig-en Bedauern-Z-«
«Waldernar sagte doch Vormittags-,
Sie würd-en vielleicht längere Zeit.
bleiben, ein weniq ausruhen, minde-!
siens ein paar Wochen. Und ich wars
so fka darob-re Wenn ich Sie in epi
reichbarer Nähe weiß. hab’ ich ieine
Hnrchi für Papa, Führ ich mich vor
meiner Sorge und Angst um ihn wies
gebot-sein«
Altdorf spukte, wie es gleich esner
warmen Welle in feiner Brust auf
walltr. »Könnt’ ich dich erringen,«
dachte er, »du liebes Mädchen, dich
tn meinen Armen, an meinem Herxen
schützen und beraen vor aller Sorge
und Angst des Lebensl«
Auf den ersten Blick hatte er ge
ern mit seinen hellen Augen erspäht,
ß der ,.913riknner« —— wie mqn
Borgfiedt in Lierenltein allgemein
nannte —— in Julia MS über beide
Ohren verliebt war, und ein Gefühl
heftiger Eifersucht hatte ihm soaleicb
die Freude des Wiederiebens getrübt,
est vergällt. Doch so scharf er auch
lia den sangen Abend über beo
Zqchtet, darum ok- ske des Laute
nants Neigung erwiderte, hatte er
sickp durchaus nicht klar zu werden
Vermocht. Des Verliebten offensicht
liche Galanterien hatte sie allerdings
sitt leiser Befangenheit entgegenge
Iommen, war ihm aber anderseits so
sft wie irgend möglich ausgewichem
ad daß sie flüchtig erthhet war»
Its er von den vier Damen ihr al
Ug eine purpurfamrntne Rose ge
ssesth auch das konnte als kein liche
weder für noch wider,
sei-: its-Erden heute bei Tisch aber
M thikanet feine Tonma
uiH West, mer dann und
W W M tiefem Grübeln
« ·- kgh eisu- herkommen-u
fstill M ei- Wsstagetow
sksssss d . I« in
·" M Its-Behile OFHerz-ent- et:
« it
. es n den beiden ge
Zion-W- ists
AUERBAC
Miene · , e
« W M eimzexprb sehe-litt
kys sit wandte-ratl- stet
in III W. der N
—- wie der Hotelwirth vorhin verra
then — für den Anfang der nächsten
Woche eine ganze Zimmerflucht im
Knrhaus bestellt hatte.
»Gewiß — es tann wohl sein« daß
ich noch ein paar Tage bleibe«. ant
wartete der Professor nach kurzem
Schmigen auf Julias Frage »Ei
gentlich wollt’ ich ja allerdings mei
nen Urtanh zu einer Wanderung
durch den Thüringerwald und die
Hohe Rhiin benutzen, aber da es mir
hier ganz gut gefällt —" Er hrJch
ab und schloß dann: »Ich bin, wie
gesagt, felbft noch nicht mit mir ei
nig. So ein wenig Stimmungsmenich
ift ja wohl jeder einzelne von uns mo
dernen Großftadtaefchöpfen.«
Er fiihlte sich nicht gerade behag
lich in feiner Rolle als Liebhaber eines
schönen jungen Mädchens. Jutia die
Cour schneiden, ihr Schmeicheleien fa
nen, wie ihm der Aftilaner das gestern
Abend fo meisterhaft voraemacht, nein.
das brachte er nicht fertig, dazu war
er doch zu alt mit seinen dreiundvier
zig Jahren. obaleich er Leute kannte,
sdie sich noch mit dreiundfiinfzia bril
lant darauf verstanden. Aber auch
wenn er noch zehn Jahre iiinaer gewe
sen wäre, hätte er diese schwere Kunst
wohl kaum bewältiat Ueberhaupt —
es lag ihm nicht, dieses vorsichtige Hee
urngehen um eine Sache. Gerade-aus
und feften Schrittes los auf das ge
fteette Ziet — fo hatte er’S im Leben
« immer gehalten; und ,ani liehfien hät
—te er auch jeßt zu Julia frei heraus
gesprochen: »Ich bin hierhergetom
men, Fräulein o. Rottenburg. utn
; Sie« zu fragen, oFWSiek meine Frau
Irrter inneren. user Iu sam, gis-»
das wohl doch nicht. Ein wenig mußte
er noch beobachten. prüfen, fondären.;
wie er in untlaren Krankheit-Wällen
als Arzt zu thun gewohnt war. Auch
da durfte er fa nicht immer gleich die
entscheidende Operation wagen.
Um aber nicht stumm neben Julia
dahinzuaehen, begann er wieder von
ber Krankheit des Obersten zu reden,
ging dann auf Herzleiden im allge
meinen über und war, ehe er sich's
versah. mit seiner Begleiterin in ei
nem höchst angeregten Gespräch über
die Freuden und Leiden des Arzt
berufes; er spiirte helles Sonnen
leuchten in sich und um sich. als er
merkte, wie warm das Herz des ge
liebten Mädchens fiir die Märtyrer
Zvelt der Kranken und Elenden fchlua,
wie vernünftige und zugleich hohe Ge
danken iiber öffentliche Wohlfahrts
vflege, iisber die Pflichten des Men
schen gegen den Menschen hinter ihrer
reinen weißen Stirn gefchlurnrnert
hatten. Meilenfern war ihr die Art
moderner Gefellfchaftsdärnchem die
«lein Blut sehen« können. und die sich
rnit gruselnder Gänsehaut am liebsten,
die Ohren zuhatten möchten, wenn von
Noth und Tod die Rede ist.
Rahezu zwei Stunden währte die
Unterhaltung der beiden, und sehr
interessant und abwechslungsreich ge
ftaltete sie sich; auch auf ihren Bru
der tatn Julia zu sprechen, fragte
mit faft mütterlicher Besen-greife die
reizvoll zu ihrem ernsten Wesen
stimmte, ob Altdorf sich denn ein we
nig auf den Flattertopf verlassen
könne, erhielt eine zwar untlare, aber
inünerhin befriedigende Antwort und
rief, als ei plöttich vier Uhr schlug,
ganz erstaunt: »Mein Gott — fo
spät schont Da ift ia höchste Zeit,
daß ich Manto bei der Toilette hel
fe.« —
-.« ---.4
f-· ---
Bokgslcbl Ink! Wllc llull Filum uns-«
ersten Tage an einen beißen Groll auf
den Professor. Hatte dieser ihm die
Geliebte doch richtig während der gan
zen allgemeinen Nachmittaasschluwi
merftunde, in der einzia und allein ein»
ungestörtes Zusammensein möalich geii
wesen wäre, mit Beichte-g belegt. !
Als man ihn arn nächsten Tage nach
dem Essen aber wieder unrettbar talt
tellte, steigerte sich der Groll feiness
heißbliitigen Tenrperaments rasch zum
eiferliichtigen Haß. Den Abend über
entwickelte er alle Knisse und Schliche
seines durchtriebenen Deteltivs, um
Julia von der übrigen Gesellschaft
wegzuloctem sie ein Viertelstündchen
oder wenigstens ein paar Minuten für
sich zu haben.
Vergeblich. Der Oberst sagte mit
ganz merkwürdiger Betonung: »Sie
setzen ja heut eine wahre Hamletrniene
aus. lieber Lieuteant. Haben Sie
Weltschnierz oder bereuen Sie, daß
Sie nun schon zum dritten Male uns
zu Liebe Fbren Abendftand haben
schießen la en?« Dabei sandte der
alte here seiner Tochter einen balb
lorlchenden, halb warnenden Blick zu;
und Julia reagirte natürlich nun erst
recht mit keiner Miene aus des Ber
liebten verzweifelte Bemühungen, be
wahrte ihre sein ene Haltung lp
Wiens-, wie ihrs o leicht leine an
mit einein tlop enden, lehnfuchtsi
vollen Versen Pack-gemacht hätte
Morgen, als sit
Gelt am
T Mir undvfriihee als gewöhnlich zum
nnen I konnte Vugltevt der
leis-n eine tust-e auf der aner
stand sie W
, sie- W vier-e Prof-net pignu
Isin Was er erre- Z
· M u Wi I
«- OI IV U- M soc Its-it
von Ihrer M. Ich kann den Se
danlen nicht los werden, daß er steh
utn Sie bemüht, und ich bitte See —«
Vor dein erstaunten und vertrei
fenden Blick. rnit dein Julia ihn groß
ansah, verstummte er betreten.
«Wobin lassen Sie sich nur oon IF
rer Leidenschaft treiben, Wiufriedfo
fragte sie nach einem kurzen Schwei
gen im Ton leiten Vorwurfl .Wu3
Professor Altdorf mit seinem Kon
ooller Berufs-sorgen und feinem Her
zen voller Nächstenliebe wohl nach jun
gen Mädchen fragt. Jch gebe iben
doch nichts, wenn wir uns eine Stunde
unterhalten, er giebt doch höchstens
mit-, weitet mir den Blick flir -——« se
»Oho«, zischte der Lieutenant durch
die Zähne, »das klingt ja schon äußerst
ke!oundernd.«
Julia blieb stehen und zog mit der
Spitze ihres Schick-ne- einen Strich
in den Kies des Promenadenfteiges.
»Ich bsbe Ihnen gestern gefagi, daß
ich Sie lieb bebe, Winfried«, sprach
sie leise, kaum hörbar, «und es wird
mir schwer, Ihnen das in diesem
Augenblick zu wiederbolen.« Ihre
Brust hob sich in eine-n tiefen Athenrs
)
zug, uni ihren Mund prägte sich ein
Ausdruck der Entfchlossenbeit, fast
der Herbbeit aus. «Gelent selbst den
Fall, Professor Altdorf interelsirie
sich für mich —— was auszusprechen
oder nur zu denken barer Unsinn ist
-—· wie lann Sie das überhaupt be
lriibrern einen Tag, nachdem ich
! nen gesagt habe. daß ichSiespliebe .
. Borgitedt runzette vie Stirn uno
streifte Julia mit einem glühenden,
fast drohenden Blicl feiner dunklen
s Augen. »Wer liebt, ist auch eifersiich
stigc murmelte er. »Und je größer
die Liebe, desto größer die Eifersucht.
f Ich via qui jede-: kifekiiichtig, dek sich
jein Anrecht an Sie anmaßt. Jch bin
Jeifetfiichtig aus iedes Wort» jeden
Blick, den Sie an einen anderen ver
Eisen-enden Als Ihr Bruder gestern
» Abend Ihre Hand nahm. sie eine Weis
le in der feinen hielt, hätt ich ihn am
Arm packen, ihn wegreißen mögen von
Jhrer Seite« I
Julia schüttelte wieder den Kopr
und ging dann mit einem Seufzer
langsam weiter. »Das ist nicht Lie
l-e, das ift Leidenschaft unvernünf
tige Leidenschaft«. hauchte sie tonlos.
Und ein wenig lauter setzte He dingte-:
»Lieben heißt, dem Geliebten je s
Glück, jede Freude gönnen, sich mit
ihm freuen, mit iizm glücklich fein.
Und lieben heißt vor allem ver
trauens« «
Der Lieutenant biß sickt auf die
Lippen. «Vertrauen!'« stieß er dann
hervor: »Gut: wir lönnen ja die Pro
be auf das Exempel machen. Mit
Fräulein v. Schlichen Jch lann mich
ja einmal wieder eine Weile dem ar
men Dina widmen, das sich ohnehin
kaum noch in unserer Gefellfchaft le
tten läßt, seit es gemerkt hat —« Er
stieß feinen Stock in den Sand und
brach ab.
.8·:tte«, antwortete Julia ruhig,
»wenn es Ihnen Freude macht, ein
unglückliches Mädchen mit offnun
gen zu verwirren, mit Entiiu chungen
zu quälen —-—'·
»Nicht die Schliehen will ich quä
len«, fiel ihr Borsstedt ins Wort.
«Nur um Jhnen zu vergelten, was ich
leide, wenn Sie stunden- und stunden
lana mit dem Professor —«
Julia run elte die Brauen. »Es
wird heiser sein, wir brechen unsere
Unterhaltung fett ah, Wsinfried Nur
das eine möcht’ ich Ihnen noch sa
gen: von dem Frohgefiihl, das ich
mir von meinem Qrautstand erhofft
habe, haben Sie mich bisher. wenia
empfinden lassen. Ich lann mir nicht
denken, daß wir auf dieie Weise zu
unserem Glücke gelangen« Mit ei
nem forschenden Blick sah sie die
Straße entlang, auf der sich nur hier
und da erft ern vereinzelter Kuraast
zeigte. «Dort kommt eben mein
Bruder. Wir wollen ihm entgegen
--I—« —
Hsspsu
Fiir Juli-r waren die wenigenl
Stunden, die sie mit Altdorf ver-f
rilaudert hatte. Quellen reinen, untre-f
trübten Genusses pexvefen Welche»
K«Tugbeit, tretcke Seelengröße, welche
Begeifterungsfähigleit lebte in die-»
fent Mann! Und Julia, die nie eine
rerebrungerwectenbe Lehrerin befri
’fen, hatte begriffen, wie es möglich
nur« daß die Studenten ibrer Hei
matbftabt mit fo großer Liebe nnd
Bewunderung an dem Professor bin
»a,en, daß sie vor Johresfrifi, als die
Universität Berlin einen ebrenvollen
Ruf an ibn hatte ergeben lassen. alle
ineie ein Mann in einein impofanten
Fackelzua vor fein Haus gezogen und
nicht wieder dar-angegangen waren,
bis er ihnen fein Bleiben in einer
kurzen, humoristisch-feierlichen Rede
» versprochen hatte.
Julia war es als etwas ganz
Selbstverständliches erfchienen, daß
vieler Mann. der völlig aufging im
Dienst der leidenden Menfchbeit, zum
heirathen weder Muße nogs Neigung
fand. Ueber vielen Punkt, mit dern
sich die Phantasie der Frauen foan
g gern beschäftigt hatte es gar kein
achdenten fitr .gegeben.
Nun aber. da»Vor·gftedt feine et
ferfiichtigem verlangt-täten Worte u
ihr gesprochen, er te fie sich b :
«Weibalb foll»n i»a er feinen
Intbeil ans Liebe-stack uchen wol
lenf Es ist doch se rntnnn der
Natur, daß der Mann eh zum heil-e
gefelltt«
Und dann verstieg ti auch Val
denror, der an einem nächsten
vormittag einen fttibeterr Uegtrnentsi
tauml-en tra , intt den- er O bei ei
nenr W ritt-lebenden stinespty
su. bund andeutet-Insp- n sieden
Heime-kitze- Schmneecheu —- Ich
glaube. es giebt einen, der G lehr He
Dich intneistrt Einen ann,- der
Dich W Ilsellich machen würde.
und der ei, weiß Gott, verdiente. von
Dir glücklich gemacht zu werden. Ein
Mann —- ich sage Die. Schwester-dem
wie Dsu kein-en Besseeem Edleeem
Hochhetzigeten kriegen lönntest.«
Und in dem sanften Rausch. in dein
seine Sele schwamm. ichwaste er
tühtselig aut, aus welcher atalen
Klemme ihm der Professor noch vor
wenigen Tagen herauszieht-Um
Von du an - es natiielkch mit
Julias Unbefanzen it gänzlich vor
bei. Schon das allein, daß sie sich
fiit den leichtfertigen Bruder schämte
und doch nicht Mittel und Wege et
grübeln konnte. die große Schuld ab
zutragen, machte sie beklommen, legte
sich wie ein Druck auf ihr ganzes We
sen. Und· die anfangs io Lebhgite;
wurde worttutg in den Gespräan
mit Altdorf, ging ihm am liebsten;
ganz aus·dem Wege, io bitter leid1
ihr’s auch that, die ankegungsvollenl
Stunden. die sie an seiner Seite
durchlebt, nun schon wieder verlieren
zu müssen. l
Eine Woche etwa mochte hingegan
gen sein —- Kirrdarf war inzwischen
eingetroffen nnd machte mit einem
Schimmelviererzug Sensation —’ als
der Oberlientenant, dessen aHamm
miene« von Tag zu Tag diisterer ge
worden war, eines Mittag-Z hei er
Tafel wieder in seiner alten sieghaie
ten Irohslaune strahlte, gegen Herrn
und Frau v. Nottenbura von bezau
bernder Liebenswiirdigteit war nnd
auch mit Galanterien gegen Julia
» nicht targte. Und beim Aufstehen
liifterte er ihr zu: aWichtige Neuig
- leit! Bitte —- Rosenlauhe im italie
nischen Garten.« —
Wie schon Tags zuvor. hatte Alt
dorf sich auch heute wieder gleich nach
Tisch in sein Zimmer zurückgezogem
um einen dringean Brief tu schrei
ben, wie er dem Obersten gesagt »Es
linen zwei neue« ziemlich tomplikirte
Fälle in meiner Privattlinit vor.
Mein Afsestent scheint nicht allein mit
ihnen fertig zu werden, unh ich werde
wohl morgen, spätestens übermorgen,
wieder heimwärts dampfen.u
Vor ihm war Jucia also sicher.
Und vor ihren Eltern, die ihr Mit
tagsschläfchen hielten, und vor Wal
ten-an der mit zwei hübschen Schot
tinnen Tennis spielte, ebenfalls. Und
doch fühlte sie sich tro allerhanafrog
ben Erwartuna, was r Geliebte ihr
wohl so Wichtiaez mitzutheilen hätte.
peinlich nnbehaalich, als sie mit einem
Buch in der band zu dem von Borg
stedt bezeichneten Platze ging. Ihrer
ehrlichen, geraden Natur lag das Ber
fteaspielen nicht« Es nah wohl Men
schen, die in verborgenen hönderdriis
cken nnd verstohlenen Blicken der
«heimlichen Liebe« höchstes Gliick sa
hen. Mochten sie. Sie war eben an
ders geartet. Sie fühlte sich unfrei.
Und mehr darum, als am des beruhi
genden Gefühls der sicheren Gewiss
heit willen, ersehnte sie die Stunde. tn
der sie sich frei und offen oar aller
Welt als Borgstebts Braut würde he
Iennen dürfen.
Im Eingana der unter Uimen halb
versteckten Rosenlaube, einem wahren
Gedicht ans dnftigem hellrofa Bitt
then, stand der Oberlieutenant in fei
nem weißen Unfug schon auf Posten.
Stürmisch ergris er Julia bei den
Händen, zog sie in seine Arme und
tiißte sie heiß nnd verzehrend troh
ihres Widerstrebens.
«Du Liebe. Du Einzigei Nun steht
unserem Glück nichts mehr im Wege.
Noch heute halte ich hei Deinem Vater
um Deine Band an.«
Mit hefteitem Aufathrnem als fiele
eine Last von ihrer Brust, lehnte Jnlia
ihren Kon an Borgstedts Schulter.
Ueber ihr Gesicht glitt ein beseligtes
Lächeln —- einen Herzschlag lang» -
»Gott sei aeloi-t!« wollte sie schon
ausrufen da siel ihr ein, naß s:e ja
noch gar nicht wußte, aus welche Weise
das Hinderniß der Armuth zwischen
ibr und Borgstedt weaaeräumt oder
ihre Verbindung sonst möglich ge
macht sei. Sosori war auch wieder
der nagende Zweifel da. Sie lonnte
kes sich selbst nicht ertlören, woher er
I kam, aber sie hatte feinen rechtenGlaik
Eben an ibr Glück, an die Erfüllung
ihrer Hoffnungen, hatte ihn völlig und
uneingeschränkt noch zu ieiner Stunde
gehabt.
So sah sie Borgsiedt, der immer
noch ihre hände hielt, mit einem sor
schenden Blick in die Augen und sras
te: .Wollen Sie mir nicht sagen, Win
sried, was geschehen ist, was Sie aus
einmal so siegesgewisz machik « E
Borgstedt zog sie neben sich aus die
Bani und nahm, ohne sie dabei nur
seinem Arm zu lassen, einen Bries aus
der Tasche. .Einer meiner Freunde«,
sagte er, »der dem Namen nach anen
bekannt sein wird, Gras Labr, an den
ich leich nach unserer Aussprache ge
schr eben habe, ist bereit, mir die er
sorderliche deiratbilauiion mit sech
zigtansend Mark in mündelsicheren,
oierprozentigen Psandbriesen zur Ver
siiauna zu stellen.«
Julla wars einen sliiebtigen Blick
aus die aroßzii igen, eaigen Buch aben
des Brieses, o ne ihn doch an ch Zu
nebmen oder eine Zeile davon zu e
sen, und sagte dann betreten: »Aber
Jbr Freund kann Ihnen das Geld
docks nth schenken wolleni Das wäre
doch —
»Natürlich sichtl« siel ibr der Ober
lieuienant ins Wori. »Das würde icb
auch aar nicht annehme-. scr zieht
mir diesechsiatausend Mart ein ach in
cerwabruna Iribstoersiiindii abi
ich ihm alle halbe Jahre vtinltl seine
Zinsen. Aber te dass das Seid doch
Ich taten ei doch, wenn ich den Dei
tcthskpnient beantrage, verlegen-«
Julta starrte unter leicht use-m
menaezeaenen Brauen ans eine csens
rank, die itn Sommerwinde schaa
teln aus und nieder wippte, nnd er
widerte tein Wort.
Boraitedt streifte ihr seltsam ver
schlossenes Gesicht mit einem flüchti
gen Btia und sprach dann in einem
barschitosen Ton, der seine Verlegen
heit freilich nicht aanz verbergen konn
te, weiter: »Gewiß — das Verfahren
ist ja nicht unbedingt torrett. Aber
wenn unsere Vorarsesten uns von ai
ien Seiten durch Vorschriften nnd
Realements tnebein, dann bleibt uns
ja schließlich nichts weiter übrig. ais
daß wir mit List dnrch die Stricke und
Fessein zu schiiipfen suchen.« Er führte
Juiias Hand, die merkwürdig tait
und schlaff in der seinen lag-» an die
Lippen und bat: «ES aeht doch um·
unser Glücks Was thun, was wagen
andere nicht mn solchen Preis! ·— Sie
sagten mir doch auch, daß Sie sich
gern in unserer Ehe bescheiden witt
den .Und wenn wir meine Mutter zu
uns nehmen« einen gemeinsamen
Hansstand führen, werden wir uns
nicht einmal allzusehr einzuschränken
brauchen. Meiner Mutter Vermö
aen —«
(Fortsehuna soigU
Ray III-ne stete.
So sagen wir zur Bekräftigung der
Richtigteit einer Rechnung. Und die
ses Sprichwort hat in vielen die Mei
nung hervorgerufen, daß Adam Riese
ein berühmter und sehr bedeutender
Nechentiinstler gewesen sei. Das ist
indessen weit gefehlt. Adam Riese
mag immerhin ein tüchtiger Rech
ner gewesen sein« ein besonderer
Meister in seiner Kunst war, er
keineswegs, wenigstens nicht nach
Hut-tm vtgkthk eJ »nur wettet
teiu anderes Verdienst, als dasz er meh
rere Lehrbiicher des Rechnens heraus
gal-, die weit verbreitet waren und de
ren Einführung sich ungemein lange
erhalten hat.
Wir wissen dan den näheren Le
bensumstiinden des Rechenmeisters
Adam Riese recht wenig Authen
tisches. Sein Name wird abwech
icsnd Ries, Rhse und Riese geschrie
hxn. und man war sogar lange im
ZerriseL ob hinter diesen verschie
denen Schreibarten nicht gar verschie
dene Persönlichkeiten zu suchen sind,
doch hat man sich schließlich dahin
entschieden, daß nur ein Rechenmeis
strr dieses Namens gelebt hat, der im
Jahre 1492 in Stafselitein bei Bam
beris das Licht der Welt erblickte, ver
muthlich armersauersleute Kind war,
der ausseiner Wanderschuft auch irn
Jahre 1522 nach Crsurt lam und dort
als Rechenrneister gewirkt hat« das
heißt als Schalmeister in der Rechen
tunst. Von dart« aus lam er ein paar
Jahre später nach Annabera. wo er
ebenfalls als Rechenmeisler thiitig war,
nebenbei aber auch später als Bergh
amter Anstellung erhielt. Jn Anna
berg starb er dann auch am 30. März
1559. Es sind also dieser Tage Z-?
Jahre seit seinem Tode verflossen, des
halb sei ihrn dieses Gedenlblatt gewid
met.
Schon in Ersurt hatte Adam Riese
im Jahre 1518 sein erstes Rechen
Dach-: »Rechnung aus der Linnhen«
eischcinen lassen, und man hat lange
dieses Büchlein, von dem noch ein
paar Gremvlare —---— so eins aus der
Universitätsbibliothet in Leiviia s«
eristiren, sitr das erste prattische
Lehrbuch der Rechentunst überhaupt
gehalten Wäre das der Fall ge:
wesen, so wäre immerhin die Ve
riilznitheit Adam Rieses eine volltoms
nan gerechtfertigte, denn er wäre so
mit ein Pfadfinder gewesen.
Es hat sich aber in jüngster Zeit
herausgestellt, daß bereits vor Adam
Rieses Lehrbuch ein ähnliches Wert
etsen im Jahre 1510 erschien, das den
oermuthlich singirten Autornarnen
Hans Lerner aufweist. Ja« Adam
Riese ist sogar vor dem Vorwurf des
Plagiats nicht ganz sicher gewesen«
denn zwischen dein Lernerschen Ne
chenbiichlein und dem seinigen sind
verschiedene Aehnlichteiten, die es als
sicher erscheinen lassen; dasz Riese das
Büchlein seines Vorgängers gekannt
hat. Das ist allerdings siir damalige
Zeit teineswegs ein so schlimmer Vor
wi:rs, wie er es heute wäre.
Riese hat dann noch später andere
Rechenlehrhiicher herausgegeben, so im
Jahre 1533 das in Leipzig erschienene:
»Ein gerechnet Büchlein anss den
Schössel, Eimer und Psundgewicht«
Tsowie im Jahre 1550 seine Rechnung
inach der Lenge auss der Linichen und
eder«. Und daß sich diese Rechen
iichlein Nieses bis ins achtzehnte
Jahrhundert hinein in Benuhung er
halten haben, beweist, daß sie sich als
gut und praktisch siir den Lehrgebrauch
erweisen. a, sie waren noch im 17.
ahrhnnd naheeu die einzi en Lehr
·«cher, die sich we ter Uerdre tung er-»
sreuten. »
Adam Rieses Wirken scheint doch
noch mehr gewesen zu sein siir seine
Zeit, als nur dte Ætigteit eines tüch
tigen Lehrmeisters. Mehr oder weni
er s int er der Erfinder oder doch
get w rtsanre Vers-reitet einer Rechen
rehemethode gewesen zu set-mal der sich
unsere anze moderne stechentunst aus
haut. an tannte his dahin mer die
mehr empirische Rechenbuch die ein
lne Uechenttln lehrte nnd verbrei
e, während r in Itieses Rechenbib
chern ein meist-Nichts W find-t
das unsere modeene Recheniunfi in den
Anfängen darstellt.
Aber wenn wir von Itieses niiberen
Lebensumstiinden nur wenig Sicheres ;
wissen, um so mebr bat sich dir Sage
und Aneldote seiner bemächtigt. So »p
sollen zu idm mancherlei Leute qekomif
men sein, die in technerifchenNiitben fich
befcnden und fiit die er oft eine ähnk
liche Tbätigleit entwickelte, wie in unt
Ifercr Zeit etwa ein Arzt oder Rechts
)anwali.
f So iam auch, wie man erzählt- zu
»ihm ein Beamter-, der sagte: »Ich
shalse dreihundert Thaler jährlich, da
tvon halte ich zwei Pferde, einen Diener
’und einen Jungen; nun, lieber Adam
Niefe, macht mir die Rechnung, wie ich
»so am besten -ausiomnien lönnte.«
Adam Riese antwortete ibm: »Musi
plizit’s mit dem Getichtsdienet, ad
dire dazu den Schuldthurm und divi
diere alles durch den heuleei Dann
bast du das richtige Fazit!« Und der
Beamte ging von dannen. Ein paar
Jahre später wurde er gebentt, weil er
sich an fremden Geldern vergriffen
dotie
Will man dieser und ähnlichen Ge
schichten. die man von Adam Riese er
zählt, Glauben schenken, so verdient er
wahrlich seinen Nachenan und das
DenlmaL das ibm 1893 in Annadeeg
geletzt wurde, in vollem Maße.
Dte helhütrer der III-tue.
Mit Xavier Paoli ist ein Sicher
heitsbeamter aus dem französischen
Staatsdienfte geschieden, dessen Lauf
bahn überaus reich an politischen Re
miniszenzen war. Seit einer therai
tion lag ihm die oft fchwierige Auf
gabe ob, über das Leben jener gekün
ten höupter Europas zu wachen. die
vorübergehend ihren Aufenthalt in
Frankreich nahmen und zu kurzen Be
suchen nach Paris kamen. Und wenn
die Sorglofigleit feiner Schutzbefohles
nen feine Aufgabe sehr oft erfchiverten,
so hat es ihm-doch andererseits auch
nicht an Anerkennung für seine treuen
Dienste gefehlt. Einen Beschützer der
Könige hat ihn König Leopold von
Brigien genannt, dem er ja oft genug
bei den lustigen Fahrten nach Paris
seine Dienste zu widmen hatte. Das
Verdienst aber. diesen tüchtigen Beam
ten entdeelt zu haben, gebührt der ver
storbenen Königin Victoria von Eng
land, die zum erstenmal bei einem län
geren Aufenthalte in Atr-leö:Bains
aus ihn aufmerlsani wurde. Die Kö
nigin faßte ein solches Vertrauen zu
ihm, daß sie ihn nicht als Beamten ei
nes fremden Staates, sondern algipen
sönlichen Diener und Rathgeber be
trachtete. Bortrefslich lam dabei Xa
vier Paoli leine treffliche Ortslennts
niß der Riviera zu statten, wo er die
Bevölkerung und.die Bevölkerung ihn
gründlich kannte. Ein ganxes Museum
von Autoaravben nnd zahllofen Kost
barleiten legt Zeugniß von der Dant
barteit europiiifckxer Monarchen aegens
über ihrem Befchüher ab. Kaiser
Franz Jofevh von Oefterreich und fei
ne unaliickliche Gemahlin, die Kailerin
Elisabeth König Edtvard, König
Georg von Griechenland, der Zar und
die Zarin, der König von Belaien und
noch viele andere Staatsaberbäuvter
haben mit toftbaren Geschenten Xavier
Pavlig Dienfte belohnt.
Das riiethaltlose Vertrauen« das
Königin Viktoria von England Paoli
gegenüber an den Tag legte, wurde
auch von ihrem Sohne, dem König
Edtoard, getheilt. Als vor ungefähr
zehn Jahren von einem Jungen ein
Attentat aus den damaligen Prinzen
von Wales auf dem Nordbahnhof in
Briisset verübt wurde, äußerte der
Prinz: »Das hätte nicht paisiren tön
nen, wenn Paoli dagewesen wäre!«
ckrsorderte schon der tägliche Umgang
mit gelrönten Häuptern einen bis ins
ieinste ausgebildeten Tatt, der weit
iiber die üblichen Qualitäten eines
Detetiivs hinausging, so gab Paoli
auch außerdienstlich Beweise von einem
dirlomatiichen Geschick, urn das ihn ei
gentlich viele heutige ——-Staatsmänner
beneiden müßten» So ließen ihn eines
Tages die Prinzession Heinrich von
Battenherg und ihre Tochter, die jehis
ge Königin von Spanien, zu der Kai
serin Eugenie zu Tisch bitten. Trotz
dem sich Paoli durch die Einladung
sehr aeschmeichelt fühlte, war er doch
genöthigt anzudeuten, daß er durch sei
ne Eigenschast als sraniöiitcher Beam
ter in eine etwas delitateLage gerathen
würde, wenn er mit der ErRaiserin
an einem Tische säszr. Seine Gastges
berinnen aber beharrten auf der Ein
ladung, und Pavli erhielt bei der Ta
sel seinen Platz zur Linken der Et
Kaiserim Im Lause des Abends
wandte er sich an die Wittwe Nava
leons Ul. mit der Frage: Glauben
Eure Maiestät, daß viele Beamte der
französischen Nevubtit JhreEinladung
angenommen hätteni« »Glauben Sie,
daß es viele Beamte der Republit gibt,
die ich eingeladen hättes« war die siir
Hdie Schlagsert teit der Kaiserin cha
Italteriitilche un siir Pasli schmeichel
hafie Antwort.
— Ein Riesenrebstack besindet
in einein srangsischen Weint-er , e
en der Gemein omvidon irn even
ement Logere ge et. Er bedeckt einen
lächenramn von ungesiihr 600 Qua
atmeterz Seine Ernte beträgt tin
Fichted täurchgpäritälkich ilebst-to bis lsw
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130 Gall-wen Wein ergeben. W