Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 16, 1909, Zweiter Theil, Image 10

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Die verlorene Krone.
Roman aus dem Jahre 1866 von Henkiette v. Mekrheimh
Ln -L CI
w
«(10. waejnng.)
»Das ttt auch mein Wunsch, Vater
Bisher fand ich noch keine Gelegen
heit. Dir meine bestimmten Ent
schliisse auseinanderzuietzen.« Gisela
sah sehr blaß. aber vollkommen ge
faßt aus. Ihr war ordentlich eine
Last vom herzen gefallen, daß der
Vater nun von Königsecks Anwesen
heit in Waldftein wußte.
»Willst Du vielleicht barmherzige
Schwester werden?« spottete Gras
Wall-strick .Hat Dir das Pflegen so
gut gesalban
»Aber. lieber Graf, Sie sind wirk
lich etwas hart mit Ihrer Tochter«.
mischte sich die Erzherzvgin Albrecht
ein. »Sie sollten doch froh fein, daß
Gtsfin Gifela ihre Pflichten so ernst
nimmt. Jst das nicht besser« als den
ganzen Tag Unsinn zu treiben, Cigas
retten zu rauchen, Blumen zu pflü
cken und seinen ernsten Gedanlen im
Kopf zu haben?«
Erzherzvgin Mathilde machte ihrer
Stiefmutter einen tiefen Kains.
»Die gnädige Frau Mama bat recht,
ich bin halt ein unnützes Kraut!
Aber ein bissel singen kann ich doch
—- außer dem Unsinn treiben.«
«Wsllen Sie mir nicht das Lied
vor-fingen, um das ich Sie vorhin bat,
Moll-ARE fragte König Ludevig
schnell.
«Gern. Gifela begleitet mich.
»Was willst Du singen, Mathil
de?« mischte fich die Erzherzogin Al
brecht sofort wieder ein. »Meistens
wählft Du Lieber, die Dir gar nicht
liegen, oder deren Text wenig pas
send für eine junge Dame ift.«
König Ludwig zuckte neroös zusam
men. Seiner fenfitiven Seele that je
der Mißilang weh.
·Komin, Gisela!« bat Mathilde
·Geftatten Königliche Hoheit?«
wikxndte sich Gisela an Prinzeß Frev
ri e.
»Bitte sehr·" Die Stimme der
Prinzesiin klang kalt. Um ihren
Mund laq ein aeiwungeneö, förmlich
eingefrorenes Lächeln. Die Verftim
mang, die fie empfand, steigerte sich
mit jeder Minute. Es lam ihr vor,
als wenn ihr Vater und sie felber in
diesem fremden, bunten Saal nicht
die Rolle der Festgeber. sondern die
wenig keachteter Giifte spielen müß
ten· Die Abende in herrenhnuien
traten vor ihre Seele. Damals lei
tete nnd belebte König Georq allein
die Unterhaltung, alles, was gespro
chen und gethan wurde, hatte auf
ihn Bezug. Hier aingen die Stim
men wirr durcheinander-, fo daß er
bei seiner Blindheit gewiß kaum fol
gen konnte. Die erzherzogliche Fa
milie hatte nur Augen und Ohren
für Köniq Ludwig. Graf Hallerinund
hing an Giselas Lippen, oder fiibrte
mit Gras Waldftein Gefpräche über
die preußische Cinauartirung, ein
Thema, des den entthronten Kisnig
peinlich berühren mußte. Er saß denn
auch stumm in feinen Stuhl zuräckge
lehnt da und verrieth mit teiner Miene
seines blassen. abaespannten Gesichts,
ob , ihn das Gesprochene interefsirr.
Um liebsten hätte Prinzeß Fredrile fo
grt das Zeichen zum Aufl-euch gege
n.
Aber da fing Giselg bereits an zu
spielen. Natürlich Wagner-! König
Ludwig schwärmte ja fin diesen Korn
poniften.
Mathilde stand neben dem Flüaeh
das Gesicht ins Innere des Saales
gewandt stimmte fie die wunderbare
Erzählung Lohengrinö an:
»Jn fernem Land —
Unnahbar euren Schritten —«
Obwohl für eine Männerstimme
lomponirt, küßte der überirdisch schö
ne Gesang, von der weichen, sriihlingsi
frischen Mädchenstimme nehmqu
nichts von seinem geheimniszvollen
Märchenzauker ein. Sie sing mit hei
ßer Andacht, mit voller hingabe.
König Ludwig versanl in Träume.
Seine Phantasie zauderte ihm wun
dervolle Bilder vor. Hoch oben, in
die Felsen hineingebaut, schroff zum
Sommerhitnmel aufragend, stand die
Grollqu mit ihren schimmernden
Zinnen und Thüren, ihn selber um
wallte der weiße Mantel, die goldene
Mian blinlte darunter, an feiner
Seite llirrte das Schwert, mit dein
er die bedrängte Unschuld fchirrnen
loollir. Leise glitt sein Kahn, von
Schwärme gezogen, iiber den dunklen
See —- das Schilf fliisterte.
In der Musik wird jeder Begriff
stets Gesiilsh Darum lebte seine plmni
" FIIMLI Seele so ganz in dieser Kuan
need flammte zum hellsten Enthusias
, W Fiit den Meister auf, r diesen
— » Zauber in noch nngehörten Melodien
nd Märchenbildern schuf. Ein Won
seteschaner durch-rieselte ihn in dein Be
I sein, diesem Genie zum Siege
lfen zu können. Jrnmer hist-er
eine Gedanken im unermeß
1 eisi der Wut-nd sie schul
M Schlüssen in dem er seinen
W dienten Ausdruck gab —
fme rgen, tief in den Ver n
, , . ts- nieenecnd feine hei ig(
- lett. feine heisses-even Rei
W ZU n mußte
-...- - Mär-Hättst welches-i
- - e n o«
) »Ist-It sp. ask Isar
wis
ftens annähernd die geheimen See
lentöinpie, den Wxtdegang dieies ge
nialen Künstlers durch feine Musik
begriff —
,,J.tcein Vzter Parzival ttith seine
Krone,
Sein Ritter ich ——— bin Lohengrin
genannt.«
König Ludwig schreckte aus feinen
Gedanken auf. Er nahm die Hand
der Sängerin und preßte seine Lip
pen auf das feine Gelenk. ««- eh dan
te Ihnen für diese Stunde, athilde!
Sie empfinden die göttliche Schön
heit, den tiefen Weltscknnetz, der in
dieser Musik liegt, mit mik?«
»Sa. Wenn ich diese Melodien
singe, vergesse ich alles andere, sie tra
gen mich fort in unermeßliche Fer
nen.« Jn ihren Augen glänzte die
selbe Begeisterung wie in König Lud
wigs Blicken
«Erzherzogin Mathilde trat mit Kö
nig Ludwig etwas mehr in den hin
tergrund des Saales, während Miete-,
um sdas leise Gespräch der beiden
nicht zu stören und die Aufmerksam
keit der anderen von ihnen abzuleu
ten, in die fchwermiithige Melodie des
Pelgetchors aus dem Tannhäuser
Eber-ging. , «
»Ja meiner Familie. in meiner
ganzen Umgebung ftebe ich allein da«,
fubr Könia Ludwia melancholisch
fort. Alle reden mir von meinen
Regentenpflichten vor, meine Armee
soll ich vergrößern. Re ierungsge
fchäfte erledigen. Mich erfaßt solche
Ungeduld bei ihrem Drängen. Die
fen Menschen die nichts von mir be
greifen, immer nur von mir fordern
foll ich mich selber anferti? Jch tann
und mag von diesen Dingen nichts
hören. Wenn ich mein Etdenweri,
meine Aufgabe wie ich sie verftebr.
vollenden soll, iann ich nur aus mei
nem tiefsten Inneren die Kraft dazu
gewinnen Von außen regt mich alles.
nur zur Bitterkeit auf. Einft glaubte
ich eine Frauenfeele gefunden zu ba
ben, die gleich mir nach hohen Zielen
ftrebte — es war ein Wahn. Kannen(
Sie es verstehen daß mir jetzt nur
noch in der Einsamkeit wobi ifti Mit
meinem Volk in den Bergen veriebre
Befewq Fiir das iff ein Theil meines
offenbar. Meine Bauern,;
meine Jäger lieben in ibrem König
den Mann der mit ibnen fühlt, der
gern in irgend einer Almbiitte mit ei
nem Bund heu und einem Glas Milch
zufrieden ist. Aber gegen das andere,
das äußere, rein materielle Leben, das
fich mir beständig aufdriingen will,
muß ich mich ftets vertheidigen. Aus
meinen Beziehungen zur Welt, deren
Wesen sich meinem Wesen oegeniiber
immer fchmerzlicher, trojiiofer fühl
bar macht, trete ich immer bewußter
und bestimmter zurück. Sehen Sie,
Mathilde, das ifi der Riß, der durch
mein Leben gebt! Ich bin Künstler,
obne eine Kunst ausüben zu dürfen.
Das Schicksal stellte mich auf einen
Plan, von dem aus i für die Ge
famrntbeit wirken fell, und aab mir
dabei den tiefsten Hang zur Einsam
keit· Jcb suchte eine Seele und fand
nur einen leeren Körper. Ein Jer
lichtertanz des Wollens und Wähnens
ift das ganze Leben; dazwischen ge
ftreut find feelenlofe Tage mit wider
märtigen Geschäften und steifer Ett
tette ausge iillt ·
König Ludwigs blaue Augen bat
ten einen fo düfteren, nach innen ge-«
richteten Ausdruck angenommen, daß
Mathilde erschrak »Aber Ludwi!
— Daß Sie sich des Meisters Richar
Wagner angenommen haben, daf; Sie
der einzige sind, der dies Genie be
greift — das dankt hnen die Welt,
von der Sie mißver anden werden,
doch noch einmal. «
i
i
l Das Gesicht des Königs kiärte sich
auf. Seine Blicke ruhten auf der
zarten Gestalt MathildeT die wie der
Frühling selber ji«-n unter ihrem
Blüthenkranz anliichelte. Ja, sie war
fchiin nntnuthig und begehrenswerth
Gab es wirklich kiir ihn, den verbitter
Eten Sonderling, den einsamen Träu
·mer, doch noch ein volles irdisches
TMenfchengliich verklärt durch die
-Poesie. geweiht durch ein großes-, ge
meinsames künstlerisches Streben?
»Mathilde — ich glaube, Sie könn
ten mich verfiel-n lernen!« Seine
Blicke tauchten tief in die ihren. Er
las darin eine lo heiße, hingebungs
voll Liebe, daß ein Schauer von
Wonne und Weh ihn durchriefelte.
Sie waren beide fo im Bann die
fer Stunde, daß fie es kaum bemerk
ten, als Giiela Waldftein den liigel
verließ und fich der ganzen feil
fchaft eine gemier erwartungsvolle
Unruhe bemmächtigte. Alle merkten
dein König Geer deutlich feine Er
fchiipfung an un wagten doch nicht,
Mir-i Ludwia zum Aufl-euch zu ver
anla en.
Sein Udiutant faßte fich endlich ein
Vefrz nnd-meldete den leit lange vor
ge almnen
König Laing faßte fich fchnells
Gut —- ich komme.— Not ren früh
rette ich mit der Kaiferin ltfabeth.
Sei-ließen Sie fich uns an, Mathildek
Die jungev Erzherzogin fah ihren
Vater fragend an.
Gen-iß —- ivenn die Laierin fo
kütig ts· Dich nutm sen beteil
Esel-tm IIM
.
!
I
I
»Ach, wie ich mi sreuel Wenn
es doch schon morgen riib märel«
König Georg verabschiedete sich
sehr freundlich von seinen hobe- Gä
sten. Prinzeß Fredrile blieb steif.
Gisela empfand das deutlich. Die
Prinzessin gab ibr betete nur sliichtig
die Hand, während sie sich bisher nie
ohne Umarrnung von ihr trennte. Sie
oerabredete auchJein Wirt-ersehen fiir
den nächsten Tag.
Die Erzberzogin Mathilde bemertte
nichts davon. Sobald sie mit ihren El
tern zu Hause angekommen time-, ver
suchte sie, mit Gisela rasch zu ent
sschliipfen
Aber die Eriberzogin Albrecht ver
hinderte den Fluchtoersuch Die arme
Kleine mußte erst eine endlose Stras
rede über sich ergeben lassen. »Das
unpassende. viel zu dreiste Benehmen
gegen König Ludwig, das unerhörte
Cigarrettenrauchen, das alberne Klim
pern mit den Glöctchen war geradezu
empörend!« zanlte die Stiefmutter-.
Mathilde widersprach mit keiner
Silbe. Sie ließ den Wortschall über
sich hinrauschen und war srob, als sie
nun endlich geben durfte.
»Die-mal wagte sie nichts einzu
wenden!« triumpbirte die Erzberzos
gin Albrecht, als die Stiestochter ver
schwunden spar.
Der Crzherzog machte ein unzufrie
denes Gesicht. Trotz seines stets stei
fen, strengen Wesens liebte er irn
Grunde seines herzens die reizende
Tochter innig. Er war nur zu be
quem, um dem gebiissigen Benehmen
seiner Frau energisch entgegenzutre
ten. Jetzt schmeichelte ihm das essen
bare Wohlgefallen. das K«nig Lud
wig an Mathilde nahm, ebe. Sie
als Königin zu sehen, bötte ihn den
vom Schicksal versagten Sohn ver
schmerzen lassen. Er tbeilte diese Zu
lunstbosfnungen der Gattin mit« aber
die schüttelte ungläubig den Kopf.
aKönig Lader wird nicht solch ein
lindilches Ding. wie Mathilde ei ist,
beiratben! Die und Königin —- zum
Lachen!«
; Die nebenstvurvtge Stiefmutter
Tgönnte der Tochter tein Glück, vor
allem aber teine Stellung, bei der
diese einen viel höheren Rang wie sie
selbst eingenommen hätte. J r schar
ses, in unzählige Fältchen zerknitters
tes Gesicht verzog sich sörtnlich zur
Grimasse vor Aerger. In ihren bunt
len Augen lag ein bitterböset Aus
druck.
»Das würde auch die Kaiserin gar
nicht zttgeben', fuhr sie erregt fort.
»Erst tiirzlich ist die Verlobung dei;
Königs mit ihrer Schwester aufge-;
löst worden und —"
»Im Gegentheill Elisabeth wiinicht
dringend, daß König Ludwig heira
thet. Sie sieht in unverändert(
freundschaftlicher Beziehung zu ihm.
Sein ietziger Besuch beweist das am
besten.«
»Dieses aanze Wittelsbacher Haut
ist exzentrisch«, meinte die Erzherzo
gin. »Sie werden noch einmal ihre
Verschrobenheiten büßen. Die Kai
serin reitet den halben Tag Pferde
zu, Könia Ludwig entwirft Bau
pläne und lorreivondirt mit feinem
unvermeidlichen Richard Wagner iiber
den Opern, wenn er sich nicht in tief
ste Bergeiniamteit vergräbt. Für
Mathilde wäre die Heirath mit einem
la phantastiichen Mann geradezu ein
Unglück. Ihre überspannten Nei
gungen müssen gediimbst, nicht be
itiirtt werden«
»Diese Verlobung wiire aber mein
größter Wunschl« beharrte Erzherzog
Albrecht.
Niemals wird die Heirath zu
Stande lomtnen — das prophezeie ich
Diel« antwortete die Erzhertogin bis
sig und rauschte zur Thiir hinaus.
»Armer Liebling! bat sie iehr ge
icholten, die allergniidigste oder auch
ungnädigsie Frau Mantels« fragte Gi
sela mitleidig. als Mathilde endlich
zu dem beliebten kleinen Abendplauich
zu ihr laut.
»Ewia lanq hat’i heut gedauert«,
lachte Mathilde. »Aber weißt, Gisa
— ich hab’ halt lein Wort verstanden.
Dat ging alles wie ein Wasserfall
iiber meinen Kopf wes. Jch hab’ gar
nimmer binaehört.«
»Das Beste, was Du thun konn
test!« meinte Gifela. erbittert iiber
sie schlechte Behandlung ihres Lieb
inas.
«Sie«ist hatt ein Essai-um die Fkaul
Stiesmama. Heut that sie mir aber!
doch beinah leid. Sie ist so gelb, so«
verärgert und häßlich — an ni bat
sie Freud’, und den-. Deren pa
wär' ich auch grad nit allzu gern an
aetraut. —- Aber lassen wir die guten
Leuteln, Schayert —- Ach, war das
heut schön,Flisela! Nur Sonne —
nichts wie Donne, den ganzen gelin
. gen Taa lang.« Sie löste den Kranz
z aus ihren Haaren. »Den heb’ ich mir
auf. Die schönen herbstzeitlosen und
das rathe Laub.«
»Nein — nein, Mathilde«, wirs den
Kranz satt! Er ist jetzt well und
häßlich — wie ein vertrockneter Tod
tenlranz sieht er aus! Jus der Wiese
wachsen genug andere Blumen, und
an allen Bäumen hängen rathe und
gelbe Blätter.«
,,Solche aber nicht! —- Die hat Mi
nig Ludwig abgeschnitten.
»Ja —- dann freilich, Du siihet
Närrchen!«
-,,Gise1a, bitte — stelle die Eli-Ist
zeitlosen und das Laub ins er
—- vielleicht blitben die Blumen tote
det aus. Derssizeitlssen —- tvelch schö
ner Raine! So unver lingl singt
der, man tann Geda- en an hinnen
lange silberne Gedanken den« tote das
Mariens-r- aus den iesen.«
»Mit bilde, findest Du nicht, dss
.. jkx -.«—T,::- ’
usw-wiss kww IIINPHWN Eis-MA- --»- ,
dte Pein eß Zeederiie merkwürdig ver
iindert ist« ragte Gisela dazwischen,
während ge die wettet Blumen und
trockenen Eiter sorgssltig in einer
Glasschate ordnet-.
I «Wieso? Mir ist nichts aufgeteil
en.«
»Sie ist der-stimmt und seltsam ge
reizt.·
»Die arme Seele-! Sie bat auch
ein bartes Schicksal.«
»Gewiß, aber bier ist sie doch nur
von Freunden umgeben! Gegen mich
war sie heute geradezu unfreundlich
Mrmitthiich, weil ich die preußischen
Disiziere in Schuh nahm. Wie ein
eisiger Hauch durchweht es die Van
Braunschweig, wenn von Preußen ge
sprochen wird. Ur- der einzelne ist
doch völlig ichuldlos am Sturz des
Welienhauies.«
»Natürlich, aber -—«
«Aber? Wendeit auch Du Dich von
mir. Mathilde, wenn ich Dir gestehe,
daß ich mich während der Einen-arti
runa in Prag von neuem Königseet
angelobt dabei«
«Gisela!«
»a, Matbildei Mich und Kö
niasecl trennt nichts mehr. Wir hei
rathen, iodald er Rittcneiiter gewor
den iit. Ich din majorenn.'
»O Gisela —- und ich hoffte, Du
würdest mich niemals verlassen!«
aSollte ich mitgeben. wenn meine
»kleine Erzderzogin vielleicht —- Mini
ain wirdi Wie gern hätte ich das ionit
gethan, aber ietzt gehöre ich mir nicht
mehr allein an und dars nicht srei über
meine Zutunit verfügen. Zu einer
furchtbaren Zeit, umgeben von Ster
benden und Todten, haben Königsect
und ich uns versprochen iiirs Leben.
Solch ein Band ist unzerreißbar.«
»Ich weiß nicht. was ich sagen solt.
Jch weiß nur, daß ich Dich immer lieb
behalten werde und wenn Du wanzig
preußische Lieutnants heiratbe .«
»Nun, einer genügt mir — zwan
zig wären ein bißchen zu viel des
Guten! —- Mathilde, Du einzig treue
Seele, ja Du bleibst mir, auch wenn
meine niich en Verwandten mich sal
len lassen, er eigene Vater, mein ein
ziger Bruderi«—
»Dein Vater wird arg bös sein,
Gisa!«
L
i »Das muß ich tragen. Was trugeT
; man nicht gern, wenn man lieht!«
- Die Erzherzogin nicltr. Sie trat
! zu der Glasschale, in der die von Kö
» nig Ludwiq abgeschnittenen rothen
TBuchenbliitter im Schein der Lampe
glühten. Die herbftzeitloien ließen
sfckslaff und zerdrückt die Köpfe han
gen.
Mathilde tiißte heimlich die wel
ken Bliithen und das leise knifternde
diirre Laut-.
12. K a p i t e l.
Graf Waldftein, der vom Erzher
zog Albrecht zum Frühftiick eingela
den worden war, ließ sich erst zu Gi
iela führen, die gerade Briefe für ihre
Freundin schrieb, während die Erz
herzogin Mathilde im Nebenzimmer
Tonleitern und Uebungen fang. Seit
dem König Ludwig sich an ihrer ichs
nen Stimme freute, iibte die junge
Sängerin mit doppeltem Eifer
«Jch bin absichtlich früher gekom
men«, fagte der Graf, »weil ich mit
Dir zu reden habe.«
Gifela schloß die Thiir und räumte
rasch ihre Schreiberei zufammen.
«Wir sind jetzt ganz ungestört, Vater.·'
.Wsas sollten alfo Deine geftriaen
Andeutungen eigentlich heißen, Gi
felai Du wolltest mir Deine Zu
kunftspliine mittheilen?« Graf Wald
ftein nahm den ihm von Gifela hin
geschobenen Sessel nicht an, sondern
ging mit auf dem Rücken zusammen
gelegten händen in dem kleinen, mit
allerhand Kostbarkeiten, Rippes und
Blumen überladenen Raum hin und
her. »Was kannst Du denn iiber
Deine Zukunft bestimmen ohne meine
Eriaubnißi"
Gisela antwortete nicht sogleich.
Sie mußte immer erfi eine gewi e
nervöse Aufregung überwinden, e
sie dem stets harschen Vater geduldig
antworten tonnte.
»Willst Du mir vielleicht sagen, daß
Du zur Vernunft gekommen und den
Grafen hallermund heirathen willfi?«
höhnte der Graf. "
Gisela hob den Kopf· Ein verächt
licher Ausdruck trat in ihre Augen.
Miit-et dallermund wirklich diese
ginkiche Sache wieder aufk« fragte
«Dumrneg Zeug! hallermund ift"
mein alter Freund, und ich würde
dieie Verbindung sehr gern sehen. Er
gestand mir. daß er fchon einmal in
herrenhaufen um Dich angehalten
habe. Damals fpulten Dir ja ro
mantifche Ideen im Kopf, jett aber
. wirft Du hoffentlich verftiindiger ge
worden fein. Hallermund ift war
nicht mehr Minister, denn es gie t ja
lein Königreich hannaver mehr, aber
er bleibt ein reicher, unabhängiger
Mann. Jhr könnt auf feinen Be
sisungen in holflein lehr ans-nehm
leben. König Georg fchliefrt lich im
mer enger an feine Familie und fei
nen Adjutanten Kohlranfch an, ich
glaube also. er wird hallerrnund ieine
Schwierigkeiten in den Weg le en,
wenn der feinen Pøften ier verla en
will. Du machst alfp ie nfalls eine
ganz gute Heirath, obgleich hallet
tnunds Stellung natiirlich nicht mehr
fo glänsend wie frit r ifi.«
«Jch verzichte au diefe gute Par
tie und finde ei unerhört daß der
Graf noch einmal davon anfängt. Ei
bleib unwiderruflich bei dem, was
ich nr damals in herrenhaufen
fagte.
«Du bift eine Martin. aber meinet
f
wegen spiel bter die Dofdame weiter
und geh später mit der Erst-goals
Mathilde nach Wachen, toenn Intc
Ludwig das Quecksilber wirklich zur
Frau baben will.«
»Das thue ich auch nicht, Vater
Ich bleibe bei Mathilde. bis ihre hof
dome wiedergetommen ift, und geht
dann nach Prag zurück, um Dir Dein
Haus in Ordnung zu brin en.«
»Seht liebenswürdig D e Schlam
perei, die die Herren Preußen zuriicki
gelassen haben, bringen aber der Ka
itellan und die anderen Dienfiboten
fchon allein zurecht. Darum brauchft
Du Dich nicht zu kümmern. Man halt
mir ia fest beftänbig mein Unrecht
vor, daß ich Dich in Praa während der
Einauartiruna zurückließ. aber Du
wolltest doch selber dort bleiben
»Gewiß. und ich bin auch febi
glücklich. daß ich in jener fchrveren
Zeit dort mar.«
»Lieble denn eigentlich?«
»Weil ich pflegen und helfen lonn
te. Wie ich Dir fchrieb, batten unfere
Dienstboten volllommen den Kopf
verloren beim Ausbruch der Cholera.«
»Na meinetbalben —- aber folch
Aufhebens davon zu machen, dai
lohnt wirtlich nicht. Leri stand bei
Köniaariits im fluaelregem Wie leicht
konnte den eine Kugel zerschmettern
— dagegen liefe sich nichts thun, aber
vor Aufteilung lann man sich immer
hin einigermaßen fchiifzen.'
«Jch mache durchaus lein Aufhe
bens von meinem Ausharrem ich febe
das einfach als Pflicht an."
»Komm endlich zur Schel«
Giiela lannte die unbarmherzige
Härte ihres Vaters ihr gegenüber zu
nut. Wie oft hatte sie die als Kind
erfahren miiffen. während Leris dum
me Streiche unbeftraft blieben. Ein
zitternder Seufzer hob ibre Brust.
Um ihre Augen lagen tiefe Schatten
infolge der fchlaflos verbrachten Mich
te. ,Kiinigsecl war bei uns in Prag
einquartirt«, fing sie endlich zögernd
an.
— - cis-s. St- --ki«-» t---!4- II
»Ou- Wur us sinnst nur«-. un
erhört tattlos bon ihm, daß er nicht
sofort unser Haus verließ.
»Wie konnte er das, wenn sein
Kommandeur dort einauartirt lag?
Ich habe Köniaseck in den ersten Ta
aen gemieden, später trafen wir uns
am Bett der erkrankten Soldaten.
Und dann, Vater — sieh mich nicht
so böse an ———i ch bin seine Braut —
und lasse nie von ihm!"
»Vertiickt bist Dut«
«Sprich nicht so laut! Was soll
Mathilde denken?«
»Was ihr beliebt.«
»Vater, mich und Köniqseck trennt
nichts mehr. Am Todtenbett feines
väterlichen Freundes und Rom-nan
deurs haben wir uns fast ohne unse
ren Willelln wiedergefunden. Das
mußte so fein und —«
«Dummes Gewiisch!«
Eöniaseck läßt Dir sagen, daß er
auf mein Vermögen verzichten will.'«
.Will er dass Na, ob er verzichtet
oder nicht, ist mir sent gleichgültig.
Von mir betommt tein Preuße einen
Gulden österreichischen Geldes zu se
hen, und-wenn er zehn Prozesse da
rum anfängt. Darauf tann er Gift
nehmen."
Gisela verlor diesem hartnäckigen,
sinnlofen Eigensinn aegeniiber die Ge
duld. »Erft willst Du unsere Ver
binduna nur zugeben, wenn Königseck
aus mein mütterliche-I Vermögen ver
zichtet, und wenn er die Bedingung
eingeht, ist es Dir auch wieder nicht
recht. Was willst Du eigentlich?"
»Nichts mehr von der Geschichte hö
ren —- das will ich! Nach diesem
Krieg soll ich einem Preußen meine
einzige Tochter zur Frau eben, ihn
als Sohn in meinem hau e aufneh
men? Eher zünde ich Waldstein an
allen vier Ecken an.«
»Das wirst Du wohl bleiben lassen!
Außerdem würde mich das in meinem
Entschluß durchaus nicht beirren. Jch
bin majorenn.« .
«Troßde hast Du bis zu Deinem
sünsundz ztgsten oJahre keinen
Heller —- und auch dann gebe tch
nichts heraus.«
»Das kannst Du machen nach Be
lieben. Verllagen werden nnr Dich
nicht. Wir fchriinten uns lieber ein
und leben von Miniatecks Gehalt und
seinem kleinen Bemsgen.«
F—.
HDie rau eines pre- if
ziers beiTikt mein haust-II N
.Mach das rnii Deinem sen-i
ab. Vater, wenn Du mi version
willst. Du bqsi mich in reilich nie
gekiebi, eine Trennung wir Dir also
« niSbk schwer fallen —- und ich werde
es lernen, mich damit Zibzuiindern«
Und wo ioll die Hochzeit stattfin
den. wenn ich fragen darii Mir
ins Haus kommt der Bursche nicht«
«Borläufig bleibe ich noch bei Ma
ibilbe. Später reiie ich zu Königs
ecks Mutter-. Mein Werk-biet kann
ieden Tag eine Schwadron bekommen.
Er bai darum, in eine kleine Gomi
ion vers-It zu werden, weil wir dort
billi er leben können."
» ebr schön ausgedachii Und
wenn ich Dich einsperre, bis Du zur
Vernunft qekommen biiti"
»Oui« cis-it Du kein Recht Es giebt
Gebt iei Dank Geietzr, die mich schü
tzen."
»O Du —- Du!« Jn Miste-aimen
dem Zorn ergriff der Graf den Arm
feiner Tochter und ichiiikelie ibn rob.
Giiela biß die Zähne zusammen.
Ein Ausdruck unbeugiainen Tro es
irak in ihr weiches, reizendeö Gesi i.
»Und wenn Du mich halb iodi ichkiigfi
—- ich beirakbe Königseck doch!«
»Wenn eriken Augenbiick Deiner
Geburk an baik Du mir Unglück ins
Haus gebrachk!« f rie der diie Wald
itein außer sich. . äer Du doch nie
geboren worden, dann hätte Lexi ak
iein alles geerbi!«
T »Er wurde auch mit dem Ganzen
fertig werden!" fiel Giseln bitter ein«
Die Ungerechtiateit ihres Vaters trieb
ihre sanfte Natur zur Empörung.
»Was siir ein Vater bist Du mir mut
terlosem Kinde eigentlich gewesen?
Was habe ich fiir eine Kindheit ge
habt? Nichts wie Strafen. Mi hand
lnngen —- tisrperliche nnd seeli che —
mußte ich ertragen! Immer lollte ich
hinter dem Bruder zurückstehen, unter
seinem Leichtsinn leiden. Meine ganze
Jugend ist eine einzige Kette von De
miithigungen und Opfern gewesen.
Jest ist’ö aber genug, sage ich Dir!
Verstoße mich — ich gebe nicht Viel
aus. Meine heimath finde ich bei dem
Manne, den ich tiebe.«
«Geh nur —- gelr!" Der Graf war
plößlich merkwürdig ruhig geworden.
Er ließ Giselas Arm los. »Aber dann
reife auch so bald wie möglich- Wir
irr-allen hier leine Spione um uns ha
en.«
»Was soll das heißen?«
»Du wirft doch wohl mit Deinem
Herrn Bräutigam lorrespondiren! Die
herrschaften in Schönbrnnn und in
der Van Braunschwei ahnen das
nicht« sie lassen sich al o im Gespräch
gehen —- und das wird wahricheinlich
alles getreulich von Dir berichtet wer
den und tann viel Unheil stiften. Ich
werde dem Erzherzog Albrecht sagen,
daß es nicht mehr meine Tochter ist,
die bei der Errherzogin Mathilde Hos
dame spielt, sondern die Braut eines
Feindes.«
»Tbu, was Du willst! Wenn die
herrschaften daraufhin Deinen belei
diaenden Verdacht theilen, reife ich
agerdings besser so bald wie möglich
a .«
Gilelas Augen füllten sich mit
Thriinen. Viel schwerer als der
Zorn des Vaters traf sie dieser Ver
dacht, denn fie konnte sich der Be
fürchtung nicht verschließen, daß diese
ungerechte Vermuthunq getheilt wer
den lönnte. Man würde jedenfalls in
ihrer Gegenwart ängstliche Zurückhal
tung beobachten und jedes intimere
Gespräch vermeiden.
Der- Gesang nebenan verstummte.
Das heftige Sprechen des Grafen
Waldftein hatte die Ergherzogin Ma
thilde gestört. Sie llapote schnell
den Flügel zu, wars die Notenbliitter
inckdie Mai-be und schob die Thitr su
ru .
l Gortsehung folgt.)
Im Weißen Hause wird in Zukunft
jedenfalls eben so gut gekocht werden
etc bisher, aber vielleicht etwas weni
ger scharf gekürzt-.
Eine Frau wurde in Paris bestraft.
weil sie ihr Alter vor Gericht falsch
angegeben hatte. Die Galanterie in
Frankreich scheint auszusterben.
stattfiqu
St
www
Ich sag e -,hnen in dem Meis, in dem ich mich fett den-D
vertestcn nur otigim e Leute!« — Zählen Siesi auch das-Ps
ivisz Un sogar das größte Original!« —- xsy unter
lsutet inellen bin ich de: einzige Nichtstigiiiem —- qlso uabe ingt der
ictigiuellstrk