FAUan Nebraska Staats« Anzetger uned J cerold I 909. ( ·-kwei rThcil ) ummer 33. chneksäsiiisiz Erzähluna von A da v. Schmidt. .Wo die weißen Wasser plätschern ———« at die Leserin schon einmal Oster wasser geholt? —- Am Oster sonntag in aller Frühe — ehe noch die Sonne ihren Wetterleuch tungggang begann? —- Jn der srest schauernden Dämmerung? Ja? —— Nein? Osterwasser holen ist nicht leicht! — Man muß sriih ausstexm Mit Ham men Fingern hastig oilette machen —- mit einem Krug das stille Haus — Alles schläft noch —- durcheilenl Die Stiege knarrt —- Du fährst zusam men. Der Schlüssel rasselt im Schloß, die schwere Thüt dreht sieh lreischend in den Angeln. Die Hausthür! --- Du hist bestimmt noch nie um die Seit durch sie in die un eimliche, mit selt samen Schatten beebte Dämmerung getreten. Du schaut-erst —- sast entsiillt der Krug Deinen zitternden Händen! « Todtenstille ringsum —- und der Weg zum murmelnden Bach weit! Horch! —- neben Dir im Gebüsch leise Tritte «- es schlüpft hinter Dir her! s— Ein Waldschratti —- Ach, ein Vogel nur« den Dein Schritt aus dem Morgenschlas erweckte. Der seine Fe dern pulstert—— die kleine Brust wei tet zum Qsterchoral, den er aus voller Kehle anstimmen will. »Die Lerche ist’s, und nicht die Nachtigall!« Ganz fern schlägt ein lHund an ----- und ein zweiter antwortet. Du eilst —- unter Deinen Füßen fplittert Eis. Der Nachtfroft hat jede trübe Lache mit schimmernder Glas scheibe iiberzogen, die mit schwingen dem Ton in tausend Scherben zer schellt. Da endlich —- der murmelnde Bach! -— Erst vor Kurzem hat er des Win ters Bande —- den Eis nzer ge sprengt. Jeht plätschert Welle « fie spült an den Schollen, die immer wieder, vom Nachtfrost unterstund am User anfrieren Sie nagt und quirlt—sie laugt und gluetst —- und die Schalle bricht —- die Welle trägt sie, triumphirend, stromab der Sonne entgegen! Am Ufer des Baches liegt noch Schnee-— am Gründonnerftag gefal len, denn es ist Sitte bei uns, daf; der griine ein weißer Donnerstag ist. Aber, heimlich zwischen den Laien, die der Schnee breitete, tlingelt es — —- Märzenbecher —- Schneeglödchen auclen aus dem bräunlichen Griin und läuten das Ofterfest ein! Nur Du bist still! ganz ltilll s-— blickst Dich zum Bach —- fiillst Deine Kanne —- trägst sie heim ----- schwei gend —- doll Osterwasferl Wenn Du vor Sonnenaufgang, am Ostersonntag, vom murmelnden Bach es holst -—- allein —- ohne einen Laut von Dir zu geben —- nur dann ist es Osterwasser und hat seineMachtl Sonst tannst Du’s weggießen, es ist nichts! Doch wer feine Kanne schweigend heimträgt — der trifft das Gliiet « die Liebe — den Zutiinftigenl Wer sich damit wäscht. wird schön! Wer, davon trinlt, wird tlu —- reich — —gewinnt Macht — Ein lusz —- Stel lung. turz das, was ein Jeder, eine Jede eben Glück nennt! Aber es ist schwer, Ostern-offer heim zu bringen —- unheimlich! .Plapperwasfer« nenne-us die un artigen, jungen Leute im polnifchen Dorf —- lie behaupten, von isten «Schähen brächte teine das Kunsttiiel fertig, vom fernen Bach Osterwasser zu holen, ohne zu plappern. Sie lauern — wenn in der fahlen Dämmerung die Mädel mit den flat ternden, rothen Wollröäem den eilig geflochtenen schwarzen Zöpfen —— das Kännchen in der Hand, Osterwasfer holen. Sie necken sie — fragen — ver locken sie zu reden -—- und ach, nur wenige unterliegen nicht der Per fuchung ——swenn nicht aus dem Hin-, dann um so sicherer aus dem Riietwegz «Dzie boer -—- Panna starr-a — Doch schweigend schreitet die Schöne vorüber-, sie will Qstsertvasser nicht Plapperivasser holen. Der streicht sich den schwarzen Schnurrbnri leck nach oben und denkt: Noch ist Polen nicht verloren. Doch oben das Staeostenschlosz ist start aus Abbruch — Pan von Dom broiowiln läin nichts eenovieen, weil er lein Kleingeld bot. Die schwere Seide der Möbel schliht —- ab und zu bricht keuchend ein Rotoloseisel zusammen, aber im Erlee zwischen blühenden Blumen list Daniech die eeizende Tochter. die bionde Korntesse, blond von ver deut schen Mutter, aber mii den seueigen, dunilen Augen bee echten Sol-matten Wo Daniela ist, " siehi man leine eerschlissenen Möbel, noch Spinn weben —- man blickt in ihre Augen — aus ihre zierlichen Hände und win zigen Füßcheni So thut der Rittmeister v. Hellberg, den das Remontelommando mehrere Tage in’s alte Polenschlosz einquar tirt hat. Er macht, wenn’s der tös nigliche Dienst erlaubt, der schönen Komtesse auf Mord den Hof —- am Abend lneipt er mit dem alten Schlachtschiihem der kein Preußenfres: ser ist —- bis in die Nacht hinein! Er gefällt Daniela —- er ist schnei dig, frisch und scheint zuverlässiger, als die eleaanten Windhunde, die, pa: riserisch dressirt, auf den Bällen der Nachbarschaft um sie ruin schivänzeln Die Herren auf th und tow, die ihr alle die Cour schneiden, und es alle nicht ehrlich meinen, weil ihre wür digen Vorfahren ihr nicht einen ro then Heller Mitgift übrig gelassen, sondern alles in Posen und noch radi taler in Paris verjeut und verjubelt haben. Ach, auch dieser meint es nicht ernst ——— so hieher er aussieht. Auch preu-: szische Osfiziere brauchen zum Heira then Geld —- sagte sie sich! Sie seuft tief! » Der Rittnieister neclt mit dem sporenbeivehrten Fuß ier ist noch im Dienstanzug) den tläss senden Terrier. Warum so traurig, Homtesse?« staat er. »Wer jung und schön ist, hat allen Grund, heiter zu sein« ---- er blickt sie verliebt an! »Ah jung und schön!" wieder holt Daniela verächtlich »Und lan uno gut!« vollendet der ritterliche Herr. i Der aite Pan-Gras in seinem Gichtk lessel lächelt. Dst aenug hört er der lei süßes Geplauder, aber es sreut ihn immer wieder. »Gehst Du morgen wieder Mao perwasser holen'«, sraat er nectend. -s— »Ur ist stiller Sonnabend heut’." Daniela steht entrüstet aus. »Na tiirlich! « Aber Du weißt, Vater, dasi ich nie Plavperwasser, sondern Osterioasser brachte!« »Was ist das?« sragte der Ritt ineister neugierig — und man erklärte den Brauch. »Der Tausend !—— und das brin gen Gnädigste sertigt ——-— ’ne halbe Stunde zum Bache hin —- ’ne halbe zurück —- macht ’ne geschlagene Stunde s— und man bloß um lastes Wasser zu holen. Die blonde Daniela ist lebhaft und siihlt sich aetrossen. »Was denken Sie von uns, mein Herr von hellberg, glauben Sie, wir Mädchen sind so schivahhnst. das-, wir nicht eine Stunde schweigen können, selbst wenn uns Evas daran liegt?« »Und wenn wir dadurch unseren Zutiinstigen zu iehen triegen«, schal tete Pan-Gras ein aber man hörte ihn nicht. »Nun —-- niin«, begiitigie der Ritt meister. »Man sagt so --—« »Man sagt so vielleicht von deut schen Mädchen, von Polinnen nicht — — wir haben Charaiter—--was wir nicht wollen, thun wir nicht!« Der Nittmeister richtete sich zu vol ler höhe aus und zo mit einem Ruck seine Ulanla glatt, si- daß man seine samose Figur bewundern konnte. Er siihlte sich in Schwestern. Cousinen und zahlreichen, ersten Lieben belei digt. »Was gilt vie Wette, Komtesse, daß auch polnische Mädchen nicht schwei gen iiinneni Sie sagen selbst —- die Burschen hier bringen ihre Schähchen stets zum Reden!« »Man auch sein, daß viele Politi nen nicht schweigen tonnen —- ich aber tann rei« ries Daniela hoch miithi . «Al o es gilt«, ries der Nittmeister mit blihenden Augen, »wer behaup tet - -— muß beweisen!« aWie soll ich beweisen, mein Herr -— wenn ich Osterwasser holen werde, lieaen Sie noch im tiefsten Schlaf. — Mich versucht da auch niemand zum Sprechen zu bringen. Gaiii unbe telligt geht vie Panna Daniela iuin sernen Pachi« —- sast seufzte sie ein wenig. « »Wer weiß! Der tonmnme Dienst lockte mich oft schon eher aus den Federn. Also es gilt! Bringe ich die Gnädigste morgen früh zum Reden, Moan ich zum Andenken an die —- unvekgeszlichen Tage biet tden TektieeI Verliet’ ich, revanchire ich mich in Faßbendet’schen Moska pealincs, die Komtesse so lieben!« Er hielt ihr seine braune, sehnige Reitetsaust entgegen und sie schlug —- zöaeknd, mit ihrem weißen hind chen ein. »Es gilt, here Rittrneistert —- stei lich ts» unsait. zu wetten, wenn man des Siegei sicher ist!« .Na, na —- wek weiß, sitt wen sich das Schlachtenglück entscheidet« -— unt- ee Lüste, nach sestein Druck, die süßen Mngeechew Komtesse Daniela verschwand, « an Gtas aber und dee Neitekos iziet sahen einträchtig um den Gonczotek und schwangen den humpen edlen Eltern Hört ihr es leise raunen zur Nachts Die Blümlein heben die Veilchen sacht: Frau Sonne huschte vorüber am Tag Und küßte die kleinen Schläfer wach. «s ist Ostern, heraus ihr Veilchen blau, Jhr Skolar-, zu schmücken Flur und Au’, Jhr Primeln und Anemonen zart, Nun rüstet euch schnell zur OsterfahrL Der Frühling lädt alle zum Kommen ein, Ich bin sein Bote der Sonnenschein, Jch dringe durch alle Fensterleim Jn alle Menschenherzen hinein. Ruf allen zu von fern und nah: Macht auf, der Ostertng ist da. Will wecken alle· zur Fröhlichkeit, Daß jedes sich der Ostern freut. ! Ungarweins bis ties in die Osternacht hinein. — —- — —— Jin schicken Sporttleid, das ihrer geschmeibigen Gestalt vorzüglich steht —— sie hat heute mebr Sorgfalt als sonst auf ihre Toilette zum »Oster :vassergnng« verwendet —- huscht Da niela.die bedenklich inoriche Wendel treppe hinab —— und wie ein Geist des alten Gemäuers zur unverschlos senen Hinterthiir hinaus. s- Alles ift todtenstill ringsum! Sie tennt den Weg zu einer ande ren Stelle des inurmelnden Baches mit den schlüpsrigen Ufern, wo man Osterwasser holen kann. Hier kom men die Bauerntöchter nicht hin, in solgedessen auch nicht die Burschen, um sie zu iizen. Nein! —- hier ist's einsam und still! Daniela ist nicht schreckhaft, sie fürchtet sich nicht vor den raunenden Stimmen der Nacht. Sie. strengt die Augen an, die graue Dämmerung zu durchdringen ——- es bleibt stillt ——Riemand tornmt, wird —- umsonst ——» versuchen, sie zum Reden zu bringen ——« sie wird ihre Willenstrast nicht mal erproben müssen. Der ihr gestern schöne Re densarteu gemacht, ihr die Wette pro ponirt, schläft wie ein Murmeltbier in den Ostersonntag hinein —- nach der Kneiberei bis in die späte Nacht! —s- Ja, sie hatte wach gelegen hatte die schweren Tritte gehört, mit denen die Herren in ihre Schlaf-Im mer gepeitert waren. — Jetzt stund der Gouczoret im Speisesaal leer lud aus die Nagelprobei Zechten und jeuten denn Jlle Miiu uer? Sie truo sorglich ihre Kanne voll Osterwasser heiin!-—-«Und tein Mensitr tarn. «- Erst war sie stolz qewesen aber je näher sie nach Hause gelangte desto tleinmiithiger wurde sie. - Lieber sollte er nun doch kommen und sie versuchen »- als so anz uno gar sie und die Wette erschllasent Der deutsche Bär — der Barbar! — Er sollte nur tommen—-—jth brannte sie daraus, ihm diese Worte zuzurn sen, so recht gehässig und spitz — nnd· wenn sie darüber ihr Osterwasser - » ihr Glückswasser verlöre! l Lieber Gott-— was hatte es ihr an Glück gebracht, all die Jahre, von» Kindheit an —-- do sie g geholt - nno sie schäpperte ärgerlich mit dem Krnl voll deg kostbaren Naß! s Ans dem Schloß ihrer Väter würd-z sie bleiben, bis sie alt und grau ak worden, das war recht ehrenvoll s» nur ihr Ideal war’s gewißlich nicht und sie goß jetzt wirklich zornig die Hälfte ihres .Wasser sorti J »Warum das, Korntesse«. ertönte eine neckende Stimme hinter is, »Ioarum verschwenden Sie so ärg - lich das köstliche Osterwasser?« ! Da stand er grosz und breit in Jagdjoppe und Jagdmiiße —- frisch und vergnügt, wie mit Morgenthau betropst, als ob er schon eine Stunde im Wintermold unter schneeseuchten Aesten spazieren gegangen. Sie wollte aussahren und rufen-— »argernch -— mein Verr — warum ärgerlich« ——— aber sie besann sich »s: grüßte schweigend und ging weiter, er blieb dicht neben ihr! »Es war schön heute morgen«, be gann er. »Mit revidirte ich die Otter wasser holenden jungen Damen des Dorfes —- alle Achtung! —- schöne Mädels, die Polinnen -s— aber die Schönste fand ich darunter nicht.« · Ein strafender Blick unterbrach Ihn. »Die hätt’ ich beinah gar nicht ge «funden, da sie die Einsamkeit gesucht hatte. War das nicht gefährlich, Kom tesie, so ganz allein? —- Wenn ich Sie nun eher getroffen hättet« Wieder traf ihn ein sprühender Blick — schweigend. —- Was nahm er sich heraus! » «Alle Wetter! —— Das Schloß lag dicht vor ihnen. Er hatte sie wie ein Unsinniaer gesucht — nun blieb ihm inur eine ganz kurze Spanne Zeit sie zum Sprechen zu bringen —- sonst verlor er die Wette! « Er ichliingekte sich dicht an die stol e Schöne. »Warum gehen Sie Po ,ichnell, Gniidiaste. fürchten Sie die Probe —— scheuen Sie die Versu ,chung?« , Wieder nur ein vernichtender Blick aus feurigen, schwarzen Augen. »Sie waren ja Jhres Sieg-es so »gewiß, daß Sie kaum noch wetten wollten. Gehen wir doch ein wenig; langsamer und nützen unser interess iantes Rendezvous auH.« Jetzt sah sie ihn schon gar nicht mehr an. ; »Komtesse Daniela --— ich liebe’ Sie!« flüsterte der Rittcneiiter dicht in Das rosiae Ohr, das sich flammend roth färbte. Schweigend schritt sie schnell —- wie einit Rebekka mit dem Kruae in der Hand -——- auf das Schloßthor zu, das dicht vor ihr war. »Daniela«, rief er laut und faßte nach ihrer Hand, »lieben Sie mich nicht —- wollen Sie nicht meine tkeine Frau werden?'« Zerbrochen lag der sirua mit Oster wasser am Boden Daniela blickte den Mann neben sich aus feucht ver tlärten Augen an. —— Da laa das Osterwasser, das Gtiictgwasser in Den Scherben ———- aber aus seinen ehrlichen Zügen glänzte ihr das Glück unzer: brochen entgegen. Jst das wahr? fragten ihre Augen Ja es ist wahrt --- antworteten die feinen « und da sagte sie laut — »Jo." Und nun war das Osterwassee da unten am Boden im zerbrochenen Krug doch Plappekwasser gewor den —- aber durch das brockelnde Tbor schritt am Ostekmorgen eine glückliche —— Braut. ——-—. gichtrlesato Olierletierx. Novellette von K ä t he L u b o to H t i. Reich tvak Aenne Roten nicht« im Gegentheil. Aber sie hatte ihre fröhliche, goldene Jugend und von TanteAlbektatltosen 2.2() Mart Taschengeld pro Woche· Extraatis gaben, die Fräulein Albertas Ansicht nach zum guten Ton gehörten, wie jetzt z. B. das Festhalten des aller liebste-i Nichtengesichts durch einen jungen Menschen, der vielleicht in ei nem Dezennium einmal ein guter Photograph werden konnte, beglich sie großmüthig noch außerdem. Sie hatte Aenne auf dem ersten Gang be gleitet und gleich die Gelegenheit be naht. um auch sich ein bleibendes An denken bei der Nachwelt zu sichern. Jetzt saß sie daheim und wartete un geduldig auf die Probebilder, die Aenne auf-gesandt war zu holen. Sie waren aber immer noch nicht fertig. Aenne wäre sicherlich auf dem kürze sten Wege nach Haufe geeilt, um das Unglück zu melden, wenn sie nicht im Wartezimmer des Photographen eine Zeitung gefunden hätte, die eine für sie wichtige Annonce barg. Sie hatte sie eilig abgeschrieben und ließ jetzt, in dem gemiithlichen Stäbchen, noch einmal ihre Augen darauf ruhen. ,,Lediger Weißtopf sucht zum 14. i April für sein Rittergut eine williges Kraft, die gut kochen und vorlesen kann. Außerdem muß sie Interesse und Verständniß für alle in einem ländlichen Haushalt vorkommenden Arbeiten bekunden. Alte Dame (Mut ter) ist zur Belehrung vorhanden . . . Photographie erbeten und bei Nicht engagement zurück. Gehalt pro Quar tal 60 Mart. Möt, Rittergut Schwarzbach b. Kränchen.« Aenne Roten beabsichtigte ernstlich, sich um diese Stelle zu betverben. Sie war auf dem Lande geboren und be wahrte treu die Anhänglichkeit an al les, was mit der Freiheit zusammen hing. Tante Alberta hatte sie erst zu sich genommen, nachdem die Eltern gestorben waren. Und Aenne konnte den Müßiggang nicht länger ertragen. Sie wollte wenigstens versuchen, ihr Leben zu ändern, vorläufig ohne Wis sen der Tantr. Aenne erhielt an der Kasse das er betene Schreibmaterial und verfaßte mit ihrer schönen, klaren Handschrift einen langen Brief. Jhre Liebe für das Landleben quoll echt und frisch darauf hervor . . . so ungetiinstelt und sehnsüchtig, daß zwei Tage später die alte Frau Miit nach dem Lesen sagte: »Wenn es nach mir gehen dürfte Paul, so schriebest Du ihr um gehend zu. Jch glaube, sie ist ein Prachtmensch. Paul Mot, dessen weißes Haar in trafsem Widerspruch zu dem jungen Gesicht stand, zog ein wenig die Schultern hoch. »Wenn Du meinst, Mutterl ; . . meinetwegen. Man kann ihr ja nach ein paar Tagen wieder kündigen. Warten wir aber erst auf jeden Fall das verheißende ild ab, das uns direlt durch den Photographen zegehen soll.« Das Bild lam und gefiel beiden au ßerordentlich gut. Frau Miit schrieb noch an demsel ben Tage an Aenne Roten: »So lassen Sie’s und denn in Got tes Namen mit einander versuchen. Mein Sohn Paul läßt Jhnen sagen, daß am 14. April zu dem 4 Uhr-Zuge Fuhrwerk fiir Sie bereit ist. Er wünscht mit mir, daß wir während des lieben Osterfestes zusammen sind.« Tante Alberta hatte sich endlich da rein gefunden, ihre Nichte in die Fremde ziehen zu lassen. Vorher gab es natiirlich harte Kämpfe. Mit Thränen und vorzeitigen Gewittern, wie das im April nicht anders zu erwarten steht. Aber nun schien die Sonne wieder. Nun war Aenne oten am Ziel. Sie stieg aus unu hielt eifrig nach einem herrschaftlichen Kutscher in dunkelgrauer Livree, wie ihn ihre El tern gehabt haben, Umschatt. Aber der kleine Bahnhof wies keine Staats tarosse auf. Nur ein paar Leiterwa gen standen abseits und luden Ma« fchinentheilk auf und ein junger, flatt licher Herr lief mit enttäuschtern Ge sicht ärgerlich auf und nieder. Da gab sie resignirt ihre Sachen in Verwah rung und schritt den Weg herunter, den ein Weiser ihr als den richtigen bezeichnete Das lange Fragen war ihr verhaßt. Der Wagen war ausge blieben . . . verirren konnte sie sich nicht . . . also wozu noch Worte ver lieren! --— Rüstig und wohlgemuth schritt sie auf dem festen, grünen Fuß steg dahin und holte tief Athem, als wollte sie den Staub der Grußstadt aus den Lungen bringen. Es mochten laum fünf Minuten vergangen sein, als sie hastige Schritte hinter sich hörte , und bald darauf den, welchen sie vors « her ebenfalls enttäuscht gefunden, an ihrer Seite auftauchen sah. Der Fremde lüftete höflich den Hut und sagte in frischem Ton: »Wir haben wohl beide nicht das gefunden, was wir suchten, mein gnädiges Fräu lein.'« — Sie wollte zuerst fteif und gemessen sein, damit er eine Zurück weisung seiner Annäherung daraus entnehmen konnte. Aber dann stand sie ihm doch fröhlich Rede und Antwort. ,,Darin mögn Sie recht haben. Jch war zuerst ganz unglücklich über das Mißgeschick, daß ich keinen Wa gen vorfand, aber nun steu ich mich über den unfreiwilligen Spaziergang. Sehen Sie nur das zarte Birkengriin und die Saat . . . . Diese hier ist gut . . . . Ohne Mäuse und kahle Stellen.« --— Er betam ordentlich Re-: spett vor ihrer Fachkenntniß. »Aha, dachte er, »die berühmte Cousine vom Amtsrath Finis, die zwei Güter betvirthschastet.« —- Und — « -,W -.—.--.·— »W——-"-I wurde nun noch ein wenig vertrau licher Sie redeten noch dies und das und kamen sich schließlich so bekannt vor, als wären sie es schon jahrelang mit einander gewesen, und sprachen zu letzt vom Frühling, daß alles griin nnd lebendig würde und die Men schen mit, sofern sie nicht ein er storbenes Herz hätten. Der Fremde lüstete plötzlich seinen Hut: ,,Sehen Sie mein Haar an, dem allein hilft der Lenz nichts mehr.« Sie gewahrte, daß es weiß und voll sein Haupt umgab, und wurde ordentlich roth vor Schreck. »Wie ist denn das nur gekommen? Sie sind doch noch so jung.« »Es liegt so in unserer Familie. Jch war schon als Primaner ein we nig grau.« »Ich siirchtete schon eine schmerz liche Ursache.« Er sah sie an und dachte bei sich: »Wie ist sie nur liebreizend und an muthig, so etwas Entzückendes habe ich mein Lebtag noch nicht gesehen." Laut aber sagte er mit Lachen: »Nein. Es muß denn höchstens da von gekommen sein, daß ich heute ohne unsere neue Hausdame meiner Mutter unter die Augen treten muß. Jch mußte nämlich selbst auf den Bahnhos gehen, um zu erklären, wes halb sie sich nicht in den Landauer setzen konnte Die sämmtlichen Ge spanne mußten nämlich Chili holen.« »Wie sonderbar « meinte sie zö gernd. »Sie haben keine Hausdame und ich keinen Wagen betommen.« —— Er wurde aufmerksam. »Darf ich fragen, was das End ziel Jhres Spazierganges sein wird?« »Das Rittergut Schwarzbach.«' »Ach nein. Jch bin ja Paul Miit von Schwarzbach. Sie können aber doch unmöglich Fräulein Roten seini« »Warum nicht; gewiß bin ich das. Aber ich denke, Sie sind schon ein ganz alter Mann, weil Sie den Weiß ton so ausdrücklich hervorgehoben haben.« »Und ich habe ein Recht, zu glau ben, daß Sie eine ganz alte Dame mit einem Häubchen sind. Jhre Pho tographie war wenigstens so." Ein furchtbarer Schreck kriecht durch ihre Glieder. Sie hat den Photographen einfach beauftragt, ein Bild von Fräulein Roten umgehend an Frau Rittergutsbesitzer Miit zu senden. Wenn er nun Tante Alber tas Bild statt des ihren geschickt hättest Da liegt schon das Schwarzbacher Gutshaus mit der breiten, gemiithli chen Front dicht vor ihnen. Soll sie mit ihm gehen, seiner Mutter den Zu sanunenhang erklären, oder umtehren und eilig zur Tante zurückkehren? Er gewahrt ihre Blässe und das Zittern einer großen Verlegenheit. Ein warmes Leuchten steht in seinen Augen· »Kommet! Sie nur zu mei ner Mutter. Die weiß fiir alles gu ten Rath.« Die alte Frau hat denn auch wirk lich die Sache in Ordnung gebracht. Der Photograph trägt alle Schuld — natürlich. Sie streichelte ihr zärtlich die behenden Hände und sieht ihren Sohn an, mit jenem ahnungsvollem tiefen Blick, den er schon kennt. »Mus; ich nun wieder gehen?" fragt Aenne Roten mit einem schlecht unterdrückten Schluchzen. »Nein, mein Kind, Sie bleiben bei uns. Wir wollen ein fröhliches, gesegnctes Ostern miteinander feiern.« ,.Länger darf ich also nicht bleiben, gnädige Frau? Nur bis Ostern?« Da legte sie mütterlich den Arm um die jungen Schultern. »So istott will, länger viel länger » I-« Jahre und mehr — wie Jhre Vorgängerin. Nicht wahr, Paul, unter dem thun wir Mäts es nun mal nicht.« Aenne Roten ist plötzlich so warm und froh zu Muth, als wäre sie wies der daheim bei ihrer Mutter. Sie neigt sich über dies alten, weißen Hän de und tiißt sie. Und draußen er zählte die Sonne mit goldenem La chen, daß sie morgen —- am Ostertag —— über die Erde tanzen müsse, zum Zeichen, daß bei diesem heiligen Feste die Liebe an jedes Menschenherz tlopfe. Sprühwörter über Gmel-unt Wenn man Kindern ihren Willen thut, schreien sie nicht s- · Kinder, so schreien, am besten ge beiden. M If II Genäsch will Streiche. K. Bürger.