Bis ans Ende der Welt. Instit von Mariiuiliauv Bund-ern (1. FortsesungJ »Is. meine Schwesterl« entgegnete der Issistent, noch immer in seiner dumpfe-. setzweiselten Stellung, mit unverhehlter Bitterkeit. »Die Natur hat die Charakter bei ihr nnd mir of fenbar vertauscht. Sie hätte der Junge. ich das Möbel werden sollen.« »Ich wack« fuhr der Professor aus seinem verlorenen Sinnen aus. »Wenn man keinen Charakter mit aus die Welt gekriegt hat. dann züchtet man ihn sich. dann bildet man ihn sich heran mit Einsehung seines ganzen Willeni.« Er ging an den Schreib tisch nnd nahm wieder Platz. «Also hören Sie — ich werde Sie oon Jhrer Sipelschuld befreien.'« « Walde-nat schnellte aus. Ein war-s met Leuchten der Freude trat in seine noch eheiinennassen Augen. »Ach-" hauchte er, wie wenn er an sein Glück noch reicht glauben könnte. «Ein ,2lber' ist allerdings dabei.« beiseite Altdorf »Sie sollen mir die Adeess des Herrn sagen, an den Sie oie seit-tausend Mart verloren ha ben. Jch selbst will zu ihm, ihm eine Einignng aus dreitausend vorschla gen gegen die ehrenwörtliche Ver pflichtung. Schweigen zu bewahren und sich nie wieder in ein Spiel mit Jhnen einzulassen.« »Nein —- niemals!« stieß Ratten bnrg in dessen Blick der Glanz rasch erloschen war, hervor. »Lieber todt, als solche Blamagr. Und überhaupt: bei Obrer-schaben giebt es leinen hunder . Der Professor blies den angehalte nen Athem durch die Lippen; seine Stirn umwölbte sich wieder. »Mög lich. Ich habe nie — Ebrenschulden gehabt, mich nie in Spielerkreisen be wegt, weiß nur, daß das Gesetz eine Eintlagdarteit von Spielgewinnen nicht lennt," entgegnete er scharff ·Und ich dachte — in Jhrem Jn deresse s-, Jhr Kumpan würde lieber die häler des Sündengeldes nehmen, als das ganze einbüßen. Bitte, nn terbrechen Sie mich nicht!'« Er öffnete das Mittelsach des Schreibtischauf saiei nud nahm ein Checkbuch heraus «Jch will denn meinethalden den Mann auch voll bezahlen. Aber einei Bedingung bleibt oder richtiger zwei Bedingungen Erstens darf Ihre Familie niemals von dem Dienst er fahren den ich Ihnen leiste, und danns müssen Sie mir Jhr Ehrenwort ge ben, daß Sie nie wieder in Ihrem Leben eine Karte zu irgend einem Ha sardlpiel anrühren. —— »Wollen Sie da?« »Ich —- mein Gott --—« Waldemar o. Uottendurg druclste und druckste. Endlich brachte er’s mit einem An lan heraus: »Ich trau« mich nicht. dies Ehrenwort zu geben, weil ich fürchte. daß ich’s doch nicht halten« kann. Und wenn es auf alle Falles mal ein Ende mit Schrei-Im nehmen; muß, dann lieber heute als morgen.«« Jn Ultdorfs Blick trat der Aus dru- einer tiefen Trauer, und schwer stieß er den Kopf aus die Brust sin iem "SO-sckß er eine ganze Weilei schweigend da. Dann stand et auH trat dicht an seinen Assistenten beranz und streckte ihm beide Hände ringt-H gen. «Relnnen Sie mal meine hande, s Mut-arg Alle beide, die rechte und 1 die linke. Und nun will ich" —- festj dltelte er den Jüngling an, als giiltes es sittlich, ihn zu hypnotisiren «will ich, des ein Theil meiner Kraft zu’ Ihnen, in Ihr Blut, hinkt-Jerume daß meine Kraft hilft, Ihre Reife zu erwecken, den Widerstand gez-.- dia Sckslechie in Ihnen stark werden zu 1 . Und ich setze das Vertraiim in« ie, hören Sie wohl - das feste Vertrauen, daß Sie noch ein ganzer Kerl werden können, wenn Sie nur rechtschafer wollen. Wahrhaftiin Sie sind doch so begabt, haben einen guten Blick und einen scharfen Ver stand Sie können eg- sicher noch zu einer Zierde unseres Bei-used bkin sen. Weiden Sie die Kreise, die Sie Spiel und Laster verführen. W Sie sich an jene Jbrer jun Kplegen an, von denen Sie se a, - dsj sie vorwärtsstreben, und bunten Sie öfter in Jkren Muße Ivndes is neit, in meine Wohnung m Ivch in meine Privatilinit. Es Ge ist-see Neues zie term, nnd , M bleibe die hanpisachr. Je « II Ihr Wissen erweitern, desto Mir-Sie erkennen, wie ch FM ’ nächtig aller Zeitvertreib ist, set sichs irgendwie der Bildung un :- — Hex-I Geistes oder unserer Seele dient « —«UII M W Sk mit Jht Eh mä, daß Sie nie nieder eine J M anrichten wollen« ·i sie einem-« mannsiasien Ruck - LM Walde-nat v. Rotienbuea est-, von seinem hübschen Antli m Le ten eines heiligen «W«- « in Ohren-Mk Man so!« Der Professor klopf te ihm aus die Schulter und fiillte dann gleich im Steden Zahl und Unterschrift aus dein Checkblott aus, das er mit dem ihm eigenen raschen Griff abriß. »Hier. bitte —- Filiale der Reichibant.« Der Aisistent nahm das werth volle Stückchen Papier und drehte es verlegen in den Händen. Seins Gesicht zeigte wieder betiimniertews sast hoffnungslosen Ausdruck. »Ich —- es fällt mir ietzt etst ein, ich innn diesen großrniitdigen Dienst doch gar nicht a nehmen«, stotterte er. .Jch sehe tei Möglichteit, Ihnen das Geld in absehbarer Zeit zurüc zuerstattem Und ich meine — » »Die Möglichleit wird sich schon !sinden«, siel ihm Alt-dort ins Wort. »Komm Zeit. kommt Rath. Und Eile hat die Sache ja durchaus nicht Doch« —- er zog wieder die Uhr — »jett muß ich weg.« Er nahm den Hut Ins dem Schrank nnd ein Packet Zeitschriften und Broschüren vorn Tisch nnd ver ließ, gefolgt von Rotienburg. das Zimmer. , «Uebrigens«, fragte er aus der Treppe fast ein wenig beklommen, »den-en Sie in den letzten Tagen Nachricht aus Liebenstein2' »Ja —- gestern!« »Und-« — »Scheinbar befindet sick mein Va ter ganzz ausgezeichnet.« .Und wie geht es s—?« Der Pra fessor brach ab. Er brachte das nicht beraus, was er nach auf dem Herzen hatte. Und der Assiitent wußte. daß er es nicht liebte, nach Dingen gefragt zu werden, die er nicht von selber sagte. So stiegen die beiden schweigend die lehten Stufen hinab. llnten, vor dem Partal des Kran ienbauses, dem größten der Provin zialdauntitadt, wartete bereits Alt dorfs Wagen. Jm Thorbogen machte Altdorf nach ein-nat hakt. «Also gehen Sie und besorgen Sie Ihre Geschäfte, damit die Sache so rasch wie mög lich aus der Welt kommt. Und« —- wieder blickte er Waldernar fest an —- «ich oertraue aus Sie.« « »Ich werde mein« Wort heutan antwortete der Asiiitent mit freudi gem Stolz und beeilte sich, den schwe ren eisernen Tbotsliigel zu öffnen. Draußen schwenkte er mit schmilzt aer Verbeugung seinen steifen eng lischen Hut und aina raschen Schrit tes itber die Straße davon «- im Sei-ritt eines Siegerz. . Der Professor rief dein Kutscher das Wart «Klinit« zu und stieg rasch in den Wagen. Alt das Pferd an zeg —- es datte einen fchlanten Trab von reichlich Zwanzig Minuten var den fix-en Beinen —- suchte er sich eine der Zeitschriften die sämmtlich fach wissenschastliche waren, aus dein auf dein Stipalster neben ihm liegenden hausen heraus und beaann zu lesen. Aber bald ließ er die hand, die das hest hielt, lässig aus das Knie kerabsinten und blictte aedanlennw loren auf das buntbelebte Bild der Großitadtftrasze hinaus-. das wie die endlose Vorführung eines Einma tograpben an seinem traut-senden Auge vorüberiloa. «Sonderk-ar. daß fast alles Gute, das der Mensch in feinen- lurgen Le ben zzu thun Gelegenheit findet, Iei ne Hauntrrurzel im Egoisrnus bitt'» wurmeltc er. Mit eirekn ernsthaft forschenden Blick streifte Altdorf das bin-vie Glas des über dem Rücksitz in die Wagen waer eingefassenen Spiegeis, den er icon hundertmal als iiberfliiisig und störend bstte beieitinerk Mira wecerh okne daß sich bei der unauss Jeschtrn Inanspruchnahme des Was gene- jr Zeit dazu Jefxmden hätte. »Mei, der dn List, dich mit deinen dreimal-vierzig Jahren und deinem sgriesiämigzc Pfeffer-— und Salz bcrt in ein Mädchen zu vertiefen, das beinahe zwanzig Jahre jünger ist als du. dessen Vater dir atio zur thh abgeken tönntest.« Ein Bodenitedtscher Vierzriler, def Fien Bekanntschaft ihm am triihen jMorgen der Abtrifztalender vermit telt, und den er bei seinem grein )zenden Gedächtniß nach zweimali— nein Ueberiefen fest im Kopf gebabti jhattr. fiel ihm ein: H IDaß Weisheit nach der Armuth « strebt, shct man auf Erden oft erlebt, « Doch daß die Anmuth gern ihr Ohr Der Weisheit teil-L los-unt selt'ner M Klang das nicht wiö eilte- regelrech te Unrng hatte des-»Dort »ver lieben« ist einen Zwinger-, den ietne Untersebenen seen « n « ten« nannten. nicht berhmrpt einen mertwåtnkiäezh geradezu komischen iw s o Ezwinge vieh, Alter! Mach eisi- iesu Stki dato ver-es Lie Jeitram set u Veru; dir so » a Mr Deeintzwes I Eiskäkws Æ « - - » se f Altdorf versnchtr. sieh wieder in den begonnenen Artikel zu vertiefen, abese ganY zangebiihtlieh heiß ever es nn diesem sonnigen Junitage in dem engen. niederen Wagens draußen fluihetesdas Leb-en laut, lockend, ver wirrend. nnd das Herz war nun ein mal rebellisch geworden. — Mit einer mißlaunigen Bewegung warf der Professor die Zeitsssrisi zu den übrigen und überlkeß sich von neuern seinen Gedanken Ja, wenn er noch zehn Jahre flin ger gewesen wäret Stand er doch ans dem Standpunkt, daß der Mann zum Heirnihen nicht über die Deci ßig hinaus sein sollte in Rücksicht »aus die jungendiiche Beweglichkeit der stau und in Rücksicht ans den Rach :tvuchs, der nie lange genug von Ba teraugen bei-Eiter werden konnte. Und welcher Berusemensch wurde denn in der scharfen Frone, in der das Leben heute Nerven nnd Mus keln getrieb, noch iiber sechzig cui Sondetbar übrigens, daß er, so lau-I ge Zeit dazu gewesen wäre. nie Ehe-l pliine geschmiedet hatte. Oder auch nicht sonderbar! Seine Jugend, die eines Sohnes armer Leute, war eine äußerst harte gewesen. Von dem so unendlich näh lichen Talent. sich einzuschmeieheln. sich von Einslußreichen schieben nnd vorwärisbrinaen zu lassen, hatte er leine blasse Spur besessen. Jnnner hatte er ganz aus der eigenen Kraft genanoen Erst kurz vor dem Eintritt in die Vierer als ihrn in feiner Thätigleit als Oberarzt eines Berliner Kran tenhauses ein bis dahin nie versuch ter Krebsschnitt gelungen war. war fein Stern rasch nnd glänzend aufs gegangen. Die unerwartete, fo glück lich verlaufene Anwendung der von ihm ersundenen Overation bei einem regierenden Fürsten hatte feinen Na men als den eines hervorragean Chirnrgen in aller Mund gebracht in hellen Schaaren waren die Kran ten in fein Wartezirnmer geströinh Ehren und Geld hatten sich Tiber ihm zusanimengehäuit, und schließlich war an ihn der Ruf ergangen, arn ersten Kranlenhause der groPen Provinzialstadt, die gleichzeitig ei ne Vaterftadt war, die Leituna der äußeren Aktheilung zu übernehmen, mit welcher Stellung von alters her eine außerordentliche Professur an der Universität verbunden war. Wenn er diesen Stuf vor mehreren anderen, nicht weniaer ehrenvollen Anträgen den Borg-aß gegeben hatte, sso war es deshalb aechehem weil ihm ein star tee Heimathaeiiihl eigen war, und weil er seiner alten. in ihrem kleinen Vorstadthäuschen festgewnrzeltenMut ter den Lebensabend durch ieine Nähe hatte verfchönern und erwärmen wol-« len. Zu der Arbeit, die sein Doppel amt von ihm rrforderte, hatte er sich bald durch die Gründung einer ei aenen Klinit noch weitere Lasten aus gebürdet. Aber diese Privatilinit ging glänzend. warf ihm jährlich viele Tausende Reinertrag ab; und er, der völlig ausging in seinem Be ruf, war froh nnd glücklich in seiner angesapnnten Arbeit, die ihn in den Sielen hielt vorn frühen Morgen bis zarn späten Abend und ihm nur selten einmal eine Nacht zurn unge störten Durchfchlafern saft nie eine Stunde vergniialichen Ausruheni gönntr. Das heißt —- er war froh und glücklich gewesen — bis zu dein Tage. an dem er —- vor nun sechs Monaten — in das hanc des pensio nirten Obersten v. Nottenhura - rufen worden war und dort desfeen Tochter Julia kennen gelernt hatte. Auf den ersten Blick —- so lächerlich ihm das siir einen Mann in seinem Alter vorkam —- hatte er sich in die eS Mädchen verliebt; oh um ihrer liebreizenden Schönheit, unt ihres anspruchslosen Wesens oder um der hingebenden Sorgfalt willen, rnit der sie um ihren leidenden Vater ve rniiht war. hätte er selbst nicht sagen lönnen Von dem Tage anaher, an dem er Julia v. Rottenhnrg um ersten Male gesehen, war die her nie ern otundene Sehnsucht nach einem an deren, zarteren Glück. als ei die Arti iibuna des oft so rauhe-, schwerva len Arztdervfee zu bieten vermochte, nie mehr in seiner Brust zun Schweigen gekommen Und wenn auch da Ueberrnasr von Anstren gung, das der außergewshnlich lange nnd nasse Winter ihn- aufge packt. seine Leidenschaft gediinrpst, leichfanr betäubt hatte, mit dein rit-hling, dein sann n, lehenerwes ckenden, waren ihre muten nur innio steck-after in sei-ern herzen empor-geschlagen · Altdorf nahm den but ab und strich sich mit des haar- üvek diei . Stirn. : Ob er die Frage an due Schickiai wagte? Da es ihm io reiche Berufs erfolge beicheert, konnte ej ihm nicht auch noch den späten Segen einer giiickiichen Ehe aufgespert ha ben? Die Rottenburgs waren arm; und in dieser Zeit. in der die Mehr zahl det heirathöfiihigen Männer in erster Linie nach der Mitgift ish, würde Julic bei all ihren persönli chen Verziixn nicht gar zu viele Feier zur uswashl haben. « Wie ver Professor wußte, war nur ein einziger di, der sich let-haft um sie bemühte, ein reicher Bankier Na mens Kirrdorß dem feine sechzig oder mehr sJahre kein Hinderni boten, sich wie ein c u u- veu und dar die nnssö ist et, in der er sanende fiir n haer Meeuise Liebhaber-cito hinwarf, unaufhsrlirh Volk G Jedes are machen. Dieict gute sann aber hatte sieh. wie sicher itflstssvd fCFM seinen Koth von Ju lia v. Nottenbura geholt, tam also wohl iauni noch ernsthaft in Frage nienn er sich auch durch seinen ersten Abfall durchau nicht abhalten ließ, weiter mit der Leidenschaft einez Zwanzigiiihrigrn hinter Nr Erwähls ten seines setzens her zu sein. Jedenfalls überlegte Altdorf mit leiler Seihtiironir, rnit Kindorf würde er’s wohl noch aufnehmen können. War ihm Julia v. Ratten vurg, to oft er auch in daj Haus ihrer Eltern gekommen, nicht immer mit hetzlicher reundlichieit. Init sichtlichem Jntere e begegnet? Ge wiß —- ihre Freundlichkeit galt zu nächst dem anerkannten Arzt, von dessen Kunst sie auch Rettung fiir ihren tranten Vater erhoffte: aber wie sollte sie auch ein anderes Jn teresse an ihrn nehmen, da er sie ja noch mit keinem Blick hatte merken lassen, was sie ihm eigentlich war, wie lehr er an ihr hing-? Doch-auch kariiher wollte er sich teinen thörickp ten Ideen hingeben, daß ihm ihr Herz etwa von allem Anfang an ent aeaenfehlagen sollte — nein, solch ein Phantalt war er wahrhaftig nicht. Alles. was er irn günstigsten Falle wünschen und hoffen durfte, ging dahin, daß Julia ihm ihr Jawort ge ben würde, um bei ihm gut aufge hoben und gut verlorgt zu sein« und daß sie ihn im Laufe der Zeit lieb gewinnen, ihn noch lieben lernen : konnte. - Al der Wagen vor der Klinil hielt, fah der Professor beim Augitei gen mit prüfendem Blick nach beiden Seiten die Straße entlang. War es wirklich so oder bildete er sich's nur ein« daß die Stadt ihm öder und leer erschien, seit Julia nicht mehr in ihren Mauern weiltei Beim Betreten des Hauses über sab der Professor ganz den höflichen Gruß des dienstfertig öffnenden Wonneer Er dachte gerade: »Wie, wenn Du Dich nach Liedenftein auf: machtest, frei von allen Beruf-Ism gen und slasten, ein paar Wochen in Julias Nähe oerbriichtesi und in ei ner guten Stunde die entscheidende Frage an sie richtesti Es ist lange ber, dafe Du einmal ausgespannt Einsi. Die paar Wochen wären Dir wohl zu gönnen. Aus Deinen Ober crzt im Krankenhaus und Deinen Assiftenten und Deine Oberin in der Klinit tannsi Du Dich verlassen, und wenn wirklich ein besonders tnisfli cher Fall sich ereignen sollte, der Deine Hand erfordert, so bist To in den Thüringer Bergen ja auch nicht aus der Welt!« 2. K a v i t e l. Die mit etwas kräftigem Klang begabte Liebensteiner Kirchtburmabr schlug vier. Laut dröbnten die lang auseinandergezogenen Schläge über das liebliche Thüringer Luxugbsad dahin, und als sie an den uralten Bbchensiiulen und dem verfallenen Gerniiuer des Burgberges zitternd verballten, ließ der dicke Dosten-ell rneisker im Musitpavillvn an der Esvlanade den schon erbobenen Takt stock niederfallen, um mit dem ob ligaten, selbftkomoonirten Marsch» obne den er es beim Nachmittags coneert fast niemals that. die Nur giiste so melodisch wie möglich aus ihrem Verdauungsschlummer zu er meckern Bei den ersten schwangvoklen Tatten betraten die dem dirbschen Kurbaus seitlich ange liederte Be randa ein großer statt icher Sechzi ger, dem man troi seiner Neigung zur Korvnlenz den «ebemaligen Mi litiir aus den"ersten Blick ansehen konnte, aus seinen Arm gestiist eine kleine, zierliche Dame, offenbar seine rau, und binter den beiden ein junges, schlank gewachsenei Mäd chen, an dein in erster Linie das rei che, von einem einfachen englischen sittchen nur wenig verdeckte gold blonde haar ins Auge sprang Die drei traten an einen der dicht an die Brüstung gerückten Tische, und der herr fragte in ritterlich be orgter Weise die Dame an seinem rin, ob sie auch sicher sei, dasz et hier nicht ziebdn tviirde. Der Wind, der sich nach dem iiber Mittag nie dergegangenen Gewitter ausgemacht hätte. sei doch eigentlich start. Er wies dabei aus ie vor dem Musik vavillon gelegeue Fontiine. von de ren olirtscherndem Stra l lichtdurchs funtelte Tropfen bis t vor die Veranda sprühten. Uns das mitgebrachte Tuch deu tend, verneigte die Dorne rnit einein schschternen Lächeln, das ihrem sei nen. blossen, von grauem daar um rasnnten Gesicht einen lflosen« fast tindlichen Ausdruck ver iet Isan nahen alo Plas. Schon tarn der vetraerte ueuner wie eine S watbe beweise schotsen und machte, ie Serviette bet dent Arm schlagend sein schönstes Kom Meist Der here Oberit befebkn wieder drei Schotaladf und eine Tari’n?« " ; Des Ganymed hatte einit drei Monate in der schönen Kaiseestadt an der blauen Donau servirt nnd versu te nun in Bartschnitt nd Dialet den »in-richtet Maria« zu lrrmrtiren; saß ihm die ange zstamrnte sächsighe «Gemiethiichteit« i riet zu tief un lat als daß sie nicht «'bei jeder Silbe und jeder Gebarde durch die Ssterreichische Tiinche hin zduggeleuchtetha hätte. Oberst v. Rattenburg blickte —— erft seine Frau. dann feine Tochter nur unsicherer-r Schemen ein an. chit. das ewige süße. estabbrtge Zeugs Ich fähle mich heute fo fa rrros, daß ielfi eben wieder inat mit einer vernünftigen Tasse Kasse wa aen könnte. Hab' ohnehin einen wahren Heißhunger drauf.« Frau v. Rottenbura nieste zustim nrend, mit fliichtigen Aufleuchten in den noch immer schönen. aber fehr müden Augen« die lebhaft athie Augen ihres-Sohnes Wall-ernst er innerten. Julia aber legte ihrem Vater über den Tisch hinweg die fchsrsale, in weißem Glaceleder steckende Hand auf die Rechte und bat: »Nicht doch Papas Du weißt ja, daß Professor Altdorf Dir den Kaffee streng ver boten hat, und auch der Badearzt —-" »Natürlich-, fiel ihr der Oberst brumrnend in die Rede. »tei.nen Aaffee. keinen Tabak. keinen Berg! Das beste ift, ihr fett rnich in einen Glastaiten und ernährt mich durch zwei Röhrenleitungen mit Georg auelle und Milch.« Er baute unter dem sanften Händedruck feiner Toch ter ärgerlich die Faust nnd tniff die Lippen so feft zusammen, daß der bllichige Schauer-hart sich melancho lifch abwärts sorg. Als Julia ihm aber noch inniger und flehender in die Augen fah» sagte er daeb zum Kellnen »Alte- tvie gewöhnlich.« CFortsetzung folgt.) Cssen Istr zuviel Fletsche J Von Tr nied. »U. such-old. Obwohl die Klagen über die schlech ten Zeiten immer lauter und allgemei ner werden, ist der Verbrauch des Fleische-» des tbeuersten unter den Nahrungsmittelm beständig im Stei gen bearissen Nicht bloß in den Städten, auch aus dem Lande herrscht unter den breite sten Schichten der Bevölkerung das Bestreben, sich möglichst ost und mög lichst viel Fleisch zuzuführen. Man geht dabei von der Ansicht aus, daß das Fleisch eine Krastnahrung ersten Ranges sei. die den sich im Kann-s urns Dasein ausreibenden Körper besonders rasch wieder stähle. die ihren Genuß erlausenden Geldopser seien deshalb nöthia und wohl angewandt. Nun ist durch die neuesten Ausbe bunasstatistilen aber erwiesen, daß trotz Pelchränlung der Arbeitsteit, tros der besseren hhaienischen Verhält nisse und all der vielsachen Arbeiter schiineinrichtunaen die körperliche Tüchtiateit und Widerstandgsiihialeit mit dein Steinen des Fleiichvers brauchs nicht zugenommen hat. son dern auch aus dem Lande geringer ge worden ist als zu den Zeiten. wo man dort noch in der hauptsache von Ge miise, spiilsensriichtem Milch, Mise« Schwarzbrat und Mehlsvsisen lebte und nur leiten ein Stiiet Fleisch aus dein Tisch sab. Das aibt zu denlen und leat die Fraae nahe: Wird vielleicht nicht doch die Bedeutung des Fleischaenusses start überschöth Ver Körper braucht bekanntlich tu seiner Jnsiandbaltuna sowie zur Pil dunq von Kraft und Wärme eine ge wisse Tages-nenne von Nährstostem und seoar hat ein mittelschwer arbei tender Mensch nach den noch heute aitls tiaen serechnunaen der älteren Physio logen außer Wasser und Salien 4 Un zen Ein-eisi. 18 Unze Fett und 1 Pfund Kohlenhndrate nöthig. Sehen wir uns. obne an diesen Zahlen zunächst zu rittteln, die Zusam menseßuna der beliebtesten Fleischsor ten an. Es besißent Rindsleisch W Prozent Eiweisz, 7 Prozent Fett. 1 Prozent Satze, 72 Prozent Wasser: darninelsleisch 18 Prozent Eitoeiß. 5 Prozent Fett. 1 Prozent Salte. 76 Prozent Wasser; Schweinesleisch 20 Prozent Eitoeiss, 14 Prozent Fett. 2 Prozent Salte, 64 Prozent Waisen Kalbsleisch 18 Prozent Eitoetsz, 7 Pro zent Fett. 1 Prozent Sahn 74 Pro zent Wasser. Aus dieser Uebersicht ist leicht er tennbar, daß das Fleisch in erster Li nie als Eiweisitriiaer siir uns in Be jtracht lomrnt, zugleich aber auch, daß lsei aus-« vorn vollswirthschastlichen Sta untt aus betrachtet. ein unvor tbeilhaster tit. Gebt doch in keiner der genannten Sorten der Gehalt an Ei ioetsstossen tlber W Prozent hinaus, während die weit billigeren hillsens sriichte bis 25 Prozent und der wohl seile Maaerliise soaar 87 Prozent von ihnen besisenl Sodann beachte rnan das vslltae hlen von Kohlenhhdeas ten und den hen Prozentsah (64 bit 7m an Unser Itun ist tn neuerer Zeit von einer Anzahl Forscher, denen das häufige Ueberleaenlein vegetaritch lebender Sportsleute und Athleten ihren fleitetretlenden Konkurrenten gegenüber aufgefallen war, die Frage aufgerollt worden, ob man nicht die Eitveißs menae, die nach Voit 4 Unzen ftir den Tag betragen soll, erheblich einschrän len tönne, ohne die Gesundheit und die Matt des Körpers Zu gefährden. So hat fest der Ameritaner Chit tenden im Auftrag der Reaierung zu Washington an einer Anzahl von; Militärperloueu dahinzielende Ber iuche anaettellt. Nachdem die Ein-riß iuiuhr lechs Monaten lang auf ein Drittel der Norm herabgesetzt war, fand lieb, daß die körperliche Lei stungsfähiateit der Leute nicht nur teine Einbuße erlitten. sondern viel mehr zuaenornmen hatte. Zu demsel ben Resultat gelangte der Universi tätspraseisar VIII in Spit- aus andr rem Wege. Er konnte sestsiellem dass schwer arbeitende Japaner (Wagen ie her), die in ihrer gewohnten nenetah li schen Diöt nur 60 bis 80 Prozent des von Voit geforderten Ciweihauaniunrs zu sich nahmen, aussallend versagten. wenn die Eiweiszrnenge durch Da - chung von Fleischnahrung erh wurde. Auch unter den deutschen Aerz mehren sich zusehends die Stimmen ge gen die seit alters geltende These, daß dte Fleischtoit ein Stärkungsmittel ersten Ranges sei, welches Schwäch lichen. Kranken und von Krankheit Genesenden nicht genug empsohlen werden könne, und daß auch der Ge sunde aut daran thue, sich siir alle Fälle eher ein Mehr als ein Weniger Jan thierischem Eiweisz zuzusiihrem Wenn auch zugegeben werden mus, ldasi viele Gesunde, namentlich solche, die sich körperlich start ausarbeiten ohne Schaden siir ihre Gelundheit dauernd grosse Menqen von Fleisch zu vertilgen imstande sind, so kann es bei einer ganzen Anzahl von Körperlonstis tutionen undKeantheiten dirett nöthig Irerden, den Fleischgenuß erheblich ein zuschränken oder ganr auszuschaltein Leute. die zu Gicht, Rheurna und Steinhildung neigen, Epileutische, Neuralailer und die zahllaten niit net vösen Beschwerden aller Art Debatte ten werden sicher besser sahren. wenn sie es vermeiden, ihrem Körper mit deni Fleisch batnsiiurehildner und jReizstoise zuzusiihrem Auch Marien s und Darmtranie sollen nur mit Vor sicht Fleisch genießen im hinbliel aus die sich bei der Fleischverdauuna hil denden Zufalls- und Fäulniss-ro - USE Dasz man das lleberhandnehmen der Blinddarmentziindung dieser Geißel der Neu-reit, mit dem gegenwärtig lib lichen reichlichen Fleisehaenusz in Ber bindung bringt, wird vielen bereits de tannt sein« Diesem und jenem wird vielleicht der Einwand auf den Lippen schwe ben: Wenn die Ernährung mit viel Fleisch eine so zweckmäßige aar nickt ist« so müßte doch die praltische Erfa rung die über die hohen Fleischpreise stähnende Bevölkerung schon längst darüber aufgeklärt haben. Es liegen doch wohl also gewichtige Gründe vor, die den Ruf des Fleisches als Kraft nahruna in der Volksmeinuna stiihem Und in der That gibt es einige. die wohl begreiflich sind. un kenn Sten- iit die rasche heis wirlung. die dem Fleisch wie leinem anderen Nahrungsmittel zu eigen ist, en nennen. Man darf aber Heizwiei tnng nicht auch als Krastspendung an sehen Denselben Essett nehmen wir fa auch beim Allobolgenusk wahr: nur daß sich hier —— dank den sortaesehten Anfllärunaen von berufener Seite — schon eine Wandlung in den Ansichten der aroszen Menge vollzogen hat. und daf! die Zahl derer. die dein Altohol das Beimort «lrästigend« zuerlennen, sich beständig vermindert. sehnlich steht es mit einer zweiten Eigenschaft des Fleisches, die ihm in foloe seines Gehaltes an Salsen inne wohnt, seiner Neizwirkung Die Reiz ftoffe des Fleisches wirken aus den er schädsten Organismus, wie die Peit schenhiebe aus ein müdes Pferd. um einen oft gebrauchten Vergleich zu wie derholen. sie geben leine Kraft« fon dern loelen nur die noch vorhandenen, aber schlummernden Kräfte heraus. Ab und zu mag das gut und nothwen dig sein; doch nur ein schlechter Kut scher wird die Peitsche sorlgesth brau chen. Leider sind aber viele nur z ar neiat, sowohl die beizwirkuna w e die Neizmjrkung zumVortheit desFleisches auszudeuten Zu diesen Trugschlilss sen lädt man sich umso lieber verlei ten, als das Fleisch sich noch durch an dere, an sich äußerst schähenstverthr. doch siir den Volkswirtli wenig in Br tracht kommende Eigenschaften in die Gunst schmeichelt: durch seinen Wohl geschmack, die Schnelligkeit und Be quemlichkeit. mit der ed sich mundqe recht herrichten lässt —-— wie schnell ist ein Beessteok oder ein Kotelett gebra ten! —- und durch die Abwechslunasi miialichkeiten, die es für den Speise zettel bietet. Es liegt mir fern, mit meinen Aus führungen dem Veaetariemus, der auch seine Schattenseiten hat, das .Wort zu reden. Nicht abfchaffen fol len wir den Fleischievuft. wohl aber kann ihn ein großer Theil unter uns einschränken. Ohne Furcht vor einer Tioaenannten Eiweisiunterernähruna, uingeaen die Möglichkeit einer schädli chen Uekerschtvemmung des Organis mus mit thierischen Eiweife im Auge habend, sollten wir uns damit beans gen. nur eine einzige mäßige , ifch mahlzeit am Tage zu halten un einen Taa in der Woche ganz ohne Fleisch -zu bleiben. sei solchem Verfahren werden wir uns wohl und gesund fühlen, und manches Geldw, das wir heute seuf nd in den Schlachterladen wandern eben, får ideale Oeniiffe retten kön nen. « Das Echo der Gegenwart verkündete in Nr. 18: »Aus-euer Gefchichtlveteim Besichtigung der Stulptnrenfammlung im stödisschen Museum unter Jühlun des Herrn Mseumsditettoks«. Au diese Weise werden die Mitgiiedet des Geschichtsvekeins hoffentlich auch Füh lung mit der Kuan gewonnen habest