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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (March 26, 1909)
Japans-o 929 Uebraika Staats— Anzetger und errold 26 Ida-z »in-L Hwetr.ierTheH Ummcc 31. Vergess’ne Stunden. Aus längst vergilbten alten Blättern sand ich Ein Lied, das mild zum bangen Her zen spricht. Wann ichs geschossen einst —- wem es gewidmet? — Vergebens fragst du es — ich weiß es nicht. Was einst mein hekz mit Glück und Oeffnung sullte, All des ist die Erim:n tun-g längst da Und leis’ nur zieht noch — wie ver tlun Lieder — Ein Traum vergess’nee - tunden durch den Sinn» . Glöckchen des Glocke-. Novellette von K äte Da m m. Fast erstarrt vor Staunen stand Josefine vor dem tostbaren Korb, der ganz und gar aefiillt war mit den herrlichsten Orts-idem Jn iartesten Farben« ltla, goldgelb und bräunlich» schienen die Blüthen sich in Schmet-; terlingshiille geflüchtet zu haben und? gleichsam über dem Grün zu fände-« ben. Ihre hände zitterten, als fie das mit rofafeidenem Bande am heutel beseitigte Briefchen öffnete. Eine Karte fiel heraus: Alfred hinfelotzr, Gene raltonfuL ftand darauf, darunter die geschriebenen Worte: «Mit tausend Gliietiviinfchen erlaube ich mir. diese Blüthen ans meinem Treibhaus Jä nen, anädiges Fräulein, zu Füßen zu legen. Auf frohes Wiederieden heute Abend!« Jofefine’g Antlin wurde einen Schein blafser, sie reichte die Karte ihrer Mutter. »Nein — wie aufmerksam und rei zend von Herr Konful Hinjelolsy sich deines Gedurtstagett zu erinnern —- fied nur —- diefe kostbaren Blit thenl Und aus eigenem Treibhaus. Der Mann liat Geld wie Den —« sie brach schnell ab und vollendete nur in Gedanken den Sas: wenn Josefine id- erhsrte, wenn —- mnt - - Vorläufig dachte fie garnicht daran, ob Jofefine ja sagen würde —- sie toußte nur, daß Josefine teine «un—· alliitliche« Liede hatte. wie Frau von Venseloiv eine ausfichtilosere genannt haben würde. Solche Partie —- die schlägt tein Mädchen aus« vo: aller-i nicht ein Mädchen, das später auf sich angewiesen ist. Allerdings — heute, ioo Vater noch im Amt war und die Brüder auf dem Kadettentorpt we nig Koften machten — deute dachte sie noch nicht an eine Versorgungsedr. Jofefine blickte noch immer auf die Blumen, der ganze, mit schlichtenBlus men bedeckte Geburtstagstifch schien ihr verwandelt, seit die ansprach-Zool len Blüthen das Bild beherrschten Es war, als sei ein fremder hauch, ein fremder Ton tunemqerommen Das Mädchen brachte einen in Seiden papier aehiillten Strauß herein — aelbe Rosen und rothe Reiten i-— ge ichnrackvoll aeordnet, eine Karte ver rieth mit ergebensten Giiickwunich den Gebet: Regierung-roth von Jenae ieid. der unter ihrem Vater arbeitete. Die Karte zeigte sie der Mutter nicht es stand nämlich unter dem Glück wunsch: »Ich bosse, daß Sie heute Abend eine meiner Blumen tragen werden« Josesine lächelte erst spöt tisch —- dann versöhnlich: einen der artigen Wunsch tonnte sich auch nur ein so viel aeseierter und von der Ge sellschaft verwöhnter Mann gestatten, spie Assessor von Sengseld war Heute schrieb er das an sie —- und morgen sagte er dasselbe zu Fräulein Führina. deren Mutter in Wohlthä tigkeit glänzte, wobei der Assessor eine aeschiitzte hilfe und Stiiye war, In diesem Augenblick hörte sie die Stimme der Mutter aus dem Neben zimrnen »Luischen sagt mir soeben, dass du heute Abend das Batisttleid anziehst —- tvas willst du denn siir Blumen dazu nehmen. dazu passen weder die Orchideen noch die Rosen und erien.« »Das sollen sie ja auch nicht«, Jo iesine bemühte sich, ihrer Stimme Fe stigteit zu geben, »ich werde mich doch nicht mit meiner Toilette nach den Blumen richten, sondern die Blumen wähle ich nach der Toilette. Oder -—( ich aebe eben ohne Blume« »Sie wird sich besinnen!« dachte Frau Geheimrath von Venselow, aber sie hütete sich, es auszusprechen denn sie hatte schon öfters oseisesine’s «Eiseniops« kennen gelernt. Die selbst war in ihrer Irgend ohne biet eigenen Willen gewesen und sie meinte. solch ansehmiesendes Wesen ihrer Tochter besser ansehnden haben wiirdr. Und dann spann sie iren trauen weiter, tbre Josesine als at tin des reichen Waikonsuls din selozr —- Billa Treibdaus, Diener «seba . Werd-, Hintern-bit —- er war alles dsi CI hatte wieder an der effiurthiir geläutet- Dieses Mal war ei ein Postpactet, welches das Mädchen brachte; die Frau Geheimrath wars einen stüchtiaen Blick daraus: »Na, das wird wieder sehr etwas Prakti sches sein —- Joiesine — von Tante Kunigunde aus eForstieuten.'« Tante Kunigunde, die bei ihrem Sohn auf einer etwas weitentlegenen Dbersöriterei lebte, war eine Coufme von Joiesine’s Großmutter Den Enteilt ihrer Cousine sehr ,-,ugethan, war sie stets eine eifrige Gebetin zu Geburtstagen und Weihnachten- Sie spendete selbstaestrictte Strümpfe, IPuiswiirmer und handschuhe, unent )ive;i,t. trotzdem sie wußte, daß man zerst nach und nach diese guten Dinge i richtig Zwerthete und zuerst kaum be-« achtete. Außerdem sandte sie noch alljährlich ein Geschentt eine Einla dung iiir einige Sommertmchen in die reisende. einsame Obersörsterei. Jose iine freute sich über die «Striimpsg sie rannte uno Wahre Innre trunc gunde’s warmes Herz. Da —- zwi schen den schwarzen Strümpfen blitzte etwas weißes —- eine zierliche Schach tel — und als Iosesine sie öffnete, iielen«il;r, sorglich in nasse Watte ge biiltt, die eutziickenditen weißen Schneeglöckchen in die Hände. Dane ben ein Briefchen, große, feste, tlare Schriftziiau «J«liöaen diese Glödchen des Glückes Ihnen, verehrteste Cou sine, siir das neue Lebensjahr Glück läuten. Es sind die allerersten, die ich fand, tief unterm Schnee. nd möchten Sie in Ihrem Glück n t vergessen der einsamen Obersörsterei und ilireö ergebenen Vetters Claus.« Zchneealöckchen —- selbst gepflückt unterm Schnee erblüht! Wie ein hol des Wunder erschienen die weisen Blüthen dem sinnenden Mädchen, die sie schnell in ein Gias barg und ans den Tisch stellte. Ganz vorn. vor den Orchideenlorb und die Rosen und Stellen. Wie reizend . osefine Abends aus sah! Sie trua as blaue Kleid und ein blaues Band irn goldblonden haar und im Giirtel einen Strauß Schneeglöckchen Frau Gebeimratb schüttelte den Kopf. Wie merkwürdig von oses sine, sie nahm weder die Orchi een, noch die Nellen oder Rosen ließ sich einfache Schnoealitctchen bolen —- sie verstand die Tochter wieder einmal nicht. Und sie verstand auch ihren Mann nicht, der vom Ministerium aus telepbonirt hatte. daß er für den Abend noch einen Gast mitbringen würde. Sie hatte sraaen wollen, wer der Gast sei. aber — schwand, war die Verbinduna gelöst und nicht wie der herzustellen. Als der Gebeimrath lam, wollte er’s nicht verrathen. «3erbrecht Euch nur die Köpfe«, saate er, »ich verratbe nichts: Ihr werdet überrascht sein!'« Und so traf es ein s— Joseiine war sehr iiberra cht, als in den Kreis der Gäste, die sast voll iiiblij schon versammelt waren, ihr Vetter Clerus trat. Sie hatte dem Generalionful Hinselohr, dem Asfes sor von Senaefeld und mehreren an deren Täniern schon die verfügbaren Tiinze zugesichert und nun stand Claus Helkmer oor ihr und fragte, ob sie keinen mehr für ihn habe. Nein, teinen mehr — weshalb kam er auch so überraschend und fo spät! Sie aab dem Worte Nachdruck, er lächelte: »Ein dringender Auftrag meines Vorarsedten rief mich heute in’s Ministerium, wo ich Jhren Herrn Vater später aufsuchte, es kam sehr eilig, hätte ich sonst —« er schien die Blumen in ihrem Gürtel nicht zu bemerken —- «Jhnen solche —— solche armen Blumen gesandt?« »Ach nein«, sagte sie schnell —- »ich habe mich so über die Schneegliictchen gefreut und danke Ihnen dafür.« Sie reichte ihm die Hand und er tüsite die felbe. Und dabei fiel sein Blick aus die Blumen, die sie im Gürtel trug, und ein eigenthiimliches Leuchten floa über das stolze Antlih. Sie be merkte den Bliek nicht und fuhr fort: »Schön sind die Blumen auf meinem Tische ja auch —- —- —- -« E «Aber?« fragte Claud. » »Sie sind mir fremd — besonders die Orchideen« sie sind nur sie —- die stolzen, theuren, mühsam gezogenen Blumen vom Treibhauö.« »Und die Schneealöckchen?« fragte er. »Die» sind mir bekannt und lieb«« erwiderte Josefine, »die sind doch Frühlingszeichen und blühen im deut schen Lande und im deutschen Garten unterm Schnee. Sagen sie nicht viel mehr als die Treibhauibliithen?« »Wenn Sie wüßten, Josefsing was die Schneeglöetchen Ihnen eigen — dann —« Sie merkte es aae nicht, daß er sie beim Vornamen nannte, es tam ein eigenes Gefühl über sie, die armen. unfcheinbaren Schneealbckchen waren Glbachen des Glückes und der Liebe file sie geworden. »Auf ich das gnüdi e Fräulein an den Walzer erinnern seaate die Stimme des Konsuls Hinten-by und er verbeugte sich vor Jo esine—— demn zn Esaus gewendet, nannte er seinen Namen: «Generallonsul hinselohr.« »Obersörstet hellmer!« Es beuntuhigte Hellmer taum, dnß sie mit Hinselohr tanzte, immer tote det sah er das Paar durch den Saal schweben —- denn er wiederholte sich beständig die Worte, die sie zu ihm gesagt hatte von den Schneeglöckchen. Erst nach dem Souper gelang es hell mer, wieder in Josesine’s Nähe zu gelangen. »Ich wurde vorhin unterbrochen, Josesine, als wir von den Schnee gliiclchen sprachen«, sagte er ohne wet tere Einleitung »aber Sie hatten den Abend über wohl keine Zeit, darüber nachzudentem und haben sie wohl ver gessen!« Josesines sal) den Obetsörsiet an. »Das glauben Sie ja selbst nicht Herr Obersörsier, Ioie sollte ich Blu men vergessen, die ich im Gürtel tragesss ----. - . - · x »und ich mukz meine Frage wieder holen. Was sagen Jhnen die Schnee glöclchen, Iosefine, wenn Ihnen die stolzen Blüthen nichts iagen?« »Sie mahnen mich an ein schönes, stille-J Forsthnus im Walde, an eine gute, liebe Mutter, die dort mit dem Sohre wohnt —- und —« Sie vollendete nicht. s »-— -— und fragen, ob du die Krone s und der Schatz dieses Forsthauses im I Walde sein willst ——— hatt du das denn ; nicht schon —- vorber gewusth i »Damals!« Josefine sagte ei mit ’Betonuna -—— »bliihten leine Schnee glöckchen, es war Sommerzeit, und alles stand in Blüthen und Fülle.« ! »Ja«, sagte er mit leiser, fast trau ; riger Stimme, »das ist wahr —- und « hier im Treibhaus blüht’s auch immer, ; hier wandelt man immer wie im Gar l ten, während mein Wnldheim eins-in »und schlicht ist, im Sommer voll von ? Blüthen, und im Winter öde nnd todt i— könntest du diese stille Wall-hei math mit mir theilen —- du solltest es nicht bereuen!« Wie ein Schleier hob es sich diss lich vor Josesine’z Augen, sie hatter geahnt, daß dieser Geburtstag eine Wendung in ihrem Leben bringen ’ würde. Weder der reiche Generalba snl hinselohr, noch der slatterhafte Assessor waren die Rechten. Aber hier marb ein großes, goldenes Herz um sie, ein Herz, erprobt in der stillen, ewigen Waldeinsamleii. Sie wußte es jetzt, daß auch in des Lebens Winterzeit hellrner’s Liebe ihr Sonne nnd Blumen geben würde, nnd da legte sie frohen Herzens ihre Hand in die des stattlichen Mannes. NO Bilder ans dem türkischen Por lament. Es ist 71.;, uhk taktisch, also jetzt gegen 12 Uhr Mittags nach europäi scher Zeit. An dem Eingange des Parlatuentishauses stritt die Wache vom st. Jäger-Bataillon aus Mona ftir in lalifarbenen Unifortuen unt Gewehr bei Fuß. Dein Witz des btlkh lenden Offiziers ift es überlassen» un ter den Eintretenden zu unterscheiden. Vor allen Abgeordneten scheint die Wache die Gewehre zu präsentiren. aber wer kennt sie heraus-s Da gibt es beleibte alte Herren, die an die verfas-» sungslose Zeit erinnern. in dein lan en Pelzroet des Gelehrten, um den Siopf die weiße oder griine Binde; da haben wir junge Männer in sräntischer Tracht, die sich flink bewegen, keinen Fes tragen, sondern den Fell- oder Plüschtalpak in schwarz, braun und grau, ferner Offiziere, die als Abge ordnete die Uniform nicht abgeleat ha ben, schließlich Syrier und Araber in bunten Talaren, Gumrnizugftiefel an den Fiifzeiu das einzige Zitgcisjindnifz an die toestliche Kultur-· Das ltrebt al les dem Eingange zu, beneidet von der Menge, die draußen bleiben nufo. Es heißt zwar, daf; die Beratbnngen des Parlamenis öffentlich seien, aber die Enge des Saales gestattet das nicht. Man verhandelt beinahe bei verschlossenen Thüren. Wer nicht zur Presse gehört oder zum diplomatischen Korps, hat keine Aussicht, die Pforte sieh öffnen zu sehen, außer er sei Mit glied des jungtiirkischen oder des Sperre —- Comites, die als pitriotische Einrichtungen von Bedeutung aner kannt werden. Einige höfliche Polizei-— beamte werfen priifende Blicke auf die Eintrittskarte und ihre Besitzer, dann heißt es ..Buiurunuö Efiendim« — belieben Sie einzutreten, mein Herr. Eine gewaltige stufenreiche Treppe führt hinauf; der Sultan hatte einen gntenGedanlen, seinen theuren Volks ivertretern einen Aufzug zu schenken. ? Aber theils will man von Sultanige ) schenken nichts wissen theils bezweixlt » man, das der Bau s weren Kä n i tragen sann: begonnen t die Arbeit noch nicht, und ächzend schiebt manch beleibter Volkstribun mit eigener-Kraft hinaus. Der Wandelgang ist am reichsien an Eint-rücken Wir sind in neuem Lande, in neuer Zeit. Das Leben lann sich hier nicht breit und bequem ausdehnen, wie in den Wandelgiingen unserer westlichen Volkspaläsiez es gibt hier nur einen langen Gang, angenehm er wärmt durch srech dreinbliclende Oefen und belegt mit weichem Teppichstosf onotolischer Kniipsarbeit Von hier führen die-Thüren in den Sitzungssoal nnd in die Berothungszimmet, wo die Vollstnänner unter sich sind, von brei ten farbigen Pelzmänteln umflossen, auf den an den Wänden umlausenden Diwans hocken und bei Kassee und Zi garettedie Entscheidung der Geschicke i vorbereiten. In dem Wandelgange herrscht immer ernste Stimmung, tür tifcher Gewohnheit entsprechend. Kaum sieht man auf einem der vielen tlugen und angenehmen Gesichter ein leichtes Lächeln; aber höflich in würdiger Ein fachheit sind sie alle, die Männer aus dem weitenReiche des Halbmondes. Es berührt sich hier die alte und die neue Zeit. Da ift der in den Hauptstädteng des Westens gebildete, in den tadello feu Ueberrock aus der Werkstatt von Modekiinstlern gekleidete lebendige Fortfchrittsmann neben geistlichen Würdenträgern aus Mekka und Medi na, prachtvollen Gestalten aus Tau fend und einer Nacht, in wallenden Gewändern, um den blüthenweiszen Turban goldgeftickte Binden gewun den. Ein vernünftiger Mensch glaubt nicht an die berüchtigte Kulturfeint lichleit des Jslamsz wir haben in Jn dien, in Algierien und Bognien genug Beweise, daß der Mohammedaner es dem Christen gleichthun lann. Aber in der Türtei ift diefeEntwicklung schwie riger. Die Christen im Reiche sind kultur-, geld- und machthungrig; im Wettbewerb untereinander haben sie ihre Kräfte gesteigert, durch ihre tirch: lieben Einrichtungen haben sie Schul bildung und nationale Jdeale verbrei tet, während die Mohamniedaner Krie ge führten, fchwächer und ärmer wur -den, unter einem verworfenen Shftem vertümmerten. Jetzt, da die Bahn frei ift, entweder gewaltig arbeiten, in gro fien Sprüngen die Christenheit einho len und mit ihr gleichen Schritt halten« oder wenigstens-, da der Mohammeda ner sich zu fo stürmischem Fortschritt nicht eignet, ihm die Möglichkeit si chern, nicht überwuchert zu werden, zu erft Kräfte zu gewinnen, um dann mit .iuthitn, dabei aber demVolte denGlau ben Mohamineds zu erhalten und doch seine gegen Andersgläubige feindlichen Auswiichfe beschueiden, — das ift die schwere Aufgabe« an die gerade jene würdigen Männer aus Tausend und einer Nacht deuten mögen, die soeben den ehrerbietigen Gruß behender und wortreicher griechifcher Abgeordneter erwidert haben. Sobald Achmed Rifa, der Vorsitzen de, in feinem Zimmer ift, tann man ihn leicht sehen. Bujurunus Efer dim, fchon ist man drinnen, höflich er fuel)t, unter den Wartenden Platz zu nehmen. Das ift türkifche Sitte. Der Empfangende versammelt um sich her um alles, was ihn sehen will, Abge ordnete, Zeitungsmänner. Beamte Di plomaten, und osfenkundia wickelt er die Geschäfte ab. Den Divlomatem die gern geheime Ertrawürfte haben wouen, behagt oas nicht, aber mir ya ben erlebt —— es war bei Hiissein Hil mi Pascha, dem jetzigen Minister des Innern — daß ein fremder Gesandter Laufs höflichste mit in die Reihe gesetzt :wurde, dort siins Minuten schwieg und sich dann empfahl, wobei der Minister siir den aiitiaen Besuch herzlich dankte und diese Abwicklung siir ebenso ange nehm wie sachgemäß zu halten schien. Achmed Risa ist eine RomangestalL äußerlich und innerlich. Schlank und biegsam, mehr träumerisch als lan blickend, von sehr angenehmen Züaen und verbindlichem Wesen, ein Pariser Türte aus Brussa. Ueber ein Jahr zehnt hat er noch seiner Flucht sich in der Fremde als Gründer und Leiter des türkisch-französischen Blattes Meschweret mühselig durchs Leben ge schlagen, knapp iiber Wasser gehalten. Sein Blatt erschien bald in Paris-, bald in Stockholm, es brachte nichts ein, es tostete. Es wurde der Mittel vunkt der junatürkischen Bestrebungen. Achmed Risa tauchte die Feder in Blut, er predigte wildeste Veraeltung an dem Sultan, dem die Schuld an allem Un glück beigemessen wurde. Dann kam er Umschwung. Von dem Sitz des Präsidenten der Kammer begrüßte er die, die ihn zum Vorsitzenden erwählt hatten. Dann saß er bei dem Beant »mahl in ildis zur Linien des Sul l tun-, der hm eigenhändig das Wasser flas stillte, goldene Teller standen vor hm, und er erzählte dem Sultan von dem dürftigen Leben des Verbannten in der Fremde. Was wird die Zu lunst dem Romanhelden bringen? Er ist ein Mann, vielleicht ein help der Feder, die auch Thaten vollbringen kann, et ist kein Mann des Wortes,kein Mann hinteißender Rede, und es scheint, daß et auch nicht der Mann ist, dem der Augenblick unbewußt das Packende in Gedanken, Worten und gandlungen eingibt. Es lebt zu viel ichtekisches in ihm, als daß er im praktischen Leben der Kapiiän eines Schiffes sein könnte. Jener rundliche Mann dort mit grauem Haar und lurzem Schnurr- T art, mit dem ruhigen, forschenden Blick in dem grauen Auge, ist Jsmael Kemah der Abgeordnete von Berat. Viele nennen ihn den kommenden Mann und deuten auf das Großmü rat. Jsmael Kemal ist Albaner, er spricht vortrefflich Französisch. und dem fremden Zeitungsmanne ist er all zeit dienstberett zugänglich. Jn der i Türkei ist der osmanische Stamm noch Iimmer der Herr, nicht nur der Chri » ftenheit, sondern auch der vielsprachi ; gen Mohammedaner. Die Reichsfpra »che, das osmanifche Türlische, spricht » daheim nur der anatolifche Bauer. Die ! mohammedanifche Mehrheit des Rei ;ches, Albaner, Araber, Kurden, Lasen »und mohammedanifch gewordene Ser »den, Bulgaren, Griechen, Wlachen und -—- Jfraeliten verstehen in der Regel oas Türlische überhaupt nicht. Sie haben alle aber bis er die türlifche Herrschaft anerkann. Kluge Köpfe wie Jömael Kemal wünfchen keine Aenderung dieses Zuftandes, verbürgt doch den Mohammedanern der Völker bund unter dem türlischen Sultan die Sicherheit jedes Gliedes besser als die Selbständigkeit Aber etwas mehr Rücksicht auf die Nationalität verlangt die neue Zeit; z. B. Schulen und alber nifche Sprache auf den Provinzial landtagen Albaniens. Wenn die Be amten in der Türkei Sinn für Stati ftik hiitten,so würden wir jetzt nach den ersten Wahlen eine gute Grundlage für eine Vollsziihlung nach Bekenntniß und Volksthum besitzen. Aber nichts davon gibt es. Die Fremden tra gen usammen und ziehen ihre Schlii e. Sie find für die eurvpiiische Türkei fertig und interessant genug. Man zeigt uns einen Abgeordneten aus Albanien, dessen Großvater ein bicderer christlicher Räuber war; der Sohn trat zum Jslam über und wur de ein Wohltäter des Landes. Ein anderer Vertreter aus Albanien zeigt, wie auch gewichtige Türken entnationa listrt und in das albanifche Lager ge zogen werden können. Die Familie führt heute noch den Beinamen Dschabi Sadeh; die chhabi waren Türken, die vor Jahrhunderten als Steuereinneh mer in das eroberte Land gesetzt wor den waren. Ein anderer, der mit dem Montenegrinerfürsten verwandt fein soll, führt ebenfalls seinen Stamm baum in das sagenreiche Gebiet edeln halb politischen Räuberthtcciis. Sym pntbifch berühren mehrere junge grie chische und bulgarische Abgeordnete. Sie scheinen hier gute Freunde zu sein und iljrestaiiipfesmuth draußen gelas sen zu haben. Mertlvürdig berührt, daf3 sie untereinander und mit ihrem rumänischen Genossen, einem liebens würdigen Arzt, Bulgarifch sprechen. Jch bin ein bulgarophoner Grieche, meint lächelnd Trajan Nalis, Abge ordneter von Monastir. Bulgaren und Zerbeu reden Mazedonifch, d. h. jeder redet seine Sprache mit kleinen dialel: tifckien Zugeständnissen. So versteht Usmt sich Vortrefflich. Dck cisrigste Butgar m spanische Dorew, Staats anivaltggehilfe aus Monastir, ein un terrichteter junger Mann mit großen Sprachtenntnissen. Er ist einer der Onästoren, unerschroelen steigt er auf ders. Olymp der Preßloge und treibt ans diesem Tempel die Personen aus« die hier nicht-J zu suchen haben. Sogar tiirlische Ofsiziere folgen murrend sei nen bestimmten Befehlen und mögen eigene Gedanken haben über die Ver fast-ung, die sie jetzt dem Machtbereich eines christlichen Bulgaren unterstellt. Pantsche Doretv ist auch ein guterRedi net-, aber die Masse briillt ihn nieder; sie will nicht hören, daß ein Bulgar Vorlesungen hält iiber Freiheit und Verfassung Risa Pascha« ein aus Bulgarien ausgewanderter reicherTiir le, ist dagegen der Sachverständige in Parlamentssachen Er hat ja in der bistgarischen Sobranje gesessen und weist alles. Sein Nachbar Jsmael Pascha, der Abgeordnete von Tolat.hat den Vorzug, seiner lreisehenden Dis tantstimme leicht Gehör zu verschaffen. Jntetessante Köpfe sind die beiden Obersten ngael .L)alti Bei und Ach nieo Bei. Sie waren die Gründer des ersten jimgtiirlifehen Comites in Kon stantinopel vor etwa 15 Jahren. Ein Kriegsgerieht verurtheilte sie zu lebens länglicher Haft. Von Rhodos entflo hen sie aber nach einigen Jahren und kamen unter Entbehrungen met-Frank reich« wo fik- fich kümmerlich durchschw gen bis; der Umschwung lam, der ih nen die Beförderung zum Oberst und die Wahl-zum Abgeordneten brachte. Man sieht es diesen Zügen an, daß Er lebnisse nnd Gefahren. Leidenschaft und Thatiraft sie geschrieben haben. Damen sind im türkischen Parla »meni nicht gern gesehen. Es könnte «ja vorkommen, daß ein malerisch fal tiaes Gewand eines Volkstribuns das raschelnde Seidenkleid einer Evas-tach tek streift. Man erzählt, daß ein hoch wijtdiger Herr aus Tausend und einer Nacht nach einein solchen Erlebniß sich durch brünstiges Gebet entsiihnt und lebhaft nach einem Bade verlangt ha Man Iou eines jeden Landes Oe briiuche achten und als Europäerin nicht etwas begehren, das der türkischen Frau versagt ist und störend wirkt, um o mehr. als man weiß, daß die Euro päerin kein Wort von den Verhandlun gen versteht. Angenehm ist der Auf enthalt in den engen Logen nicht. Hoch oben an der Decke gelegen, leiden sie unter tropischer Hitze und der Aus diinstung von einigen hundert .Men sa"sen: eng und dürftig drängt sich dort der Haufen von Berufsmenfchen zu sammen, die hier einen wahrhaftig schweren Dienst tun. Der Orientale liebt die Hitze, und so sind denn die bei den laclittenEisenöfen neben dem Prä sidentenstuhl in beständiger Thätig trit. Die Rohre winden sich nicht etwa bescheiden an der Ecke in die Höhe, son dern queren frech den Saal. Es ist wie das Laster, das geduldet wird, so bold es anspruchsvoll und geordnet auftritt. Der Presse wird aber der Schädel fast versengt. Fragt man nach der Leistung der Kammer, so kann man, ohne jemand kränken zu wollen« ruhig antworten: gesetzgeberisch gar nichts. Aber wenn auch noch lein Gesetz, tein Punkt des Haushalts in Angriff genommen ist« vergeblich ist die Arbeit des Parla nnnts nicht. Man hat den Finger in , viele Wunden gelegt, offen von heikeln Dingen gesprochen. die Minister zu " ehrerbietiaem Auftreten gezwungen, issk laut in das Land hinaus wetthvolktz Wahrheiten gerufen. von Lumpen alten eZit Rechenschaft verlangt Mk-; die Ueberseugung verbreitet, das; die-IF " mal die Gabe der Verfassung dedfkjf Volke ohne viel Blut nicht mehr ent- , i tonnden werden kann. Das alle schafft eine neue Zeit. W Zi Raps-leert tu der Tauzftuudr. Ek- » Der große Schlachtenlenter ist - ein guter Tänzer gewesen, aber bat doch des öfteren versucht, fehlende Talent für die Kunst Terpsichore durch Eifer und Stu zu ersetzen. Ein französisches veröffentlicht einen interessa Auszug aus den Memoiren des riibinten Tanzmeisterå Deswreauxyf denen eine amiisante Schilderung Tanzstunde des Kaisers gegeben wird. »Napoleon legte seinen Arm iiber meine Schulter«, so erzählt der Tanz lebrer, »und wir begannen zu walzen, aber da ich mertte, daß die Kraft, die r baten aufwandte, uns alle beide bald s zus Erde werfen wiirde, bat ich ihn, - dochsinnexubalten.. .. Es war tein - Violinspieler da, der Kaiser tlingelte 4 und man suchte im Schlosse nach ei ner Geige» .Dann nahm ich das Im strument und den Dreimaster mit dem s Federbusch untern Arm; der-. Degen an der Seite, beaann ich die Geige zu spielen und mit dem Kaiser zu tan- « zeu, der da lyiipfte wie ein Ziegenbock - Länger als eine Stunde hüpfte er und iibte alle Schritte aber die s Kniee bielt er dabei immer gebeugt. E Dann sprach er von dem Tanz der ·«· Tricotets (den Heinrich der Vierte oft - tanzte) und wollte ilzn tanzen, obne ibn iu kennen. Ich begann ihm die Schritte der Tricotets vorzumachen, und Se. Majestät bemühte sich, in - Eil-weiß gebadet, sie nachzumach-en.« All-er auch die Tanzstnnde hat NCPo les-In nie zum auten Tänzer machen lönnenx das spiegelalatte Partett des Tanzfaals widerstand seinem Erobe runasdurste.« Berges-liebe Mühe-. Herr Struniel und Herr Flips ha ben einen Rechtshader miteinander. »Herr StrunkeL das beste ist, Sie verqleichen sich mit Ihrem Mann-« , rätb der Anwalt, und Herr Strmstel J macht Herrn Flips schrsstlich seines Z Verqleiilzssoorschläae Er erhält zut« Antwort: »Da müssen Sie sich schon ; einen Diiinmeren suchen als mich.« —· ! Ein Monat vergeht; da schreibt Heerj - Struniel an Herrn Flipö: »Ich habe ietzt vier Wochen lang seht eifrig ge- ; sucht aber keinen gesunden. « i: Wirtlich fes-ist. " Frau: »Aber, Ernst, seht tonemsi du erst nach Hause, es ist ja schon del-F ler Tag Mangm »Liebes Kind. du hast mit ja gestern selbst gesagt, ich sollte W k» lichst früh nach hause kommen«