Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 19, 1909, Zweiter Theil, Image 13

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    vissiaiissässth
Eine sonderbare Geschichte von
A d o l f S t a r t.
.Es iit Alles geheimnisvoll in ie
nein Lande«. sagte Major Williamz
und stieß rnit der Spipe des Schür
etsent in die Glutb, daß die Funken
anssprnngrn und iiir eine Setunbe
den balbduntlen Satan erhellten »Es
ist Alles geheimnisvoll in jenem
Lande, die Natur, die Bauwerk das
Voll selbst. Man könnte es mit der
Muth Hier im Kamine vergleichen
Jeden Augenblick scheint sie erstreben
u wollen« und doch ist man nicht
cher, ab sie nicht im nächsten Moment
ausilammt zu loderndem Feuer. Oder
ein kleian Fünkchen, ein aanz tleii
nei, winziges Füntchen springt her
aus, angesehen, unbeachtet und nistet
lich irgendwo ein. im Teppich oder in
den Gardinen und frißt sort, lang
sam, unermüdlich, bis schließlich —
.Et ist eine alte Geschichte und
liegt schon tun zwanzig Jahre zurück
Iber unter den Aetteren von Ihnen
Ineine herren. diikfte lich vielleicht
mancher noch an Seott erinnern, an
Jolm Statt, der als Leutnant bei den
schweren Dragonern stand. Den tol
len Jobn nannte man ibn oder auch
den schönen Jobm beides mit Recht.
Denn unter all den Bursch:n. welche
den Rock Ihrer Majestät trugen, war
keiner bitt-schön wie er. aber auch tei
ner leichtsinniger und übermüthiger.
Schlechte Streiche batte er ia teine
berttbt, dazu war er zu gutmüthig
nnd ehrenhaft, aber ein wenig bunt
trieb er ei, so bunt, daß schließlich
seine Familie es iiir besser hielt, ihn
zu einem indischen Regiment versetzen
zu lassen. So tam er. der Herr der
Sportpliiyr. der Löwe der Salons,
der bewunderte Habitue des Heide
Parti· eines Taaes in unser Wieg,
träumerisches, ein wenig eintönigee
indisckes Städtchen, und nach acht
Tagen hatte er das ganze Leben der
englischen Gesellschaft umaetrempelt.
wie der Schneider einen Rockiirmel
Uebrigens müßte ich liigen, wenn ich
behaupten wollte. es wäre Jemand
aus der kleinen englischen Kolonie
darüber böse gewesen. Schließlich dat
ten wir uns alle schon in das träge.
öde Leben hineingewöhnt, aber als
uns John zeigte, daß man selhit hier
nicht nothwendig versauern müßte
eile er Auisliiae arranairte. Balle ver
anstaltete, einen Golstlnb ariindete, ei
nen Tennizplatz anlegte, kurz, ein
Stiiet modern-er Kultur zu uns ver
pflanzte, waren wir ihm alle dantbar.
Und obgleich er bei den Damen unbe
strittener Dakn im Korbe war und
alle lilnderen aus dem Sattel hob hat
te er doch teinen Feind. Man sonnte
ihm eben nicht böse sein. Mit Schre
cken dachten wir Alle daran, daß er
uns eines Tages wohl wieder verlas
sen würde
Daß John Seott übrigens mehr
war, als ein auter maitre de plaisir
und ein amiiianter Gesellschaften due
konnte man am besten aus dem Ver
halten der einheimischen Bevölkert-in
entnehmen. Es waren damals erst
wenige Falk-re seit dem großen indi
schen Ausstand verslolsen und das
Verhältnis mit den Eingeborenen
hei denen der Hase gegen die Feinde
noch immer unter der-. Lilickxe glühte«
war ein sehr aespannteti. Es aab eine
Anzahl reicher indischer Kaufleute in
unserer Statt-In, mit denen wir unter
Umständen aanz gerne vertehrt hät
ten. Ader alle Annäherunaevertucte
scheiterten an der zwar höflichen aber
adweisenden haltuna, mit der sie uns
heaeaneten Und daa tlzat den Jiin
aeren unter uns um so mehr leid, ale
es in verschiedenen dieter Familien
Frauen und Mädchen nat-, deren
Schönheit ein junges Soldatenheri
gar wohl entstammen konnte. Beson
dere eine rwn ihnen, ihr Name ist mir
entfallen. bildete den Gegenstand der
stillen Schwärmerei aller lediaen Os
sizierr. Uebrigens dür’en Sie sich
unter diesen indischen Kausnianne
tschtetn nicht etwa Wesen in phanta
sievollen Baiaderentostiimen vorstel
len. Inn Gegentheii. die junge Miß,
nennen wir sie meinetwegen Annie.
war eine so vollendete « »ne, wie sie
si- Mls in einem englischen Solon
h. en wurde. Sie hatte ihre Ans
hilduna in einein ersttl.tssiaen enali
schen Pensionen zu Bembao aenossen,
und ihre Toilettem von denen man er
zählte. dass sie direkt aus den renam
mirtesten Pariser Itelieri bezogen
wurden-. erregten die laute Bewunde
runa und den stillen Neid unserer Os
siziersrauern
Keiner wunderte sich darüber, daß
Jabn acht Wochen nach lexner An
kunft bis über beide Ohren in Mtß
Innie verliebt war. Selbltoersiänd
lich hielten wir alle diese obligate
Schwärmerei für aussichtslos-. Ich
war daher wie aus den Walten aefal
len. als eines Abends Jsohn, mit dem
ich rnkch besonders befreundet hatte,
rnir mittheilte, er gedenke demnächfi
um die Band des jungen Mädchens
zu werben und erwarte nur noch vie
idrie liche « uttlmmung seiner Eltern.
denen er· p lichtlchuldtglt feine Absicht
mitgethetlt habe.
»Alle Du willst Miß Annie heira
then«, riet ich aus, als ich mich vorn
erlten Staunen erholt atte. »Nun,
mein Junge, den le chen Willen
dürften lo ziemlich a e ledigen Offi
zlere des Reaimenti haben, und
Evens es von dem Willen abhinge,
o —
Ee unterbrach mich lächelnd: . ür
fo eligeblldet darfst Wunsch ncht
halte-· dulc ich laube. mein Wille
ankl- aemigt. der da ich nun elns
s-»««..---- --W —
mal schon gesprochen habe mill ichl
Dich ganz in S Vertrauen ziehen. Ich
rede nicht blosz so in die Luft hinein.
Annie liebt mich wieder. Starre
mich nickt so verwundert an. Schließ
lich, so sehr ich sauch ein as enherziger
Mensch bin giebt es doch Dinge, die
I man nicht an die große Glocke ··ngt
und dazu aehiirt meine Bekannt chast
mit Misz Annir. meiner Braut, wie
ich sie wohl schon nennen tann.«
,,Aber. Mensch, wie hast Du das
zustande aedracht2«
Er liietkelte iibermiithig. »Das ist
mein Gebeine-riß. Uebrigens, dieser
Theil der Atiaire war nicht der schmie
»ri;iste. Die Tochter war rascher ge
» wonnen als der Vater. Und dann ist
noch ein Bruder da . ·. Nun, man soll
iiber seine künftige Verwandtschaft
s nichts Böses reden, aber der Kerl ist
» mir noch heute direit unheimlich.
T Nun, wie dem auch sei, ich habe An
nies Liebe und werde schließlich, da
von bin ich überzeugt, auch ihres Vo
trrs Jatvort erlangen, wenn auch die
ser grausliche Mensch von Zchtv.iger
noch so sehr intrigirt.«
Ich glaube nicht an Ahnungem
aber es ist immerhin sonderbar, daß
ich bei aller Freundschaft für John
mich nicht iiber diesen Erfolg, um den
ihn doch gewis-, die ganze Garniton
beneiden wiirde so recht von Herzen
freuen konnte. Uebrigens wurde an
jenem Abend nicht mehr über die
Sache gesprochen, da noch andere
Kameraden hinzutjmen, und ein Ku
toll wollte es, daß ich auch in en
nächsten Tagen teine Gelegenheit
tand, John unter vier Augen tu spre
chen. So war beinahe eine Woche
seit unserer Unterreduna verflossen.
als eineo Morgens Scott in mein
Zimmer itiirmte.
Er war seltiam erregt und in lei
nen Augen alamm ein düsteres Feuer.
welches seinem sonst so freundlichen
Gesichte einen ganz veränderten Aus
druck gab. Die Hände aus dem Nil-ten
gesaltet lief er wortlas im Zimmer
aus und ab. Da ich nicht wußte, was
ich aus seinem Zustand machen sollte,
zog ich es vor, zu warten, bis er selbst
lvriiche.
»Ich liebe sie« Williams«. sagte er
endlich, bar mir stehen bleibend. »Ich
liebe sie, mebr als mein Leben, und
muß sie besitzen. Wäre ich nicht ein
Narr. wenn ich mir um eines tollen«
unüberleaten Jsugendstreiches willens
mein ganzes Lebensglück zerstören
ließe? Und nicht nur das meinigr.
sondern auch das ihrige? Nein, nein
die Vergangenheit ist todt. Europa
liegt weit, weit weg, wie aus einem
anderen Stern, und das Leben, das
ich dort gelebt habe. ist nur ein
Traum aus einer anderen Welt, ein
wüsten tückischer Traum, durch den
ich mir mein wahres Leben nicht
stören und verbittern lasse.«
Seine Worte erschreaten mich, als
ich aber meiner Angst Ausdruck gat
und in ihn drana, mir den Sinn sei
ner Rede zu erlliiren, lachte er mich
aus und seine Stimme schlug um zu
kiner wilden. etwas forcirten Lustig
eit.
«Dummdeiten, Wiman alles
Durnmbeiten. Veraisz, was ich ges
sagt bate, oder nimm eel als die Aus
aeburt eines nervösen und erregten
Jlaturells. Bei Gott, ja, ich bin ner
vös aetvorden die letzte Zeit, ich, der
sich sonst so viel daraus einbildete,
Nerven wie Stricke zu baden und
annz srei zu sein von der Kranldeit
der Zeit· Nun, das alles wird bald
vorüber sein« Ich weis; selbst nicht.
wie ich dazu aetotnmen bin, so tolles
Zeug berzureden lLiaentlich war
der Zweck meines Besuches, Dich zu
fragen, wo hier in der Stadt der
Tempel Buddhas ist«
»Der Tempel Buddha-? Es giebt
deren mehrere.«
«Jch weis-, deswegen bin ich eben«
in Verlegenheit. Nämlich, der Bru
rer Annies lädt mich ein« heute dort
bin Zu lommen. Da liess selbstl« »
Er wars mir einen Brief zu, aus.
dessen mangelhaftem Enqlisch ich aber
dant meiner Lalaltentnisk doch ent-.
nehmen lonnte. welcher Tempel ge«
meint sei. Schwieriger war es frei-i
lich, dies meinem Freunde zu erlläJ
ren, da die Straßen in jenem Theiles
der Stadt leinen Namen besitzen«
Schließlich erllörte ich mich aus seinei
Bitte bereit, ibn zu begleiten und ihmi
den Weg zu zeigen. s
Johns künftiger Schtvaaer erwarte-;
te uns im Innern des Tempels, der;
um diese Stunde aank leer war. Keins
Menlch war außer uns dreien in dem«
weiten Raume, und Buddhas Bild,
in übermenschliche-n Maße geformt,
blickte aus den steinernen Augen talt
und doch dräuend aus uns herab.
Finstern aber und unheilvertiinden
der erichien mir noch Der Blick des
jungen Indes-, der. die Linte aus
das Knie der Buddha-Stanke gelegt,
mit eintöniaer, singender Stimme zu
sprechen begann.
Was er sagte? Ich abe mir in
den darauffolgenden Sunden und
Tagen den Kopf darüber zerbrochen,
aber so sehr ich mir auch mein Hirn
iermartertc ich konnte mich an tein
Wort erinnern. Sprach er in einer
sremden, mir unverständlichen Spra
che? Oder war ich damals nicht bei»
Sinnen, waren beltimmte Thcitei
meines Gehirns gelähmt, daß ich!
auch nicht eine einzige Erinnerung an
das Gesprochene bewahrt habet Nur
an den Tonsall erinnere ich mich
noch, an jenes seltsame eintönige
Singen, und die Gestalt des Inder-s
sehe ich noch vor mir, die hagere Ge
stalt mit den glühenden, nahenden
tenden Augen« die irr-verwandt aus
m seichtet sparen. tote rer Blick
der Schlange auf das arme. ihrernl
Banne verfallene Vögelchen (
Wenn ich heute an jene Szene zu-.
riickdente, toinsnit es mir vor, als ieii
das Ganze nur eine Ausgeburt mei
ner Phantasie gewesen, ein toller
Traum. Aber leider war es nicht so»
Jch hatte schon viel erzählen hörenj
von qeheimnißoollen Arä,ten, welche
die Priestertatte der Jnder besitzen
foll, arbeimnißoollen Seelentriiften,
iiir welche wir Etlropiier nicht einmal
einen Namen haben. Dunlle Geheim
nisse sind es, schauerliche, dunkle Ge-«
heimnissr. Was wir davon wissen,
dleo bißchen annoie und Stigm
ltion, il: nicht mehr als das primitiv
ite AsBsC dieler eseheimnißvollentv
Wissenschaft, dxren vollendete Meister
an den Ufern des Ganges wohnen.
Doch ich werde weitlchweifixk ich
tomme zum Ende. Ein Schrei Iohni
weckte mich aus meiner eiaenariiaen
Betäubung. Seiner ausgestreckten
Hand folgend blickte ich hinein in ei
nen lleinen Spiegel, welchen Budd
has Rechte hielt und den ich vorhin
gar nicht bemerlt hatte. Und in die
fem Spiegel, -- es war teine Täu
schung, ich habe es thatsiichlich gefe
ben, — tauchte das Jnnere einer eng
lischen Dorftirche auf mit ihren lah
len Wänden und dem ichknuetlolen
Altar. vor dein ein bräutliches Paar
tniete, welches soeben den Priester
seaen empiingx John und — — —
Jch weiß nicht, wer die Andere ge
wesen ist. Ich weiß nur, daß wir
Beide wie im Taumel davon want
ten, ich weiß nur. daß John am näch
lten Morgen todt im Bette gefunden
wurde. Seine Rechte hielt noch den
Revolver. Er hinterließ an mich nur
tneniae Zeilen: »Es ist besser so.
Williants. Jch war im Begriffe. aus
lauter Liede einen Schurkenitreich zu
beaehem Ich bin bereits verheirathet,
mit einer -Schauspielerin. Ein Ju
aendltteich, länatt bereut. aber nicht
wieder mit tu machen. Lebe wohl fiir
immer-F
-—-,
Schlecht in der Grthographie.
Humoresle vonCugen Jsolani.
Unsere Apollonia war ein gutes,
braves Mädchen, sie war fleißig und
willig, aber trotzdem tvar sie un
brauchbar, denn sie hatte zwei ganz ge
zöhrliche Fehler.
Erstens war sie dunirnz ja wirklich,
sie war polizeiwidrig dumm. nahezu
blödsinnig. Hundert Mal am Tage
verursachte ihre Begriffsstußigleit die
T unmöglichen Mißverständnisse
Ihre Dummheit aber wurde nur
noch übertroffen von ihrer Veraeßlichsi
leit. Täglich tam es einige Male vor,
daß meine Frau zu ihr sagte: »Na,
Avollonia. bei Ihnen wird auch heute
wieder ver;essen groß geschrieben
Dann lacht unsere achtjiihrige Tru
de; sie weiß schon qanz aut, daß ver
gessen ein Thötiateitswort ist und daß
3 man es deniqemäß llein schreibt. Und
da schließlich die Verneßlichleit Apol
tonia’s bei uns die beiterste Stirn-«
muna at:slöste, so sagten wir zuletzt,
wenn das aus Ost-Preußen stammende
.M·ädchen wieder sagte: »Aber, Mr
damche, das hab’ ich ja jansz verjas
ienl« nur noch in solchernFalle: »Aber,
Avollonia, daß Sie so schlecht in der
LOrthgradhie sind, ist auch gar zu
siirchterlich!"
Uebriaens sann ich es Jedem em
vsehlen. die Fehler der Dienstboten
von der hettersten Seite zu nehmen.
Freilich, die Fehler bessern sich da
durch nicht« das thun sie aber auch
; nicht, wenn man sich über die Mängel
und Fehler der Dienstboten ärgert·
Auch die Veraeßlichteit unserer
Apollonia wollte nicht nachlassen. Ja,
seitdem wir diesen Mangel aus ihre
schlechte Orthographie schoben, pflegte
- sie. wenn sie irgend etwas wieder zu
thun versäumt hatte. sich rnit ihrer
»schlachten Ottoarasie« zu entschuldi
aen. Sie schien das siir einen Kraut
keitszustand tu halten.
Sassen wir beim Mittagsmahl, so
trna Avollonia die Supve aus ohne
Sande-stelle
.Avollonia, wie soll ich denn die
Suvve ausgehen?«
»Na. Madamche. ich hab’ de Rolle
verfassen!«
War sie dann hinausgegangen nam
dein sie die Kelle aereicht, so ergab sich,
daß bei einem ein Liiisel fehlte, der
andere veraeblich nach Salt auf dem
Tische suchte, der dritte staate, wo
denn seine Serviette sei. Beim Bra
ten verans- lie die Sante, war das
Kompott da, fehlte es an kleinen Tel:
lern dazu, und so aing es bis zum
Schluß. Apollonia blieb in einem an
und Herlausem so daß uns das Mäd
eben schließlich leid that und wir bald
aus dieses und bald aus jenes verzich
teten. Indessen ließ das dke Gutmü
thiateit und Pflichttreue des Mädchens
nicht immer zu. Erinnerte sie sich
schlief-liebl an diesen oder ieneannsch.
den wir geäußert, so siihrte sie schnell
den Befehl nachträglich aus, und so
brachte sie zuweilen, wenn wirilänast
vom Tisch ausgestanden waren, noch
das monirte Salzmasz oder andere
sehtende Sachen herbei.
Der gute Wille des Mädchens
trachte es denn mit sich, daß man über
diese aroßen Mängel Apollonia’s im
mer wieder biniveasah, und the nicht
lange böse sein konnte, aber er war
auch einmal die Ursache eines Vor-»
iommnisses, das leicht sehr böse Fol-;
gen hätte haben können. s
Eine Schwester meiner Frau von
außerhalb war zu uns zu Besuch ge-!
kommen. Nachmittagö«war sie einne
trossen. um liir einige Tage unser Lo
airgast Du sein.
— i.-«—--:- — ---«-«--.-«. «-.-;.·--·—-.-q—--..--«
Wir saßen gemiithlich beim Lasset
und verabredeten das Ver nügungs
prograrnm siir die turzbeme ene Aus
enthaltszeit meiner Schwiigerin. Am
selben Tage noch sollte das Theater
besucht werden, am nächsten Morgen
wollten mir ganz sriih einen Ausflug
machen.
»Bleibt es dabei?« fragte meine
Frau.
»Jawohl, sowohl!« bestimmte ich;
dann überlegten beide Schwestern die
Toilettensrage, und die Folge davon
war, daß meine Frau das Mädchen
tereinries und zu ihr sagte: ,,Apol
slonicn ivenn wir nachher ins Theater
Wangen sind, nehmen sie das Kleid
meiner Schwester, das sie ietzt noch an
hat und klopfen Sie dann tiichtig den
Reisestciub heraus. Aber vergessen Sie
es nicht« denken Sie daran! Machen
Sie sich lieber ein Zeichen ins Ohr!
Wir müssen morgen sehr früh fort.
denn wir machen einen Ausslng!«
«Ja, ja, Maoaiiiche, ja, ja. Ma
duinck;e! Ich werd’ mer schon zusam
mennemen und werd nich verj.1ssen!«
versicherte treuherzig die vergeßliche.
Matt-.
» Dann tleideien sich die Damen zum
Theater um, meine Frau machte noch
. mehrere wirthschnstliche Anordnungen,
»und roir gingen sort.
T Da wir noch nach Schluß der Thea
i teroorstelluuq mit unserem Gast in ein
Weinrestauront speisen gingen, so
wurde aus dem Abendausgan ein
NachtbunimeL denn beim Abeniessen
kamen wir noch aus den guten Ge
danken, unserem Gast ein kurz vorher
eröffnetes Wiener Case zu zeigen. So
wurde er- denn recht spät, ehe ioir noch
Hause tamen.
Meine Schwäaerin ai ng soaleich in
ihr Zimmer, und wir suchten unser
Schloszimmer aus und nicht linqe
daraus lagen wir bereits im tiefsten
Schlummer.
Plvtzlich weate mich meine Frau
und ries mir halblaut zi-: »Du,
Mann. Einbrecher!«
«Ach«, gab ich ärgerlich zurück, »Du
hast wieder geträumt! Lege Dich aus
die andere Seite und schlafe weiters«
«,.Nein, nein«, meinte meine Frau,
»ich lfabe genau gehört, die Thüre bat
deutlich gellappt!«
»Ach, laß mich in Ruh-, ich will
schlafen!«
Damit toollte ich mich riirlsichtslos
umdrehen, als sich im vorderen Zim
mer« ioo wir unseren Gast einlogirt
hatten. ein großer Lärm erbob.
»Siebst Du, siehst Du«, ries meine
Frau angstvoll, ,,jetzt sind sie vorne
bei JJinrthaz die arme Martbal«
Ich sprang natiirlich sofort auf,
warf meinen Schlafrock um und woll
te nach vorn eilen, aber ehe ich noch
die Thiir unseres Schlaszinimers er
reicht hatte — meine Frau hatte ink
zwischen Licht angesteckt —- tiörte ich
die Thiir geben, welche unser Speise
zimmer mit dem Hintertorridor ver
bindet, und in diesem wurden leise,
aber eilige Tritte laut.
Jch ries hinaus: »Wer ist da?'« und
leuchtete den siorridor entlanii Da
verschwand aber auch schon eine Ge
stalt aus der Kiichentbiir, dem Hinter
ausqana unserer Wohnung.
»Geb’ nur vorn zu Marth Wer
weiß, was rort passirt ist?« sagte mei
ne Frau, die aiich schon aus dein Bett
sprana, in ibren Schlafrock schlüpste
und mir folgte.
Jch war aleich vorn und rief nor
dem Zimmer meiner Schwägerinx
«Martba!«
»Ja, fal« tlana es schwach zurück
Jch wollte die Thiir aiistlinlen,
aber sie war inzwischen von innen
verriegelt.
»Was ist denn los? Kannst Du
nicht os. nen7« sraate meine Frau, di
mir iniwischen gefolgt war. ,,'Mach
doch aus, wir sinds ja, Robert und
ich!«
Da össnete sie: sie hatte sich auch
inzwischen einen Moraenrock überge
worsen, aber als wir in ihr Zimmer
getreten waren, sant sie halb ohnmäch
tig aus ihr Bett zurück.
»Aber so sprich doch, was war
sdenn?·'
WAch Euer Mädchen!«
«Apollonia?«
JSie ist ja verrückt aeworden!« sag
ste meine Schiröaerin
WAch warum denn?«
»Sie ivar eben hier ini StimmerF
« »Apollonia nian nnd teine trin
i brecket?« fragte ich beruhigt «-——
»Wer spricht denn von Einbrechernt
; Euer Mädchen drang mit einem Stock
T bewa7fnet in mein Zimmer. Erst
J glaubte ich. sie wollte stehlen. Sie
Hnachte sirb an meinen Kleidern zn
T ichjffen Aber als ich sie fraate, was
; sie denn da mache, sie möge sich schä
tmen und hinaus-Meeren da sah sie
zmich wie eine Walmsinniae an nnd
; sprach ganz itnverniinstiges Senat«
» »Na, was tagte sie denn -«
i »Ich weiß es ielbit nicht mehr, sie
tagte elsen verrücktes Zeug! —- Jch
bleibe hier jedoch nicht allein im Zim
mer«, jammerte unier Gast, oder ich
riegele mich sotort wieder eint«
»Na, erst komm nur«, sagte ich zu
meiner Frau, »wir wollen mal nach
Apollonia sehen! Die scheint aar nicht
wahnsinnig zu sein, sondern mir
scheint, sie ist ausgerückt und hat noch
Kleider von Deiner Schwester mitge
nvmmen. Jcb hörte ja deutlich die
Dinterthür gebeut«
Damit ging ich mit dem Licht vor
an, während meine Schivägerin, die
sich nun wieder erholt hatte, mir solg
ten.
So qingen wir durchs Eßzimmer in
den Hintertorridor, da hörten wir
deutlich, wie draußen aus der Treppe
qetprochen wurde, und ich konnte die
Stimme unseres Mädchens nnd un
seres Nachbars aus dein Hinterhause
unterscheiden.
»Sie verrückte Person, machen Sie
doch, daß Sie hineinkommen, stören
Sie doch nicht die Leute zur Nacht
zeit. Ich werde mich beim Wirth be
schweren!«
So schrie unser Nachbar-. «
»Um Gottes willen, was ist plötzlich
mit dem Mädchen geschehen!« jammer
te meine Frau, »die ist wirklich ver
rückt geworden!«
»Ach was, geworden!« sagte ich,
»die war-I ja immer, und etwas an
deres, als einen ihrer blödsinnigen
» Streiche hat sie gewiß jetzt auch nicht
» ausgeführt!«
; Damit wollte ich an die Küchen
i thür gehen und Apollonia heretnrnsen,
s als diese bereits selbst den Schauplatz
7 betrat. Jn der einen Hand hatte sie
. die Küchenlampe, in der anderen ei
nen Rohrstocl. und über dem Arm
" hatte sie Kleidungsstiictr. -
» So kam sie durch die Kiiche den
Hinteriorridor entlang. Da ihre Haare
«unfrisirt waren nnd wirr um ihren
Kopf hingen und das Mädchen mit ei
nem rothen Unterwck bekleidet war,
- der recht grell durch den nur mitthe
leuchteten Hintertorridor schimmerte,
; so erschien Apollonia wie eine Spuk
gestalt, und ich selbst wurde in der
That in diesem Augenblick an idr ir
re, ob sie nicht plötzlich wahnsinnig ge
Wskllcll Walc.
So tam sie langsam aus uns-, die
wir am Eingang des Wohnzimmers
standen, zu, ohne uns zu sehen. Meine
iSchtväqerin Martha zoa sich soweit
» toie möglich zuriich als ich aus Apol
’ lonia mit sesten Schritten zuging.
»Aus sie beim Namen. dann wird
sie erwackenl Sie nachtkvandelt!« ries
mir meine Frau noch zu.
»Siud Sie verrückt geworden!"
schrie ich sie aber an, denn ich merkte,
daß Apollonia ganz wach war. »Was
machen Sie denn setzt? Warum schla
sen Sie denn nicht?«
Sie ichrat zusammen bei meinem
Anruf und war betroffen. als sie uns
drei nun vor sich sah.
»Aber. ich bab’ doch schon im Vatt
selejen, Herr Vertraun Aber ich tonnt’
doch nicht schlafen. Du tust doch wie
der was versassen, so bullerte es im
mer in meinem Kops 'rum. Und end
lich, da bin ich drauf jetommen ich
liab verjassen. die Sachen vom Frei
leinche auszuklopsen.« s
»Jetzt, in der Nacht um drei Uhr
haben Sie die Socken oussaellopst?«
»Jaioobl, Herr Berti-um« setzt hab:
ich ja ausseklopvt. und nu werd« ich
mich wieder ins Bat leien!"
»Sie sind wohl wirklich ganz ver
riictt, Apolloiiia?" saqte meine Frau
ietzt. »Und da erschrecken Sie uns nun
alle so in der Nacht? Meine Schwester
ist aanr lrant aeivorden, so haben Sie
sie erschreckt!«
»Na, Ich hat«-Z doch dem Freileinche
sehnt, Madnmche, eg kommt alles von
meine schlechte Ottoar.isie!«
»Seht ihr-, seht ihr?« sliisterte meine
Zchtväaerin uns eu, »Jetzt redet sie
wieder irre: dasselbe hat sie erst auch
schon aesagt!«
Da lachten wir laut aus, und ich
erklärte dann unserem Gast, was es
mit der schlechten Orthgrapbie unse
rer veraeleichen Apollonia aus sich hat.
Dann legten wir uns wieder beru
biat nieder. um noch so viel oder so
wenia, wie Von der Nacht zu erwischen
war, siir den Schlaf, zur Stärkung
siir unseren Augslua zu erhaschen.
Am nächsten Kiindiaunag - Termin
aber betarn unsere Avollonia den Ab
schied. Sie war nicht untröstlich dar
über. Sie wollte in ihre Heimatli zu
rück. Dort, so meinte sie, aus einein
ostpreußischen Dorfe, da brauche man
nicht immer an so vielerlei zu denten.
Da schade ihr Ehre schlechte »Ottoara
sie« nicht.
-—-- — —»-—
dumm-mische Eigenname-h
Bei der Bildung von Spitznanien,
die später zu Familiennamen umge
wandelt wurden, hat der deutsche
Voltshumor, der mitunter ein sehr
grimmer Humor fein konnte-, wie sich
z. B. in dem Gedichte Meier Helm
brecht zei.1t, wo die riiuberischen Ge
sellen ,,Län·merlrblied«, ,,F)ijllensaet«,
»Riittelssjirein und »Mis-"chentelch«
heißen, eine reiche Erfindungsgabe
bewiesen. Drabsanft, Tindetellerz Ha
benuth Filißmieder. Scheudertaalaem
Zuchendrunl, Pauschennaein sind sol
che Namen, und eine ganze Anzahl
von ihnen kommt noch heute vor. So
Hobrecht tRechtlI-aber)), Kietebuich
Spanuth, Streckiuß und Thudichuui.
Die imperativische Form dieser Nai
rnen hinderte sie nicht, zu richtigen
Namen, zu Hauptworten zu werden,
die soaar im Sprichwort verwendet
werden tonnten. Solcher Spricbwör:
ter gibt es viele. »Eilesehr verschüt
tet die Sappe«, »Greifius Keller
wird nie voll«. ,,Svarhand und
Nahrhand tausen fremdes Land«,
»Der Arme beißt disk gotterbarm«,
»Habedant schmeth teine Subpe«,
»Kehrum führt euch«. —- Wenn wir
teute Ausdrücke wie Springinsseld
und Sausewind ganz als Haupt
worte gebrauchen, dann ist uns gar
nicht mehr bewußt, daß es sich dabei
urn scherzhafte Jmperatidbildungen
handelt·
MO-—
Orientirt.
Vater, gestern habe ich in der Geo
graphie einen Tadel bekommen, weil
ich Moskau nicht kannte.
Das- ist aber eine tolossale Unge
rechtigkeit von deinem Lehrer-Altes
rau ist doch un Jahre 1812 abge
brannt.
s w ..-. —
. Alte Jungfer czur Freundin): »Als
« ihn der Vermittler mir vorstellte, da
; wurde er ganz verlegen —- ach, und et
seufzte.«
K Freundin: »Na, das glaube ich
I -m."
Von den Spruches-·
Vater (tenommirend): »Mein Ju
lius, der Jurist ist. kann vier Spra
chen, Griechifch, Lateinisch, Franzö
sisch und Deutsch."
Bekannten ,,:·-a, drei kann mein
Sohn — der Forftgehilfe —- auch.
Deutsch. Plattdeutsch und Jägerh
kein-«
Sogar.
Lehrer (5um Kind): »Warum hast
Du denn den Herrn oben nicht hübsch
artiq qegrüßt und die Mütze abgenom
nien?«
Junge: »Ach, Herr Lehrer« das war
ia bloß mein Vetter!«
Lehrer: »Das ist ganz egal, sogar
wenn’s Dein Vater gewesen wäre
hättest Du grüßen müssen!«
Genau.
Polizist: »Meine Herren, das Ba
den im Fluß ist verboten!«
Ausslüglen »Warum sagen Sie
das erst jetzt? Sie haben uns doch
zugeschaut, als wir uns auszogenl«
Polizist: »’s Aussieben ist nicht ver
lyten!«
Gut gesagt.
Junge Frau (zum Bettler): «Sehen
Sie, die Speise, die sür meinen Mann
lestimmt war, habe ich Ihnen gegeben,
und nun muß ich für ihn etwas aus
dem Gasthsaus holen lassen-"
Bettler: ,,,Na bei Ihrem Manne
wären Sie auch mit de r Speise schön
nngelommijen
Bewegung.
Er: »Der Arzt hat Herrn Schmidt
täglich 9 Stunden Autofahren verord
net. «
Sie: »Das ist aber doch keine Be
fis-equan
Er: »Das Fuhren allerdings nicht
aber das Repariren unterwegs!«
Ganz sicher.
Ginheimischen Unsere Feuer-weht
ist heute zum Gausest nach Timpels
tirchen abgeriiclL
Fremder: Wenn nun aber hier im
Ort was passirtZ
Einheimiicher: Was soll denn passi
rcn, es sind ja alle sort!
Jm Frnurnvercia.
«,Na das tann heute nett werden
46 Frauen sind da und 49 haben sich
Wort gemeldet!«
Der Noth gehorcht-nd
»Ist es wahr, daf; Sie die Aelteste
vom Kommerzienrath Reichmann hei
rathen !Vollens«
»Ja, meine Gläubiaer haben ein
Auge aus sie gelvorfen!«
Aue-reden
»Schi1«1nen Sie sich denn nicht, ein
solches Faulenzerleben zu führenW
»Was soll ich machen? Ich kann
nicht arbeiten, ohne zu tauchen; und
das Rauchen hat mir der Arzt ver
boten!«
Deutlich.
Bewerbet: »Wird sich Ihre Tochter
auch entschließen können, mir in ein
fremdes Land zu folgen?«
Mutter: »O selbstverständlich. wir
lommen mit und wenn’s noch so weit
I ist!«
J
Scllisttkost
»Gott sei Dant, daß ietzt Aussichten
im Staatsdienst so miserable sind!..
Da kann ich ruhig noch ein paar Jahre
—— studiren!«