Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 22, 1909, Zweiter Theil, Image 13

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    se
i Dichterfrenndfchaft
Humoreste von helmntb Ort
wann
Es gab tetne lnutere und innigere
Freundschaft wie zwischen den Dich
tern Willibald Dein-sind und Hermann
Wind-ritt Freud und Leid theilten
sie smiteinander, aßem kosten es dazu
reichte in demselben Re nannt, ja sie
lichten sogar ein unsd djsselbe Mäd
chen· Das hätte freilich recht störend
auf ihre Freundschaft einwirten tön
sen. wenn einer von ihnen Aussicht ges
habt hätte, die Hand der Geliebten zu
»Unser-. Das war aber vorher-band
nicht zu befürchten; denn Vater Hüb
net war der Meint-n , daß man feine
Tochter nicht einein snne zur Frau
giebt, der fest ausschließlich vorn
Mr lebt.
Daß die Freunde dies nöthia hat
ten, la nur an der schreiend-en Unge
rechtig it der Theater - Direktoren.
r von ihnen hatte jelditverständi
mehrere Drarnen geschrieben. die
t ebenso selbstverständlich durchweg
eignem-te waren. Leider fah das
die «·reti-ion des Stadttsyeaters. an
Ue die Stücke mit seltener Beharr
lsichteit gesandt wurden, nicht ebenso
leicht ein wie die beiden Autoren, und
mit eicher Beharrlietiteit wanderten
die s-» dpiunigen stets wieder in die
Hände ihrer Erzeuger zurück
Eines Tages nun stiirrnte Her
senann Mein-darin auf die Bude feines
Mundes, schleuderte den mächtigen
adreier in die Waichichiifsel sind
fiel sodann dem höchst verblüfften
Willidald unt den Hals.z
»Mensch, freue Dich mit mir!
Mein Stück ist angenommen nnd wird
aufgeführt — wirklich und wahrt-as
tig aufgeführt« «
Der andere starrte ihn an, als sei
er dri- achte Weltwunder, verhielt sich
oder ini Uebigen etwa wie das Weib
Lots, d. h. er riihrte sich nicht von der
Stelle.
.Nicht wohr, es ist Dir auch uder
rafJLndY meinte Hermann
,, ute Morgen im Theaterbureau
tkmmt mir der Direktor liebenswür
unv höflich entgegen und theilt
mir -mit, daß sie das Trauerspiel
Siegende Liebe« genommen hätten.
sehr verwundert war ich ja allerdings
nicht« denn auch Du hielteft gerade
dies immer fiir das Beste von meinen
Sachen«
Endtich gewann Heinfrug Leben
und Bewegung wieder·
»Natürlich, natürlich! Ich gratu
lire Dir von ganzem Versen, non
Kanzem Herzen! Ich habe immer ge
fcgt, djß Du der größte Dichter von
uns beiden bist.«
Meinhnndt lehnte das Lob beschei
den ab. »Warte nur noch ein Weil
chen, wenn ich erst einen Namen habe,
werde ich auch Dir zur Anerkennung
verhelfen«
Der andere schnitt ein etwas säuer
liches Gesicht, dann fragte er:
»Warst Du fchon bei Helene, um
ihr du ireudiae Ereigniß mitzutbeis
len«i«
Glückftrahlensd nickte Hermann
»Es ist, als wolle das Glück mich
M überfchiitten Der Erfolg gab mir
tb, sie zu fragen, ob sie mich liebe
-- fie liebt mich, Willibatv, sie liebt
errich! Wenn mein Druma au geführt
ist, will ich mit ihrem Vater sprechen.
Denn ich fühle es, ich werde einen gro.
ßen Erfolq haben«
»Und wann findet die Auffiibruna
satt?«
«Jn drei Wochen schon, »in inni
ien. Selbstverständiich stellen Dir so
viel Villers zur Verfiiqung, wie Tit
baden willst."
Aus Wiltidjlds Gesicht erschien ein
nachdentlirtfer sun.
»Ich wäre Dir sogar recht mitt
l«nr, wenn ich dieselben - sagen wir
zwölf Stiict « znögiichst bald haben
tönnte.« -
»Gewiß. aervisz, Du soltst sie haben
sdbald überhaupt Billets ausgegeben
werden. Doch Du enstschuldsgjt mich
seht wohl, ich muß zurn Schneiden
rntr einen Fract zu bestellen.«
Er stürmte djvon Unsd während
Dei ins sich aus dein Ofen ein Paar
Wii chen zum Mittagessen warm
machte, sah er tiefsinnig vor sich hin
lwie einer, der sich mit großen Plänen
trii i.
sitei Wochen vergingen. Zwischen
den- veiden Freunden war altes beim
alten geblieben, nur daß sich Heinsiug
bemühte, Meinhardt möglichst aus
dem Wege zu gehen. Das war nicht
r schwierig, denn die Zeit des
Dichters ivnr mit Proben und anderen
Dingen so in Anspru Year-innrem
daß er sich tautn um « ibald be
tiinrrnern konnte.
Es war am Ersten. insrus be
nriihie sich eben, in deni keinen russp
schen Eisenosen ein Feuer anzuma
chen, als eh an die Thiir klopfte unsd
aus sein miirsktsches «Herrein« sein
Schneider iiber die Schwelle trat. So
ort nich-n er ein liebenieviirdigeg Ge
chi an und streckte dein Eintretenden
die band erste en.
«Mvtgen. l c Mteisiert No, Sie
wollen W Ihr Geld haben? ·
tonn es Ihnen zwar heute noch nicht
geben, aber in ein paar Tagen betont
tren Sie ei qetvih.«
Der einsame Meister machte tein
ebr nungeisreuvige chi. »Das
ers-r e c r immer, er Dein
I. Bei Ihnen is auch garnichti zu
wollen«
»Sie können sich diesmal daraus
verlassen. Und es hängt sogar zum
Theil von Zimn ob, ob Sie Ihr Geld
i beten-neu oder nicht. Von einem
frei-nd von sur wird ein Stück ausge
4
führt« das viel Geld einbrin; en kann, !
wenn es Erfolg hat. Und dazu sol
im Sie ihm verspeisen Meiste-. « I
»Ich? »Ach machen Sie doch teinel
Lin-Schrein Herr hkinsius.« l
«, mache nor teine Witze es ist!
sehr ernst gemeint Ich weit-, jn, daß
Sie gern in s Theater gehen s
.Das wissen Sie? Aber ich bin
seit zwölf Jahren nich mehr da gen-e
»Sei-Nie darum müssen Sie mal
wieder hing-sehen, und Jhre Frau und
Ihr Söhne-it inich Ich har- hie-:
drei Bi llets siir Sie. Das Stück mei;
nes Freundes ist ein Lnltsie
tann aber natiirlich nur Ee olg hat«-n
und Geld bringen, wenn tüchtig ne
licht wird. Und das sollen Sie tsse
sorgen.«
»Wenn ich dann mein Geer kriege,
thue ich es mir Vergnügen Also la
even soll ich, weiter nichts?«
»Nat- lachen, und zwar triistigt
Wen-n dann ver Vorhang das erste
Mal fällt, miissen Sie »Brnoo!«
schreien und nach dem Dichter rsusen.«
Schön, das werden wir wohl bes- (
sorsent Jch schreie solanae nach Dem
Dichter bis er tonnnt. «
»Das thun Sie man, und wenn«
Sie Ihre Sache aut machen, ist Ihnen
auch Jhr Geld sicher.«
Der Meister qing, und lachend riet
sich Heinsius die Hände i
»Es ist gut, daß der biedere Meiste-»
ein so hervorragendes Kunstverstiind l
niß besitzt, « murmelte er vor sich hin.
»So-ist lönnte niir der Svssz Doch
noch verdorben werden«
Jn kurzen Zwischen-räumen erschie
nen nun Schuster, Bärter und andere
Handwerter. Mit allen verhandelte
Heintseus dasselbe, und nlg er sich des
Mittags zum Aus eben fertin machte.
hatte er die sünfzeän Billets, die ihm
Meinhardt zur Versüaung gestellt
hatte, glücklich alle vertheilt.
Er lenlte seine Schritte zur Woh
nung des Freundes. Vor der Tlnir
nahmen seine Ziiae einen ernsten be
tiimmerten Ausdruck an mit dem er
über die Schwelle trat.
»
,,« habe eine unangenehme Wam
riclt nnangenehm fiir uns beide«.
sagte er nach der Bemühung »(skine
alte Tante von mir, der ich großen
Dank schalt-, liegt schwer trank und
läßt mich rufen. Jch werde Ilso wohl
der Erstauffiihrung Deineg Wertes
nicht beiwohnen lönnen, lieber
Freund.« .
»Das ist traurig. Ich werde Dir
aber jedenfalls sofort tele-:raohiren,
wie die Sache ausgefallen ist.«
»Das thue nur. Und ich wünsche
Dir von herzen einen großen Erfolq.
Was ich thun konnte, Dir einen sol
chen zu verschaffen, habe ich redlich ge
than.«
»Noch den Proben habe ich aller
oings große Erwartungen Ich beab
sichtigte erft, den ersten Att noch etwas
umzuarbeitem denn er ift meiner
tieberzeugung nach das einzige schwa
che an dem Stück Aber bei der (5ile,
mit der die Vorbereitungen zur Auf
fiihrung betrieben werden, war mir
das nicht mehr möglich«
»Es ist absolut nicht nöthig«« sagte
Heinsius im Bruitton der Ueberzeu
gnug. »Doch nun lebe wohl. alter
Junge, und aus ein fröhliches Wie
dersehen!"
Er ging, und mit einem fröhlichen
Meisen, das gar nicht zu der Stirn
muna eines trauernsben Neffen poßte,
schritt er eine balde-Stunde später zum
B.1lrnhof. —
Vier Taqe später meldeten vie Hei
tungen, daß die Ausführung der Pre
miere des Meinhardt’schen Tramag
trean plötzlicher tsrkrantuna eines
Schauspielers habe verschoben werden
müssen. Statt dessen rverde ,,Tor
citsto Tasso« aeaeben.
Feierliche Stinnnuna im Theater
ocr Aufgeben des Borbanarö. Dir
ersten Worte des Stückes durchtönten
darl Haue « a erschallt voin zwei
ten Nana her dröhnendeg Gelächter.
»Bravo, bravo, is ja ar:)fs,nrtia!«
dringt es pus dem Munde eine-J bie
deren Grüntranhändlerrs, der da in
der ersten Reihe sitzt. llnivilltiirlisix
richten sich aller Augen auf ihn.
»Rube!« und »«Schineis3t doch den
Kerl ’rau§!« tönt es von allen Seiten.
»Na, ich werde doch wohl noch la
chen können!« meint er entrüstet, zieht
es aber doch vor, seine Lauten Aus
briiche zu dampfen.
Einen Augenblick später aebt es
überall los. Dröhnendes Geläckter
erfüllt das Haus, von allen Seiten
wird ,,Braoo!« geschrien. Die Schau
spieler sind in Verztveislunm der Di
rektor schickt einen Theater-Diener zin,
was das zu bedeuten habe. In das
Lachen mischen sich qebieterische Rufe
nach Ruhe, Zischen, turz ein allgemei
ner Lärm bricht aus.
Endlich wird ei wieder still, der
erste Alt wird zu Ende gespieit. Kaum
aber fällt derVorhana, erhebt sich wie
Mk wilthendes »Bravo!« - Geschrei,
»Der Dichteri« unsd »Goetbe raus!«
wird gerufen. Das Publikum im
Partett fängt an zu lachen. andere
werden iviitbend, der Direktor gelinde
gesagt rasend, die Theaterdiener ver
lieren den Konf, die Darsteller erklä
ren, die Bühne nicht wieder betreten
zu wollen. Endlich findet man die
Schuld-lara heraus-, ein paar Leute,
die wie bessere Handwerker aussehen,
werden binausbefdrdert, saber die
Stimmung ist rettungslos verloren,
die meisten Zuschauer verlassen schon
vor dem lehten Alt das Theater.
Am nächsten Morgen berichten alle
itun en derStadt über den bei
pyllo en Stank-ab Aus die Woly
nnng des Dichters Willibald Heinsius
aber laufen Bäcker. Schneiden Schu
ster und andere Leute mit verbunde
nen Musen und wutljveedissenen Ge!
ftchtern einen förmlichen Sturm frei-«
lich nur um an der Thiir zu lese-l. d
fLeere Heinsins auf kurze Zeit verre«t
ei. - -
Ein paar Tage später tomrnt Hein
sius, fvergniiat ein Liedchen pfeifensd.
spät Abends vom Bsahnlwf her in die
Wohnung seines Freunde-L »Da Ck
tein Telegramm erhalten nat und til
den Zeitungen nichts von JJteinthatdks
Stück stand, ist er sicher, daß es voll
ständig durchaefallen ist.
Aber sreudeftrahlend, noch imFracL
lomint ihsin fein Freund entgegen.
,,Gratulire. mir, kabe einen »als-nen
den Erfolg gehabt! Fiinszig Ausfüh
rungen sind mir sicher, dazu natürlich
Helenen-.- Hand. Jch sage Dir, —-- es
lrar groß-artig heute ·21kend.«
»Heute Abend? Ja tviefo —- ich
verstehe nickt --— - « stammette der
sassunaglofe Willilssald ,
»Hast Du denn nicht gehört, daß
mein Stiick nin ein paar Taqe verscho
ben irorren ist? Unser Heldendarstels
ler X. irar leicht ertnnlt, so daß er
am Auftreten verhindert war. Schade.
daß Du nicht ein Paar Stunden flü
her qetvminen dist, fo hättest Du M«
dabei sein können. Wie gebt es iibris
gens Deiner Tante3«
»Sie ist todt«. sagte Heinsius mit
Grabesstiinrnr. Und diesem trautigen
Umstand war es wohl auch zuzuschrei
ben, dass. er teine rechte Freude über
das Glück feines Freundes In den Tag
legen konnte.
Am nächsten Morgen aber hat-te er
einen dorten Strauß mit seinen Gläu
bigern zu bestehen, die ihm die ver
höngnißvollen Freibilletg und seine
wohlmeinenden Rathichläge hinsicht
lich ihres Benehmens im Theater nicht
vergessen hatten. Alle seine Ausreden
und Entschuldigungen waren ihrer
gerechten Entrüftung aeaeniiber ohne
Erfolg.
Und während er sich mit umdiifter
tem Gemüth auf das baldige Erschei
nen des Gerichtsvollzie rs gefaßt
machte, gingen allerlei tie sinnige Be
trachtungen über das-« Wesen wahrer
und uneigennüyiger Dichterfreunds
schaft durch seine hie ins Jnnerfte
äußerst betrübte Seele.
—
Der Wechsel.
VonWilhelm,vonButtla1-.
i Es waren sehe schlechte Zeiten. Das
Geld war m und in meiner Ka e am
iarsten. Eines Morgens stand i seht
spät mit dem Bewußtsein aus, mein
Wechsel sei heute fällig und müsse bis
3 Uhr be ahlt werden, ohne daß ich je
doch me t als der nn im Mond
wußte, woher ich das- ld dazu neh
men sollte. Jch hatte in der Nacht al
lerlei von unnützen und tantalusarti
gen Versuchen geträumt. etwas in
meinen Taschen zu finden. Als ich
erweckt zeigte es sich, daß es mehr
als ein Traum war. Beim Anziehen
ging heute Alles verkehrt. An den
Beintleioern fehlte ein Knopf, im
Oberhemd wollten die Knöpse nicht
sitzen, die Krasgentnopslöcher waren
stärkenertlebt, der Schlips kutschte im
mer hoch - so ging das weiter. Und
immerfort wiederholte mein Gehirn
den einen Zah: »Wi) soll ich das Geld
hernehmen?'«
Beim Frühstück gings auch ni t
besser. Der Aassee war siedend hei ,
tie Brötchen steinhart und mein Appe
tit schwach. Auch hatte jeder Gegen
stand die boghafte Tücke, mir auf der
Hand zu fallen. Das Brotchen suchte
sich einen Platz ans meinen neuen
Beinlleidern. natürlich mit der gestri
chenen Seite aus dem Stoff, der Sah
nengießer zerschellte und ergoß seinen
Inhalt iiber ksie Morgenzeitnng es
war zum Verzweifeln. ,,Wo soll icll
das Geld kernebmen«, repetirte mein
Gelzirn bereits automatisch
liin Uhr Mittags-! Bis drei Uhr
muß der Wechsel eingelöst sein! Ich
nahm mein Notizbuch beivon als soll
te mir aus ihm eine Erleuchtung kom
men. »Kann ich nicht schnell noch et
was von meinen Außenstiinden ein
treiben? dachte ich. Jch Thor! Wer
konnte jemals eine Schuld eintreiben.
wenn er Geld gebrauchte!
ikin halb iwei Uhr! Wo nehm« ich
die dreihundert Mart her? Jch dachte
an Vanderbilt, an die italienischen
Banlnotensiilicher, an das- großeLor)S,
an spian Katze und — an meine eine
nen leeren Taschen.
Zwei Uhr- Nie in mein-ern Leben
hatte ich so ernsthaft gegriibelh Aber
mit Denlen tann man keinen Wechsel
einlösen. Doch siehe! Plötzlich tam mir
ein brjuchbarer Gedanle. Zu dumm
nicht gleich darauf zu locnmens »Ich
will mir das Geld boraen!« ries ich so
laut, daß ich selbst erschranl.
Und spornstreichs rannte ich zu
meinem Nachbar, deren A.
»Lieber Herr Nachbar«, sagte ich
»Sie sind ein wackerer Mann. Tbun
Sie mir den Gefallen und leihen Sie
mir schnell dreihundert Max-U ,
»Dreihundert Marti« ries ei aus
und rollte mit den Augen wie ein Pa
-tagonier vor dem Grasmsmophon »Ich
habe leine einzige im Hause. und wenn
es mein Leben gälte. Der letzte Pfen
nig ist bin. Mein Sohn hat hweiund
vierzigtausend Mark an meinen Tros
senten reinittirt, ehe ich diesen Mor
gen in’ö Kontor herablam.
Jch mertte, daß biet nichts zu be
kommen war. Und da ich obnebies
teine Zeit zu verlieren hatte, eilte ich
zu meinem besten JreKnd Herrn B.
»Mein theurer, re nd«. sagte ich·
»leiben Sie mir trus besonderer Ge
fälliateit siir einige Tage dreihundert
Mates" ,
»Deeihundert Mart!« sagte er.
»Ja, brauchen Sie denn he Gelt-W
»So dringend«, erwiderte ichs »daß
ich es nicht nöthiger brauchen könnte,
wenn es sur mich Ieltst wnre.«' l
»Ja, wissen Sie, es thut mir leid«,
meinte er nach einer mit unendlichl
dunkenden Kunstwuse, »aber heut u-»
tage ist das Geld knapp. Gelt-! Zieh
giaube wirklich, es ist alles auf den
Grund des Meeres gesunten. Teufel
auch! Und gleich 300 Mart! Watte
hastiz wenn ich einen Zehnmartichein
hätte ich triirde in der Stadt umher
kauer nnd ihn als Rukitiit iehen las
en.«
»Als-) guts sagte ich zu mir, »Mit
muß ich meinen dritten Versuch ina
chen.« Also rannte ich zu meinem
dritten Bekannten und trug ihm die
selbe Bitte vor. !
»Dreihundeet Mart«, inqie et mit!
einem Gesicht wie ein Kielet Bückiing,
der plötzlich in Schlagsahne einaepactt
wird. Dreihundert Matt in diesen
schlechten Zeiten. Ich bitte Sie! Alle
Welt macht ja Bantetottl Und die
Bauten distontiren nicht ine!yr.«
Wie die Posaune Des jüngsten Lite
richte schlugen diese letzten Worte an
mein Ohr: Und die Banten die-konti
ten nicht mehr.
Aber noch immer nicht riillia ents
H muttjigt -— es war bereits halb k-; Ub!
--- raste ich ini Sturmschtitt tu mei
nen Freunrien D. und E und F.
Uebecall dasselbe Lied: Schlechte Zei
ten —- Fasliien, die Banien bist-tritt
ten nicht mehr « es tonnnt tein Geld
ein.
himmel, hast du teine Flintek Wie
solt-te nun werden. Halt! lfine letzte
Aussicht blieb mir noch: der würdige
Herr Aaron Scharf. Zu ihm!
Der listige alte Fuchs, der an der
Ecke seiner Straße mit einem baute-.
rotten Kaufmann unv einem prozen
losen Rechtsanivalt im Gespräche
stand, sah mich wohl iin Tempo eines
TourenrennewAutomobilg Hei-ankom
men. Gewiß, er sah mich tomrnen
und wußte sofort, was ich wollte --—«
denn diese Menschen können ebenssoaut
das Nahen eines geldbediirstigen ver
zweifelten Schuldnerswittem wie ein
Geier ein Aas loittern tann —— aber er
that, als sit-be er mich nicht. Er
wußte ganz gut, daß ich teine halbe
Stunde Zeit mehr zu verlieren hatte,
und ich, daß es das unwichtigste
Zeug von der Welt war, was die Drei
da verhandelten
Trotzdem scheute ich mich, ihn direkt
anzusprechem Er wiederum vermied es
sorgfältig, nach mir hinzusehen Fast
zehn Minuten wartete ich fo, feine
Geiz-litten mit ihrem unnützen Ge
wäsch tausend Meilen dar-m wün
schet-»d; und alle zehn Sekunden wars
ich einen verstohlenen Blick nach dem
Zifferblatt der Rathhausutyr hinauf,
das Fortschreiten des Zeigers beobach
tend, sder mit sürchterlicher Schnellig
teit dem Punkte zueilte, jenseits dessen
es siir meinen Kredit teine Rettung
mehr gab. Es ioar mir geradezu
riithselhast, daß er mich nicht sehen
konnte oder richtiger nicht sehen woll
te; denn ich war in viel zu großer
Ausre ung, um daran zu deuten, daß
die «Il;zenschen, und vornehmlich vie
Wucherer, diejenigen, die sie in ihrer
Gewalt haben, gern zu quälen pflegen.
Die zehn Minuten erschienen mir wie
ebenso viele Stunden. Endlich aber
stellts sich mein Mann, als iverve er
mich plötzlich gewahr.
»Ah, Herr Schwarz-tauml Wie qeht
es WneUP
Mein Herz saß mir in der Stehle;
denn es waren nur noch wenig mehr
als ztvanzia Minuten Zeit bis zum
Schluß der Bank, und mein Wechsel
trat noch nicht bezahlt. Fürwahr,
nichts Wiinschenswertbes siir einen
Mann, der einen auten Namen und ei
nen guten Ruf an der Börse zu haben
bestrebt ist. Ich war kaum imstande,
meine Verleaeiibeit zu schildern, aber
ein Wucherer kann ja die Nebenum
stände auch aus halben Worten entziss
fern.
,,·Geld leiheu!« ries er aus. »Das ist
so ganz und gar nicht meine Sache,
das thue ich nie.«
«ch»Nein, gewiß nicht« ich weiß,« sagte
i
»Nein,« erwiderte er, indem er mit
größter Gleichgiltigteit seine Schnupf
tabatdose hervorzog und mir einePrise
anbot, »aber schließlich aus besoan
Gesälligteit, weil Sie es sind —- ich
lenne jemand, der es vielleicht thun
wird.«
»Wer ist es?« srsaate ich mit ebenso
erheucheltem Ernst. obschon ich recht
aut wußte, daß dieser Jemand nie
mand anders als Aarou Scharf selbst
Wüt.
»Ich will zu ihm aetxen und Ihnen
dann Bescheid aeben,« versetzte mein
wackerer Freund, »toinnien Sie in ei
ner Viertelstunde zu mir — möglich,
daß es sich machen läßt«
»Jn einer Viertelstunde? Aber nicht
wahr-, Herr Scharf, bestimmt; denn es
ist keine Minute zu verlieren«
Der Kerl sah so rubia aus, als
wäre das aanze Geschäft nicht mehr
tvevth als ein Strohhalm. Wir trenn
ten uns, und ich sah ihn die Straße
hinausgehen, das Postgebiiiide um
schreiten und sich dann in seine Höhle
begeben, ohne daß er unterwegs mit
einer Seele qesprochen hätte. Als zehn
Minuten um waren, asing ich zu ihm.
»Nun, Herr Scharf?«
»Ich bin bei dem Manne gewesen«
aber er ist,nicht zu Haus«
Das dachte ich, heißt zehn Pro
zent mehr von mir fordern. »Aber die
Sache eilt, Herr Scharf!« sag-te ich
dringend·
»Ist fünf Minuten werde ich ihn
sicherlich tressen,« entgegnete er. »War
ten Sie hier-, und ich mit mich wieder
aus den Weg machen.«
Daß ich rdiesem Gesellen einen Stein
ins-S Gesicht fehlend-ern tönntet Dis
Geld alle diese Zeit-ihre in der Taictse
—seine Beute zu Tode zu quälen, ehe
er sich ihrer bemächtigt!
Mein ivahrheitslickender Freund
ging wieder for-t, spazierte rund um
das Postgebiisude herum und let-m wie
det zurück. Es war beinahe drei Uhr,
und ich stand wie aus-Kohlen, jede Mi
nute schien mir eine Stunde.
Run, Herr Schan was sagte der
M-ann?«
.,,Was er sagte?« versetzte der Vie
derrnann, den« Kopf schüttelnd »Nun
esr sagte, daß heutzutage Geld Geld
it.«
»Ganz richtig, Herr Scharf, dog
wußte ich bereits vorher. Aber unt
Himmels willen! Will er meinen
Wechsel bezahlan«
»Er ist nicht nogeneisg-t,'« erwiderte
rnein Quäler mit unheimlicher Ruhe
und äußerster Gleichgiltiateist-.
»Und fiir wieviel, Herr Scharf?«
»Er will es nicht unter 50 Prozent
thun.«
,,5l) Prozent! Herr Scharf, sicher
lich, Sie baten fis-ts- nerhiirt, 50 Pto
zent aus drei Monate! Das ist ja ents
Irtzlich!«
Der Wucherer bewegte bei diesen
Ausrufen teinen Klinglel seines-Gesich
tes. Er sagte tein Wort, sondern liesz
iichs gleichgskltig auf einen Stuhl nie
der, obschon er wußte, daß meinAredEt
nicht drei Minuten meist zu leken lthte
--—ja, er nahm sogar eine Zeitunq zur
Hand und stellte sich, alg ob er lese.
Kieselherziger Schutte! dachte ich
isri mir. »Sei-eitlen Sie wirklich 50
Prozentism
»Ja,« entgegnete der Menschen
freund, ohne auszusehen.
Jch fah ihn einen Moment starr an,
» dann wen-f ich einen Blick ans meine
Uhr: es war genau zwei Minuten vor
drei Uhr.
»Hier ist mein Wechsel, HerrSri)arf,
; Kommen Sie, schnell.« .
s iEr zählte das Geld auf, gemäclslich
ein Goldstück nach dem andern. Ich
flehte ihn an, sich zu beeilen, tonnte
endlich das Geld ein-streichen und eilte
zur thür. »Warten Sie,« rief er,
szse heben meine Provision ver-ges
en.«
»Provision! —- Zum Henker! —
Aslser keine Umstände — wieviel iit"5?-«
»Sie haben einen so unvortheilhafi
ten Handel mit ihm gemacht," versetzte
er ruhig, »daß ich wohl nicht viel for-«
dern darf. Allein, da ich fiir meine
Familie sorgen muß — Sie wissen-—
nun, mit zwanzig Mart solle gut
:ein.«
Seine Familie muß aus Vampnrer
bestehen, dachte ich. Jn diesem Augen
blict bedann die Rathhausuhr drei zu
schlagen. Ich fuhr zur Thür hinaus
und wie-r unten auf der Straße, als
wäre der Genichtsvollziebxer mir auf
den Fersen. Jch rannte gegen einen
Rollwngen, sprang iiber den Schuh
tarren eines Straßentehrers, stieß eis
nen Schntzmann an, drängte mich
durch die Passanten vor dem Bantnei
böude, ftolperte die Treppe hinauf
stieß mir an der Thiir die-Nase entzwei
und stürzte an den Schalter in der
letzten Sekten-de der letzten Minute
der letzten Stunde dei- letzten Fällig
teitstages.
»Sie haben noch eben leren Termin
eingehalten," sagte der Bantdeamte.
Beim Fertgeten fah ich auf der
Straße ein großes Ungeheuer von
Bullenlieifier nnt einem elenden, bald-«
verhunderten Pinscher unter feinen
Pfosten, dem er gerade den letzten
ilthemzng ausdrefite Ein Wnche
ier mit seinem Schuldner!
Die Tochter der letzten Den
von Alster.
Aug Kairo berichtet Inan: Jni Alter
ron lltt Jahren starb hier dieser Tage
tlnima Hanetm die Tochter des letzten
Den von Algie.r Sie war bis sum
leyten Abend ihres Lebens körperlich
und aeistia frisch und erzählte nicht
bloß treu Szenen von der Einnahme
Algiers durch die Franzosen, sondern
erinnerte sich soaar noch an das Vom
bardernent ihrer Heinsathstadst durch
Lord Exmouth inr Jahre limi. Alc
ihr Vater Hussein durch seinen un
glückseligen Einfall« seinen Fliegennw
del dem französischen Konsnl an den
Kopf zu werfen, den Konflitt mit
Frankreich verursacht nnd gleich dar
auf durch den französischen Mutschall
Beourmort Thron und Reich verloren
hatte, flüchtete die Den-Familie zuerst
nach Livorno, dann nach Neapel,
schließlich nach Alexansdrien. Hier hei
rathete Anima den ti·yptischen Paicha
Tanmar. Vor fünf Hechten im Alter
von Ule Jahren, ent chloß sich Anima
zur Uebersiedelung nach Kairo
Gebannten-litten
Co tann sein, daß nicht Alles wahr
ist, irae ein Mensch dafür hält, tdenn
er tann irren); aber in Allem, wag er
sagt, man er ioalsrhaft sein ter soll
nicht tanschen). Kant.
T- -i· it
Dsie Leiden sind wie die Gewitter
walten; in der Ferne sehen sie schwarz
aus, iiber nng taurn grau.
Jean Paul.
s- y- -«-·
Es- giebt teine unviegsiarncren und
härteren Menschen« als die immer mit
Betrachtung ihres ltnqlijcks beschäftigt
sind. E. Ch. Kleist.
W
Ein satter und ein hungriger Mann
werden sich immer schwer verstän
, digen.
LIMI
Er: ,,H«.1be in meinem Leben erst
einmal einen Korb bekomimen!«
Sie: »So, wann war denn das-W
Er: »Als ich zur Luftlchisserabthei.
lung inultum-bitt wurde!«
Diplpmaiir.
»Wissen Sie, mii der Diplomatie ist
es eine eigene Sache.« ·
»Ja, die Diplomaiie ist die Kunst,
den andern qlanben zu machen, daß
man glaubt, was man nicht glaubt."
Nicht abzuweisen
Hansireu »Kaner Se Mir ab 800
Lieder zum Miisingen for nur 10
Ceni5.« '
Herr: »Kann ich nicht gebrauchen.
Jch habe gar leine Stimme."
Honsiter: »Nu, singen Se, so gu?
Se kennen.«
Vorm Theater
»Aber, Dorchen, du weißt doch, ich
bin Anwalt, weshalb nennst du mich
denn immer Theatervorsteher?«
»Na, weil de eben jeden Abend vor’Z
Theater siehsi.«
Aue der Schule-.
»Wenn ein Wirth sechs lebende Hüh
ner hat, und es kommt eine Gesell
schaft, die drei und ein halbes davon
ißt, wieviel Hühner leben noch?«
»Zmei und ein halbe5.··
Berliner Junge-.
Fritz: »Vater, ninirnste mir morjen
mit in«n Jrunewald?«
Vater (frenndlich): »Wie heißt es,
mein Junge?«
Fritz: ,,Lieber Vater. nimmste mir
morjen mit in’n Jrunewald'7«
Vater lernster): »Junge, wie heißt
eS?«
Fritz: »Bitte, lieber Vater. irimmite
mir niorjen mit in’n Jtunetvald?«
Vater (ärgerlich): »Bengel, wirst
Dass nun bald richtig sagen?«
Fritz: »Na, Vater, wenn ict nu
mich sage — niinniste mir denn
mit?«
Heini-lichte Spiel
Die Mutter eilt in die Kinderstndc
und sagt zu ihrer kleinen Tochter:
»Minna, wie kannst Du nur so lar
men nnd schreien? Spiele doch ruhig
wie Tommh, siehst Du, den hört man
nicht«
»Natürlich lärnit er nicht.« entgeg
net das Mädchen, »das- ist eben unser
Spiel. Er ist der Papa, der spät nach
Hans tonnnt, nnd ich bin Du.«
Doppeltiniiiq.
Professor: »Gn«cidigeg Fräulein ha
lsen sich verlodt, wie ich höre?«
Fräulein: »Die Verlobung ist schon
wieder aufgehoben, Herr Professor.«
Professor: »Ei, ei, wie schade . . -
nnd wie hieß denn der Gliickliche'?«
Im lfitenlmlmwanew
Mannen Sie mir saaen, wann wir
in War-schau airtointnenZ«
»Nein, aniidiger Herr-; aber auf dem
Bahnhos in Wurschan liiinat eine große
Uhr. Wenn wir dort antonnnen, tön
nen Sie gleich nachsehen«
Mir-ad anderes-.
tfriter Geschäftsreisenden Sie ar
iner Mensch! Sie werden also überall,
wo Sie Ihre Waaren anbieten, hin
ausgeworfen?
Zweiter Geschäftsreisenderr O, das
hat gar nichts zu sagen. Die Tour,
die ich jetzt mache, ist eigentlich snehr
eine Vergniigunggreise
Zwei llngliirtessitite.
Leg mal, Hein, wat machsie denn
för en Gesicht, Din Olle ig ivvhl ge
stoer
Das schon, aber min Snaspstnttel
is mi o noch uten Finster ’jalleu·