I— ! « Ver Schatzgrithen : Eine heitere Shloeltergelchichte von Iris Brentanok Nun war der alte Kapellbauer schon fasft drei Jahre todt und Manna vie junge Bäuerin, war noch immer Wittwe. Die Monita tarn als blutjunges Dan auf den Kapellenhof, seit-ur dentlichen Zeiten so g’heißen, von wegen einem alten, halbverfallenen Gebethaus, das auf dem Grundstürt des Bauern stand, und längst nit mehr im Gebrauch war. Sie war eine Waise. Unter Kummer und Sorgen hatte die arme Mutter ihr Kind, die Monita, aufgezogen und all dieses achtzehn Jahre alt und etse gar büb lclje und brave Magd auf dem Hof des Quantner geworden war, da hatte die alte Kenzi. ihre Mutter, sich hin gelegt un war gestorben, nachdem ssie noch dern Kapellbauer wenige Minu ten oor ihrem Ende gar herzhrechend ihr arrnett Waiiel empfohlen und ihn beschworen hatte, darüber zuwachem daß es der Dirn nit schlecht ergehe. Der Alte hatte das fest versprochen, allein bald herausgefunden, daß es nit io leicht lei, eine lebensfrilche Dirn zu behüten. wie etwa eine Lieblings tuh. Denn die Buben im Ort waren hinter der Monita her wie narrisch und wenn diese auch tapfer allen wi derstand, so konnte, wie sich der Mai thias l:gte, doch der Teufel eines-:1 Ta aks·sein Spiel machen. I unli ais et on einem Urtmeomg wieder einmal von feinem Tisch in der Ecke des Wirthshauiifaales aus dem Tanz der Jungen und Alten zu fchaute und fah, wie die Burfchen« zum Aeraer der iibriaen Weil-few sich nur um die Monila drängten und diefe aus einem Arm in den anderen flog, da ilbertam ihn ein Gedanle fo plöfslich und fo siedia heiß, da er un willtiirlich fein rathlarrirtes chnupf tiiehel heraualangte und fich damit fet nen fchrn ftart tahlgewordenrn Schä del abwifchte. »Jessas, Jessas!« murmeite er vor sich hin, »wenn das ainaet, das wiit’ sind's a’fch-itfte! So wär i all meiner Sorge los um die Dirn. Freili wer diene lachen im ganzen Ort und rni an alten Narren boaßen, aber das fcheert mi nir. J bin mein eig’ner Herr, hab nit Kind, nit Kegel. und wenn nur däe Monila rni nimmt, dann lann mir die ganze andere G’ föllfchaft den Buckel runter rutichen.'· Und die Monila nahm ihn wirt lich. Denn sie war ein g’fcheite5 und prallifches DirndL und als fie am anderen Moraen nach dem Kirmesss tag ver Bauer in feine Stube rief uan sie ohne lange Vorrede fragte, ob sie» feine Frau werden wolle. ds: war ssie freilich zuerft erschrocken. Als der« alte Matthias ihr aber in feiner gut miithiaen Weise auseinanderfetzte, wie er fo ganz allein in der Welt baftehe. ihrer sterbenden Mutter versprochen babe, über sie zu wachen und alaube,: solches nit besser thun zu können, als wenn er sie heirathe und sie zu feiner Erbin mache, da hatte sie sich gar lang nit b’fonnen, hatte ihm die Hand ne reicht und geantwortet: »No, wann’8 mi moaaft. woll’n um's in Gottes-kramen miteinander( verfuchen.« f N-. ———————————— i Und es war aanz gut geaangemi Anfanas hatte man im Dorf aller-1 dings iiber das ungleiche Paar viel geredet und zaefbottet, allein da be lanntlich alles ein Ende nimmt, fo; auch das ftete Gerede. Die Monila bildete sich rafch zu einer tüchtigen» Bäuerin heran, hielt Haus und Hof· in Ordnunf und war ihrem alten» Matthias ein braves Weib, fo daß esi l bieien noch einmal wie herbftfonnens glana übertam, non dem er friiher ab folut nichts verfpiirt hatte. Lange freilich follte er sich feines Glückes nit erfreuen —- nnr fiinf tut-« Jahre, während welcher Zeit sie fried lich und gemiithlich mitlannnen gelebt hatten, ohne daß sich eine b’fondere; Liebesleidenfchaft zwilchen ihnen besi merkbar gemacht hätte. Derlei zu ver-i lan n, war der Alte viel zu klug, eri wu te, daß junges Blut sich zu feines alefchen aefellen muß, und fo hatte er denn auch noch im Sterben der Mo nila, die weinend an feinem Lager faß, gerathen, sich. wenn erft die üb-» liche Trauerzeit vorüber fei. wieder eiJ nen braven Mann, aber ja leinen zu1 nehmen« den sie nicht fo recht zum Fressen lieb habe. »Es Eft Zeit. daß d’ auch mal wasi fuss- hekz erjagte »me- Horch-eint meinte er, »baft dich fo lang mit mir altem Hallodri rumplagt.« Und dann fchlief er, während die Monila feine erftarrende Hand hielt, ruhig ein und lie die einftige Tage löhner-bin als re che Bäuean zuriick Ein Jahr lang hat sich die Monilcyi soweit thr dies ihre Wirthschait ek:« laut-ste, in einer gewissen slillen Zu rückgezogenheit ans ihrem Hei g’haiten und nur selten sah man sie in dem et was abseits liegenden Dorf. Aber dies rechte Ruh hakt deshalb doch nit ne sunden. denn noch waren leine sechs Wochen til-er dem Begräbnisz ihres al len Matthias hinaegangem da stellten sich schon iene riihrigen Männlein und Weiblein hei ihr ein. denen teine Trauer. und sei sie noch so echt, heilig ist-die Heirrhwerinittler und Ver mittletinnen, vie die innne Kapell lsiiuerin ais einen absonderlich seiten Bisenerachtetem den sie gar gern ge schlucktOhiittem Erst vereinzelt nnd qhast. dann dusendweise und zu clssth hatte sie sieh eingesuan and der Wittwe alle möglichen und unmöglichen Kandidaten vorg’fchla gen. Allein vie Monita ging nit auf den Leim ihrer hontgsitßen Worte. Und wenn sie sich auch sagte, daß sie auf dem Hof auf die Dauer nit alln nig haufen, sondern einen Mann zur Seite haben müsse. so sollte diesen Mann doch kein anderer fitr sie aus suchem am wenigsten so a dalteter La tel oder a Weis-person, die sie um Verzente verhandeln wollten. Selbst wollte sie sich ihren künftigen Jhri — ten aussuchem küts Derz wollte se was haben, evie rhr alter Seliger ganz richtig bemerkt hatte, und es dauerte lange, bis dieses her-z sich endlich in die Sache mischte und zwar zu Gun sten eines Burschen, der just der Letzte g’rvefen wär, den ihr die Eheschacherer vorg’schlagen« hätten. um osie Miit-e ihres oriiren Mitwenjahres war der Franzel Gangler als Oberlnecht auf den Kapellhos kommen. Ein stattlicher Bursche mi ehrlichen, blauen Augen, gab er sich im persönlichen Umgang mit ihr so a bissel schüchtern und red foul. während er im Dienst gar ener Zsch war und selbst den protzigen chsenlnecht, mit dem noch leiner fer tig geworden war, binnen einer Woche llein gekriegt hatte, so daß er ihm förmlich aus der Hand fraß. Und je mehr die junae Kapellbiiuerin . Hauf den Franzel achete, desto besser » gefiel ihr as ruhige, fleißige KnechtL « dessen ganzes Wesen danich angethan J war, daß es mal einen richtigen Hof ? bauer —- und Eheinann abgeben tön ne. 3’erst swies sie freilich diesen Ge i danlen weit von sich, denn wenn sie : auch just nit hochmiitbia war, so war J ihr doch das Geld schon a bissel z’ I Kon a’stiegen und erst nachher, als I sie sich reaelrecht in den Franzel ver ; liebt hatte, fiel ihr mit einmal ein, daß sie selbst so ein blutarmes Ha « scherl qewesen war. Aber was half ihr diese Erkenntniss? Der Fransel that zwar seine Pflicht und Schuldm teit so aanz nach ihrem Sinn, daß er ihr jeden Wunsch an den Augen ablah und Tag und Nacht zu ihrem Dienst bereit war, wie leiner vorher — im iibrigen aber hatte er so gar nichts von den Mannsleuten an sich, die ihr wenigstens doch mal ein freundliches Wort sagten und ihr zu verstehen ga ben, dass sie ihnen wohl gefiel. Aber coenn die Bäuerin erlaubte, daß der Franzel sich nit um sie liim merte, soweit ’s nit seinen Dienst an ging, dann war sie auf dem Holzwea Der war nit weniaer verliebt in sie, wie sie in ihn, aber als rechtschaffener ursch sagte er sich, daß es sich für einen armen Knecht nicht zieme, sol ches seiner reichen Hosfrau aegeniiber merien zu lassen. Eine merlte es doch —- dte alte streszens, die Obermaad die schon seit Olims Zeit auf deni Aapellhof war und die Monila schon kannte, als sie deren arme Mutter noch iniGras: ruch auf’in Buckl trug. Die Kresrens war ein ante, aber auch eine aewitzte Person. Sie leate an Wintcrabenoen Den Hofleuten die Karten und saate wahr aus dem Kasfesap, und der danke Hof schwur auf ihre Sorüchl und nannte sie eine alte Hexe — freilich nur in gutem Sinne. Die siteszens nun hatte längst ae merkt, wie es uiii die zweie stand und da sie dem braven Oberlnechi gut war, so hätte fie’s nit schlecht a’sreut, wenn Lie Monila ihn zum Hofbauer g’macht hätte. Und wie sie eines Morgens aanr allania mit der Bärte rin in der Kuchel war, da brachte sie so schlau die Red’ ans den Franzel und lobte ihn derart über den Schel lenlönia, daß der verliebten Moieila das Herr auf- und der Mund iiber aina und sie sich der Alten, die immer gewissermaßen wie eine Mutter zu ihr a’ioesen war, an den Hals warf und ihr halb lachend, halb weinend er zählte, wie aut sie dem Franiel sei und wie aern sie ihn zum Mann möcht, wenn der Hallodri nur im »a« rinasten danach :hiit. »Na i glaub scho, daß ’r möcht, aber er traut si nöt!« meinte Kreis: zens. »Du glaubst-P rief erfreut die Bäuerin. »Ja, waruin traut 'r sich denn nöt? Mei Gott, die Mannes leut san doch sunst niit so zagt« · »Der Franzel is aber nöt so wie die anderen«, antwortete die messen-T »und da mußt halt du scho a’ Wörtl’ niit’n reden.« »Ach, du moanst wohl, ich soll mich dem Buaben anbieten", rief die Bäuerin. »J na, sowas aibt’s not, KreszenT un wann i mei Lebtag loan Moan mehr triagetl« Einen Augenblick schwieg die Alte, dann sagte sie: »Na, woanst ’n wirlli gern bissi Biiuerin, dann will i mit ’ii reden. Ra, nu, du brauchst nöt glei zu er schrecken. Er soll nöt erfahren, daß du um die G’fchicht woast, oerlaß di drauf. Aber aushorcheii will i den Franz-ei un dinn sollst erfahren, wie’s mit’n steht« Und damit trennten sie sich. t Am Abend desselben Tages, die anderen waren schon zu Bett, saßen noch spät der Franzet und die Kreis zens in der Wohnstube. Der Bursche tauchte seine Useife und schaute nie lancholisch in das Feuer des großen Kamins, die Oberdirn legte sich die Karten nnd blinzte von Zeit zu Zeit nach ihrem Gefährten hinüber. »Schau, schau«, rief sie plötzlich so laut, daß der Franzel erschrocken auf fuhr und fragte: « »M, ums hast ’n, Altes« «A Liebeswut is im hat-II ant Psy NeujahrS-Gruß. Im Januar sei !ebensftok;, Im Februar zufrieden, Der Monat März befcheere dir Das reinste Glück hienieden! Verleb' in Wonne den April, In Seligkeit den Mai, Im schönen Juni sei vergnügt, Jm Juli sorgenfrei! Jn ungetrübtek Heiterkeit Bei-bringe den August, September sei die Quelle dir Von freudenreicher Lust! Oktober schaff Isir Wohlergehen Und Segen ver November — Btick auf ein Sonnenjakzr zurück Am Letzten vom Dezember! EMMME casirinm sikais-cri-com-mncmirixsmtksymkiwra-? — 4v4 - - — W wartete die Kreszens, aus ihre Karten deutend. »Sell glaub i scho,« sprach lachend der Bursche, zu der Oberdirn tretend und neugierig die Karten betrachtend· »Es können auch ihrer zwoa aber breie san, bei die Menge G’smd.« »Aber die zwoa, bo in die Karten, san a ganz apartes Paar,« erwiderte ernsthaft die Krenszens. »-A jedes hat ben andern gern und ioaner traut sichs zu sagen. Ja un was frech i dann bo? Die Aane is ja unsere Bäue rin, die —- Monita!« Der Franzel wurde plöylich ganz blaß. »Wan —— woas,« fragte er erregt, »die Bäuerin hat oan Liebsten?« »Sie hat schon oan." antwortete die Alte, »aber der Lakel traut sich ja nöi z'reden. Vielleicht moant er, sie soll ihm z’erst kimmen.« »Dös schon nök", entgegnete eifrig der Bursche. »Aber vielleicht is ’r so zag, weil ’r niedrig is un arm. Schau, sites-zeug, unser aaner hat auch sein Ehrg’siihl un nöt um die Welt möcht i zu der Monita hin treten un sagen: J hab di liab, willst rni zum Moan.« »Ach, dr: Hallodri,« sprach lachend die Qberdirn, »du also bist derLiabste, der nöt reden mag?« »Na sreili bin i’s,« entgegnete der Franzel traurig. »J hab sie ja so viel liab, schon so lang, Kreszenz, aber schau, wo soll a armer Knecht die Traut hertriagen, um die Kapellbäue rin z’ freien. Ach, i hab scho ost g’le sen wie so aan armer Teusi aan Schaatz g’sunden bat —— viel Gold und Silber --— siggst, Kregzeni, wann mir dög mal passiret, do solltest mi scho reden hören bei der Monita aber, du liaber Gott, an unser aanen kimmt so wag nie nöt.« Die Oberdirn schaute den Burschen, der sich wieder aus die Ofenbank nie dergelassen hatte, von der Seite an, dann meinte sie listig: »Man Schatz willst finden? Ja, mei Liaber, da dusst ’n doch z’erst suchen. I wisset scho aanen, wannt mi nöt verrathen willst un den Muth bast ihn lTheben Der Bursche war ausgesvrungen. »Muth hab i scho,« ries er, »aber du srozzelst mi doch nur --- gelt?« »Na, ta«, antwortete die Kreszen5, ,,i red in Ernst, höre nur zu.« Und nun erzählte sie dem erregt aushorchenden Franzel eine gar schauerliche G’schicht von einem groß mächtigen Schatz. der in der alten Kapelle im Gutshos begraben liege. Alle drei Jahre in der Mitternacht-Z stunde der Snlvesternacht, un just in dem Jahr, steige der Schatz aus der Erde, bewacht von einem schwarzen Hund mit seurigen Augen. Und wer es wage. um diese Stunde die-Tabelle zu betreten und den Hund mit einem Spaten unter Anrusung der heiligen Dreieinigkeit zu derschlagen, dem siele der Schatz zu und er könne da-( mit schalten und thun nach Gefallen. »Na, übermorgen is Sylvester, hättst scho die Kuraschi dich mit den Hund einz’lassen?«, fragte die Alte, als sie ihre wunderliche G«schicht zum besten gegeben hatte, den Franzel Dieser aber antwortete: »Mit ’n leibhastigen Satan, wenn’s gilt, die Monika z’ triagent J danl dir Krenszen5, un dein Scha den sollls nöt san, woan i den Schatz beb.« Damit stürzte er hinaus, die Ober dirn aber lachte ihm verschmin nach Und dann schlurste sie in die Schlaf stube der Bäuerin, mit der ’s noch ’ne lange Zwiesprach hielt. Der Schnee"fiel in dichten Flocken, als in der Sylvelternacht, kurz vor 12 Uhr, der Franzel über den Hof hutchte, mit Beil und Spaten be waffnet, um fein Schatzaeiibeeabew teuer zu bestehen. Freilich war ihm nit absonderlich wohl zu Muth bei dem Gedanken, den Kampf mit dem schwarzen Bund mit den Feueraugen aufz’nelsmen, aber es galt ja die Heezalleeliebfte zu gewinnen — also W in Gottes Namen! Als aus der Dun kelheit das verfallene Gebäude aus tauchte, das jahraus, jahrein lein Mensch betrat, stutzte er, denn aus dem Fenster blickte ein Lichtstrahl. Vor Aufregung zitternd, trat der Bursche näher und tastete nach der Thüre, die er zu erbrechen gedachte. Doch, was war das? Sie war nur angelebnt und als er sie entschlossen ausstieß und einen Blick in den er leuchteten Raum wars, fuhr er be troffen zurück, denn statt des gespen stischen Ungeheuers, das er erwartete, stand aus den morschen Altarstusen, mit schämig niedergeschlagenen Au gen, die Bäuerin und hinter ihr die alte Kreszens, die leinr Anblick des verblüfften Franzel laut auslachte und ihm entgegen rief: »Na, du dalteter Bua, wie g’sallt dir der Schatz? Gelt, du schaust? Und der Hund mit die seurigen Augen bin i —-- aber i möcht’ mer schon ausbitss ten, Das-« d’ mi nöt derschlagst!« —— — Wag aber jetzt nachlam, mag sich a jeder selbst ausdenten Nur noch so viel, daß, als die Dorfuhr den An bruch des Neuen Jahres ankündigte, es keine gliicklicheren Menschen gab, als die Monila und ihr FranzeL Jst der Syloefternacth Stizze von M. Stadler. wir haben die Glasflammen aus gelöscht bis aus eine, deren Licht durch den dämpfenden griinen Seidenschleier schimmert. Die Gäste sind fort: über der blumenaeschmiick ten Tafel scheint noch ein feines Gläsertlinaen zu schweben und von der Stra e her schaut ab und zu lau tes fröhliches Rufen durch die Neu jahrsnachL Unsere beiden Mütter sind zur Ruhe gegangen, das ganze Haus schläft; bisweilen nur dringt aus der Riiche ein halbunterdriieltes sichern: vie Mädchen versuchen aus dem Blei die Erfüllung ihrer Her-· zenswiinsche zu lesen. Wir beide sitzen in der Niiche auf dem großen behaglichen Sofe bei einem letzten Glas und einer letzten Eigarette, mein Vetter Felix und ich. Wir sind in’5 vertrauliche Schivatzen gekommen, wie es sich fiir ein paar alte Spieltamera den gehört, und gedenken halb la chend, halb wehmiithig der Zeit, da wir beide zusammen hinter die Schu: le gingen, der scheue stille Junge und ich, ein lnabenhaft wilde-ä- Mädel. Wie wir Räuber und Prinzessin spielten nder Brautpaar, wobei ich lange Eljlullgardinen hinter mir her Iog und Schlingpslanzen durch das scbwarze Krausbaar wand, dar-— im mer nicht recht gehorchen wollte. Und einmal, wenige IJabre darauf, als wir bei einer fröhlichen Familienhocbzeit im allgemeinen Jubel einander tüch tlg küßten, entdeckten wir. daß wir wohl Einer für den Anderen so etwas wie die »erste Liebe« bedeuteten. Da aber hat uns das- Schicksal ge trennt, und nur in großen Pausen, seltener und seltener sind wir im Laufe der Jahre auf »das Lebens ------l Lclllsflmszc culuuuu wire-er urgkgueH um ein paar flüchtigc Grnfiessworte zu tauschen, bis unsere beiden Müt ter, zwei liebevolle Schwestern, sich·’s wünschten, den Wechsel des Jahres zufammen zu verleben, von dessen Feier sie jetzt ausruhen, während wir im vertränmten Plaudern nicht mer ken, wie rasch der Zeiger weiterriictt. Das Schicksal, das an dein alten Spielaefährten gleichmüthiq vorüber ging, ohne ihm tiefes Weh und hohes Freuen zu bringen, hat mich tüchtig gezauft; und ein breiter Silberftreifen an den Schläfen erzählt von schweren Tagen und troftlofen Nächten. Jch habe meinen Gatten und mein Kind begraben und mich von Herzen miide gefühlt, eine alte Frau von —- 30 Jahren, bis es mir gelang »aus meis nen großen Schmerzen« tleine Mär chen nnd Lieder zu machen, bis ich beariff, daß nur der das hohe Glück des Menschenlebens erkennt, der tief und fchrrer gelitten hat. Und der alte ftarte Jugensdmuth, die alte Le bensfreude erfaßte rnich wieder, die mir in guten Zeiten oft die Vtuft zer sprengen wollte, so daß ich es lernte, ——-s-— -—- .. .- fkyqqq----sp..-—«— - -. - ,.»., ... - H mir selbst eine Welt zu schaffen und das Schicksal, das mich hatte zerbre chen wollen, in meinen Dienst zu zwingen. Und wie wir hier beide allein sitzen, während der matte Lampen-· schein das große mächtige Zimmer mit all seinem kostbaren Hausrath an Hschwerem gefchnitzten Eichenmöbeln, Dichten Smyrnateppichen und zierli chem Vieungaxe auf Kredenzschrank und Wanwdbrettern in mildes Däm « mer hüllt, fühle ich ein tiefe-s Mitleid - für den Jugendireund heiß mich über sfluthen, dem das Schicksal, indem es ihm große Gefühle mißgönnte und große Leiden ersparte, durch kleine «Alltagsiirger die Kräfte lähmte, so daß er es nicht versteht, das Glück in seine Arme zu reißen, sondern iwie früher seitab steht beim lustigen Trei ben der anderen, um mit sehnsüchtigen Blauaugen herübenzuschauen2 Und ich denke daran, daß mir ost zu Msuthe ist, als tönnt’ ich, dem At las gleich, eine Welt der Schmerzen ungebeugt auf die Schultern nehmen und dann dem Schicksal lachend zu rufen: »Ich bin doch noch stärker als i dU.« Und eine große Sehnsucht über kommt mich, ein heißes-, tiefes Wün schen, dem freudelosen Mann neben mir die Sonne zu zeigen, die er allein nicht findn kann, ihm das Lachen sunserer Kinderjahre wieder zu leh ren, ein Glück schaffen, ertäm fen, er zwingen zu wollen und mügk ich’s von den Sternen herunterholen! Und ich freue mich der Vorzüge, die mir in befreundeten Kreisen nachgeriihmt werden, und mein Herz schlägt ra scher. Mnn aus den Rsauchwölkchen der Cigarrette sehen mich freundliche Elfengeistchen grüßend ans-die lang entflohenen Geister der ersten Liebe! Mein alter Spielgenoß muß irgend etwas von meinen leifen Seelenre gungen gewahr geworden sein; viel leicht auch, daß ihm ebenfalls die wunderlichen Sylvestergeifter etwas von der Weichheit und traumhaften Stimmung gegeben haben, die solchen Stunden leicht Gefährten sind. Je denfalls fangen wir halb im Ernst, halb im Scherz davon zu reden an, wie es wäre, wenn wir uns nun doch noch heiratheten. »Ich glaube fast, Kind«, sagt er fragend, »bei aller Hochachtung vor deinen Gaben und Kenntnissen, siir die Ehe bist du verdorben, durch Selbstftiindigteit und Erfolge.« »Und ich glaube, eine große Liebe, ein volles echt-es Menschenglück kväre . mir tausendmal mehr werth, als das, was du »Selbststiindigkei:« nnd »Er folge« nennst —-— ein klägliches Sünd ant!« Ich spreche diese Worte sehr sicher l und überzeugt. Aber als ich sie gesagt habe, fühle ich, daß sich ein leiser Zweifel in mir regt. »Eine große Liebe« — kann sie denn den Alltag ertragen, der so schwer zu drücken vermag-mit all seiner erbärmlichen Ftleinlichleitk »Ein volles echtes Menschenglück« « heißt das nicht: luntergehen im engen Sorgen, im gei jstigen Hunger und körperlicher Ueber ’ sättigung? l Mein Freund sieht mich erwar stnnggvoll an, während er überrascht »sragt: »Du würdest wirklich auf dei Jnen Beruf, die Bethätigung deines sTalentg vollständig verzichten kön »nen? Nichts sein wollen als Haus frau und Gattin?« »Wenn ich bei mir selbst und bei dem Werber an ein großes, alles be zwingendeg Gefühl glauben könnte —-— dann ja!« sage ich nach einer langen Pause. lind im Fluge jagt blitzeSge schwind eine Reihe Bilder an meiner Seele vorüber: Der trauliche Schreib wintel daheim in meinem Arbeits zimmer, mit seinen großen Fenstern, durch die man Berge und Himmel sehen tann, seinen hohen Blattpflan zen und weißen Büsten, die Bilder der Dichter und Komponisten über meinem geliebten Instrument, die mächtigen Bücherschrä te an der Wand, meine Schüler in stattlicher Zahl und endlich die frohen Wande rungen mit Rucksack und Alpstock in goldener selbsterworbener Freiheit! Und das alles hingegeben für ein Leben in den engen vier Wänden, im ewigen Einerlei, keinee selbstgesteckten Ziele mehr, kein Streben nach so schwer Erreichbarem: alles beauem, behaglich, sorgenlos, einschläsernd, geisttödtend! Die große Standuhr in der Ecke bebt zum Schlage aus. Und wir lau-: schen beide ihre-n hallenden Klang, »der langsam, langsam dahinstirbt im dumpf dröhnenden ,,Eins«. Die Stunde der Geister ist zu Ende und auch diejenigen verwehen, ein flüchti aer Spuk, die sich ,,Jugendträume« und »Erinnerungen« nennen. Jch erhebe mich müde, und mein schweres weißes Kleid schleppt über das Parlett. »Du haft wohl recht, ich passe nicht mehr dafür, denn den ver llärenden Glauben fände ich nicht mehr,« sage ich lächelnd, aber es ist mir bitter ernst zumuthe. Und trotz dem wir Uns fröhlich und heiter tren nen, wissen wir, daß in dieser Syl vesternacht auch die Schicksalsgöttin an uns vorüberging, die unser beider Lebensfaden in der Hand hielt, um sie gleichmilthig aus den Fingern glei ten zu lassen, als wir zauderten, sie verknüpft zu sehen. Und wir wandern weiter, jedes seine Straße, die »große Sehnsucht« und den »großen Zweifel« zu Wandergenossen erwählend. Die gestohlenen Oel-sente. Beim Kartenspiel ist Nachspielem »worunter man die gegenseitige Kritik der Theilnehmer versteht, nicht gerade angenehm, wiewohl für die Umstehen den und Kibitze eine recht plaisirliche Unterhaltung Die Spieler aber tön nen es gemeinhin nicht lassen. So » gebt es auch in der Politik. Wenn ein jWahlresultat längst bekannt ist, gibt ; es immer noch Leute, die eine Postwa tem-llntersuchung für guten Zeitver treib halten. Und demgemäß gibt es noch mancherlei Erörterungen So Sinn Beispiel ist in Juristenlreisen die Frage aufgeworfen worden, wie sich die Justiz zu den Hearstschen Enthülluns gen stellen sollte, die nachweislich aus Diebstahl von Dokumenten im Privat lsesisz beruhen. Ein Brief ist« laut juristischer Defi nition, literarischesEigenthum,daS dem Schreiber gehört und das der Oeffent lichleit zu übergeben weder der Emp fänger noch sonst irgend jemand ohne des Schreibers Zustimmung ein Recht hat. Die hiesige Rechtspflege fußt da bei, wie durchweg, auf englischer Recht sprechung, aus deren Präeedenz-Erfah rungen sich das als Grundsatz ergeben hat. Auf Grund dieser sind mehrfach Einhaltssbefehle gegen Veröffentlichung privater Korrespondenz ohne Ermäch tigung erlassen worden. Auch gilt als festgestellt, daß unerlaubte Veröffent lichung zu Schadenersatz berechtigt, da gegen ist eg nicht so klar, ob wegen des Diebstahlo oder der Annahme des ge stohlenen Eigenthums triminelle Klage erhoben werden kann. Das Strafgesetzbuch des Staates New York, wo das Vergehen stattfand, definirt Diebstahl als die widerrecht YEche Wegnahme von persönlichem Ei genthum oder irgend eines Werth objettes. Der Mann, der die Briefe stahl, mag demgemäß schwer zu verurtheilen sein, weil ein Werth derselben an sich nicht ziut nachweisbar ist. Kaufinännische Korrespondenz kann eben nur relativen Werth haben. Die Thatsache aber, daß Herr Hearst Geld, und vermutahlich viel Geld bezahlte, um der Briefc habhaft zu werden, muß natürlicherweise den Werthbeweis mit sich bringen« Nach dem Gesetzbuch ist das Stehlen von Brieer und anderen privaten Papieren nur ein Vergehen. nicht ein Verbrechen» fiir welch feine Unterscheidung uns die vsirliegenden juridischen Erörterungen die Erklärung schuldig bleiben. So mit wäre Hearft immerhin fiir ein Ver gehen zu belangen und dem Strafgesetz verantwortlich Nach dem ungeschrie Ebenen Kober der Moral wird die öf fentliche Meinung schon abgeurtheilt haben. Es gibtUnterfchiede in den Kor respondenzen Der Mann, der in der Oeffentlichteit steht, wird gut thun, wenn er sich der Mahnung Blaines er Es.nert« Verbrennt den Brief. Den Oeltrnstmagnaten wäre es Ebenfalls febr willkommen gewesen« wenn sie auch die Kopirbiicher verbrannt hätten. Das FeirigefiihL die Finger von Ge iitsiiftggelreitnnisfen davon zu lassen, derenVerrath von allgenieineremNutzen sein konnte, hat nicht jeder und wenn der Zweck die Mittel heiligt, darf bearst sieh sogar etwas auf feinen Ein brucb in die intinien Angelegenheiten der Standard Oil Cr. einbilden —-.--·-.-.————--— Guter Appetit Der stärkste Eifer unter den Prin zen von königlich-ein Gebliit ist ent schieden der Herzog von Connaught. Aber oiiales ch er nnglaubliche Mengen vertilgen kann. scheinen is« m die Spei sen keinen besonderen Durst zu ma chen, denn er trinkt niemals Wasser-. jedoch auch nicht viel Alkohol Wie andere Leute sich vielfach fijr die Nacht ein Glas frischen Wassers an’S Bett stellen lassen, damit sie während der Nacht nicht vom Durst gequält wer den, wird dem Herzog von Connaught allabendlich ein kaltes Hahn von re fpettablen Dimensionen auf das Nachttischchen gestellt, von dem in der Regel nur noch einige Knochen übrig neblieben sind, sobald der Morgen graut. Außer seinen fiins Mahl-Zeiten per Tag, und diese fallen reichlich aus« nimmt der Herzog noch zwei Mahlzeit-en per Nacht Die erste be steht in dein Els Uhr- Idee der zur Sicherheit durch einige substantielle Gerichte, wie Schinten Cotelettes usw. verstärkt wird, und die zweite in der oben angeführten Sättigung im Bette. ——--. - »g Aphorismen Nicht der ist auf der Welt verwaist, Dem Vater und Mutter gestorben, Sondern der siir Herz und Geist Keine Lieb’ und kein Wissen erwor ben. st- sle sle Große Talente sind wie große lie gende Güter; sie lassen sich nicht zu fjeder Zeit gehörig verwerihm : J. J. Mohr. i so- gk se ; Mancher läßt nichts gelten, um Eselbft etwa s zu gelten. f ——- -- l ; Schwieriqe Aufgabe. z Kindermädchemdas vor Kurzem in ’ eine mit Kindern start gesegnete Fa ! milie eingetreten ist, als sie vom fSpielplaß heimgehen will): »Heute ) klavpt mir’s mit den Kinde-n wieder mal qar nicht: erst hatte ich eines zu wenig, und jetzt habe ich wieder eines zuviel!«