Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 06, 1908, Zweiter Theil, Image 9

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    Uebraska
Staats-Anzeiger und Ihr-old
Jahrgang 29. Grund Island, Nebr» 6. November Ums-. Minciter TheilJ Nummer li.
Vergessen !
Ob in der alten Heimath dort
Noch Jenran d mein gedenkt,
Theilnehrnend, ob mir wohl, ob web
Den Sinn zu mir hin lenkt?
Ob Einer mitfüshlend tragt,
Ob ich es lsamt, das Glück,
Ob nteiner Sorgen Sucht-arm zerstob?
Antwort tönt nicht zntiicll
ächtveia, sehnensd Ich wie treu Du
an
Der fernen Lieben denkst, —
Vergin Du auch die heimath nie« —
Ach, sie vergaß Dich längst!
Adelaide von Gottbetg-Htkzvgs
Reiseandentenl
Novellette von K. von Ratt-in
Die Majorin von hetdenheitn
stand aus ihrem Balton und spähte
zwischen den Blumentöpsen hindurch
hinunter aus die Straße. Man hatte
einen weiten Ausblick svon dort oben,
denn die Wohnuna lag vier Treppen
hoch, dicht unter dem Dache. Zwar
siei es der alten Dame schon recht
schwer, die steilen Treppen hinaus
zusteigecn und sie machte des öfteren
aus den Podesten halt, ehe sre ihre
,.«Bergsahrt« —— wie ssie scheand
sagte —- oollensdete. Aber die ’t
tel reichten eben nicht weiter, um drei
Personen zu erhalten: die verwitt
tvete Majorin selbst, den Sohn, der
in einein pontmerschen Jnsanteries
Regiinent stand, und die Tochter.
Setbst bei der größten Sparsamkeit
blieb irnnter noch ein kleines Defizit.
und wenn es gelang, dennoch mit
Ehren durchzutommem so war dies
Hedwiag Verdienst, die keine falsche
Ziererei kannte, sondern redlich ihr
Brot verdiente. In einein photogra
phischen Atelier im Osten der Stadt,
wohin nach menschlicher Vorausstcht
schwerlich einer ihrer Bekannten sich
verirren konnte, sungirte sie als
Cmpsnngsdarnr. Gegen sieben Uhr
Abends pflegte sie heimrutommem
nnd ihr galten eben die Blicke, welche
die Majorin vom Balton aussen
dete.
Jedt tauchte an der Straßenecte
eine lchlante Gestalt aus« seht ein:
fach, aber doch mit niedlichem thic
angezogen: Schwarzes Kleidchem
Stiefelchen, gelb englischer SteoblyuL
Schon von weitem winkt sie mit der
Schitmtkücke.
Nach fünf Minuten wird ihr leich
ter, elastiichet Schritt auf der Treppe
hört-an und gleich datan steht sie
vor dem Spiegel und nimmt den
Hut aus dem üppigen Blondhaar.
Ein ceizendes Bild, tvie sie io das
steht, den Kopf ein wenig vorniiber
geneigt, die Arme erhoben, um am
Schleier zu nefteln, so schlank wi
eine Tanne und doch von runden,
schönen Fprmegl Das Gesicht-den
gludt Von Oer comment-nur
,.Du bist wieder die Treppen hin
aufgelaufen, Hedtvia,« sagt, mit lei-;
sein Vorwurf ini Ton, die Majorin,l
»du blühn wie eine -u·;ionie.« (
»F :ro, Muttcheni Ich bin ganzi
ruhig gegangen, das ist nun einmal4
meine Farbe! Sei doch sroh, daß e-:
mir so gut betoinnit.«
Was einfache Mahl ist bald ver
zehrt. Dann setzen sich die beiden
Frauen hinaus aus den Balkon, der
von, der untergehenden Sonne nur
noch gestreist wird «
»Weißt du, Muttchen. ich habe dir
was zu sagen", begann das junge
Mädchen, das aus einem Tadouret
Platz genommen hatte, »etwas, wo
tin ich deinen Rath und deine Mei
nung hören ncöchte.«
»Weil-l wieder eine Zeremonien
frage mit deinem Chef?'· entgegnete
die Majorin. »Ich hoffe, er ist im
mer höflich zu dirs«
»Seht höflich. Man-«- —- sehr
Manchinal wollte ich wirklich, er
wäre weniger höflich. Zuoiel Nach
sicht kann auch verlehen —- aber dies
mal etwas anderes vor. Wichtigleit.«
»Die Maiorin ließ ihr Hätelzeug
senten: »Von Wichtigkeit? Da wäre
ich aber neugierig!'«
Hedwig setzte einige Male an, fand
aber nicht den richtigen Anschlag in
Ton und Miene. »Es ist doch n chts
Unangenehmes, Kind?«
«Nein,· nein, im GegentlteiL —
Aiso kurz heran-: Würdest du dich
entschließen können, mich aus acht
Wochen allein in ein Seel-ad gehen
zu lassen? —- höre zu! —- Wir be
kamen dieser Tage im Utelier den
Besuch eines Industriellen, der in
Elsendeim Schildplatt und solchen
Artikel-i arbeitet, älterer, verheira
theter Mann von solidern Aussehen
und Oel-Ihren Er ließ einige Ka
binett-älter machen, lam nochmals
wieder und sprach mit mir iiber die
ses und jene-. heute ist ee nun mit
rein Bot-schlag an mich herangetre
» teu- er ich Was-unt wisse-speis
I
Irend des Sommers eine Filiale fei
Ines Gefchäftes an der Ostsee zu
3iibernebmen. Die bisherige Vertre
Iterin sei erstranlt, und er brauche
dringend eine Dame, auf die er sich
-volltommen roerlaffen könne und »die
»zugleich über gute Formen gebietet.
s Es foll bis Anfang September fein;
er bat mit dem Chef gesprochen und
ibn bewogen, daß der mich freigibt,
zum Herbst aber wieder einstellt.
-.Be«·dingungen: Freie Fahrt, freier
Aufenthalt, und das doppelte, was
ich jetzt babe.«
»Und wo, mein liebes Kind?«
»Heringsdorf, Miasma«
Die Majorin bewegte das Haupt
bin und her und antwortete geraume
Zeit nicht« Endlich nahm sie das
Gespräch wieder anf.
»Hete, Hete —- da ift der Ent
schluß schwer-! Einerfeitix Dich so
lange aufgeben zu müssen, in meinem
Alter, anderseits, die fchijne Meinem
nahme, die wir so gut brauchen
tönnten! Einerfeits die Angst, daß
du der neuen Stellung doch vielleicht
nicht gen-achten bift, anderseits der
herzliche Wunsch, dir eine Abwechs
lung in deinem fo einförmigen Le
ben zu gestatten«
»Und daß ich fo allein dort woh
nen tviißte?"
»Du wirft schon irgendwo An
schluß finden, und darin sehe ich
nicht schwarz. Wer einen festen Cha
rakter und anftiindige Gesinnung-ten
bat, wird überall feinen geraden
Weg geben« -——
« L. I
Seit sechs Wochen war Hedwia in
ihrem neüen Wirkungskreife thiitig,
den sie mit Geschick nnd Fleiß ver
waltete. DerBefitzer hatte ifihr in
den eeften acht Tagen zur Sile ge
standen, dann aber völlig freie Hand
gelassen, als er fah, daß sie ihre
Sache trefflich machte. Es war ihr
gelungen, bei einer freundlichen
Wittwe ein billiges und ruhiges
Logis »He finden, und hier in dem
flillen Wochen fehrieb sie fafi jeden
Abend eine Pofikarte an die einsame
alte Maiorin.
s Von allem Mög-lieben war in die
sen Karten die Rede, svon Karls-n
«-,ert, von den Dampfern, die nach
Rügen und Kopenhagen gehen, von
den Tolletien, von FeuerwerL
Wettfeaeln, Bädern. Preisen und Be
fuchsiiffer. Zum Schluß hieß eS
aber immer: »Und Gottlob noch im
mer lein Belannterl Jch halte mich
auch stets im halbfchatten meines
Ladens nnd habe mich anders fri
sirt. Hoffentlich bleibt es so, denn
es wäre peinlich, wenn ich einem Be
kannten etwas verlaufen müßte, Por
ternonnaie ooer ;-),igarrenfpit3e.«
Wie aefagt, sehr eingehend waren
Hedwigg Schreiben an die Mutter.
Ader eins enthielten sie doch nicht:
aie Thatfache, daß ein junger Mann,
dem man leicht an der gebräunten
Gesichtskarhe den Offizier ansah, je
den Vormitiaa und Nachmittag bei
lksc lkgcth eilten tktlllxills mumie, Lin-.
sedir nsäbleriscb wie er anscheinend
«war, eine balsbe Stunde mit ihr
ptauderte. Was konnte sie auch da
gegen tbunki Die Kunden wollen
höflich bedient sein und haben das
Recht augzusucbem so lange es ihnen»
beliebt. llnd dabei hatte er eine sos
charmante Art, die Verhandlungenl
in die Länge zu ziehen, daß sie ihm’
nicht gram sein tonntr. ·
Anfang Juli hatte der erste Fian
stattgefunden ietzt war es Mitte
August. Hedwig berechnete, daß der
Herr etwa siebzig bis achtzig Gegen
ständen erstanden haben mußte, nur
um mik ihr einige Worte zu wech
seln· »Welche Verschwendung,« dachte
sie bei sich und sagte sie auch, als
er eines Abends wiederum an den
Kiost Terantrai.
»Sie sind mein bester Häuser, nnd
ich sreue mich in: Interesse des Ge
schäfteg über Ihren Zuspruch. Ge
statten Sie mir aber die Frage:
Was machen Sie nur mit den die
len Z-nchen?"
»Was ich damit mache? Die ver
schenke ich, liebes Fräulein! Alles
kommt unter, seien Sie obne Sorae
Denn erstens habe ich eine wahn
switzigigroße Verwandtschaft Dann
verschente ich an alle Bekannten und
Kameraden und endlich das letzte
nnd hübscheste Stück behalte ich zum
Lindenten.«
»An Heringjdors und die Ostsee?«
»Nein —- an Sie, FröuleinP
»An mich? Mein Herr, ich bitte
Sie!«
»Ja doch, an Sirt Morgen muß
ich sort ——- Sie baden es gewiß schon
lange weg, daß ich Soldat bin. Die
Frauen sehen das aus den ersten
Blick-«
»Ihr Urlaub ist aust«
»Und das Manbver gebt an. Aber
ieb sbin noch snie so ungern wie die
ses Jahr in den Dienst zurückgekehrt
Am liebsten blieb ich noch sechs Wo
er.«
Gen-Es km September wird es hier
»Für mich nicht, vorausgesetzt, daß
Sie hier wären!«
« »Seht gütig. — Weis wählen Sie
also, die Meerschaum- Spiße?«
i »Sie sind grausam, Träuleinl Jst
das der Dant für mein getreuer
Kaufen?«
»Bleiben wir doch bei der Sache.
Herr — Herr Leutnantl Diese Spitze
tostet zwei Murl fünfzig —
»Ich bitte, schenken Sie snir zwei
Minuten Gehör-: Ich muß, ich muß
Sie wiedersehen."
»Das wird schwerlich geschehen!
Das wird sicherlich nicht geschehen —
und Gottlob nicht. —- Mein Herr,
sich bin aus einer anständigen wa
niiliet Jch bitte, wählen Sie schnell "
Er entschloß sich fiir eine Kleinh
kleit, verbeugte sich und sing. H -
wiq athmete aus; aber zu; leich siiblte
sie mit stillem Erschreclen, daß ein
Gefühl der Leere und der Einsam
»leit sie überiam. In dieser Nacht
»schlief sie unruhig und zum ersten
Mal vsrgaß sie den Brief an Die
; Mann-a in den Kasten zu werfen. »
JAm nächsten Morgen —- der Lauf
Hiunge hatte taum die Rolljalousien
scusaezogem Hedwig hatte laum die
i doch schon ungemüthtich und new
i
.?luslaqen aeordnet —— stand er wie
der vor ihr, bleich, mit entichl ossenem
Antlitz:
l »Den zehn Minuten geht mein Zuq
«-—— und diese Minuten sollen iiber
mein Leben entscheiden Ich bin
wohlhabend, unabhängig nnd kann
jederzeit den Dienst quittiren Fräu
’lein Hedwia —- ich bitte — im
Ernst: Kann ich mir Hoffnungen
machen? -igen Sie mir »J, re
Adresse —- hiek ist die meinigef
? Er reichte ihr eine Visitenlarte:
»leel v. Flot: deck, Oberleut nani im
Pommerschen Grenodier Regiinent
I No. 24.«
» Himmel! Flottbeck — der Resii
mentHlamerad ihres Bruders! Flut
deck, von dem Paul oft erzählt hatte,
ider steinreiche Besitzer einer prächti
; nen Herrschaft! Und er hielt
sans facon um sie an, um eine Ko
bekannte Veriäusserin, in die er
verliebt hatte! «
Zuerst üsberiam ne eine Tini-nn
dung von Scham, dann aber ein stol
zes Gefühl: Wenn er sich über Stan
dessitte und Vorurtheile hinwegsetzen
sprvoflliy dann liebte er sie sicher und
tie .
Sie schrieb ihren Namen und die
Adresse auf ein Blättchen nnd legte
es in ein KonverL
»Hier, Herr v· FlottbeckI Und Ihr
Ehrenwort, daß Sie das Konvert
erst am letzten Manövertcige öffnen.
In vier Wochen also, nicht friiheri
Denken Sie dann nicht so xvie
heute, hnben Sie sich eines anderen
besonnen, so vernichten Sie ei- -—
ungetefen. Habe ich Jbr Worts«
»So wahr ich hier vor Jksnen
ftebei«
Wochen vergingen, oer Herbst war
ins Land geioaem Hedwia i.l)on
lange nach Hause zuri.ictaetelrrt
Eines Abends, als sie miide vom
Geschäft vor der Wohnung anlan-J,te,
sah sie oben die Fenster ekle-achten
»Gewiß ist die Geheimrätbin nein
Besuch da,« dachte sie·
Niemand hatte ihr Kommen ve
1nerlt; leise legte sie im Florsioot
das Jacket ab und ordnete des schöne
Haar vor dem Spiegel Dann trat
siei n die Thür. Und mit eineml
Mal ivard ihr, als wolle das szerzx
stocken: Eine wohlbekannte !iebe
Stimme schlug an ihr Odr, und dort
drüben, Hand in Hand mit dem
Bruder, stand er. Sie konnten lseide
nichts sagen, die jungen schönen
Menschenkinder, die sich so linke
schon still nache inander gelehnt bat
ten; sie aaben sich nur die Hände,
Iwäbrend der Majorin Freudentlirä
nen über die alten toellen Wanan
flossen.
Auch dem Bruder schimmerte et
was im Auste, aber er war don« der
erste, der seiner Beweguna Meister
ward. Er schlug schnell einen Ein-erz
hasten Ton an und liisrte die
Schwester:
»Guten Tag, Blondchen, da sind
wirt Diesen Herrn kennst du ja
schont Du kleines Geschäftsaenie —
siebennndsiebzia Sachen hast dn ihml
ausgehänatl Oder wieviel waren es,
Flottbeck?"
»Achtiindsiobzig, lieber Freund.
Und das schönste davon, das goldene,
warme, lebende Menschenherz will
ich siir immer behaltenl«
Entsch
,,Sie laufen ja ganz zerrissen her
iin.! Weshalb suchen Sie sich teine
Arbeit?«
Bettler: »Da zerreißen ja die Sa
chen noch mehrt«
Seine Auffassung.
Schneider: ,,Dieser Paletot ist ein
GeleasensheitslausP
Student: »Schön, bezahlen werde
ich ihn also bei Gelegenhettl«
, der Schrecken des Meeres.
Vrn allen Tragödien des Meeres
ift teine so erareifend, so nackend wie
die des treibend-en Wracls, des von
der Mannfchaft verlassenen, beschä
diaten Schiffes. Ein tief im Wasser
liegender Schiffsrumpf ist es, der
sich in den meisten Fallen nur
« wenig vom Horizont abhebt.
Jahrelang kann das hölzerne,
ngborstene Schiff im Wasser treiben;
sdie grünen Wellen brausen mit wei
iifcm Schaum iiber seinen moosbewach
senen Rumpf. Nur selten ragt noch
ein zerfplitterter Maftftumpf in die
araue Luft. Es ist ein Bild der Oede
und des Verfalls, des Schreckens und
des Todes im unendlichen Meer.
Das Wrack ist eine der größten Ge
fihren für die Schiffahrt. Lautlos
,und fast unsichtbar treibt es durch die
sMeere Lichter und Schallsianale
Bojen und Zeichen liinden dem Schif
ifer selbft bei Nebel die Nähe des Lan
des; Eisberge machen sich fchon durch
fibren aeifterhaften Schimmer, durch
das Sinken der Temperatur lange
ivorher bemerkbar; Schiffes künden ihr
Kommen durch mannigfache Signale.
Das Wrarl treibt leise in den hoben
Wogen. Das erste Zeichen, das es
aibt, ist ein Krachen und Splittern,
ein Zittern und Beben des Schiffes,
das mit ihm Zusammenrennt
Was könnte ein solches Wrack er
zahlen! Wie viel Kämpfe Leiden,
) F e ldenmutb und Verzweiflung bit es
,erlebt! Wie hielten die Schiffer an
ihrem aeliebten Schiff feftl Erst in
der letzten Stunde der Noth haben sie
es in dem Rettunasboot verlassen!
Oder auch die Böte selbst waren vom
Orkan, von den veitichenden Wellen
zerschlagen, und die Mannschast wur
de über Bord aespiilt und die weni
qen, die unter Deck flüchteten fanden
bald ihren Tod!
Jn den meisten Fällen sind es nol
zerne Schiffe, die im Kampf mit den
Elementen zu Wracks werden. Eifer
ne Schiffe brechenan und sinken bald.
Und ferner ist es meistens Holzladung,
die das geborstene und verlassene
Schiff nicht sinken läßt. Gerade
Schiffe mit dieser Ladung werden
nach dem Zusainmenbruch lange Zeit
noch als Wraek im Meere treiben. Und
manche eigenartige Fahrt solcher Holz
Wracks ist aufgezeichnet So hat der
amerikanische Schoner Alma Cum
mins im Atlantischen Ozean in 5537
Tagen 5000 Seemeilen zurückgelegt
Jin Januar 1895 verließ er mit einer
Ladung Holz Port Royal, um nach
Voston zu segeln. Jm Februar gerieth
das Schiff bei Kap Henry in den
Ifiirchterlichen Orkan, der noch ietzt in
»der Erinnerung manches ameritani
.icben Schiffers ist. Die Masten und
Bote wurden iiber Bord geschlagen;
von dem Schwinaen und Schleudern
brach das steuerlofe Schiff auf: es lief
voll Wasser und neigte sich lZur Seite.
Allmäblich sanl das Schiff bis zur
Wasseroberfläckie und war bald mit
einer zwei Fuß dicken Eistruste bedeckt.
Unter unfaabaren Entbehrunaen hielt
- t-« ,-,«.k.
slch Mc aus zclsll Muplcn urilriscuur
Mannschaft aufrecht. Drei erfroren
jedoch am nächsten Tag, Und am drit:
ten Tag wurden drei der lampfesniii
den Menschen iiber Bord gespile Am
fünften Tage wurden die vier Ueber
lebenden 100 Meilen von New Jersey
von dem englischen Dampfer Lunens
inore gerettet. Das Wracl trieb wei
ter Und wurde im Laufe der Zeit von
fünf Schiffen gesichtet. Nach einigen
Monaten berichtete ein Dampfer über
das Wract, das er in der Nähe des
Aeguators gesehen hatte. Der Kapi
tän hatte vergeblich versucht, er; in
Brand iu stecken. Man hörte lange
Zeit nichts mehr von dem Wracl. Am
21. September wurde es jedoch wieder
in der Nähe von Colon gesehen, ein
geschleppt nnd aufgebrochen·
Die Reise des Wracks desJ Schooners
Fannic F· Wolften ist noch eigenarti
ger. Es trieb vier Jahre lang und
legte in dieser Zeit UlliI Meilen zurück.
Das Schiff wurde ain 15. Ottober
1891 bei Kap Hatterag von derMann
schaft verlassen. Es trieb in den Golf
ftrom hinein und wurde weiter nörd
lich gesichtet. Ein Orkan verfchliig es
jedoch wieder südlich, nnd eg trieb in
die Sargosso-See,wo es ungefähr zwei
Jahre herumgetrieben fein muß, denn
während 850 Tagen blieb es angemel
det. Dann wurde es bei Florida nord
wärts treibend gesichtet, und später
wurde es wieder von einem Schiff zwei
Meilen von New Jersey ab gesehen« wo
es auseinanderbraeh Es war 1117
Tage unterwegs und während dieser
Zeit 44 Mal gesichtet und gemeldet
worden.
Es ist wohl bekannt daß jede
Schifssftation und jedes Schiff ver
pflichtet ist. treibende Wracks der nan
tifchen Heimathsbehörde zu melden.
Auf diese Weise i,t es möglich, den
Weg der einzelnen, treibenden zerstör
ten Schiffe genau festzustellen. Die
Bari Fred Taylvr wurde im Februar
1896 verlassen; im August wurde sie
dann auf dem Meere von dem Kapitän
eines vorbeifuhr-enden Dampsers
pflichtgemäß in Brand gesetzt. Das
brennende Schiff wurde noch fünfmal,
zum letzten Male am 10. September
gesichtet. Es hatte insgesammt über
1000 Meilen zurückgelegt Am 1. Ju
ni 1902 rannte der Schvoner Canaria
aui das Kap End. Die Mannschast
wurde gerettet, das Schiff trieb ab.
Drei Monate später wurde das Wrack
bei den Neufundland-Bänlen gesichtet;
es hatte über 400 Meilen zurückgelegt
Der Ebene-Ich der am 10. November
1902 wrack wurde, erschien am 15.
April 1908 bei den Azoren. Er hatte
2000 Meilen während 175 Tagen zu
rückgelegt
Unzählige Dramen des Meeres. die
durch ein Wrack verkündet werden,
konnten bis auf den heutigen Tag noch
nicht geklärt, noch nicht ergründet wer
den« Betannt ist die Geschichte des
englischen Walfischsängers Resolute.
der ini nördlichen Eismeer auf einem
Eisberg strandete und dort einfrvr.
Fünf Jahre lang trieb das Schiff auf
dem Limberg in den nordischen Meeren
in Nacht u. sEis«herum. Nicht weniger
lsennt man das geheimnißvolle Dra
ma der Marie Celeste. Sie verließ im
Jahre 1887 New York, um nach Euro
pa zu segeln. Sie hatte außer 13 Ma
trofen den Kapitäm dessen Frau und
Kind an Bord· Zwei Wochen später
wurde sie im Atlantischen Ozean von
einer britiichen Bari gesichtet. Als
man auf der MarieCeleste kein mensch
liches Wesen gewahrte, fuhr man mit
einem Boot zu ihr herüber Ein selt
sanier Anblick bot sich den Kommenden
dar: Das Schiff war verlassen. Gra
bes-stille überall. Alles war in Ord
nung: die Böte waren vollzählig an
Bord und hingen in den Davits. Die
Ladung war unberührt. Die Segel
waren gesetzt Die Wäsche der Mann
ILJU
Iuyuse »Im-( supumcsuususcu uus crust-«
Jn der Kajiite stand eine Nähmaschine,
aus der ein Kindertleidchen lag. Ru
der und Taue waren in Ordnung. Der
Chronometer tickte; die Geldlasfete
stand gefüllt im Schrank. Das Tage
buch war vollständig geführt bis 48
Stunden vor der Entdeckung: kein
Sturm hatte gewiithet; Seeräuber la
men bei dem tadellosen Zustand des
Schiffes nicht inFrage. Trotz alter Be
mühungen der amerikanischen Regie
rung wurde der Schleier dieser Tragö
die niemals gelüsten Vielleicht bat die
Pest unter den 16 Menschen rasch ge
-wiitbet; vielleicht wurde ein-er nach
dem andern über Bord geworfen:
vielleich folgte der Letzte verzweifelt
den übrian nach.
Ein anderes Geheimniß ruht ijber
der Vrigg :iiesolven, die im August
1884 Neufundland verließ, um nach
Labrador zu segeln. Drei Tage später
wurde sie von dem englischen Kriegs
schiff Mallard verlassen angetroffen.
Jbre Segel waren gesetzt, die Seiten-:
lichter brannten. Das ganze Schiff
war in bester Ordnung. Das Krieg-J
scbiff schleppte die Brigg ein, aber ver
geblich irartetet inan aus Nachricht der
aus eif Köper bestehenden Besatzung
Möglich ist, daß die Mannschaft des
Resoler, als das-Schiff vielleicht leicht
an einen Eizberg rannte, im ersten
Schrecken in ein Boot ging und in die
sem dann umlam.
Nicht immer enden die Tragödien
der Schiffe so geheimnißvoll und so
traurig. Bei dem Zusammenstoß ei
nes Wrackg mit einem Schiffe tann
das Letztere so schwer beschädigt wer
den, daß es sofort sinkt. Manchmal
hingegen läuft der Zusammenstosz auch «
weniger gefährlich ab. So durch
schnitt der Danipfer Virgil aus Liver
pool in einer Novembernacht des Jah
ieg 19(")6 im Atlantischen Ozean ein
größeres Wract, ohne ernstlich Schaden
zu nehmen. Jni Jahre 1897 wurde
die notwegifche Bart Baltic bei Kap
Rate durch einen Orkan wrack. Sechs
Mann der Besatzung ertranken: die
iiverlebenden drei hielten sich auf dem
treibenden Wrack 28 Tage lang. Sie
nährten sich von einem geretteten Sack
Reis und von Regentvasser. Sie trie
bin an die irische Küste und wurden
von Gelway aus von ihren unsagbaren
Leiden erlöst. Jni April des Jahres
1003 trieb der Hamburger Schiffer
Engelhardt zwölf Tage und Nächte als
letzter Ueberlebender auf demWrack des
norioegischen Schiffes Erudte in der
nördlichen Ostsee bei Gotbland herum.
Er wurde, völlig erschöpft, von dem
norioegischen Dampfer Aurora geret
tet. Der Datnpfer schleppte auch das
Wracl nach Damig. Der bekannte
Dampfer Pennsylvania rettete im Mai
1908 die aus 12 Mann bestehende Be
latzung des tvrack gewordenen norivegi
schen Schiffe-Z Zigeu. Die Mannfchaft
wurde, ermattet und erschöpft. nach els
Tagen, am Wract festgebunden, aufge
griffen und dem qualvollsten Tode
entrissen· Die heldenhaften Rettungen
der deutschen Dampfer des Nordd
Lloyd und der Hamburg-Amerika-Li
nie und andererGesellschaften sind noch
zu frisch in aller Erinnerung, um hier
Erwähnung finden zu müssen.
Jm Kampfe gegen die Wracls haben
die feefahrenden Staaten in den letzten
Jahren manches unternommen. Bei
den Seewarten, Seeämtern und muti
schen Stationen werden, wie oben schon
erwähnt, alle Wracks genau kontrol
lirt, und aus deren Veranlassung,
wenn möglich, durch Kriege-schiffe zer
stört. Jnr letzten Berichtsjahre gingen
den englischen sStationen insgesammt
1200 Nachrichten über Wracks zu, von
denen selbstverständlich sich viele bei ei
nem Wrack wiederholen. Außerdem
wurden 3000 andere, der Schiffahrt
hinderliche Gegenstände, z. B. treibende
Hölzer, Bojen u. s. w. gemeldet. Von
Deutschland aus übernehmen die in
Wilhelntshaven stationirten Fische
rcilreuzer in den meisten Fällen die
Zerstörung, in England ist bei Kap
Race eine Station eigens zu diesem
Zwecke eingerichtet, und in den Berei
nigten Staaten bildet Nanturlet die
Basis für alle »Kämpfe« gegenWracks.
Nicht immer lann ein Kriegsschiff mit
wenigen glücklichen Schüssen das Hin
derniß aus dem Wege räumen. ’m
Jahre 1895 bekam der Kreuzer « t
lanta der Vereinigten Staaten Befehl,
dag Wrack des englischen Schooners
,.Golden Rod«, das bei New South
Shoal trieb, zu zerstören. 87 Schüsse
wurden abgegeben. Die meisten schlu
gen glatt durch, nur vier gelangten in
nerhalb des Wracks zur Explosion. Als
das zerstörte Schiff noch nicht sank,
wurde es von der Atlania gerammt.
Der erste Ston trennte den vorderen
Theil des Schiffes ab: der zweite traf
es- in der Mitte; —- die Laderiiunre
platzten und die Ladung —- leete Fäs
ser — trieb in das Meer hinaus. Erst
Leim fünften Stoß war das Wrack
hinreichend zerstört; aber der Kreuzer
war fo start beschädigt, daß er ein
CUU Uussuwcll lllubl-(· BUT VIII Jup
ren noch hatte der Kreuzer Pensacola
im Atlantischen Ozean ein Rekontre
mit einem Wrack. Man gedachte es
mit Torpedoschiissen zu zerstören. Erst
nachdem drei Schüsse große Stücke des
Wractg abgerissen hatten, so daß die
Holz-Ladung ans weite Entfernungen
hin auseinanderslog, konnte man das
Wert als vollendet ansehen. Das
durchnäßte, feste Holz, die oft nur
noch lose zusammenhängenden Plan
len sind schlechte Zielscheiben für die
Geschosse. Nur glückliche Schüsse kön
nen einWrack zerstören und einen hal
lenden, letzten Abschluß bilden diese
Dramen des Meeres.
Heinrich Binden
»——--. -
Jn ver Kunsthandlustg.
Herr und Frau Lehmann sind auf
einem tleinen Staidtbummel auch an
den Laden eines Kunstnändlers ge
kommen und haben in dessen Schau
fenster ein Bild aesehen das allse
aleich ihre Aufmerksamkeit aus sich ge
zoan hat.
»Sieh, Ottokar«, sagt Frau Letz
nann, »dieses Bild würde vortref
lich für unseren Saan Passen. Du
tausst ei, gelt?«
Da Herr Lehmann sich schon lange
mit der Absicht getraan hat« für die
neue Wohnung einen aediegenen Zim
nierschmuck zu erwerben, so betritt er
den Laden und staat nach dem Preise
des Bilde-T Der Kunsthändler nennt
ihn, aber Herr Lehmann findet ihn
etwas hoch siir sseine Verhältnisse
schwantt, doch ein Blick aug den Au
gen seiner Frau ermuntert ibn und so
saat er: »Gut, wir werden es nehmen,
wenngleich es etwas theuer ist. Aber
die hübsche Mädchensiaur im Vorder
grunde erinnert mich stark an eine ehe
maliae Liebe!« Woraus er plötzlich
einen eneraischen Ruck an seinernArme
verspürt, und indem Frau Lehmann
ihn mit sanfter Gemalt zur Thiir hin
aquieht, hört er sie sagen: »Ich
glaube es ist doch nichts für uns, die
-- « Futen sind zu arell!«
— M-0--——-—
Die Natur übertrumpft
Hauglehrer leineni Brinzen ein
Stück Steiniohle mit Bkiikterabdrtiss
cken oormeisend): »Hier sehen Hoheit,
wie die Natur den ehemaligen Walsd
versteinert hat «
Prinz: ,,Papa sagt, unser Oheitn
hätte schon ganze Wälder versilbert.« -
.--·—...--—
Der Zweck ver Mitgish spj
Bräutigam: »Jetzt will Papt Itat
sünstaujend Gulden gar nur deman
send milgeben; daraus lasse ich MS ,
aber nicht einl« i
Braut: »Aber, Eduard. ilir .
tausend Gulden kannst Du mir
such eine hübsche Menge Kleider te
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