Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 06, 1908, Zweiter Theil, Image 13

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Rodelette von J. B e ck e r.
Mit dem Fünfzigmarlscheim den
Groeber ihm schließlich noch in die
Tasche gesteat hatte, konnte Schönebect
natürlich gar nichts anfangen. Er
ballte die Fäuste in ohnmiichtiger
Muth.
Dieser Gauner! Ging der hin und
steckte all’ das Geld ein, all’ die schö
nen Geldstücke. und ihm ließ er den
Papierscheini Jhm, dem doch von
Rechtswegen der Hauptantheil zuge
kommen wäre!
hätte Groeber vielleicht allein den
Kassenschrant aufbrechen«lönnen? he?
Lachhaft. Ohne ihn wäre die ganze
Geschichte einfach in die Briiche gegan
gen. Ja, ja. Und was hatte er nun
fiir all’ seine mühsame Kunst? Lum
pige fünfzig Mart, mit denen er lei
nen Hund vor die Thiir locken, viel
weniger nach Amerila fahren konnte.
Aber es geschah ihm schon recht.
Was brauchte er sich vollzusaufen
Dann liefz er ja immer mit sich ma
chen, was man wollte. Ein Wunder
tvar es schon. daß er den Schein
überhaupt noch erwischt hatte. Er
hätte heulen tönnen vor Muth über
sich selbst.
Da saß er nun mit dem elenden
Papierfehen im Graben der-Landstraße
und jeder Feldwiichter konnte ihn fest
nehmen.
Er raufte sich die Haare und wiihlte
seinen rothsttuppigen Kopf in die gel
ben. blauen und weißen Blumen, die
an der Böschuna üppig blühten und
sich am Morgenthau betrauten . . . .
Aber es half Alles nichts.
Er mußte Geld haben, so viel, daß
er bis nach Amerika lam. Drüben
wollte er wieder brav werden. Drüben,
hinter den Bergen, hinter dem atofzen
Wasser, dort würde es vielleicht wie-»
der gehen . . . Aber erst mußte er Geld
haben-.
Er zerbrach sich den Kopf. Woher?
Wieder einbrechen? Dann erwischten
sie ihn gewiß, das Glück war launisch.
Und außerdem, wer wußte denn auch,
ob sie ihm nicht auf den Fersen wa
ren —-· ob sie nicht gar den Groeber
schon festgenommen hatten? . . .
Ein Milchlarren fuhr raffelnd var
bei. Der tleine Svitz neben dem Mäd
chen bellte unaufhörlich nach ihm hin.
Da ergriff er einen Stein und schmiß
ihn dem Wagen nach, daß das Pferd
zur Seite scheute und in vollem Ga
lopp davonrafte. —
»Juch! Juch! Juch!« hetzte er aus
alter Gewohnheit hinterher. Gerade
wie früher daheim. wenn die Kathrin
in aller Frühe Milch nach der Stadt
gefahren hatte. . . .
Und auf einmal: Ja, warum sollte
er denn nicht einfach nach Hause tie
hen?! Abends« wenn der Alte schlief,
war es doch ein Leichtes, in dieSchlaf
itube zu schleichen und die blanlen
Thaler aus der Kommode zu nehmen.
Und er war mit einem Male feft
entschlossen. Sprang auf, versuchte
seinen schmierigen, schwarzen Filzhut
an dem thaufeuchten Gras abzuwischen
und tlopfte und prustete auf seinen
fchiibigen Anzug und machte sich auf
den Weg nach seines Vaters hof.
Schier endlos dehnte sich die stau
bige Chauffer.
Manchmal ratterte ein Leiterwaaen,
der mit Heu oder Alee aus den Fel
dern kam, schwerfällig und unbeküm
mert an ihm vorbei . . · Und er tappte
hinterher durch den aufgewirbelten
Staub, den die schweren Räder auf
tvirbelten.· Immer hinterher . . .
Die Sonne blendete so, dafz er ab
und zu mit gefchlofsenen Augen gehen
mußte. Der Schweiß stand ihm in
dicken Perlen auf der Stirne und lief
non da in trüben Bächen iiber das
ganie (!Jei1cht.
Kurz vor dem nächsten Dorfe traf
er aus eine Schaar Kinder. die bei
seinem Anblick ängstlich einen großen
Boqen querfeldein machten. Das är
aeete ihn und er that, ais wollte er
ihnen nachlaufen. Als sie aber an
sinnen, mordsiämnierlich zu schreien,
blieb er mitten im Feld stehen und
»Als-a sich verlegen lachend aus den
Schenkel
Dabei fühlte er das Hnistern des
Papierscheines. Und es überlam ihn
von Neuem die Muth auf Gmel-en der
ihn so schmählich betrogen hatte. Nicht
das tleinfte Stückchen Brod konnte er
sich mit dem Wisch da verschaffen, ohne
Gefahr zu laufen, festgenommen zu
werden.
Was- snllte er also noch damit? Und
er zerriß den Schein in tausend Fetzen.
Dann aing er lanqsarn auf die Schaus
see zuriiit An den kleinen Wirths
häusern vorbei, die einen verführerisch
herben Geruch von iApfelwein ausatlp
met-n.
Apfeltveini Ah! Das Wasser lief
ihm im Munde zusammen . · . Wie
der ietzt schmecken mußte . . .
Als er an einem einzelnen Gehöste
vorheilam, trat er turz entschlossen
durch die weit offene hausthiire in das
Haus. Aus einer Treppenstufk fast da
eine alte Bauers-from die dampfende
Pellkartosseln schalte
»Gebt mir was zu essen, Mutterl«
sagte er.
Widerwillig reichte sie ihm eine
handooll Kartoffeln hin.
»Mit und macht, daß Jhr weiter
lommt.«
Das ließ er sich nicht zweimal sa-1
gen·
Mit vollen Backen lauend, ohne sich
weiter zu bedanlen, trat er wieder auf
die Landstraße hinaus.
Nun wurde ihm wohler zu Muthe.
Und er ging und ging. Schließlich
sing er an vor sich bin zu pfeifen.
Aber er hörte bald wieder aus und
suchte längere Schritte zu nehmen,
denn die Sonne sant schon und hinter
liefz drüben arn Horizont einen wei
chen, zarten Perlmutterglanz. (
Es wurde lühler.. .Frösche qual-;
ten und Grillen zirpten.. Unrnbial
flatterten ein paar verspätete Vögel
durch die blühenden Alazienbäusne
deren Duft schmäler und schwüler
wurde
Es lag etwas Wehmütbiges, Fried
liches in der Luft, das ihm beinahe
Tbränen in die Augen trieb.
K Elr war doch ein ganz jämmerlicher
er .
Mehr als einmal übertam ibn die
Lust, um,zulehren.» Aber das ging
doch nicht. Er mußte erst Geld haben
Drijben in Amerika wollte er Alles
wieder gut machen, so wahr er Michel
Schonebeck hieß»
Warum sollte auch nicht Alles nochs
eilifmal schön und friedlich enden? Nas
a o
Uebrigens sah man dort schon den!
goldenen Hahn des Kirchthurmes j
Nun war er bald da. !
Vor den Thüren der niedrig-en Häu-:
ser über denen das rothe Ziegeldach
wie eine schwere Schimmeln lagerte«
saßen Männer mit langen Pfeifen
und Frauen die Strümpfe stricltew
oder Gemüte für den nächften Tag
zurecht machten. Einige lasen auch
in der Zeitung, die sie über den
Knieen ausgebreitet hatten» ;
Keiner achtete auf den oerwabrlois
sten Landstreicher der an ihnen vor
überaing und den Weg zum Bache
einschlug Vor ein paar Jahren erlt
war er biet Abends mit dem alten
Schimmel in die Schevemme geritten.
Wie der steife Kerl da gestrarnpelt
und aepatscht hatte hinten und Vorn»
aus-geschlagen, wie ein junaes Fül
Icllå
Er mußte lachen, als er daran’
dachte....
Und da. Schönebeck blieb sieben.
Da war sein Elternhaus. Wie schön
es da lag· Wie friedlich. Gerade hörte
er noch, wie Jemand Ivon innen vie
grünen Fensterläden verrammelte.
Dann wurden die Fenster zugemacht
Er meinte sogar hören zu können, wie
die kleinen Gardincben vorgezogen
wurden. Durch die herzförmigen Lu
len der Fensterläden fiel aber immer
dar ein freundliches-, rothes Licht·
Jetzt brachte die Kathrin gewiß vie
Zeitung. Nun noch eine halbe Stunde,
dann ging der Alte schlafen. Kein
Mensch in dem Saus als fein Vater
und vie Kathrin.
So lange mußte er also warten.
Dann aber, wenn der Alte schlies...
Der schlief seft. Der hatte ia ein ru
higes Gewissen, seit er den mißraibei
nen Sohn vor die Thüre gesetzt hatte.
Der tonnte schlafen, der atte Geiz
hals, der ihm Sonntags die Groschen
abzähltr. wenn er zum Tanz ging und
der ihm nie, nie einen Heller geschickt
hatte, als er bei den Soldaten gewe
sen. Dem schadete es wahrhaftig
nichts, wenn er ein paar Thaler irae
niger hatte....
Er schlich fvorsirhtig hinter denGar
ten, wo das alte, schwarze Vretterthor
nie recht zugegangen war. ils-in leich
ter Druck genügte. um es auszustoßen
Zwar nur eine lleine Spalte, denn
tnan hatte Steine dahinter gewälzt,
aber siir ihn genügte das.
Da stand er nun im Garten. Jn
seinem Garten. Gewiß war es sein
Garten, wenn der Illte mal starb.
Den konnte ibm Keiner nehmen. Und
die cl.)stbiiume und die Traubenstöcte
und rie Hecken und der alter Flieder
bat-m da, Alles, Alles, war sein. Jm
Vollaesiibl seines dereinstigen Besitz
thumg setzte er sich aus einen Stein
und wartete wohl eine Stunde lang,
bis es aanz duntel war. Dann stand«
.er langsam aus, stieg behutsam über
——«
die breiten Gernüsebeete binnber und
tlinttte die stets unverschlosseneziiichens
thüre aus« Von da tarn er in die
Stube, wo der Alte schlies.
Wie der schnarchte... Man hörte
es draußen. Gewiß hörte man es
auch auf der Straße. Der schlief fest.
So vorsichtig er konnte, drückte er
die Thürtlinte hinunter und er stand
aus einmal in der itockdunllen Stube.
Aber er kannte sich ja aus. Dort
drüben war die Kommt-de Wahr
bastia, der Schlüssel stat. Er ver
suchte, umzudrehen» Es gab einen
tnarrenden Laut. Da richtete sich der
Falte im Bette aus und rief: »Wer ist
?« «
Schöneteet hatte das Geld schon cre
sunden. Es lag an derselben Stelle
wie iriiher. Da nnd da, überall fühlte
er die harten Thaler. Schnell. Schnell
in die Taschen damit. Alles voll
parten. Was nicht melvr hineingeht,
zwischen Den Finaern feitgebalten...
Aus einmal fühlt er sich von hinten
aepartt nnd der Alte schrie mit geilen
der Stimme: »Hilse! hilset Räu
Verl«
Es blieb dem Jungen nichts ande
res übri1. als mit den Füßen nach
allen Seiten um sich zu treten, bis die
umttarnrnernden Arme täh loslieszen
und etwas ächzend hinfiel...
Vor der Thüre, die er stolpernd er
reicht hatte, stieß er rnit Rat-drin zu
samtnen, die irn hernd die Treppe
heruntergelausen war. Das Flackern
irer Kerze schwirrte ihrn vor den
ugen und er stthlte auf einmal, wie
»Es----Pf EEss Ek, -
ihn die Kraft verließ »Michell« schrie
das Mädchen.
Da raffte er sich zusammen und
fchlug ihr mit beiden vollen Hän
den ins Gesicht.
Die Kerze fiel zu Boden.
Stockduniei.
Er lief und lief. Rannte gegen
Tisch und Bänke, stolperte vie Trep
pen ztr Küche hinunter, siel bin,
sprang wieder auf und raste durch
den Garten. Er zwängte sich durch
das schwarze Bretterthor, daß die
Fetzen seines Anzuges hängen blieben
und lief sinnlos, planlos quer durch
die Felder»
Hinter ihm klirrten die fallenden
Thal-r, die er lrampfhaft in den
Händen zu halten sich bemühte und
die aus den Löchern feiner Taschen
zur Erde fielen..·
Aber er lief und lief, bis ihm der
Schaum vor dem Munde stand und
er mitten in einem Kartoffelfeld zu
sammenbrach . ..
Am anderen Morgen nahm ihn der
Feldhiiter fest.
Ver erträumte Mann.
Humoreslk von Alice Berend.
Käthchen Stockmann hatte verge
bens versucht, einen Mann zu bekom
men. Weder auf den Verein-Biwas
chen, die sie fünfzehn Winter hinter
einander, festlich geputzt, mit ihren
Eltern besucht hatte, noch auf die Jn
ferate hin, die sie dann hinter dem
Rücken der Eltern in die Zeitung ge
setzt hatte war ihr gelungen, was sie
doch, zu ihrem Aerger andere Mäd
chen mit einem einzigen Lächeln er
reichen fah.
Aber leider hatte Käthchen Stock
tnann die lnochige Figur eines großen
Dragoners und Hände, von denen
man im Volksmunde sagte, daß, wo
sie hinhauen, kein Gras mehr wächst.
Niemand wagte um diese Hand anzu
halten.
Als Käthchens Eltern kurz nach
einander starben —— der Vater, glück
lich, dem Regiment der beiden Frauen
entronnen zu sein, die Mutter aus
Verdrossenheit, nun niemand mehr
zum lommandiren zu haben, denn
an Käthchen wagte auch sie sich nicht
»—— blieben der Tochter einige gut er
haltene Möbel und ein paar Tausend
Mart zurück.
Da Käthchen gerade damals erfuhr,
daß eine Belannte sich einen zehn
Jahre jüngeren Zimmerherrn anver
lobt hatte, beschloß sie, Möbel und
yGeld zu benutzen, um ein Pensionat
Izu gründen. Bald prangte unten am
JHause ein Schild, von dem mit Gold
ibuchstaben leuchtete: Katharine Stock
mann, Pensionat
Trotzdem hatte Katharina selten
ein Zimmer stei. »Einzelne Damen«
scheinen zum Dulden geboren zu
sein. Fast das ganze Jahr hatte Ka
tharina in jedem Zimmer solch ein
’stilles Opfer, das sich vorsichtig zehn
Minuten die Schuhe abkratzte, ehe es
einzutreten wagte, das keinen Tropfen
aus die Tischplatte goß, nie ein bren
nendes Streichholz auf den »Bettdor
leger'« sallen ließ, die Gardinen nicht
veränderte, die Spiegel nicht anhauch
te, den hellgelben Kassee nicht dünne,
die alten Brödchen nicht hart, die
Wäscherechnung nicht hoch sand, das
teinen Herrenbesuch belam und vor
zehn Uhr im Hause war
»Wohlanstiindigleit ist hier die De
vise,« sagte Katharina, wenn wieder
ein bescheidenes Wesen vor ihr im
Korridor stand, um sich nach den
Bedingungen des Pensionats Stock
mann zu ertundigen. »Wohlanstiin
digieit und Sauberteit. Jch tann
mir meine guten Möbel nicht von her
gelaufenrm Volt siir die paar Gro,
schen Miethe verschimpsiren lassen.
Jch hatte einmal eine Ruffin, die hatte
einen Spirituslocher, aber die lernte
schon am zweiten Tage das Fliegen.«
Eines Tages —- kurz nachdem eine
blasse, aber muthige Sprachlehrerin
ohne Abfchiedswort ausgezogen, weil
sie trotz alles Proteftes drei Mark fiir
den abgebrochenen Bart eines roftiaen
Schlüssels zahlen mußte —- klingelte
es wieder am Pensionat Stockmann,
und ein eleganter Herr bat, das freie
Zimmer sehen zu dürfen.
Nach einem kurzen, prüfenden Blick
erklärte er sich bereit, das Zimmer zu
nehmen und überreichte Katharina
eine Visitenkarte.
Katharinas Herz machte einen hef
tigen Sprung. Ein Baron ftand vor
ihr und würde ihr Zimmerherr fein.
Eine Stunde später brachten zwei
Dienstmänner die schweren Koffer
des Herrn Baron und dieser begann,
es sich höuslich zu machen.
Katharina klopfte an feine Thür.
«Darf ich Jhnen vielleicht behilf
lich fein? Männer sind doch nun ein
mal etwas unpraktifch."
Der Herr Baron bat sie, näher-iu
treten. Das erste. was Katharina
fah, war ein großer Spirituskocher,
der brennend auf der blanlen Tisch
platte stand.
»Ja, ich trinke viermal am Tage
Thee, Frau Wirthin, daran müssen
Sie sich geinöhnen,« sagte der Herr
Baron. ihrem erfchrockenen Blick
lächelnd folgend.
»Ich werde dem Herrn Baron nur
ein Drachen zum Unterlegen brin
«gen,« hanchte Katharina und eilte
hinaus.
»Ei, welch schöner Spruch sieht aus
dem Deckchen.« sagte der herr Baron
und studirte die hellblauen Schnörtel
aus dem grauen Wachstuch, das Ka
tharina geholt hatte. »Eigener Herd
ist Goldes werth'«. Er sah träume
risch in Katharinas lnochiges Gesicht
Der Herr Baron schien sehr zufrie
den zu sein, denn er wohnte nun
schon zwei Monate im vollsten Frie
den im Pensionat Stockmann. Aber
er hatte auch keinen Grund zu klagen,
Katharina erfüllte, was sie ihm nur
an den Augen absehen konnte. Sie
verzieh alles.
Sonst sprach der Herr Baron ei
gentlich nicht viel, er grüßte höflich,s
gemessen beim Kommen und Gehen.
Aber Katharina hatte das Gefühl,
dasz der Herr Baron ein Auge aus
sie geworfen hatte. Wie konnte auch
sonst ein so eleganter Herr mit einem
so einfachen Zimmer zufrieden sein.
Sie hatte ihm schon einmal angebo
ten, der Dame. die ihm als Nachbarin
wohnte, zu kündigen, damit er sich
dies zweite Zimmer als Wohnraum
einrichten könne, und sie hatte ihm
einen sehr niedrigen Preis dasür an
geschlagen. Doch er hatte dies sehr
energisch abgewiesen und mit einem
ganz schalshasten Lächeln gesagt: »Ich
bin glücklich, gerade so, wie alles is.«i
Dieses Lachen war die Ursache,»
daß Katharina auf dem Wege in«
ihren Hanshaltseintäufen oor allen
Juwelierliiden Halt machte. Sollte»
sie einen breiten oder einen schmalen,
einen matt- oder einen rothgoldenen
Verlobungsrinq wählen?
In der Küche beim Kartoffelscksä
len oder Schotenpellen sagte sie häu
fig halblaut: »Frau Baronin« vor
sich hin·
Auch darüber, daß sie in alle ihre
alte Wäsche noch nachträglich eine
Firone sticten lassen wit«rde, war sie
Ilcy scholl sllllulollllllcll Hul«
Die beiden anderen Zimmer neben
dem Herrn Baron hatten zwei junge
Damen inne. Es war das erste
Mal, dasz ein weibliches Wesen un
ter vierzig es länger als acht Tage
bei Katharina auf-gehalten hatte.
Aber diese Beiden ertragen ruhig
die Nörgeleien ihrer Wirthin, horch
ten ganz ernsthaft aus ihre strengen
Lehren, wenn sie auch, sobald Ka
tharina draußen war, immer etwas
zum Lachen hatten. Besonders das
Lachen Lenas, der jüngeren der beis
den Freundinnen, deren seiner Kopf
von einein Riesentnoten hellgelben
Haares ins Genick gezogen wurde,
war den ganzen Tag zu hören.
»Das ist ja die reine Lachtaube«,
sagte einmal der Herr Baron zu Ka
tharina, als diese langsam aus sei
nem Schreibtisch Staub wischte, wäh
rend er, seine Pfeife im Munde, über
einem Buch saß.
»Ja, an vielem Lachen erkennt man
den Narren«, sagte Katharina. ,.Jun
ge Mädchen wissen nichts von der
Felt, ajser glauben alles zu verste
en.«
»Wie sieht sie denn eigentlich aus«-Z«
sagte der Herr Baron nach einer
Weile aus seinem Brich heraus, als
Lenas Lachen wieder durch die Thür
spalten hineingirrte.
»Wie sie alle aussehen«, antwor
tete Katharina achselzuclend. ,,(Finen
Niesenwuschel Haare über einem
glatten Gesicht mit runden, rothen
Backen.«
»Und die Figur-? Auch eine statt
liche Erscheinung-« Er sagte nicht:
»Wie Sie, Katharina«, aber diese
wußte auch Ungesagtes zu vernehmen·
»F bewahre, klein und runi."
Katharina hörte draußen aui demi
Herd etwas zischen und mußte hin ;
aufteilen
Als sie den brodelnden Topf vorn
Feuer zog. hob sie plötzlich laufchendj
den Kopf. Lllkifztrauifch zogen sich
ihre Brauen zufammen. !
Was roar das gewesen? War est
nicht, als hätte der Baron etwas in’s’
Nebenszimmer gerufen, und als lach
ten jetzt alle drei? Er, Lena und die
Freundin?
Sie horchte. Jetzt war alles still
Aber, sie wußte nicht warum, von
diesem Augenblick an war ihr Arg
wohn erwacht.
sSie wäre jetzt gern zu ihrer ein
stigen Freundin gegangen, mit dieser
iiber ihre Vermuthungen zu sprechen.
Eine Woche später ging sie nicht
zur gewohnten Stunde in die Markt
halle. Sie klappte nur mit der En
treethitr und ging dann auf Strüm
pfen zurück.
Richtig! Bald darauf hörte sie spre
chen. Sie öffnete lautlos ihre Thür
und fchliipfte auf den Korridor hin
aus.
»Du tannft mir glauben, sie hat
Argwohn bekommen. Du hast nicht
schön genug mit ihr gethan«, hörte sie!
Lenas Stimme rufen. »Gut, daß wir!
in wenigen Tagen alle Heimlichteiteni
hinter uns haben.« i
»Ich wag« es nicht, ihr die Wahr-;
heit zu fagen«, tönte des Baronsj
Stimme zurück. Dann lachte er, und
Lenas Lachen vermischte sich mit demi
feinen.
Eine Stunde später klopfte Katha-»
rina mit hartem Knochel an Fräuleins
Lenas Zimmer und sündigte ihr fiirI
sofort »wegen unziichtigen Beneh-;
mens« das Zimmer. Auch sonst ließ»
sie es nicht an Grobheit und Deutlich-J
teiten fehlen. ;
Der Baron kam hinzu. Es gasb
eine böse Szene.
Jn heftigen Worten erklärte der;
Herr Baron, daß er und Lena ein
heimlicle Brautpaar wären, heimlich
aus Gründen, die sie, die Vermiethe
rin, r nichts angingen, daß sie Le
nas iindigieit abwarten mußten,
und daß in drei Tagen, an Lenas
s Geburtstag, jedermann ihr Verlöbniß
Iersahren werde. Er asber hatte in
sdiesen Wochen lein anderes Verbre
chen begangen, als das stille Glück ge
»nossen, neben der Geliebten wohnen
! zu dürfen. Er verbitie sich alle Be
-leidigungen, sonst würde sie es mit
i der Polizei zu thun kriegen, die wohl
gegen alte Jungfern auch nicht milder
bei Ehrabschneidungen soerfahren wür
de wie gegen andere. ,,Verstanden?«
herrschte er Katharina an und ver
schwand in seinem Zimmer, um zu
packen.
Am Abend waren alle drei Zimmer
leer, aber aus jedem Tisch lag das
Geld für den ganzen Monat.
Und da es der Dritte war und am
Fünften schon wieder drei weibliche
Schatten sich zwischen den kahlen
Wänden versuchten, ein Heim zu ma
chen, tröstete der Gewinn Katharina
doch etwas über die Enttäuichung.
Aber mit den Männern war sie
nun ein für allemal fertig.
Einige Tage später gan sie wieder
zu ihrer Freundin, der sie so bitter
Unrecht gethan hatte.
Sie brachte ihr ein großes Stück
Streuseltuchen mit, das sie dann ge
meinsam zum Kaffce verzehrten, und
sie sagte dabei energisch: »Du haft
mehr wie Recht, sie taugen alle
nichts«
W
Ein Regermärchem
Jm «Globus« erzählt Bernhard
Struck eine von ihm aus dem Siiaheli
iiibersetzie Geschichte aus der Volkslite
ratur der Mai-arg die das erste bis
her bekannt gewordene Märchen die
ses deutsch-ostafrikanischen Negerstam
ines ist. Sie lautet wie folgt: »Es
war einmal svor Alters eine Wittwe,
die hatte zwei Söhne. Und als die
Söhne groß geworden waren, wollten
sie heirathen und sprichen zu ihrer
Mutter: »Wir wollen jetzt heirathen!«
’D·ie Mutter überlegte in ihrem Her
» zeii und sagte: »Ich habe jetzt keinen
Mann. iind ich bin alt uiid werde
bald sterben. Als mein Mann starb,
hat er mir kein Stück Geld hinterlas
sen. Und jetzt, was soll ich diesen
Kindern geben?" Eines Tages rief
sie ihre Söhne und sprach zu ihnen:
»Briiigt mir ein Schaf, iind zwar
ein recht fettes, daß ich esse, denn ich
bin alt geworden und werde bald
sterben-" Die Söhne sagten zu ihr:
»Gut!'«, gingen aus, ein Schaf zu
suchen, brachten es herbei und schlach
: teten es. Und ihre Mutter aß das
Fleisch, wie sie es gewünscht hatte.
«Als es zu Ende war, rief sie ihre
Söhne und sagt: zu ihnen: »Bleibt
hier, ich will gehen und mein Wasser
. schöpfen; aber wenn ihr Geschrei hört,
» loninit sehr schnell herbei!« Sie nahm
« dann ihre Kalebasse und ein Leopar
densell und ging zum Fluß an die
Stelle, wo die Ziegen zu trinken pfle
gen; dort am Wege setzte sie sich, wi
ckelte sich in das Leonardenfell und
verhielt sich ruhig. Als nun die Zie
gen kamen, wurden sie unruhig, der
Hirt bemerkte eg, und als er jenes
Fell sah, dachte er, es sei eiii Leopard,
und schoß einen Pfeil nach ihm. Die
Frau schrie laut auf, iind die Söhne
hörten sie, kamen und ergriffen den
Hirten. Es versanimelten sich die
Aeltesteii und Dorfschsulzen nnd mach-—
ten Schaiiri (·Bernthung). Die beiden
Söhne sagten: »Diese! soll uns jetzt
bezahlen, denn er hat unsere Mutter
getödtet, als sie Wasser schöpfte.« Der
Hirt wurde verurtheilt, ihnen zu zah
len und mußte zehn Rinder bezahlen.
So wurden sie reich und koiiiiten hei
ratheii.«
Falsch aufgefaßt
Ein heiteres Vorkommnis-z ereignete
sich vor einiger Zeit in einer siiddeut
schen Stadt. Eine Frau vom Lande
ging in die Stadt, um ihren Winter
bedarf an Kleidunggstiicken zu decken.
Da las sie am Echaufenster die Wor
te: »Glühstriinipfe pro Stück 40
Pfennig« »Ei«, dachte tie, »das
wäre siir dich. Du hast doch den
ganzen Winter hindurch kalte Beine
und kalte Füße, und zudem sind
solche ,,Gliiihstriimpse« noch sehr bil
lig.« Kurz entschlossen ging sie in
den Laden hinein und sverlangte »ein
Paar Gliihstriimpfe«. Aber welch
eine Enttäuschung! Als ihr der
Kommis ein paar wirkliche »Es-lith
strümpschen« überreichte, betrachtete
sie diese ganz erstaunt und sagte
schließlich in ihrem Dialekt: »Jo, eich
will kee fer Boppe, eich will jo e Paar
ser mich. Mer sein nämlich im Win
ter mei Been’ immer so kalt und do
hun eich gemeent, die Gliestriim dete
meich schin warm halle.« Unter gro
ßem Gelächter der Anwesenden wurde
nun die Frau über die «Gliihstriim
pfe« aufgeklärt.
Osten.
Fräulein: »Hören Sie, das Bild
hat meinem Bräutigam gar nicht
gefallen!«
Photograph: »Dann nimmt er
Sie wegen des Geldes, verlassen Sie
sich darauf!« .
Sein Glück.
»Denlen Sie, die Frau Meier
spricht sechs Sprachen.«
»Der arme Manni«
»Ach, der versteht nur eine!«
Hinausgesebem
Gattin: ,,Erfiillst Du mir den
Wunsch heute nicht, so ersiillst Du
mir ihn morgen. Verlaß Dich da
raus, ich kriege Dich miirbe.«
Gatte: »Nun, das wäre auch das
einzige, was Du mürbe kriegtest.«
Aus Erfuhr-aus«
I s
Barthel: »Du Sen-p, da steht ab
solute Majorität. Was ist denn das?«
Sepp tBursche bei Major): »Abso
lute Majorität? Das wird wohl die
Frau Majorin sein.«
Auch.
Uhrmachet (zum Diener eines
Kunden): »Ist Jhr Herr zu Hauss«
Diener: »Nein, is sich gestern Miy
lich nach Xhausen versetzt worden!«
Uhrmacher: »Und meine Uhr?«
Diener: »Was siir Uhr?«
Uhrmacher: »Nun, die große
Standuhr, die ich geliefert nnd noch
nicht bezahlt bekommen habe!«
Diener: »Js sich auch Versetzt wor
beni«
Diplomatisch.
Tourist: »Herr Wirth, dürfte ich
Sie vielleicht zu einer Flasche Wein
einluden?«
Frau (leise): »Aber-, Alsred, so
glänzend ist es doch mit Unserer Rei
setasse nicht bestellt, daß Du Dir
solche Extravaganzen erlauben
kannst!«
Er (ebensalls leise): »Sei nur
ruhig; wenn er selbst mittrinit, dann
wird er wenigstens nicht das Schlech
tesie bringen!«
Praktisch.
Loqigiwirthim »Ich träumte ver
aangene Nacht, Sie bezahlten mir auf
einmal Ihre ganze Miet'hsschu—ld.
Garcon: »Ah! Dann haben Sie
wohl die Güte und geben mir eine
Quiituna!«
Lebt-user Unterhaltung
Mann: ...Wie, von dem schreck
lichen Gewitter diesen Nachmittag
hast Du nichts ach-ört?«
Fran: »Gott bewahre . . . ich war
ja im Kasse«e-Kränzchen!«
Bedaueriich.
Ri ter (streng): Wabe ich Jhnerr
nicht chon das letzte Mal gesagt, Sie
sollten sich nicht mehr vor mir sehen
lassen?«
Hästiing: »Ja, aber der Polizist
wollte es nicht glauben!«
Kinder-mund.
Karlchem »Mein Geburtstag sällt
aus den Montag, nicht wahr, Ma
mass-l
Mama: »Ja, mein Kind«
Karlckem »Und im vorigen Jahr’
war es Sonntag?«
Mamat »Ja.«
Karlchem »Und vorher Sonn
abend?«
Macht »Auch dast«
Karlchem »Mach, an wieviel Ta
aen der Woche bin ich denn eigentlich
geboren?«
Tec- Gattcn Klage-.
Nach einer häuslichen Szene gab
sie ihm eine Ohrfeige-. Statt in Wirth
zu gerathen, nahm der Gatte seinen
Hut nnd sagte beim Hiinausgehen mit
gedänipfter Stimme:
»Madame, als ich vor sechs Jahren
bei Ihren Eltern um Ihre Hand an
l«:ieit, erwartete ich nicht, daß Sie ei
nen derartigen Gebrauch von dersel
ben machen ioiirden.«
Hischstwalirscheinlich
Dame seinen Korb anstbeiiend):
»Mein Herr, ich tann Ihren Antrag
leider nicht annehmen: mein derein
stiger Bräutigam muß allen meinen
Jdealen entsprechen, er muß vollkom
men sein. Dabei werde ich stehhien
bleiben!«
Herr: »Nein, sitzen bleiben, gnädi
ges Fräulein!«
Uebertrossen.
A.: »Dent’ nur, jetzt hat sieh meine
Frau schon wieder einen neuen Hut
in den Kopf gesetzt; das ist doch arg!««
B.: »O —- dsie meinige hat sich be
reits einen neuen auf den Kopf ge
setzt; das ist noch ärgerl«
Auch was werth.
ht- «
»Was, so weni möcht’ft mir zahlen
für mei Korn, dös is doch zweimal so
viel werth.«
»Aber so viel is doch wekth die
Freud, wag de hast, wenn Z mit wird
verhageln«