Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 06, 1908, Zweiter Theil, Image 12

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    W an du inne-. vix-«
rosi. «
Ehe seltsame Geschichte aufgezeichnet
M sodp Wi ldberg.
Ich Its-nd mich unterwegs nach
Dem SM, als ich die schlimme
Mk vom Selbstmord der schönen
M Burvfs empfing —- achtlos,
Glanzes-eilt wühlte ich in einem Hau
sen Zeitungen, die auf den Sitzen des
Ibtheils lagen, und da stand es mit
einem Male schwarz auf weiß vor
meinen Augen . . .
Die zerknittetten Zeitungsbliittet
raschelten zu Boden, und plötzlich
flammte mir die Erinnerung an einen
Abend in’s Gedächtnis, da sie vor
uns tanzte. Es waren nur ein paar
Künstler anwesend, die zum inneren
Kreise des Burosfschen Hauses ge
hörten. Maria Jwanowna Buroff
hieß als Mädchen Mary Mac Laren.
Sie war don Geburt Anglo-Jndietin,
eine Tochter des englischen Residenten
atn Dose des Radschas von Gdasipur,
Slr John Mac Laren’j. An jenem
Abend nun war das Gespräch aus dieJ
mystischen Tänze der Hindus getom-"
men. Jm allgemeinen hörte Maria
suroff nicht gern von Jndien spre
chen; ich hatte öfter beobachtet« wie
ein heimlicher Frostschauer über ihre
Schultern zu rieseln schien, wenn man
nach dem Lande ihrer Jugend zu fra
gen sich anschickte. War aber dieser
erQe Widerwille überwunden, fo er
zählte sie gern und eifrig von den
Sitten und Besuchen des wunderba
ren Reiches. Und heute war ihr
Oemiith so frei und heiter, daß sie
auf den Wunsch ihres Gatten hin sich
bereit erklärte, uns einen ganz selte
nen und fiir Europa neuen Tanz in
eigener Person dorzufiihren
Sie lief hinaus und tam in weni
gen Augenblicken wieder: ein Wunder
in goldgelber indischer Seide, die sie
vorn halse bis zu den Füßen umfloß.
In ihrem blauschwarzen Haar trug sie
einen doppelten Kranz fremdartigen
hochgelber Blüthen, und ein Schleier
von demselben feurigen Gelb um
wand ihr bezauberndes Köpfchen.
Und Maria Jwanowna tanzte.
Jch will diesen Tanz nicht beschrei
ben. Bald war es eine Flucht wie
vor etwas Schrecklichem, bald ein
Intdruck der seligen Sicherheit, die
man im himmel Jndrcks empfinden
kann· Es mag genügen, wenn ich
sage: nach dem Tanzen waren wir
alle wie von Sinnen. Jch warf mich
ihr zu Füßen. Jch wagte es, einen
dieser kleinen Füße zu küssen, aus
Dankbarleit und mit scheuer Andacht.
seiner lachte rnich aus. Buroff
Mchelte sein gutmüthiges, unergriind
liches Lächeln.
Eines kleinen Umstandes hatte ich
alle diese Jahre hindurch vergessen.
Er lam mir erst wieder in's Gedächt
niß, während ich die Geschichte an
hörte, die hier folgen soll.
Als ich damals meine Lippen aus
den seidenen Strumpf der schZnen
Unzerin drückte, bemerkte ich gerade
tiher dem Rande des goldsarbenen
Pantöffelchenö einen Fleck, vielleicht
so groß wie eine hasclnuß Er schim
merte bläulich durch das zart-helle
Gewebe der Seide. Jch hielt ihn da
mals für ein Muttermal.
Stundenlang mußte ich den Wirr
nissen des Menschenlebens nachfinnen,
indeß der Zug durch die nachtende
Heide raste. Jrgendwo war Zugwech
Jsel und Aufenthalt. Jch trat abge
mattet und gleichgültig in den engen,
schlecht beleuchteten Wartesaal.
Da — was war das fiir ein Ge
ficht, was für ein braunes, altes, fur
chenzerpfliigtes Gesicht, das mich dortj
aus einer Ecke des freudlosen Raumeöj
anftiertes s
Eine ältliche Frau, der man trotz
ihrer enropäifchen Kleidung sogleich
ansah, daß sie einem fernen, fremden
Volke angehörte, erhob sich mühselig
von dem fchwarzbeleberien Sin.
»Moti, Moti! Jst es wahr? th
es wahrs«
»Sahib, es ifi wahr. Meine ge
liebte herrin ifi todt, Und ich reife
zurück in meine Heimath.«
CI war Ayah Moti, die indifche
Amme Mary Mac Laren’s, die ihr
als treue Dienerin und Vertraute
durch'I Leben gefolgt war.
·Die Sandukleute sind fchuld,«
vimmerie die Alte. «
»Wer —- wass«
»Die Sandukleute, Sahib! Habt
nie von diesen Menschen gehört?
L s ich fie Menschen nenne! Schlim
sser alI Thiere sind fie, und fie haben
W Kaste; denn sie stehen tief, tief,
N unter allen Kasten Ein Paria
c» Mk sie nicht anspeien, sie wären
4 DI- iu schlecht dazu
Qie Satt-III wohnen in einem
— wilden und finstern Thale
it sen Mike-n beI hintalajm auf
U III siW des Randa Devi,
UWO in ewiqein Zorn
si- ases W der hindu- ver
.. PMM Schim, den Gott der
, her derni na. Sie
. ähs- is sußslt des riesigen
» : Mkdmdfchenselam
« see stei- Mit
« -.--—
f
- Sie-» w. Sei-in das mis- pes
rtn bee Tochter des brttifchen Beß
benten in Syssipur gewesen- Das
Fürstentbnnr Qbasipnr grenzt irn
Norden an bat Gebiet der Stint-at
ieute; aber es bat keine Macht über
sie. ebensowenig wie die Kaiserin
Kiinigin selber. Und ba jene San
duts als die übelsten Räuber unb
Mörder weit und breit betrafen sind,
batte der Sahib Mac Laren seiner
Tochter aufs Strengfte verboten, bei
Spaziergängen und Ausfliigen bie
Norbgrenze von Gbasipur zu über
schreiten. H
Sahib! Jhr habt Miß Mary ge-’
kannt; und da wird es Etsch nicht
wundernedmem wenn ich berichte«
daß sie nichts sehnlicher wünschte,
nichts brennend-er verlangte als dies:
das Gebot ihres Vaters übertreten zu
können. Das häßliche Ländchen der
Sandutleute schmückte sich für sie mit
allen Farben von Jndtas Regenbo
gen. und die Zaubergärten Nur Je
bans schienen ihr Wüsten im Ver
gleich mit ihm·
Sie pflegte in der Msorgenlühle
mit mir auszufohren, in einem
Butng das zwei weiße Ponns zogen.
Ein paar berittene Gbasrpuris bil
deten unsere Schutzwochr.
Eines Morgens tamen wir —- ich
eoeiß nicht mehr. eoie es zuging
feindselige Dschinn müssen uns da
hingeleitet haben —- an ein uraltes
steinernes Thor von furchtbarem
Aussehen, das wir nie Zuvor ehen
hatten. Es überwöldte den Eingang
in eine tiefe und enge Schlucht.
Kahle Bügel erhoben sich zu beiden
Seiten des Throns In tausend
fürchterlichen Gestalten witterte
Seht-ou der Zerstörer auf uns herab,
und gerade über dem Thorbogen war
er dargestellt im Sinnbilde eines
ungeheuren Panthertopfes, der aus
einem halsragen von Tot-Anscha
deln dem Eintretenden entgegen
fauchtr.
Die Ghasipurireiter hielten ihre
Pferde zurück. Einer von ihnen
sprach, indem das Blut aus feiner
narbigen, braunen Wange wich:
»Hier geht es in das Land der San
dulleute. herein, befiehl uns. daß
wir u-mlehren.«
Ader Mary trieh dell auslacher
mit ihrer Gerte die Pontia an und
rief: »Da haben uns die Geister
selbst hergeführt: ffir haben dieses
That in den Bergen vor uns aufge
schlossen, damit wir furchtlos ein
ziehen in das qeheimnißvolle Wun
derland.«
Und der leichte Wagen rollte unter
die dunste. verruchte, heimtückisch
lauernde Wölbung des Schirm-Tho
res. Die blanten Banns kersinnt-er
ten wie Silber in der Nacht dieser
Wölbung Und der Schall der hufe
klang ängstlich wider von den chtoari
gen, ausgehöhlten Felsen. um's
Lachen verstummte. Jn dieser Stun
de fuhr meine Herrin in das Reich
des Todes ein —- alk ihr Elend war
die Tochter dieser Stunde.
Gleich hinter dein Felsenthore bog
die Schlucht nach links ein« Wir
warem taum urn diese Ecke, da stür te
sich ein dichter Haufe gelber Teufel
auf uns, wie eine Schaar von Aas
geiern auf den Abfall, den der
Fischer auf die Gasse geworfen hat.
Bevor ste noch ihre Waffen gebrau
chen konnten, waren unsere Reiter
aus den Sätteln gerissen, zu Boden
geschleudert, erwürgt, erdolcht zer
treten, zertrarnpeli. Die ledigen Rofse
rasten in wahnsinniger Angst dem
Ausgange zu und ftürmten wiebernd
durch Schick-Es dunkles Thor hinaus!
in’Z·fr·eie« morgendlickLlachende Land.1
. t-k-4-.
lellc Voll Den Juni-us- v.iz«,.e«
die Zügel unserer Ponns und
schleppten uns, ehe mir noch recht
zur Besinnunq gekommen, in einer
ihrer armseligen Dotier: dort sperrte
man uns in eine sinstere, übelrie
chende Hütte ein« Markt la; in mei
nen Armen und ichluchzte vor Angst:
»Anah, Anat-, was werden sie nns
wol-l alles anthnn2« Draußen scheint
terte das aanze Dors wie besessen.
Und diese Stille war entsetzlicher als
der Augenblick des Uebersalles, un
heiloerliindender als das pöbelhaste
Geichnatter des Sansdutvolles.
Endlich öffnete sich die Thüt unse
res Gesängnisses. Die Augen tha
ten uns weh, so blendend schien drau
ßen die Sonne. Jsrn jähen Lichte
stand ein sehr alter Mann vor unz,
; der vollständig einem jener qeheilig
ten reisen Affen glich, die im Tem
pelhoe zu Tapobana ihre Possen
treiben. Er trug einen weißen Tur
ban und fletschte schadhaste Zähne.
Als Mord in den Thürrahrnen trat,
wars er sich u Boden und berührte
dreimal mit feiner Stirn den röth
lichen Schmut der Dorsgasse. Mary
lächelte; sie war nun gaviß, daß eine
Wendnng zu ihrem heile eingetreten
sei. Ihre Thriinen waren schon ge
trocknet. Die huldigunq eines Mu
nes, sei er noch so dumm, häßlich
oder böse, vermochte ja zu jeder Zeit
ihr Angesicht zu erheiiern.
Ich aber erbedte in tiefster Seele.
Denn ich hatte auf des alten Affen
inenschen Stirn die drei Kreidesttiche
erkannt, die ihn kam bedingten Blei
ergehe-en Knecht des Zerst rt
W gestempelt Inn
MM UM et und sprach zu
Im Umsicht-idem vie . are dem
Wir oder Ort-do eher, gezie
mwa bezeigtem
l uns! M wird sich
Wl Der göttliche Print-her wird
Wai- msd brtheux dem- nehe, eine
Inst bringen wir ihn dar.
II- IO Ieise sein Intlii erfreut-.
Uns verstand die Sprosse M
.-—..- A . - s----—--,
Mannes nicht; ich aber verstand sie.
und die Lust wurde finster ver inei
nen Augen.
Ich habe Euch schon etc-St Sols-b
daß jene gelben Teu l den Gott
Schiroa anbeten in Gestalt eines
Panthers. Von Zeit zu Zeit nun
pflegen sie ihm ein Mädchen von an
muthender Erscheinung als besonders
imertlzoalles Opfer darzubringen Die
Unselige wird von einem Zauber-er
zur Panthetbraut geweiht, indem je
ner mit einem beinernen Werkzeug
ihre Fuhsahle berührt. Nach einer
Weile entsteht dort ein Zeichen, das
I den Flecken des Panthers ähnelt. Es
dauert nun Jahre, ost sechs, sit zehn.
manchmal sogar zwanzig, bis der
gesammte Leib der Pantherbraut mit
schwarzen Flecken bedeckt ist. Da die
Sanduls, wie ich Euch erzählte, Sa
hib, eine gelbe Haut besitzen, so
gleicht solch geschecktes Menschenkind
einem Panther oder Leoparden aufs
erstaunlichste Wenn nun die Flecken
des Pantheri der Ermählten in’s
Gesicht zu steigen beginnen, dann ist
der Tag der Opferung gekommen.
Die ganze Zeit über hat man ihr die
größte Verehrung erwiesen —- fest
aber ergreift man sie und schleppt sie
in jenen Theil des Terai. des fieber
diinstenden Sumpflandeö, durch den
der göttliche Panther seinen Weg zur
Tranke zu nehmen gewohnt ist Man
bindet sie dort sest an einen Baum
und überläßt sie dann den Zähnen des
Gottes.
Als der alte Aste von einem pap
han seine Rede geschlossen hatte. brach
das versammelte Voll —- denn es
waren inzwischen Sanduts aus allen
Dörsern des Thales zusammenge
lommen — in mißtönende Jubelruse
aus. Mart-, diese süße Thörin,
wähnte offenbar, man wollte sie zur
Königin ausrufen. Sie danlte mit
einer stolzen Bewegung des hauptes.
Da wiederholten die Gelhen ihr
triichzendes Freudengeschrei. Und
schon nahte der Zauberer des Thales.
Er war tein Sandulmann, denn
seine saltige haut duntelte wie unter
schweren Schatten. Woher er
flammte, haben wir nie in Erfah
rung dringen iönnen Seinen Kvps
umhüllte ein seuersarhenes Tuch.
Aus seinem aschgrauen Gewande zog
er einen Gegenstand, der einem elfen-.
deinernen Dolche ähnlich sah. Dann
flehte er Miß Marv durch unterwür
sige Zeichen an. sie mde doch ihren«
rechten Fuß entblößen. Sie will-«
sahtte ihm lächelnd. Sie hatte sehr
tleine und wohlgesvrmte Fßr. Jch
wollte sie am Ausziehen ihres
Schuhet hindern; aber zwei von den:
Sandutteuseln hielten mit ihren gel
ben Krallen meine Hände wie mit cis-H
sernen Zangen sest und entehrten
mich aus ewig durch ihre schmuhige
Berührung "
Da erslammte aus den benachbar
ten Bergen der rothe, zitternde, blut-»
gierige Schrei einer triegerischen
Trompete. Und die gelben Gesichter
der Sanduts wurden sahler, als die
haut der grünen Viper ist, wenn ihre
Nähte plagen. Die hande, die mich
umtlammeri hielten, wurden weich
und matt. Aber es war schon zu
spät! Der Fatir hatte Markt Fuß
sohle mit seinem Elienbeindolch ge
ritt, bevor er sich zur Flucht wandte
und wie ein Schemen entschwunden
war
Denn eine Flucht wars, vou jam
mernden Entsetzen5. Die ledigen
Pferde unserer ermordeten Begleiter
waren nach Ghasipur zurückgerannt:
sogleich war Sir John mit einer aug
erlesenen Truppe des Radschaå ins
Gebirge ausgebrochen, und nun wü
theten die Säbel der Ghasipuris im
Sandukdors. Ein Flintenschuß streckte
den alten Padhan zu Boden. Er
kollerte gerade vor Mart-? Füße; sein
sAssengesicht verzerrte sich, zu ihr em
porgewendet, im Todestainps zu grin
E sendern hohn.
Als wir wieder glücklich in Ghasi
pur waren, fing nrein Liebling an,
das ganze Schrecknisz als ein herr
liches Abenteuer zu berichten. «Schade
nur,« pflegte sie in kindischem Stolze
zu sagen, .daß diese armen Sanduk
leute den Wunsch, mich zur Königin
zu haben, so bitter büßen mußten!«
Zwar keimte binnen wenigen Ta
gen aus ihrer Fußsohle ein kleiner,
rundlicher Fleck. Das öngstigte mich
schwer, und ich erzählte Sie John,
was ich von dem Pantherdienst der
Sanduks wußte. Max-di Vater be
sragte sogleich den Leibarzt des Rad
schas. Der erklärte, nur derselbe Ia
kir, der die Wunde geritt, könne sie
auch wieder heilen; nur er besiße das
nöthige Gegengist. Da ries Sie
John die Freundschaft des Radschas
an, und dieser kargte nicht rnit seinen
Mitteln; aber weder die Streiszitge
der Ghasipurii noch das Versprechen
einer königlichen Belohnung erreichten
ihren Zweck. Jener Zauberer blieb
verschwunden, alt hiitten ihn Wölse
ausgezehrt, als wäre er in die Liiste
zerslogen. Er war untergetaucht in
die ungeheuern dunkle Volks-nasse
ndieni, und da hätten ihn alle Re
denten des Reiches nicht hervorzuhos
ten vermocht
Und nun tanr Alex-is Vuross, der
reiche, fröhliche Masken-steh nach
W. Seine MS gewin
Iende Urt, sein eitel Männliches
W, seine Stattlichkeit nnd Kraft
——.--,- ...---,-.-— --—- ——.-M-. .
nahmen Mary gest Sie wurde
Unsin; sie hieß oon nun an Maria
Jwanowna Burosf.
Jch hegte, Sahib, die geheime, ch
richte hoffnung, daß dieser große
Wandel in Marhi Leben, da sie aus
einem Mädchen ein Weib, aus einer
Britin eine Moslowiterim aus einer
Tochter der hochlirche eine Anhänge
rin des griechischen Glaubens gewor
den war, dem bösen Zauber nachhal
tig entgegenwirlen würde. Sie selbst
muß etwas Derartiges empfunden(
haben. ohne es sich zu gestehen. (
Jn den ersten Jahren schien denn
auch die Nachwirkung der winzigen
Wunde so gering. daß ich Hoffnung
schöpfte, sie würde allmählig ganz ver
fliegen. Dann aber lam die erste Ab
tühlung über Marys Liebe Burofs
hatte sich einen Rausch angetrunlen
und war sehr häßlich zu ihr. Meine
herein erregte sich furchtbar; und am
nächsten Morgen waren ihre Füße bis
zu den Knien mit schwarzen Panther
schecken gesprenlelt.
Jn Todesängsten stürzte ich zum
Arzt. Er fühlte sich der unheimlichen
Erscheinung gegenüber vollkommen
ohne Wissen und Rath. Denn was er
da sah. stand eben außer allen Be
ziehungen zu seinen Ersahru n«
zu seiner Kunst. Er nannte die ta
men einiger berühmter Gelehrter del
Westens-, die vielleicht . . . vielleicht . . .
von der Sache etwas verstehen Mir-l
n.
Nun konnte ich mich nicht enthalten,
alles zu erzählen. was der Padban
damals gesprochen hatte, und auch
Marv hörte es —- mit mehr Staunen
» als Erschrecken — zum erstenmal.
thr Arzt belächelte die Panther
sstteschichte als ein albernes Märchen;
doch hielt er es iiir möglich, daß mit
H dem Werkzeug des Fakirs ein unbe
Ixanntes Gift in die haut gedrungen
ei.
Burois mußte ietzt die ganze Sache
erfahren, damit er sich entschlösse, mit
- seiner Gattin die großen Aerzte West
; eurooas aufzusuchen
Da aab es aber einen entsetzlichen
Austritt. Sein voller, brandrother
Bart sträubte sich vor Zorn: »Und
»das bast du mir verschwiegen; mit
diesem Gift in den Adern hast ou
mich gelieirathet!« Er schien Angst
zu haben, daß etwas von der tücki
schen Bezauberung auch aus ihn über
gegangen sein könnte.
Danach machte er sich aus und
brachte Marv zu den weisesten Dot
toren in Berlin, Wien, Paris, Lon
don. Aber es vermochte ihr keiner
zu helfen. Wahrlich, ich hätte die
Kunst der Abendliinder siir größer
gehalten!
Eims Tages sagte der Russe zu
mir: »Moti, du kannst von heute an
mit deiner Herrin zusammen hausen.
Wir werden uns fortan nur bei
Tische sehen. Jm Vertrauen, Avah,
es- ist nicht allein dieses Fortschreiten
der Pantherhaut. was mich so ab
stößL Mir ist manchmal, als ginge
ein Dunst von ihr aus« wie er milden
Thieren eigen.«
Marv trug eng am halse schlie
ßende Kleider und zu jeder Zeit
»Handschuhe. Sie war tapier und
lächelte dein Schicksal ins Gesicht.
; Aber es iam ein Morgen, da sich
. unter ihrem linken Ohr —- Jhr wißt
noch, Sahst-, was sitt süße, rosensars
bige Oehrchen sie besaß —- ein lleiner
dunkler Fleck bemerkbar machte. Kein
Puder, keine Schminke, kein indisches
Wasser ionnte den Fleck zum Weichen
oder auch nur zum Erblassen brin
gen.
Jn meinem Ringe verwahrte ich
seit jeher ein seltenes, lostbares Gip,
ioie es die Singbalesen auf der Jn el
Cevlon geheimnisvoll zu bereiten
wissen. Es tödtet, bevor man Zeit
gehabt hat mit der Wirnper zu zucken.
Sie hat es mir abgeschmeichelt. Ich
erkannte, daß ich ihr nichts Besseres!
antbun konnte, als ihrem Flehen;
Gehör zu schen-len. Und da ich siel
immer geliebt hatte, so gab ich ihr
das Gi . Jbr werdet mich nicht ver
rathen, herr. Wenn ich erst einmal
in meiner heimath bin, bann diirst
Ist davon sprechen. Denn i leugne
es nicht« daß ich meinem le ling,
meiner Matt-. sur Erlösung ver olsen
habe. Dieses Bewußtsein wird der
einzige Trost meines Alters sein«
W W
—
il XX
«Wai wünschen der tt Kadeti?«
«fflaiche Bier, zwe Cigamtten
nnd Disttetion!’
Zweite-.
Kasstm wessen Prinziqu kürzlich
geadelt wurde): «Wü te ich nut, wo
mit ich meinen Ehe mehr ist ern
könnte, wenn ich ihm mit zweit-un ki
Wille bracht-renne oder wenn ich ihn
einmal mit »Den Meist« antedei«
« Freiherr v. Stein und feine Gefttfen
Vielleicht an ander-Ingl.
Eine Jägetgeschiähtefvon E. v. Jtns
o .
heiß drennt die Augnsisonne auf
den Bergwald am Icchhekg nieder,
dessen fchitsenden Schatten eben ei
nige wettetfefte, sonnvekbkannte Ge
stalt-en verlassen Es ift no fxiih
ant Nachmittag als Forsta sijtent
mEit den Verwessungsatbeiten eetig
geworden und fiik heute Feierabend
machen.
Da, wo der Weg zur Schrie-berg
alm abzweigh geht Stein von seinen
Leuten: «Grüß' Gott, Leut’!«
.B’hiit di Gott, Here Asststent!«
Sinnend geht et weiter. Jst et
doch schon seit Wochen da bekoben
und hat noch keinen Hirsch eilest
Wie lange dauert es noch, bis er wie
der zurück zur Stadt zum Kanzlei
dienst mußt
Da tann doch nur die alte häßliche
Schneeber ab’n schuld sein. So oft
Stein au hochioild pirschte, so ot
begegnete ihm die Sennerin oon der
Schneeber alm mit freundlichem
Gruß. stein war nicht aber-glau
bisch; aber es mußte doch sein« daß
der Gruß eines alten Weibes nicht
Glück bringt, wenn man zur Jaqd
Mit —- Troh seines Drin-gera, die
Alte lachte einen so vorzüglichen
Schmarren. der einem nach stunden
langem Steigen doppelt gut schmeckt,
wollte er heute riiber gehen und seinen
Hunger hiö zur Riieltehr meisten-»
Ali et eben vorn Weg ungesehen
addieaen will, iodelt ihm von der
Sennhiitte her eine so helle, srische
Stimme entgegen. daß er unwilltiin
lich flehen bleibt, und dann doch aus
die bittre zu geht. So tann die Alt«
net jodeln.
Und wie er näher kommt, sieht er
ein bildsauhers DiandL die gerade
einen Melieimer auswäscht und lustig
dazu singt.
«Griisz' Gott! Ja, wo is denn
Waan heut’?«
a»Zum Piorra haHl ahi müssn d’
Wab’n.«
»Und du?"
»F bin da Wahn ihr Basl« sagt
sie und macht einen niedlich-n Knie.
»F bin’s Mariandel vom Lukan
moasta von Enzau und heli’ da
Wah’n aus.«
»So. da Wahn ihr Basl; bist a
sauber’s Diandl.«
»Du a’sallst mir a net ohni; hist a
sauh’rer Baa. aber mei Vota duldet’s
net, daß i an Jaga möcht! dö san
alks z’leicht.'·
Und sie erzählt harmlos von ihrem
großen Hos, von Pferden undhunden,
von Rinwieh und Gesliiael und a
Wald sei a dabei-Stein denlt sich,
bei so einem Prachtmiidl möchte man
doch gleich einBauerndsuh lein, und er
zählt ihr, daß er beim Forstmeister
drunt’ G’hils sei, und daß er daraus
so oft kommt, weil da sein Weg rar
beisiihrt, wenn er auf Pirsch geht.
heute hätte er hinten oorbeiwollen.
weil er der Wab’n ihrem Gruß ent
gehen wollte.
«Wann’st aba no jaaern willst, na
ders’st mach’n da d’ sort limmst, sunit
werdW Nacht bevor d’roben bist.
- Er wollte ihr einen Kuß aus hie
Kirschenlionen drücken, doch sie wehrte
ab und hielt mit ihrer hand seinen
Mund zu.
.·.L'tielleicht an andersmal« hat's
g tun-u
Pirschend steigt Stein den Wald
steig hinaus. Aber er denit mehr an
den bist-schen Blondtovs Und ihre
letzten Worte. Wie frisch nnd aesnnd
sie aussah und alles an itn war Le
ben. Und ibre Hand, die auf seinen-.
Mund gelegen, war so weich, aar nicht
wie die Hand eines Bauernniädeis.
Und den Schere mit dem Kuß nahm
sie auch nicht übel· Wie ganz anders
sind doch die Mädeln in der Stadt.
Und mit Grauen denkt er an den
kommenden Winter, an die Gesell
schaften und Völle, die er rnittnachen
muß. Wie viel schöner wäre es doch
tönnte er all« seine freie Zeit auf den
schonen Bergen, in herrlicher Win
»tersandschast, auf der Jagd verbrin
gen. Wenn man nur nicht immer iiber
Theater, Concerte, Völle, Tennig und
Basars reden mfztei Oder wenn man
weni enö ein so frisches Mädei wies
Mariandl als Tischdame hätte, da
tönnte man auch über andere, inte
ressantere Sachen . . . ein Gepoiter, ein
Brechen im Dickicht, ein Hirsch springt
ab. Der in seine Gedanten versun
tene Jäger hatte eben nicht alle seine
Sinne auf die Jagd gerichtet und so
bat er den Kapitasen iiberxiangen
«Vtrslucht! Diese Gedanken! Kerl,
bist du denn veriiebt«, spricht Stein
zn sich selbst. »Ja, wenn sie aus ade
liger Familie wäre, die müßte mein
werden. Aber so, was würde da die
liebe Verwandtschaft sagen. hat schon
tolle Streiche genu gemacht dieser
Stein und fett tvi er gar noch ein
Bauernmödel beiratben.« —- »Aber
diese weiche handi 's eine verzauk
berte Prinzessinf l gab-I dersei
früher, fett kommt so etwas nicht
mex vor.«
tein pirscht weiter, bald kehrt
er um; das sinkende senlicht est
es nicht, was ibn so ras Hierin-ni
tebr inmi. Er will noch auf der
Schnee r alm zutehren So ein
Piandekst ndchen mit der schönen
Narands ist nicht von Blei. huåieiee
hatte er auch. Bald toar die im
erreicht.
«Gtü ’ di Gott, here Assistettt!«
Eies ’ Gott, Wahn wo is dein
Haus«
»wirt«
«Ro. dein Mariandts«
Ase meinst, : dst’s Wean
Gei, is a Cis-macht so
viel brav und quat. Its-u ichs wieder
abi morgen muaß den-In.«
»Woh» is desinf
Da blißt ej in den Augen der Al
ten aus und schalthast sei-ist sie: »Hast
du di eba gar ver-schaust here AM
gents Aber wie werd denn so a
- tandl an Jaga heirathen, da werd
ncx draus.«
Der Schmaar will Stein heute
gar nicht recht schmecken und bald
macht er sich aus den Weg runter zum
Forsthans.
Und an all’ den Tagen, die Stein
noch in den Bergen zu thun hat, geht
ihm der Mandion mit seinem »Viel
,ieicht an anders-nai« nicht aus seinen
Gedanken. Wenn ihm nur Jemand
gesagt hätte, wo er sie wiedersehen
könnte. Aus der alten Wab’n war
nichts herauszubringen Sie schwan
zelte nur wenn sie gefragt wurde,
und that geheimnißsvoll. D’
Maria«ndl seit· ganz was bsonders,
4
. Fest-« ,
Colle ne nur tun-hu grinst·
Die Hirichbrunft war bereits zu
Ende; Freiherr von Stein hatte trotz
dem Gruß der Was-m zwei Kapitale
eriegt und fuhr nun besriedi t iider
sein Jasdgliick wie iiber die undi
gung feiner sorstlichen Verwesfungs
arbeiten zur Stadt. An der Regie
rung wartete seiner Arbeit in Hülle
und Falle. Mußte er doch die den
Sommer iiber gemachten Ausnahmen
numehr ausarbeiten. Wenn ihm auch
in der ersten Zeit das Kanzleisihen
hart antam, fo war sein Körper und
Geist durch den langen Aufenthalt in
den Bergen so gestiihlt. daß er sich
bald an diesen wenig angenehmen
Theil feines doch so schönen Beruses
gewöhntr.
Stein hatte wohl alle feine Besuche
gemacht; aber bis heute fiir sämmt
liche Einladunaen mit dem Bemerten
gedankt, dasz er zu sehr mit Arbeit
überhäuft fei. —- Rur die Weihnacht
seiertage aönnte er sich Ruhe und such
te Stiirtuna in seinen aeliebten Ber
gen. —- So tam es, daß der große
Ball, den fein Ontel Ende Januar
gab, die erste Gesellschaft war, die
er besuchte.
Nachdem Stein feine alten Be
tannten begrüßt hatte und so ziemlich
überall vorgeitellt war, zog er sich an
eine Söule zuriich von wo aus er das
Treiben im Saal übersehen und sei
nen Gedanten ungestört nachhängen
tonnte.
Wie viel schöner wäre ein Radl
oder Stiausflug in feine Berge oder
ein Spaziergang in den schwebet-eck
ten, mondhezasliinften Fluren. Der
Aufenthalt in diefer heißen, pariiims
geschwängerten Luft war beinahe eine
Qual Wie tlein tamen ihm die
Menschen vor, die in einer solchen
Gesellschaft ihren Lebenszwect sahen.
Was würde wohl Franzi, fein erster
Gehilse vom Sommer her, sagen,
wenn er da herein wäre in diesem
Saal, in dieser Lust und in dieser
Gesellschaft? Maul und Augen wür
de er wohl ausreiszen nnd sich an die
Stirne greifen, ob er nicht verrückt
geworden. Stein stellt sich dieses Bild
vor und lächelt. Iranzl mit seinen
derbgenagelten Schuhen auf dem glän
zenden Partetthoden, blosze Knie,
Hals und Brust frei, und der Leder
bosendust —- oh shotingi
Da tam Steins Cousme Carla zu
ihm und holte ihn mit den Worten:
.Komm’ mit, ich möchte dich gerne mei
ner schönen Freundin Gräsin Enzau
vorstellen! Ader daß du nicht wieder
mit deinen faden Schwärmereien iiber
Berge und Jagd loslegfi, wir Damen
lieben dieses Thema nicht· Jch wette,
du haft eben wieder davon geträumt,
als du lächelnd an der Säule lehn
-, .- . -« -- -
Stein folgte tyk, Vctmke Ilcy norcx
Wenn nur der T ..... tPardoii!)
ein Engel diese Dame entführte.
Doch wie erstaunt er, als ihn seine
Cousine einer bitt-hübschen jungen
Blondine vorstellte, die ihn so ganz an
Mariandl von der Schneebergatm er
innert. Als er sich von seiner sehr tie
fen Verbeugung aufrichtet und ihr in
die Augen sieht, da rutieht es ihm
heraus:
«Mariandl!«
»Biirgermeisterstochter von Enzau,«
sagte sie erröthend. »Aber wer hätte
je gedacht, daß ich den Jagershuam
von der Schneehergalcn hier in Gesell
schaft treffe.«'
»Ja. und wer hätte geglaubt, daß
die Wab’n von der Schneebergalm so
ein oornehmes Basl hat.«
,,Die gute Wahn die hat mich ais
Kind auf ihren Armen getragen und
sich fiir mich gesorgt wie eine Mut
ter.«
Zwischen beiden entspann sich nun
ein lebhaftes Gespräch, in dessen Ber
lauf nichts von Theater, Tennis u. f.
to. zu hören war, dagegen Jagd und
Berge. Schneebergalm und Sennhiitie
die hauvtrolle spielten.
Und dann kam doch ein Tag« an
dem das Vielleicht an ander-mal« in
Erfüllung ging, an dem Griisin Ma
rianne Enzan ihrem Jagersbuam, sich
an ihn schmiegend, ihr döndchen auf
die Schulter legte und ihm ihre Kir
schenlippen bot.
Ins-dessem
A.: »Sie haben da einen Brief nach
Japan adrefsirtt Wissen Sie denn
auch· daß fest dort alle Briefe geöff
net roerden müssen, die aus Deutsch
land tonnneuW
B.: Ranu. warum den-ist«
s.: »Na, weil man sie doch sonst
gar nicht lesen tönntet«