Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 06, 1908, Zweiter Theil, Image 11

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    Tinte IsmkstkngkL
r schreit-ehrst non
II Mut —
—
W
No. 335. Wenn ich mich das
Hratscheckt mit die Fieipehper Fäcttes
rte ordentlich aus-gedenkt gehabt hatt,
do hen ich mich den Karlie, was un
sern oerheirather Buh is, getiickelt un
n en ute diesente Taht mit ihn ge
ht. säh hen oerectsplizirt, daß en
junger keller eoie er, ehhes schaffe
mußt un daß es e Schehm wär, wenn
er sich auf seine lehsie ut iege wollt
un an seine Perrents ·epende wollt.
Das hätt ich alles ins Auge gehabt un
Lor n Riesen roollt ich, daß er ebbes
uhn sollt un ich hätt ihn auch e
Prapposischen zu mache. Jetzt wär es
sein Törn ehbes gutes draus zu ma
che. Dann hen ich ihn gesagt, daß ich
den -wollt, daß er e Fleipehper Fiicktes
rie staete sollt un wann er da derzu
sticke deht, dann hätt er auch schuhr
en große Suckzeß. Ach Ma. hat et
gsa t, was kommst du mich mit en
to ! Wie tann ich da en Suctzeß
draus machet Jn die erschte Lein,
kann in so en Pennietram nit viel
Praisit sein, dann noch e anneres
Ding werd Fleipehper blos in die
Sommerzeit gejuhst un was soll mer
dann im Winter machet No, ich den
ke, das Fleipehperhißniß wär sor mich
en Sticter un ich hesser lasse meine
Finger davon.«
Jch tann Jhne sage, ich hen mich
widder emot gut un sehr iwwer den
Laushuh geärgert. Immer wisse die
Fellersch alles besser, wie ihre Mut
ter un wann es dann zu spät is, dann:
sehn se ein, was se sor dumme Csels
gewese fin. Es is ja gut genug, mer
muß schon e ganze Latt Fleipehper»
vertause bis mer hunnert DahterI
Prafsit gemacht hat, un es is auch;
recht, daß mer im Winter tei Flei-»
other juhse duht, answer dieselwes
Zeit wär es doch en Schapp un fo;
was mer uis deitsch e annest Lisfings
nenne duht. Well, ich hen noch emali
getreit den Karlie zu tohnwinze, aw-;
toer es war alles Umsonst, er hat nickg ;
von wisse wolle. So hen ich denn mein !
Meind aufgemacht, das Pratscheckt zu
droppe un zu warte bis der PhilippJ
was mein Hosbansd is, mit seineI
Prapposifchen erausriicte duht. Wiei
er sor Dinner heim is tomme, da heni
ich gesagt: ,,Well, du Schlohpoht, hasts
du denn noch nicte geiunne, wo mer«
den Karlie drin aufsetze tönnte2« Das
hat er gesagt, er hätt e seine Eidie,!
W-- k- -·-·- ---c- -:A ---- --:s- ts
UIUIULD ils IUUS IIUW slbs Buslz shsy Us
ich sollt ihn noch e wenig Zeit gewwr.i
Awwer ich tönnt ganz ruhig sein. ers
hätt schon den Karlie oon seine Eidir
gesagt un der wär vollständig mit
einverstande. Well, ich tann Jhne
lage, jetzt sin ich awwer doch neugie
rig gewese. Jch hen gesagt: »Ich will
jetzt, daß du mich reiteweg sage duhst
eras du sor e Pratschectt hast, biiahs
ich will ennihau auch gepohstei sein
von den was in mei haus un mei
Fiiinmillie vorgehn duht. Das is mich
en schöner Weg, den Bub sa st du,
was du in e Bißneszlein mit i oor
hast un ich soll wartet« Jch hen ihn
noch e paar annere Sache gesagt, wo
in Print nii gut ausgucke duhn un
da hat er gesagt, well, dann wollt er
mich alles sage.
»Lueiehier, hat er gesagt, mir hens
sdie lange Jahrd in den Mist von unsi
set haus, se is parilie so nörroh, daß»
mer se gar nit juhse tann un aus die’
Jahtd duhi meine Eidie behse. Mer;
gehn hen un hilde e Bohling-Aellie
un die iann der Karlie konne. Seil
is e Bißnesz wo im Sommer so gut
is wie im Winter un wenn der Karlie
e wenig tehrfull is, dann kann er
rad so viel Geld mache, wie in sein
PicscherssSchoh un noch e anneres
Ding, er duhi auch dabei den Wedesi
weiler en gute Törn, bilth die Pie
hels wo die BohlingMlleh srietwente,
duhn doch bei den Wedeöweiler ihre
Drinis tause; den Weg duht eines
Band die annere wasche.« Den Weg
hat er mich noch sot e ganze Weil
vorgetahlt un ich muß sage, er hat
mich auch iomvinzi Jch hen esagt.
ob er mich prammisse dahi, da mit
die Bohiing Allies ieine Bahe loh
necktet wär, un wie er gesagt hat, daß
wiit ganz ausge chlosse, bitahs er deht
doch nit denke, s; er in die Drinits
Lein io en Suck ess mache thut daß
es sich zahle de i die hohe Licherleis
sean zu bezahle, da hen ich gesagt,
we dann go ehett, mer könne ia emal
e Treiel mache un lehn wie der has
lause duht. l
Sie könne sich denke, da der phi-»
tipo atig getickelt war. da ich einnl
mit eine oon seine Tödtet slittisxeeid
wese sin un er is gleich hin tu n.
desweiler gelau e, sor ihn seines
Freud mit zu ie. Well, ich den«
fihn den Fonn ntt speule wolle un tin
sogar später selbst hin qan e un do
hen mer denn lang un drei all die
fis un »die Wenns iwever gethatt un
in zu die Kobniluhichen komme, daß
die Bohling Aellie Eidiie gar nit so
schlapspig wär. Met hen dann auch
gleich die Kohntkäckts qelasse un wie
met die Figgetsch gehabt hatte un
met sin noch emal drin-ever gange, da
den mer ausgefunne, daß die Ge
schicht en ganze Hiep Geld getosi hat
awwet da war nickt mehr u mache,
met kann nicks for nicks eckfpeckte un
das Schönste war, daß diesmal der«
Wedessweilet alle Kredditt for die Ei
ie getlehmt hat. Da hen ich denn auch
ausgefunne, daß das Pratfcheckt gar
nit aus den Philipp fein dumme
Kapp komme is un ich bette Jhne ei
niges, daß der Wedesweiter die Boly
lan Aellies nur hen will, bikahs er
denkt daß et dabei e gutes Bißneß
mache kann, un Kostiemetsch kriegt,
wo er sonst nit dran figgere könnt.
O, ei tell fuh, der Kunne hat e Auge
for Bißneß ahlreit ahlteit. Mit beste
Riegards
Youtd
Lizzie hanfstengei.
W
l em· dehnt
A.: »Wie der alte Herr Schluckerl
nur immer behaupten kann, sein Po
dagra viihre lediglich vom hiesigen
f ungesunden Wasser herl«
s B.: »Aber ganz recht hat er doch;
Ida das Wasser hier so chlecht war
s trant er eben stets —- Wein.«
Eine Dankbar-u
Kundim »Der Stoff gefällt mir.
Sie können mir sechs Meter davon
geben... Aber merkwürdig! Sie
kommen mir so betannt vort«
Berlöufer: »Gnädige erinnern sich
meiner —- das freut mich. Jch bin
nämlich der junge Mann, der Sie
vorigen Sommer in Heringsdorf Vor
dem Ertrinlen rettete, als sich Gna
dige zu weit in die See gewagt hat
en.«
Kundins »Ach, das waren Sie?
Na, da geben Sie mir schon sieben
Meter!«
Ein Held.
»Also eine Ohrfeige hat Dir der
Müllerser gegeben; ja, ja, das ist
ein rabiater Kerl, der immer gleich
handgreiflich wird!«
»Na, diesmal ist er an den Unrich
tigen gelommen...meine Frau war
bei mir!·'
Ostsee-bel.
Unterofsizier: Kerls, wenn ich sage
»Los!« dann müßt ihr überm Kar
toffelacler fliegen, daß dem Zeppelin
sein Lastschiff ’ne Deckelschnecke da
gegen ist.
Ireir.
Protzenbauer lgum Maler, der bei
seinem Gehöite malt): »Hörst, du
könntest mei· Schecken malen, und
wenn die gut ausfällt, lämi es mir
aus ein paar Marterln nicht darauf
an, da lönntst auch mich malen!"
Sehr bedenklich,
Herr (zum Diener): »Saaen Sie»
mir, wie alt sind denn eigentlich die
Töchter des Haus-si«
Diener: »O, darüber bin ich noch
nicht eingeweiht, ich bin ja erst acht
Jahre im hause.«
stattliche Hufen-tm
Dame (im riesigen Glackenhut zum
schirmlosen Jüngling, bei Regenwet
ter): »Datf ich Ihnen meinen Hut
anbieten?«
Ausnahme.
»Man sagt, Herr Professor, Sie
beherrschen alle fremden Zungen.«
»Nur zwei nicht, meine Gnädigste
—- die meiner Frau und meiner
Scknviegermutter.«
Ueitklliilsis.
A
v, I -IP N«
A.: .Nehmen Sie ’B mir nicht
iibel lieber Freund —- Jhte Frau ist
aber gar nicht hübsch!«
Gefchäftsteifenden »Hei nichts zu.
sagen —- ich bin ja doch me:stenthei13
nicht zu haufe!«
Die Rief-like
- O
Junggeselle (zu seinem verheirathe
teu Freunde: «....Sag ’mal, wie
merkt man un eigentlich, daß man«
die Wichtige hat?«
) Freund: »Wenn du sie nicht mehr
los witstl«
l
!
Ae goldene sent eees:0t.
Der Frühling ift da, frühzeitig
F und unerwartet. Kurze, warme Re
genschauer haben die verdorrte Erde
geküßt. Auf dem grauen Veldt zeigen
sich hier und dort grüne Flecke der
zarte Schimmer hervorbrechenderPiir
sichlnospen verleiht dem kahlen Ge
zöste einen Anflug neuen, rosigen Le
« dens. Und wie es in der Natur ist,
so ist es mit dem witthschaftlichen Le
ben dieses jungen Gemeinwesens.
. Auch hier ist der Lenz gekommen, auch
E hier lam er frühzeitig und unerwar
" tet — über Nacht. Man sieht wieder
fröhliche Mienen, an den Barö knal
len Champagnerpsropfen, ein Ge
räusch, das, früher so vertraut, schon
lange in Vergessenheit gerathen war.
Gutbespannte Equipagen rollen durch
die Straßen, selbst die zahlreichen
Motortvagen scheinen fröhlicher zu
schnaufen und zu iuten als noch vor
wenigen Monaten. Vergriirnte Fami
liendiiter, dorKurzem noch amDasein
verzagend, erinnern sich, daß sie immer
noch Papiere und Liegenfchaften be
schen, die vor Jahren auf Millionen
geschätzt, später zu keinem Preise mehr
vertäuflich waren, und neue hoffnung
zieht ein in manche gequälte Brust.
IJIG OVIUIGL IIIU WIIIHIPIIIVUUHII IIIIU
iiberfiillt, in den Tanzlotalen drehen
sich stei beinige Briten mit den Töch
tern nstrenger Buren in frohem
Neige-. Das lange, bange Leid scheint
vergessen, und ein frischer Hauch der
Auferstehung weht durch das Land.
Arn besten tann man den Wechsel
an den Sonnabend-Abenden beobach
ten, wenn, beinahe wie vor dem Krie
ge, eine bunte Menge sich bis spät in
die Nacht durch die Straßen drängt
und die Bevölkerung der Vororte und
; der Minen, von Kauf- und Schaulust
getrieben, in der goldenen Stadt zu
sammenströmt. Auf dem Marttplatz
stehen, schwarze, tiefe Massen. An ei
ner Ecke plärrt, unter betäubenden
Pautensschlägen, eine Abtheilung der
H Heils-armer ihre Lieder, umstanden
von Haufen gaffender Kaffern An
I anderen Stellen reden Wanderpredi
I ger die Menge an, die in bewegten
s Worten und mit wilden Gesten ab
i wechselnd gegen Regierung, Stadtver
l waltung oder Kapitalismus donnern,
Idenn die Redefreiheit ist ja unbe
i schräntt. Nannte doch erst vor Kurzem
. ein indischer Agitator den Kolonial
etretär in öffentlicher Rede einen
. örder, was dieser einfach mit der
gleichmiithigen Bemerkung quittirte,
I daß das «stmvg lunxzitngt-" seine et
i
l
was starke Sprache) sei.
Durch die Menge schlüper Jnder
und bieten den Jnhalt ihrer Frucht
Htörbe zum Verlauf. Jn allerhand
. Marttbuden werdenThee, Kaffee, Sel
terwasser, heiße Pasteten und Wärst
3 then verkauft bis zum frühen Mor
7 gen. Kurz: wer ein richtiges Bild von
der vielfarbigen Bevölterung Johan
nesburgs haben will, der gehe am
Sonnabend Abend aus den Marti
- platz, besonders zu der Zeit, wo die
Theater sich leeren und die buntschecti
ge Menge durcheinander flutbet, arm
und reich, weiß, braun und schwarz,
geschiniictte, elegantes Damen und übel
riechende Strolche· —— Das ist der
Z Vulsschlag eines neuen Lebens, das
« Leben eines neuen Volkes in seiner
; Kinderstube, das dereinst ein großes
Volk sein wird, ein Volk, entstehend
aus allen Völkern der Erde, ein Volk
ohne Vergangenheit, dem aber die Zu
kunft gehört·
an-1,,k.«,-s«»k, L - s
l
Ulll UUV UULsclchUUUUc, LIle IU Ucc
lang dagelegen hat wie ein verwun
scheneSSchlofz verfehmt und gemieden
wie eine Heiinstiitte von Pesttranlem
drängen sich heute vorn Morgen bis
zum Abend all die wunderlichen Ge
i stalten, die diese-·- eigenthiimlicheszsnd
hervorbringt. Aug welchen Höhlen
kommen sie hervor? Wo hielten sie
sich verborgen während dieser bangen
Jahre unaufhaltsamen Niederganng?
- Wieder feiert dort das goldene Kalb
t seine Triumphe. Wirbelnd drehen sich
um den Götzen IBriten und Buren,
l Christen Juden und Heiden, eine
wilde Schnar. —Doch vorbei an Die
l sem unschönen Bilde das die steht
Leite des wiedererwachenden Lebens
arstellt.
i Handel und Wandel heben sich,
.lcingsam, aber stetig Am schwersten
! haben die Kaufleute zu kämpfen, denn
Znach Beendigung des Krieges sind
hier, in Erwartung glänzender Zei
ten, Hunderte von Neulingen einge
s strömt, mit geringer Sachlenntnisz
" und kurzenKrediten Sie importirten
Waaren im Werthe von vielen Hun
terttausenden, die bei den knapp zu
, geschnittenen Konkurrenz - Verhältnis
sen schwer auf dem Markte lasten und
i dem legittmen Kaufmann das Leben
! sauer machen. Doch auch diese stu
dertrankheit wird überwunden wer
;den, wenn auch in der Zukunft siir
sdaö reelle kaufmännische Geschäft hier
wahrscheinlich nicht größere Profite in
iAuösicht stehen dürften, als auch in
i anderen —- jungen oder alten —- Lan
I dern
Z Neben den greifbaren Errungen
2schaften unserer Industrie während
« der letzten Jahre, wie Verminderung
r Arbeitskosten und unangteisbare
ststellung des unverminderten Wer
theE unserer Goldlager, auch in den
größten Teufen, spielt das bessere
Verhältnis-, eine große Rolle, das sich
im Laufe der letzten Monate zwischen
Regierung und Kapitalismus heraus
ebildet hat. Es ist nicht zu leugnen,
gab trotz mancher begangener Fehler
- k- «- —s--k-- -4««-- - - - -H..k
unsere aus rein asrilanischen Elemen
ten gebildete Regierung, sich durch red
liches und ausrichtiges Streben und
Wollen, allmählich das Vertrauen der
ganzen Bevölkerung zu erringen ge
tvußt hat, und daß angesichts dieser
Thatsache, selbst die mehr oder weniger
»unverniinstige Opposition der briti
xschen Fortschritts vulgo Jingo-Partei
ssichtlich zu erlahmen beginnt. Und
über dem hoffnungsfrohen Zukunfts
’bilde schwebt der Glorienschein des
kommenden siidafritanischen Staaten
bundes, der alle Bewohner dieses Lan
des, die Alteingeborenen sowie die
.neuen Ankömmlinge, die in Zukunft
dieses Land zu ihrem Heim erwählen
wollen« zu einem großen, einheitlichen
und mächtigen Voll vereinigen soll.
Wahrlich, wir haben genügend und
lange enug gelitten in diesem Landg
als da wir nicht endlich mit Behagen
auf das ausdämmernde Bild des
neuen Südasrilas blicken sollten, dem
dasDeutschthum schon heute breit und
schwer einen Stempel ausgedrückt
hat, denn heute schon hört man ini
Börse und Klub, im Theater und aus .
der Straße die deutsche Zunge klin
gen, ebenso laut—und so selbstbewußt
wie die Sprache der Alteingesessenen,
der Briten und der Niederländer.
Ut- erobert man eine Frau !
Die jungen Leute lernen heute
wirklich in der Schule alles Wissens
werthe und noch dazu eine ganze
Menge Ni twissenswerthes. Sie ler
nen mit orten und Zahlen umzu
gehen, sie erfahren, was die Menschen
aller Zeiten getrieben haben, wie die
Thiere aus der Erde, im Wasser und
in der-Lust sich denehmen, was- siir Ei
genschaften den chemischen Stoffen in
newohnen, sie lernen mit peinlicher Ge
nauigteit den Bau der Sprachen, und
sie stapeln in ihrem Gehirn ein uner
hörtes Quanturn von Formen Und
Zahlen aus. Zu allen möglichen Be
rusen werden sie ausgebildet, aus alle
Eventualitäten des Lebens werden sie
vorbereitet. Und nur eine Wissenschaft
bleibt ihnen ein Buch mit sieben Sie
geln, nur von einer Kunst wird ihnen
lein Wort gesagt. Mit einem Male
stehen sie vor Problemen, die ihnen un
saszbar sind, vor Fragen, aus die sie
feine Lösung wissen, vor Wegen, auf
denen sie keinen Führer haben. Und
dann sagen ihnen weise und erfahrene
Männer, daß gerade diese Probleme
und diese Fragen die wichtigsten
Dinge des Lebens sind, daß hinter die
sen Räthseln die wahre Ertenntnifz
thront und daß diese Wege zu den
schönsten und reichsten Zielen leiten.
Und in ihrer Rathlosigteit machen sie
Dummheit aus Dummheit und sehen
zu spät ein, wie sie die schönsten Stun
den und Tage des Lebens vergeudet
und verschwendet haben, wie sie kostba
re Blüthen übersahen und Frrlichtern
nachtanztem Diese Wissenschaft, die
man nicht lehrt, diese Kunst, deren
Grundgesetze die Meister nicht verra
then, diese Berechnungslehre, deren
Formeln ansiablxila und Magie erin
nern, gilt dern Weibe. Wie erobert
man eine Frau? Um diese Frage
dreht sich das Leben der meisten Men
schen nnd sie werden in erbarmungs
würdiger Unwissenheit mit einem
Schlage davorgestellt. Jst es da ein
Wunder, das; die meisten Männer in
tem Kampfe, der nnn beginnt, den
Kürzeren ziehen? Es ist gerade so,
als wiirde man einen Jüngling, der
von griechischer Sprache keine Ahnung
hat, einen Sophotleischen Text zu
iibersetzen geben. Die Ausgabe wäre
nicht schwieriger.
Aber zuweilen kommt es doch vor,
daß Männer, die Erfahrung hat-en,
oder die mindestens glauben, Erfah«
rung zu haben, ihre Weisheit in einem
Buche niederleaen, um dem groß-In
Mangel an Leitfaden fijr diese schwie
rige Wissenschaft einigermaßen abzu
helfen. Ein solches Buch ist in
(»n-lue«st·.ss sie-S i«·-IuIiI·«-’ iDie Erobe
rung der Frauen) von Maurice Ma
gre. Rathschläge fiir junge Leute
nennt der Autor sein Wert. Und in
derThat geht er von einem sehr wich
tigen Rathe aus und tosnmt zu
einer sehr wichtigen Schlußfolge
rung. Sein Rat gleicht dem
der tüchtigen Bergfijhrer, die
den Neuling auf den Gipfel füh
ren, indem sie fortwährend versichern,
die Partie sei gar nicht schwer. So
sagt denn der tluge Mentor, der die
ersten Schritte des Jiinglings lenken
will, die Schwierigkeit, eine Frau zu
erobern, liege in dem Glauben, daß die
Eroberung wirklich schwierig fei. Aber
die Schwierigkeit verfliegt in dem Au
genblick, wo man zu der Ueberzeuaung
gelangt, daß sie gar nicht existirt.
Das Problem ,,wie erobert man eine
Frau?« gewinnt sofort ein anderes
Gesicht, wenn man sich vor Augen hält,
das-. es immer dte größte Leidenschaft
und die größte Wonne der Frauen ge
wesen ist, sich zu geben, sich zu schen
len. Es handelt sich für den Mann
in den meisten Fällen nur darum, im
rechten Augenblicke da zu sein. Der
rechte Augenblick, die tritische Stunde
tritt aber stets dann ein, wenn eine
Frau die Zärtlichkeit, die sie zum Le
en braucht, nicht findet. Denn um zu
gedeihen, um aufzubliihen, um all die
reizvollen Möglichkeiten ihres Wesens
schillern, schimmern, glänzen, leuchten,
glühen zu lassen, bedarf die Frau der
zärtlichen Sorgen und der zärtlichen
Hände. Und wenn man das bunte
und vielgestaltige Leben einer Frau
und auch der banalste Alltag bekommt
Farbe und Licht, wenn eine Frau ihn
durchfchreitet —- näher betrachtet, wird
--..-«,.«sp, ..—-sp »H» -..I» k— Mk- · ----.- -
man sicher finden« daß Mangel an
Zärtlichkeit die Triebfeder fast aller
ihrer Handlungen gewesen ist.
Es ist wirklich ein großer Jrrthum,
zu glauben, daß in der Liebe der Ge
genstand die Hauptsache ist. Das ist
nicht wahr. Der wirklich echte Lieb
haber liebt um der Liebe willen, das
Gefühl ist die Hauptsache, nicht das
)Objekt. Wie oft kommt es vor, daß
Ider Gegenstand der Liebe wechselt und
idas Gefühl durch diese Transposition
steinen Schaden nimmt, nein, im Ge
gentheilnochsteigt. AuchRorneo liebt
im ersten Akt nicht seine Julia. Er
überträgt das Gefühl für ein Weib
auf das andere. Hat man ihm jemals
darob einen Vorwurf gemacht? Und
bei den Frauen ist der Fall gerade u
ttmisch Wenn sie reif zur Liebe sink,
fällt die glückliche Stunde wie eine kost
bare Frucht dem in den Schoosz, den
sein gnädiges Schicksal vorüberführt.
Aber natürlich wäre es eine ganz fals
tche Lehre, wenn man den jungen Leu
ten sagen wollte« daß sie warten sollen,
bis ihnen sozusagen die gebratenen
Tauben in den Mund fliegen. Ein
richtiger Unterricht in der hohen Wis
senschaft vom Weibe muß auch die ver
schiedenen Methoden behandeln, mit de- i
nen man in den Stand gesetzt wird,
ists cnrrixkssr la for-innen Die semi
mentale Methode ist heute entschieden
veraltet und wird nur mehr in der
Provinz geübt. Einmal genügten, wie
Alphons Daudet so hübsch bemerkt, «
rei magische Worte, um das Herz ei
ner Frau zu erobern. Diese drei Worte
hießen: Seele, Blume und Stern.
iAllerdings glaube ich, daß bei ganz
jungen Damen auch heute noch die drei
Worte in richtiger Bartation ihre Wir
kung nicht versehlen.) Sehr viel ge
iibt wird heute insbesondere in der ele
ganten Welt die Methode der Verstel
hing. Jhr Witz besteht in der Kunst,
einer Frau zu suggeriren, daß man
um so mehr Gefühl besitze, je weniger
man davon zeige. Alles Versteckte und
Verhüllte übt seinen Reiz, und wenn
man diesen Reiz geschickt verwerthet,
braucht das, was man versteckt u. ver
hüllt hat, gar keinen Werth zu haben.
Sehr beliebt, wenn auch heute schon et
was aus der Mode, war in der letzten
Zeit die Methode des Zynitznius und
die Methode der Brutalität. Aber da
muß der Lehrer dem Schüler Vorsicht
empfehlen. Wenn man die Methode
der Brutalität anwendet, muß man sei
ner Sache sicher sein. Man soll nicht
den wilden Mann spielen, wenn man
im richtigen Augenblick nicht auch der
wilde Mann sein kann. Welche inmi
sche Situation würde sich ergeben,
wenn man bis zum letzten Moment deu
rasenden, stürmenden, rücksichtglosen
Eroberers darstellt, um dann, wenn
endlich das Opfer, neugierig auf das
Kommende, sich ergibt, eingestehen zu
müssen, das der brausende Sturm, die
zntlonische Rücksichtslosigleit nur Ko
inödie war und teine reale Unterlage
hat. Bei all diesen Methoden aber
muß man sich sagen, daf; für alle
Frauen immer der erste Eindruck ent
scheidet: sie kommen niemals mehr von
der ersten Momentaufnahme des Ge
fühls los. Und es ist gar teine große
Kunst, diese Aufnahme, wenn sie nur
halbwegs günstig ist, ins Gute und
Schöne zu verstärten. Allerdings muß
man sieh dabei einige Grundurinzipieu
vor Augen halten. Jede Frau liebt
ess-, wenn ihr Ritter ihr Aufmerksam
leiten erweist, aber die Ausgaben, die
man siir eine Frau macht, müssen im
mer steigen und dürfen nie fallen. EH
ist übrigens sehr leicht, die Tugend zu
Ijeigen, welche die Frauen beim Mann
ern meisten lieben. Und diese Tugend
ist die Großmuth Die wenigsten Jun
gen Leute wissen, einen wie tiefen Ein
druel sie machen, wenn sie einmal einem
Bettler etwas scheuten und die Frau,
mit der sie spazieren gehen, es sieht.
Das ist in Wahrheit aut angelegtes
Kapital. Die Frau wird den Eindruck
derGroßmuth den sie empfangen hat«
nie mehr loswerven Und Großmuth
Edelmuth undRiiterlichleit verschmel
zen in ihrer Phantasie sehr leicht zu
einem. Und das Nitterliche am Kava
lier will die Frau immer sehen. Ganz
und qar unritterlich aber ist es. alles
zu sehen, jede, auch die kleinste Liige zu
nurrhfelsaueu Alles glauben, ist ober
stes-Gesetz, oder mindestens so thun, als
glaubte man aller-. Eine Frau zieht
immer einen Blinden einem Sehenden
vor. Man soll nicht fragen. Jede
Frage ist gefährlich. Fragen und for
schen trägt immer nur Sorgen, Noth,
Kummer und Jammer ein. Wer fragt,
ist thörerhL denn er sägt den Ast ab,
auf dem er sitzt.
Maurice Magre ist ein witiiger und
gewiuter Mann, Er macht es dem jun
gen Mann, dem er Rathsehläge gibt,
leicht, in derlkkrtenntniß der Frau, die
zur Eroberung der Frau führt« vor
wärtz zu tommen. Aber seiner Weis
hett letzter Schluß tft bitter. Er r
stört den Glauben so vieler unerfaxp
ner junger Männer, die da glauben.
daß man durch Frauen vorwärts kom
men kann. Die Frauen hindern ei
nen nur, sie fördern einen nie. Man
ist entweder Herr der Welt, oder Herr
der Frau, beides vereint sich nicht.
Man dient entweder den Jnteressen des
Geschäfts, des Handels, oder —- man
dient der Liebe. Die Frau theilt nicht.
Hat sie einen Mann, so will sie ihn
ganz haben. Und so ginge wohl die
Welt zu Grunde, weil die meisten sich
mehr um die Frau kümmern würden
als um den Mechanismus des äußeren
Lebens-, wenn wir nicht in uns selbst
einen großen Regulator hätten, der die
Macht der Frau bricht; und dieser
größte Feind der Frau, dieser W
Zerstörer, ist das eigene Ich. Otknr
Milde sagt: »Jeder tödtet, was et
liebt.« Wir haben in uns einen unbe
zwingbaren Drang, was wir liebsth
einmal wieder zu vernichten. Wir sin
nen, daß die zärtliche Frau zu zärtlich
ist, wir entdecken die Fehler der schön
sten, die schlechten Eigenschaften der
tugendsamsien. Wir suchen so lange,
bis wir den Flecken, den Punkt gefun
den haben, und von diesem Flecken, von
diesem Punkte aus zerstören wir lang
sam, aber sicher, was wir uns ausge
baut haben. Und so müßten wir ei
nentlich diesen grausamen Trieb des
Mannes hassen und verachten, wenn
wir uns nicht sagen müßten, daß auch
in der Frau eine zerstörerische Macht
lebt. Denn wenn wir uns auch ein
bilden, eine Frau erobern zu können,
ihre ganze Seele besitzen wir doch nie
mals. Nie-malz, niemals-. Immer
hat die Frau heimliche Thüren ihres
Wesens, die uns unbekannt bleiben,
immer hat sie eine unbeschreibliche
Wonne darin, dem, der ihr Herz zu be
sitzen glaubt, zu entkommen, zu ent
schlüper, es ihm zu entwinden. Und
sie wird manchmal ihrer Freundin,
ibrem Stubenmädchen oder dem ersten
besten in der Lust der Konfidenzen
mehr verrathen als dem Manne, den
sie liebt.
Und so endet der Lehrkurs in einer
traurigen Wahrheit. Man liebt sich
auf Erden, um sich zu hassen. Man
waffnet sich aegen äußere Feinde und
trägt den größten Feind in seiner eige
nen Brust. Man baut sich ein Haus
und zerstört selbst die Fundamentr.
So dumm sind die Menschen.
Rud. Lothar.
Iarben und Krankheiten.
Vor vier Jahren veröffentlichte ein
japanischer Arzt Burtaro Adacki, der
Europa bereist hatte, einen Aufsatz
iiber den Geruch der weißen Völker,
der bei uns nicht geringes Aufsehen
und Erstaunen erregte. Er behaup
tete nämlich, daß der Japaner zu
nächst an dem Europäer etnen ihm
ganz unerträglichen scharfen und ran
zigen Geruch wahrnehme, und daß er
sich erst nach einigen Wochen langsam
daran gewöhne. Adacli unterschied
sogar ganz genau verschiedene Ge
riiche in verschiedenen Gegenden Eu
rrpas; so röche der Braunschweiget
anders als der Bayer, der Savoyarde
anders als der Normane Den merk
ioiirdigen Geruch, den der Europäer
haben foll, definirte ein anderer aus
ländischer Beobachter als den »eines
Gemischtes von Kuhinist und Vanille«.
lieber das delitate Thema der von
dem Menschen ausgehenden Gerüche
bringt nun ein Aufsatz der ,,Debats«
ein weitschichtiges Material bei: Wie
der Weiße den Geruch des Negers
außerordentlich start und unange
nehm empfindet, so ist auch dem Neger
die Anwesenheit eines Weißen für
fein Riechorgan sehr unsympathisch.
Haben doch Schwarze über diese Ge
ruchgsempsindung geäußert, daß sie
mit ihrer faden leichenhaften Süßlichs
krit ,,ihnen direkt das Herz umdrehe«.
Aber nicht nur die Rassen unterschei
den sich durch eine sehr deutliche Ver-I
fchiedenhicit des Geruchs von einander,
sondern auch innerhalb eines Volkes
ist jeder einzelne durch eine besondere
Abart des Geruches charakterisirt, die
von dem weniger entwickelten Geruchs
smn des Menschen häufig nicht be
merkt, von den scharfen Nasen des
Hundes, der Fratze oder des Pferdes
scaleich erkannt wird. Der alte Tal
leinant des Reaux erzählt von einem
Hündchen, das nach zehn Jahren aus«
alten Gewändern, die sich in einem
Koffer befanden, den Geruch seiner
einstigen Herrin erkannte und die
Kleider zärtlich beleckte. Auch das
Wild wittert den Jäger auf sehr weite
Entfernungen, doch hat man bemerkt,
dasi es bei verschiedenen Menschen in
seiner Witterung ganz verschieden
reagiri. Er theilt die Jäger in zwei
Ztlassen, in solche, von denen ein sau
rer, und in die, von denen ein süßer
Geruch ausgeht Der saure Geruch ist
sviel stärker und wird von den Thie
ren viel rascher empfunden. Aber auch
Menschen soll diese scharfe Unter
scheidung zwischen verschiedenen Ge
riichen ihrer Mitmenschen eigen gewe
sen sein Heinrich der Vierte von
F: antreich ist auf den starten Geruch,
den er ansströmte, sehr stolz gewese:i.
»Den habe ich von meinem Vater«,
sagte er, indem er sich an die Brust
schlug. Auch Ludwig der Vierzehnte
machte sich, wie sein Arzt Fagon be
richtet, bei seinem Eintreten den Nasen
der ihn Erwartenden sehr deutlich be
me1·lbar. Von zahlreichen Persönlich
leiten wird berichtet, daß sie einen sehr
wohlgesälligen Dust uin sich verbrei
ten. Von Alexander dem Großen er
zählt Plutatch, dass er nEFW Veilchen
roch; Albrecht v. Holler steh
selbst einen Moschusgeruch fest, un
von dem Dichter Malherbe berichtet
sein Biograph, das-, er ,,groß war und
wahlgebaut und von so ausgezeichne
ter Gesundheit, daß sein Schweiß ei
nen angenehmen Geruch hatte.« Fitr
einen Poeten ist das eine sehr passende
und hübsche Gabe. Auch das Alter
spielt bei der Stätte des von dem
Menschen ausgehenden Geruchs eine
Rolle. Bei dem Kinde, dessen Haut
sebr zart nnd gepflegt ist, ist der Ge
ruch gewöhnlich sehr schwach. Brei
dem erwachsenen Menschen sind dann
die Ausdünstungen vel stärker, und
im Greisenalter nimmt der Geruch
wieder ab. ,