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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Oct. 2, 1908)
Das Bursfräuleiit Roman von Friedrich Friedrich. Erstes Kapitel. Arn Inst-isten Ende des Dorfes, am seiten Zwerge la ein kleines Häus Äks.- sind und tter hatten arg daran genagt und getättel:, so da ei dein- niichsten Sturme tauni noch widerstehen zu können schien. Ar umth blickte aus dem schadhasten Dache, aus den kleinen Fenstern, die zum Theil zerbrochen und mit Pa pier wettet-i waren; von bitterer Ar niuth zeugte Alles im Innern. Es giebt einen Grad der Armuth, der sich nicht mehr verschleiern und verdecken läßt, der jede äußere Hülle abwirft und wie mit Hohn dem Auge entgegentritt. Diese Armuth will nicht mehr anders erscheinen als fie ist, sie hat längst stumpf und gleichgültig ge MUchI. sie hofft nicht niedr, sondern tnirscht nur«noch verzweiflungsvoll, wenn die Noth allzubitter herumritt Jn dem engen, niedrigen Zimmer dieses Hauses lag auf ärmlichem La ger eine junge Frau, welche taum ei nige zwanzig Jahre zählen tonnie. Ihre Wangen waren bleich und abge zehrt, die großen. dunklen Augen la gen tief, Krankheit und Noth spracheni aus den Zügen, waren jedoch nichts iin Stande gewesen, die Spuren deri Sol-findest ganz zu verwischen Moch ten die Augen auch mit Dhränen ne .fiiltt fein, fo schimmerte doch aus ih nen ein tiefer. stiller Glanz. Jn einer Erle, an der Erde neben dem Ofen, lagerten zwei kleine Mäd chen von vier und siinf Jabrrnx sie Jst-tun die Köpfe an einander gelehnt nnd blickten rnit den großen Augen halb bang und shall- traurig aus die trantc Frau, ihre Mutter. Was das Herz derselben so f incrzlich bewegte, begriffen sie nicht. waren indessen still und riihrten sich nicht, weil die Mutter weinte. Au dem Fenster saß ein junger Bursch oon vielleicht sechs-zehn Jahren und blickte starr hinaus aus das Dorf nnd ans den nahen Wall-; er war eine tröstng geornnesene Gestalt Auch seine Wangen waren f bleich, doch sprach ans seinen Zügen ein fester trojiger Sinn, der durch die Noth noch nicht gebeugt war. Er baite den Kopf aus die geballte band gestützt und auch sein Jnneres schien sich Zu Oasen um sich trohi der Härte des Geschides entgegenzn emmen. Der Tag war taub unb stiirknisch en. gegen Abend hatte sich der immel gelllirt und die bereits schei desde Sonne wars noch einige freund nchk Strahl-u auf vie Erde Diese Strahlen, fast die einzige Wohnt-at welche iiber Arme und Reiche gleich mäßig vertheilt ist, drangen auch durch die lleinen Fenster in das enge Zimmer nnd lagerten sich sriedlich « ans einem kleinen Sarge. welcher aus einein Stuhle inmitten des engen Ge maches stand, als wollten sie dein jungen Wesen, welches zwischen den einfachen Brettern ruhte, noch einen freundlichen Blick guwersem bevor es in die Erde gesentt werde. Aus diesem kleinen ärmlichen Sar ge ruhte der Blick der jungen Frau; es war ihr Kind. welches in demsel ben lag, und doch vermochte sie laum mn den Tod des jungen Wesens zu trauern Nur wenige Wochen war. dasselbe alt geworden; noch hatte es keine Freude des Lebens lennen ge lernt, der Tod hatte es ach vor den Schmerzen desselben book-et Was eviirde aus ihm geworden sein« wenn , sich der Tod seiner nicht erbirint bät · te? An das erste Bewußtsein würde sich dauernd die Erinnerung der Ar muth und Noth gelniipst shaben und vieseicht würde es in seinem ganzen Leben nicht iin Stande gewesen sein, sich durch beide bindnrchzubrin n. Es mußte ein schweres chirt sein, welches dein Herzen der Mutter solche Gedanken eingeb, und erdrü ckend schwer lag das Unglück ans der M. So weit ihre Erinnerung W, bot ihr Leben nur wenig Mut-liebe nnd glkckliche Augenblicke; He M M Sonnenstrahlen welche an einem rauhen Tage tut weniges Sekunden durch die Motten sich Bahn! brechen. Sie sind zu tut-I, um zu er-; wärmen, fee erwecken wohl die Hoff-E aung, daß der himme! sich auitlärenx ever-ve, bis der Abend hereinbricht und1 die letzte Hoffnung ,vernichtet. ! Als Waise, unter Noth und Ent-« schwingen wert sie aufgewachfenx sie hatte noch innq einen Mann kennen qelernt. der ishr Herz gewann und dein sie ihr ganzes Leben anvertraute. Mk war sie vor seinem heftigen Sinne gewartet, man hatte i r vorge ftellt, daß er arm war wie selbst — ihr setz hatte nicht darauf ge hört! —- Und sie bereute es nicht, ob schon sie til-were Seiten mit ihm durch lebt. satte er auch, erbittert auf die ganze Menschheit »die Faust gebcllH gegen sie vor er gut gewesen Mit; . eWeIt Streben hatte er gerungen-i send sdie Noth fernzubalten gefallen1 as Cis dies vergebens gewesen war, W er sich dem Trunte ergeben unb. M ein Bitdeter geworden. ( see eine-i hatt-en Jahre tde er? eins Morgens todt im Was aufge-( Kurs er me von einem Felsen gie t .«ad ei- an den Steinen setzest Läuse-et Schulter hatte sp» ei us M M getragen, welches er geschossen die Bitchse hatte neben ihm gelegen; außer der ungliicklieizen Frau hatte ihn Niemand betranert Gleich aitltig sagten die Menschen: «Sein gerechtes Geschick hat ihn ereilt! ’«« Was er gelitten hatte, ehe er dahin gelangt war darnach fragte Niemand! Die unglückliche Frau hatte der k Schrecken nnd der Schwert aus das fttranlenlager geworfen, und als see wirksam dagelegen, hatte sich in ihrems Kopfe der Gedanke fester nnd sesters » gesetzt. daß ihr Mann nicht durch ein« - Bersehen von dem Felsen gestürzt sei.1 Er kannte ja jeden Schritt irn Raide, jeden Felsen; sein Fuß war sicher, und in jener Nacht hatte er nicht getrun ten; nur mit einem Stück Brod in der Tasche hatte er das Haus verlassen. esGewaltsam war er von dem Felsen lzinabgestvßen worden. · Zur seiten Ueberzeuguna Hatte die se Vermutbuna sich in ihr atssaebilvet und sie glaubte die band zu kennen, die ihren Mann ermordet. Eit Mann, Namens Deß, hatte sie geliebt und u:n iare Hand anzehalten sie hatte seine Werbuna abgelehnt Un versöhnlich hatte dieser Nebenöuiiler ihren Mann gehaßt, seine Band satte ihn sicherlich vorn Felsen aestoszem Sie hatte iiber Ehren Verdacht ge schwiegen, weil sie nicht irn Stande war. denselben zu beweisen: iie hatte Niemand, der sich ihrer angenommen hätte; lag sie doch selbst trank nnd elend darnieder. Heß hatte sich bald nach dem Tode ihres Mannes ihr zu nähern gesucht, sie hatte ihn zurückge wiesen. s Sie würde ihr schweres Geschick in Geduld ertragen hat-en. wenn sie al lein davon betrossen worden wäre; daß ihre beiden Kinder und ihr Bru der, der durch das Fenster starrte und selbst noch ein Knabe war, mitleiden mußten, betiitnrnerte sie arn meisten. Und der Blick in die Zutunst bot ihr nicht die aerinaste Hoffnung; deshalb rannten ihre Thränen. sie versuchte dieselben zurückzuhalten es war ihr jedoch nicht möglich. Der Bursch an dein Fenster erhob sich. »Der Todten-gröber lornint!" sprach er, indem er an das Lager sei ner Schwester trat. Der Schmerz der Mutter machte sich setzt doch geltend, wo sie sieh oon dem kleinen Wesen. ihrem Kinde, sür immer trennen sollte, sie weinte hef tiger. »Sei ruhig. Batbara', sagte Kon rad. indem er die band der Schwe ster erfaßte: «es wird noch Alles gut werden« Er sprach diese Worte aeaen seine Ueberzeuauna. nur um die Schwester zu beruhigen. Die junge Frau hielt des Burschen Hand seit und preßte sie argen ihre Augen; er war der Einzige der sie in der Noth nicht verlassen, der das Elend mit ihr theilte, der, obgleich selbst noch ein Knabe, wie ein Man gearbeitet hatte, ukn sie zu unter stüden Was ihn bedrückte, hatte er der Schwester noch nicht mitgetheilt. ,Jn dein Garten des Gutes hatte er aus Tagelohn siir wenige Groschen täglich gearbeitet; was er verdiente, reichte nicht aus, um die Kranke und die beiden Kinder vor Noth zu schli yen. Er hatte deshalb alle Kriiste angestrengt, um dasselbe Zu leisten. wie die Männer« welche mit ihm ar beiteten, ei war ihm gelunaen, denn er war fleißiger, er hatte sich leine Minute Erholung gegitnnt. und er hatte in der That inohr gearbeitet. Da hatte er, als der Gärtner den Lohn auszahlte, dasselbe verlangt, was die Männer erhielten. höhnen-d war er von dem Gärtner ausgelacht, und als er im Bewußtsein seines Rechtes trotzig aus seiner Forderung bestanden. war er fortgejagt worden and stand nun ohne Arbeit ba Der Zodt äber trat in das Sirn mer und arti e taninx nur durch KonrodB Bitten hatte er siehJetoei ;aen lasse-, den kleinen Sarg Ia ho ; len; er that es angekn, weil nichts da I bei zu verdienen war. Barbara richtete sich aus dem La-" get empor. »Loßt mich mein Kind noch einmal sehens« ries sie heftig schluchszend. »Ist habe nicht Zeit dazu!« gab der Todteagräber mürrisch zur-Ant wori. «Lasz. laß, Barbara!« bat Kon rad, der Kranten mit der Fand über das Haar hinfttetchendx «et ruhig, » rege Dich nicht auf', fügte er hinzu. Die Kranke bedeckte das Mel-it mit beiden Rinden und schluchzte. «Wmt«, sprach Koner zu dem Todten-gröber, der den Sarg bereits unter den Arm genommen hatte Schweigend verließen sie das . immer und ärmliche Gusche-. vnradI ging it zum Friedhofe um dein klei-« neu Wesen das lebte Geleite zu ben. Ali Verbots den festen itt des Todtengräbers, der ihr «nd forttrag. verhallen hörte, gab sie sich eine Zeit lang noch ihrem vollen Schiner-e din; dann ries sie die bei den Kinder, welche noch immer still sia der Ecke isaßen und leise weinte en ihr er heran nnd ums-blose sie mit leiden christliche-n Schmerze. Lan ge hielt sie dieselben ist-ihren Armen; C M- —-:--- --.-.... - nmmenkn Wesen immer nnd innerer ern-e , z drücken, damit sie ein fein r Mensch nicht auch entreiße Da pochte es an der Ist — sie hiirte es nicht; noch einmal wurde dae Ppchen wiederholt, dann trat ein Mann langsam in ioas Zimmer ein —- eö war des-. « Erschreckt ficht Barbara empor, als sie die große Gestalt des Eintre tenden ertannte und ihn-Blick seinem sterbenden Auge begegnete. zGuten Tag- Barbara«. sprach der Einaetretene ruhig. indem er sich langsam der Kranken näherte, wäip rend sein Blick sliichtig durch den ärmlichen Raum hinglitt »Dir bist noch immer trant?« siigte er hier«-. »Ich dasse, bald zu genesen«, er wiederte die Angekedem es wurde ishr schwer, die Worte hervorzubringen; der Gedanle, daß der Mörder ihres Mannes vor ihr stehe. preßte ihr die Brust zusammen. »Es scheint Dir an Pfleae zu sed len". sieht Deß fort, indem er aufs Neue den kleinen Raum-mustern; »ich sehe, daß biet nicht einmal ge beizt isi —- es ist zu lalt fiir eine Krante.« «Unö friert nicht«. gab Barbara zur Antwort; sie mochte diesem Man-« ne nicht gestehen, daß das leste holz bereits verbrannt war. Ruhm zog Deß einen Stuhl herbei un ließ sich nieder, schmeichelnd wo e er die Kinder zu sich heranzie hen. sie wichen indessen scheu vor ihm arbara!« sprach th und seine Stimnie tlansa autmiitbi und ehrlich, »Du willst mir ver rgen, wie schlecht es Dir aehtz sieb, ich weiß, wie wette die Noth thut. denn ich habe sie selbst erlebt; mir brauchst Du sie nicht geheim tu halten. Es gebt mir fest besser, denn ich habe Arbeit die gut bei-bit wind, ich tann Dich rn tersiiitsen und ich will ei tbunl« Dir Kranke machte mit der fand eine abtoebrende Bewegung: sie ollte von dem Manne, auf den sie einen so schlimmen Verdacht geworfen hatte, Geld annehmen? . »Ich iann Dich nicht leiden sehen«, subr hesz fort; »Da weißt, daß ich Dich einit gern gehabt bade, Da bait einen Anderen schritt-then ich habe Dir deshalb nicht geziirnt; fett stehst Du allein and verlassen da, Du bosssi vielleicht auf die Menschen; Du tennft sie jedoch nicht. Sie werben Dich verhungern lassen — was iiirns mert ej sie! Du sollst aber nicht Noth leiden. ich tann es nicht ertragen — bier —- hier nimm!« zurück. ,, L Er hatteindie Tasche gegriffen nnd reichte ihr ein Goldstück dar Vor Bat-hat« Geiit trat in die sern Augenblicke das hleiche Bild ih res Mannes, als ob es sie warnen wollte. »Nein, nein!' rief fie. «ich tann von Dir nichts nehmen!' «Und wechalh nicht?« fragte Deß. während fein siechendes Auge auf sie gerichtet war und ihre Gedanken zu erforschen suchte· «Weshalb weisesi Du zurück, was ich gerne gebe-J« Barhara antwortete nicht; durfte sie ihn heichuldigen, daß er ihren Mann ermordet habe? «Ueherlege, was Du thustt« fuhr Deß dringen-der fort; »tein Andeeer wird zu Dir ionrnien und Dir seine hfilie anbieten; man sagt, Dir ge ichehe recht, weil Du tros aller War nung einen Mann geheirathet. der ein Trinter und ein Wilderer wart« Barbara richtete sich empor, ihre vbleichen Wangen rothen sich. Schmä he den Todten nichts« rief fie: haft tein Recht dazu —- Du nicht! — Die Verzweiflung hat ihn zum Trin ter gemacht« die Verzweiflung, weil er nicht mehr irn Stande war, sich auf ehrliche Weise durchzuhelfen.« Deß sah ein, daß er einin unrech ten Weg gäwähln er hatte nicht er wartet, ß das herz der ungen Frau noch immer an dem « odten hina. .Ich will ihn nicht schmähe-It sprach er ruhiger: »Du hast Recht, mir tornmt es nicht zit. iiher das, tpai er gethan hat, zu richten; es schmerzt mich sogar, wenn es Andere thun. Was willst Du aber ohne hätte heainnenti Ich tenne Dich und weiß, daß trosDeiner Armuth und Noth ein Geiiihi des Stolzes in Dei ner Brust wohnt; willst Du Deine Kinder hinauilendem damit sie an fremden Thüren heitean« »Mit eint« rief die unglualiche," indem sie das Gesicht rnit beiden Hände bedeckte; dieser Gedanke hat te sie s on qst aus dem Kranienlager gefoltert, sie hatte ihn zu verscheuchen gesucht und immer war er wiederlges kehrt. Und was blieb ihr schließich übrig, wenn sie die Kinder nicht ver hungern lassen wollte? Ein schwaches äLcheln der Genug thuung zuckte sliichtig über das Ge sicht dej Mannes hin; sent hatte er den Punkt gesunden, der sie arn schwer lichsien berührte und von dein er te. daß er ihn in seiner Absicht unterstüten werde. »Sei ruhig!« sprach er, «et soll nicht dahin kommen, aber ich mache . Dich daraus aufmerksam, weil ich ei I ehrlich Zitt Dir meine. Dein Bruder hat bi fest siir Euch gesorgt, er i zwar noch ein Knabe. allein er i kräftig und scheut die Arbeit nicht. Or ist ein braver Bursch und ich weiß, daß er mit Freuden Alles stir Dich thut, weil er Dich liebt, aber auch er» kann nicht durchführen was er wünscht. Was will er beginnen, nun er heute Nachmittag aus dem Gute aus der Arbeit entlassen ist?«· - Barbara zuckte erschreckt zusammen und blickte den Mann parr an; sprach er die Mrheiti »nur-ad in sue m net-en kanns-i sentm wiederholte sie, als ob sie re siirs unmöglich halte. «Dat er es Dir nicht mitgetheiltk fuhr des- sbrtz »er war in seinem Rechte. er verlangte denselben Lohn wie die Männer, weil er eben so viel geleistet, da hat ihn sder Gärtner so t geschickt. Du weißt ja, die iu Je Gutsherrin ist reich, allein sie hat lern Mitleid rnit den Armen, weil sie die Noth derselben nicht tennt. Konrad thut mir leid, es wird ihm indetien schwer werden. andere Arbeit zu sin den, denn einein Knaben traut Nie mand viel zu.« Barbara antwortete nicht: starr war ihr Auge aus die Erde geheitetx war es noch nicht aenua des Unglücks. welches sie betrossen hattet Wie weit »wollte dasselbe gehen? Der lehte Trost war ihr genommen. Deß errieth, was in ihr vorging; er silblte tein Mitleid m«-t ihrem Schmerze, sondern sah nur« wie hübsch noch immer ishre Ziiae waren; es war, als ob sie durch die Krankheit nnd Noth vertliirt wären. «Barbara, wirst Du auch jest noch meine stille zurllckweisen?« stagte er. Die sung-e Frau richtete sich-empor, der Ton dieser Stimme drang wie der Ton eines Versiihrers in ihr Ohr. «Ja!" rief sie mit voller Entschä denheit; »Ich weise sie zurück. und Du selbst weißt. weshalb ich ee thue: ich will einaestehem daß ich in Noth und Elend bin, —- daß ich nicht weiß, womit ich meine ungliietlichen Kinder sättigen soll, aber von Dir werde ich nichts annehmen!« Deß war bei diesen Worten aufge standen und vor die Kranke hingeste ten, welche ihn furchtlos anblicttex ei nen Augenblick lang schien er un schllissig zu sein, was er thun sollte; das Mißlingen seines Planes ärgerte ihn, er wollte erziirnt auflas-nen. al lein er beherrschte sich. Ein spöttisches Lächeln guckte um seinen Mund. «Und es wird doch die Zeit kom men, in welcher Du meine Unter stützung nicht zurüchoeilelt!« erwie derte er und verließ das Zimmer .Nle! nie!" rief die Unglückliche ihm erregt nach, dann sant sie er schöpft zurück und machte ihrer Angst Entf- ihrem Schtnerze in Thriinen tu t. Sie batte die Absicht des Mannes, ihre Gunst zu erlausen. wohl ertanntx sie glaubte recht gehandelt zu haben, indem sie seine Untersiühung nicht an nahm. und doch hungerten ihre Kin der. Mit verzweislungsoollemSchmer ze schloß sie dieselben abermals in ihre Arme; ohne Zagenwiirde sie ihr Leben siir dieselben gelassen haben; von dem Mörder ihres Vaters hätte sie indessen teine Gabe annehmen liman -.. ..-i Weutge Minuten waret trat ava rad in das Zimmer; er war ruhiger geworden. uKonrad-, ift es wahr, daß Du heute auf dem Gute aus der Arbeit entlassen worden bist?« fragte Bar bara. Der junae Bursch zuckte fasi er schreckt zufammen. »Weder weißt Du dies? —- Wer bat es Dir gesagt-P warf er ein. »Geh war hier.« Konrad fchwie einen Augenblick und starrte vor ich bin. »Ich bin entlassen«, entgegnete er dann und er zählte, wie es gekommen war. »Ich babe nichts Unrechtes verlangt«. fügte re hinzu. »Ist es unbillig, wenn ich fordere, daß meine Arbeit bezahlt wird? Kann ei dem Gärtner nicht gleichgültig fein, ob ich jung oder alt! bin, wenn ich meine Pflicht erfülle?’ Er glaubt mich drücken zu können« xveil ich arm bin, bat bat mich erbit ert.« .Du bist heftig geworden?« fragte die Kranke· .Jch bin ei qewordem als mir mein Recht verweigert wurde; ich hatte die ganze Woche iiber alle Kräfte ange strengt, ich verbarg, wie schwer es rnir wurde, ich hoffte, Dir eine Erleichte rung rerfchaffen zu könne-h wenn ich mehr verdiente; mein hoffen und meine Anstrenauna find vergebens ge wesen!' Darbara erfaßte die hnnd des Bruder-: sie konnte ibnr keinen Por wurf machen. unwillkürlich drängte fich them-ach die Fra e auf, was zagte aus ibr unb den nbern werden a . - --«-. « »Am Du Alldckc Alpen erqui ten?« fragte sie endlich. »Ich weiß es nicht«. aab Konrad zögernd zur Antwort; er mochte ihr nicht gestehen, daß er wenig Hoffnung hegte, daß er sich bereits vergebens im Dorse um Arbeit bemüht hatte .O Gott. wes soll aus uns wer den«i« ries Bari-arm welche ibre Angst nicht länger verbergen konnte. »Die zKinder hungern, sie bitten mich um l Brod und ich habe nichts, was ich ih Inen geben innerl« Sie bedeckte ;die Augen mit der Hand. Konrad stand schweigend da, er schien mit sich zu ringen. »Sie sollen nicht länger hungern«, sagte er end lich entschlossen; »ich werde Brod siir sie schassen —- heute nothP Er wandte sich der Thiir zu, am das Zimmer sie verlassen. »so-trad, wol-in willst Du, was willst Du beginneni« ries Barbare besorgt. "..Den Kindern und uns Brod ver lMeI-« »Weder willst Du dasselbe neb mens« aFrage nicht, ich werde nicht mit leeren banden zurückkehren-« «Ksnrad, Du hast etwas Unrechtei tin sinkt« Mit Verbara - t- «i werde es nicht anrilbren. tax-Du Z aus unebrliche Weise erwirbstss Einen Regens-litt schien Konrad zu schwantern »Sei ruhig, Barbara«, entgegnete er;; «was ich thun werde. tsi tetn Unrechts« Rasch verließ er das Zimmer und das haus. Es war dunkel, denn der Abend war völlig bereintxbrochen Aas ei nem Unmenn welcher das Dorf nicht bet brie. eilte er dem oberhalb des Do ses gelegenen Gute, der Pleßburg zu, tn dessen Garten er bis ietzt gear beitet battr. Dies arossze und reiche Gut batte seinen Namen von einer alten Burg» erhalten, welche einst aus der navenI Bergtuvde ihre Zinnen erhoben. Dies spura war seit Jahrhunderten zer-! ttvrt. und zwischen den spärlicheni Mauer-Reiten hatten mächtige Buchen und Eichen ihre Wurzeln geschlagen( als wollten sie- die letzten Trümmer einer Zeit begraben, die des Unrech . ten so viel in sich aeborgen hatte. I Wie die Burg vernichtet nnd ge jsallen war, so war auch das Ge tchlecht Deren welche sie einst bewohnt längst verscholle und aestorben, und längs der Stra e im Thale, welch einst von den Kausleuten nur mit Bangen und Zagen betreten war, zog sich das Dorf bin, dessen rotbe Dächer sriedlich zwischen den Blumen der es umgebenden Gärten bervorbliclten Die Kultur und die Arbeit hatten Frieden geschossen unter den Men schen, und ein Hauch des Friedens wehte auch iiber das Thal und das freundliche Stück Erde bin, welches man von den Fenstern des herren hauses der Pleßburg til-erschauen konnte· Geschlechter «aus Geschlechter hatten das Git- besessen, sent war das reiche Grundstiia im Besitze einer sangen Dame, a von Hansieim welche scherzbast as Burgsriiulein genannt wurde. durch deren Kot-s aber in Wirklich-teil ein Hauch der altens Bursderren zu weben schien, ·denn derselbe trar seit und selbstständig und blictte mit vornehme-n Stolze aus Die herab, welche unter ibr standen. Als Konrad die Mauer. welche den Garten des Gutes umschloß er reicht hatte, stand er zögernd still. War es nicht doch ein Unrecht, welches er vorbatte? » In einem unverschlos senen lleinen hause des Gnrtens lag ein großer Hausen Kartosselm welche zum Futter siir das Vieh bestimmt waren; von diesen wollte er einen Theil nehmen. Lag darin ein« Un rechts War er von dem Gartner nicht um den aerechten Lohn betragen worden: war es strasbar, wenn »er»sich nun « selbst dasiir zu entschadxgen suchte? Simses-uns solgt.) W-— seretesette Leichtsinn-en Der rulsitche Volltmund tennt ein tressendeö Bild, um Die Lage eines Menschen zu schildern, der rnit feinen Reichthümern nichts anzufan gen weiß. »Er fest wie der hund, auf ) dein Heu«, meint der Bauer von einem Manne, der eifersiichtig und zäbneftets tchend feine Schätze bewacht, obne Nut ! zen iiir sich selbst und obnethusen fiir » andere. ! Das Wort trifft leider auch aut die »Wirthichaftsvolitit« zu, die Rußland » teitJahrzebnten bei feinem Zuge durch ZAfren verfolgte. Jrninek wieder teben wir dieselben Maßnahmen: aus lauter Angst vor einer sich der Regterungstons trolle erst-ziehenden Entwicklung werden die Reichthümer der erworbenen Ge biete künstlich brachgelegL Sogar das Schürten und dieProduttion von Gold, an dessen erhöhter Ausbeute der Regie rung am frühesten etwas lag, blieb in solche Paragraphenfesseln Hirsch-niedri daß ’ jede lchwungbafte- Entwicklung unterbunden war. Dir mineralreich-" sien Difirilte, wie die unt Nerttchinsl. wurden einem Regierungsmonopol vorbehalten. das zu einer Betreibung des Bergbaus sich dauernd als unfähig erwies und lediglich Höllen ittr Straf aetangene, aber teme ertra reichen bergmiinnischen A agen tu chatien verstand. Die lan irtbtchaftlich ber vorragendsten Gegenden, wie der ganze Iltai zum Beispiel, wurden dem kaiser lichen Kabinett vorbehalten und mit gespaltmaßregeln Fie landljistern dart H Mllilkvmcllücll Auslese-Humor Haus-s . gestaut, um heute unter dem Druck der Revolution das Land dein Fistus ge gen Sicherung einer hohen Lostauf rente zu Besiedelungszwecten zu über weisen, die dein Zaren nunmehr einen rein privatrechtlichen Anspruch von je nen ungeheuren Ländereien sicherftellt. Das Unglaublichste geschah auf Sa chalin. Erst jeht werden die offiziellen Kreise gewahr, dasz fee auf einem un iibetseh are Schätze bergenden Boden nichts weiter zu errichten vermocht hat- ; ten als ein einziges riesiges Zuchthaud, i dessen brutale Verwaltung jedes auf teimende wirt fchaftliche Unternehmen riietsichtslod er inte. Erst der japani fehe Appetit machte darauf aufmerk sam,· welche Gelegenheiten man ver säumt hatte. Wladiwostol fiihrte Mi fornisched Holz ein, während ed vor der Nase, auf der Sträflingsinsel. uner meßlich reiche Waldungen verfaulen ließ. heute. wo der ette Bisen dein Köter halb aus dem ausgerissen ist, beginnt er sich die Lippen danach zu lecken: man riibt längst in den Archi ven verftau te Gutachten russifcher Geologen aus. die den Nachweis minei raltfcher Schäßn vornehmlich Kohlen und Kupfer, liefern. Man . findet pliihlich in niichstet Nähe des Meere-, » an der Nadbilssucht, einen großen l Apistische-used est der W reiche Naphthaterrains si- das alles hatte man wohlverwahrt in der schweigenven Ruhe des «Todtendauses« gehalten, sitt sich und andere eingesperrt und be graben. Aehnlich liegen die Dinge aus Samt schatta und aus densischgriinden drau 1szen vor den Kästen. Man hatte sich kmit der Rolle des tnurrenden Hundes Ibegniigt der keinem den Zutritt ge währt. Die schlimmsten Auswiichse Thrachte aber erst die Furcht vor frem ider Rtilirigteit zustande, wo sie sich mit dem Bewusstsein der Unzulänglichkeit des eigenen Unternehmungsgeistes paarte. Jn der Erkenntnis der mitth schastlichen Ohnmacht ’und der Avathie der eigenenUntertlianen hat manRiegel vor Riegel vor die Natur-schätze gescho ben dort, wo von der See her die stem de Unternehmungslust am stärksten cnaelockt erschien: im Küstenland und der Amtirprovinz. Ungeheure Kohlen lager, ergiediges Vorkommen vonsiiold, reichsten Eisenerzem Blei. Silber, Zint, Knpserz Schivesel usw. wurden unter die Siegel strenger Paragraphen-gelegt, die ihnen den Weg aus dem Erdinnern ans Tageslicht verboten. Diese Ge setzgebung gipselte im Jahre 1901 darin, daß jeder Abbau von Erzen oder Kohlen und auch die Aus eutung der —Wiilder in einer Zone vo 60 Meilen längs der Küste untersagt ward! Mit der Oberfläche ging es nicht besser als mit den unterirdischen Reich tdiimern. Jahrzehntelang hatte die Regierung, unter Alexander lli. de londers, die aus dem innerrussischrn Menschenreservoir iiderquellendrnLluss wandererziige grimmig verfolgt. wie einen bösen Feind ider inneren Ruhe sie zersprengt und die schon in der Wild nis; untergeschliipsten ausgestiibert und verjagt. erner von neuem wurden die sich an den nähernden Boden ans klammernden Menschen verscheucht. die Wertbe aeschassen und das Land in - tiithe gebracht hätten. Dem-Beamten standpuntt und dem engen Polizeigeist iamen die Erlasse gegen die Besiedek tung ganz zu paß; verursachte doch die brach sdaliegende Wildniß des Unvol des und der Steppen weit weniger Ar beit und Beunruhigung als das junge Amerita, das sich überall bilden wollte. heute beginnen nun all diese lange zirriietgestauten Bewegungen in raschen Fluß tu kommen, nachdem die hinder nisse theilweise schon aus demWeg ar riisumt sind, theilweise doch deren Ab tragung in nat-Aussicht genommen ist. Die ungeheure Auswanderrrdewegung die Dun ttausende von srischen Men schener en in bisher ist-liegende Ge biete trägt, ist bekannt. Die Beamten haben heute alle hände voll zu thun; nicht mehr tsn der Sehnsucht nach einer neuenheimath zu wehren. sondern um den Strom in die richtigen Bohnen zu leiten, Land unt-Menschen zu verthei len. Doch auch der Industrie werden ietzt willig von den Behörden die Schleusen nach Sibirien geössnet, und besonders englisches Kapital ist es, das neben ameritanischetn seinen Einwa hiilt. Sogar den ersten Krach in allzu rästig aus eblasenenSibirian Bubbles Seifenbla en) hat das englische Kapi tal schon hinter sich —- das erste Lehr geld! Nur aus dem entserntesten östlichen Flügel kommt es der russischen Regie rung noch chtver an, dieThore sperran Ilweit au zureißen. Dort häufen sich e rö tenNeichtlkiimer in erreichbar ster Jtä des Weltmarltes. Aber ge rade deshalb glaubt man die allzu in tensioe Festsetzung derjenigen Nationen stirchten zu müssen, welche die meiste Lust verspüren zu Unternehmungen an den Pazisiltiistenc Ameritas und Ja pans. Besonders dem Eint-ringen der Gelt-en hütet man sich besonderen Vor schub zu leisten, aus Angst vor ihrer noch gesteigerten voltlichen Ausbrei tung innerhalb der russtschen Grenzen. Zumal ihnen im Portsntouther Frie den völlige Gleichberechtigung nicht all ein mit den übrigen Auslönderm son dern so ar rnit den eigenenUnterthanen zugebilligt ist. Dieser Umstand allein läßt die Regierun noch zögern, den hunderttilorneterg «rtel der Wir-unge nen Sterilität sallen zu lassen-oder doch ioaerer zu ichnauen. Wohl in oce Einsicht durchgedrungen, dass solche er iwungene wirthschaftlichelsnthaltsani lrit widernatürlich ift und dein eigenen Staate Wunden schlägt. Doch mant möchte die Zeit abwarten, wo man ent weder die rufsische Initiative heran dringen sieht oder doch solche Nationen, die teine politischen Befürchtungen in jenen Zonen erregen: vor allem Deut sche, Franzosen und Engländer. Sicher ift eins-: ein Lebensftrom be ginnt sich nach Ruffisch-Asien hinein zuergieszenx Menschenarbeit und Lapi tat. Die ängstlich verrammelten Reich thümer werden frei, die llobigenRiegel eines engen Polizeigeiftej fallen. Das ruffifche Voll gewinnt seht erst jene Riefenftreaen unterworfener Länder zu seiner freien Entfaltung; dein auslän dischen Kapital aber öffnet sich ein ge waltiges Arbeitsfeld in einem noch fast ;jungfriiulichen Lande. - i G.Proforoff. . Nachdem sich die D ettendiva sFrthi Scheff.von ihrem er ten Gatten, einem ehemaligen Uhlanenleutnant, hat scheiden laffen, will sie seht einem amerikanischen Literaten die dand zum sogenannten ewigen Bunde rei chen. — Frau Fritzi glaubt demnach an die Wahrheit des Ausfpruchei: Die Feder ist machtiger als das Schwert.