Nebraska Staats- Anzetger und II cerold. Jahrgang G dJs lai ,ehN .eS etep ebm r1906. (3weiter Theil ) Nummer 4. Ein schwerer Sieg. Ich rang· Und mit mir rang das Glück. « Und mit mir rang die Seligkeit Und jede Waffe brach zu Siiick, Und jeder Sieg war Vers-kleid. Und als es endlich doch, das purpur warme Am Boden lag, das wundgestoß’ne Glück Da rang ich fehnfuchistll die Arme Nach seinem gold'nen Schein zurück. Ich Thor, mir hielt den Blick ja schon umfan n Die graue Frau miztwe iem Ange Da bin ich Wend heimgegangen Und die mich fiihrie —- tvar die Pflicht ---— - Die Stimme des Ohr-. Novelette von Eber har d Kraus « Der Chef blickte Meta Lindner, das einzige seiner Telephoniriiuleim das sich noch niemals einen ernsteren Ta ,del zugezogen hatte, mit gerunzelter Stirn an. — Mit den Finaerlnöcheln auf einen vor ilrm ausgebreiteien Brief llopfend. bemerkte er: »Der TuchiabritantReibmann wird doch nicht ohne Grund anfragem wel che Das-ne am Montag um 10 Uhr 25 mit ilnn aelgrochen bat. Gewiß sind Sie unfreun lich und ungeduldig ge wesen, Fräulein Lindner.« Enthält der Brief denn eine Be schwerde über mich?« fragte die An: geredete mit überlegenem Lächeln auf den feingeformten Lippen. »Das nicht, aber ——« »Nun, dann darf man ja das Wei . tere ruhig abwarten. Alle meine Kol leginnen werden bezeugen, daß ich eine himmlische Geduld habe, daß ich stets bemüht bin, so gleichmäßig und freundlich wie nur irgend möglich zu spre en. herr Reibmann allerdings mach ei nur schwer genag; er ift der nervöleiie von allen an unler Amt Anqeichlossenen. Dabei dai er eine Stimme, die einem ordentlich das Trommeler zerstigt, Mart und Beine zerschneidet.« »Es wird wohl so schlimm nicht sein. Nun wir wollen mal sehen, was nachkommt.« Dabei nickte der Gewaltige, zum Zeichen, daß er die Unterredung als beendet ansah. Was nachtum, war —- ein Privat brief des herrn Reibmann an Fräu lein Lindner, der fotgenden Wortlaut hattet »Seht geehrtes Fräulein! Am 14. currentis war ich wieder etwas schwer zufrieden zu stellen, befand mich nicht in bester Stimmung, denn ich hatte lurz vorher eine unerwiinschte Nach richt erhalten. Gewöhnlich regt man sich noch mehr aus, wenn man in sol chem Zustande an das Telephon eilt. Ich habe mich dort beruhigt, und das habe ich einzig und allein Ihnen zu verdanken, mein werthgeschätztesffriius lein. Ihre Stimme, oehr freundlicher Ton waren Oel auf ie Wogen mei nes Aergers. Jhr Organ klingt wie die reine Musik, und da würde ich mir gern einen Besitztitel darauf ver schaffen —- selbstverstiindlich einen durchaus ernfthasten und legitimen und unter der Voraussetzung dasz Sie nicht prinzipiell abgeneigt sind. Daß Ihr Ruf tadellos ist, weiß ich mit Sicherheit, habe auch niemal daran zu zweifeln gewagt. Haben Sie, bitte« die große Lieben-würdig leit, mir ietzt zunächst Ihre Photo graphie zu übermitteln. Wenn Ihre Erscheinung auch nur einigermaßen dem Bilde entspricht, das ich mir nach den Eindrüclen meines Gehörs von Ihnen gemacht habe, dann wird es mir das höchste Gliick sein, Ihre persönliche Bekanntschaft machen zu dürfen und —- salls sich hierbei gegen seitige Neigung einstellt —- mit Ihnen einen Bund filr das Leben zu schlie ßen. Sehen Sie Ihrer Güte die Krone auf, werden Sie das Oel mei ner erregten Stunden und sdie Musik gäisääthauset dMiäanolltogrgnite ung un »e- g "Jten Nüttäußerung gewärtig Ihr sehr ergebener Ernst Adam steibmann.« Mein bekam einen Todesschrech Diese rauhe, zänlische Stimme, dieses unruhige, dauernd erregte Tempera ment hielten um ihre nd ant din tek die en Gespensterm e i rein Mei ster gleichsam als unaednl ge Frei werber vorauseilten, sah iie no Lockendes und Gestoinnendes nahen. Sie kannte nur die Unhöflichteit und Nervositiit des Mannes, nicht ihn sel ber. Und da sie noch jung und liber dieb sehr hübsch war, so lockte die Aussicht auf eine gute Partie sie gehe wenig; sie rechnete noch nrmer au ei nen Freier, der gleichzeitig schiin und liebenswürdig war und sein Auskom men hatte. Sollte sie abschlögiq oder gar nicht antworten? Sie gehörte zu lange dem Geschäftsleben an, um nicht zunächst aus eine diplomatische Erledigun· der ihr so peinlichen Angelegenheit be cht zu sein. Da tani ihr ein rettender Einfall. Sie hatte in ihre-m Albmn eine größere Anzahl von Photogra phien Ihrer Freundinnen und Kolle ginnen Sie brauchte nur einsach die am wenigsten reizvolle Herausgquan und sie dem unwilltornmenen steiet mit der Bitte um baldige Rii be zu übersenden. Dann vergingen hin ge wiß sosort alle Heirathsgedankem und sie hatte sich mit Schick iund Glück aus der Klein-me gezogen. Ihr in böslichem aber unbestimm ten Wendunaen schaltener Antwort bries mit der sbeigesiigten Photogra phie einer Freundin, bei der sich Ko rinthaunen smit einer Kartoffelnase und einem Fisch-stund zu einem etwas vgrblüssenden Salat vereinten, ging a . · Am iibeeniichsten Tage eröffnete ihr Ernte Adam Reibmann zu ihrer nicht geringen Ueberraschung: »Seht verehrtes Fräulein! Durch Ihr gütiqu Schreiben vom gestrigen mit inliegender Photograp ’e haben Sie mich außerordentlich er reut. Der Vorstellung, die ich mir von Ihnen ge macht habe, entspricht sie allerdings nicht ganz —- ohne daß ich mir damit irgend ein Urtheil herausnehmen möchte —, aber ich glaube, dasz die nähere Bekanntschaft mit Ihnen mir auch iiber diefes Manto in der An bahnuna einer tompletten Fühlung zu Ihrer werthen Persöntichleit hinweg helfen wird. Ich werde mich außeror dentlich freuen, wenn ich Sie nächsten Sonntag präzise 5 Uhr Nachmittags in der Pappritzschen Kondiiorei be grüßen kann. Jch werde im linken Mpfloche meines Gehrockes ein Gattdenia when und bitte Stie, als Erlennungszeichen bloß meinen Brief« der schon durch sein erbsengriines Papier ausfallen muß, in der hand zu halten. Mit üglicher Mach tung und stets zu . ren Die be reit Ihr zu aufrichtigstem Danl ber bundener n. s. w.« Wunderbar —- höchst wunderbar! Aber diese Gelegenheit, die sich ihr bot, herrn Reibmann von Angesicht zu Angesicht zu erschauen, war schon deshalb besonders verlockend, weil sie gar nichts dabei ristirtr. Gefiel er ihr, so qab sie sich zu erkennen; fand er ihren Beifall nicht, so lonnte sie, da ihre Züge ihm ia fremd waren, den erbsengriinen Brief ruhig in der Tasche behalten. Dann hatte sie den Bewerber eben einfach «versetzt«, wie ihre Kolleginnem die mehr Uebung in solchen Begegnungen hatten, sich aus zudrücken pflegten. Schon um dreiviertel auf fiinf saß sie in der Pappritz’sctzen Konditorei vor einer Schotolade. Mit dem Schlage fiinf öffnete sich die Glas thiir, und herein trat ein Herr in mitt leren Jahren mit alodenem Kneifer und dunklem, spitzgeschorenem Bart eine Gardenia im Knopfloch So ru hig und heiter, als habe er niemals etwas mit Geschäft, Telegrqph und Telephon zu thun gehabt, sondern ein Millionenvermögen in mündelsicheren Papier-en in den seuerfesten Gewölben der Reichöbanl liegen. Hatte das al les ihre »ölige« Stimme bewirlt, wie Meta, still in sich hineinlirchernd dachte? Oder war Herr Reibmann nur in den Büroftunden zappelig, außerhalb des Koitors aber ein lie bendwiirdiger und, wie es schien, so gar etwas phlegmatifcher Weltmann? Das menschentundige Telephonsräus lekn wurde ganz irre an ihren eigenen Erfahrungen und bekehrte sich sofort —- ohne zu wissen ——- zu jener altja difchen Philosophie, ldie alle Sinnes wahrnehmungen für den fehillernden Masafchleier des Jrrthums und der Verderbniß erklärt. Jm nächsten Augenblick schimmerte das erbsengriine Papier in ihrer hand. Und als der Anlömmling sie noch immer nicht bemerkte, sondern seine Blicke suchend umherirren ließ, erhob sie sich. »Wie lommen Sie zu diesem Brief, mein Fräulein?« fragte Reibnwnn befremdet. S«br einfach, ich bin die Adres satin!« «iNcht möglich! Betst —- er zog die Photographie aus der Tasche —— hier habe ich ia aIhr Bildt« Mem ums ein-u flüchtigen Blick darauf und lachte mit vollendeter Schauspiellunst hell auf: »Ach, da habe ich mich in der Eile vergriffen. Das ist« sa eine meiner Freundinnen!« Reibrnann fchüttelte den Kon und zog eine Miene als glaube er, eine recht ,unsichere Kontoriftin« —-«— ein segrifL der itm am nächsten lag aber hier teine Rolle spielte, Ida er ja kein Engagement fiir fein Kontor be Wtsigte —- vor sich zu sehen. Doch Ier forschte nicht weiter, sondern äu ßerte hocherfreut: »So war meine erste Borstellunq voanhnen doch rich tig, mein liebes Fräulein. Die Stimme meines Ohres hat mich nicht betrogen!« Meta wollte schon antworten: »Und mir hätte die Stimme meines Ohres niemals verrathen. was siir ein netter Herr Sie sind.«« Aber da sie jetzt teinenDkund mehr hatte, der »An«bahnung einer tomplet ten Fühlung zu ihrer werthen Pet sönlichteit'« Schwierigkeiten entgegen zusetzem so schwieg sie wohlweislich und begrüßte die Thatsach daß es auf dieser Welt Leute gibt, die ihre-m Gehör mehr trauen, als ihrem Ge sicht, mit aufrichtiger Befriedigung. hätte Ernst Adam Reibmansns Ohr nicht gesprochen, wer weiß, wie lange sie dann noch aus jenes Wort "tte warten müssen, das jedes weibtche Ohr am liebsten hört. -5—.- ...-..-«--. i ( heimkehr. Erzählung von DIE-lenken- von Mark-riet -.-..0-. Ueber den in dämmerige Schleier sich hüllenden Hügel lam ein milder Wandersmann herab. Tiefe Stille lag über die Runde ge breitet —- nur manchmal, wenn der leiseNachtwind sich ein wenig verstärkt hatte. hörte man das Rauschen und Murmeln des fernen Waldbacheö, der von den Bergen lasladenartig zu Thale sprang. Es war ern Mann in den letzten Vier igerjaheen, hoch von Gestalt; das Zahle, eingefallene Gesicht zeigte etc-( was Verfteinertes, als ginge ihm die fshigleit ab, zu lachen und fröhlich zu ein. Durch die vollen, vordem tiefschwar zen Haupthaare zogen sich bereits feine Silberstreifen. u »Vetliirnmert — überfliissig auf der Welt —-« das stand aus diesem milden Antlitz geschrieben. Durch die Zwei e der Büsche und Bäume ging ein fanstez sliisterndes Rasch-tm ais wandte der schützan Geist der Natur umher und streife mit lieblosender Hand das schimmernde Grün, und an den Spitzen der Gräser tauchte zuweilen ein zartes, sarbiges Leuchten auf, wie im Reslex der Ster ne, die vor dem steigenden Mondlichte zu erblassen drohten. Mit niiiden Gliedern, gedrückten Herzens erreichte der Wanderer eine alte Holz-band Ndie, wurrnstichig und verfallen. vor einem großen Gebüsch stand, das Tausende von Goldregens Dolden in voller Blüthenpracht schmückte. Da war sie noch, die alte liebe Holz banl, die die Spiele feiner gliiellichsten Kinderjahre gesehen, nnd einst den er sten und einzigen Sonnenstrahl des Glücks in seinem öden Dasein mit ihm erlebte. Er ließ sich nieder aus diese Holz beni. Verlor-en blickten seine Augen hin ans in die Ferne, iibet den grauschim mrrnden Sammet der Wiesen, das ilimmernde Wasser des nahen Wei hers, nach dem Städtchen, das vor ihm lag Traumverloren blickte er nach die sem lleinen Gartenstädtchen mit den niederen, unmodernen, rosen- und weinlanbunisponnenen Hsuierm dem uralten Kirchlein und dem Rathhaus mit seinen verrosteten Zinlen und ) Dachtrauien. Seine Heimatl) —— ---- — Und während er unwillkürlich mit den Augen den Pfad verfolgte den er noch zu gehen hatte, unt nach WalteriJi hausen zu gelangen, stiegen ihm Bil der der Jugend auf, die er im Truhel der Grosiftadi, in der Trettniilple des einigen Einerlei der Zahlenarbeit fast schon vergessen. Die bleiche, dunkeläugige Mutter sah ihn an, Färtlich und wehmütbig ),ugleich. Sie legte im Sterben die Hände auf iein lockiges Haupt und flü sterte mit erblassenden Lippen »Nun muß ich von dir gehen, mein Johannes. mein einziger Liebling! Bleibe gut und brav — Gott mache dich gliieilichi« Ja —- var Giiiat Das Giiickt Es quoll heiß und schmerzlich in dem Einsamen auf —- --— das Glück — wo war es geblieben? Gleich damals, als der einfache wei ße Sarg, der die Mutter umschlossen. kaum noch unter der schwarzen Erd icholle verschwunden, da hatte dir Freudloiigleit fiir ihn begonnen. Der schwache, geistig nicht hervorra gende Vater war einer Verwandten, einer iniriganien Witwe ins Netz ges ganaen und hatte wieder geheirathet· Das war ein Fehler. Viel Zeit, denselben zu büßen, blieb Herrn Kurt Diethofen nicht, denn zwei Jälyrchen darauf ruhte auch er drau ßen unter dem grünen Rasen. Daeaus tatn Johannes —- damals se s Jahre alt — zu einem Onkel an s Ders, der eine Landschnle hielt. Die Stiefmutter wollte sich »tnit stem den Kindern« nicht das Leben verbit tue-n Ohne Liebe lennen zu lernen, der Barmherzigkeit und der Gleichgültig teit Fremder preisgegeben, war seines Kindheit vergangen. Mit fünfzehn Jahren lam Johan-( nes Diethosen als Le ling zu einem( Buchbinder und dann n einemtitechts anwalt als Scheeiblrast. DieNoth und die graue Sorge hoc-s ten beständig an seinem Lager; aber; noch war er Zung, noch pulsirte war- ; meö Leben in hm Fehlte ihm auch date Talent, beson ders eöhtich nnd ausgelassen mit Al tersqenosien zu toben und zu lachen — ein Fiinlchen Liebe zum Dasein. ein Athem von» Sehnsucht, das Leben zu genießen. Fu lieben und geliebt zu werden', steckte dennoch in ihm »Das Glück«, das die geliebte Mut ter sitt ihn ersieht hatte mit dem letz ten Atheinzuae —- wo war es? ,,O. Glück. wo bist du?« schrie es in ian aut. Und es kam ein Sonnenstrahl. Es gelanf ihm, eine Stelle als Buchhalter n einer großen Versiche rungsgesellschnft zu erhalten« die halbwegs anständig bezahlt wurde. Nun iubelte er beinahe aus« An einen eigenen kleinen Tauf-stand dachte et. Das Weibchen zu cm Restchen — so dachte et —- würde sich schon sin den. O, et wußte schon eine, die ihm als Knabe schon ausgefallen. Das war Hildegard Liebenreich. die Tochter der Wittwe eines Magistratssetretäes in seinem foeimatsstädtclsm Hilde, mit den blonden, fliegenden Zöpsen, den wibenWangen und lachenden Augen. Grülschen im Kinn —- ja, die, die war die Rechte fiir ihn! Einige Wochen später nahm Johan nes Dietbo en Urlaub im Amt und eilte aus liigeln der Sehnsucht nach Walteksbansen. Das mathstädtchen stand auf demselben leck wie sonst; ein wenig nat-«- .- Man möchte sagen: die «Kultnr« sein Aussehen beleckt. Neue Gebäude am Marltplat3, ein paar Schmuclpliitze vor den Schulen waren entstanden —- doeh wohin auch fein fuchendes Auge glitt —- die Men schen waren ihm fremd in Waltershau sen geworden. Zur Maienzeit, und eine Woche nach Pfingsten war es gewesen. Die Alazie stand in vollerBliithe und der Jasmin sandte beraufchende Diifte in die Manniqu Da hatte er wiederholt Hilde Lie benreich aufgelauert, nachdem er ihrer Mutter und Schwester einen Besuch gemacht; er wollte die alte Kinder freundschaft zum Anluiipfungspunlte nehmen und Hildes Herz für sich ge-: minnen. Aber das Talent, bei den Frauen und jungen Mädchen den Schwerenö: ter und Sijßholzraspler zu spielen, ging ihm vollständig ab. HildeLiebenreich schäterte u. spielte mit ihm, wie in den Jkinderzeitem und erweckte Hoffnungen in ihm, und als er eines Nachmittags —— genau bei di-e ter Holzhauf. auf der er saß —- ihr seine tiefe Neigung gestand, da lachte sie ihm insGesicht, und flog davon, wie ein schillernder, bunter Schmetterling. Damals war es ihm, als sei in sei nein Jnnern etwas gesprungen, etwas, das ihm körperlichen Schmerz verur sachte und sein Herz wie mit einer Eisrinde umgeben hatte. Zwei große braune Rehauaen halten nach Hildes Davonaktien mitleidig in die feinen aeblictt, eine weiche, schmale band seine Rechte aeltreichelt und eine leite, gedämpfte Altstimme ihm zuge rannt: »Johannes! Mußt ihr nicht böse fein! Sie ist ein tolle-; Kind, trotz ib ttk achtzehn Jahre, die Hilde! Mußt ihr nicht ziirnent Noch hat sie den Ernst des Lebens nicht erfaßt —- viel leicht, wenn du später —- —" Und Rehauaen, schmale Hand und Altitimme hatten Linda Liebenrcich, Hildens Schwester-, gehört, die zwei Jahre älter war, als das Jdeal seiner Träume. Das SchamgefühL lachend abgewie ien zu fein von der Ausertorenem die Erbitterung und Enttäuschung, ließen ihn Lindas Trostesworte, ihr tiefes Mitqefiihl aar nicht beachten. Als er am zweiten Taae des Festes die heimath verließ. folqten ihm die braunen Reliaugern von Tränenfchlei ern verdunkelt, so lange sie ihn nur noch sehen konnten· Johannes Diethofen sab das nicht. n seinem hoben Pulte ins Kontor stand er dann jahrein, jahraus —- fein Herz schrumpfte allmählich ein und mußte die Gestalt einer jener zehn Zit tern annehmen, mit denen er tagein, Wagens zu thun ·hatte. Hilde Lieben-reich war einJahc nach der Abweisung, die sie Johannes er theilt, die Gattin des sehr begüterten Brauerei-Direktors Worthmann ge worden; aber in der schönen, appetit lichen Frucht hatte der Wurm gesteckt, Der ihr die Lebensader durchnagte. Ein Baby kam und nahm der jun gen Mutter Frische und Jugendreiz, und nach dem zweiten, einem munteren Knaben, siechte Hilde in wenigen Wo chen dahin. Bald zählte das prächtige Erbbe gräbniß der »Wo«hmann« eine stille Ochliiferin mehr. Johannes Diethofen erhielt davon Kunde. Noch mehr als sonst vergrub er sich in seine Biicher und Zahlen — und die zehn Stunden täglicher Arbeit in sei nem dunklen Kontor machten schließ lich einen vertnöcherten Junggesellen aus ihm. Nun aber war, nach Jahren der Einsamkeit, ein Tag gekommen, an dem das diirre Menschenreis, vom Frühlinassonmnschein geküßt, plöks lich ein wenig zu treiben und zu gru nen benann. Ein Frühlingstag, an dem ihn die ungewohnte, freie Zeit auf Ptomena den und unter Menschen tkieh. Sein stumpfer Gleichmuth fiel wie eine Hülle von ihm ah. Sangen die Vöglein nicht gleichsam für sich allein? Die Kinder spielten, und keins sah ihn mit seinen hellen Guckaugen an? Ja —- wollten die ihn umringenden Leute nicht sehen, daß ein einsames Menschenkind unter ihnen wandelte nnd litt? Und nochmals schwoll ihm das Herz nach etwas Unbekanntem, nie Gesche hen. Mit silberne-n Stabe klopfte ein Etwas an sein verödetes Herz, und mit fchmeicbelndem Klange schlug eine leise Melodie an sein Ohr —- ein Früh lingslied. Und vor drei Tagen war er den oben Steinriesen der Hauptstadt ent flohen Wie vor langer Zeit, als sein Haar noch tiefduntel, seine Augen noch glän zend waren. trieb es ihn in die Hei math. Nun fah er sie vor sich. feineHeiinath — saß auf der Mutter Lieblingsplätz chen, der alten Holzbank, regungslos zurückgelehnt, mit Blicken, die sahen nnd auch nicht sahen — — Da schlug ein süßer Ton an fein Ohr. Jcn Dickicht des Goldregenbusches saß eine Nachtigall. Dieser Ton brachte Leben in den Träumer. Von seinem Herzen fiel es wie eine Eis rinde — wortloses Schluchzen erschüt terte seinen Körper, dann rannen bei-i he, kristallene Tropfen ununterbrochen ihm iiber Gewand und Hände »Aber — aber! — Sie verderbenj iich doch richtig noch die Augen, Fräu leinchenl Gleich wird es finster sein! Was-? Noch nicht fertig sind Sie? —J Ach, das lassen Sie nur bis zum Mon tag liegen! So etwas will der liebe. Gott gar nicht, und besonders am lie ten heiligen Sonntag! Nein —- Sie gehen morgen mit uns-. Wir machen eine Waldpartie. ich und die Kinder —- mein Mann kommt nach! Jch hole Sie ab, Fräuleinchen —- nnd nun — gute Nacht!« »Gute Nacht, Frau Heimerdins gen —« Eine weiche, müde Frauenstimme —- i ein fliichtiges Lächeln. Am Fenster des mit Weinlaub über mucherten Häuschen-T nahe dem Pari, saß ein halbverbliihtes Mädchen. Das» Rasse Gesicht trug leider die Spurens iiberanstrengender Thätigkeit, aber in den Augen lag eine Welt von Herzens- - giite, (,utraulichleit, doch auch Resig nation. s Es war Linda —- Linda Lieben- ! reich. l Kurz nach der Mutter Heimgang,i mit dem die ohnehin so bescheidene Pension aufhörte, begann Linda sich eine kleine Existenz zu gründen. E Eine Schulsreundin, in der Residenz verheirathet, verschaffte Lan Arbeit in einem vornehmen Wäschegeschiift; dazu nahm sie einige Schülerinnen ins Haus. Unter ihren geschickten zarten Fingern entstanden die entzückendsten Spihenjupons und Morgentleider. Mit den Jahren kam die Uebung — auch ein besserer Verdienst — aber auch mehr und mehr der Hang zur Einsamkeit. Geheiraihet hatte Linda Liebenreich nicht« obgleich sich verschie dene Freier eingestellt hatten. »Du liebe schöne Gottesnatur!« sagte sie leise und legte das Haupt an den aeöffneten FenstersliigeL ,,Wann wirst du, großer Gott, deine Feuerzum gen herniedersenden in die wachsende Tunleihe it die die Menschen umgibt? Erleuchte auch mich — gib mir den heißersehnten rieden — —« Als sende e Himmel der Einsa men ein Zeichen, so begann m dem Au genblick die St. Marienglocke den Abendsegen zu läuten. Durch die Wipsel des Paris ging ein leises Rauschen, und würziger Blumendust kam aus desRachbars ;Vorgarten herüber. » »Guien Abend!« sagte plötzlich eine zaghafte Männersiimme. Linda Liebenreich sprang empor — der Herzensschlag drohte ihr zu ver sagen —- unier Tausenden hätte sie diese Stimme wieder erianni. »Johannes!! Du —- -—« Bald aber strömie das warme Herz lslut zurück. Und wie in den Tagen der Kind heit, legte sie ihre Hand aus den Arm des Jugendgespielen und plauderte heiter mit ihm, als seien sie nicht mehr als ein Jahrzehnt einander niemals begegnet Der Zauber der Weiblichieii übte auf den vereinsamten, alternden Mann, zum erstenmal seit Jahren, eine magische Kraft aus —- wie ein holder Traum erschien ihm alles -- so wohl, so heimisch wurde ihm — so glüeiselig -— — Kam nun doch noch das Glücks . Und diese beiden verblühten, verlas senen Menschenkinder merkten es nicht, daß mit schwarzen Schatten der Spät »abend hereinbrach. i Mit silbernen Fäden spann sich das JMondlicht durch alle Aeste des großen .Virnbaunies, der vor dem Häuschen zstand, nnd bildete ein zitterndes Mo saik von Licht und Schatten. Dies Licht verschönte Lindas Züge unge mein. ,,-—— und morgen ist Sonntag, Jo hannes! Da bist du mein Gast! Des Morgen zur Kirche — Nachmittags in den Wald Unter fröhliche Menschen —— kommst du?!« Er sah sie nur an. Sein Herz flog ihr zu. Wie doch die silbernen Fäden des Mondlichts ihre braunen Rehaugen vertlärten. « — W Die Kulturqesqtchte der Gemüt-. . Der Hochsommer ist die Haupt ’ und«.dochsaison der Gemüse manm - sachster Att, die infol e ihres sme niedrigen Preises in «esen Tagen auch aus der einfachen und bescheide . nen Tafel nicht schlen. Die wenigsten der Gemüseesser sdiirsten aber über die Nationalität des Gemiisess orien tiri sein. Am Belanntesten ist es wohl, daß die Kattossel aus Chile stammt uwd gegen das Jahr 1550 svon den Spa nietn nach Europa gebracht wurde. Die Runkelriibe ist in Persien zu Hause, und sdie Zichorie in Indien. Die Tomate kommt aus Peru, die Gurte ist in Indien beheimathet, Und der Kürbis in S«iidamerila. Der Spi nat hat aus dem nördlichen Asien die Reise zu uns qemacht, während die Petersilie am Mittelländischens Meere ihre Heimath hat. Die Antischocle stammt von Eltern, die theils in Ma rokko, theils aus den Canarischen Jn sen und in Madeira wohnen. Die Eellerie wohnt in der qanszen ge mäßigten Zone. Die Zwiebel ist in Sibirien zu Hause. Von einer Reihe von Gemiisearten lennt die Wissenschaft bis auf den heutigen Tag noch nicht die Heimath So weiß man zum Beispiel keins be stimmtes Heimathlanid fiir das Ra kdieschen und die Mohrriiben anzuge sen. Mißvetftandene Erlaubniß. Papa (der eben ins Zimmer tritt, als sein Sohn mit beiden Füßen auf dem Piano herumspringt): »Fri , wirst Du gleich herunter, was fä t Dir denn ein?« Fritzchem «Ja, Mama hat mir er laubt, auf dem Piano zu spielen.« Betrachtung einer Ehefram »Merkwürdig, je mehr ein Mann vor Wuth kocht, desto roher wird er.« Resolut. »Ich kann dir nur rathen, liebe Freundin, verzichte aufs Heirathen; von hundert Männern taugen neun undneunzig nichts.« »Nun ja, dann heirathe ich eben den hundertsten.'«' Ein braver Ehe-nann. ,,’fritzchen, wer hat denn bei Euch den Hausfchlüsssel?« ,,Mama·« »Und den Kassenfchliissel?« »Auch Mania.« »Was hat denn Papa?« »Den Uhrschliissel.« Er kennt sich aus« »Sage-n Sie ’mal, wie kommt denn unser Wirth zu dem zerkratzten Ge .sicht?« — »Ich glaub’, dem ist wieder amal a’ Haf’ in’s G’sicht gesprungen!«