Nebraska StaatSs Anzetger und J set-old « Jahrgang 29. Graus Island-, Nebr» 11. September I908. (3weiter Theiu Nummer 3. Weins-etwas Von Christi-te Russland Das ist mein Feiertag. Wiss um Ins rauscht und webt, Wo Vögel mt mit reden Und jedes Blättchen lett! Das ist mein Feierta , Wo’d in den Lüsten gi, Wo jedes Windesfächen Mit wie ein Lied etttingL Das ist knein Feiertag, W« um mich tobt und schwirrt, Wo jedes Atixnkholen Mit zum Gebete wird. — ,,Ftäalein.« . M Iw-»" AGRE H Skizze von Hedwig Stephan. Licsbeth Wollte-be hatte sich mit der Tshatfache abgefunsdem eine alte Jungfer zustanden aut- zmr weit früher, als dies gewöhnlich der Fall zu fein pflegt. Denn rnit achtund zwanzia Jahren hofft doch noch manche Maid auf Brauttrsanz und Schleier und dentt nicht entfernt daran, etwa den Inhalt ihres «Hamftertaftens« an jüngere Jahr ganae zu vererben. Liesbeth Wollrabe indeß hatte nsan es gerade nicht an derWlege aefungen, aber doch im Backfifchalter so ziemlich klar gemacht, daß ihre äußeren Reize sowohl wie ihr Vermögen fiir einen Eheaatten kaum ausreichend fein würden. und daß sie unbedingt etwas Ordentliches lernen mußte, um sich später selbstständig durchs Leben zu schlauer-. Die »besseren" Frauenderufe baten damals noch nicht fooiel Auswahl wie heute ·- eiaentlich kamen nur die Dandelsfchule oder das Seminar in Betracht. Lieebeth wählte das letzte, weil sie viel Verständnis und Zwei guna fiir Kinder und auch eine nicht zu erschütternde Sanftmuth und Ge duld beiafz —- Eiaenfchaften, die siir eine Lehrerin zwar lehr mitnfchene werth. aber doch nicht besonders ge eignet waren, ihr die Lernjahre tm Seminar zu erleichtern. Immerhin beftand sie das Emmen leidlich aut und hatte auch das Gkiich in der Prioatvorbereitunqsfchule von Fräulein Diethoff gleich eine An siellung zu bekommen Und in den acht Jahren, die sie jetzt dort war, hatte es noch teinen Taa gegeben. an dem sie mit ihrem Beru unzufrieden aewefen wäre. Sie hatte niemand fonit, den sie lieben lonnte, und fo oertheilte sie denn den ganzen Schatz von Güte und Wärme, den sie im Herzen trua, an die Buben und Mödelchen. die sie von Fibel und Einmaleins bis zum Bezi malbruch und haupt- und Nebenfatz brachte. Fiir all die kleinen Leiden, die doch ein Kindergemiith bedriiaem hatte sie Interesse und ein Wort des Trosies. Wer feinen Schieferftift verloren hat te, oder das Rechenheft vergessen-, oder gar das Frühftiich tam ver trauenevoll zu Fräulein Wolltabe — die wußte immer guten Rath, half luchen und trocknete Thriinen und war überhaupt die »Allerbesie'. Und feit Lieåbeth wußte. daß man sie fo nannte, da hätte sie mit keiner Prin zelsin tauichen mögen. Auch Frau lein Metle die Schuloorsieherin, fast in Liesbeth Wollrabe eine unent behrliche Stütze der Anstalt. Was hätte man beispielsweise ohne sie wohl mit Woliaang stöle anfangen lal len! Befanter Wolfgang war eine-umne, eben frisch vom Lande gekommen Hat te noch so gut wie aar teinen Unter richt gehalt, und die Tante, die ihn anmeldete, äußerte lebhaste Bedenten bezüglich der Schulvisziplin Fräulein Dieihoss meinte zwar mit iiberlegenern Lächeln: »Es würde schon werden«, aber es wurde durch aus nicht. In den ersten Tagen liti Wolfgang regelmäßig aus dem Unterricht sort, und als man schliesslich die Schul zimmerthür abschlo , saß er mit ge ballren Fäusten uns sestgeschlossenen Lippen da. Und weder Bitte noch Drohung vermochten eine Silbe aus ihm herauöxupressem Die Schulvorsteherin, die die »Neuen« in den ersten n immer unter persönlicher Leitung tie, war außer sich. Dieser kleine Bilde machte nuch die anderen Kindern eebellisch —- derRus der Schule stand aus dem Spiel — — sie berietls mit den Lehrerin-en was mit dem Tro ps zu thun sei, und versprach si wenig Erfolg davon, ihn Liesbeth Wollrabe, die darum ge beten hatte. asus ein paar Tage allein zu til-erlassen. Aber« das Unerwartete ges-hab — Sie-bete sand einen Wen in das ver steckte und Whriøste Anders-ers — mit unermüdlicher Geduld und Nachsichi und mit sehr, sehr viel Liebe. Sie erreichte es sogar, daß Wels gan sich bei den anderen Lehrerinnen eben alls leidlich gesittet benahm, wenn auch Fräulein Methoss behaup tete, »e: wiire ein ganz abnormer Charakter.« So lonnte er es absolut nicht ver tragen, «Wölsrl,vn« genannt zu wer den, ein Diminutiv, das die Vorstehe rin gern anwendte —- — Wenn sie phantisievolle Histiitchen mit sehr lehr reicher Pointe xum besten gab, schnitt et Gesichter oder meinte: «Ach, das ist sa Kohl!« und einmal, als sie ihn zwingen wollte. zu verrathen, wer ihm vorgesa t hatte, erwiderte er empört: »Aber Fräulein, ich bin doch ’n an ständiger Menschl« Natürlich war ihm Fräulein Diet hoff daher nicht besonders grün, und er wäre, da seine Leistungen keines wegs als glänzend gelten konnten, wol-l taum versetzt worden, wenn nicht Liesbeth Wollrabe sich in ver Konserenz ganz energisch siir ihr ver wandt und dasiir gutgesagt hätte, daß er in der 2b mitkommen würde. Szeitdem ihm die Vorsteher-in bei Vertheilung der Censuren dies nebst einer ernsten Vermahnung mitgetheilt hatte, war sein Lerneiser geradeku rührend. Und aus die Zärtlichlet, das unumschräntte Vertrauen« das der schöne, scheue Junge Liesbeth ent gegenbrachte, war sie viel stolzer, als sie den Kolleginnem die sie manchmal damit neckten. eingestand. So gingen die Tage siir Liesbeth in ruhigem, freundlichem Gleichmaß hin. und sie dachte an leine Verände I IUUA. . Wieder tam Ostern, das die unter Ite Klasse mit einer Schaar schüchter ner »i-Männchen« füllte; es Vamen warme Frühlingstage, die erfte sitze oatanz und dann die großen Feriem Die-mal wollte sich Lieöheth »et was anthun«, denn der ungewöhn lich heiße Juni hatte sie ein wenig neatt gemacht. Von einer Kollegin erfuhr sie dir Adresse einer besonders billigen Pension im Oberharz und miethete sich dort auf fünf Wochen e n. Außer ihr wohnten bei der ver rniethenden Paftorswittwe noch ein halb Dutzend Lehrerinnen und ein leicht lehrrleidender Regiftrator aus dem Kriegzminifterium Die Lehre rinnen waren durchweg blanftriim pfia, vertrocknet und unliebenswüri dia, und Liesheth mit ihren hellen braunen Augen und ihrer ruhigen hätterteit stach wohlthuend von ihnen a . Dem Reaisirator fiel dies ebenfalls auf, und die Sanftmuth, mit der »die Neue« die tleinen Bosheiten ihrer Mitoensionärinnen hinnahm, war ihm aufs äußerfte sympathisch. Dazu kam dann das tägliche »Auf einanderqerniebenfein«, die gemein samen Spiziergiinae, vielleicht auch die rosige Frische, die Luft und Sonne auf Liesbeths Wangen zauberten — turz, eines fchnsiilen Abends fragte der Reaiftrator, ob fie seine Frau werden wolle. Liesheth war fo erschrocken, daß sie gar nicht antworten konnte, und der Bewerber, der glaubte, sie wäre vom Gliiet überwölttgt, nahm sie einfach in den Arm und lüßte sie. Nun hatte Liesheth nicht mehr den Muth, nein zu sagen, denn sie war der etwas oeralteten Ansicht, daß auf einen Kuß unweiserlich eine Ver lobuna folgen müsse. So tam sie denn als Braut aus den Ferien zuriict, zum arenzenlofen und faft beteidiaenden Erstaunen oon Fräulein Methva »Nein, solch Glück!" sagte oie Zchulvorsteherin »Solch Glück!« sagten die Bekann ten und Kolleginnew lind »solch Glück!« hätte es eigentlich in Lies beths Herzen wiederholten müssen Denn ein Glück war es entschieden sür sie, das unterlag gar keinem Zweifel Nun tonnte der witzige Onkel Her« mann sie doch nicht mehr mit der stehenden Redensart begrüßen: »Na, Liese —- «auch immer no Fräulein?«, nun brauchte sie des orgens nicht mehr um Punkt halbsieben aufstehen und in Sturm und Regen oder bei prallem Sonnenhrand nach derSchuie traben. Dafür tonnte sie dein Ne i stratoe seine Lei richte kochen — ie er ihr schon sor ältig ausnotirt hatte —- durste.ihni « s Unterzeug stopfen und ihn pflegen, wenn er trank wurde. Das war doch entschieden eine weit segensreiche Thötigleit. als dummen kleinen Kindern das Abc beizubrin gen. Wenigstens meinte ed Tante Dttiiie, die-seit 18 Jahren Wittwe war und es daher genau wissen mu - te, und Liesbetsh aab sich die redlich e Mitte, das auch einzusehen Aber es wurde ihr ganz schrecklich schwer. Sie durfte itaum an den Abschied von der Schule denken, dann schosien ihr schon die Thränen in die Augen. Wenn nun so ein sahrigeö, junges Ding« srisch aus dem Seminar, an ihre Stelle trat, die mit den Kindern nicht recht umzugehen verstand —- ja,« das ging doch einfach gar nicht! Was sollte denn da mit der schlich tetnen Mieze aus Zb werden, die so nahe am Wasser gebaut hatte. daß man sie nicht mal schtes ansehen durfte, nnd mit Werner, dem Vergeß .lichen, dem sie jeden Tag einen Grif sel bergen mußte? Und Wolfgang Köppel ersi, ihr Liebling und Schmer zenslind —- es war ja absolut nn möglich, daß er ohne ihren Beistand die Asbgangsprüsung bestand! —-· — Sie zog stets ihren Ring ab, wen-n sie die Schule betrat, denn sie hatte eine ängstliche Scheu vor »den vielen klaren, neugierigens Angen- « — nnd außerdem, wozu brauchten die Kin der ietzt schon zu wissen, daß sie fort ainai · Eis mußte aber doch etwas Von dem bedeutsamenEreigniß in der Schule durchgesiclert sein, sdenn die Kinder licherten und tuschelten, wenn Lies beth in die Klasse trat. Wolfgang Köppel sah sie manchmal von Seite an und sein mürrisches, einsil· bigcs Wesen war direkt auffallend Eines Tages in der Schirm-net stunde traf Liesbieth ihren Verlobten im Stadtgarten. Sie setzten sich auf eine einsame Barth nnd der Registras tor, der sich heute besonders frisch fühlte, helam eine seiner Zärtlich.eiti anwandlungen, die Lisbeth stets nur mit äußerstem Widerstreben iiber sich ergehen ließ. Und als sie nun gar noch hinter sich irn Gebüsch Rascheln und Flüstern ziu hören glaubte, da riß sie sich heftig los und lief dem verblüfften und schwer getränlten Liebhaber einfach davon· Am nächsten Morgen wurde in der 2a Klassenarbeit geschrieben, und Liesbeth bemerkte mit Befremden, wie unaufmerlsam Wolfgangököppel war Jhre mißbilligenden Blicke schien er gar nicht zu beachten. und für ihren Tadel hatte er nur ein troßiges Ach selzuclen. Als sie ihn Mittags zur Rede fiel-E len und, wie immer, ein Stück Weges mit ihm zusammen gehen wollte. war er schon fortgelaufen. Wolfgangs Arbeit war so schlecht, daß eine zweite, ebensolche die Vet seßung in Frage stellen mußte, und am folaendenVormittaa in der Pause nahm Liesbeth ihn mit sich ins Kon ferenzzimmer. -. Er folgte widerwillig nnd stand, ohne zu antworten, mit gesenkten-. Kopf vor ihr. Sie redete ihm gut zu, faßte schließlich seine Hand und hob ihm sanft den Kon empor· »Wolfgang, sag’, was ist mit dir? Hast du mich denn lein bischen mehr lieb?« Da stieg ihm eine dunkle Röthe bis unter die diclen braunen Locken. ,,Nee, Fräulein —— nee! Weil sie ja doch weggehen wollen —- und und ·- überhaupt —- wenn Sie sich von einem küssen lassen!'« stieß er her ang, in einem seltsamen Gemisch von Trauer und Verachtung. Dann riß er sich los, warf sich lana auf die Erde, schluchzte, daß alles in ihm zuckte und zitterte, und stammeltz dazwischen immer nur: »Fräulein! Ach, Fräulein!« Und Liesbetb wußte nichts Ame res zu thun, als bei ihm niederzi lnien und mitzuweinen Aber wie sie nun beide fo trauenka nebeneinanderfaßen, da raffte sicb Liesbeth zu einem großen befreien-den Entschluß auf. Geleimt hatte er ja schon lange, aber Wolfgangs Tbeä nen hatten ihn zum Reiien gebracht. Und mit einem Male kam ess ibr ganz lächerlich und verkehrt bro daß sie, Liesbeth Wollrabe, noch hatte »junge Frau« werden wollen — von dem Platz defertiren, auf den fie doch rion Rechts wegen hingebörte und an den sie mit allen Herzensfafern feit gewachsen war. Der Regiftrator würde ganz gewiß eine andere Frau finden —- ach, zehn für eine! —- aber ob die Diethoff’fck’te Schule wieder ein »allerbeftes Fräulein« bekommen würde, das war doch mindestens z weifelhaftl Jbr war jetzt fo leicht und fröb lich zumuthe, wie feit Wochen nicht mehr. Sie bob Wolfgang-z Kon in die Höhe und strich ihm zärtlich über dass Haar. »Sei ruhig, mein Junge -- mein lieber, guter Junge —- ich geh’ ja nicht fort, nein, nein, ganz gewiß nicht — und lüffen laß ich mich auch nicht mehr, da lannft du dich feft da tan verlassent« »Und fett lomm’, die Thränen ab wefchen und die Augen ein bischen kühlen -—— eswird ja gleich läuten!« I’ Die Auflösung von Liesbeth Woa rabei Verlobung wirkte in verschie better Weile. Der Regiltrator bekam eine Gallenloliit, Fräulein Diethoff wußte zum erstenmal in ihrem Leben nicht« was He lauen sollte, und die Kolleginnen lächelten. »Natürlich von seiner Seite! Denn daß sie . . . lieb-er Gott, das wäre ja der pure Wahnsinn sgewesen!« Wolf gang Röpvel aber verprügelte der Reihe nach sämmtliche Jungen aus feiner Klasse. »Ihr Lügenmäuler, niederträchti gen! Bloß metlotklen habt ihr mich wollen! Ueberhaupt -—- so’n Unsinn! Oeirathenl Wo wird se denn! Dann tönnt’ se doch nicht mehr »unter Fräulein« sein!'« 1814. Novelle von FrJ«N) v. Oppelns ; Bronilowölh ! »Es freut mich außerordentlich, ) mein lieber Junge, dich mal wieder zu lieben! Nett daß du deinen alten Ontel auf der Durchfahrt ein paar Stündchen widmestt Wie war s denn »in Paris, was? Ich bin seit dem Einzug von 71 nicht mehr dagewesen.« i »Ja, Jhr tamt als Sieger, Onkel, ich mit dem Hut in der Hand. Ich hatte Geschäfte dort und bin dann rasch heimgesahren. Nur ein Ding besuche ich jedesmal wieder: das Grab Napoleons. Das sind gewaltige Ein drücke, so ost man sie auch erneuert. Der Jnvalidendom nsit seinem gewal tigen Aufwärtsstreben und der maje stätischen Kuppel—das ist in derThat eine würdige Ruhestätte siir diesen Gi ganten! Und dann im Jnnern die liihle Weihe, das seierliche blaue Licht; die großartigen Verhältnisse, ohne jede Kleinheit u.3iererei! Und in derMit te, unter der doppelten, thnrmhohen Knppelwölbung die mächtige, runde Vertiefung, in die man mit Ehrfurcht herabschaut, und drunten, zwischen Vittorien und eroberten Fahnen, der gewaltige. schlichte Porphyrsarlophag, ein Riesenbloet Urgestein, laum be hiiuen und kaum bek,aubar, wie der, dessen Asche er trägt. Ein Herden tempel inmitten unserer Gegenwart!" »Ja, es ist merkwürdig,« entgegnete der alte Herr, nachdem er auf seinem gewohnten Lehnstuhl Platz genommen hatte, »sehr merkwürdig, wie rasch Napoleon zum Sagentaiser geworden ist. Jhr seht ihn nur noch in dem Nimbus des Uebermknscheu — und mein seliger Vater hat noch gegen ihn getämpst, nnd da in dem Pult hab’ ich noch den alten Ring meiner Großmut ter mit der Inschrift: Gold gab ich fiir Eisen. Sie hätte sich selbst ihre Haare ab geschnitten und zum Opfer gebracht. wenn die einer hätte brauchen können, solchen anrimm hatte sie auf die Nackers, die Franzosen» Und mit Recht« Sie hatten wie die Vaschas gehaust ans unserem Gute, mit der Vlnmafzuna von Plebejern, Vor deren Ansturm die ältesten Throne zusam mentrachten Sie haben das Vieh fortgetrielem das Silber gestohlen. Jch will Dir erzählen, wie mein seliger Vater, nolsel wie stets, es ihnen vergol ten hat. Er hatte alg blutjnnger Kornett die Schlacht von PrenszisrbsEhlau mitge macht; als die Freiheitslriege ausbra chen, war er tvohlbestallter Leutnant. Er hat bei Leipzig mitgetiimpst, ist mit den! alten Vliicher übern Rhein ge gangen und in Paris eingezogen. So hat er damals ausaesehen.« Dabei wies der General mit seiner zitternden Rechten ans ein Pastellbildchen an der Wand. das seinen Vater als schmucken Ousaren mit himmelblaner, aoldbe tresxter Attila und schwarzem Bande lier darstellte, iiber die linte Schulter einen gleichsarbigen Dolnean mit grauem Lammsell geworfen, der auf der Brust durch eine schwere Gold anaste zusammengehalten war. Jn der Hand trua er die unsöriniae Pelz miitze jenerZeit mit dem langen blauen Kolpal und den dicken Verschniirnw gen, auf der Brust das Eiserne Kreuz zweiter Klasse. »Das Vildchen ist in Paris- während der Otlnpation gemalt,·' fuhr der alte Herr fort, als sein Nesfe es sich besehen nnd wieder Platz genommen hatte. »Er war lsei einer Madame Leron ein anariiert. Ihm wurde ein Stäbchen im Erdgeschosz des Hotels lHotel heißt in Frankreich jedes vornehme Privat haus) angewiesen, neben der Portier loar. Als er den Namen ans dem Quartierzettel las, sagte er sich: »Le roy! So hieß ja der liiderliche und anmaßliche Artillerieosfizier, der vo riges Jahr bei meiner Frau einqsuars iiert war und sich so valchamäßig aus fübrte!« Da er geläufig Französisch sprach, vergewisserte er sich bald, daß diese Madame Leroh wirklich die Mut ter des kaiserlicben Bombenwerfers war —- und sein Plan stand alsbald lett Er ließ die Dame des Hauses durch einen Lataien barsch fragen, was ihr einsiele, ihm, dem Baron von N..., solch ein Loch anzuweisen. Sie sollte ihm umgebend ihre Salonö zur Ver fügung stellen, sonst würde er sie sich selbst ausschließen. Er schimpste im ganzen Hause herum, bedrohte die Die ner, die nicht sofort pariren, ließ in allen Zimmern mächtige Kaminseuer anziinden, bestellte ein elegantes De jeuner, ließ Seit und alte Rothweine ans dem Keller herausholen, kurz, er lebte wie Gott in Frankreich und setzte das ganze Haus in Schrecken. Mit den Möbeln ging er nicht glimpflicher um. Wenn er mit seinen hohen Rei terstieseln von der Straße kam, die der zeit im schönsten Schmutz des April wetters lag, warf er sich aus die kost baten Cmpiremöbel mit ihren hellsei denen Bezügen und qualmte die Pfeife. Dann bestellte er ein topiöses Diner, zwei Stunden vor Beginn der Haupt mahlzeit, sur sich und sür andere Offi ziere, die er eingeladen hätte. Er ver langte, daß alles Silber des Hauses ausgesetzt würde, und behielt sich vor, die werthvollstewStiicke als Souivenir mitzunehmen Er schickte zu Madame eLroy hinauf, mit einem kategorisch-en Villett im Stile Napoleons, daß er sich tehr wundern müßte, daß Madame ih ren Quartiergast noch nicht begrüßt hätte, und daß er ihre Anwesenheit bei der Tafel in passender Toilette erwar te, widrigensalls er sie durch setneLeute holen lassen würde. Es geschah, wie er befohlen. Er lud ein paar Kameraden zu Gast, und die Dame des Hauses, die sich erschreckt in die Domestitenstube in der Man sarde gesliichtet hatte, erschien blaß und verweint, starr wie eine Leiche. Mein Vater wies ihr den Stuhl neben sich an, dann setzte man sich zu Tisch. Die jungen Ossiziere waren laut und ausgelassen, tranlen Seit in Strömen, schmissen die Gläser nach dem Ansto-» ßen an die Wand und benahmen sich wie imFeldlager Mein Vater machte der Dame deplacirte Komplimente, wie gut sie noch aussähe, schlug mit der Faust aus den Tisch, renommirte von Blücher und Scharnhorst, York und Gneisenau, lachte über Monsieur Bo naparte, der vor ihnen ins Mauseloch gekrochen wäre, stieß aus den König von Preußen an, schimpfte auf die Sansculotten, die sein Vaterland jah relang ausgesogen und bedrückt hätten. Schlieszlch, als das Diner ein Ende hatte und die Tischgenossen nach den Friichten in den schweren, silbernen Tafelaussäszen griffen, fragte er seine Tischdame: »Sie haben auch solch ei nen Sabreur zum Sohne, Madame?« Madame Leroy hatte den ganzen Abend stumm und steis neben ihm ge sessen, keinen Bissen ungerührt, keinen Tropfen Seit genivvt. selbst nicht, als mein Vater sie zwang, aus das Wohl seines Königs anzustoßen. Bei diesem letzten Streich aber brach sie in Thra nen aus. Sie schluchztr. »Qh, daß doch mein Sohn hier wäre, um mich vor Jhnen in Schutz zu nehmen!« Mein Vater schlug an sein Glas, stand aus und sagte: ,,Madame, Ihre Thränen, Ihr Schrei nach eIhrem Sehne, alles, was Sie an diesem einen Tage hier erlebt haben, bat meine Mutter von Jhrem Herrn Sohn, dem Artillerieleutnant Lcroy, Wochen und Wochen mit stum mem Gram, mit verhaltenem Jn grimm erdulden müssen. Was Jhr Herr Sohn sich gegen die Dame de-: Hauses, die Diener, die Mägde-, die todtenGeaenttiinde erlaubt hat, davon lsnmte Ihnen unsre heutige Ausfüh rung nur ein schwaches Bild geben; sie war nur das Theatersviel dieser trau riaen Wahrheit. Madame, wir wollen nichts Gleiches mit Gleichem vergelten. Wir sind gekommen, um Jhnen zu zei gen, daß der Sieger sich auch anders benelnnen kann! Euch Kameraden, lsrtte ich, das Glas zu erheben und zu trinken aus das Wohl unserer verehr ten Wirthin, MaMdame Leroh!« Die Herren erhoben ihre Gläser leerteu sie aus einen Zug, setzten sie ge sittet wieder aus den Tisch und verab schiedeten sich von der Dame des Haus « ses. »Madame," sagte mein Vater, »eH bleibt uns nur noch unsere höfliche Entschuldigung für dies schlechte Be nehmen. Wir verlassen Jhre Salonsx ich nehme wieder mein Zimmer im Erdgeschosz ein, das Sie mir anzuwei sen die Güte hatten, und ich werde mei nen Leuten besehlen. daß sie Jhren An ordnungen gehorchen wie den meinen. Fürs erste aber werden sie behilflich sein, die gestijrte Ordnung wieder her: 3.sistellen Versiigen Sie über sie wie iiher mich!« Madame Leroy reichte ihm beschämt die Hand. Mein Vater ging, trotzdem sie ihn zurückhalten wollte. Er bezog sein dürftiaes Stäbchen im Erdgeschoß neben der Lnae des Coneierge und legte sich sur Ruhe « h Am nächstenMorgen überreichte ihm ein Lalai ein Billett seiner Herrin, wo rin sie ihn bat, ein Appattement von drei Piecen im ersten Stock beziehen zu wollen und mit ihr das Diner einzu nehmen. Mein seliger Vater, ein rit terlicher Mann, war nach acht Tagen sast der Freund der Frau. Als die Verbündeten Paris verlie ßen, weinte sie heißeThränen u. woll te ihm zur Erinnerung einen kostbaren Ring schenken. Er wies ihn zuriick und erbat sich das lleine Pastellbild von ihr, das dort an der Wand hängt. Sie hat ihm öfter noch geschrieben. · ihm und meiner seligen Mutter, der diese Brieie eine späte Genugtuung waren. Aber von ihrem Sohne hat sie niemals ein Wörtchen erwähnt.« »Der alte General schwieg· Die Er zählung hatte ihn etwas angestrengt. Er strich sich den schlohweißenSchnurr bart, der in seinem gesund gerötheten Antlitz wie frischer Schnee leuchtete, und blickte mit seinen weitsichtigen Au gen, die nur das nächste nicht mehr er kannten, nacb den Bildern an der Wand. als wollte er sie ins Leben zu riickrusen. Dann schloß er mit einem Seufzer: »So nahe steht sie uns noch, diese große Zeit, »und für Euch ist sie schon eine Sage» Wir werden auch bald von Gott abgebrochen, wie eine alte, morsche Brücke, die das Jetzt noch mit ihr Verbindet« · Da schüttelte der Neste den Kopf. ·,,Jhr seid mehr als Brücken zum Ernst gewesen,« sagte er, »und nament lich Du, lieber Onkel, der drei siegreiche Kriege mitgeschlagen hat und fünfmal verwundet wurde. Jhr waret die Fortseher und Erfüller dessen, was Eure Eltern begonnen hatten. Und Eure Zeit ivar nicht minder groß als die ihre. Wollte Gott, wir hätten stets solche Brücken!« « Schalö, die ein Vermögen kostet-. Den kostbarsten Schal der Welt besitzt sicherlich die Herzogin von Northumberland »Dieses Geschenk "Karls X. repräsentirt einen Werth von 5(2l),000 Mark und besteht aus einer besonderen, sehr seltenen Art eines persischen Katzensells, das so weich, sein unsd elastisch ist, daß man die einzelnen Härchen kaum mit dem bloßen Auae unterscheiden kann. Die ser kostbare Schmuck hat eine Länge von 71,-2·»- Metern; zusammenge reßt läßt er sich gut in einer grögeren Tasse unterbringen. Auch die Kai serin von Rußlanb besitzt einen werth vollen Schal. Von Orenburger Frauen als Geschenk in monatelan aer Arbeit hergestellt, besteht er aus einem ganz seinen Seiden- und Lei nengespinnst, das 5 Meter lang ist und doch nur 125 Gramm wiegt. Die Königin von England darf sich schließlich rühmen, die größte Aus wahl von Schals zu besitzen. sie erhält jedes Jahr als Angebinde des indi schen Kaiserreichs drei Paar beson ders ausgewählte Schals aus Kirsch inir und zwölf aus gelbem Ziegen fell. Gerade das gelbe Ziegensell, das einer im Hamalaja lebenden sel tenen Ziegenart entstammt, soll sich in der fertigen Arbeit als besonders weich herausstellen und einen pracht vollen Eindruck hervorrufen. Da diese Ziegenart jedoch sehr klein ist und nur Theile des Felles benutzt wer den können, ist hierzu das Fell von dreißig Thieren nöthig. Hierbei sei erwähnt, daß zur Anfertigung eines echten xltaschmirschals das Fell von zehn Thieren gehört, Auch die Ex laiserin Eugenie besitzt einen Spitzen schal aus einem Stück, dessen Ur sprung unbekannt ist, der jedoch in einem spanischen Kloster hergestellt sein soll, fünf Meter lang ist und einen Werth von 200,00(«) Franks ha ben soll. Katzen im Kampf gegen die Pest. Sonderbarse Transporte qehen jetzt von London nach Ostindien ab. Die Regierung beabsichtigt, jedem nach Vorderindien auslaufenden Dampser eine Anzahl Katzen mit-zugeben bis die Gesammtzahl dieser Biersiiszler sich aus :-500,0()() Stück belaust Ein gehende ärztliche Untersuchungen ha ben ergeben ,daß die Pest in den Ko innien mit dem Bestande von Katzen steht und fällt. Jn Häusern und Hütten, wo Katzen gehalten werden, tritt die Seuche nur selten aus, wäh rend sie da sofort zunimmt, wo keine Katzen anzutreffen sind. Da die Nachzucht in Indiens aber nicht dem Bedarf entspricht, will die englische Regierung durch Transporie aus der Heimath nachheslfen. . ----.. Aufsicht«-. Gast: ,,«Kellner", das Essen, was Sie uns bis jetzt aebracht haben, war aket herzlich schlechi!" sKsellnen »Ja, sehen Sie, aniiidiger Herr, das muß ich« nun alle Tage essen!«