Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 14, 1908, Zweiter Theil, Image 16

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    Unsere Bat-ein
Mike von Max Grad.
bslsna und Mariechen ei
sen gesund solt-l- den Wo
M ITit Mlleinen Max unsanft
Weite; Ente-, das heißt draußen auf
der Straße an der Gattenthilr, lam
set-de unsere »Wie an
n den zwei blonden Schwestern
ängte sich mein stautlopf weit not,
sann ylaste · gerade Unaus.
Denke noch ehe ich die ,,«Neue so
vor seit W, unid ich glaube, dieser
Sind-Mel wird mit ewig unvergeßlich
Reiten. Mem und dick, wie sie war,
staut-sie ste, mit Mämüberströmten
wie kackitt glänzenden rothen Backen.
ein Bild des Jammers da. Bot ihr
ein are- tün gestrichener Hohn-sieh
auf den sie sich endlich lchluchzend qe
est Ein fanget, plunpek Mensch
denselben hergebracht hatte noch
eine ganze Weile, den hat zwischen
den FEM drehend vor ihr Pfenn
den. i sie sagten konnte ich na
türlich nicht see-, da det Gatten das
us von der Straße trennte» Sie
agie jedenfalls nicht viel, sie weinte
nagt. Endlich schlug der Mann sie
noch deeb auf die Schulter dann
drejxts et sich. sie einen raschen Ent
schluß fassend-, plZIlich mn und fuhr
mit drin leeren Karten davon-. Nun
konnten wir das laute Witten und
Sckkudszen sder »Rosen« deutlich bö
sen. die, in Schmerz versunken, auf
dem Koffer si n blieb, als wäre
dies ein rette t Fels in der Bran
hung.
»Die .Reue' Ist da! Tante Jene,
die «Reue«!"
Mit fliegenden Dauben - Bändern
stürzte Tante Fette ans der Haue
thür.
»Bo, denn. wof«
Ich stürmte dann in’s Zimmer der
Mr. um auch ihr die interessante
Mchast zu hinterdrinsgen
Die kleine. elsengkiche Gestalt zuck
te itn Stuhl zusammen
Fast ein Jahr, seit der Geburt des
kleinen Max. war sie, die ohnehin
rte, recht schwach und hoffnungs
rftia.
Die erfolgte Taste Jene. die die
schöne. hilftbediirstiae Schwägerin
vergötterte hatte vie Führung des
Canthalts ganz in ihre stnrien Hände
sent-atmen Unserer lieben Mutter
war nur das herrliche Arnt geblieben,
Mit und Heiterteit im Hause
zu verbreiten, das sie auch vollkom
IMI andfülltr. Vom Vater angefan
genhgingen wir alle mit inniger Liebe
en
R titßte sie eilde und tagte den
M entlang die Treppe hinunter.
II der Küchenthiir stand Johann. der
Mienen bei unserer alte-Aschen
« ti: beide lachten, daß sie sich die
Seiten hielten.
«Dii hätt« sich d’ anä’ FreiW a
net von weiß Gott woher tenrrne Las
sen kruchent«
.,Kati, dös is ja a ganz dumrn'i
Este-M
Sie sprachen also von der «Reuen«.
. Eben führte Tante Jette die Ange
ber durch den Solon ins Wohn
Iter: ieise schlich ich mich in's
ucktrinnner. unt von dort die Ein
sithrunq der »Neuen'· zu beobachten
Ists-IF
Der Ausruf klana entsetzt: mit
mitaeiissneten Auan starrte sie aus
die sich ihr entialtende nie qesekene
Pracht dann schlua sie beirn ersten
Schritt set-wer ans den blanterr Var
tettboden nieder.
»I! Spieael -— er werd do net hin
sein? — Oder is US aar tan Spie
ael net? Na — jessas, a solchener
Bedeut«
Schwerfällia erhob sich das arme
Dina unter den besorgten Anseaaen
der Tante. ob sie sich nicht wehe ar
tdan Sie verneint-» rieb sich aber
so anbakteno den Rücken, das-« Tantes
istdetisckes Gefühl veriegt wurde und
sie ei für aut hielt, das Mädchen aus
andere Gedanken zu brinaen Diese
Kiste nun unverwandt aus ihr Spie
aekbiid das die aanee rundliche Ge
Ialt mit dern »dvscheten« Kapane
lsnt und die schwarze Jacke Fiel-en
dem grünen Rock in Lebensgrösze«wie
dergah
«Illso Badette heißen Stei«
, »Man« halt erlauben —- Babett
Lapsingert O du lieber Herrgott —
xeir it K ganz an.derscht.' —
Das übrige wurde in lautem
Lebst-Gen erstickt. Der Tbränen
eont nahm kein Ende und Tante
ttchen brachte end-Zieh tief oerstiennrt
i unglückliche innae Wesen aus ihre
san-mer, los sie, wie Katht erzählte,
thesneuaedadet bit aran Morgen
ers tier- nen Kosser sitzengeblie
ien sein os. Thaisache aber war,
daß sakett den ganzen Abend nicht
sehe zur- Varschein tas.
Tattte Fette entichuidigee die
Neue« kei dem spöttisch lächemden
Dater mii «Angegrifiendseit von der
Reife«, was mir eine Zurechtweikung
eintrag. da ich bei dieser Entschuldi
gung einfach herausplatzte
Die »Mut« mußte eben einschla
gen, den-n die Frau Amtskichtek hatte
cim Consiste. diese war mit der Frau
Oberfstsiek beste-AM, und deren
Schwester kannte eine Vase Babetts.
So hatte Laute Fette die Perle auf
dem direkieftm Wege ausfindig ge
mät Durste man sich da bis-mi
eeuf «
Zuerst kam eine furchtbare Zeit!
abe. für uns alle! Buben
ganzen Tag wie besessen im
Qui naht yollte es jedem
M. M alle III-IM» s «
Its Ue Mut fu«-CON- IMI Ist
brach, mai nicht nieiss nnd nage
war. Endlich wurde ihr elün
was dsie let-im versiegten -eänen
quellen aufs neue dem-lockte. .
Dann wurde Man-a schwerle
Wlana schien Taste Jettchen
dein Haushalt entfremdei, auf uns
allen laa die Sorge wie ein Alp.
Keine Pflegeein wallte nicht ausbaks
ten auf dem schweren Possen Tante
Fette spat am Ende der Kräfte, Vater
schien mit um Jahre aealterr Eines
Abends holte man Babeti vom
Schenetfaß wag zum Umbetien der
Kranken Das Scheuern mußte Jo
hann später besorgen. Babett blieb
bei der Mutter-; und Buben blieb
überhaupt, auch später. a!s. wie durch
ein Wunden unsere liebe Mama mie
vet gesund geworden mar·
Ehatte sie dann nach dem Abendbrob
. ten, tu Bett tu geben, dann schlich ich
- bar an Farbe. Gestalt und herkunft
r
—
Nach einem Vierteljabre strebte
Babetts Stülpnaie lustig in die hzde
und die wasserblauen Augen blickte-H
äußerst hell und heiter in die nun’
gewohnte neue Welt.
Martia liebte Babett. Vater ultte
sie an, Tante Jette wußte sie zu
schähenx wir Kinder quälten das gute»
Mädchen namenlos und schwäkmtenj
für sie, Kathi, Johann und vie franss
rötliche Banne. alle, alle hatten zumj
mindesten Babett an allen Ecken undi
Enden nöthig. Die schwarzen Satt-f
jaiken für Sonntag und die bunten;
aus Kattun für Æltags hatten»
anders zugeschnitten werden müssenf
und der riesige Kapottehut war in
die tiefsten Tiefen des grünen Aas-f
iers versenkt werden. Manchmal trugj
Babett sogar ein weißes Hör-lichem
turz. sie fah alles in allem ganz
fchrnuck aus« was nach meinen Wahr
nehmungen auch Johann mir der Zeit
zu bemerten schien.
Ich selbst stand jedenfalls am besten
mit ihr.
Wenn fee währen-d des Servirens.
was sie sehr adrett besorgte. mit den
fürchterlichsten Grimassen undillsugerk
verdrehungen gegen die Thüre .u
tete, wußte ich. daß Bubett irr-Muse
wieder eine Sendung erhalten hatte.
die Messer geküßt, das Geschirr auf
gewaschen und sich bei Tante Fette
abgenreldet und die Erlaubniß erhal
rnich auf Strümpfen die Treppe hin
auf, urn ihr auspaeten zu helfen. Da
gab es Aste und Wurst. so wedelt-nir
nnd unwrdaulich Für meinen Pen
nälermagen jedenfalls die ungewöhn
lichtden Leckerbissen Und Labett gab
mir über ihre Schilde so unum
schräntte Macht. daß ich kommenden
I traut su sett lag
«Eicht Typhus —- wer kann's
wi — grassirt wieder viel in der
Stabil« murmelte dann äußerst be
ruhigerrb und trostreich der von unt
Kindern gebaszte Hauzarzt Doktor
Schumann
Und aus dein hintergrund des
Zins-nier- ftarrtsen Babetts wasser
blaue Augen auf mich. wie etwa ein
reuevoller Mörder verzweifelt fein
Opfer betrachtet.
Volltommen stumm war ich geblie
ben bei jeglicher Untersuchung und
ali der Doktor mit Mama und der
Tante das Zimmer verlassen hatte,
seufzte Babett:
»Du heiliger Sebastian, i fchenl’
was an die Armen! Kurtel gel’, Sie
thun mir net iterbeni«
Ich hielt milder Zoologie:
«Schneegani dumme, flean doch
nicht so einfältial Da schau her, die
Medizin soll ist nehmen. Gieß sie
weg, sie ist zu schlecht und bitter!«
Bereitwillig nahm Babett die Fla
sche. kehrte aber gleich wieder damit
in’i Zimmer zurück. Wasser spüluns
gen und dergleichen gab es damals
ja noch nicht.
»F tann’e net autgieszen — die
riecht —- döi thät d' Frau Tant«
merken!'·
»Babett, wenn ich die Medizin neb
men musi. sterb« ich. Die Doktoren
bringen einen jeden urn rnit ihren
Medizinew hat ein Schäfer zu Tante
Jette gesagt!«
»Es Schä er? Ja, die wissen alles.
Dann is g’wiß wahr. here Kur
tel« was tlnm mir denni«
Nach dütnmer wie nur jemals blick
te sie mich an. Dann glitt es wie der
Ausdruck eines iereischen Entschlusses
über ihr Angesicht
»F tranks ielbftl"
Gesagt. gethan. Ein Schlntk —
und noch einer! Ich wand mich wie
in Krämsen bar Lachen bei den
name-los lornischen Dei-nassen, die
tie beim Schlitten machte, aber Reue
verspürte ich nicht.
»So —- ieet —- witleu’t. Den
Karte-l s-— später nochmal a bisserl,
bis I halt aus is —- dann mertt
ueatnat nix!«
»Na, wie steht es?« fragte der Dok
tor am folgenden Morgen. »Da«
gewirkt?«
Ich schwieg mich aus. Tante Idee,
die schetf tontwllirt hätte, ver-«
new-.
»Der Junge hat eine zähe Statut-,
wie's scheint —- alfo doppelte Dosis!«
Als unsere Babett eine neue Fla
sche auf dem Betttisch sieben fah.
blickte sie mit Entseien von mit auf
diese —- dann mä wahrem Grabes
ton:
»Noch a Flasche-! half i net ans-—
na, bös halt’ i net aus —- k bin schon
selbeåaxo·eælbet · gä« ch W m
« gs u«. o i . -
Glossen keinen Tropfen von dem
wetten Gift see nehmen!
’«J san-jung —- M des-.
Ist-· us ji«-m im-- sum
e.
Figuki hdii nur a klodnt dissett
ei r —·
«Badett, deut« an den Mini«
Damit-drehte ich mich unwillig gegen
die Mit
»Na, na, sterbe-« tnie net —- Den
Kur-tei, im- Gottei mitten net —- i
hätt’ eanet ja auan Ewissen!«
Und abermals ein heldendastee
Zug — die Flasche war hats ieet.
Bald daraus verschwand dann Va
dett aus meinem Krankenzimmer und
kam auch nicht wieder.
»das-eit! — Badetti — Bot-Mk
hörte ich ei kuer — bald hier-, bald
dort —— aber das Mädchen schien
unaussiuddar
Eine wahre Aufregung hatte end
lich das ganze Haue et rissen-. Qgen
Abend erst fand Vater FFee hinter dem
holzschuppen in einem geradezu be
iannnetngzveetden Zustande
»Es scheint doch eine Akt Evide
rnie in unserer Stadt zu dereschen«.
sliisteete später der hetbieigetsusene
Bau-Itzt
Vater aber blickte mich fest und
forschend an, und ich versuchte an die
sem Abend eine unberwingliche
Schlaisucht zu deucheln Die von
meinem Vater nach allen Regeln der
Kunst ein-geleitete Disziplinarsllnter
suchunq that ihre Wirtung. sinnen
vierundzwanzig Stunden war ich ge:
sund; bei Babett aber dauerte es län
ger. und die Backen glänzten eine
Woche lana nicht ganz so roth toie
sonst. Ich sand damals, daß es die
nächste Pflicht fei. Vaters spanische-l
Rohr bei Gelegenheit verschwinden zu
lassen. Man kann sich schließlich doch
nicht zeitlebens den entehrendsien Pro
ieduren aussehen.
Badett war erade ein Jahr bei
une. da erhielt re von Tante die Er
laubniß. M Erntesest nach Hause
tu fahren. Arn Tags der Reise mach- I
te sie unter großem susroand von hei- !
sie-n Wasser. Kernseise und Rosenpos
made aufs eingedrnIte Toiletie, gabi
ihren guten, alten u noch vor Fads l
kesfkist sp weite-gelassen Heim-«
Sachen einen oeriichtlichen Fußtritt.!
und trat endlich die Reiie an. ni .
ohne noch den Versuch riewa zu
haben, mit einem heißen Griffel ani-l
Vtariechenj Federtasten zwei ston i
dige haarbiischel an der Stirn in!
Locken zu formen. So verließ Balpettl
zum ersten Male unser haus.
Sie war zur fritgsesetten Stunde
wiederqetommen. Durch Schadens
llua geworden, suchte ich mir unterx
dem reichlich Mitgedrachten nur das
Verdauliebste aus« so dass der haus
atzt diesmal teinen »Ums« zu be
handeln bei-m
Babett aß sast nichts. Sie saß
aus dein Bettrand in ihrer Kammer
und sal- betrkbt vor sich län.
.Badett. was hast du vermi«
Ein eudloser Seufzer.
Jch feste die Miene eines erfahre
nen Mensche-trennen aus unsd sagte
gönnerbast:
»Na ja—tann mit-J schon denten.
verliebt natürlich! Am Ende aar der
Landsmann von damals mit dem
grünen Kosier2«
Sie blickte melancholisch auf und
sagte oeriichilicht
»Verb, der da! Der gjrcherte Qua
dratlackL deri«
Also, der war's wohl nicht.
Monatelang hielt man dann in
unserer Masse das neu eingeführte
Losewort sür eines der interessante
sten. .
»So-also ein anderer ist'» Ist
er omn Mier?«
Sie niste.
»So schön steht ihm die Montur,
schuf is. wenns aus is damit nach'm
Jahr. Ein Jahr« hat er schon hint'
—- jekt timmt noch oans. A Maler
it er und a so a tschentisleh junger
Mensch. Und mein Votrait will et
abmalen!« .
Zwei 0Hat-re dienen und Maler und
ar das Portrait einer solchen Schw
åeit zu malen, das klang mir mör
cheslsosi- ·
»Warum bist du denn so bewile
In die kaiserl-lauen sagen, die
schon lange nicht mehr geweint bat
ten« traten scheinen l
»Beste«-en soll i eahm —- ee is ja(
sogediildet—und—i—« ;
Ich nieste genug. Konnte ich dort-l
zur Gensge das mitdevolle Amt, et-»
Ioaige Instchreibungen Babettr bei
Besoegungen Eu ent ifsern. Monate
hatte ei , bis nte te end
lielp begriff, I ·milrl« TO und
«S « Sand bedeutete. Nur »spie
xeet x« konnte badete richtig schrei
n.
»Bauer, du bist so m gutes Märk
chen, ich helfe -dir. Ich schreibe dir
die Briefe!«
Jch hatte äußre-sie Mitbe, alle die
mir unter Freudemuimfen dank
barst geschenkten Leckerbissen« in
meiner Stube zu bergen. Eine Wo
bekamen alle oMagens meiner Fequ
nacheinander Strafen en «Essens
und Na Evens in der — -le". oder
»wegen itbringeni unerlaubter Eß
wanrrn.« —
An unseren Garten stieß ein ande
rer, in dessen Gängen öfter ein gro
ße-, schönes Mädchen lustwandeltr.
Seit langes-n schon hatte ich eine
. heimliche Liebe zu ihr gefaßt, die ich
Ein den fürchterlichsien Versen auszu
strsnten Messe. diese meine erste
Liebe Fä- rneinet Mut-Aste im
Dienste betti den für solche Dinge
unerläßlichen Schwung. Von Wor
ten, me: »Seit-gestalt, Jus-D ein
tiåes We »Hm-neige ei« nur so diin
za te we en Bogen, e
Lein nach M fernen Dorf und dann
dir Mel-e wanderte-. das die
WW seyen-sags- mehr
i meiner Phantasie entsprachen nnd
l ka nicht gen auf einen sämm
chsm Mit paßte-. Wen we
der Des-it noch dem Mater aufzu
fawetu Sie lauschte, auf dem gcttneu
Koffer siseutz mit THEan der tief
ften Währung in den Augen« atdems
los dieer Zetheuetungen. die ich ihr
mit Pathos vorles, und verlangte
immer mehr und mehr.
»Ist ’j amal schön, zum Woana
schön! Jessos, i hab' ja gar net g’
wißt, daß i ’n gar to gern hab’!«
Meriwiikdig war nut, wie fetten
eine Antwort vom Maler kam, und
daß die trugen Zeilen meistens mit et
nek kühnen Wendung schlossen, die ei
nem Pumpvertuch verzweifelt ähnlich
I sehen- , » . » «
s Jru übrigen that oie große error
IVadette Tüchtigkeit weiter keinen
IEintrag, denn sie besorgte ihre Arbeit
Iso sleißig und gutmüthig wie immer.
onbann erneuerte von Zeit zu Zeit
isein Liebes eben, aber Babett er
börte ihn und blieb auch einer.
»echten« Korn enbrosche gegenüber. die
ihr Johann einmal ichentte, kalt wies
Gio. ,
Dann wurde ich einmal von Babett i
zu einer ..«Konserenz« gerufen, die da-!
mit endete. daß ich einen überspannten
Brief. den ich selber zulest nicht mehr
verstand, und in dem unaufhörlich von
»homens Nosenband« die Rede war.
schreiben mußte, darin ginselnd, dasz
»Er« kommen solle. Nach dem Vor
lesen desselben erschien Babett völlig
oernxrrrtx dann sragte sie aber interes
sirt. in welchem Laden und zu wel
chem Preis man dao «rosaigte Band«
wohl detiime, sie möchte eines aus ih
ren neuen hul. Natürlich erllärte ich
ibr das, so gut ich es selbst oeritand,
doch Babett blieb ewig unausgetlört.
Sonntags betheuerte ich dann Tante
Zette, ganz genau zu wissen. daß der
Soldat Babetts Stiesbruder sei, und
endlich durfte sie dann mit ihm aus
gehen. —
Tante Jettcheng Pietät siir den
Nachlaß geliebter Verstorbener kannte
keine Grenzen
Jn jeder Miethwohnung wäre eg·
auch schon damals unmöglich gewesen,
derartige hinterlassenschasten auszu
stapeln, wie dies in den Speicherräui
men unseres alten hauses in der
Marsstrasze im Laufe der Jahre ge
schehen war. Ein riesiger Kleider
schrant war von jeher der besondere
Brennpuntt des Interesses von uns
Kindern gewesen. Da drin besand
sich nämlich das beråhrnte «Jatonnet
mir's-das die selige Tante Jakobtz. de
ren Tugenden Tante Jettchen nur
mehr durch Ueberlieserungen bekannt
waren, an ihrem Verlobungitag und
später bei — sa. weiß Gott wann, ein
mal getragen haben soll. Wer das
einmal hätte androbiren dürfen!
Weißgrundig mit großen, leuchtenden
Blumen in tausend Fältchem stellte eo
das reinste Kleidertunstwert dar
Vergeblich bat und bettelte ich, ein
mal das berühmte Kleid der seligen
Tante Jatobh aus einer Schiller-or
stellung um Fastnacht tragen zu dür
sen. Nichts hals. »Keine Macht der
Welt würde mich jemals zu solcher
Pietätlosigteit verführen, war Tante
Jettes Antwort. Und dabei blieb ei
auch. A
Einmal, zu Wintersantana mußtes
Babett drei Tage lang oben bei den’
ausgestapelten Reliquien scheitern»
Jhre Hände hatten Frostbeulen und?
waren ausaesorungen, wie die Rinde
der Eichenstämmr. Aber sie arbeitete
unverdrossen, und so war Tante zu
frieden·
Nach dem Besuch des »Maleri«
wurden die Briefe, die sonst in Men
gen an ihn gesandt worden waren,
weniger, dasiit tarn er aber selbst ös
ter. Jeden zweiten Sonntag holte der
«Stiesbruder« unsere Babett ab, und
nur ich allein wußte. warum Babett
solange beim Bierholen und derglei
chen ausblielz und auch, warum der
nächste Briestasten nun plötzlich eine
halbe Stunde entfernt zu sein schien.
Dann kam einmal ein schrecklicher
Morgen. Statt Babett heizte Jo
hann die Oesen, Kati schalt laut in
der Qiiche vor sich hin, und unten aus
dem Wohngimmer hörte man Tante
Jettes scharse Stimme, Vaters vollen
Oariton und Mutters zartes Stimm
chen, jedes bestrebt. das andere zu
über-schreien. Daztoischen Babetts
lautes Schluchten« heulen und Aus
;ruse, tote: »G'tvisz! Nimmer thun —
ceher sterben!«
s Am Mittag hatte ich endlich her
»ausgebracht, das man gestern Abend
bemerkt hatte, wie sich der «Stiesbru
der« aus der Küche geschlichen, und
daß der Erzählung Bat-euch des
«Stiesbeuder« sei in .Zioil« eigentlich
Maler und habe ihr Porträt malen
wollen« kein Glaube geschentt morden
sei Zuerst sollte Vobett sosort aus
been hatt-, dann toar Ostern bestimmt,
und endlich gelang es den sanft-n
Vorstellungen unserer gittigen Mutter,
Tante Fette zu bestimmen, Vabett zu
verzeihen.
Und so lam ej, das Oabett in rast
losem Flets- und tadellosem Betragen
— vom Maler hörte und sah man
nichts mehr — dein ganzen Dau- un
entbehrlicher als jemals zuvor wurde.
M Ende des Winters sah sie
s wieder etwas verantt ter aus,
Bd Most-Ist Was se stets-K
nte en. au
M vis. «
Gottes« geh-u sit las-L Mk
spat ej die Mutter-, die ihr die Et
lattmiß bei der etwas strengen same
aus«-Mee. »
Die folgenden Tage bis zum Dass
war Bebett so zerstreut biß ein Ver-l
weis nach dem andern sie in vie Welt
ver Wirklichkeit zutijckversesen mußte·
Bei Mkteti Frage. was sie für den
Ball anziehen wollt-. tummelte Ba
bett nur unveutliche
«A mei. wag wekd’s sein, ich bad«
eb« nix Eichen-ich Mei’ schmika
halt!« l
Der renliche habend ruare heran.
Um vier Uhr Nachmittags ibekam
Babett zur äußersten Muth KatiUt
bereits Urlaub und verschwand mit
izwei Rosen von Mantos Sommerhut,«
ldie diese ihr geschenkt« utn die Ette,·
Jum sich dom nächsten Friseur srisiren
’zu lassen. Als sie wiedertarn, wollte
sie um keinen Preis das Tuch dotn
Kot-se nehmen« und wie es dennoch ge
schehen war und wir alle die vorge
gangene Veränderung geniigend be
wundert und belacht hatten, suchte ste
ihre-stammen aus. um nicht wieder zui
erscheinen. Mir ließ es indess keine
Ruhe, iiber Babetts Thun und Trei
ben unterrichtet zu sein. Und ich
wußte mir Rath. Von einer kleinen
Nebentamrner gingen Oberlichtsenster
in Babetts Stube. Jch schlich hinaus,
ertletterte den Schrank in der Kant
cner und blickte hinein in das heilig
thuni. Einen Schrei gewaltsam un
terdrückend ward ich von Entsehen
sast gelähmt. Babett hatte sich einen
wahren Altar aus sämmtlichen Spie
gelscheiben dee hauste ausgebaut und
destrebte sich nun. darin ihr herrliches
Spiegelbild in größtmiiglichsler Voll
tommenheit zu erblicken. " weierlei
bunte Schachteln mit Sei en und
Parsumslaschen, wie sie wohl der
Drogist zu Weihnachten oder Neu
jahr den Dienstmädchen zu verehren
pflegt. standen geössnet und ange
braucht aus dem Tisch. Aber den
Grund meines Schreitens bildeten ja
nicht all diese Kleinigteiten Zitternd
verfolgte ich mit den Augen jede der
Bewegungen Babetts, wie sie, talt
lächelnd, das «Jakonnettene« der seli
gen Tante Jacobn vom Bett nahm
wa es ausgebreitet lag, und es sich
eilends überwars Da es ibr genau
paßte. war vorauszusehen dass alles
idohliiberlegt war und sie es sich erst
zurechtgenöht hatte, wenn es auch in
der Form das alte geblieben war.
Manchmal schon hatte ich dies oder je
nes Modenbild gesehen, meine Glosses
darüber gemacht, und hatte überhaupt
mehr Blick siir Damentoilette. als
dies sonst bei Knaben meines Alters
der Fall zu sein pslegi. Jch sand. dass
Tante Jakobus Kleid, das doch wahr
lich dem grauen Altertbum angehörte,
eigentlich wieder ganz modern war.
Das gleiche mochte wohl auch Babett
gesunden haben und darum —- ich
tonnte es nicht fassen.
Zum Schluß zwängte die Ge
schmüate noch Hände und Arme in
lange, gewirkte, weiße Handschuhe,
schüttelte abermals ein ganzes
Fläschchen Parsiim über sich. horchte
an der Thür, löschte das Licht und
schlich sich leise davon. Jch blieb noch
eine ganze Weile aus dem Schrank zu
sammengetauert und lauschte, ob nicht
das unausbleibliche Unheil schon seht
iiber die Sünderin hereinerche. Aber
alles war und blieb still. «
Die Nacht schlief ich to unruhig uan
träumte so lebhaft, daß man Decken
und Kiiien Morgens am Boden suchen
mußte· Das «Jalonnettene« wob lich
wie ein Gespenst durch alle meine
Träume und lag mir wie ein weißer
Berg voll rather Blumen schwer auf
der Brust.
O ahnungsvoller Engel, der ich
war!
Jni fahlen Morgengrauen fuhr ich
auf, und meinte das Gartenpförtchen
klirren zu hören.
Ich stürzte ans Fenster. Da stand
LBabett rnit einem schmucken Ulanen "-—
les war nicht der Maler — und barg
ihr haupt erdenurgessen an seiner
hegt-ender Endlich schien sie sich zu
Ierinannem eine lehte Unratmung. und
sie wandelte wie träumend den Garten
entlang an meinem Fenster vorbei, das
«Jalonnetiene« achtlos durch den uns-i
l
Lehm- suqu
»Was würdet du thun. wenn du einem dir auf der Ferse sihmdm Pp
iizeidmsde eine urst anbieteft, und et nimmt sie nichts«
Da wnkvs ich mit ihr noch man out-ich bei Schaman seid-: aka
-
!
sen SQnee siedend. N das Un
gtset schreitet schnell. In der W
idiir stand bereits Johann nnd salu
tirie, höhnisch lachend militiirisch seit
dem Reisigdesen
Des Ende war Schreckens
Dieses Mal hassen sele Meinst
Bitten nichts. Babetis renige Ihrs
nensiuthen slossen noch vierzehn Tage,
dann mußte sie aus dern hause.
Tante Jette hatte ihr viekei verzie
n --— sogar den «Stiesbruder«. Sie
hätte vielleicht auch noch den Usanen
hingenomrnen — das «Jaivnnettene·
ader vergaß sie niemals.
Ich hatte viel zu arbeiten, unt ver
sest zu tisrven — das dass mir iider
tenSchrnerz weg, den mir derA chiod
von Baden, mehr als- ich ge den
wollte, bereitete.
Nach Jahren hörte ich dann durch
eine der vielen Verbindungen Tante
Jenes-, daß Badett sich verdeiratdet
hatte. Und zwar, was mich asn inei
stn interessirte, mit dem .Qnadrnt
lockt« von damals· »Du revient tou
jours« —- -— —-- und so weiter.
I I I
Nun sind Jahre vergangen-. Vater
und Mutter liegen in titdlee Erde, dte
Schwestern sind verheirathen und
Bruder Max ist etn stotter Korn-stu
dent. Unser altes hau- in der Mari
strasse tst wie der Garten verschwun
den, an deren Stelle steht eine rnttchs
tige Miethitasernr. Ich mag gar ntcht
in die alte Gegend und wohne als
wohlbestallter Rechtsanwalt weit weg
in einem fernen, auch neuen Stadt
theii. Nur Tante Jettchen tst dte alte
geblieben So rüstig wie etnst führt
sie rnir den Haushalt, und wenn ich
sie ärgern und necken will, bringe ich
die Rede aus dte »derslossene« Bahett.
Tante Jettchen, in Erinnerung des
»Jatonnettenen«, ist heute noch voll
Empötung, ich aber behaupte steif
und fest: »Sie war doch ein braves
Mädchen -—- unsre Badett!«
Cis leistser Unsre-tu
» Auf einer Polizeiwache in s ris
spielte sich eine humoristische zene
ab. Marie Leben-arms eine Bäuerin
aus einem Dorfe der Breta ne, war
nach der sranzäsisschen Haup dt ge
kommen, urn sich einen Dienst als
Amme eu suchen. Sie hatte ihre Cr
sparnisse in höhe von dreihundert
Franks miraebrachtz mit dem Gelde
wollte sie sich zunächst zweckmäpiq
eauikiren, um im Aeuszeren acht
hinter ihren Latier-innen zuriietzustes
den. Marie Lekonadet war bei einer
bekannten Familie abexiiiegen und
hatte sich am nächsten K den
Weg gemacht. um ihre nkäue zu
befor en. Mit Parteien reich beiaden.
liese Be sich. von dem Wege ermiidet,
Jus einer Bank der Plare du Trom
dero nieder. Bald gesellte sich zu der
Abnunaslosen ein junger Mann, der
mit ilrr zunächst ein Gespräch an
kniipsie, dann plötzlich vie Packete er
griff und aus und davon lies. Die
Beste-diene war iider dkn frechen
Raub usen so trostloser, als sich in ei
nem der Packetr ihr Geldbeutel mit
20 Franc- Jnlralt befand. Tit-Schus
mann brachte die Weinende nach dem
nächsten Polizeirevien vo sie den
Ihatbestand zu Protokoll gab. Sp
eben wallte sie sich, beruhigt durch die
Erklärung der Beamten, daß man
den Dieb schon fassen werde, entset
nen. ais mehrere Schutzleute einen
merkwürdiqu Arrestanteu unter lau
tern balloh und Singen hereinsülrv
ten. Ein Mann mit großem Sei-run
bart, die Ei arre im Munde, hatte
sich in das stiim einer Amme ge
steckt und in trunkenem Zustande mit
dieser Maskerade aus der Straße al
lerlei unsug verübt. Kaum hatte
Marie Leb-habet diese rauchende und
betrunkene «Umme« erblickt, als sie
ausrief: »Das isi der Dieb! Aus diese
Weise iarn die Bestoblene schnell zu
ihren Eigenthum Das Geld aber
hatte der Dieb vertrunten.
seh-seelis·
Frau (zu ihrem eben von der Reife
beimgetebkten Meinem «Diese Wochen
war ich so heiser, daß ich kaum zwei
Worte sprechen sonnte.«
Mann: »Donnerwettek, und gerade
während det Zeit muß ich verteist ge
wesen sein!«