Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 07, 1908, Zweiter Theil, Image 13

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    TTPJTWSZF s
Novellette von Franl GiolmaJ
Masine Eopeland blickte von der«
Zeitung aus und sah nach der Uhr.
Es war halb zehn und noch war
ihr Gatte nicht zum Frühstück herun
tergelommen. Oben im SchlafzimL
mer rührte sieh nichts. Zu einer an-;
» deren Zeit hätte ihres Mannes Saum- J
seligteit keinen Eindruck auf sie irr-s
macht. Aber für heute hatte sie diej
Entscheidung der Dinge festgeseht i
Seit fünf Jahren verheirathet, war
es ihr in den letzten vier Jahren nach
und nach llar geworden, daß sie und«
Jael auseinandergingm Jm ersten»
Jahre ihrer Ehe hatten sie troß Gläu- !
higer und der unversöhnlichen Hal- l
tung ihrer Eltern die ihr die Fluchtj
mit dem Tausenichts Copeland nicht
verzeihen lonnten, in ihrer Liebe wiei
im Paradiese gelebt. ’
Dann aber war es nicht zum Weg i
leugnen, dasi Jael sein Banltontoi
überschritten hatte, lein Geld, teinel
Stelle besaß und auch nicht die Fähig- l
leit zu haben schien eine solche wür (
dig auszufüllen.
Da. als die Verhältnisse am drü-!
elendften geworden waren lam Jackj
frohgemuth nach hause zahlte einen
Theil des rücksiiindigen Zinses und(
führte Masine in ein Westen-rann Jm
Laufe des Dineeti erzählte er ihr, daß
er einen Posten und, wie ihm dünlte,
einen guten Posten in der Stadt be
lommen habe.
Freilich fügte er hinzu. daß da al
lerlei Verpflichtungen damit verbun
den waren. Sie müßte eine brave
Frau sein und dürfte leine Fraan
an ihn stellen. Denn er habe sich
schriftlich binden müssen. nichts über
die Art seiner Beschäftigung verlauten
zu lassen, nichts auszuschwasem wasl
damit im Zusammenhang stand, auchi
feiner Frau gegenüber nicht. (
O. nicht als ob er eine entwiirdi
gende oder abschreelende Thätigleiti
übernommen hatte aber mehr durfte
er eben nicht verrathen. Ein gutes Ge !
halt war damit verbunden. Jawohl.i
Zu Anfang vier Pfund Sterling tnö (
chentlich bewahrte sich Jaet so stieai
sein Gehalt nach fünf Monaten auH
sechs Pfund Sterling wöchentlich
Fraate sie Jemand nach dem Beruf
ihres Mannes, nun so hatte er einen
Posten in der Stadt.
Um ihr zu beweisen auf was siirj
einen wohlwollenden Brotaeber er ae (
stoßen sei zeiate er ihr iwei Fünf
bsundnoten, die er ihm als Vorschuß
gegeben hatte
Seit jenem Tage gab es in au Den;
vier Jahren trink materielle Sorael
mehr iiir sie. Und als sie über Wai- ’
ser waren, lamen Winte von ibrenlklsr »
tern. die aus eine mögliche Versöhnungj
hindeuteten. Die lam denn auch, alr·
die Eltern nack der Jlnreiae von der
Geburt eines Enlels rasch herbeiru
ten. leicht zustande.
Diese beiden Ereignisse insbeson
dere die Geburt eines Sohnes hätten
Jael seiter an seine Frau lniipsen sol
len. Nichtsdestoweniger mertte Ma
sine, daß sich ihr Mann durch ihre
Liebe zumKinde und durch ihre gele
gentlichen Besuche bei Eltern und
Freunden mehr Freiheit versprach
Sie wollte dies zwar auf Rechnung
seines Beruses seyen. Aber war eine
solche Annahme etwa alaubiviirdia?
Konnte das ein Beruf genannt
werden, der dem Anaeitellten leine be
stimmten Geschöitsirunden zuwies.
d» ihn manchmal Nächte lang aus
wörts sestbielt, dann wieder mehrere
Tage ruhen lief-. feine Dienste zu je
der Stunde in Anspruch nehmen duris
te und das Verlangen stellte. strenaee
Stillschweiaen über seine Thisigleit
iiber den Namen und den Stand sei
nes Brotherrn zu wahren?
Ansangs erregte dieses Geheimnis
Masines Neugierde. Als sie sich aber
des Gefühls nicht mehr zu entschlagen
vermochte, daß ihr Gatte sich ihr zu
entsremden begann, und er seinerThii:
tigieit immer mehr Zeit widmete, be
siel sie ein bitterer Haß gegen seinen
Beruf, ein Haß wie gegen eine Neben
buhlerin.
Vor den Leuten bildeten sie immer
noch ein einträchtige-.- Paar. Jack ver
sagte ihr nie einen Wunsch und er
siillte alle ihre Launen. Um sein Ge
wissen zu beruhigen, dachte Masine.
als Entschädigung siir die Vernachliiii
sigung. die er ihr zutheil werden ließ.
Grimm an ihrem rechnen Don-zerro
tage, wurde allein die Krone artige
lehr Auf Jacke ausdrücklichen Wunsch
war zur Feier des Jaaee ein aani be
sonders feines Mahl bereitet worden,
dem sich ein Theateebelnch anschließen
follir.
Masine halie ihr ereme Spitzenileid
angelegt, in dem Jack sie einmal be
wundeei halfe, und sich von einer Fri
fenrin voriheilshqfi frisiten lasien.
Als die füninndzwanzigjiihrige Fran,
ehe sie zum Diner hinunietging, noch
einen lehten Blia in denSvieael warf,
bedurfte es nicht ersi der Versicherten-r
der Feiieurim .Gnödiae Frau sind
heute eniziickend,« nrn sie von ihrem
Liebreiz zu überseunen .
Als Beide bei-n Dinek saßen. irai
ein Teiegrarnrn file Jack ein. Sofpkk
spat er auf den Beinen und mit ei
nem flüchtigen Wori der Entschuldi
aung auch schon aus dem Muiel Die
Denesche war auf dein Tisch lieaen ge
blieben,- aber sie war in chiiirieiee
Schrift abgefaßt Wie alle vjilirigen
Mittheilungen, die er empfing, blieb
sie daher fiir Masine ein Mithsei.
Masine wiirgte die Speisen unter
Thriinen hinunter. Der Worfall berei
tete ihr den höchsten Schmerz, den sie
je erfahren hatte. Sie lief in ihr Zim
mer, warf sich auf ihr Bett und ver
fiel in ein lrampfhaftes Schluchzem
Sie faßte einen unerschiitterlichen
Entschluß.
Morgen mußte der Sache ein Ende
gemacht werden. Entweder zog Jael
sie ins Vertrauen oder sie verließ ihn.
mit ihrem Kinde. Um drei Uhr Mor
gens war er erft nach hause gekom
men. Und jeßt saß fie ungeduldig, in
n;rvöser Aufregung da und erwartete
i n.
Sie nahm die Zeitung, die sie gele
sen hatte, wieder auf und fuhr in derI
unterbrochenen Leltiire fort. Zuerfts
zerstreut. Co war ein ausführlicher
Bericht iiber einen rnyfteriösen Mord«
der am verflossenenAbend verübt wor- »
den war. Eine junge Wittwe in DH
vonshire, Mansions, Tichborne Streeti
wohnbaft, wurde dem Anschein nacht
zwischen sechs und sieben Uhr aufs
grausame Weise ums Leben gebracht..
Die Ermordete hatte als sehr reich ge- i
golten und einen großen Aufwand an I
Schmuck getrieben. Sie hatte alleinl
gewohnt, abgesehen von Köchin undi
Stubenmädchen, die beide während der i
Zeit des Mordes abwesend waren.
Eines der Mädchen vermochte einen(
Anhaltspunlt zu geben, der auf die
Jdentitöt des Mörders oder auf das!
Motiv der That hätte führen lönnen.(
Ein Verzeichniß von Max Birne
i
ron Juwelen wurde vorgefunden und
mit dem vorhandenen Schmuck vergli
chen. Nichts fehlte. Eine sorgfältige
Untersuchung ergab, daß der oder die
Mörder nichts Werthvolles geraubt
hatten. Gleichwohl waren die Möbel
in dem Zimmer. wo der Leichnam lag,
in Unordnung und sum Theil zer
trümmert. Nur ein Gegenstand lonn
te nicht gefunden werden: ein Dval
mit eingerißten Jnitialen, einer der
Ohrringe der Ermordeten, das ihr
vom linken Ohr gerissen worden war.
DiePoliiei legte aroßesGewicht auf
diesen Umstand, weil diese-r Stein der
einzige fehlendeGegenstand und wahr
fcheinlich im Besiß des Mörders war.
Der Oval trug die eingravierten Ini
tialen der Todten: D. P.
Daß der Mord nicht wegen Raubes
oeiibt wurde, war klar. Offenbar
war das Verbrechen im Oluaenbliel
ausbrechenden Hasses vollführt wor
den, vielleicht auch war die That von
langer Sand vorbereitet Wer war
der Mörder und wo hielt er sich jetzt
auf?
Diese Fragen stiegen in Masine aul
und ibre Gedanken beschäftigten sich
noch mit dem Fall, als sie ibren Gat
ten beruntertontmen hörte. Bald dar
aus trat er ein. »
«Guten Morgen,« grüßte er, anf sie
mfchreitend und aab ihr einen Ktiß.;
»Du bast doch nicht mit dem Friibftiick
auf mich gewartet? Jch arbeitete bis
nach zwei Ubr Morgens und werde
wahrscheinlich auch beute bis in die
tieie Nacht zu tbun haben. Sollte ich
nicht kommen, so brauchst Du nicht
beunrubigit zu fein.«
Dann, nachdem er am Tisch Platz
aenonunen und die eingelauienen
Briefe durchaeleien hatte: »Es tbat
snir aeftern so leid. Dich allein zu lat
sen, aber Geschäft ist Geschäft. Und
wirllich. . . ." Er brach den Saß
ab.
Massne betrachtete ibn. Es btitte
nur eines liebenden Wortes von Ratt
bedurft, um alles wieder in’s Geleiie
Du brinaen. War es doch eine echte
siiebexsbeiratb aewesen. Sie bemerlte.
daf- Rack sichtlich aealtert war. Ein
Ulrit bötte ibm sicherlich einen länaeren
Urlaub auf dem Lande verordnet.
Wie wenn ihre Zweifel grundlog
waren und Jact in der That Taa und
Nacht für fte und ibren Jungen arbei
tete? Aber sie zweifelte nun einmal
und blieb bei dem Schluß, die Sache
endlich ins Reine zu bringen. Bis zum
Abend wollte sie noch warten.
Nach einer Weile ging ne in riie
Küche, um Anordnungen sür den Tag
zu tresten. Dann tam sie mit einer
Schüssel voll Blumen herein und füllte
die Vasen damit. Jack bemertte ihre
Anwesenheit nicht· iFr saß im Stuhl
iuriickgelehnt, hielt mit der Linien die
Zeitung vor sich, während er mit dem
Daumen und denIZeiaefinger der rech«
ten Hand in die Westentasche griff
Masine bewegte sich lautlos durch’g
Zimmer, die Blumen in den Vasen
ordnend. Jetzt stand sie hinter ihm
und schaute ihm über die Schulter.
Er starrte in die Zeitung aus den Be
richt über den Mord an MUS· Panie
roh und zog langsam die Finger aus
der Westentaschr. Daumen und Zei
gesinger hielten einen Oval. Jaci
drehte ihn bedächtig um. Die Buch
staben D. P. waren darin eingravirt.
Masine wurde von surchtbarem
Entsehen besallen. Sie wankte und
drohte zu sollen. Mit dem Aufwand
all ihrer Willenstrast sehte sie ihre
Ihiitigteit sort, ohne zu wissen, was
sie that. Die Zunge« tlebte ihr am
Gaumen. Schrecken schnürte ihr die
Kehle zusammen und trllbte ihr den
Blick.
Was konnte sie zu seiner Nettilng
thun? Dieser Gedanke verscheuchte in
ihr alle anderen. Sie mußte Jact sa
aen, was- sie aesehen hatte, und ihm
ihre hilse anbieten.
i Aber kein Wort wollte ihr iiber die
Lippen. Sie wagte nicht, in den Ah
grund zu blicken, der heim Geständnis
seiner Schuld sich vor ihr öffnen:
würde. Doch auch ohne sein Geständ- s
niß wußte sie, daß er ein Mörder?
war. i
Sie wußte nicht« daß jemand übers i
Zimmer ging, bis sie Jack, mit Ueber
rock und Hut angethan, aus der halle
lommen sah.
»Viel1eicht muß ich abreisen; wann
ich zurücklomme, weiß ich nicht,« sagte
er. »Sollte ich einen Boten um mei
nen Coupelosser schielen, so pacle Sa
chen sin acht Tage oder noch länger
hinein, denn in diesem Falle reise ich
über See.«
Er ging und vergaß den üblichen
Kuß. Sie war sroh darüber-, denn
vor den Lippen eines Mörders hatte
sie Abscheu.
Als die Hausthür hinter Jacl in’s
Schloß siel, ließ die Spannung in ihr
nach, und sie sanl bleich und zitternd
aus einenStuhl. Was lonnte sie thun?
Sie wollte nicht hier warten wie eine
Ratte in der Falle. Was thun? Wie
eine Antwort daraus lam ein Geräusch
ihres spielenden Kindes aus dem Ne
henzimmer. Sie mußte fort. Sie
durste ihren Knaben nicht von der
Hand eines Mörders berühren lassen.
Etwa fiins Stunden später hatte sie
die Station Charing Croß erreicht.
Sie versah sich mit einer Fahrlarte
nach der Stadt-. wo ihre Eltern wohn
ten, und stieg in den Waggon.
Im Augenblick, da der Zug sich in
Bewegung setzte, sprangen zwei Herren
ins Coupe. Der eine begann eine
Zeitung zu lesen, der andere schaute
aus dem Fenster. Der Zug hatte schon
London verlassen, da wendete sich der
Herr am Fenster zu dem anderen:
»Verzeihen Sie,'« sagte er, ,,ist es
die letzte Ausgabe, die Sie da lesen?«
»Jawohl.«
Enthält sie einen Bericht iiber die
Be astung des Mörder-s der Mes.
Pomeroh?«
»O. nur eine kurze Notiz,« erwiderte
der andere. »Sie lautet:
Mr. Jack Copeland von der Betei
livesirma Messer-. Kahn cic Smith. der
mit dem Pomerohsall betraut war, ge
lang es heute Morgen, den Mörder
James Holidan in dem Auaenblick zu
verhaften, da er im Begrisse stand, sich
nach dem Kontinent einzuschissen.«
Eine Schnepfenjagd mit Hin
dernissen.
Von LudwigDach.
Wenn man im April die Nachbar
schaft deutscher Bahnhöfe passirt, so
findet man als einen der ausgespro:
chensten Typen von Reisenden sicherlich .
den Jäger vor, der in größeren oderi
kleineren Trupp-Z, bewaffnet und pa
tronenschwer, den fernen Jagdgesil
den zustrebt. Wie im Hochsommer der
Professor mit Regenschirm und
Schmetterlingsnetz durch die Spalten
der Fliegenden Blätter huscht, tote in
Wirklichkeit die großstädtische Hand
werterfamilie mit Kind und Kegel
und den umfangreichen Frühstückspa
cketen sowie der studieneifrige Gymna
siast mit der obligaten Botanisirtrom
mel die Bahnhiise beleben, so ist heute
die Saison der Schnepsenjiiger, die,
mit dem treuen »Trans« zur Seite,
dem Sdreewald Rügen und ähnlichen,
mit Langschniibeln gesegneten Revie:
ren zueilen· Und wenn als Beute gar
einer der immer seltener werdenden
Ietraonem ein mächtiges Natur
dentnial, wie es der stalilblau glänzen
de, sichelraaende Birtbabn und der
mächtige Auerhahn abgeben, in Aug
ticht steht, so schreitet der Grünroct be
sonders stolz erhobenen Hauptes ein
ber, und Miene und Haltung verlän
den. dass sich demnächst die wichtigsten
waidmiinnischen Alte aus braunem
Moor oder der stillen Heidestiiche ab
spielen werden«
Wenn nun fchon der Fragen der
nur wenige Wochen unfreiwilliger
Muße zu Pslegen gezwungen war, den
Wiederaufgang der Jagd mit Sehn:
sucht erwartet, so wird man es begrei:
Fen. was ein solcher empfindet der im
Kriege, in Feindegland, Biichfe nnd
Flinte ein ganzes Jahr lang ruhen
laffen mußte. Der wiedererwachende
Frühling die sonst lauen, dieses Jahr
allerdings recht kühl anggefallenen
Avrilabende im Walde rissen so recht
die Erinnerung an die Ereignisse An
riict· die sich in waidmiinifcher Hinsicht
1871 in Frankreich abspielten.
Das preußische Gardetorpo lag
dort fortgesetzt gerade in den wildrei
chen Gegenden des Landes, welche vor
trefflichen Umstände man aber leider
nicht gebührend ausnutzen konnte. Der
durch hohe Backfteinmauern eingestie
digte, ausgedehnte Pakt von St. Ger
main, dann, beim Beziehen loferer
Quartiere, das liebliche Chantilln,
schließlich die reichbefetzten Eichenspr
ften von Comviegne waren da Etap
pen. die, wegen ihrer vielfeitigen Vor
siige, weder Jäger noch Nichtjäger
jemals vergessen kann. Gerade in den
Tagen fo um die Ofterzeit herum, lag
das Gatdetorps in und bei Chantilly,
dem wundervollen Side, den Prinz
Conde geschaffen hatte, und der da
mals dem her-sog von Aumale gehörte.
Der größtentheils aus Eichen beste
hende Forft ging bis zu den Flußthä
lern hinab, und namentlich nach der
Seine hin, in deren Nähe das Land
ftädtchen Senlis lag. Wie immer in
EIJJ --.· »k- -«.-z-..- --s4 -4-.- --,.- —-, -
der Nachbarschaft reichbesesteiz herr
schaftlicher Wälder, so hatte sich auch
in diesem Orte eine zahlreiche Sippe
von Walddieben eingenistet, die wäh
rend der Belagerung, durch die man
gelnde Zusuhr an Lebensmitteln be
günstigt, ihr lichtscheues Gewerbe mit
besonderem Eifer und auch mit klin
gendem Erfolge betrieb. Die herzog
lichenWaldhiiter waren durch die stän
dige Aufregung, in der sie durch ihre
ärgsten Gegner erhalten wurden, be-;
sonder-s erbost und lauschten nervös
nach jedem Schuß, der durch den stillen
Abend und den hellhörigen Frühmor
gen hallte. !
Zu den begeisterten Waidleuten und
ganz besonders zu den ertlärtesten
Freunden des Schnepsenzuges gehörte
auch der damalige lommandirende Ge:
neral des Gardelorps, Prinz August
von Württemberg Wer war also fro-—
her als dieser hohe Herr, daß er end
lich einmal wieder zum Saume des
feuchten Eschenbruches eilen und der
arauen Langlchniibel harren konnte.
So stand Prinz August einstmals
auch auf seinem Posten, versunken in
den Genuß des wunderbaren Früh
linggabends« wie wir solche nach dem
fiir Frankreich ungewöhnlich strengen
Winter, ungetrübt und von keinem
Wettersturze unterbrochen, vom Be
ginne des März an erleben durften.
—- Da zieht auch schon mit langsamem
Schioingenschlag eine murlende und
auarrende Schnepfe behaglich heran;
und der Schuß, der sie in sprossendes
Gras und duftenden Waldmeister her
ahwirft, dröhnt durch den friedlichen
Wald.
ltaum bat der in helle Waidmanns s
frei-de vertiefte Jäger wieder geladen»
und seinen Stand bezogen. als in der«
benachbarten Dickung ein lautes Bre !
ehen, dann polternde Tritte vernehm
bar werden. Bring Auaust glaubte
natürlich, daß sich einStiiel Rothwild
flüchtig nahte, das in jenen Revier-en
zahlreich steht, jetzt selbstverstänrkich
aber geschont worden wäre. —- Nein!
Aue- dern dichten Tannenbestande
bricht, hochroth vor«3orn und der
Anstrengung des Laufens, ein herzug
licher Wildhiiter der auch dem Prin
gen sofort an den Kragen fährt, um
sich erst einmal seiner lanaersehnten
Beute zu versichern. —- Dann aber
bricht das Wetter loo!
»So habe ich Dich endlich, du
nichtswürdiger Braronnierl Was hast
Du geriebener Kerl mir nun schon den
ganzen Winter über fiir Aeraer be
reitet! Wieviel Nächte habe ich dein
Nacksnliren Deiner Schliche opfern
müssen! Jntmer verstandest Du Dich
mit Deiner Beute in Sicherheit zu
bringen! Jeht kommst Du mir aber
nicht mehr fort; her das Gewehr: und
dann marsch zum Maire nach Chan
tilln." .«
Der Prinz, der den älteren mancher
Leser noch als ein sehr hochaewachse
cer, his ins Alter sehniger und stram
mer Herr hetannt ist, tonnte sich des
nervigen Grisseg des riesigen Forst
mannes taukn erwehren. Veraeblich
traten alle seine Versicherungen, daß
er ein deutscher General sei, und seine
Betheuerungen, daß er im Winter
durchaus nicht das Vergnügen gehabt
habe; das Revier des Herrn Grün
rocks zu besuchen. Umsonst war die
eindringliche Beschreibung der recht
reichlichen anderweitigen Beschäfti
aung, die unseren Helden wartend der
letzten 5 Monate aus der Lliordsrvnt
oon Paris gefesselt habe.
Der Beamte war durchaus nicht tu
überzeugen und lieutelte und schüttelte
an seinem Gegner herum. -
»Glaubst Du, ich lenne Dich arge
seimten Wilddieb nichts Tit ein deztt
letter General? Ich werde Dir saaen
wer Du bist; dann wirst Du Dich
wohl endlich gefangen gehen müssenl
Tu bist der »Epicier« von Senlig,l
der gefährlichste und dabei schlaueste
Braronnier der ganzen Gegend. Duz
langer Kerl mit der aroiien Horn
trillex Du bist ja unverkennbar! —-i
llnd nun vorwärts·« »
»H—n. H——nl« ries der ganz in
Verzweiflung gerathene Print nun
feinem Adiatanten zu. Dieser, eins
ehnso passionirter Jäger, stand auf
einer anderen Echneise, ein Ende von
seinem Chef entfernt. Natürlich hatte
er mittlerweile den Lärm und ihm
noch unverständliche sich in iviithen
der Hast überstiirzende sranzösiiche
Laute vernommen und war bereite
auf der Reise nach dem Orte saec- un
ertlärlichen Vortoininnissess. Ta Ema
er auch schon um die Ecke de-; tneitellg
und sah die iiher alle Beschreibung
tomifche Szene.
»H——n, denken Sie sich, der er
bofte Förster hält mich für den Kräsl
mer aus Senlig und wird immer:
unfreundliche, se mehr ich ihn meiner
Harmlosigleit versichert Helsen Sie
mir mal, ihn von der Wirklichkeit zu
überzeugen.« «
Herr v. V» der mit Jaaotlemunq
nich-i so wohl versehen war wie sein
GneeaL trug seine Militärhosen nebst
hohen Stiefeln und Sporen, und nur
den «agdrock zur sonstigen Kommst
nellei ung. Es wurde ihm also nicht
schwer, dem Wildhiitek die Verhält
niss llatznlegen, der sich denn schließ
lich unter den tiefsten Komplimenten
und Entschuldigungen empfahl, wohl
sicherlich nicht ohne den tiefsten
Schmerz im Herzen, daß er nun doch
nicht zu seinem langersehnten Ziele»
qelommen sei. Bring August ver
sichette dem ,,gaedesotestiet«, das-, er
ihn zweifellos site einen pflichttreuen
und hochachtbaren Beamten halte, daß
et ihm seinen wohl verzeihlichen
Mißgriff durchaus nicht weiter übel-»
Millqu und ermunterte ihn, in der
Wachsamteit siir die seiner Treue nn
vertraute Wilddahn doch ja nicht
nachzulassen Nebendei solle er dann,
in gegebenen Augenblicken, doch auch
nicht vergessen, daß man jetzt Krieg
habe, und daß sremde Truppen im
Lande seien.
»Ja, das thue ich ja auch, Altefse
— aber der verdammte »Epirier«
weiß das auch ganz genau. Und
trenn wir efforstbeamten im Winter
einmal Haussuchuna bei ihm hielten
und ihm aus den Kopf zusagten, daß
er am Abend vorher im Walde ge
schossen habe, so antwortete er uns
stets: nicht er, sondern die »mauditg
Prxkssieng« hätten wieder einmal ge
schossen. Nun. so wird dieser Räu
ber wohl noch öfter weiter tnallen Und
es immer ans die Jnvasion schieben.
Ich werde ihn aber doch bekommen.
Diese spaßksaste Geschichte wird
noch viel komischer-, wenn man gerade
die loyale Persönlichkeit und die vor
nehmrudizae Würde des seligen Prin
zen kannte. Das lomische Exlebniß
machte in sunserezn Lager schnell die
Bunde und erheiterte uns in ernster
;,eit.
Ztvel seltsame Elsas-de
Man schreibt aus London: Einen
ständigen Wohnsitz zu haben, sich dort
aufzuhalten und doch »nirgends« zu
wohnen, dieser Widerspruch ist in Old
England nicht unmöglich« Sogar eine
ganze Insel kann man aus eine solche
Weise besitzen, nämlichsLundy Island,
die aus der Karte oon Europa eine
eigenartig, einzig dastehnde Stellung
einnimmt. Am Eingang des Kanalg
oon Bristol, nur neun Meilen vom
Festland gelegen, wir-d die Jnsel zwar
eo ipso als zu England gehörig be
trachtet, aber die Frage, in welchem
kstegierunggbezirl oder in welcher Pro:
vinz sie liegt, lann niemand beant
ioorten Die Topographen des dritt
schen Reiches haben das tleine Eiland
übersehen. Es gehört niergends hin,
es liegt ,.nowhere«. Die Folge davon
ist, daß der Besiher von Lundn IS
land aus seinem Grund und Boden
der sich iiber 1047 Acker erstreckt, ein
absoluter Alleinherrscher ist« Nie
mandem lzahlt er Steuern, nieman
dem ist er unterthan, teinem Polizei
bezirT nnd leinem Gerichtsbezirt ist
er unterstellt. Das wurde von dem
Auttionator in rosigen Farben ge
schildert, als die Insel vor einiger
Zeit zum öffentlichen Verlauf stand
and dem Meistbietenden zugeschlagen
werden sollte. Aber selbst diese ver
lockenden Einenthiixnlichteiten ließen
den Preis des Eilandeo nur aus still
swil Mk· steigen, und daes schien dem
bisherigen Besitzer siir sein Kleinod
zu gering. So behielt er es denn
weiter, mit dem stolzen Bewußtsein,
,,nire.endg« zu wohn-en. Rächst Lundy
Island ist wohl, vom topographiscben
Standpunlt aus, eine andere briti
scke Insel am benierlengwerthesien,
und dass ist The Land os Liseension
im Ttltlantischen Oeean Hier haben
,ebensalli- weder Steuererheber noch
Polizei oder Gericht etwas zu sagen,
denn diese Insel W so desretirt es
die sllaiiisiiiruna des Reiches —- ist
teine Insel, ist iilterhauvt kein Land,
sondern ein Satisf. Sie ist das Ei
genthum der britischen Admiralität
unt wird in den Listen der Marine
alg Fahrzeug aufgeführt und zwar
urer Gefolge eines Kriegsschiffes ge
hörig. Die Verwaltung wird von ei
nem Marineossiiier aesiihrt, nnd nicht
nur die :l,llannsehasten. die aus AS
eension Island stationirt sind, unter
stehen den aleiclven Vorschriften wie sie
In Bord der Flotte in Geltung sind,
sondern auch ans lsioilnersonen sin
den diese Vorschriften in gewissem
Grade Anwendunm Denn ol« sie auch
festen Boden unter den Füßen haben
Jeniiisz der Generalstabsiarte deSBri
tischen Reiches befinden sie sieh »ein
Bord«. Vielleier sollten sie auch von
Nest-is wegen seetrant werden«
.-..---—. O-— —
Der andre Mensch.
»Wilhelm. warum trintst Du denn
immer zwei Schnäpse?«
»,Ja wenn ich einen getrunken ha
be, bin ich ein aanz andrer Mensch
nnd warum soll der andere Mensch
nicht auch mal einen trinken!«
Zu nale Verwandtschaft
Junaer Mann san dem Balle zu
seiner Tänzerinx »Wie ickp soeben er
fahren, bin ich ja ein ziemtkrb naher
Verwandter von Ihnen, Fräulein!«
Fräulein: »Schön — aber des-halb
brauche-n Sie mir nicht ans die Zehen
zu treten!«
Das Lied vom braven Mann·
Lehrer: »Wir wollen heute ein Ge
dicht kennen lernen, das von einem
braven Mann handelt.«
Fritzchent »Ach. Herr Lehrer, das
tenne ich schon von meinem Vater.«
»So? Na. das ist hübsch von Dei
nem Vater, daß er Dir solche Ge
dichte vorliest. Weißt Du auch noch,
wie es anfängst?«
»Ja: Wer niemals einen Rausch
gehabt, der ist rein braver Mann!«
Ver-rathen.
Brüsderchem »Cmma. Du kannst
doch im Danieln sehen wie eine Katze!
Komm, bitte, lehre mich dag!«
GmmaI »Ich kann doch nicht im
Dunkeln sehen! Wie kommst Du da
raqu«
»Natürlich kannst Du das! Wie
konntest Du sonst unten im Flut-, wo
-es stockdunlel war, sagen, daß Herr
LMai-r hätte vergessen, sich zu rast
ren.'«
Zins-m Orissfthuu.
—
»- «;.-,,O.«, - .
Herr Schulze: »Deinen Sie »das
Unglück, Herr Nathan, meine Tochter
ist mit meinem Kassirer durchge
brannt nnd hat 50,000 Matt mitge
nommen.« ·
Herr Nathan: ,,Haißt e Glück!
Wenn durchgeht der Kasftrer mit sde
Tochter, die tainer genommen hätt’
unter 1()0,000 Mart.«
Umschriebem
Sonnnerfrischler: »Ihr Mann sitzt?
Ja warum dienn?«
Bauerin: »Der hat afeuriges Tem
p’ramentt«
»Ja, ioieso denn; hat er jemand er
schlagen oder gestochen?«
.,Dög nett Abr voriges Jahr hat’s
bei uns dreimal ’brannt!«
Unter Bettletn
»Mit der Höflichkeit kommt man
wohl noch immer am weitesten.«
»Nicht immer. Neulich spielte ich
den Taubstummen und bekam von ei
nem Heer fünfzig Pfennige. Jch
sage: »Danle, Herri« Da läßt er
mich sestneshmen!«
Unbegkeiflich.
Der Schuster hinten an der Ecke
hat Konturg angemeldet. Daß dieser
Mann nicht existiren tonnte, ist mir
ein iliäthsel!«
»Heute er denn viel zu thun?«
»Ich bitt’ Sie — wir allein sind
ihm ja zweihundert Mark schuldig!«
01iinstiq·
Arzt: »Sie dürfen nur ganz be
stimmte Speisen essen!« ’
Patient: »Das trifft sich gut, mei
ne Frau tann auch nur ganz bestimm
te Speisen kochen«
Stasrdcsgkntäß.
Der kleine Moritz Wotabeln ler
nend): »Menfa Menfae der Tisch.«
Papa Konnnerzienrathx ,,Llltorit3
chen, bei uns heißt es nicht: der Tisch,
sondern die Tafel!«
Selbstverdächtigung.
Herr lzn einem Bewerber): »Ich
kann Ihnen nicht viel Hoffnung ma
chen, denn meine Tochter scheint nicht
viel Von Ihnen zu halten«
»Unmöglich! In der kurzen Zeit
kann fie mich doch gar nicht so genau
kennen gelernt haben!«
Merkwürdig.
Herr lzu einem Brauknecht, der
feine Pferde hält): Sind Ihre Pferde
immer fr- nnrnhig, wenn andere Pfer
de in die Nähe kommen?
Brauknecht: Nur wenns Rösser
von der Konkurrenz fan!«
Zustimmung.
Ll.: Es ist doch schön, wenn man
verheirathet ist, die Frauen wükzen
uns erst das Leb-en!
B.: Ja, meine Frau bat mir das
Leben gründlich versalzen!
Unverschämte Franc.
Fran: »Dieses Kleid schenke ich Ih
nen, Filum Ich habe darin meinem
Manne so sehr gefallen daß er mich
heirathete«
JJckiichent »O, wird es dem gnädi
qen Herrn nicht ’ne unangenehme Er
innerung sein« wenn ich diese-Z Kleid
tragen werde ?«
Seine Hochzeitvrcisr.
Its- Lj x
,,Wo hast du denn deine junge
Frau?«
Professor (erichteckt): »MeineFraui
Die muß ich in Gedanken irgendwo
haben stehen lassen.«