Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 31, 1908, Zweiter Theil, Image 12

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    City-Marsyas vson Tor-gi
»Im
O- Qarl Friedrich Heit
Manch
ZU die Sonne langsam· hinter die
M Iichienwipsel sank und von de
Is langen Radeln getitzelt wurde
W sie schmunzelnd, wie man es
W is den Bilderdüchern der kleinen
W sieht, und bemühte sich nach
--,Irssien, zum Gutenachtgruß alles mit
einem schönen rothen Schein zu färben.
idamit der Name des ,,dlutigen« Tan
« pahsom wie der Louisianer diesen
heil seines Landes zu nennen pflegt
sichs ganz ohne änßerliche Berechti
gung sei. Friedlich nnd unblutig ge
nug sah es sonst in dem kleinen Orte
aus. Die sandigen Straßen waren so
mächtig breit und lang und die Häu
ser an beiden Seiten so spärlich und
niedrig, daß mehr der Eindruck des
tssrnen Landes erweckt wurde als der
einer kleinen Stadt. Wenn ein Haus
chen um vieles verwahrloiter aussah
als die andern, so war zehn gegen einst
wetten, daß es einem Jrländer geq
Krie; war eins ein bißchen schmucker!
und geräumiger als die übrigen. sol
Var der Besißer mit ähnlicher Wahr
heinlichkeit ein Deutscher.
Unendlich und unnöthig lang reckten
die Straßen sich in die Wildniß der
Mlder und Sümpse hinein. Wo die
sehr reichlichen Straßenköter noch
reichlicher wurden und die spärlichen
Häuser noch spärlicher und ärmlichen
sit zerrissenen Säcken als Vorhang
Anstatt Thüren, wo die kleinen schwar
«Pickaninnis« mit einem spitzt-ü
Nchen Waschbiiren herumspielien
Lug es aus enger werdendem Wege
rch die Fichten, zuerst trocken und
seit weiten Abständen zwischen den
Geistern mehr an den Berliner Gru
Ieissld erinnernd als an subtropische
Ewigkeit dann wurde es feucht und
niedrig. Schlingpslanzen krochen wire
an den enggedriingten Stämmen em
por, das spanische Moos hing lang an
den Zweigen herab, und der Nord
Inder sand ein wenig von dem, was
er vorn Süden erwarten zu können
staut-te
Ein paar Dukend Schritte abseits
kirrte Sägmühle, aus einem beschei
tm hager mit hübsch-m Ausbu
Iber den Fluß, schimmerte etwas Wei
sei mit einem leuchtenden Mittel
punkt: ein Masselinschleier, der gelt
sttigj an vier Stangen ausgespannt
par und Raum siir einen Tisch und
ein paar Stühle und Schutz gegen die
permaledeiten Moskitos bot. Drei
perren saßen um die Windlampe
sagten ab und zu unter den Tisch
nach dem Sydhon und der Wink-ty
slasche und guckten in die mandhelle
Ihendlandschast hinaus, die sich, durch
die seinen Schleiermaschen gesehen, wie
eine Illustration in einer billigen Zei
tung ausnahm.
«,,Deubel noch mal,« sagte der Herr
M Deutschland, »heute beißen die
aber wieder mal toll!« Und
sit tlatschendem Flachschlag in den
Mir versuchte er einen der winzigen
,-Mgeister zu morden.
»Bish, so’n kleiner Stietersi Müssen
In übrigens selbst mit reingebracht
Eben. Jch hab ihn nicht eingeladen«.
Adelte der Aufseher der Sägemühle
ils-d stimmte eine behäbige Lache an.
f, ,Js’t ja ne ganz nette Gegend,'«
shvminte der Deutsche, »bis aus —«
E »Sie Dutchy«, unterbrach ihn der
Doktor und tnusste ihn in die Seite,
«sehen Sie mal dahin, nach der Stra
s. Wissen Sie, wer der Mann ist«
r dahertommt?«
Alle kai Wien nach einem verbind
Garn Mann mit rohen Gesichtszügm
Ils- der tlegelhoft durch vie Fichte-i
Jahjnschlurstr.
i
«Nee.«
»Der hat voriges Jahr zwei Män
ner todtgefchossen.«
»Feiner Kunde,« meinte der Deut
sche und sah ihn sich genauer an.
»Ja, einen Nigger und einen Jri-;
- n. Die Riggerei bat keiner gefehenzT
, irische Geschichte Tutzende, aber
kleiner wollte Zeuge spielen, bloß unser
scitlyMarschaC die tleine Kröte, rig
Utte es. Hat aber nichts geholfen. Er
Lende trotzdem freigesprochen, wegen
EUMgter Nothwehr.«
j «Donnerwetter, was ’ne Schweine
ksuti Keine Zeugen? Warum denn
EMK Und warum hängt Jhr so'n
Bett nicht anfi«
i» »Ist-Im LWie würden Sie es glei
F wenn einer seiner Freunde Sie
« di durch die «Shutters« voll
pumpt?«
-sch herrje, das sind ja Räuberge
" L« lachte der Mann aus
« ungläubig.
sc Sir,« erwiderte der Doktor
I fe. Und auf den Smiih, den
s, hat er’s seit der Zeit abge
so ifi er Ihrigen-? Gewöhn
BI ee ihn nach Dunkeln-erben
-" seit aus den Augen«
« he entei, Doctor,« rief der
Hinw- schkie ve- Arzt.
Jus nnd winkte mit den Armen,
in««8w.i;ifwntå:m heran
« M des-Fittichen Inst-,
» du Wiss-I ettk M
das Innere bineindrehtr. Es war ein
kleiner. magerer Mann mit scharfen.
grauen Augen, grauem, schütterigem
Kinnbart und schnellen, entschiedenen
Bewegungen Mit einem höflichen:
»Good Evening. Gentlernen«, ließ er
sich nieder.
»Na, Smitb. können Sie sich noch
immer nicht von Ihrem Freund tren
nen?« meinte lächelnd der Arzt.
.Well, Doctor,« erwiderte Smitb
und stockte, mit einem Ruck rückwärts
seine drei Finger Whistyf hinter die
Binde gießen-, »man besser sieht sich
vor, he? Wenn’5 duntel wird. hab ich
denRiicten des »Son-os-a-Gun" lieber
vor meiner eigenen »Gun«, als daß
sein Schießeisen nach meinem Buckel
schielt.«
Der Doktor, der seine Leute kannte,
zwinterte verschmitzt mit den Augen
und sing an zu sticheln »Sie
Smitb. unser Freund biet aus
Deutschland ist mit unserm schönen
Louisiana und besonders mit dem;
milden, sänitiglichen Iangivatioal
nicht recht zufrieden. Besonders un
sere Ehrechtigteitspilege behagt ihm
nicht. Er sagt, sie sei «rotten«. In
Deutschland toiifs bei weitem sei
ner.«
»Dottor, Sie übertreiben«, verthei
digte sich der Angegrissenr. «mir ge
fäll« recht gut hier. Aber Verschie
tenes ist saul im Staate Louisiana.
Und dazu gehören die Mostitos, eure
Behandlung der Neger und das Lun
chen. Daß ihr teine Zeugen und
Jury zusammentriegt, um einen Kerl
wie den von vorhin zu verurtheilen
kommt doch im Grunde davon ber,
daß auch die anständigen Leute Ge
setzlosigleiten wie Lnnchen und »Wbite
Capping« in Schutz nehmen. Unrecht
gebiert Unrecht, eine alte Geschichte.«
«Das verstehen Sie nicht, Sir«.
erwiderte der tleine City-Marschall
ganz respektvoll, aber bestimmt und
ein weni unaeduldig, »ich bin zwar
insDeutchland geboren, war aber
ersi vier Jahre alt, als ich ’riiberiam
und glaube, daß ich ebenso viel Recht
bade, mich einen »So-Mieter Gentlek
man« zu nennen als irgendein ande-«
ter. der hier geboren und großgezogenl
ist«
»Of course, Senith«, fchaltete der
Aufseher ein.
»Die Nigaer find all right«, fa
lange sie in ihrem Platz gehalten wer
den. Wenn so’n «Son-of-a-Gun«
aber so’ne Scheußlichteit begehn was
bleibt uns übrig, als ihn aufzubum
meln? Das Gericht? Pshatvs wenn
der Kerl einen politischen »Pull« bat,
kommt et immer wieder los. Lnnchen
ifl all right, Sir, und meistens noch
viel zu gut fiir die «Rascals«.«
Recht habt Ihn Smitb!« pflich
tete der Aufseher wiederum bei.
»Nein, Herri« rief der Deutsche ein
wenig di ig, »das heißt im Kreise
herumlau en. Unrecht » auf Unrecht
gesetzt, macht noch lange tein Recht.
Das ist feine mathematische Aufgabe,
wo zwei Minus multivlizirt ein
Pius erarben. Laßt die Richter und
die anständigen Leute ihre Pflicht
thun, das ist das einzige Mittel, Bes
serung zu schaffen. Warum geht's
denn in Deutschland ohne Lnnchen
und überall fonsttvoi«
Der Konstabler guckte die Achseln
und brummte: «Da gibt’s auch teine
Nigger und, anyhotv. es wird drüben
auch wohl nicht heiser sein.«
»Es ist aber besser,« beharrte der
Deutfche.
»Shucks! Warum kommen denn
alle hier rüber?«, sagte Smith kurz
und stand auf, »well, ich besser aeh’
heim und seht nach meinem Freund-"
»Noch einen zum Abschied, Mar
fcball«, begiitigte der Doktor, »Proft!«
Der Aufseher schloß.sich dem Klei
nen an und verabschiedete sich von
den Zurückbleibenden «’d'Evening,
Gentlenten«, wünschte der Konstabler
und gab beiden fest die hand. »Nichts
fiir ungut, herr«, fügte er höflich hin
zu, »und einen angenehmen Abend."——J
«—
»Weil, wie qesällt Ihnen unserr
City-Marschall?« lächelte der Arzt,
als er mit seinem Freunde allein war.
»Dosten eins macht mich noch im
mer wild, so lang’ ich hier schon bin'«,
sagte der Deutsche. »der Kleine ist ae
miß ein braver, tüchtiger Mann. Aber
das verdammt schnelle Umlrenipeln
der Nationalität acht mir aeaen den
Strich. Und gerade wir Deutschen
baben es Der Franzose der Italie
ner, der Jrländer, der Schotte sie
alle halten an ihrer Eigenart fest. «
»Weil, ich weiß nicht —«, und der
Arzt wurde nachdenklich und steckte
sich eine frische Cigarre an. «es sieht
swohl nur so aus. Sie müssen nicht
ver essen, daß die alten Knaben, wie
un er Smith, noch aus einer seit
stammen, da Deutschland keine na to
nale Selbstsiändigteit hatte. Warten
Sie mal die kommende Generation ab
Da tot-W anders werden Vielleicht
sogar des Guten zuviel nach der an
dern Seite. Zuweilen glaube ich, .
schon seit was davon zu wertenf I
»Jatvolsl, gewiß doch, aber tros
dern. Sehen Sie eine der stärksten
nationalen Eigenthüinlichteiten des
Deutschen ist seine Achtung vor den;
Gesem. Der deutsche Micheli iider
den selbst in der heimatls so viele
Æe und schlechte Wise lau-acht wer
Aber ob gut oder cht rings-.
recht sind sieh Denn IT age Ihnen
Doktor, tnng vor den
stadie diStätte nnd morali
ä astst des Dentscksem die ils- zu
erstes Voll der Erde machet-I
ask-e,tie«s««mpelsc««««
amerikanischen Patriotiiinus an.
Feine sange«. lächelte er, alt er das
ein wenig oerlegene Gesicht seines
Gegenübers sah, »ich bin ja zur sel
ben Zeit ein guter Deutscher. Und
ich glaube, daß dies Gerede vorn
schnellen Verlieren per Rationalit t
mit größerer Vorliebe als Berechti
gung wiederholt wird. Zum Beispiel
Freund Smith. ein ganz samoser
Kerl ilbrigens. hören Sie mal u
was er im vorigen Jahr ausgesregen
bat. —- Sie haben noch lein Lyn en
hier mitgemacht, wies«
Der Deutsche schüttelte den Kopf.
»Na. da haben Sie auch nicht viel
versäumt. Schön ist die Geschichte
nicht. Jch bin ja schon fünfzehn
Jahre in Dixiex meine Praxis, wie
Sie missen. ist in New Orleans, aber
I im Sommer bin ich immer ein paar
s Monate auf dem Lande« wo Sie der
gleichen natürlich leichter zu sehen be
kommen als in den großen Stadien.
Uebrigens ist es noch gar nicht so lange
her als sie inNeiv Orleans eine gan
Gesellschaft Jtaliener an einem Nach
mittag mitten in der Stadt lonchiern
Das liegt den Menschen hier eben im
Blute.'« Und der Doltor erzählte:
»Alle itn vorigen Jahr works ich
saß gerade zu hause und spannte
meine Angelichnüre zum Trocknen
auf, als meine alte Flieget-Köchin
halb blödsinnig vor Aufregung —
und Sie wissen, wie unendlich dumm
NR schwarzes Menschenkind ausse
ben kann. wenn es aufgeregt ist —
in die Yard gerannt lanr mit der
Nachricht daß Mei. Ilerning von er
nern «No’count Niggab« Tiber-fallen
worden iei und daß die ganze männ
liche Bevölleruna der edlendauptstadt
des blutigen Tangidadoa sich bewaff
net habe, um lärnmtlicheilegerspab
zumurksen Nun kannte ich die Frau "
Flerning. die von einer derartig pkg
nomenalen häßlichteit ist« daß r
Gedanke, sie hätte erotische Gefühle
erweckt. wenn auch nur in einem
»Ro'count Niggah« mir so tomisch
vorkam, daß ich unwillkürlich lachen
mußte. Aber, wie gesagt. mit den
Schwarzen ist das so’ne Dache, man
tann wirtlich nie wissen —. Nun
wollte das Unglück. daß geradeMarkts
tag war. Im allgemeinen sind die
Leute hier in ber Stadt ganz ruhig
und anständig. Der schlimme Nu
des »blutigen« bezieht sich mehr au
die «Parish" (Kirchspiel), die densel
ben Namen führt, als aus den Ort.
Aber rundherum wohnt wirklich eine
faule. verkommene. gottoerlasseneBam
de. Wenn Sie den Kerlen siir ein
paar Dollars Schnaps zahlen, so
glaube ich wahrhaftig, daß sie Ihnen
einen Nigger zum Spaß lnnchen. An
den Marittagen ist der Ort voll von
dieser Sorte. Und auch das ist lei
der wahr: wenn der Mob erst mal
losgelassen ist, io verbaut er gern ie
den Schwarzen, der ihm in den Weg
läuft. Und wenns noch immer beim
Verpriigeln bliebe!
Draußen gingen schon munter ein
zelne Flinten los. Meine gute Alte
war vor Angst halb außer sich. Jch
beruhigte sie, so gut ich konnte und
ging aus die Straße. Meinen Revol
rer ließ ich zu Hause. Mit Gewalt ist
da nicht zu neuern. Wenn überhaupt,
dann nur mit der Autorität, die Er
ziehung und Intelligenz gibt. Thier
bändiqersMethoden Freilich, wenn
die Biestee erst mal Blut geleckt haben,
ist die Methode auch nur soso. Die
Blutbunde an der Leine, schob dieGes
sellschast mit Radau ab. Wie das
immer bei derartigen Anliissen der
Fall ist, hielten sich die respettablen
Leute zu hause. Ner, mein Lieber.
Feigheit ist das nicht. Sie kennen
die Menschen hier noch nicht genü
gend. Ganz nette, gutmiithige Leut
chen, aber wenn sie rabiat werden, so
schießen sie Sie in aller Nettigteit uns
Gemiitblichkeit mausetodt. Izu Dau
bleiben ist das Vernünstigste. Den
Unsinn verhindern können Sie doch
nicht« und was sonst hätte ein an
ständiger Mensch aus der StraßeJ
verloren?
Weshalb ich rausgina7 Tja wahr
scheinlich weil ich ein Narr war Man
ie! n daß der Deutsche in mir wieder
mal raustroch Ich suchte unsern
MarichalL lonnte ihn aber nicht tin
den. Die Lynchlustigen waren schon
alle auf dem Kriegsviade Die be
sonnenern und vernünftigem Leute
erzählten mir, was vorgegangen war.
Frau Flerniq hatte hinterrücks eins
auf den Schädel gekriegt, war ohn
rniicbtiq aeworden. aber ehe der Lump
seine Absicht ausführen konnte, waren
Leute hinzugekommen und hatten ihn
verscheucht Keiner hatte ihn aenau
gesehen, und die Fleming wußte von
nichts. Der Verdacht hatte sich auf
einen Neaer Namens Nobinlon ge
lenkt. Wie mir schien, ohne beton
dern Anhaltspunkt, nur aus dern all
gemeinen, daß der Kerl irn großen
und ganzen ein .·schlechtei Subiett«
war. Und nun zeigte sich ein Stück
merkwürdiger Massenpfychelogte, das
oft beobachtet werden kann Die
heerdenrnen nlge hüpfte mit leichtsinni
en Gedan nspriingen zu Schlüssen,
te ein jeder einzelne sich getchärnt
hätte zu erreichen, und to hätte ein
jeder darauf geschworem daß Rubin
ion der Attentöter set. . hielt den
Kerl, troidem er ein Jan yelz und
» Tougenichts ist, tin allgemeinen zwar
fEirt harmlos, aber wahrhaftig,
Idegern kann man nie ganz sicher
seiU«lle versteh-ten mir aufs be
immtsefth des Sinkt-l- ntcht mit dem
Its-M let bott- scheu
glitt-set II dieser
»F- isten
MU- UII· ist LIM Ists
s
l
er immer genau so essen e it wie
eben heute Abend. Eine Miste-n
de verging, eine halbe, und stehe da
—- tver tonitnt arn andern Ende des
Orts here- dazietti Mr. Streich
TItyiMarscha of Tangipahom und
Zwar vor sich hertreiben den Rot-in
on. Der Schroarze zitterte erbärm-;
lich vor Angst, der Pistolenlaus inW
Kreuz gepott, schien ihm nicht zu be
hagen. Hob de Lan-NO Sah Ma
sdal«, bettelte der arme TeuseL »ich
bin’s nicht gewesen. Bringt mich
nach Amite, laßt mich nicht hier. Die
Kerle kriegen mich sonst.«
Smitd war turz angebunden, ant
» wortete dem Schwarzen aar nicht und
aus unsere eisriaen Fragen nur ver
dammt einsildig. Den Nigaer sperrte
er in die Jail. Sie kennen die verrots
tete Bretterdudr. Ein Zieaenbock tann
die Thiir einstoßen. Jch fah den
kommenden »Troudte« io deutlich wie
Tageslicht und versuchte das bessere
Element anzustaebeln dem Mal-scholl
bewaffnet Hilfe zu leisten. fand aber
wenig Gegenliebr. Es ist wahr, teiner
dertdeidiate das Lnnchen; teiner von
den Zurückgebliebenen wollte attiv
daran theilnehmen, aber sich dageaen
stemmen wollte auch keiner. Die
Stimmung war lau und q!eichgiltig.
Lnnchen ist nicht recht, gewiß nicht,
aber annimm, detnRigger kann's nicht
schaden. Das ist die Logik des Sti
dens, aus die Lnnchsrage und auch
sonstwo angewandt Das verdammte
anudotvl Sie glauben gar nicht, fiir
«tvie viel Unheil in den Vereinigten
Staaten dies kleine Wort die Verant
wortung trägt. und besonders dier irn
Süden. Jch that das einzige. was ich
thun konnte, und trlephonirte nach
Umite um Soldaten. l
Es dauerte nicht lange so kamen
die ersten von der Suche zurück. So
bald sie erfuhren, daß der Nigger ge
fangen sei, galoppirten sie heulend
wieder ab, um die andern zu benach
richtigen. Und bald darauf lam die
ganze Bande diesen Weg da unten jah
lend und schreiend entlang. Freuden
schiisie abseuernd und rannte schnur
stracks nach der Jail. Von drinnen
hörte man den Neger jammern und
laut beten, draußen aber stand Smit3«
sehr ruhig und schweigsam, aber mit
einem verzweifelt entschlossenen Blick
tauchte seine Pfeife, und hatte in jeder
hand einen mächtigen »Co1t«. Jn
respettvoller Entfernung, der zu er
wartenden Schieszerei wegen, stand die
iibriae Bevölkerung, Männlein und
Weiblein, die Frauensleute natürlich
hysterisch, alle interessirt, aber passiv.
«Bully, old Sinith! hurrah for
Smiib!" schrie die Gesellschaft« «gib
den halunten raus, old Man; mach
leine Faxen. ’j ist all right!« Doch
Smitb ganz ruhig, aber init einer Be
tonung, die die Begeisterung bedenklich
dämpfte, sagte nur: »Sie-nd baa!«
Und zuriiel gingen sie. Die Schreier
sahen sich gegenseitig an. lachten unge
wiß, und probirten es dann ein wenig
ruhiger. «Mach teine Dummheiten,
Marschall. Wir thun dir nichts. Nur
das schwarze Luder wollen wir und,
«damn it«, wir kriegen ihn auch.«
»Abwarten.'· sagte Smith, immer mit
demselben ruhigen, aber entschlossenen
Ton.
»See here, old Man, what’s the
use! Geh weg da oder, verdammt noch
mal, wir schießen.« Ruhigere wandten
ein: »Jmmer sachte, Jungens, ’t geht
auch so. Smith, du weißt selbst, der
Kerl verdient es. Gib ihn raus. Was
willst denn du gegen uns alle? Mann,
wie oft hast du selbst gesagt, die Lum
pen verdienen das Lhuchen!«
Alles zu seiner Zeit," sagte der
Marschall, «vielleicht an eurer Stelle
ihiit ich wie ihr. Aber an meiner
Stelle thu ich, wie ich thu. Jch will«
—- und hier brach die Erregung bei
unserm Freund durch und er fluchte
ganz bedenklich, »ich will dies und
jenes sein, wenn ich nachgeb’. Jekt
bin ich Marschall. Meine Pflicht i .
den Rigger abzuliefern, gesund und
heil. Und abliefern werd ich ihn und
wenn alle gegen mich anheulen.«
Nun verloren die Leute die Geduld.
sie wurden ärgerlich. drohten heftiger
und ich sah deutlich. dass in den näch
sten Minuten die Revolver ·lstgehen
=
s--f
würden. Kam es erst zum Sanesen
so war die heile Haut unseres guten
Smith keinen Psisserling wertb. Den
Neger zu retten sah ich leine Möglich
teit. Die Bude, in der er saß, war
nach allen vier Seiten zu stei, und ein
paar Fußtritte konnten die morschen
Bretter aus der Rückseite mit Leichtig
teit eintreten. Was die Menge noch
zurückdielt, war Ueberraschung und
Uneinigteit. Allen, wie auch mir, war
das entschlossene Auftreten des Mar
schalls vollständig unerwartet gekom
men. Aber ich tonnte fühlen, wie die
Streiterei ndchließ und wie der Geist
der Gewalt sie schnell einigte. Jch
drängte mich durch die gestitulirende
Menge und redete dem Smitb zu,
nachzugehen. Widerstand hatte wirt
lich teinen Zweck.
.Der Alte gab mir jedoch nicht ein
mal Antwort. Plöylich aber ries er
laut aut: »heillo, ihr Sehr-ethisle
haltet mal das Maul! Ich will euch
was sa n. br seid alle verdammt
entschl ene rissen-. bei Oder
glaubt wenigstens es zu sein. Well, so
glaub ich. hört mich an. Der beste
Mann soll den Nigger stiegen. Seid
lbr wirklich so mächtig entschlossen, so
last es euch auch trat kosten. t wie
tsch, and ihr sollt euren Willen den«
Und damit steckte er seinen Revalder
in die holster. nahm seine Pseise — ich
kannte das Ding gut, eine richtige alte
«Dutch Vipe« mit einein-Porzellan
slapß aus dein eine Ansicht don Da
detsleden gemalt war —- dielt seine
linte hand flach ausgestreckt und
schüttete den glühenden Tal-at hinein.
Die Schreier verstummten und sa
hen erstaunt den Kleinen an. Die
Haut sprang aus, das Fleisch ver
sengte, er adet hielt die Fand steis und
unbeweglich, als wenn ie aus Stein
wäre. Die Leute drängten sich zu
sammen und glotzten verwundert nach
dein seltsamen Anblick din. Mir ging
allerlei durch den Kopf in den Mi
nute, und ich war wie besessen von dem
psncholagischen Problem, so daß ich
kaum an die Schmerzen des Mar
schalls dachte. Die stumpsen Gehirne
der Leute waren, wie die sast aller
primitiven Menschen, nur sähig, einen
Gedanlen mit einem Male zu fassen.
Bis fest hatte nur die sixe Idee des
Lnnchens in ihrem Schädel Platz ge
habt. Wie aber bei allen Primitiven.
war die Stätte des einzigen Gedan
kens und Vorsatzes größer als bei ge
bildeten Menschen« deren totnplizirtere
Jdeenassaziatianen die Stärke verthei
len. Daher die Gefahr sür den Neger
und unseren Freund, der durch teinel
Gewalt hiitte erfolgreich begegnet wer
den tönnen. Durch teine Gewalt, aber
wohl durch eine neue Jder. Und das
hatte der Marschall unbewußt durch
diesen Scävola-Trick erreicht, trohdem
er sicher nie von dem alten Römer ge
hört hatte. Und wie Porsenna, so ging
es auch in Tangvivahoanern. Für eine
Zeitlang imvonirte ihnen die G öer
dieser Entfchlofsenheit und Wi ens
traft so sehr. und das Vorkommnis- er
schien ihnen so seltsam, daß sie genug
zu thun hatten, die neue Jdee in ihrem
blödenGehirn unterzubringen, und daß
die alte des Lvnchens darüber bei
seite gedrängt wurde. Für eine Zeit
lang, denn dauernd freilich hätte die
Stimmung laum angehalten, aber in
einer Stunde waren die Soldaten da
und brachten den Neger sicher nach
Amite. Uebrigens war er unschuldig,
konnte sein Alibi nachweisen. Der
Schuldiae wurde ein vaar Monate
später in Houma von Rechts weaen
aufgelniivft wegen eines ähnlichen
Verbrechens und belannte vorher auch
diese Geschichte
Now, mn dear Sir, feine Pflicht
erfüllen. wenn sie mit unserer Nei
gung und Ansicht übereinstimmt, lann
jeder Schafston. Aber feine Pflicht
thun, schlicht, hart und steif, tha« it.
Und ich alaube wahrhaftig, Smith
hielt den Nobinson fiir schuldig und
im Grunde svmnathisirte et mit den
Lvnchern. Und darum lassen Sie ibn
und die andern Deutschen ruhig
ouafseln. TalL tali, wenns nur da
rauf ankommt, sieben sie doch ihren
Mann.«
»Dottorchen", rief der Herr aus
Deutschland beaeiftert- »der lleine
braune Kerl ist ja ein veritabler
Held«
»Of course er ist. Die Narbe an
seiner band ist so ehrenhaft wie» ein
Säbelbieb in einer siegreichen
Schlacht.«
«hut ab, Doktor, ich lomme Ihnen
als Vertreter des Citv Marschallz
von Tanaivahoa drei Finger!«
»Ich aeitatte mir, Ihnen nachzu
lommen«, sagte der Arzt. »Pros!t!«
llnd dann blickten beide schweigend
in die blaue SommernachtLouisianas
hinaus, das Bild der alten heimatl
reate sich in dem Deutschen und dein
Ameritäner und machte ihre herzen
warm, so daß sie sich freundlich in
die Augen sahen.
Gutes-lieben
. Mußt D’, Hansl, mit der
Viehcviribschait isö nir mehr —- i
ira; kni ieht auf d’ commerfriich
ek·«
seien Zusamt
»So, das Gebiß paßt vortrefflich,
nun versuchen Sie einmal, ob Sie da
mit sprechen lönnen!«
»Ach ja, herr Doktor —- ich kann
das Gebiß vorläufig nicht bezahlen!«
Gebildet.
»V» zehn Jahren itandenSie schon
biet, Angeklagtet. Wie ich also Jede,
sind Sie immer noch der Gleiche.·
»Der here Borsipende haben sich
auch ausgezeichnet conservirtf
Ein kleiner Schimerser.
Mutter: »Wie, Du bringst die zebn
Pfennige wieder zuriut —- bnii Du
den Brief denn nicht auf egeben?«
Der tleine Peri- Osch ich bab’
ihn aber schnell in den Zeiten gewor
sen wie derbe derr Posttneifter grob
nicht berstet-out hat«
Weit-esse W
Karl n("bei einein Spaziergange
durch be nstabty «,’Sas mal Ma
ine, waruin regnet eee eFentlichW
Mannn Damit die luinen wach
len und bie Mie, die Du so gern
Kerlchen: Aber Darum r net es
dann eui den Steusenk es
Bauer und Bade-.
Von V. Mart-.
Der Niedeedofbauer und der Hader
können sich von jeder nicht t tei
den. Am lesten Sonntag da ein
Streit im Gasthaus das bisher nur
unter der Asche glimmende Fitnkchen
ihres Hasses zu lodernder Flamme
entfacht. Jeder hat f vorgenom
men, dem anderen bei er er Gelegen
- heit etwas am Zeuge zu litten
Es ist daher dem Mednhoidauern
doppelt satal, ais er heute früh mit
heftigen Zadnichmerzen ern-a . Die
Aussicht, sich den kranken Za dont
Bader entfernen lassen Ja miissen. ist
fchaudererregend. Wie le cht iann ihm
der Feind, die prächtige Gelegenheit,
seine Rachiucht zu stillen, wahrneh
mend, statt des trinken ein paar kern
geiunde Löhne ausreißen.
Der Mederbauet hofft, daß die
Schmerzen wieder vergehen werden;
aber das Gegentheil ttit ein, sie neh
men im Lckuie des Vormitta s immer
mehr zu. Der Geplagte ist schlie Iich
halb wahnsinnig. kann nichts anans
gen und der Gedanke. den er anfäng
lich mit Grausen zurückwies, nimmt
immer iettere Gestalt an: er mu
zum Baden Der Weq zur Stadt i
meii, deute ift’s dafiir zu spät un
bis morgen — die ganze Nacht din
durch —- maa er die Qual auf ieinen
Fall mehr ertra en.
Der Niewrwsbauer saszt also den
heraischen Entschluß. es ist am Spät
nachmittag, zum Bader zu gehen.
Ader gehörig Muth trinlen muß er
sich vorher. Er vertilgt zunii , was
er an Alloholila im Baue hat.
Dann be ibt er sich aus den Leidens
meg. A s er am Gasihaus vorbei
tommt, denlt er, es tann nicht scha
den, sich noch mehr Muth u trinlen.
Er aiesrt rasch nacheinan r allerlei
Schnitt-se hinter die Binde. Die Wir
tung dieser Mischung ist fabelhast.
Der Riederhasbauer befindet sich bald
in einer Stimmung, dasz et ihm nicht
daraus anliime, in einen Tigerliisig
zu spazieren. Der Gang zum Bader
hat siir ihn alle Schreiten verloren·
Der Abend dämmert schon heraus
als der Bauer endlich aus dem
Wirtshaus schwankt. Aber nun,
an- der srischen Lust macht sich die
Wirtuna der genossenen unaensohnien
Altaholmenge erst recht bemerkbar.
Der Bauer lommt aerade noch bis
zum Gartenzaun des Badersx er ver
sucht es, sich an den halzstateten zu
halten. aber schon sinlt er bewußtlos
Zusammen, tadesiihnlicher Schlaf um
siinat seine ESinne.
Es dauert nicht lange. so wird der
Bader durch ein Geräusch wie van ei
ner arbeitenden Sage aus die Straße
gelockt. Da sin sein Feind, mit dem
Rücken an den Zaun ·elebnt, in se
stem Sei-Last hat das ! aul weit auf
gesperrt und schnarcht, dasz es weit
hin schallt.
Der Bader betrachtet seinen wehr
losen Gegner mit seindseliaen« scha
densrohen Blicken. »Wart’ Bauer,
ietzt sollst Du mir büßen!" zischt er
haßersiillt. eilt ins baue und lehrt
alsbald mit seiner Zanae zuriich Ein
schneller Blick die Straße entlang
zeiat ihm, daß tein Augenzeuge in
der Nähe ist« Dann fährt er dem
Schlasenden mit der Zunge in den
ossenstehenden Mund. packt den ersten
besten Zahn und rihratzt —- hat er ihn
herausgerissem
Der Bauer stößt ein dumpses
Grunzen aus« starrt den Bader mit
schlasi und altohaltruntenen Augen
selundenlana verständniszlos an und
—- schnarcht dann weiter, als wäre
nichts vargrsallen. Der Attentiiter
aber verschwindet: beha. was der
Bauer am nächsten Taae siir Augen
machen wird. Nachweisen lann man
ihm nichts, sein Feind muss schon
glauben. er habe sich den Zahn im
Rausche ausgeschlossen-; «
Es ist schon qeaen Morgen, als der
Betruntene erwacht. Der Rausch ist
zum größten Theil gewichen, nur ein
Mordstater zurückgeblieben Fröstelnid
erhebt sub derBauer und beginnt dar
über nacheusinnem was denn eigentlich
passirt sei. Lanasam tommt vie Er
innerunq: Zahnschmerzen Muthtrins
ten, Zahnausreiszen Ja, jetzt glaubt
er sich auch zu entsinnen, denBader
mit der Zange vor sich gesehen zu ha
ben; der näheren Umstände weiß er sich
aber nicht zu erinnern, alles ist wie in
undurchdringlichen Nebel gehüllt.
Aber die Hauptsache ist erreicht: der
trante Zahn ist heraus; der Schmerz
ist gewichen. Das war doch anständig
von dem Manne, ihm trag ihrerFeindi
schasi den trauten Zahn, tetnen einzi
gen gesunden. herauf-zureißen
Als er am nächsten Tage dem Bat-er
tn der Dorsstrasze begegnet, geht er
schnurstracks aus ihn zu. Das Gesicht
des Dorschirurgen sieht verlegen.
schuldbewußt aus; und es hat sast den
Anschein, als wolle er dem Bauern tu
weitem Bogen aus dem Wege gehen.
Aber der hat ihn schon erreicht.
»He-den i dent’, unsere Fetndssst
soll seht a End’ haben. dank r
auch schön, weil Du mtr u tranken
Zahn so gut gezogen best; wie weim
blasen san die Schmerzent Rock-malt
dank i Dir, Bewert« —
Dee aber denkt in diesem Momente
»Sei-arm wiss-P t doch, was t seht sitt
a saudummes Gesicht mach«.«
sei-mee- sit-it
»Weil-them Du solltest endlich auch
einmal zu kochen ans-n ·
»Und tatest sVu aus dann
noch lieb habe-I«