Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 03, 1908, Zweiter Theil, Image 9

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    — Jahrg-m
Nebraska
MStaat-« Anzetger und I cerold
tii903. ( seikw rThe e.ic )
uuuuuu 45.
Trennung.
Von Adeie Dieffenbacki.
Wieder zieb’ ich in die Weiten,
Rastlos wandert stets mein Fan
Und nnr im Vorüberfchreiien
hafch’ ich nach der Liebe Gruß.
Immer neigt es Abfchied nehmen!
Immer hei t es: Weiter ge ’n!
Und wer fra i; ob mir irn uge
Voll nnd bei die Thriinensfteh’n?
Noch ein Riesen, noch ein Griifken —
Und ooriiher muß es sein.
n die Weite fortgezogen,
teh’ ich widerum — allein
Mag nun kommen, was auch komme,
Mehr kann Leid’s mit nicht gefcheh’n,
Als daß mir die Abfchiedgtbriinen
Brennend heiß im Auge fteh’n.
w
Napoieon l. in Spanien.
Jn Spanien feierte man Anfangs
Mai die Tage, an denen dem Koiofz,
oer ganz Europa zu feinen Füßen
zwang. der ersie, schwere Stoß verfth
wurde. Am 2. Mai waren es 100
Jahre, da die Spanier von der Wirth
der Verzweiflung gepackt. die Waffen
gegen den französischen Eroberer er-:
griffen und in den sStrafzeniiimpsen
von Madriv einen erbittert-n Klein
iampf gegen die Franzosen begannen
Ein Augenzeuae jenes für Spanien
fo blutigen Tage, der spätere Gene
ra! Marbot, berichtet in feinem eben
so qliinzend geschriebenen, wie für den
Historiter wichtigen Meinoirenweri,
das iiirzlich bei Robert Lug in Stutt
gart in drei Banden erschienen ist«
iiber den 2. Mai 1808 in packend
anichaulicher Weise.
Wir laffen dem tiihnen Soldaten,
geistvollen und dabei auch ge en die
Feinde Mchten Mann selbft das
Wort. rbot, damals im Stab
des Marschalls Murat, Konsmandant
von Madrid, erzählt:
»Noch der Abreise Karls des Bier
ten und der Königin befanden sich
nur noch wenige Glieder der regieren
den ilie in Mavrtd Msurat er-’
hielt n Auftrag, diese nach Bayonne
zu schicken, und alle erklärten sich
auch zur Abreise bereit. Das jüngste
Familienglied, der Jnfant Don Fran- s
cisco de Papie, der damals zwölfl
oder dreizehn Jahre alt war, stands
unter Vormundschaft der Junta«unds
isiefe weigerte sich, das Kind abreisen
zu lassen. Die herrschende Aufregung
steigerte sich noch mehr, und am 1.
Mai kam ee in den hauptftraßen von
Madrid und vor Allem auf dem inf
der Mitte der Stadt gelegenen großenl
Platze Puerta del Zol zu Aufläufen,
die indessen von einigen unserer
Schwadronen ohne Mühe zerstreuts
wurden. Als die königlichen Prinzen
,·:.m 2. Mai jedoch im Begriffe waren,
die Reisewagen zu besteigen, stürzten
einige Diener dess- löniglichen hattfe5’
anf die Straße und erzählten, der!
junge Don Franciseo weine heiße!
Thronem tlaminere fich an die Möbel
und erkläre, er iei in Spanien gebt-J
ren und walte sein Vaterland nicht
verlassen. Man tann sich leicht vor
stellen, welche Wirtung auf den Geist
eines stolzen und freien Volles von
so ritterlicher Gesinnung diese Schil
derungen des Schmerzea eines könig
lichen Kindes hervorbrachten, das
die lente Hoffnung der Nation war
Jm Augenblick griff die Menge zu
den Waffen und menelte erbarmungs
los die einzelnen französischen Sol
daten nieder, die in den Straßen der
Stadt angetrofer wurden. Beinahe
alle unsere Truppen lagerten außer
halb Ma«drids, sie mußten benachrichs
tigt werden, und das war teine leichte
Aufgabe
-«- . --«-s
Sowie ich die ersten Flintenschiifse
hörte, wollte ich mich auf meinen Po
iten beim Marschall Murat begeben.
Rasch stieg ich zu Pferde und war
schon im Begriffe, sortzureiten, als
mein Wirth, der Rath beim Gericht
fiir Indien, Einspruch erhob, indem
er mich darauf aufmerksam machte,
daß die Straße von einigen dreißig
Aufständischen besetzt sei, denen ich
unmöglich entgehen tönne. Ais ich
dem würdigen Manne entgegenhielt,
Pflicht und Ehre riefen mich allen
Gefahren zum Trotze an die Seite
meines Vor eseytem rieth er mir, u
Fuße zu gesen. und hatte die grojse
Gefälligteit, mich persönlich durch sei
nen Garten und einige Dintergassen
nach der Rückseite des Paiais des
Prinzen Murat zu begleiten, wo eine
sronziisische Wache stand. Diesen eh
renwertben Rath, Namens Don An
tonio hernandez, dem ich wahrschein
lich mein Leben verdanke, werde ich
nie vergessen.
.m hauptquartier herrschte die
arii te Aufregung denn obwohl Mu
rat nur zwei Bataillone und wenige
Schwadronen bei sich hatte, schickte er
sich an, den Kampf gegen den Auf
fiand entschlo en aufzunehmen. Alle
stiegen zu Verde, nur ich war zu
Fuße! Als der Chef des Stabes, Ge
neral Belliard, befahl, mit einigen
Abtheilungen Grenadiere die Schüt
zen des Feindes, die bereits die Zu
gange züm Palaiö besetzt hatten, zu
rückzutreibem erbot ich mich, eine die
ser Abtheilungien ins die Straße zu
führen, worin das haus des Herrn
Hernandez lag. Sowie sdefsen Thitr
frei gemacht worden war, holte ich
mein Pferd und schlon mich demPrim
en Murat wieder an, der gerade aus
seinem Palais kam
Es gibt leinen gefährlicheren mili:—
tiirischen Dienst als den eines Ade
tanten in einem im Ausstand befind
lichen Lande und besonders in einer
Stadt: denn da er sich gewöhnlich
allein durch die Feinde durchschlagen
muß. um den Truppen Befehle zu
überbringen, ist er der Gefahr aus
gesetzt, ermordet zu werden, ohne sich
vertheidigen zu können. Murat schickte
alle seine Offiziere nach den verschie
denen Lagern, von dinen Madrid
umgeben war, mit dem. Befehl, die
Truppen durch sämmtliche Thore auf
einmal rinriiclrn zu lassen Die kais
serliche Gardelavallerie sowie eine
Division Dragoner lagerten bei Buen
Retiro, und wenn dies auch eins der
dem Hautpgunrtier am nächsten gele
genen Lager war, so war der Weg
dahin doch sehr gefährlich denn er
führte durch die beiden größten Stra
szen der Stadt, die Alcalas und die!
’San GeronitnosStrasze, die an allen;
«Eclen, wo andere Gassen In sie ein-«
mündeten· von spanischen Schützeni
lbesetzt waren. Es versteht sich don!
« selbst, daß der Auftrag, der die groß-’
ten Schwierigteiten bot, keinem-tats
imäßigen Adiutanten, sondern mir
übertragen wurde, und ich setzte mich
in scharfen-. Trade auf einem Pflaster
in Bewegung das die Sonne sehr
glatt gemacht hatte.
Ktaum war ich etwa 200 Schritte
»entfernt, als ich von zahlreichen Fün
tenschiifsen be ritßt wurde. Da sich
aber der Austand noch in feinen
Anfängen befand, war dieses Feuer
um so erträglicher, als die an den
«Fenstern aufgestellten Leute teine gu
ten Schühen waren. Indessen wurde
das Pferd eines meiner Draganer
doch von einer Kugel niedergestrectt,
und die Leute stürzten aus den Häu
sern hervor, um dem armen Soldatens
den Garaus zu machen; aber seine
Kameraden und ich fielen mit unseren:
Säbeln iiber die Angreiser her und
machten wenigstens ein Dutzend nie
der, worauf die anderen die Flucht
ergriffen. Dem Dragoner reichte
einer seiner Kameraden die Hand,
so daß er mit uns laufen tonnte,bis
wir endlich die Vorposten unserer
Kavatlerie erreichten.
Bei der Vertheidigung des seines
Pserder beraubten Draqonerg hatte
ich einen Dolchstosz in den Aermel
meines Dolntans erhalten« und zwei
meiner Reiter waren leicht verwundet
worden. Jch hatte den Befehl, die
Divisionen aus den Platz Puerta del
Sol, den Mittelpunkt des Ausstan
deg, zu führen. Sie setzttzen sich im
Galopp in Marsch, und zwar waren
die Echwadronen der Garde unter
dem Befehl des berühmten und küh
nen Daumesnil an der Spitze mit den
Mamelucten als Vorhut voraus.Jn-—
zwischen hatte der Ausstand Zeit ge
habt, zu wachsen. und eg werde bei
nahe aus allen Häusern aus uns ge
schossen, besonders aus dem Palast
des Herzog-, de Hijar, dessen Fenster
mit geschickten Schuhen besetzt waren,
so dafz wir dort mehrere Leute ver
loren, darunter den furchtbaren Mu
stapba, den tapferen Manielucken, der
in der Schlacht bei Austerlitz beinahe
den Großsürsten Konstantin gefangen
genommen hätte. Seine Kameraden
schrooren, ihn zu rächen, Jder im Au
zkenblict tcnnten wir uns nicht auf
halten. Unter einem Kugelhagel setzte
die Reiterei ihren Ritt nach der Pu
erta del-Sol fort, wo wir den Prin
zen Murat in heftigem Kampfe mit
einer ungeheuren, dicht gedränqten
Menschenmenge fanden, unter der
auch einiae Tausend spanischer Sol
daten waren« die aus Kanonen mit
ZKartiitschen aus die Franzosen schos
en.
Als sie die aesiirchteten Mamelucken
anloinmen sahen, versuchten die Spa
nier zwar noch Widerstand zu leisten,
doch war ihre Entschlossenhcit nicht
mehr von langer Dauer-. Die lrum
men Säbel in der Faust, stürzten sich
die Mameluclen in die dichte Masse
und ließen im Handumdrehen einige
hundert Köpfe aus das laster rol
len, wodurch sie den Gar ejäaern unsd
der Draaonerdivision einen Weg
bahnten, die nun wüthend einhieben
Die von dem aroszen Platze vertriebe
nen Spanier versuchten durch die
zahlreichen Straßen zu entrinnen, die
daraus münden; allein sie stießen dort
aus andere sranzösische Abtheilungem
denn Murat hatte sämmtlichen Trup
pen den enannten Platz als Vereini
gunspunt angewiesen. Auch in an
deren Stadttheilen lam es zu Käm
pfen, aber der auf der Puerta del Sol
war der bedeutendste und entschied
den- Sieg zu unseren Gunsten. Die
Ausftöndischen verloren 1500 Todte
und viele Berwundete, und ihr Ver
lust wäre noch größer gewesen, wenn
Ptmz Mut-at nicht das Einsiellen des
Feuers befohlen hätte.
Yls Soldat mußte ich die Männer
belarnpsen, die die französische Armee
angrrffem aber in meinem Jnnern
fublte ich, daß unsere Sache schlecht
fer« und daß sich die Spanier im
Rechte befanden, wenn sie versuchten,
die Freniden zu vertreiben, die unter
der Magie von Freunden gekommen
toarem ihren König vom Throne
ttoßen und sich des Landes bemächti
gen wollten.
Als die Feindseliateiten aufgehört
hatten, wurde die Stadt durch unsere
Jnfanterie befest, während die Ka
vallerie den Befehl erhielt, in ihre
Lager zurückzukehren Die Au stän
dsschtm die aus dem Palaste IT at so
lebhaft auf die Gardetavallekie bei de
ren erstern Vorüberreiten geschossen
hatten, besaßen die untluge Kühnheit,
auf ihrem Posten zu bleiben und bei
unserer Rücklehr das Feuer wieder zu
eröffnen; allein unsere Leute« deren
Wuth durch den Anblick der verstüm
melten Leichen ihrer Kameraden auf's
Höchste entflammt wurde, saßen ab,
erstiirmten den Palast und nahmen
Rache! Sie war furchtbar! Die Ma
:nelucten, die die größten Verluste et
litten hatten, dranan zuerst ein und
machten erbarmnngsloe alles nieder.
was ihnen in den Weg tam, meist
Leute von derDienerscbaft des Her
zoae de Hijan Nicht ein einziger ent
rann!«
W
Im Rumpfe gegen das Verbre
chen.
Wenn auch die mittelalterlichen
Zustände geschwunden sind. daß of
fene Mörder- nnd Räuberbanden Ge
genden durchzogen und in schrecklich
ster Weise hausten, so zeigen doch Er
fahrungen der jüngsten Zett, dass
auch jetzt noch auf einmal wieder
massenweise Morde auftauchen und,
daß auch unsere Menschheit durch
ruchlose Schächer und Uebelthäter
schwer gefährdet ist. Und noch bis in
das vorige Jahrhundert gab es in
Europa ungeheure Organisationen,
die wie eine zweite Macht neben dem
; Staate die Gesellschaft im Bann hiel
jten nnd sie trrorisirten. Die betann
ltesten waren die sizilianifche Mafia
i und die napolitanische Ramorra Eine
i derartige Organisation hatte wie jede
iOrganisation gewisse Vorzüge; denn
’ man konnte sich mit der Kamorra ver
ständigen, wenn man ihr zu Willen
lwar; die schweren Eingrisse in Leben
» und-Eigenthum erfolgten nur nach ei
lnem bestimmten System, und dieses
» System trug gewisse Rücksichten; disk
! Banden hatten eine fast staatliche Dis
» ziplin, und das betvirtte, daß sie mehr
terrorisirten als verheerten Nur mer
ihnen verfiel, lonnte keinen Augenblick
seines EigenthumS oder Lebens sicher
sein· Sie umgaben sich mit Schein
des Rechts und sprachen förmlich llr
theile über die mißliebigen llerinnen
ebenso wie es s. Z. die Februar-Echte
Westfaleng gethan hatten.
Die Ramorra insbesondere hatte
ihre strengentliegelm ihre sclzarfeStrilL
tur. Wer in den Verband aufaenom
nien loerden«tvollte, mußte einenBlutg
bruder wählen, allerdings in eigener i
Art: beide versuchten sich Wunden bei s
zubringen, und nur der wurde zuuii
Genossen erkoren, dein es gelang, den
Blutsbruder am Arm zu verletzen,
worauf er sein Blut trant und
sich beide umarmten. Auch sogenannt?
Gottesgerichte hatten sie: überall, wo
wichtige Entscheidungen zu treffen wa
ren, erfolgte der Messerzlveilanips, Die
Zumpata, die unserer Welt erst durch
die Cavalleria rusticana bekannt ge
worden ist. Später machte sie dem
Zweikampf mit dem Revoloer Platz.
Die Organisation war eine strenge
und verfolgte einem scharf ausgepräg
ten Kontinent (Frieno), worüber uns
neuerdings verschiedene italienische
Schriften, z. B. Russo und Serroo, la
Camorra, genau unterrichteten. Wer
aufgenommen wurde, schwor völlige
Unterwürfigkeit gegen-die Oberen und
ständige Treue, so daß er niemals-s,
auch nicht im Tode seine Genossen
verrathen werde. Man hatte strenge
Arbeitstbeilung: gewisse Mitglieder
(Guapos und Pizzaiuolos) hatten die
eigentlichen Gewaltthaten zu begehen;
die-Beute aber wurde nach ganz -
stimmtenGrundsäszen vertheilt: ein be
sonderer Schatzmeister lCuntaiuolo)
hatte die Zuweisung vorzunehmen.
Was der Genosse an Gewinn hergeben
mußte, war die Tangente, was er er
hielt, der Brusfo, wobei dann die hö
heren Grade und die Häupter beson
des begünstigt wurden. Wehe dein,
der solche Gebote übertrat: er unter
lag demllrtheil des Kamorragerichtes,
das sogar zwei Jnstanzen hatte und
ihn zur Aussioszung oder gar zum
Tode verurtheilte. Noch-imJahre 1907
hat bei Torre del Greco die Kamorra
blutige Rache genommen an einem
Mitglied, dasVekraih begangen hatte,
und Wächter und Aufpasser gibt es
aenug, aus daß niemand der geheimen
Macht entgehe.
Die Thätigleit der Kamorra war
früher hauptsächlich Raub und Er
pressung. Dies ist anders geworden: sie
hat sich modernisiri und wird sich all
mählich auflösen. Auch trat an Stelle
des Sira enraubs der raffinirte
Diebstahl; nn die Kamorra hat noch
jetzt in allen Kreisen ihre Basista, die
fmit den Oertlichieiten genauer ver
traut sind und auf diese Weise die
Diebstahle vorbereiten. Jn den beur
bonischen Zeiten wandten sich ihre
Mitglieder hauptsächlich der Zaude
fraude zu: diese wurde ganz öffentlich
betrieben, und die Regierung sah ihr
durch die Finger. Jetzt ist es mehr
Wucher, Spiel und anderes tviistes
Hiebahrem dem sich die iibleGesellschaft
uwendet, und die Kamortisien werden
« ielsach zu frechen Loddergesellen der
Großstiidte, oder sie drücken bei Ver
teigerung durch ihren Terroriscnus die
Preise herab.
Das ist das Ende dieser furchtbaren,
s. Z. ans Spanien nach Neapel ver
pflanzten Einrichtung!
So ist heutzutage das Kapitalver
brechen mehr vereinzelt. Zwar finden
sich auch in andern Ländern immer
wiederBanden, in sichzusamnienthun,
Halunlem die in den Schlupfwinkeln
verborgen zusammenleben und ihr
lichtscheues Gewerbe von da aus ges
meinschaftlich betreiben, aber doch ist
die Macht des Staates und die Fin:
digleit der Untersuchung so groß, daß
isich in dieser Beziehung Zustände« wie
in alter Zeit nicht mehr entwickeln tön
nen. Furchtbar dagegen wüthet noch
das Einzeloerbrechem wie erst neuer
dings z. B. die Vorgänge auf der
Mordfarm bei Laporte, Jnd., zeigten.
In entsetzlicher Weise werden wir
heimgesucht von jenen, die wir als
reine Verbrecher kennzeichnen, sofern
ihnen ein jeder soziale Zusammenhang
mit der Gesellschaft fehlt und sie nicht
etwa das Verbrechen neben einer sozia
llenThiitiateit oeriiben, sondern völlig
s ihrem gesellschast - zerstörenden Hange
nachleben.
Die furchtbare Gefahr, die die Ge
sellschaft läuft, und die raffinirten
Versuche der Verbrecher, ihre Spuren
zu verdeeten und sich der Verfolgung zu
entziehen, haben schon lange Zeit die
Kriminaltoissenschaft angespornt, ihre
Hilfsmittel zu ver-vollkommnen und
neue und feinere Methoden zu ersin
den, um deinllebelthäter aus die Spur
zu kommen. Hierbei handelt es sich
nicht nur darum, den Schuldigen zu
ermitteln, sondern Vor allem auch dar
um, das-; nicht ein Unschuldiger in das
Netz der Justiz fällt, und eI handelt
sieh ferner darum, durch die ungeheure
Findigkeit der striininalpflege die
errschast des Staate-«- geaeniiber dem
lichtscheuen Gesindel zur Geltung zu
bringen und uns auch fiic die Zukunft
möglichst geaen die Gefahren zu schüt
zen; denn es ist ein alter Spruch, daß
nicht die härtesten Strafen, sondern die
Unverineidlichteit und llnunigänglich
teit der Strafe, die llnmöglichteit, ihr
zu entgehen, ei ist was am meisten ab
fchreckend wirkt: die Abschrectunagtheo
rie, die auf dem Gebiet der Bestrafung·
nur sehr bedingte Geltung hac, feiert»
auf dem Gebiet der Strafoerfolgung
,ihre Triumphe s
Die Systeme, durch die man-dem
Verbrecher beizukommen sucht, sind so
fein und vervolllommnet, das; sich eine
eigene Wissenschaft entxoidelt bat.
Das Kleinite und Gröszte sucht man
diesem Zwecke dienstbar zu machen:
Staub an den Kleidern, Schmutz an
den Schuhen wird, niilrostopisch un:
tersucht, zum Verräther. Auch in der
Möglichkeit der Unterscheidung des
Elllenschenblutegs von dein Thierblut
hat man große Fortschritte gemacht.
Die Untersuchung der Blutspuren
ist auch sonst von der größten Wichtig
leit, namentlich bei der Frage, wo und
wie ein Verbrechen begangen wurde;
ob ein Raubinorb vorlieat, in welchem
Fall häufig die Schubladen, die Tisch
platte u. s. w. mit blutigen Händen
beschmutzt sind. ob berTbiiter sich selbst
verleßt hat« in welchem Fall das
tropsende Blut genau erkannt nnd der
Weg, den er beschrieben hat, verfolgt
werden kann. Die Untersuchung ber
Kleider nach Blutspuren, auch nach er
solgtem Waschen, und Aehnliches lann
zu itberraschender Ertenntnisi führen.
Dann ilt es oft ein kleiner Gegenstand,
der in der Blutlache gesunden wird,
zum Beispiel ein abgerissener Knopf
oder ein haar oderein Splitter ei
nes Stocke-Z, der lzum Verräther
wirb.
Von ganz besonderer Bedeutung
sind in neuerer Zeit auch die Fingerab
drücke geworden, denn da die Finger
spitzen eines Menschen mit ihren Pa-.
pillarlinien besonders und eigenartig!
sind, so hat man daraus eine eigenes
Lehre der Daltyloslopie entwickelt, dies
in neuerer Zeit hauptsächlich Galtons
zu verdanken ist aber schon auf frühe-s
re Tage zurückgefiihrt. Die auptbe-!
dentung der Daltylostopie ist ieJden- j
tificirung von Verbrechern Aber auch
bei der Erforschung der Blutspuren
ist sie oft von großem Werth. So ist
zum Beispiel der Fall vorgekommen,
das-. ein älterer Herr Nachtg, von Un
wohlsein befallen, an seinen Schreib
tisch ging, um sich ein Medikament zu
holen, daß er dabei anstieß, sich die
Hand verletzte und die Fingerspitzen»
an Papier andrückte, dann von einem.
Schwindelansall ergriffen zu Boden»
stürzte, den Kopf anschlag, verwundet
wurde . und an Herzlähmung starb.
Hier hatte man lange Zeit seinen
Sohn verdächtigt, namentlich galten
die blutigen Fingerspuren als bewei
send. Die Dattylostopie aber konnte
zum sicherenErgebniß führen, das-; die
Blutspuren von dem Berletzten selbst»
herrührten, also nicht auf einen etwai- !
gen Thäter hinwiesen. Der Verdacht!
Lwar damit widerlegt. s
Die Verwendung der Daktvloskopiej
zur Jdentifikation findet sich schon im ;
Orient. So werden in China die Fin- s
gerabdriicte den Reisepässen beige ügtJ
um die Person zu kennzeichnen. Jus
Jndien miissen die Examenskandidas s
ten Fingerabdriicke geben, und ähnliche s
Bräuche finden sich anderwärts. Vors
allem aber handelt es sich bei Uns dar-« «
um, die Verbrechen die ja immer wie-—
der auftauchen und verschwinden, smit
anderem Namen in der Welt herum-«
lausen und der Nachforschung ihrer
Vergangenheit die größten Schwierig
keiten in denWeg legen, zu identifici
ren. Dies ist Von ungeheurem Werth:
nur auf solche Weise kann man unver
besserliche Exemplare endlich einmal
aus der Menschheit entfernen; auch
wenn es sich um Individuen handelt,
die periodisch an Jrrsinn leiden, ist es
aus solche Weise möglich, sie zu fassen
und nach Maßgabe ihrer ganzen Ver
gangenheit einheitlich zu behandeln.
Man hat auch noch andre Mittel: so
die Bertillonschen Messungen; eins
durchdachtes System der Ausmessung
der verschiedenen Körpertheile, so daß
siir jede Person eine Individuum
rung gegeben ist« Es handelt sich nun
darum, bei gewissen Zentralen alle
diese Konstatirunaen nach einem be
stimmten System zu registrieren, so
daß, wenn ein derartiges Individuum
wieder eingebracht ist, man es sofort
nach Erbrobung seiner Körperlichkeit
aus« dem Register konstatircn kann
Hier sind schon bedeutende Erfolge er
zielt worden; den-. Verbrecher wird da
durch die Möglichkeit entzogen,sich ein
zutauchen in die Vergessenheit, um
dann wieder als anderer Mensch her
vorzutreteiu I
Ganz besonders interessant find die
Hilfsmittel, die man in Anwendung
bringt, um den verborgenen Verbre
clier oder das verborgene Opfer zu er
tnndcn. Alle Welt weis;, wie in der
letzten Zeit ein Mörder durch Hunde
ertundet worden ist, die feinen Spuren
nuchgingen. Die Benutzung der Hun
de zu diesem Zweck ist von ungemeinein
Werth. Man tennt sie schon oon alter
Zeit her. Ehemalg benutzte man sie,
um die flüchtigen Sklaven ausfindig
zu machen. Heutzutagc tlmt man esZ
namentlich, um seinen Verlorenen auf
ins-lichem man hält dem Hunde Klei
dungsstiiele dieser Person vor die Nase
und läßt ihn suchen. So kam es, daß
beispielsweise einer der-Hunde der Pa
riser Polizei bereits das- fiinfund«
zwanzigste verlorene Kind gefunden
jhatte. Jn einem andern Fall waren
« die Tlsiiter nach lllrgentinien entflohen
; und hatten sich möglichst unkenntlic
i gemacht. Jhr Hund war zurückgebläe
;ben: man nahm ihn mit hinüber, und
seine dem Paar sehr unlitlssamen
Freudenspriinge waren die Verräther.·
zählte man z. B. auf der weichen
» Vergrabene Leichen entdeckt man
manchmal gleichfalls mit Hilfe Von
Hunden; manche werden auch von
Füchsen wieder ausgegraben. Die
Anwesenheit von Krähen und Rai-en
deutet oft darauf hin, und manchmal
sind noch Blutflecke aufzufinden oder
ein Stück Hirn oder irgend eltvag,was
beim Vergraben und Verfcharren des
Leichnams liegen geblieben ist: alles
« das rann auf die Spur helfen.
Das ist der Kampf gegen das Ver
brecherthum, der nicht sobald aufhören
wird, und in dem uns dieWissenfchafi
immer wieder mit neuen Hilfsmitteln
ausstatten kann.
Manchmal fie uns sogar der Aber
glaube behilflich, denn unzählieb find
die Briiucbe, deren sich die Uebelthiiter
bedienen, in der Meinung, sich dadurch
der Verfolgung entziehen zu können
Urizählig sind auch die abergiäubischen
Borstellungem die zum Verbrechen
führen, nnd sderenKenntniß uns wie
derden Spuren des Verbrechers nahe
bringt.
Der Kampf gegen das Verbrechen
ift nicht nur der Kampf der Kultur ge
gen die Untultur, sondern vor allem
auch der Kampf der Intelligenz gegen
die Inferiorität verbrecherischer Jn
ftinlte. ·
W
Ztvölf goldene Hochzeitsfeier-u m
Firma Tage.
Ein feltenes Ereigniß konnte dieser
Tage in der tleinen französischen Ge
meinde von Abrest, vierzehn Kilome
ter von dem bekannten Badeorte Dichy
entfernt, begangen werden. An ein
nnd demselben Tage wurden zwölf
goldene Hochzeitspaare in der Kirche
des Ortes eingesegnet. Ueber drei
hundert Vertvandte, Kinder, Enkel
und Urenkel nahmen an dem Fami
lienfest theil und begleiteten die Paare
in langem Zuge in die Kirche. Am
Abend fand ein großes Festefsen statt,
zu dem sich die Gäste aus weitem Um
’treise eingefunden hatten. Nachdem
die Tafel aufgehoben war, eröffneten
die zwölf goldenen Hochzeitspaate den
Ball. Es bot einen eigenartigen An
vtiet dar, als sich die vierundzwanzig
alten Leute langsam und bedächtig
zwar, aber doch mit voller Hingebung
im Tanze drehten.
-.--—
« Die Primadonna Mme. Nordica
bat sich bekanntlich mit Oslar Ham
merstein, dem Direktor des Reinheit
tan Opera Hause, entzweit. Ueber
den Grund zum Groll der Sängerin
erzählt man sich folgende Geschichte:
Eines Tages sprach Mme. Nordica
mit dem Jmpresario wieder einmal
iiber ihren Liebling-Spinn. am Had
) son, oberhalb New York’s, ein ameri
s lanisches Bahreutn anlegen zu wollen.
- Das ist ja Alles ganz schön usnd
gut,« sagte der praktische Oslay
»aber wenn nun Alles fertig ist, wo
gedenken Sie das Publikum herzu
belortzrnen,» meine Bekehrte te?« -
»Nun, natürlich aus w York,« -
lautete die Antwort der Diva.
»Aber. ich bitte Sie,« entgegnete
Hammerstein, ,,warum in die Ferne
schweifen? Ich bin sicher, Sie werden
ein viel dankbareres Publikum in
Sinn Sina finden.«
. Hammer-stete- rmd die Dim.
s Das suchet-,
Idag bekanntlich Theaterdirettoren und
Biibnenniclktern sehr unangenehm ist,
kann je nach dem Lande, wo es er
tönt, einen sehr verschiedenen Sinn
haben. Jst Westasrila ziichen die
Einaeliorenem wenn sie über etwas
erstaunen, auf den Neuen Hebriden
wenn sie etwas besonders Schönes
sehen, die Basutos aeben einem volls
tbiiinlickken Redner ihren Beifall auch
durch Zischen zu erkennen. Die Ja
paner driicten damitihrseEhrerbietuna
au-"3, was vielleicht mit ddni Worte
Huka litillt In Verbinduna steht.
Memischtcd Lob.
Chef lznin Kommiss: »Junger
Mann, Sie sind seit sechs Wochen in
meinem Dienst; Jhre Ausführung so
wie ihre Kenntnisse sind bewundern-Js
toerth; wag ich aber ain meisten be
wundere, ist Jlire Piinktlichkeit, mit
der Sie täglich eine halbe Stunde zu
spät kommen!«
-..-«- ...». . » ....«·
Traurig, aber wahr.
Sie gingen an einem prächtigen
Gebäude vorüber. »Das ist ein schö
nes Haus,« sagte Brown zu Jones,
»und doch ertrage iet) seinen Anblick
nicht«
»Wesl)alb nicht«, fragte Joneex
,,Weshalls?« erwiderte Brown,
»weil der Eigenthümer ess- ang dem
Blute, den Schmerzen, den Seufzern
seiner Mitmenschen erbaute, aus dem
Kummer der Kinder und dem Weh
klagen der Frauen!«
»Gerechter Himmel!« rief Jones
aus. »Das Scheusal! Was ist er «
Wucherer?«
»O nein, lieber Freund. er ist
Zahnarzt!«
Mißtrauein
Hiasl: »Was hast Du denn bei
dein Herrn Pfarrer zu thun ge
habt?"
Hansl: »Ich soll zur Relrutirnng
meinen Tausschein als Gehirns-ur
kunde mit bringen!«
Hiasl: »Na aber, sie seben doch,
daß Du geboren bist!«
Hansl: »Ja, aber ohne Tausichein
glauben sie es niir doch nicht!«
Wer in der Welt vor-ankommen
will, darf des Morgens nicht stunden
lang im Bette liegen bleiben, um dar
über nachzudenken wie er es anstellen
soll.