Der Puppenspieleu Kriminal-Roman.von Karl Nosner. " (4. Fortsetzung) »Der alte Herr hob zögernd die Schultern. »N —- nein — —- aber so habe ich das eigentlich nicht ge-. meint. Begabung im Sinne einer ra schen Auffassng und unbedingte Zu: perliissigieit ist schon vorhanden ——— nur das, was dann gerade aus den höheren Stufen der Beamtenlaus bahn, aus selbstständigeren Posten, so nöthig ist —- die eigene Initiative, die rasche Entschlußtrast, die Fähigkeit, nach eigenem Willen und Plan zu dis psnieren —- die vermisse ich an ihm. f Ein wenigzu weich. zu siigsam unter ijeden neuen Eindruck war er mir —. » Idee das sind schließlich intime Dinge, die ja siir Ihre Untersuchung nur von untergeordneter Bedeutung sein tön nen —- —'« «Jch widersprach. »Sie irren ——; gerade diese psnchologischen Beobach-; trugen sind unschäsbar siir uns unds können uns werthvollet sein alss strisdare Ereignisse Sie sagen, daßi ermiGbstiindig und sügsarn ist — daz gibt die Möglichkeit, ihn als den vielleicht durch Furcht und Drohun gen eingeschiichterten Genossen eines stärkeren Complicen auszusasien — das gibt dem uns noch unbetannten Lande, daß unseren Arrestanten mit dem Eiubrecher verbinden muß. doch immerhin eine bestimmte Farde.« »Dann bat ich um eine genaue Schilderung dessen, was man an Her-ani- Angerer im Laufe des heu tigen Vormittags in dein Bureau beobachtet hatte. Aber darüber Düfte der Bureauches nichts zu sa-» gen. doch ließ er mir gerne die beiden · jungen Leute heim, vie Pult un Paul mit dem Berdasteten arbeiteten unds denen daher nichts entgangen sein konnte. l «Wenige Minuten später waren l diese herren —- dieselben, deren Na- I men mir schon die alte Frau Angerer genannt hatte — zur Stelle, und ich We meine Fragen an sie richten. »Was ich aus den Mittheilnngen der jnngen Leute entnahm, war in teressant genug. Nach ihrer Meinung mußte etwas Drückendes Außerge wbhnliches schon seit Tagen, vielleicht n, aus Angeker gelastet ha ben, denn so lange war es schon her, daß er schweigsamer, zerstreuter nnd verträuniter geworden war, als das früher in seiner Art gelegen hatte. Anfangs hatten sie das irgend einer Berstimmnng privater Natur oder ei: « net Ueberanstrengung durch häusliche Arbeit zugeschrieben «- dann aber, als er aus ihre Fragen beides verneinie, hatten sie sich eine rechte Erklärung dafür nicht gewußt. Aber augen scheinlich blieb sein Zustand verän dert. Er hielt zwar nach wie vor die Dienststunden auss peinlichste ein, aber er klagte ost iiber Kopfschmerzen und Schwindelgesiihle, gab konsuse Ant worten oder starrte auch minutenlang wie geistesabwesend vor sich hin. Bei all dem that er seine Arbeit mit ängst licher Gewissenhaftigkeit »Das war bis gestern Abend, da er zur gewohnten Stunde das Bu: reau verlassen hatte, so gewesen. »Auch heute sei er s— so sagten mir die herren — Morgens pünktlich zum Dienste angetreten s- -- aber es sei von Anfang an etwas wie eine nervöse hast in ihm gewesen, und das habe sich gesteigert und sei gewachsen je mehr die Zeit verging. Als ob ihn etwas unklar beschäftigte, worüber er zu keinem Entschluß kommen könne, sei es gewesen, als ob er mit sich kämpse und keine Entscheidung finde, so habe es sich angesehen. Aus ihre Fragen, ob ihm etwas sehle, habe er nur kurz abwehrenb den Kopf geschüt kelt, wie einer, der mit sich allein voll aus beschäftigt ist und jede Störung von sich abhalten will. Nur, daß er Kopfschmerz be, sagte er einmal, und dabei gri er sich, als wäre die ser Schmerz mit Händen saßhar, mit einer jähen Geste nach den Schläsen. — Und dann wuchs seine Unruhe im mer mehr —— ——. Er sah fortwäh rend nach der Uhr —— es machte den Eindruck, wie wenn er aus irgend et was wartete, dass an eine bestimmte seit Nbunden war, und ein paarmal - tastete er auch nach der Brusttasche, in der er irgend was zu tragen schien, das rnit sei Unruhe vielleicht im Zusame stand. Und Inn mit einein Male —- es M im W all bat Schlug sert der Irren-ruhe zum Schlag der M M ausgeht-it hatte — er, cis wäre er nun zum Ent « s seh-Irren out den Schwur —:;isdesrdie dermthnrtechllebferrleß - - UM . DM seit beut gleichen be MWkM km suec eineim den herren, dein bliebe W inn viy tpsm est m lei l nem Pult und schritt dem Fortgehen iden bis zur Thiir nach. Er öffnete sund ries ihn in den Flur hinaus noch inmal an: Was er denn habe? Ob er unwobl sei? Ob sie ihn bei dem lChes entschuldigen sollten? Ob er bald wiederkame? ——« »Herrnann Angerer aber antwortete nicht und sah sich nicht um· Starr und gerade aufgerichtet ging er den langen Flur entlang, und so sahen die zwei Zurückgebliebenen, als sie ans Fenster traten. ihn dann auch unten über die Straßen geben« · »Das war um zehn Uhr gewesen — und eine halbe Stunde später war er bei dem Versuche, die Steine zu vertausen, oerhastet worden« -—— --· .Wieder saß ich in meinem Wagen, und wieder rasselten und ratterten die Räder iiber das Granitpslaster der Straßen. Und mein Gehirn suchte aufs neue die Eindrücke und Mitthei »lungen zu einem Bilde zusammenzu »schweißen, Klarheit in diese wider zspruchsdollen Vorgänge zu bringen. »Angerer hatte nach der Aussage Hseiner Kollegen in dieser Vormit tagssiunde, in der er so unruhvoll und zerstreut gewesen war,«unr dann plöhlich Schlag zehn Uhr zu denr Ent schlusse seines Fortgehens zu tot-links wiederholt nach seiner Brusttasche ge griffen, in der er einen Gegenstand zu tragen schien, der im Zusammen hange stand mit seiner Erregung. Ich Ischlosz wohl richtig. dasz es sich hierbei sum die Schachtel mit den Perlen und sSteinen handelte, deren Verlauf er ;freiwil1ig oder erzwungenerweise über fnornmen und für die ersten Vormit Itagsstunden zugesagt hatte. Für das kletztere sprach die Thatsarhe seines in- . jneren Kamper und Zauderns. — Aber da wuchs eine neue Frage Vis: . Wenn der Mann wirklich nur durchi Furcht oder Drohungen eingeschiich tert, sich zu der Uebernahnie dieses heitlen Auftrages entschlossen hatte —- warum nannte er uns seinen- Be driinger nicht? Warum gab er, der seine ganze Lage in diesem Fall durch Darlegung der Wahrheit so wesent lich verbessern konnte, den Mann nicht an, der ibn zu diesem Gang gezwun-« gen hatte? War er also vielleicht doch schwerwiegend an dem Verbrechen be ?theiligt, als ich nun, verführt durch die günstigen Aussagen seiner Mutter und seines Vorgesestem annehmen mochte? War nicht doch die Möglich keit vorhanden, daß sich unter der un scheinbaren Persönlichkeit dieses her mann Angeker ein schwer Mitschuldi ger verbarg? «Jmmer mehr, je länger ich sann und grübelte, oerstriclte ich mich in diese Annahme. »War es überhaupt denkbar, daß der zweifellos ganz liihne und über legte Dieb —- und nur ein solcher lani sür den glänzend ausgedachten und durchgesiibrten Einbruch in der Ste pbanstirche in Betrachi —— ·sich erst nach der Ausführung des Raubei an diesen scheinbar so still und zurückge zogen lebenden jungen Menschen ber angernacht hatte, um ihn zur Verwer Ethung der Beute zu bewegen? Sollte der Einbrecher, der, wie die Einzel heiten des Verdrechens zeigten, in be wundernswerther Umsicht mit jeder denkbaren Möglichkeit gerechnet hatte, sich nicht auch vor der That schon sei ner ergebenen und verläßlichen Ver schärfer versichert haben? Als solchen nun, als Verkäufer der Beute hatten wir diesen Angeter abgefaßt — foll ten da seine Beziehungen zu dem Ein brecher nicht doch schon älter sein? Und war es dann nicht möglich, daß der Verhaftete nur darum schwieg, weil sein Sprechen vielleicht noch mehr duntle Vorgänge in seiner scheinbar so biederen Vergangenheit aufdecken konnte? »Aber dann, mitten in all diesen Erwägungen, stand wiederum das Bild des jungen Menschen vor mir, so wie ich es leibhaftig gesehen hatte, während ich mich vergeblich bemühte, Nähereö über die Vorgänge aus ihm herauszubelommen Und auch all die guten Eindrücke, die ich in seinem Heim und in seinem Bureau empfan gen hatte, rangen aufs neue nach Gel tung. Und wieder sagte mir, im Ge gensahe zu allen Deutungen und Schiiissen meines Verstandes, eine Stimme des Gefühls: Der Mann taten kein Verbrecher sän -—"— es ist Iauni möglich, daß sich in diesem stil len jungen Menschen« der selber aus sah, als wäre eine Katastrophe über ihn heteingebrochen, ein setdrechee bargl »Ist-Odem beschloß ich, th Iwch einmal vorzunehmen —- noch einmal den Versuch zu machen, ihn zum Re den en bringen »U- wir dor dein Polizeigebäude hielten Lage Quäniäebettikimmer W . in r ogleich W. Ists —- daj ich es sue gleich sage —- der Erfolg war um kein Daar besser als das erste M »Mit allen Mitteln suchte ich auf ihn zu wirken —- aber keines thte mich zum Ziele. Jch redete ihm von seiner Mutter-, bei der ich gewesen war, und von dem schweren Schlage, den seine Festnahme der armen Frau versesi hatte —- er schluchzte fafsungss los wie ein unglückliche-i Kind — aber auf alle Anforderungen. zu gestehen, woher er die Steine habe. von wem sie ihm gegeben worden, wann er sie erhalten habe. schüttelte er nur immer wieder den Kopf. Und immer wieder kamen dabei seine Betheuerungem Jch weiß es ja nicht, ich schwöre es. daf; ich nichts weiß davon —- bei meiner Mutter —- bei allem, was mir heilig ist, kann ich's beschwören!" »Aber Sie werden doch nicht leug nen, daß Sie heute früh in dem Bu reau die Schachtel mit den Steinen in Jhrer Brusttafche hatten und mehrmals danach fühlten? Jhre Kolle gen haben das selbst beobachtet und mitgetheilt!" »Meine Kollegen-? — Heute früh —- —?!« Er starrte mich mit suchen den, irr hliekenden Augen an, und feine Finger tasteten zitternd an sei nen Schlafen. »Mein Gott — — mein Gott —- —!"- sagte er dann. »Ich weiss das alles ja doch nicht — und kann nichts thun als sagen, daßL ich es nicht weiß — --— Endlich ließ ich ab von meinen Versuchen — die nur meine schon frü her gewonnene Erfahrung heftiirkt hatten, daß ich auf den Iestgenomme nen und seine etwaigen Aussagen dei meinen Bemühungen zur Klärung dieses rathselhaften Falles nicht rech nen durft. » «Waruin er schwieg? Jch konnte sinir auch jest darauf leine Antwort geben —- nnr eines fiiblte ich ntit Si cherbeit daß es nicht Verftorltbeit war. IOd ibn — wie ich das früher ange . nommen hatte — maßlose Furcht vor der drohenden Rache eines Complicen zu feinem Benehmen bewog? Es la men wir, wie ich ibn vor mir fah, nun auch an dieser Annahme Zweifod um Zweifel. Aber was war- ei denn, das ihn beberrfchte« ihn Dinge leugnen ließ, die doch bewiesen waren. ihn an spornte, fein Wissen urn Vorgänge, die iiber allem Zweifel standen, zu be ftreiten? Warum log der Manns — Ja, log et denn —- ———? ’ .Phantafiiiche Gedanken stiegen in niir auf — aber ich ver-warf sie, denn ich fühlte, daß ich mit ihnen den siche ren Boden meiner Forschungen ver lassen würde, daß fie mich in das un begrenzte Reich von Möglichkeiten locken wollten« für die hier leine Chan cen lagen. Die Erinnerung an einen vor Jahren begangenen Mord im Zu ftande eines patbalogifchen Rausches, an einen Mord. dessen furchtbare Er innerungsbilder zugleich mit dein Raufche aus dem Gedächtniß des Tbäters entschwunden waren —-- der Gedanke an die grauenoolle That ei nes Ebilebtiters, der nach Ausführung eineL Leichenraubes gleichfalls von tiefer Maner iiber das Geschehene befallen worden war, ftiegen vor mir auf. Aber das alles waren Fälle, des ten Borausfegungen bei'dem jungen Menschen vor rnir fehlten: der hatte sich nachweislich nicht berauscht und war gefund -— tein Epileptiter. »Als ich ihn wieder in seine Zelle hatte altfiihren lassen, war für Au genblicke eine arge Muthlosigteit in mir — dann aber raffte ich mich aus, und meine Willenslrast gewann die Oberhand. Jch nahm das Taaebuch des hermann Angeker und die No tizen, die ich mir gemacht hatte, vor und durchgriidelte sie im Zusammen halt mit dem vorliegenden Attenna tionale immer aufs neue. Mit An spannung aller meiner Kräfte suchte ich nach einem Faden. der mich dei meinen weiteren Schritten leiten konnte. nach einer geeigneten An griffistelle, an der ich zunächst ein sehen mochte, um zu einiger Klarheit zu gelangen. »So erregt wurde ich bei diesem Sinnen und Suchen, daß ich gar nicht daran dachte und ganz überfah, wie die Mittagsstunden längst vorüberge gangen waren, ohne daß ich auch nur einen Bissen zu mir genommen hätte. Erst durch das Gefühl heftigen hun gers, das sich dann mit einem Male zu melden begann, wurde ich um etwa vier Uhr aus meinem Sinnen geweckt. »Ich sagte dem Diener, daß ich in einer Viertelstunde wiedertommen würde, und ging rasch in ein kleines Restaurant, das dem Polizeigehiiude gerade gegenüber lag. An einem kleinen Tischchen as ich eilig eine Kleinigkeit —- irnmer noch dabei in Gedanken bei meinem Falle, der mich nun ganz in Anspruch nahm. An ei nem zweiten Tisch unweit von mir saß eine Gesellschaft von drei Perso nen —- anscheinend Fremde —, vie sich lebhaft unterhielten. Als ich beim Verlassen dessiestauranta an ih nen vorüberscheitt drangen ein paar englische Sage an mein Ohr. ageSache wäre eindruaslos nich tig, usewie sie war, an mir vorüber e tw. W mir nicht durch sie Erinnerung an den Sprachlehrer hei dem der der-rann Unserer feine eng lischen Stunden nahm« mit einein in den Vordergrund meiner Gedanlen getreten wäre. Sidnen Jenes — so batte er ja wohl geheißen —- das war der Mann, den ich zunächst iiber den Verbasteten hören mußte! Bei dem war unser Hästling allem Anscheine nach gestern Abend noch gewesen — dort tonnte ich erfahren, ob er die Abendstunde wirklich bei englischen Studien verbracht hatte, oder ob er etwa diesen Weg nur vorgeschiist in der That aber diese Zeit zu anderem verwendet hatte! Ich beschloß. den Gang nach der habsburgergasse gleich zu machen. und nur noch rasch vorher aus mein Arbeitozimmer im Polizei-« gebäude zu geben, um den Diener iiber mein Wegbleiben zu unterrichtete «Als ich aber dann wieder oben vor meinem Schreibtische stand und eben dem Diener läuten wollte, da trat die ser auch schon bei mir ein und über gab mir eine Karte, deren Bringerin, eine junge Dame, mich « wie er mir bestellte —- dringend zu sprechen wünschte. Erst wollte ich das kleine weiße Blatt ohne weiteres aus den Schreib tisch wersen und die Besucherin bit ten lassen, zu einer mi! gelegenes ren Zeit mich wieder suszusuchen Jch hatte einen Damendseuch von ir gend welcher Bedeutung nicht zu er warten und wollte sort —i es trieb ten, die mich seit Stunden nun be tes Angerer in mir gesestigt war und ausgebreitet lag, die Spannung mei ner Nerven durch eine handlung zu lösen; ich siiblte, daß ich eine Unter brechung meiner Arbeit durch irgend eine andere gleichgültige Angelegenheit gerade fest nicht über mich ergeben lassen diirstr. Maie wieder lebendig geworden und mich, all die widerstreitenden Gedanåf ichästigten, durch weitere Ermitte-. lungen zu klären. Es drängte mich, H nachdem nun alles« Material des Fal- . mSagen Sie der Dame, ich hätte heute keine Zeit, sie möge sich an ei nen der anderen Herren wenden oder gelegentlich einmal wiederkommen« »Der Diener, der sonst on ein milii törisch tnappes Wesen gewohnt war und Widerspruch nicht tnnnte, zögerte kein wenig. « »Nun, Diessenbnch —- was gibt's .noch?« ..,Entschuldigen. herr Kommissär —— nur weil der-« Fräulein sagt, daß es so dringend bäte —- —« »Dringend!« Jch wurde ungedul dig. Mai wird’i denn wieder sein! Jhr Kanoriemogel wird ihr davon geslogen sein. und wie sollen ihn san-· gen —- oder eine gute Freundin hat ihr eine anonnme sKarte geschrieben, znnd wir sollen das feststellen. Ich ’hnbe Wichtigeres zu thun —- —« i »Der Diener wollte geben « aber Jdn locn«nun doch ein Bedenken über mich, ob es auch richtig war. die Be sucherin so ohne weiteres wegzu ichicken, und ich riei ihm nach: »Fra gen Sie immerhin. um was ei sich ’hondelt!« »Ein Minute später aber -— ich stand schon im Ueberrock, den Hut aus dem Konse, bereit, fortzugehen — lnm er wieder und gab mir Bescheid: »Die Dorne sagt, es handelt sich um die Angelegenheit des verhasteten her mann Angeker.« »Und jegt erst wars ich einen Blick laus die Karte, die aus dem Schreib tisch lag H meine Besucherin tvar jAnna hossmanm die Braut unseres hästlingss »Im Nu hing mein Ueberrock mie der im Kleiderschrante, und wenige Selunden später saß mir das junge Mädchen mit den frischen, energischen und doch seinen Gesichisziigen gegen über, dessen Bild ich schon am Vor mittage aus dem Schreibtische des Verhafteten gesehen hatte «Eine leichte Besangenheit lag erst iiber ihr, während sie mir nach den ersten begrüßenden Worten den Grund ihres Kommens aussprach — aber die verslog und verschwand mit jedem Sahe mehr und wich einer kla ren, ruhigen Bestimmtheit. Jhre Stimme war hell und weich, und die leise Färbung des Wiener Dialettes gab ihr etwas überaus Sympathi sches..Und sympathisch war das ganze Wesen des jungen Mädchens, das etwa zweiundzwanzig Jahre zählen mochte, und das nun hierher aus eigenem Antrieb als Anwaltin siir ihren Ver lobten gekommen war. . »Sie erzählte, dasz Frau Angerer Mittags, gleich nach meinem Wegge hen von der alten Frau, nach ihr ge schickt und ihr, noch immer völlig hin genommen von dem Schmerz iiber die Ereignisse, den ganzen Vorgang mit getheilt habe. Lange hätten sie iiber alles das gesprochen —- sie beide, die Mutter und die Braut des Verhafte ten, die ihn doch näher kennen muß ten als irgend jemand sonst! — und beide toiiren sie ganz überzeugt, das er nicht das geringste mit einem Ver brechen ca thun haben tsnntel »Un um mir das zu sagen, sind Sie zu mir gekommen?« »Sie sah mich aus ihren lebendi gen blauen Augen voll an. »Ja — um Ihnen das zu sagen -— und liber haupi —- ich kann das nicht so er Mren — aber ich hab’ halt das Ge siihl gehabt: wenn dem shermann hist ietioas droht, dann gkhW ich auch her --x»- —-,-M-.» .-..,-«-« ---««. ---——.- - — -:—·—r Hk —- danu muss ich mit den Der-ten re den und ihnen sagen, daß sie tein Unsinn machen soll'n « und nicht ein paar Menschen ungliicklich machen soll’n, die ihr Lebtag nie was Böses oder Unrechteb gethan haben!« »Sie hatte sich in Erregung gespro chen und schien nun selbst ein wenig besorgt zu sein um die Wirkung ih rer hastig hervorgefprudelten Worte. Als sie aber dann sah, daß aus mei nem Gesicht keinerlei Zorn oder Aet ger iiber diese nicht gerade sehr ver trauensvoll tiingende Rede zu sehen war, strich sie sich das in widerspensti gen Löelchen an den Schliisen dorsal lende haar mit ihrer runden, festen Hand zurück und begann mit raschem Entschluß von neuem. »Kann ich ihn sehen?« »Den Verhafteten Jbren Bräu tigain?" see-Ja — — »Nein, - liebes Fräulein, das ist ausgeschlossen« m,lintersuchungshiistlinge werden grundsählich völlig isolirt gehalten.« »Ja, aber das ist doch eine Quä lerei ohnegleichen stir den Armen —- —! Jch mein’, wenn man so einen armen Menschen unschuldig verhastet, das wär’ doch wirklich genug —— me nigstens den Trost tönnt’ man ihm doch lassen, daß seine Leut’ ihm sagen tonnen daß sie an seine Unschuld glauben — daß sie ibm in seinem Un gliick beistehen wollen. Wenigstens das sollt er doch tvisien daß er von uns nicht verlassen ist « « »Viel-er ern halb besorgter, halb trohiger Blick aus mich und dann, als ich ihr die Erfüllung noch einmal abschlagen mußte, eine tiese schmerz liche Enttiiuschung »Es thut mir selbst leid. Fräulein hofsmanrh aber die Bestimmungen dürsen aus leinen Fall durchbrochen werden « sehen oder sprechen dars Jhr Verlobter zunächst niemand von seinen Angehörigen -—— weder Sie noch seine Mutter, noch sonst seinand.« Entsetzung folgt-) « Die eint m sem. Trumps ist die Seele vom Spiel, und Altenburg die tlafsische Stätte des Stett-, weil das edle lönigliche Spiel dort seinen Anfang und Ur-( sprung genommen hat. ; Es steht geschichtlich fest, daß dies ältesten bekannten schriftlichen Ur- ! Landen vorn Stat von einem ( Professor am «Altendur4«ger va- ; traf-unr, Namens hempel herritt-ums Dieser gelehrte und soieltundige HerrJ verfaßte nämlich den ersten Artikelj iiher Stat im Jahre 1817 in dem da- s mal überaus verbreiteten Piererschenl Universal-Leriton. Doch wäre es thö richt, anzunehmen. daß dieser Ohm nasialsLelirer der Vater des Stets Ie ivesen, als wenn er dieses Kartenspiel gleichsam aus dem freien Dank-gelenk, ohne Apparate, eines schönenTages gi schiiitelt und der erstaunten Welt, spe· ziell den Altenburgern Bauern und Böuerinnen, vliislich das große Ge heimniß von den vier Wenzeln verra ten hiitte. , Man tann den Genannten als Va ter »vons Ganze« nur insofern hinstel len, als sein Aufsehen erregender Auf satz zum erstenmal ein Bild der im Altenburger Lande zu Anfang des vo rigenJahrhunderts herrschenden Stat: Praxis gab. Der besagte Heinpel hatte noch einen Vetter HempeL der gleichsalls in Al tenburg sein Wesen trieb. Dieser gab im Jahr 1848 in einer dortigen Buch handlung ein jeyt sehr selten geworde: neiz Statduch heraus: Das StatspieH von J. F. L. hempeh nebst zwei Lie dern, 16 Ottaoseiten umfassend, wo rin er uns die etwas mnsteriäse Ent stehungsgeschichte des Sztatspiels um ständlich erzählt. Da heißt es, daß vor etwa einem Jahrhundert in Altenburg ein Verein sideler soaenannter Brommescher Ta rock - Gesellschaften existiete, zu deren Mitgliedern der Adoolat Hempel ge hörte. Dieser hat im sächsischen Erz gehirge unter den dortigen Bauern das wendische Schafstops : Spiel kennen gelernt, das unter dreien mit 32 Kar ten gespielt wurde, wobei jeder Spieler 10 Karten erhielt, während zwei den Talon hildeten, und dieses Karten spiel hat ihm so gefallen, daß er rnit zwei anderen Mitgliedern der Taro qesellschast an der Vervollkommnung des Schasdlapss gearbeitet. Doch hat sich das neue Spiel, der eiaentliche Stat, erst im Lause der Jahrzehnte allmählich zu seiner heutigen Vollen dung entwickelt, indem zahlreiche geist reiche Läuse mit immer neuen Varian ten und Niiancen hervortraten. Beton ders soll einRathstopist sich großeVer dienste um die endgültige Gestaltung des Statspiels erworben haben. Die ser oerdienstvolle Mann, dessen Name leidernicht der Nachwelt in goldenen Lettern aus der Brust des ersten Wen zel verzeichnet ist, siihrte nämlich die TrumpsiMatadorMechnung ein und stellte den Unterschied zwischen ; rage mit Ausnahme des Talon und olos Spieln ohne Talon aus. Der Stat war bit zum Jahre 1826 im Großen und Ganzen nur eine Spe zialität Unentwegt Mehrere Alten hur Studenten siihrten dann das Steg-Haus der Universität Leipzig ein, und nachdem der Stat in dee sidelen Pleisestadt seine Sturm- und Drang peiiode durchgemacht hatte, trat er se - nen Eroberungji und Siegesng durch alle deutschen Gaue an. Alle lassen der Bevölkerung huldigen mit egeisterung dem Genius des State, und aus tausend und abertansend Kehlen erllang und erklingt noch die Nationalhymne: «Wo man Stat spielt, lege ab dein RänzeL Böse Menschen hat-en nie vierWenzel.« Was eben dem Slat die außeror dentliche Beliebtheit und Womit-lim lichleit verleiht, ist der Umstand, daß er nicht nur von einzelnen Perris-klas sen und Bevorrechteten gespielt wird, sondern daß er gleichsam das deutsche Nationalspiel ist. Wo immer drei Deutsche zusammen sind. gründen see nicht nur einen Verein, sondern spie len vor allem ihren Stat. Es gibt Leute, die der Ansicht sind, daß sogar unsere deutschen Klassiler noch vor hempel F- Comp. wahre Ma tadore des Slaispieis gewesen seien. Beweis: Schiller z. B. war ein Siatspieler par excellence, denn er empfjkhlt den Statspielern. nur bombensichere Spie le anzunehmen. indem et die Spiel regel ausstellt: »sest —- gemauert." Goethe wieder hat in seinem Faust Idic Regel ausgestellt, die er Gretchen Isagen lässt: »Oh srage nicht« Seit dem ist es in den meisten Gegenden Sitte, das «steizen« glei mit Jour »me« zu beginnen. Wenn ephisto, der iso manchen slotten Slat spielte, zeit weise leine Wenzel bekam, pflegte et nach des Dichtersiirsten Bericht auszu rusen: »Von Zeit zu Zeit seh’ ich den Alten gern.« Noch so manches andere goldene Wort zu Ehren des töniglichen Spiels that das ganze genannte Dir-Ihren ipaar der deutschen Poesie gesprochen, Jund ebenso haben auch andere Dichter Hin diesem Sinne denselben slailichen .Err!.dsindungen Ausdruck gegeben. So »li- sc ’Wo alles liebt, lann man allein nicht passen. Ich siihle einen Grand in meiner Faust. Wer in seiner-band die Jungen, mische ’ seinen Juhel ein. O Gott, das Geben ist doch schön! Wer viel verliert wird manchmal auch gewinnen. Fient Euch des Gebens so lang das Lömpchen glüht Aus Schritt und Tritt begegnen wir in Altenbut dem Geniui des State. Jn shm olischer Weise deutet dies unter anderem der Altenburger Stathrunnen an. Ein Bürger der Stadt hinterließ der leiteten die Summe von 15,000 Mart mit der Be stimmung, daß dafiir ein monumentas ler Brunnen, der das Statspiel ver herrliche, geschossen werde. Diese seine Bestimmung hat der Brunnen in ge radezu idealer Weise erreicht. Wer nur einen Blia aui die sich aus der Spise halgenden vier Wenzel wirst, wird von dieser Quelle wo so viel hei teres, Wisigei und Espritvollei fließt, aufs Angenehmste berührt werden. Wer je im Leben vor dem Genius des Statt sein Knie gebeugt. und wer je die vier Wenzel aus dem Stathrunnen ihr losei Spiel treiben gesehen, wird von Altenburg mit dem Gesiihl der ausriehtigsten Sympathie und der lie bevollsten Bewunderung scheiden. Je ans-im herr (zu einein diesmal unschuldi gen Gauner-, nach der Freisprechun : Es muss doch ein erhebendes Gesiigl sein, fre gesprochen zu werden« tGauner: »Sanst schc', aber heut« ne .'« subsi. «Meinetwegen hat sich mal ein here erschossen!" »Der sollte dich wohl heiratheni« Z- srsb set-it. Mann: .Dai Rauchen schadet wohl deinen Gardinem was-P Frau: »Ach, du bist doch der ein sichtsvollste, edelste aller Gatten. Freilich schadet es.« Mann: »Dann mußt du sie eben öfters waschen lassen« Schschterne Indem-up .Ches: »Na-, bei Ihnen ist ja, wie ich höre, ein Spriiszling angelomnient Ich werde Sie um zehn Mart aus bessern!« Bachs-alten »Es send Zwillinge, herr Prinzipals« Studium «Kamerad lausen alle Viertelstunde einmal durch den Sanssaal nähern sich dieser und jener Dame — ohne zu tun-ent« »Ich s-— will ’mal Unterlaqu studirenl«