Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 26, 1908, Zweiter Theil, Image 9

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Jahrgang
Nebraska
Staats— Anzetger und J cerold
..........................................
ummer 44.
Frühling-nacht
Eis sendet durch mein Fensterlein
Die Iriihlingsnacht vertraute Grüße,
Und über Dächer hell und blank
Gleiten des Mondes Silbersiißr.
Die Wiese liegt vor meinem Haus
So märchensiill im bleichen Glanze,
Es schliesen alle Blumen ein
Und Eisen sammeln sich zum Tanze.
Kein Vogelstimmchen mehr ertönt.
Das weite All beginnt zu träumen;
Noch rauscht der weiche Frühlingiwind
Ganz leise nur in Busch und Bäumen.
Und als mein Blick hinübersliegt
Zur mondbegliinzten stillen Heide, —
Tritt zu mir die Erinnerung
Jm weißen Feiertleidel
Ver ceutnant als Photograph.
Von seien-e fMiihlau
»Sie machen wohl in Postiarten?«
fragte Frau Meyer, die Wirtbin des
Gasthoss zum «Krug«. — Jch saß im
Gastzimmer erhitzt, müde und bang-»
rig —- nicht eben in guter Laune und
keineswegs ausgele t, ein tordialesi
Gespräch mit der gickwampigem ver:
gniigt lächelnden Wirtbsmadame an
zufangem
Leutnant von Meringen. mein
Neisegenosse, hatte mich treulos im
Stich gelassen. Ein hübsches Gesicht
weiße Zähne, bimmelblaue Augen,
und die unverdorbene, dralle Figur
eines jungen Landmiidchens hatten
ihm am Tag zuvor den Kops oer
dreht. Ohne Erklärung, ohne irgend
welche Entschuldigung war er im
Dämmerschein des Augustabends ton
traltbrüchig geworden, hatte sich
auf's Rad geschwungen und war zu
seiner Schönen geeilt. Da saß ich
nun und wartete! Er —- der leiden
schaftliche Liebhaber-Photograph, auf
dessen Bitten bin ich diese sog. Stu
dienreise mitgemacht hatte, amiisirte
sich mit einem blonden Bauernmiidel,
bedachte nicht« was ferner aus Reise
gepiict, eingelegten Platten und seinem
fingliicklichen Minnntjtameradm
werden sollte und ließ auch am nach
fien Morgen lein Wort von sich hö
ren-.
Die gemeinschaftliche Kasse war inl
seinem Vesic: nur ein paar Nickel siir
den Nothsall trug ich bei mir. —- Jch
war in einer Stimmung, siir die ei
nen passenden Ausdruck zu finden.
eine Unmöglichkeit ist
Es war Mittag geworden. Stun
denlang hatte ich am Fenster des
elenden Gaststiibchens, in dem ich eine
schwiileNacht verbracht hatte, gesessen,
hatte mit nerviiser Ungeduld aus die
staubige. sonnenbeschienene Landstraße
herabgeblickt, jedes Rad, das vorbei
suhr, mit meinen Blicken verschlun
gen und war schließlich —- in einem
Ansall von Wuth wohl hundertmal
vom Fenster zur Thitr und wieder
zuriick zum Fenster gerasi· Er lam
nicht!
Und er wußte um meine materielle
Lage, der Erbärmliche —- wußte, daß
ich hier eingeschlossen saß mitsammt
Rad, Apparat und Neisegepöckl
Gegen Mittag meldete sich meinMa
gen; —- das magere Frühstück hielt
nicht länger vor! Unten in der Gast
stube mußte aber baar bezahlt werden«
und mein ganzes Vermögen bestand
aus vier Nieleln.
In meiner Verzweiflung sing ich
an, die Tapetenmuster zu zählen, von
rechts nach links, von oben nach un
ten. —- Die verrosteten Gitterstäbesdes
alten. eisernen Mantelpsens zählte
und die tleinen weißen Sterne aus der
rothen Tischdecke.
Die Bilder an den Wänden fingen
plötzlich an zu grinsen und zu höhnen,
die Fliegen an den Fenstern sangen
ein Spottlied —— ich hörte es deutlich.
— Eine Raserei tam über mich. Jch
hielt’s nicht länger aus im Zimmer.
Aber was thun?«
Einsach aus der Landstraße hin und
her tadeln? Und wenn die Wirthin
mißtrauisch wurde und ihr Geld ver
langte? Wenn das Weib überhaupt
einfach die Zeche verlangte, bevor Me
ringen kam?
Vor dem baut lag ein kleiner Gar
ten. —- Einladend sah er nicht aus.
Hühner und Enten liefen darin um
her. Rothe, gelbe und blaue Blumen
wucherten durcheinander, und die
Sonne sluthete aus ihn nieder. —-·
Aber in der rechten Ecke stand eine
Getßblattlaubr.
Diese Laube lockte mich! Es mußte
paradiesisch sein« dort zu siten. Man
konnte mit einem Blick die Landstraße
nach allen Seiten hin umfassen. —
Es kam mir aber dumm vor, so
ohne Zweck in der Laube zu sihem ich
nahm den Apparat meines Kamera
den, suchte nach Platten, fand aber
teine und hegniigte mich schließlich da
mit, nur des Scheines wegen die Uten
silien mit mir zu schleppen.
Die Geißhlattlaube war aber tei
neswegs ein Paradies, wenigstens kein
solches Paradies, das uns irdischen
Gliiassuchern verlockend erscheint. Wie
ein Giuthofen war ihr Jnneres.
Jch flüchtete in die Gaftstube, be
stellte einen Schnitt Heiles und är
gerte mich über die Fliegen an der
Wand.
Frau Meyer grinfte. Sie strictte an
einem grauen Strumpf; die Radeln
klirrten —- sie zählte Maschen, sie
grinste wieder und schließlich fragte
sie: »Sie machen wohl in Posttarten?«
»Einfältiges Weibsbild!« dachte ich
—- sagte »ja« und schwieg.
Sie schwieg auch-strickte——grinfte,
zählte Maschen, räusperte sich und
sagte endlich:
»Schäne Gegend —- nicht wahr,
Herri«
»Ja —- sehr schön —« erwiderte ich.
»Und gesund, herr! Wäre die Ei
fenbahnftation nicht zu weit entfernt,
wir hätten den schönsten Kurort hier!«
Jch schwieg.
»Hm!« Sie räufperte sich.
»Wollen Sie nicht zu Mittag essen,
Herr? Es gibt Schmorbraten mitBoh
nen und Eierluchen!"
Das Wasser lief mir im Munde zu
fammen. Wollte das Weidynich äffen?
»Nein!« sagte ich kurz und ich sagte es
in einem Ton, der keine weitere Frage
zuließ.
Sie fttictte eifriger als zuvor-. Das
Klappern der Nadeln that meinem ar
men, verstörten Kon weh.
»Hutt« machte das Weib wieder.
»Ich hab’ mir immer gewünscht —
Herr --«« Sie stockte.
,,Was?« schrie ich. Sie wurde roth.
»Ich hab’ mir immer gewünscht —-««
Sie tam nicht weiter.
»Was — zum Donner-weiter —- ha
ben Sie denn gewünscht?«
,,Verrgort —- Verr—mchro Schum
mesi Aber immer wollte ich schon ein
mal einen Herrn Photographen gebe
ten haben, ein Bild oon uns zu ma
chen!« Sie wischte sich die Augen
»Jch hab’ einen einzigen — nur ei
nen Sohn —- herrt Der ist in Nuß
land und dem mocht’ ich die Freud'
machen. Jch tönnte ja in die Stadt
fahren zum richtigen Photographem
Aber ich meine schon, so wie man ge
rade geht und steht, so im eigenen
Haus müßt’s am besten werden. Dann
hat er auch gleich beides, das haust
und mich!« Sie schwieg.
»So?« sagte ich und mein Gehirn
fing an zu arbeiten.
»Ich will’s ja nicht umsonst haben,
Herr!«
Sie lief zu einer Kommode, die in
der Ecke stand, brachte ein keines, pa
pierumhiilltes Packet und zählte zwölf
Mart auf den Tisch. »Zwölf Mart
das Dutzend! So steh’ts in der Zei
tung, soviel zahlt man in der Stadt
dafür. Wenn Sie damit zufrieden wä
ren, Herrl«
Die zwölf Mart lachten mich an.-—
Das Weib stand wie ein verschämter
Backfisch am Tisch. Zum Donnerwet
ter — ja —- jetzt die zwölf Mart ha
ben, dann war ich aus der Klemme·
Jch lief in das Zimmer, in dem ich«
die Nacht oerbracht hatte. Mit sit-s
ternden Händen durchsuchte ich das
Reisegepäck nach Platten. Umsonstti
Nicht eine war mehr da· —- Vernichtet
sank ich auf einen Stuhl. Wenn der
Mensch, der Meringen, nicht bald
kam, würde ich in spätestens einer
Stunde dem Wahnsinn verfallen sein.
Es klopfte an meiner Thür. Frau
Meyer trat auf mein herein schüchtern
ein.
»Berzeihen Sie, herr! Kann ich
bleiben, wie ich bin, oder muß ich mich
anders anziehen?«
»Natürlich müssen Sie sich anders
anziehen!« briillte ich sie an und die
Arme ging zitternd hinaus. Was
wollte ich denn eigentlich? Warum
hatte ich ihr nicht gesagt, daß ich ih
rer Bitte nicht willfahren konnte?
O, die Noth macht erfinderisch!
»Das ich keine Platten, so photogra
phire ich eben ohne Platten!« dachte
ich. Die Hauptsache ist, in den Besitz
der zwölf Mart zu gelangen!
Und ich photographirte! Jch photo
graphirte mit Leidenschaft und Hin
gabe!
Jm Wohnzimmer, auf dem rothen
Sammtsofa sitzend, tonterfeite ich sie;
das Bild ihres Seligen, das iiber der
Sofalehne prangte, sollte dabei zu
sehen sein. Vor der Geißblattlaudes
stehend, am Wirthstisch sitzend, lachend
und ernst —- init und ohne hat — so
gar mit der Lake auf dem Schooß
und dem Strickstrumpf in der hand
photographikte ich sie.
»Viel-Es denn auch was, herri«
fragte sie jedesmal und ihre Augen
——I
glänzten und sie wollte die Platten
sehen.
Jch erklärte ihr, daß ich mit einem
ganz neuen Apparat ohne Platten ar
beitete und daß die Bilder vorzüglich
gelungen seien.
Wann sie denn fertig wären? wollte
sie wissen.
»Ich fahre sogleich nach Hause«, be
lehrte ich sie. »Morgen in der Abend
ftunde haben Sie alles beisammen!"
Sie war selig.
»Morgen schon! Dann sind sie näch
ste Woche in Rußland!« Jn Schweiß
gebadet —- müde zwar —- aber in ei-j
ner vorzüglichen Stimmung tehrte ich
ins Gastzimmer zurück. I
Sie lief wieder an die Komode —s
fügt zu dem Piickchen mit Silbermün- s
zen noch einen Thaler hinzu, »wegen(
der Liebenswiirdigteit und der vielen
verfchtedenen Aufnahmen« motivirte
sie und bat mich, ihr die Freude zu
machen, eine Einladung zum Mittag
essen anzunehmen. (
Der Schmorbraten mitBohnen und
die Eierluchen lockten mich; ich fing
wirklich an, zärtlicheGefiihle für Frau (
Meyer zu hegne.
Jch aß mit Leidenschaft und trank
dazu auf ihr Wohl, auf das ihres
Seligen und ihres Sohnes in Ruß
land, um dessenwillen die Bilder ge
macht worden waren.
Dann fragte ich nach der Rechnung
fürs Logis. Sie wollte nichts haben.
»Es war mir eine Freude! Kommen
Sie bald wieder!« sagte sie herzlich
und in meiner Seele regte sich etwas
wie Reue und Mitleid
»Noch eins, Frau Meyer!« bat ich
sie. »Wenn heut« im Laufe des Tages
der Herr, der gestern mit mir kam,
nach mir fragen sollte, so sagen Sie
ihm, ich sei in einem Anfall von
Schwermuth aus dein Fenfter ge
sprungen und mit zerschmetterten
Gliedern in die nächste Stadt ge
bracht worden! Es handelt sich um et
nen Scherz!«
Sie begriff nicht gleich, aber nach
dem ich ihr noch einmal versichert
atte, daß sie morgen Abend das
Partei mit wohlgelungenen Bildern in
der hand halten würde, erklärte sie
sich chbereit, alles, was ich wünschte,
dem betreffenden Herrn zu beftellen.
—-—— Wir schieden mit einem warmen
Händedruck.
Am nächsten Morgen erhielt Frau
Meyer einen Brief folgenden Inhalts-:
»Anbei fünfundzwanzig Mart! Die
Bilder sind leider nicht gelungen! Das
Beste ist, wenn Sie zum Photographen
in die Stadt fahren!
Freundlichen Gruß
v. EckvnhL
Leutnant im Kam-Regt No· 27, etc.«
v. Meringen ist eine Stunde nach
meiner Abfahrt im »Gasthof zum
»Mitg« gelandet, —- hat mit Seelen
Iruhe Schmorbraten mit Bohnen und
IEiertuchen verzehrt, hat auch die
Nachricht von meinem Unfall ohne be
-sondere Erregung hingenomnxem und
’da er der Bruder einer außerordent
lich liebenswürdigen jungen Dame ist,
die mein Jnteresse in höchstem Maße
erregt, hab’ ich am selben Abend noch
mit ihm ein Versöhnungsglas auf das
Wohl der verwittweten Frau Metze-.
und ihres russifchen Sohnes getrun
ken.
Ueber Gutestun-ing, speziell üver
Itageremzüuvmig ipsasklttumJ
Das wesentliche Moment einer Ent
zündung ist der hindrang des Blutes
nach der erkrankten Stelle. Der Stör
ver führt dem lranlen Organ immer
neues arterielles Blut zu, um den
Schaden zu repariren. Ausgabe der
Behandlung ist es nun, diesem zweck
mäßigen Vorgange, dessen sich die Na
tur selbst zur Abwehr der Entzün
dungserreger und ihrer-d Torine und
zur Heilung bedient, durch geeignete
Mittel zu unterstützen.
Da kommt eg an die Sonne, daß die
bisher obligate schulärztliche Behand
lung mit Kälte tein rationelle-Z Ver
sabren war. Durch die beliebte Eis
blgse suchte man ja die Blutzusuhr, die
Kongestion zu dem entzündeten Organ
zu vermindern und zu beseitigen, wäh
rend doch eigentlich die Natur die Blut
ansiillung gerade als hauptheilmittel
bei Entzündungen anwendet. Denn
die Blutsiille, diese regelmäßige Be
gleiterscheinung von Ent itndunaen,
wirlt ernährend, auflösen , resorbi-·
rend, balterientiidtend, schmer stillend.
Das- beste Mittel, die lranthafte Ent
zündung zur Heilung zu bringen, be
steht demnach in der Unterstützung,
Erleichterung Steigerung der Blut
ansiille und ihrer günstigen Folgen.
»Ach, herr Doltor, nur nicht schnei
den. nicht schneiden!«
So schreit »die Anna von Profes
sors« in Dr. Klaus Sprechzimmer
und will die schmerzende linle Hand
nicht hinter dem Rücken hervorziehen.
Unter lautem Ach und Weh wickelt sie
dann doch langsam die Leinwand von
dem schlimmen Daumen ab. Dabei
fragt sie zitternd: »Ach, da im Schrank
liegen wohl die Messer?«
» Die Anna erzählt uns nicht, wie sie
Izu dem »schlimmen Finger« gekommen
ist. Doch wir können uns leicht einen
tlteim dazu machen. Beim Schrubben
und Scheuern hat sie sich wohl ein
Stückchen Holz in den Finger gestoßen.
Ein kleiner Stich, eine geringfügige
Riß-, Schnitt- oder Quetschwunde —
unscheinhare Verletzungen, die täglich
passirem und die man nicht weiter be
achtet, die uns aber mitunter große
Schmerzen und Leiden bringen. Viel
leicht hat die Anna mit einer Steckna
del den Splitter herauszuziehen ver
sucht. Die Operation mag ihr auch
gegliickt sein. Dann hat sie die Arbeit
fortgesetzt.
Häufig ist auch mit der. Entfernung
des Fremdlörpers die Sache zu Ende.
Der Stichkanal schließt sich und heilt
zu.
Jn unserem Falle aber sind mit dem
Splitier oder durch die zweifellos we
nig aseptische Manipulation gistige
Pilze in die kleine Wunde gerathen.
Die ergriffene Stelle röthet sich,
schwillt an, ist heiß und schmerzt hef
tig.
Die Entzündung beginnt stets auf
der Beugeseite des Fingers oder in der
Hohlhand. Wissenschaftlich spricht
man von einem Panaritium. Die Ent
ziindung ist zunächst auf eine Stelle
beschränkt, hat aber die Neigung, sich
weiter auszubreiten. Jhr Weg zieht
sich immer an der Seitenfläche desFin
gers zu dessen Rückseite, geht längs der
Sehnenscheiden weiter und verbreitet
sich auf Knochen und Gelenke. Ferner
kann sich noch an den ,,schlimmen Fin
ger« eine Lymphgefäß- und Lymph
driisenentziindung am Vorderarm,
Oberarm und in der Achselhöhle an
schließen. Ein ,,fchlimmer Finger«
tann also eine schwere Erkrankung mit
hohem Fieber und großen Schmerzen
nach sich ziehen
In unserem Fall liegt nur eine be
schränkte, partielle, schmer hafte Zell
gewebsentztindung —- leegmone —
vor. Wir hören die etwas empfind
same Anna jammern: »Nein, nein,
nicht anfassen —- nicht schneiden!«
Dr. Klaus betrachtet ein Weilchen
den tranken Finger und verordnet
dann: ,,Machen Sie Breiumschläge.«
»Was — Breiumfchläge?«
JDr.Klaus antwortet kurz und sicher:
» ate.
Und sein »Ja« hat heute wieder
Gültigkeit Sie kommen wieder zu
Ehren, die alten, im Volt so belieb
ten phhfitalischen ,,Zugmittel« bei Ent
zündungen: die Breiumschläge, die
Wickel und Kräutersäckchem die heißen
Kamillenböder, die »Spanischen lie
gen« und Zugpflafter und Schröp töp
fe. Aber mit dem Unterschied, daß uns
jetzt daeVerständniß ihres eigentlichen
Wesens aufgegangen ist, während diese
altenslliaßnahmen früher rein empirisch
angewandt wurden. Wir müssen eben
bei allen Entzündungen zielbewußt
Wärme anwenden, Wärme s— sei es in
Form von heißenllmschlägen mit Brei,
sei es als feuchte Wärme, sei es als
strahlende Wärme (Dampf). als hei
ßer Sand oder als heiße Luft.
Die Wärme, der lotale Dampf, wie
er z. B. beim feuchten Wickel sich bildet,
erweitert die Blutgefäße der Haut. Es
gelangt jetzt mehr Blut in die Haut,
das sich in den erweiterten Kanälen
staut. Dadurch wird der Säfteftrom,
der sich nach dem Herzen zu bewegt,
umgekehrt. Die eingewanderten Ent
ziindunaserreger werden in der Wunde
an der Jnfettionsftelle durch die Blut
stauung festgehalten und an ihrem
Weiterdringen in der Richtung des
Säftestroinee, das eine Anst-eckungsge
fuhr siir den ganzen Körper bedeutet,
verhindert. Der Entzündungsprozeß
kommt zum Stillstand und zur Hei
lang.
--· - stOU s.s..!»-..-—1-—
Die Uylkukgrll Urqu uquuouum
noch meist den zeitigen Schnitt in die
Fingervola, das ist die Spaltung der
kranken Stelle,sobalb man die Schwel
lung undRöthung erkannt hat. Durch
diese breite Spaltung, die unter dem
Schutz der allgemeinen oder lokalen
Narkose schmerzlos ausgeführt wird,
kann man wohl die ganze erkrankte
Partie sreilegen, die Grenzen der Ge
websentziindung und die Ausdehnung
der Eiterung in aller Ruhe übersehen
und den giftigen Balterienprodukten
Ausfluß und Absluß verschaffen. Ost
aber ist es mit einer anision nicht ge
than· Das Uebergreisen des Prozesses
aus die Sehnenscheiden und die Kno
chen und die Gelenke erheischt wieder
holte Eingrisse. Die Folgen der be
liebten großenSchnitte sind dann funk
tionsstörende Narben,die den Gebrauch
des Fingers bezw. der Gliedmaßen
start beeinträchtigen, eventuell ganz
aufheben.
Nein, es muß nicht, oder doch nur
gelegentlich geschnitten werden.
Die feuchte Wärme, der lolale
Dampf oder die heiße Luft bringen die
Entzündungserreger, soweit sie nicht
schon durch die Antilräfte des Blutes
vernichtet worden sind, an der Wunde
durch die sich öffnenden Hautporen zur
Ausscheidung bezw. den Eiter zum na
türlichen Durchbruch.
Mitunter aber verzögert sich diese
Selbsthilfe des Körpers-, z. B. wenn
die Hornhaut sehr dick ist, wie bei der
schwieligen Arbeiterhand. Jn diesen
Fällen muß unbedingt ein Schnitt ge
macht werden. Denn das längere Ver
weilen von Eiter, namentlich bei fri
schen Entzündungen, kann sehr leicht
gefährliche Giftwirtungen entfalten,
die schwer zu repariren sind. Aber
diese anision ist nur ein ganz kleiner
Einschnitt.
Professor Bier legt dem Saugappa
rate schriipfartige Instrumente an, die
durch Verdünnung der Luft oberhalb
der Hautpartie eine starke DurchbluH
tung der Stelle und eine Ansaugung s
der darunter befindlichen Säfte und»
des Eiters bewirken. Dieses Verfah
ren ähnelt dem uralten Aufsaugen des
Giftes nach einem Schlangenbiß. Als
Schuljungen haben wir diese Bierfche’
Methode bei Verwundungen mit einer
tintenhaltigen Schreibfeder inftinttiv
geiibt. Bei frischen Verletzungen mit
nicht einwandfreien Instrumenten, z.
B. einer roftigen Nadel, ist das Sau
gen bezw. Drücken das zweckmäßigste
Verfahren. Das reichlich zugeführte
Blut macht das eingedrungene Gift
unschädlich und schwemmt es fort
Diese Saugapparate jedoch ersetzt
die Naturbeilmethode zumTheil durch
den feuchten Umschlag. Ein Stück
Mull wird mit reinem, am sichersten
mit abgetochtem und dann abgetiihl
tem Wasser befruchtet, kräftig ausge
drückt und um den »schlimmen Finger«
gelegt. Darüber deckt man trockenen
Mull und endlich Flanell oder Wolle.
Dieser feuchte Wickel vermindert den
Schmerz, erhält eine heilbringende
vaerämie, begünstigt die Abgrenzung
des entzündlichen Vorganges, besorgt
die innere Wundfpülung und bewiritz
eine Aufsaugung undAusscheidung der
ufallsprodukte und Gifte. .
,,Lieber, befter Herr Doktor, nicht
schneiden, nicht schneiden!« bittet die
Anna.
Und es braucht auch nicht immer ge
schnitten zu werden«
Der St. Geer-ges Tag
der auf den 23. April fällt, soll zu
einem großen englischen Nationalfeste
erhoben werden« entsprechend dem
Andreastag der Schatten und dem
Patrickstag der Jrländer. Diese Auf
gabe hat sich die Royal Society of
St. George gestellt. Zu diesem Zweck
ist von der Gesellschaft eine Zeit
schrift gegründet worden, deren Name
ihre Bestrebungen ausdrückt: ,,The
English Race«. Außerdem stellt sie
eine Liite don Büchern ans, die für
»St. Georges Bibliotheien« geeignet
find; ferner soll das Andenken der
größten Geister Englands, die auch
in einer Liste aufgezählt werden« an
diesem Tage gefeiert werden. Einer
dr ersten unter diesen 200 »Unfterb
lichen« ist König Alfred der Große;
außer ihm sind unter den Königen
nur noch drei, die dieser Ehre theil
haftig geworden sind: Eduard der
Erste, Eduard der Dritte und Hein
rich der Fünfte, und zwei Königin
nen: Elisabeth und Viktoria. Neben
den beiden Königinnen enthält die
Liste dieser 200 Unfterblichen nur
noch eine einzige Frau: Mrs. Sid
dons. Eine große Reihe der berühm
testen Esngländer, die uns wenigstens
als Engländer gelten, sucht man ver
geblich in der Aufzählung, so z. B.
Walter Scott, Wellington und She
ridan. Der Grund ist, daß diese und
mit ihnen viele andere nicht reinraf
sige Engländer sind, sondern irisches
oder schottisehes Blut in den Adern
haben.
l Sonderhare deirathöermuntemns
seu
Vor mehreren Jahren bot der
Maire einer kleinen Stadt im Sü
den Frankreichs jedme Paare. das
vor der Vollendung des vierund
zwanzigsten Lebensjahres vor den.Al
tar trat, eine Belohnung von hundert
Franken. Dieses Geschenk sollte als
Sporn zur Eingebung früher Ehen
dienen, und der Maire soll aus diese
Weise viele tausend Franken ausge
geben haben.
Die Bewohner der Stadt Alton,
Illinois, lasen eines Tages zu ihrem
Erstaunen an ihrem Satndesamk die
folgende Notiz: »Das hübscheste
Paar, das zwischen dem 18. Novem
ber 1901 und dem 18. November
1902 zur Trauung erscheint, erhält
einen sehr praktischen Ofen für die
le
Küche. Es wird vollständig unpar
teiisch verfahren werden«
Der Standesbeamte von East St.
Louis machte zur selben Zeit bekannt,
daß er dein jüngsten Paare, das zwi
schen dem 19. und 27. November vor
iihn treten würde, einen Truthahn
;verehren wolle.
Mehrere Jahre zuvor war die Zahl
der Heirathen in einer elsässischen
Stadt weit unter das normale Maß
gesunken, weshalb sich die Behörden
qu einem sehr wirksamen Mittel ent
sschlossen Es wurde bekannt gemacht,
Idaß sämmtliche Personen, die wäh
irend einer gewissen Zeit die Ehe ein
)gingen, auf fünf Jahre von den städ
sitschen Abgaben befreit sein sollten.
lDiese Ankiindigung hatte eine wahre
Heirathöepidemie zur Folge.
Ein anderes Mittel wandte ein un
garischer Edelmann an, um die Lebt
gen auf seinen Gütern zur Ehe zu er
muntern. Jeder Bräutigam wurde
zeitlebens mit Tabak versorgt, und
jede Braut erhielt jährlich vier Paar
wollene Strümpfe. Dieses großmü
thige Angebot wirkte auch dermaßen,
daß sich bald aus den gesammten Be
sitzungen des Edelmanns kaum noch
ein einziger Junggeselle befand.
Die erste deutsch-afrttantfche
Festqu
Auf Befehl des Großen Kursürsten
erbaute im Jahre 1868 der Branden
burgische Major v. d. Gröben an der
asritaiiifchen Küste ein Fort »Erns
Friedrichsburg«, das er mit 20 Ka
nonen und einer kleinen Garnifon
ausstattetr. Bereits im folgenden
Jahre unterwarfen sich einige Neger
stäniine und schickten eine schwarze
Gesandtschaft nach Berlin. Die zwi
schen dem grünen und dein weißen
Vorgebirge liegende Jnfel Arguin
wurde für Brandenburg in Besitz e
nominen. Dieser Besitz hatte an ich
keinen großen Werth, hätte aber den
Anfang zur Gründung eines deut
schen Kolonialgebietes bilden können,
wenn nicht der Große Kurfürst »in
zwischen gestorben wäre. Königjfriek
rich der Erste unterftüßie gleichfalls
die Afrikanische Kompagnie, auf de
ren Betreiben die Anfänge deutscher
Kolonialpolitil zurückzuführen sind.
bis der Krieg mit Frankreich ihn no
thigte, sein Augenmert näherliegen
den Aufgaben zuzuwenden. Die Ge
sellschaft kam in Verfall, ihr Direktor
Venjaniin Raule fiel in Ungnadr.
Friedrich Wilhelm der Erste überließ
für 7200 Dukaten Groß-Friedrichs
burg den Niederländern. Die Jdee
eine preußischen Seemacht war begra
ben, bis sie Friedrich Wilhelxwder
Vierte wieder aufnahm. Vor einigen
Jahren besichtigte ein «deutsches
Kriegsschiff die noch theilweise erhal
tenen Ruinen von Groß-Friedrichs
kurg.
Lustige Naturgeschichte.
Der vor Lessings Auftreten als
witziger Satyriter geschätzte und von
seinen Gegnern gefürchtete Christian
Ludw. Ligcow lebte in seinen letzten
Lebens-fahren auf dem Gute Berg bei
Eilenburg, roo er im Verkehr mit den
Landleuten durch seine launigen Ein
fälle eine große Beliebtheit gewann.
Auf jede Frage, die seine Schlagfer
tigteit herausfordern sollte, hatte e:
stets eine lustige Antwort bereit. So
sagte einst auf dem Eilenburger
Fischmartt eine brave Fischhändlerin
zu ihm: »Ist es nicht schade, daß die
Fische stumm sind, Herr Rath?« —
»Mag sein,« versetzte Liscow, — »da
fiir sind aber ihre Vertäuferinnen
um so beredter!« Ein Bauer, der
über diese Absertigung der Ratsch
base lachte, glaubte pfiffiger zu fra
gen. Er schielte beträchtlich und stand
neben seinem Ochsen. »Warum schie
len die Thiere nicht, Herr Rath?« be
merkte er. ,,Lieber Frund, —- damit
die Menschen doch e n e n Vorzug vor
den Ochsen haben,« lautete die anziig
liche Antwort.
---.-—-—-—·
Das Deutsche im zweiter Stelle
Unter den Sprachen, die aus der
Erde am meisten gesprochen werden,
nimmt nach den neuesten Feststellun
gen die deutsche Sprache die zweite
Stelle ein; sie folgt unmittelbar hin
ter der englischen, deren sich 27 Pro
zent der Erdbevölierung als ge
wöhnliches Ausdrucksmittel bedie
nen. Die deutsche Sprache wird von
16 Prozent der Menschheit gesprochen.
Das Französische wird, so theilt die
»Revue« mit, von 14 Prozent gespro-.
chen und ihm folgen dann das Rus
sische, das Arabische und das Italie
nische.
W—
Wer zu viel nach dem Wege fragt,
kommt leicht zu spät ans Ziel.