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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (June 5, 1908)
Nebraska ScaatssiisÄnzeiger und Jceroldx Jahrgang 23. Grund Island, Rot-tm 5. Juni imm. mweiter Theiu Nummer 41 . Einsame Seelen. Von Adelheid Stier. Seltsam sehnende Augen Mitten im Menschengewiith Das sind die einsamen Seelen ’ Mit dem heimlichen Fremdlingsgesiihi. ; Sie kommen aus weiten Fernen Und wissen nicht woher. Sie sehnen sich nach den Sternen Und tragen am Leben so schwer. Der Welt verworrene Weisen, Die lauten, umklingen sie, Doch lauschen sie still der leisen, Inneren Melodie. —-·.—--— Vrei Begegnungen. l l l Novellette don B. Rittweger. Dr. Erich Lindner ist noch Jungge selle trotz seiner sünsunddreißig Jahre und seiner glänzenden Praxis und trotz seiner Neigung zum Familienle ben. Er bedauert es lebhaft, daß er keine Frau hat, aber er weiss nicht, wie er zu einer kommen soll. Er weiß es wahrhaftig nicht, und das macht ihn bisweilen förmlich unwirsch. Nicht. daß es ihm an »Gelegenbeit zu Da menbelanntschaften« gefehlt hätte, wie es in Heirathsgesuchen so schön ausge drückt zu werden pflegt. Jm Gegen theil, man riß sich um ihn in feinem Kreise. Er hätte jeden Abend in einer anderen töchtergesegneten Familie den Liebenswiirdigen spielen, hätte im Winter tanzen und schlittschuhlaufen. im Sommer Tennis spielen und ra deln tönnen -— an freundlichen Aus sorderungen dazu fehlte es wahrlich nicht. Aber Dr. Erich Lindner hatte zu solchen Amiisements leine Zeit und reine Lust. Unter· all den jungen Dämchen hätte er wohl auch kaum sein Jdeal gesunden: das schlichte, ernst haste Wesen, das bereit gewesen wäre, auf diese Vergnügungen klaglos zu verzichten, um an seiner Seite ein Le ben voll Aufopferung siir die leidende Menschheit zu führen. Denn, daß seine Frau thatkräftigsien Antheil nehmen mußte an dem, was die Hauptsache in seinem Dasein war, an seinem schweren und doch so herrlichen Beruf, das stand bei ihm fest. Und dafz sich das nich vertragen würde mit lebhafter Geselligkeit. mit den Zer streuungen, wie sie gerade dem Theile der jungen Damenwelt, mit dem ihn seine soziale Stellung in Verbindung bringt, Bedürfnis ist« das scheint ihm gleichfalls sicher. Das ist seine An sicht, und so würde er wohl niemals zu einer Frau kommen, sondern sich mit der alten Dörte begnügen müssen, die schon seiner verstorbenen Mutter gedient hat, die seinen haushalt im stande hielt und Süppchen siir seine ärmsten Patienten kochte. aber schrei end diimlich sich zeigte, wenn’s galt, bei irgend einer kleinen Operation Handreichung zu thun. Für »ihren« Doktor sorgt sie allerdings musterhaft in leiblicher Beziehung, trotzdem sehnt sich Dr. Erich Lindner aber doch oft nach einer jungen Gefährtin, einer verständniszvollen Gehilsin, einer Seele, mit der er alles theilen könnte. Auch eben jetzt, als er durch den weiten Park schreitet, rasch, tote einer. der nicht viel Zeit hat« überdenkt er die wichtige Frage mit leisem Seufzer. Kinder laufen ihm vor die Füße und stören seine Betrachtungen Jn seiner Nähe ertönt lautes Weinen — zwei elegant gekleidete Jungen bear beiten ein ärmlich aussehendes kleines Mädchen, das aus Versehen in den zum Spiel gezogenen Kreis getreten ist, mit den Fäusten und schimpsen dabei aus Leibestriiften. Ehe Dr. Lindner die Sachlage recht erfaßt hat, eilt ein junges Mädchen in schlichtem Anzug herbei, gibt jedem der Buben einen kräftigen Stoß und beugt sich dann liebevoll zu der kleinen Proleta rierin nieder, ihr tröstend zusprechend. Die Helferin ist offenbar Kinderfriius lein, denn zwei weißgeileidete entzü ckende Püppchen mit wallenden blon den Haaren laufen ihr nach und das größere ruft: »Iriiulein lassen Sie doch das schmufige Ding laufen und erzählen Sie uns die Geschichte weiter. Es ist« sa nur ein Mlmiidchen.« »Pfui, Glie. schäme Dicht Wie kannst Du so häßlich redeni Als ob das Kleid den Menschen machte! Wer weiss« ob das arme Ding nicht ein viel besseres Mnd ist als Du.« Dr. Lind ner hbrt die empörten Worte des jun gen Mädchens und lächelt zufrieden vor sich hin. Das geschieht alles mit so viel natürli r Unmuth, so voll Gitte, daß das iibsche Bild den Arzt noch lange begleitet. Und als er das tleine Erlebnis sast vergessen hat, da sorgt ein Zufall, daß es ihm wieder in Erinnerung kommt. An einem Sonntagmorgen, als die Glocken zum Frühgottesdienst läuten, hat Dr. Lindner schon vor seiner Sprechstunde einen dringenden Besuch zu machen, in einem Haus gerade gegenüber der Lu therlirche. Als er aus feinem Koupe springt, fällt seinBlick auf eine alte Frau in selsamer, einer längst ver-« gangenen Mode angehöriger Kleidung. Sie humpelt an einem Stock, in der anderen Hand hält sie das Gesang buch und eine Tasche —- es wird ihr sichtlich fchwer, sich bei dem heftigenJ Wind fortzubewegen. Am Portal der » Kirche steht sie hilflos, ängstlich dies paar Stufen messend. Das Gesang-: buch entfällt ihrer Hand, als sie ihren » langen Rock aufnehmen will. Ein paar i Gassenbuben stehen grinfend dabei und weiden sich an der Verlegenheit! der lomischen alten Frau. Aber schon ; ist hilfe nahe. Ein weibliches Wesen’ mit einem Körbchen am Arm tritt zu j der Alten« hebt ihr das Buch auf,! führt sie sorgsam die paar Stufenl hinan und öffnet die Kirchenthiire, sie ! so lange haltend, bis die unbehilfliche ’ Person eingetreten ist. Dann geht sie ihres Weges weiter, dem Arzt, derk immer noch neben seinem Wagen fteht,l einen Augenblick ihr Antlitz voll zu-: wendend. Der zuckt erstaunt zusam-l men -----es ist das junge Mädchen, das» sich vor Wochen im Pakt des mißhan delten Kindes angenommen hatte. ; Dr. Erich Lindner geht in der nächs ! ften Zeit auffallend oft durch den’ Parl, wenn feine Zeit eo irgend ge stattet. und ebenso oft macht er sich in ausnah- dek Luthkkikche zu Winkel Doch has ek kein Gute-· Nicht einmal! wieder trifft er seine junge Bekannte» an die er fortwährend denien tnitß.l ifs macht ibn ganz ärgerlich, das; er die Erinnerung nicht los werden lann nnd den Wunsch nach einem Wieder sehen. JedesmaL wenn er vergeblich denPari durchauert und alle Kinder färuleins aufmerksam gemuftert hat, iiiiklt er eine neue Enttäuschung. Au letzt zwingt er sich gewaltsam, den; Pakt eu meiden, und gar nicht mehrs an das Mädchen zu denken. Es ist ja( auch zu lächerlich! Gewiß hätte ihn eine dritte Begegnung aus allen sei nen Himmeln gerissen. Vielleicht hätte er die hiische Kleine an der Seite eines verliebten Jünglinge-« getroffen. Hundertmal hatte er schon solche Fräuleins beobachtet, wie sie mit glühenden Wanaen der Unterhaltung eines Soldaten lauschend, kaum Acht hatten auf ihre Pslegebefohlenencdn Lindner hat keine allzuhohe Meinung von der weiblichen Tugend. Zuviel Oberflächlichkeit und Leichtsinn sind ihm schon in seinem Leben, in feiner Praris entgegengetreten Da ist er zum Zweisler geworden, und es reizt ihn, daß ihm die zierliche Geftalt des ihm doch ganz fremden Mädchens inii mer vor Augen schwebt. Die Mittagsfprechstunde ist auch heute, wie freilich in der Regel, start besucht. Im Wartezimmer sind alle Ziiihle besetzt von harrenden Patien ten. Streng der Reihe nach tritt einer nach dem andern in das Sprechziins mer ein. Eine ärmlich aussehende Frau mit einem leife wimmernden Kind aus dem Arm blickt oft nach der an der Wand hängenden llhr und seufzt, wenn wieder sünf Minuten herum sind. Jch muß um drei wieder am Wafchen sein« sonst gibts Krach mit der gnädigen Frau. Sie hat mir nur ungern eine Stunde Urlaub gege ben —— ach Gott, und eS dauert so lange!'« So klagt sie einem neben ihr sisenden Arbeiter, der den Arm in der Binde trägt. Wieder öffnet sich die Thür. »Wer ist an der Reihe-— bitte fchnell.« Das duntle Auge des Arztes über-fliegt die Wartenden. Ein junges Mädchen tritt vor und spricht fcbiichternx »Ach bitte, Herr Dottor, wenn Sie statt meiner die Frau dort erst nehmen wollten —- ich tann war ten, ich habe Zeit.« Doktor Lindner steht einen Augenblick ganz safsungs los: das ist sie sa, die er so lange ver geblich gesucht hatt Aber jetzt heißt's, sich zufammennehmen... »Schön, wie Sie wollen.« Er winkt der Frau mit dem Kind in’s Wartezimmer und spricht freundlich zu dem jungen Mädchen: »Da Sie feine Eile haben, bitte ich Sie, sich bis zuleht zu gedul den. Es handelt sich höchstens noch um eine Viertelstunde.« »Gem, Herr Doktor.« Suse Hart mann versteht zwar den Wunsch des Arztes nicht, aber das kommt ja nicht in Betracht. Wenn sie nur überhaupt ihren Zweck erreicht! Endlich ist der lehte Patient entlassen, und Dr. Lind ner fordert das junge Mädchen zum Eintreten aus. «Womit sann ich Ih nen dienen —Sie sehen gar nicht aus alsoob Sie ärztlichen Rath brauch ten e« »Um mich handelt es sich nicht, Herr Doktor-, sondern um ein armes ge kähmtes Mädchen in unserem Hinter , hause. Das bedauernswertbeGeschöpf leidet so furchtbar, und dieMiitter ist »todt, der Vater ein Trinker. Er ist s nicht zu bewegen, einen Arzt zu holen. Ich bin in Stellung im Vorderhaus » beim Regierungsratb Schnell, und ich tann’s nicht mehr mit ansehen, wie sich die Anna quält. Möglicherweise könnten ihr doch die Schmerzen etwas gelindert werden. Wenn Sie die große Güte hätten, Herr Doktor, ’mal nach der Armen zu sehen ——« »Selstverst·cindlich, liebes Fräulein. Ich muß doch meinem Ruf Ehre ma chen als »Kleineleutedottor«. Aber« nun möchte ich erst wissen, wie es zu geht, daß Sie so viel Zeit haben, da· Sie doch in Stellung sind. Sie äußre-I ten vorhin, Sie hätten leine Eile.« ; »O, sonst wohl, aber heute nicht." heute ist mein Ausgehtaa. Ich hätte"1 bis zum Abend gewartet, wen-US nö-i thig gewesen wäre. Freilich, fiir dies Anna freut’s mich, daß es nicht so" lange dauert. Sie ist immer glücklich, wenn ich ein paar Stunden bei ihr sitze an meinen freien Nachmittagen.« »Das ist aber sehr lieb von IhnenJ Ihre Erholungszeit einer Kran en zu opfern.« »D, von Opfer ist da keine Rede. Es ist ia gerade Erholung. etwas thun. was man mag, nicht, was man muß. Bei der Anna bin ich Mensch, nicht »Fräulein«'. Obgleich, ich will ja nicht klagen. Es geht mir ganz gut bei meiner Herrschaft. Wie es einem eben gehen kann, »ohne Familienan-’ schluß«. Aber das-half ich ja gewußt, als ich die Stelle annahm, daß ich. nicht zur Familie gerechnet werden würde.« Es tlingt so resignirt, wie sie das sagt, daß dem Arzt ganz son derbar um’s Herz wird. »Wie konn: ten Sie aber eine solche Stelle anneh men, Kind, wie konnten Ihre Eltern das zugeben?" »Ich habe teine Eltern mehr. Und mein Vormund meinte. ein armes Mädchen dürfe nicht wäky lerisch sein. Es sei Zeit, daß ich ihm von der Tasche ·täme—— es ist ein ents fernter Verwandten ich hab’ nach Vag ters Tod in seinem Hause gelebt unt mich zur Stütze ausgebildet. Gro » Ansprüche tann ich nicht m«act«en,,ohn i höhere Bildung«. « i »Was verstehen Sie unter höherer; Bildung?" s »Nun, fremde Sprachen fertig spre chen, Musit treiben, malen, oder wenn man das LehrerinnenÆramen ge macht hat. Mein Vater hätte wohl dafür aesorgt, er ließ mich die Töch terschule besuchen --—eH war sein höch ster Wunsch. seine Kinder etwas Tiich ttges lernen zu lassen . Als ich vier zehn Jahre alt war, starb er. Ta was-I aus mit dem Lernen und mit den Plänen. Meine Brüder kamen in die Lehre. ich W nun, ich wuroe eben »Fräulein'«. Nun will ich aber Ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen« Herr Doktor. Vielen Dant, daß Sie meine Bitte erfüllen wollen« »Das ist selbstverständlich Die Adresse?« »Steinstrasie 28, Hinterhassk, drei Treppen, Maurer Hatnmer.« »Schön. Ich werde morgen gleich - oder, noch besser, Fräulein FIHUILM — jä. Ihren Namen wiisz ich doch nun auch aern -- »Suse Hartmann.« »Also, Fräulein Harimaan am besten ist's, ich komme gleich mit. Wir nehmen den Weg durch den Pakt uno an der Luthertirche vorüber -—-« »Aber das ist doch ein großer Um weg —« »Schadet nichts. Jm GeaentlteiL Es handelt sich ja nicht um einen stu ten Fall, und eg ist heute so herrlicher Wetter. Sie haben ja Zeit und ich — nun ich nehme mir welche. Sie sollen nicht Jhren ganzen freien Nachmittag am Kranicnbett sitzen. Das tann ich als Arzt nicht zugeben. Und Sie dürfen unbesorgt mit mir gehen, Kind, wir sind sa schon alte Be tannte.« Und dann schreitet Suse Hartmenn an des Arztes Seite durch den strart im eifrigen Gespräch. und nachdem sie lange die oerschlungenen Wege durch kreuzt haben, führt Dr.Lindner seine Begleiterin am Kinderspielplatz vor über und da erzählt er ihr die erste Geschichte und an der Luthettirche die zweite, und Suse hört mit gesenktem Köpfchen und ergliihenden Wangen zu, und als die zwei Menschen am hause Steinstraße achtundvierzig an gekommen sind, da hat das »Mein-kein ohne Familienanschlusz« eine Heimath gefunden, und Dr. Erich Lindner segnet die dritte Begegnung. Nun· ist die schwierige Frage, wie er zueiner Frau kommen soll, endgtltig gelöst. · main-. dans (mit seinem Vater im Ge birge): Papa, dieser Berg ist wohl schon recht alt? Vater: Weiß nicht. Wieso meinst du dac? » Don-: Weil sein haupt so kahl ist. «- · f ein-Flaschka krauses-ais bös-r — I Von Fürst S. R. G. In Rußland ist es Tradition, daß der Herrscher über die Vorgänge in ’seinem Reiche nichts erfahren darf; das geschieht, um ihm jeden Aerger zu ersparen... Am Hofe denkt niemand anders darüber, und die Bureaukratie macht daraus direkt ein Gesetz. Großsürstem Minister, Führer von Heer und Flotte, Gouverneure und Polizeichefs berichten ohne Ausnahme dem Kaiser nur das, was ihm zu hö ren anaenehm und vor allen — ihnen selbst vortheilhast sein kann. Wenn man ihnen Glauben schenken dürfte, ist sliußland das bestreaierte Land, sein Heer das am meisten gefürchtete, die Vlnlkssmassen find die gliicklichsten. Wenn der Zar auf Reisen ist, so sorgt man dafür, ihm als Bauern - Dedu tationen aut genährte, große, starke,. sauber qekleidete und wohlgepslegte Menschen vorzustellen Mit freudiger Miene bieten sie ihm das traditionelle» Brot und Salz dar —- aus kunstvoll: verzierten Schüsseln mit schön gestick-l ten Servietten bedeckt. Diese Bauern briillen enthuscastisch Hurrah und ru-« ien ihr dankbares Vivat dem vielge liebten Väterchen zu. Es ist wahr, von Zeit zu Zeit stött ein Mißton die se idyllischen Kundgebungem Bald spricht die Presse von einer Hungers noth, die die Zahl der angelich so sat tenUnterthanen verringert. Bald bricht einSkandal in der hohen Verwaltung aug, eine Diebstahlö-, Erpressungs oder Unterschlagunxssassärr. Oder ein politischer Mord geschieht, dem ein Sensationsprozesz folgt, von dem man selbst im Auslande spricht. Was jetzt folgt, scheint aus dem Reiche der Phantasie zu stammen, ist aber viillig authentisch. Not etwa zehn Jahren lebte in Pe- - iersbura ein kleiner Beamter, nicht mehr ganz jung, denn er hatte damals schon graues Haar. Er war ein sehr bescheidenen uneigennütziger und we: nia bekannter Mensch und hatte einen echt russischen und echt —- vulaiiren Namen, er hies-. nämlich Klopoff. Aber dieser Mann hatte das Zeug zu einem Marquis Posa. Klopoff faßte den ungewöhnlichen und naiven Plan den Leiden seiner Landsleute lebilses zu schaffen, die er wie eigene fühlte. s Als echter ttinsse, der feinem Kaiser aufrichtig ergeben mar, hatte er die lleberzeuguncL dafz alles Unheil Ruf-, lands daher ruhte, daß der Zar nicht die Wahrheit erfuhr, und hielt es- fiir seine Pflicht, sie ihm riiclhaltslos zu entschleiern. Wie sollte er es aber anstellen, um bis zum Kaiser zu gelangen, ohne Rang und Titel, und dazu noch mit einem iibeltlingenden Namen behaftet? Klopoff schral aber vor den Schwierig keiten nicht zuriiau Zuerst fand er ein Mittel, um eine Audienz bei den; Großfiirsten Alexander Michaelo mitsch, dem Vetter nnd Schwager des Kaiserg, durchzusehen Dieser fand an ilnn Gefallen und versprach seinen Beistand, da ihn die Aufrichtigkeit dec Mannes und die Größe seines Planes gefangen nahm. Aber mehr als ein Jahr verstrich, bis Klopoff dem Kai ser voraestellt wurde. Die Begegnung fand endlich statt — ganz im geheimen· Der Zar, der lernen wollte, und Klo« poss, der ihn aufzuklären wünschte, verstanden einander ausgezeichnet Der moderne Marquis Posa entwars ein Bild von den schweren Sünden, unter denen Rußland leidet. Von seiner Begeisterung hingerissen, fügte er hin zu« das; das Heilmittel in der Hand des Kaisers liege. Er allein könne seinem unermeßlich großen Reiche den Frieden wiedergeben, dem Strome der Revolution Halt gebieten, seinen Un terthanen wirthschastliches Gedeihen schaffen, die llnzusriedencn beruhigen und die traditionelle Liebe zum Hause Romanons durch weise und glückliche Reformen wecken und erhalten. Unter diesen Reformen stand die Prefzsreiheit obenan; vie Presse miißte die Lügen und die Tyrannei der Beamten aller Rangllassen zunichte machen. Wenn die Zeitungen frei würden reden dür fen, wurde der Zar altes erfahren! Das war Kloposfg Plan. Um diese Zeit wüthete unter den Bauern Mittelrußlands eineHungers noth. Der Kaiser wußte nichts da von. Klopoff entwars ihm von die sem Zustande in Centralrußland ein Bild. »Soviel Lügen, großer Gott!'« rief der Zar aus. »Wohin soll das füh rent« Da faßte Nikolaus Il. einen gehei men, aber festen Entschluß. Er ent sandte Klopofs in die Provinz mit dem Auftrage, sich mit den ihm gleichge sinnten Kreisen in Verbindung zu set zen. Er sollte die Gesinnung der Leu te, die Bedürfnisse des Landes und be sonders dieRothlage der Landbevölte rung studiren. Bei seiner Rückkehr sollte er dann dem Kaiser schriftlichen Bericht erstatten· »Mit diesem Dolument,« dachte der Kaiser, ,,werde ich alle Lügengetvebe der Minister und Gouverneure zerrei ßen.« ,,Aber,« befahl erKlopoff, als er ihn verabschiedete ,,Niemand darf wissen, daß Sie von mir kommen. Das bleibt ein Geheimnisz zwischen uns. Sonst könnte es uns beide gereuen,« fügte er mit seinem gutmüthigen Lächeln hin zu. Klopoff verließ mit dem geheimen Befehl des Zaren Petersburg zu einer weiten Reise. Ueberall, wo er sich aufhielt, schuf er ganz im stillen Co mites die aus ernsten Männern und aufrichtigen Patrioten bestanden, die von dem großen Gedanken, an der Re formation ihres Vaterlandes mitzuar beiten, begeistert waren. Jch konnte mich über die Art seiner Schritte durch einMitglied dieser Comites genau in formiren. Der, dem ich diese Einzel heiten verdanke, ist lein anderer als Sergius Tolstoi,der Sohn des bekann ten Schriftstellers. Man hielt Ver sammlungen ab, distutirte, entwarf Statistiken protollirte schreiende Mißbräuche in der Verwaltung und faßte sehr gemäßigte, aber kluge, nütz liche und äußerst nothwendige Be schliisse. Als er seine Aufgabe beendet hatte-, lehrte Klopoff nach Peteröburg zurück, erhielt eine neue Audienz beim Zaren und überreichte ihm seinen Bericht. Jetzt hieß es handeln. Aber der oberste Herr im Lande, dem man eine absolute Macht und un-« begrenzte Rechte gewährt, der nur zu wollen braucht, damit sein Wille in Erfüllung geht, der Zar und sein un-? eigenniitziger Mitarbeiter hatten die: Rechnung ohne —— die GeheinvPolizeiT gemacht. Nicht nur die Leute mit um siiirzlerischen Jdeen werden in Nuß land aussvionirt und Schritt für Schritt verfolgt. Der Kaiser und die die sich ihm nahen, werden noch mehr als andere mit den Fangstricken der politischen Polizei umsponnen. Jn dem Augenblick, wo der Zar, Groß fiirft Alexander Michaelowitsch undI Kloposs glaubten, die alleinigen Hüte:4 des Geheimnisses zu sein, wußten schon die Polizei und durch sie alle die ein Interesse daran haben konnten, davon. Und alle schworen es sich zu. die Ein dringlinge zu vernichten und ihr Wert ans immer zu vereiteln. Man erreichte das aus die einfachstel Weise. Um diese Zeit kehrte der Ge neral:-Adjutant des Zaren von einer Reise nach seinen Gütern zurück. Der Kaiser, der wußte, daß jener mit dem Minister des Jnnern auf sehr schlech tem Fuße stand, befahl ihn zu sich und fragte ihn in unaussälliger Weise nach Der Hungersnoth von der Klopofs in seinem Bericht gesprochen hatte, der genau die am schwersten heimgesuchten Orte aufzählte. Dazu gehörte auch das Gouvernement Tula. Und der Gouverneur dieser Provinz war, wie der Zar ebenfalls wußte, ein Freund des Adjutanten. Aber der General Cheremetieff, der iider Klopoffs Mission unterrichtet war, antwortete einfach: »Nein, in Tula gibt es keine Hun gersnoth Jch tomme ja daher. Auf dem Bahnhos sah ich meinen Freund Urusofs. Er hätte sicher darüber mit mir gesprochen. Aber imGegentheil, er versicherte mir, daß dort alles in Ord nung sei.« Klopoffs Erzählungen waren also Lügen. Armee Marquis Posa! . . . . Dann kamen Klagen von allen Seiten. Ein gewisser Klopoff, hie-f; eg, reist durch ganz Rußland, behauptet, vom Zaren entsandt zu sein, mischt sich in Dinge, die ihn nichts angehen, sät um stiirzlerischeBewegungen, erweckt schäd liche Hoffnungen ..... Und Klopoff wurde vom Kaiser fal len gelassen ..... .,Wem soll ich in Zukunft Glauben schenken«, dachte der Zar So schlug der Wunsch Nikolaus kl. fehl, sich direkt zu informiren, außer-: halb des gewöhnlichen Fahrwassers der ,,Tschinowniks.« Da er Niemand trau en kann, schwankt Nikolaus Il. zwi schen dem Mystizismus der Religion und dem eines Philipp von Lyon hin und her. »Ich bin ein konstitutioneller Herr scher,«« sagte der Zar am Tage nach der Auslösung der ersten Duma zu den Schmeichlern, die von einer Restaura tion sprachen. Soviel ist sicher: Von der qesammten ofsiziellen Welt in Rußland wünschen nur der Zar und sein Premier-Mtnister dem neuen Regirne wirklich Erfolg. Eine sonderbare Quelle giebt auf der Erde Seen, die abwech selnd süßes und salziges Wasser ent halten, und darin steckt kein beson deres Naturwunder. Als Beispiel läßt sich der Tschilka-See in Jndien nennen, der in Verbindung mit dem Meere steht, aber zur Sommerszeit vom Lande her so ungeheure Wasser mengen von den angeschwollenen Flüssen empfängt, daß sein eigenes Wasser fast völlig ausgesiißt wird. Eine Quelle aber, die süßes und sal ziges Wasser nicht nur nacheinander, sondern gleichzeitig abgiebt, ist wohl als eine einzigartige Merkwürdigkeit zu bezeichnen, und man würde an die Möglichkeit, zumal sich eine solche Quelle in Amerika befinden soll, viel »leicht gar nicht glauben, wenn ihre sEntdeckung nicht von einem Mit gliede der Geologischen Landesunter suchung der Vereinigten Staaten, also einer Anstalt von einwandsreier wissenschaftlicher Bedeutung, stammte. Einer der Geologen dieser Anstalt stellte bei Gelegenheit von Untersu chungen über die Grundwasserver hältnisse im Staate Ohio, in der Nachbarschaft des Ortes New But-m ington, eine Quelle fest, die gleichzei tiq süßes Wasser und Salzwasser führt. Die Quelle wird von zwei Brunnen angezapft, die dicht neben einander stehen, von denen aber einer ein ausgezeichnetes Trinkwasser lie fert, während das Wasser des ande ren mit verschiedenen Mineralsalzen so stark beladen ist, daß es fast die Eigenschaft einer Salzsole besitzt, übrigens auch von« Aerzten als werth voll für die Behandlung gewisser Krankheiten empfohlen worden ist. Als dieser Brunnen zuerst gegraben wurde, erregte er unter der Bevölke rung der Gegend großes Aufsehen, und die Leute kamen in Schaaren zu sammen, um sich von der sonderbaren Beschaffenheit des Wassers zu über zeugen. Die Erklärung des Räthsels liegt in der Thatsache, daß der Brun nen, so unmöglich es erscheinen mag, doch von verschiedenen Wasseradern gespeist wird, die durch eine Kalk schicht von einander getrennt sind, und zwar liegen die biiden Wasser adern über einander. Die Röhre der Trinkwasserpumpe ist nur 5 Meter lang, während die der Salzwasser pnmpe über 10 Meter in die Tiefe reicht. Da das Salzwasser schwerer ist, als das Süßwasser, vermischt es sich mit diesem nicht, sondern bleibt auf dem Boden des Brunnens. Wiss-ironisch Eine Anetdote, die auch wahr fein kann, » wird in Moskau von L. N Tolstoi erzählt. In das Haus des Grafen in Chaniowniki kommt ein Holzhandler. Das Bäuetlein sieht einen alten Mann im Bauernhalbpelz im Holzfchuppen des Hauses Brenn holz backen und sägen und wendet sich an ihn mit der Frage: »Nun, Großvaterchen, sag’ mir mal, hat der Graf nicht Brennholz nöthig? —,,Jch weiß es nicht,« Jntwortet in sanftem Tone der alte Mann, ,,geh’ insHaus und frage dort nach!«—Der Händ ler geht ins W«ohnhaus, wo ihn ein Latai imVorzimmer empfängt.«Was willst Du?« fragt ihn der Diener Der Holzhändler verneigt sich tief und fragt: »Brauchen Eure Durchlaucht vielleicht Brennholz?« — »Ich weiß nicht,« anttoortet der Lalai, ,,frage doch den Grafen.« ——- ,,Wo ist denn der Graf?« — »Er ist im Schuppen und sägt Holz!« —- Der Holzhändler geht schweigend und kopfschüttelnd hinan-Z, blickt argwöhnisch im Vorbei gehen m den Schuppen und wendet sich dann an seine draußen stehenden Kameraden: »Nein, hier ist etwas nicht richtig! Man kann hier viel leicht nur sein Geld verlieren! Lieber läßt man sich mit den Leuten nicht int« e ——--—-«——— Von l bis m. Eine Elliarinezeitung aus demJahke 1R4R, die allerdings ihr Leben nur kurze Zeit fristen konnte. brachte un ter obigem Titel folgendes den Geist jener Zeit lennzeichnende Gedicht: An Deutschlands bald’gei lheit Da 2fle ich noch sehr. Jct jebe keenen Zer 4 diese Hoffnung her. 5 Nationalitxiten Sind, wo 6 Deutsche stehn, Die alle abzu7, Gebt 8, det wird nich jehn: Viel sind dem 9 noch ab·hold, Vom Scheitel bis zum 1(). Kindliche Nin-ht. »Du, Mama, die Kuh da« auf der Weide schaut aber finster drein, das - ist gewiß die, welche die sa u r eMilch . gibt!«