Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 29, 1908, Zweiter Theil, Image 9

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    Jahrgang2
Nebraska
Staats-—- Anzetger uned II set-old.
il903. ( keisw kThck lo)
Nu ihm-r 40 .
"« «·?W"
Soll ich nun danken oder klagen,
Daß so sich mein Geschick enthüllt.
Was ich erbosst in fangen Tagen,
In reisen Jahren sich ersiillti
Wie anders lsat es sich gestaltet,
Als das geliebte JdegL
Und dgch scheint dieses rnir veraltet
Und mein Geschick nach meiner Wahl.
Gleich einem Schiffer. der verschlrgen
Auf einem Eiland Zuflucht fand
Und Gliicls genug. Er mag nicht
klagen
llm seiner Sehnsucht sernes Land.
A. K a s s a Ei.
Der Weg zur Höhe
Novellette von R u tb G o e n.
Die Mutter betrachtete ihn-Kind be
tiimnrerr. Was hatte Helene so un
selig verändert? Wenn sie sriiber des
Abends aus dern Geschäft nach hause
kam, bnlssie lachend und sreudin bei
den tleinen Verrichtungen irn Haue
bait, sah ihre Eilet-Jung nach, besserte
sie aus und legte alles iiie den nächsten
Tag bereit. Jetzt ging sie still undin
sich getebrt berurn, tein Lachen slog
über das Gesicht, tein freundliches
Wort belebte die tleine Wohnung.
, Und wenn dieTochter in ierinp
nier- ging, dann tam der Lichtschein
noch stundenlang durch den Risz der
Tritte, dann hörte die-Frau die mü
den Schritte des Mädchens, hörte das
Knistern von Papier -—— es schien, als
satte sie Briese zufammen, die sie las
und wieder las. Sollte sie staaen?
Sie, die dem Mädchen stets wie eine
treue, gute Freundin zur Seite ge
standen, sollte sich akwattfam in etwas
drängen, was das Kind ihr verbara?
Rein, sie wußte es genau, —- eines
Tages würde Helene kommen. nnd an
dem Herzen der Mutter Zuflucht fnis
chen. ihr sagen, was sie bedrückte ——
eines Tages würde der Bann gebro
chen sein. Die Mutter ränmte den
Abendbrodtisch ab und schob dem
Mädchen aus einem Glasteller zwei
Apsetsinen hin: »Ist Kind, das
wird Dich ersrischem Du haft das so
nöthig bei Deiner schweren Arbeit.«
Da wars das Mädchen mit einer
leidenschaftlich-en Beweauna Den Kopf
zurück, eine tiefe Falte grub sich in
die Stirn und die Augen glühten:
»Ach, meine Arbeit, Mutter, ich hasse
meine Arbeit. Den gonien Tag sitze
ich an der Maschine nnd schreibe fast
mechanisch, qedantenlos, was andere
mir vorderen. Komme ich denn noch
Dazu. mich auf mich selbst zn besin:
nenZHabe ich denn etwas von meiner
Jugend?«
»Aber Rind, Zeiten« wehrte Frau
lsrhardt erschrocken »Wie kannst Du
nur so sprechen. Sieb, Du bist noch
jung, keine siinsnnduvanzig Das Le
rentieqt vor Dir. Du tannst heira
then, und Du wirst es hoffentlich auch
»Heirathen? Jch?« siel Helene
bitter ein. »Das glaubst Du wohl
setber nicht, Mama. Aus unseren
streifen heirathen die jungen Leute
rtsenso one Geld. wic in anderen Krei —
sen auch. Hat einTlllädchen nur einige
Tausend Vermögen, so steigt eo sosort
im Ansehen. Dann oars man häßlich.
thöricht, charakterlos sein, man findet
immer eine Anzahl von Männern, die
einen zur Frau-begehren Wir aber
müssen noch gliicklieb sein, wenn einer
non den Herren ber Schöpsnng uns
sür würdig genua hält,uns seine Aus
inertsamkeit vorübergehend zu schen
ken.«
»Sprich nicht so bitter, Lena.'«
Frau Erhardt sah die Tochter traurig
an. »Es giebt auch noch Männer, die
den Werth einer gesunden und fleißi
gen Frau zu schönen wissen, denen ein
sreundlicheo Gesicht ebenso lieb ist wie
eine Mitgift, namentlich wenn die
Ansprüche dann um so größer sind« ja
ost gar nicht mehr im Verhältniss zu
dem Vermägen stehen«
»Ach Mutter, wie schön Du sprichst,
man könnte sast glauben, es ist so.'«
»Es ist auch so, Lena, glaube mei
nen Erfahrungen«
Einen Au enblict blieb es still in
dem kleinen . immer« Lena starrte mit
großen Augen hinaus in die Dunkel
heit, in die ziehenden Nebel, die wie
eine Last aus der Erde lagen. »Und
wenn man schon wirklich ein solches
Prachteremvlar, wie Du eben schil
verst, sindet,« sagte sie dann und strich
nervös stber das haar. Jn dem Ge
sicht lag« eine Spannung, wie vor
einem peinlichen Geständniß. —- ei
war slimmendroth unter der vUmrirh
inung des blonden Scheitel-. »Wenn
man einen solchen Mann heirathet, —
was dann, Mamalt Man lebt unter
been gleichenDrna weiter und steht nle
den Weg, der zurHiihe sährt Ja,ich
will auch einmal das Leben kennen
lernenci einsah wenn abuch Ymal nurs
in vo en- gen genie en, anz un
Luka- hsieu usw wiqu das geht-n
mir, wenn ich sterbe, will ich wissen,
daß ich gelebt habe. Mama, Du
kennst mich und weißt ich bin nicht
neidisch, —- aber als ich gestern Grete
Witt tros, unsere Stenographin, so
elegant angezogen, so sorglos und
heiter, und wie sie mir erzählte, daß
sie Tänzerin an einem Ballett sei,
und ein herrliche-s Leben siihre, da
dachte ich voll Zorn, weshalb ich mich
denn so quälen soll, um immer nur
weiter im Staube zu kriechen. Ich bin
gewiß so talentirt, wie Grete, stelle
äußerlich ebenso viel vor, ich habe
eine gute Stimme, — ich will auch
etwas erreichen, nach den Weg betre
ten. der zu den Höhen führt. Morgen
Abend will ich Grete besuchen. Dui
hast doch nichts dagegen, Mutter?
Jch will mir ihre herrlichteiten ein
mal in der Nähe ansehen, ich möchte
mit ihr sprechen.«
Ein Ausdruck wahnsinnigenSchreti
ieng ging iiher das Gesicht der Frau.«
Sie durfte es nicht erlauben, ihr Kind
sollte ihr nicht entrissen werden von.
dem Moloch Genußsucht und Augen-»
ipliclggliick Aber, wenn iie die ZUU
sammenlnnst verbot, dann würde den
Rei-. des Geheimnißoollen stärker seins
alg ihr Wille. »Und wie sie Helene
ietzt betrachtete. die intelligente Stirn,;
Die Augen« sragenden Augen, denj
Mund mit den unschuldigen Linien
der Lippen, do wich plötzlich die inngHi
Furcht. »Geh hin. mein Kind«, sagte:
sie milde, mit einem überlegenen undl
spöttisch-u Lacher-r »Geh, und ver-i
gis-, nicht, Wahrheit von Schein zu
unterscheiden, dann wollen wir dg
riiber sprechen.«
s I- C
Jm ersten Moment war Helene ge
blendet. « Je aufmerksamer sie aber die
Dinge betrachtete, desto öfter fielen die
Worte der Mutter ihr ein: »Vergiß
nicht. Wahrheit vom Schein zu unter
scheiden-«
Grete saß in einem eleganten Kleid
aus leichter, grüner Seide ihr gegen
über. Der griine Ton hob das leuch:
tenoe Noth des Haares, aber dem Ge: !
sieht fah man um so deutlicher einen.
Zug grenzenloser Msatttgleit und Ab
spannung an. Der Mund sentte sich
in zwei harten Endlinien fast senlrecht
heruh, die Lider lagen über den unsp
ruhig fl.rcternden Augen.
,,Erziihle mir etwas aus Deinem
Leben,« bat Grete und neigte sich zu
der ehemaligen Kollegin hin. »Wie
lange ist es her, daß wir uns nicht
mehr gesprochen hohen. » weißt Du
noch, wie mir friedlich nebeneinander
sahen, in unseren großen schwarzen
Aermelfchiirzem und am Abend gin
gen toir lustig nach Haue-, in unser
hesckeidenes Heim, die ganze Woche
freuten wir uns auf den Sonntag;
wie herrlich es war, wenn wir- Som-—
mer und Winter, ob es regnete oder
die Sonne lachte, unsere Ewigkei
aiinge utaehten? Alles konnte uns
entzücken, jeder Vogel in der Luft,
jedes Blatt arn Baum. Da waren
nsir noch tvirtlich froh, und das Herr
juna.« Zie lehnte sich hinteuiiher,
langsam füllten die Augen sich mit
Thränen. Helene fah mit wachsendem
Staunen die Freundin an. Wie sie
hier saß, umgehen von Luxus und
Elegani in der tleinen behaglichen
Wohnung-, schien nichte- ihr ium Glück
zu fehlen. Und sie dachte voll schmerz
licher Wehmuth an die arbeitsreiche
Zeit zurück, in der sie ihre Jugend
in der dumpfen Kontorstuhe vergra
ben, nichts wußte von den herrlich
leiten, die das Leben denen giebt, die
auf seinen höhen wandern-»
,,Gtete, —-—da5 saan Pur- entgeg
nete Lena bestiitzt und legte den Ton
auf das «Du«. »Hast Du nicht alles,
was eine Frau, ein Mädchen nur ek
träumen kann. Du bist jung, schön,
gefeiert, nlles liegt Dir zu Füssen-,
und verzeih, ich glaube Du hast auch
einen Menschen, den Du aern magst,
ich sah Dich oft mit einem jungen
Mann, ----- er war schön, elegant, -—
ich sage es Dir ehrlich, ich beneide
Dich.«
»Ach mein Gott« Grete lachte aus«
ein geltendek Ton klang hindurch
»Du beneidest mich, weshalb, weil
ich alles habet Ich bin sunq, davon
haben nur die etwas, die mich auf dek;
Bühne sehen, -—- ich bin schön -— und;
muß zittern, nicht häßlich zu werden«
weil meine Laufbahn dann zu Endel
ist, und mit Iodesentsetzen bemerke
ich jedes Fältchen in meinem Gesicht,
mit ivahnsinnigem Etschkecken ent:
dekle ich die Flecken in meinem Ant
lis-« die die Schminle zurückläßt und
der Mann. der mich liebt sie stand
auf, in den Augen das unruhige
Flackenk die Lippen tief herabaezos
gen, »der Mann. Lena,-—— et hat
mich schon verlassen. Ich, -- eine
tleine Tänzerin, ein Mädel aus dem
Chor, wie tausend Andere-, ich bin ein
Spielzeug, wie tausend Andere. Bin
ich bei auter Laune, lustig, lache ich,
dann ist man mit mir zufrieden.
Wenn ej mir aber einsallen sollte,
setz zu zeigen odek aar Theilnahme
und Mätgesilhl zu beanspruchen, —
dann. wehe mir. Wie ost habe ich an
Dich gedacht, Lena, Du hast Deine
Mutter, einen Menschen, der Dir vom
ganzen Herzen zugetban ist, Dir bleibt
Zeit, etwas zu lesen, Deinen Geist zu
bilden, heirathest Du einmal, dann
weißt Du gewiß, Du wirst um Dei
ner selbst willen geliebt und be ehrt,
nicht, weil Du ein Schaustück bit, wie
ich, bewundert von der Menge, die
Dich iviort vergißt und verstößt,
wenn Zeit und Leben anfangen, ihre
grausanteSchrist Deinem Antlitz aus
zuschreiben Und heiratbest Du nicht.
dann kannst Du Dir einst, am Ende
Deiner Tage sagen: »Ich habe gear
beitet nnd aestrebt, »Liebe gegeben und
Liebe empfangen, ich ging den Wen,
der zum Himmel stibrt.« « Jn die
ienl Augenblick wurde an die Tbür
qellopst Das Mädchen brachte einen
Eilbrief. Mit zitternden Händen er
brach ihn Grete: »Meine Schwester-ist
trank und verlangt noch mir. s-L.
mein Gott«
Lena wollte trösten: »Bernhige
Dich, Grete, -—- reise bin, es ist in
nicht weit, vier Stunden nur, bis-s
Hamburg."
»Wer Stunden,« wiederholte sie
mechanisch. »Vie: Stunden, ja, aber
heute Abend ist Premiere, ich dnri
nicht fehlen, ich tanze allein einen
Tanz, es ist... es wäre mein Un
glück, wag soll ich thun?«
— -—-s - - s-« Als Lena an diesem
Abend nach Her-use kam, lies sie hinein
in das Zimmer der Mutter, stürzte
aus sie zu und liiszte sie lachend unter
Tbränem »Mutter, liebste Mutter,
verzeih» veraise.«
Frau Erhardt ttrerchelte das Haar
der Tochter und lächelte. Sie wußte
alles, hatte alles verstanden —- und
verziehen.
HO
Cannelbauten.
Von Hans Dominik.
Der alte mathematische Grundsatz.
daß die gerade Linie der kürzeste M
ist, bat bereits vor Jahrzehnten seine
technische Eintleidung in Form deg
Tunnels gefunden. Gewaltige Ge
bitgsstöcte von der Mächtigtett des
St. Goman des Mont Cenis
oder gar des Simplon sind von den
modernen Tunnelerbanern glatt durch
stochen werden. Weder überreiche sie:
bende Quellen, noch briichiges, alte-IF
Verschtittendes Gestein, noch auch eint
Gebirqsdruch der selbst masstve eiser:
ne Rippen zu tnicten drohte, konnten
die Menschheit in ihremVorhabtn aus
balten,und sicher rollen die Eisenbahn
züge heute durch den Leib der Alpen.
Dem harten Felsen gis-I man mit
Bohrmaschinen unannamtt Hut-teile
und je sester er war, desto besser war
es, denn desto fester stand auch das
LUIYUUTDUL ch llcllc Zell ultrunr m
desk neue Aufgaben. Nicht n:cl1r durch
barten Fels, sondern durch den wei
chen, schier unergriindlichen Schlamm
der Flufzgriinde, durch den Zumpfboi
den alter Städte mufite man Tunuels
bohren, unt dem stödtifchen Schnell
vertehr der Nelszeit ein passendes Bett
Au bereiten. Mit einem Schlage stand
die Technik vor ganz neuen Aufaaden
und mußte neue Lösungen finden.
Hatte man früher gewissermaßen mit
einem Holzbohrer im harten Holz ge
bohrt, so sollte man jeyt plötzlich in eis
nem ziemlich nachgiebigen Brei. ja
stellenweise in einer fast flüssigen Eup
pe ein zuverlässiges Tunnelrohr ber
stell-n. Das erste Mittel dazu war
der Druckfchild. Bereits der vielseiti
ge und geistreiche englische Jugenieur
Brunnel hatte den Druckfchilo um die
Mitte des vorigen Jahrhundert-.- bei
der Erbauung des ersten Theuisetun
nels erfolgkeich benutzt, und in verbes
serter Form hat er bis in die letzten
Monate bei den verschiedensten Tun
nelbauten, z. B. bei der llntertunnes
lung der beiden New York umgebenden ;
Gewiisser, des Hudson und des lfast l
Nimr, Anwendung gefunden. Das
Bohtverfahren mit hilfe des Drud- .
fchildes ist verhältnismäßig einfach.
Man stelle sich einen aus schweren Ei
fenblechen zusauimengenieteten stor
per vor-, der etwa 12 bis 15 Fuß
Durchmesser und 12 bis l:·- Fast Län-«
ae hat. Das ist der sogenannte Drud
lchild. Man könnte sich denken, erj
würde einem Riesen aus den Finger ge
»steat, und der bohrte ihn durch den
Schlamm und Sand eines Fliißbettes
hindurch.
Aber erstens haben wir teine Riesen
zur Verfügung und müssen daher ein
anderes Gewaltmittel, nämlich die bns
drastlische Presse, anwenden, um den
Druckfchild durch den Flußgrund zu
treiben. Ferner müssen wir damit
rechnen. daf; der Schlamm und Sand
hinter dein Druckschild gleich wieder
Zusammenstiirzen würden, wenn wir
das eben erbohrte Tunnelstticl nicht
sofort mit soliden eisernen Wänden
austieiden, die den Erddruck aufneh
men. Damit sind wir aber der Bohr
technit mit dem Druckschild schon sehr
nahe getommen. Wir stecken ihn in ei
ner tiefen Baugrube neben dem zu un
tersuchenden Fluß in das Erdreich.
und zwar so, daß der Riesenfingerhut
wagerecht liegt und seine Spitze zum
andern Flußufer binzeigt. Nun begin
nen wir von der Baugrube aus bereits
in ihn hinein das eiterne Tunnelrohk
zu bauen. Ferner schließen wir die
Baugrube nach oben hermetisch ab und
lassen Druckluft in see treten, da uns
anderseits das Flußwasser in die-Gru
be dringen und der ganze Tunnel ver
saufen würde. Nun hat unser Riesen
singerhut wie alle besseren Zaudernd
larate einen doppelten Boden. Der
rotderste Boden hat einzelne kleinere
Fenster, die geöffnet werden können, so
daß man durch fie hindurch in den«
tompatten Flufzgrund schaut. Der»
sweite Boden hat eine größere Thür.
Jn diese vordersteArbeitstammer des
Druckschiides, zwischen diese beiden?
Böden des Fingerhutes. treten nunAr:
heiter ein, öffnen die Luten des vorde
ren Bodens und beginnen den Fluß
arund hineinzuschaufeln. Gleichzeitig
treten die hydraulischen Pressen zwi
schen dem bereits festliegenden eisernen
Tunnelftiiet und dem Dructschild in
Thätiateit und wuchten mit vielen
tausend Pfunden aeaen den Finger
hut· Nun tommt Leben in das Gan
ze. Während die Arbeiter unermüd
lich Flußgrund hineinschaufeln. der
fortwährend nach der Baugrube hin
abgefahren wird, rückt der Druckschild
allmählich im Flußgrund vor. Eine
Yard nach der andern riickt er vor.
Fortwäbrend wird indess, der eiserne
Tunnel hinter ihm nachgebaut. Noch
bevor das weite offene Ende des Fin
gerhuteä über den vorhandenen Tun
nel hinaus und von ihm abgleiten
kann, werden neue eiserne Tunnelringe
angesetzt, und so folgt das Rohr dem
Druckschild getreulich nach, während
dieser dem fernen Ziel. der anderen
Flußseite, entgegenwandert. Auf diese
sWeise ist seinerzeit der Spreetunnel
lbei Berlin gebaut worden, und mit
idem Druckschilde wurden Gast-Nivea
»und zaudson unterfahren. »Das Druck
fchildverfahren aeftattet eg, auch das
tallerschwierigste und der Tunnelbau
kunst friiherer Jahre unzulängliche
Gelände mit Sicherheit zu unterfah
ren. Wenn einmal das arofze Projekt
deg englisch-französischen Kanaltun .
nelg zur Ausführung kommt, so wer-;
den dabei Druckfchilde höchstwahr-s
icheinlich eine beinertenswerthe Rolle
spielen. Trotzdem hat sich die fort-»
fchreitende Technik bei dieser Errun
genschaft nicht beruhigt, sondern be
reits wiederum ein andereJ und recht
vcttbeilhaftesz Bauverfal,ren, die soae
nannte Caissongriinduun erstellt Da «
bei geht man von dem Gedanken aug,
den ganzen Tunnel auf der Flufwber
fläcbe feriigzuinachen und dann in das
Flufibett einzusenkew Der Gedanke
ist fiirwahr recht liihn, aber er ifå
durchfiihrbar und an zwei Stellen,
nämlich unter der Seine in Paris
und unter dem Detroitflufi zwischen
Michiaan und Ranada, auch bereits er
folakeirh durchgeführt worden. Dabei
hat sich gezeigt, daß das Verfahren so
gar um etwa 20 v H. billiger gewor
den ifi als die Druckfchildbohrunq, und
fo werden wir auch bereits im nächsten
Jahr auliißlich der Untergrundbahn
bauten in Berlin eine Untertunneluna
der Spree nach dem cfaiffonverfahren
erleben.
Der Arbeitszvorgana selbst stellt fich,
wie folgt« dar. Auf einer fcbrägen
Wcrft am Flußufer werden die einzel
nen Tunnclabfchnitie, qeioalliae Eisen
rohre von etwa 15 Fuß Durchmesser
und fis-O Fuß Länge, ljeraeftellt und an
den Enden durch je eine wasserdichte
Bohlenwand verschlossen Solch Rohr;
ruht auf einer kräftigen hölzernen
Bohlenform nnd trägt eine äußere
Urnzirrinierung, die angibt, wie start
das eiferne Rohr mit Beton nnrlleidet
werden foll. Die fertigen Tunnelab
fchnitte wurden am Detroitriver wie
Schiffe vom Stapel gelassen nnd von
Schleopdainpfern über den Fluß gezo
gen. Inzwischen hatte man an der
Stelle. die der Tunnel einnehmen foll
ie, in den Boden des Flusses Von Ufer
zu Ufer einen breiten nnd tiefen Kanal
aebaaaeri. Ueber diefe wurde Tnnnel
ftijck nm Tun-relitiick aefahren nnd all
mäblich in die Rinne versenkt, wäh
rend gleichzeitig Tancher die einzelnen
zStücle lieber und wasserdiclzt ver
jfchranbten Dann wurde um die ei
Hernen Röhren herum in die Zimme
rnna Beton gefchüttet, der in wenigen
Wochen aranitfreinartig erhärtete. Die
gebagaerte Rinne wurde über den
Tunnel mit Geröll und Steinfchlag
wieder geschlossen, und das Tunnelin
nere wurde ivasserleer gepumpt, eben
falls mit Beton ausgefüttert und mit
icsifenbahnfchienem Stromzufiihrun
lgen usw. versehen.
’ Jn ähnlicher Weife hat man es in
Paris gemacht. Der Tunnel unter
fiihrt hier zwei Seinearme und eine
dazwischenliegende schlammige Insel.
Der Untergrundbahnhof wurde mitten
auf dieser Jnsel fertig montirt und
dann nach dem Caiffonverfahren tiefer
und immer tiefer versenkt, bis er
schließlich drei Stockwerke unter der
Erdoberfläche lag· Mit derartigen
Ausführungen nähern wir uns bereits
Konstruktionen. die vorläufig noch sehr
vhantaftifch erscheinen, aber für den
französischen Kanal bereits allen Ern
ste-; vorgeschlagen worden sind, näm
lich den frei im Wasser liegenden Tun
nels. Man hat unter anderem auch
ein Projekt ausgearbeitet, demzufolge
dieleisenbahntunnelH zwischen Eng
land und Frankreich einfach frei im
Wasser auf dem Meeresgrunde liegen
sollen, natürlich auf eingerammten
Pfählen geniiaend fundirt, aber doch
felbft außerhalb des Grundes. Eine
solche Bauweise würde sicherlich sehr
rsiel billiger werden als ein durch den
lttrnnd gebohrter TunneL Freilich
triirde es nicht nach jedermanns Ge
schmack sein« sich solchem gebrechlichen
Eisenrohr anzuvertrauen Auch könn
te ein sinkendes Schiff, das gerade auf
den Tunnel fällt, unangenehme Waf
fereinbriiche bewirken. Wie fich jedoch
die Technik kommender Jahrzehnte und
Jahrhunderte dazu stellen wird, läßt
sich freute nicht sagen. Vielleicht kom
men wir mal in ein Zeitalter, da ein
beweglich gegliederter eiserner Tunnel
zwischen Europa und Amerika in ähn
licher Weife ausgelegt wird wie heute
etwa ein eleltrilehes Kabel von einem
Kaheldanipfer, in ein Jahrhundert, in
dem die Eisenbahnziige in solchen ei-:
fernen Röhren sicher von England nach
New York fahren. während die Unge
heuer der Tiefe sich an den Außenwän
den dieser Röhren reiben, ebenfo wie
sie heute gelegentlich ihre Kräfte anTe
legraphenkabeln verfuchen. Unmöglich
ist diese Entwicklung nicht, wenn man
in Betracht zieht, welchen ungeahnten
Aufschwung und welche Veränderun
gen die Tunnelbautechnit bereits
während des- letzten Lilienfchenalters
durchgemacht hat.
’5 automobilfromme Roß.
Summe-sie von O, M i t i c r.
Am Stammiisch ,,( um blauen
Ochsen« in Michelgdorf waren wie
der einmal die Honoratioren des Or
tes versammelt und zwar diesmal in
aufsergewöhnlicher Anzahl. Gegen
stand der ziemlich lebhaften Debatte
war das verwünschte Schnauferl, und
was die Bauern an Kraftaugdriiclen
auf Lager hatten, das luden sie an
diesem einend aus oag veroakzre »am
·;eug ab. Nicht so sehr der Staub,
das-« Gerassel und der Gestank waren
eg, wag die Bauern so in Harnisch
brachte, sondern vielmehr daLScheuen
ihrer Pferde und der Schaden und
Verdruß, den sie dadurch erlitten. Die
hitzigsten Reporierpbantasien waren
nichts gegen die Pläne, welche die
Bauern von Michelsdors ersannen zu
einem Vernichtnngglamps gegen das
AutomobiL aber IZum Gliirl sür«beide
Theile blieb esJ beim guten Willen.
»Man sollt’ halt ein Mittel haben
gegen das Scheutoerden der Pserde,«
meinten die Bedächtigeren, ,,nacha
gang die Sach a sa aa!« Aber da
sprang auch schon der Zapselbauer,
der sich bisher ruhig gehalten hatte,
aus und ries mit dröhnenderStimme:
,,Deg Mittel, des hab i!« Und nach
einer Pause allgemeiner Mundsperre
seiner Zuhörer erklärte er weiter: »So
a »Lampen«« wia der Schullehrer
wölche hat, der die Bilder as die
Wandv hinzaubert, brauchet i halt.
Wann i eppa mein’ Hausl im Stall
so a paar Automobilbilder zoag, wird
er sich wohl niit der Zeit an das Zeug
g’wijl)na!«
Die Bauern von Lllkichelgdorf wieg
ten die Köpfe hin und her --— die Idee
war nicht schlecht! Und nachdem sie
die Sache erst richtig erfaßt hatten,
waren sie Feuer und Flamme dafür.
Gleich morgen sollte die Probe gemacht
werden, und da der Lehrer sich lächelnd
bereit erklärt, seine Kinematographen
«er diese..i Zwecke herzugeben, so ver
sammelten sich am anderen Tage di-:
JBauern in dem geräumigen Stalle des
Zapselbauern, um voll Spannung der
Wunder zu harren, die da kommen
sollten. Der Schullehrer hatt-) eigen
händig die Bedienung des Apparates
iibernommen. während die Bauern sick
insofern attiv an der Zauberei bethei
ligten, als sie mit alten Blechlannen. :
Feuerzangen, ,,Hasendeckeln« usw.
ausgerüstet waren, um durch nöthi
gen Larm die Szene zu beleben. Also
war alles in Bereitschast. Idee Lehrer «
that einen Knipser an seiner Lampe, j
und an der Wand entstand ein heller
Kreis mit einem schwarzen Punkt «
darin. Der schwarze Punkt war das
Automrhii. Nun drehte der Lehrer an
einer Kurbel und in fahelhafter
Schnelle wuchs der schwarze Punkt zu
einem riesenhaften Ungeheuer, das rnit
gespenstischer Geschwindigkeit auf den is
erschrockenen »Hansl" zukam. Die ;
Bauern johlten vor Vergnügen und ·
als der Zapselbauer mit einem laut ge- U
briillten: »Jetzat los!" das Signal zu
dem nothoendigen Getöse gab, da ent
stand ein Heidenstandal in dem sonst
so ruhigen Stall, der seinen Höhe
punkt darin erreichte, daß das schemen- i
haste Antomobil dem entseßten Hansl 2
direkt in die toeitausgerissenen Augen !
fuhr. Er sand aber auch zugleich da- «·
mit seinen Abschluß, denn das- geängs s
stigte Thier ris-, sich los und stürmte in i
wilden Sätzen über die Michelsdorfer ;
hinweg ins Freie. ;
Das war nun ein schmähliches ;
Fiasko, und unter derben Verwün- t,
schnngen machten sich die Bauern da- z
von. Der Zapselbauer ließ den Kopf
hängen, so ties er konnte. Denn nicht ;
nur, daß seine so vielversprechendeJdee «
jammervoll zuschanden geworden war, .’
so mußte er jetzt auch noch den beißen- '"
den Spott und Hohn seiner genarrten "
Nachbarn ertragen. ·
Aber ein rechter Bauer ist zähe Jm
geheimen setzte er unter getreuer Bei
hilfe des Lehrers seine Versuche fort
und hatte nach einigen Wochen wirklich
die Freude, seine Mühen durch denEr
folg gekrönt zu sehen. Der Haan i
getvöhnte sich nach und nach an das
sausende Schattenbild, und zuletzt
brachte es ihn nicht mehr aus dem
Gleichgewicht als eine Fliege an der ,
Wand. Nunmehr konnte es der Zup
felbauer wagen, die Probe öffentlich zu
machen. Und er wagte es, und nach .
einiger Zeit begegnete er mit seinem
Gefährt direkt vor dem Michelsdotfer
Wirtshause einem daherrasenden Au- «
tomobil. Dem Zapselhauern ging es -
in der Brust wie ein Dampfhammer,
aber im Bewußtsein seines nahen Tri
umphes verlor er die Ruhe nicht. son
-— «—·..
dern lenktefemenwagen gleichmumia
zur Seite. Das Automobil sauste vor
über, ohne dasz sich der brave Hansl ;
rührte. Als es aber vorbei war, blieb «
das Pferd plötzlich stehen, öffnete die
Niistern und sog mit hefting Schnau
ben die Luft ein. Dann wieherte es
laut auf und fort ging es über Stock
und Stein, bis der Wagen unter Ver
lustgabe eines Rades an einem Baume
hängen blieb. Mit Anspannung aller
Kräfte konnte hier derZapselbauer das
leuchende Roß bändigen und, mühselig
den Wagen schleifend, kehrtenRoß und
Lenker wieder nach Michelsdorf zurück.
Hyerschunden von den Aesten des Bau
mes hintte devBedauernSwertbe neben
seinem boclbeinigen Rößlein daher ein
Bild dec« Jammers, ein Opfer feiner
Ideen. Reinen Blick wagte er vom
Boden auf Zu thun, denn vor dem
Wirtt Hause stand jetzt ein großer
Haufe neugierig-er Bauern, die die
ulileungene Probe mit angesehen hat
ten. Und schon erwartete der Zapfel
bauer wiederum einen Hagel loser
Spottreden auf sein Denkerhaupt nie
dergehen zu hören, als er zu seiner
grenzenlosen Ueberaschuna ein Gemm
mel des-Beifalls vernahm. das ihn trotz
seines Ungemaches empfing.
«Bravo, Zapfelbauer,« rief der Leit
nern.1astl, »guat is’ ganga, g’rad’ guat,
aba an oans haft halt net gedacht,
nämlich n den G’stant.«
Richtig « das lvar’s3, und darum
tmtte derHanle auch so qeschnubberti
Wie der Blitz gings dem Zapfelbaueen
durti das Gehirn --—- daraus hatte ex
bei der Probe vergessen!
Das erste Mittagessen.
Heut lsals ich zum ersten Male ge
kocht,
Elle-« jun-Je Fran.
Ach Gott! Wie ljat mir Das- Herz ge
pocht,
Wie war mir flatt!
Doch überstanden ist es jetzt
lind glücklich vorbei.
Eljiein Mann ist nach svie vor gesund
lind lsleilst mir treu!
—,—- —
Der Mensch denkt.
»Wenn ich ’mal verheirathet lin, dann
coerd’ ich der Herr im Hause sein,
sagte der kleine Fritz. .
»Da-J bar Dein Vater auch qedocht, ’
wie er in Deinem Alter war,« ersof
derte die Marm. "
Verschqu zur Güte.
Junge Frau snach dem ersten-Streit
in der Ehe): »Und damil so etwas
nicht mehr vorkommt. lieber Mitar,
schlage ich ver: Sind mir gleicher
Meinuna, hast Du Recht, sind wir
aber verschiedener Meinung,
hal’ J ch Rechtl«