Uebraska Jahrgang LU. Staats-Anzeiger und Ziffer-Eli Gras-v Jota-M Music-ea- i903s -(.Zwei«ter Theith NIMMHV 38 .» H W Heimath. Mich treibt’s nach manchem. man chem Jahr Zu schauen die Stadt, die mich gebar. Durch schmale Gäßchen ziehe ich — sUnd Altvertrautes wundert mich: Der Spielplatz hier«-und dort der Baum — Wir sehen uns an, ais mass ein Traum; Des morsche Kirchlein, das noch steht — Wie alles mir so nahe geht!... Und wo am meisten ich vielleicht Gelacht —— ward mir das Auge feucht. Das Kind. Ountorcste von :M Mai ..Und nun noch eine Frage, —- ha ben S ....?« Herr Christian Kirmenich stockte mit einem Blick aus die mahlte-riet vitte, aber in entschieden höheren Le bensjahren stehende ältere Dame, die er nun schon nach allen Richtungen hin einem scharsen Examen in Bezug aus die von ihm soeben besichtigte mö blirte Wohnung unterworfen hatte; er ermannte sich indeß und fuhr in strengem Frageton son: »haben Sie Kinderl» Die wohttonservirte ältere Dame sah ihn etwas erstaunt an. Aber da im allgemeinen ältere Damen, die Zimmer an gesetzte solide herren ver miethen wunderbare Fragen gewöhnt sind, entgegnete sie mit würdevoller Gelassenheit: ,.’Llllerdings, Herr Riemensch. Einen l Sahn, der Jngenieur in Brasilien ist, eine Tochter, die Lehrerin Ist. . . .« ·.t)err Christian stirinench machte eine sandbetoeaung »Natürlich meine ich nicht erwachsene Kinder, am we Uigsten solche in Brasilien oder sonst wo. Jch meinte kleine Kinder,« sagte er mit einer Miene, die seine Meinung itber diese Art zukünftiger Menschen deutlich oerrieth. »Kinder, die des Nachts und auch am Tage. wenn man gerade zu Hause ist, schreien, als ob sie am Spiesie steckten; Kinder, die Männern mit Sirupbiindchen aus neue, bellgraue Beinkleider tappen, oder Eia machen. Kinder. die. . . .'« »Aber Herr Kirmenich!« Die wür dige ältere Dame erröthete. »Ersteng bin ich seit fünfzehn Jahren Wittwe und zweitens. . . ·« Jndesz herr Kirmenich war kroch nicht beruhigt. »Mir sind schon die erstaunlichsten Dinge in dieser Beziehung passirt,« saate er mißtrauisch »Meine vorige Wirthin war sonst eine ganz vernünf tige Frau, aber eines schönen Tages nahm sie ein Kind in Pflege, dessen sieben Geschwister denKeuchhusten hat ten und das mit einer Trompete. eis nem Brummkreisel und einer Knarre einzog.« »Und was geschah?« «Gliiellicherweise betam es auch den Keuchhusten!« antwortete Herr Kir menich mit grimmiaster Befriedigung »O, Herr Kirmenich . . It »Ja," bestätigte Herr Kirmenich »Ich bin kein mordgieriger Mensch, verehrte Dame, und das Kind wurde auch bald wieder gesund, was ich ihm von herzen aönnte: aber damals habe ich Schreckliches erduldet, und dar um. . . .« Nachdem Herr Christian Kirmenich die seierliche Versicheruna entaegenge nommen. daß seine Wirthin durchaus nicht daran denke, fremde Babhs in Pflege zu nehmen« geruhte er. die Wohnung zu miethen. Er hatte nichts zu bereuen. Nachdem seine Wirthin erkundet, welche beson deren Wiinsche ihr neuerMiether hegte —- es waren ziemlich viele —·, be mühte sie sich wahrhast rührend, ihm das Dasein eines »m«o"blirten Herrn« möglichst angenehm zu gestalten, und Friede und Behagen herrschten in Herrn Kirmenichs Gemächern. Ein halbes Jahr etwa dauerte die ser idyllische Zustand. Dann merkte Herr Christian Kirmentch plötzlich, daß etwas in der Lust lag, was sei nen Frieden bedrohte. Seine Paulus seln standen aus der linken Seite des Bettes, statt aus der rechten; seine Handtiicher hingen nicht in der richti gen Neihensolar. Ansrage bei der Wirthin brachte tetne Klarheit. Frau Keppler wurde unruhig, ver sicherte, daß sie dem bedienenden Mäd chen schars auspassen werde, und s ien dann doch alles vergessen zu ha n; denn ein paar Tage daraus fand Herr Kirmentch seine Handschuhe wieder nicht am gewohnten Plas. . Alterirt setzte er sich in seinen be quemen Sessel. Nun sing auch in die ser Wohnung, die beinahe das Ideal eine-r Junggesellenbude war, das altes Lied von neuem an. Erst ght allest eine Zeitlang nach Wunsch. nn wied; der Betrieb nachliissig, und der armels Miether leidet je nach seiner Veranla gnug. Herr Christian Kirmenich war aber ned--"'·" ordnunasliebend er wollte ein paar Dutend Augen-ohn heiten, die sich nach und nach bei ihm eingenistet, respektirt sehen, konnte in Verzweiflung gerathen, wenn dies oder jenes anders lag, stand, hing, als er’s gewöhnt war. Was nun? Wieder ausziehen? Jhm graute davor. Aber was blieb ihm anders übrig? Heiraihen? Das war das einzige. Ein kalter Schauer über lief ihn bei dem Gedanken. Nicht daß er Weiberseind gewesen wäre. Bekom men tonnte er immer noch die Aller nettestent denn einem woblsituirten, wohlionservirten ansehnlichen Vier ziger tonnte es nicht fehlen. Aber mit einer Frau fing schließlich dieselbe Geschichte wieder an, wie mit derZim merwirthin. Nur daß er da nicht aus zieben kannte, sondern aushalten mußte. Er saß und sann betrüblich und ver-ärgert vor sich hin. Aus diesem Sinnen weckte ihn ein Ton. der ihn die Ohren svitzen lieb. Er ilana frei-— lieb gediimvst. wie erstickt, aber doch so bekannt, so unangenehm bekannt.... ; Herr Christian Kirrnenich sprang; aus. schlich zuseinerZimmerihiir,leate das Ohr an den Spalt und horchte. ; Da wurde seine Miene nnbeilvollf arimmia: denn das was er hörte, war entschieden — Kinderaeschreii Sosart wollte er biniiberaeben, seineWirtbin Zur Rede stellen: aber dann besann er sich. Schließlich konnte er ihr nicht verbieten. vorübergehend Kinderbesuch bei sich zu haben, denn solcher würde es hoffentlich sein. Er saß wie eine Spinne im Netz, lauernd und wartend, daß dieser Besuch sich entfernen werde, aber er hörte nichts. Es war ietzt auch alles wieder still. Jn der Nacht aber hatte er einen Traum vom Weltuntergang, daraus er schweißgebadet erwachte, und da hörte er das Schreien wieder. Ganz deutlich in der Stille der Nacht, schrill und durchdringend! Und am Morgen fand er seine handtiicher wieder in vertebrter Reihenfolge aufgehängt. Als er sich anaeileidei, ging er zu Frau Kevpler hinüber. Sie ers rat heftig, als er eintrat, und Herr C ri ftian Kirmenich fand, daß sie aussehe wie das böse Gewissen. »Sie werden wissen, weshalb ich komme, Frau Keppler,'« begann er steif. Frau Kepvler versuchte erstaunt auszusehn, aber ohne viel Erfolg; denn in diesem Augenblick hörte man hinter dek halb geöffneten Thür eine Kinderstimme —- diesmal war’s frei lich ein Lachen und Krählem aber Frau Kepvler wurde doch duntelroth. »Sie wissen, was ich bei meinem Einzug als Bedingung gestellt habe.« »Ach, Herr Kirmenich ja, —- — aber es ging wirklich nicht anders, — tas Kind. . . .« »Es-am vermuthlich auch sieben Ge schwister mit Keuchhusten!« sagte Herr Kirmenich mit grimmigem Humor. »Das ist mir egal, aber. . . .« Es blieb unentschieden, was dieses Aber bedeuten sollte: denn in diesem Augenblick wurde die Thiir geöffnet und ein weiblicheö Wesen erschien aus der Schwelle, das sehr tamvslustig aussah, was ihm außerordentlich gut stand. Das Kind hatte die nicht mehr ganz junge, aber sehr hübsche Dame aus dem Arm, ein reizendes Kind mit rothgeschlasenen Böckchen und einein schwarzen Haarschöpscheu Derr Kirmenich stand aus und machte eine Verbeugung. Aus seinem Gesicht wechselte Zorn und Wohlgesch leu ab. Die hübsche Dame aber be achtete beides nicht. »Ich hörte heute erst vonTante, daß wir Jhneu sehr ungelegen kommen,« beaann sie. ,.Tante hätte noch nichts gesagt, aber ich mertte ihr an, daß sie sich bedrückt fühlte. Da drang ich in sie, bis sie gestand. Nun reisen wir natürlich sosort ab. Morgen früh. Nicht Jhretwegen,« sie sah HerrnChri stian stirinenich durchbohrend und ent rüstet an, »nur weil Tante ihren Mie iber nicht verlieren soll. Aber das möchte ich Jhnen doch zu bedenken ge beu, ——— was wäre denn mai aus J h n e n geworden, wenn jedermann die Kinder so gehaszt hätte, wie Sie es thun?« Herr Christian Kirmenich hatte das saiale Gefühl. abgetanzelt zu werden. ,,Gniidige Frau,« begann er un sicher, »ich. . . »Bitte, Fräulein!« unterbrach sie ihn mit gleicher Energie. »der Kleine gehört meiner Schwester.« Irgendwie sühlte sich Herr Firme nichi erleichtert, das; die energische Dame Fräulein und nicht Mutter des Babhö war. obgleich er sich im Stillen »iiber diese Erleichterung wunderte. »Wenn ich geahnt hätte. . . .« » »Ach. entschuldigen Sie sich nicht,« sagte iie obenhin, »eö kommt ia auch nicht daraus an. Aber wer Kinder haßt, ist tein guter Mensch-« ! Damit kehrte sie sich um und ent : schwand hinter der Thür, die sich mit J einem hörbaren Ruck ins Schloß : drückte. J Herr Christian Kirrnenich stand im höchsten Grade verdutzt da. Aber er saßte sich und begann ein mildes Ge spräch mit Frau Keppler, die sich nicht wenig iiber ihren Miether wunderte Er hegte den lebhaften Wunsch, der energischen Dame zu beweisen, daß er doch ein guter Mensch sei. Arn ande ren Tage reiste sie mit dem Babh noch nicht ah, am nächstfolgenden brachte Herr Christian Kirmenich eine Diite Biötuit für das Bahn und eine Schachtel Schotolade siir die Dame mit heim. Bierzehn Tage darauf wurden die Freunde Herrn Christian Kirmenichs und die zärtlichen Verwandten, die ihn schon unter die Erbontel der Familie kgeziihlt hatten, höchlich durch seine Verlobungsanzeige überrascht Der Name der Dame war ihnen gänzlich unbekannt, und sie wären noch über raschter gewesen, wenn sie Herrn Kir menichs Verlobunasgeschichte erfahren hätten, denn eigentlich war das Kind die Ursache gewesen. Ob die energische Dame ihm die Hauöschnhe aus die rechte Seite des Bettes stellen würde und die Oandtti cher an den richtigen Haken hängen, darüber dachte er weiter nicht nach. Es ging ihm eben, wie es allen verliebten Leuten geht, —- er hatte das Denken ausgegeben. -— Ver Wortwechsel. Aus dem Eheleben. Von H. Hart. »Nein, Luisel Das sollst Du nicht thun!« »Ich wills aber! « »Du rerweiaerst mir der«v Gehor sam?« »Gewiß!« »Nimm Dich in acht, saae ich Dir!« ·»«DMka DU, ich fürchte mich vor Dir?« »Ur-erträgliches Weibl« »Lächerlichek EMann!« »Gut denn. Lassen wir unsJ tren nen!« »Ganz recht. Weh mir, daß meine Eltern mich an einer Mann wie Dich aegebenl« »Wel) mir, daß ich so dumm war, mir keine Andere auzusuchen!« . Im Begriff, in dass Zimmer ihrer Tochter einzutreten, hatte Frau Mül ler bereits ihre Hand aus die Klinke der Thiir gelegt, als der heftiaei Wortwechsel sie zurückhielt s Jst es möglich, dachte sie bei ficht Karl und Luise zanten sich miteinan der !Undsie sind doch erst seit sechgi Monaten verheirathet. Welcher Ver drußl Soll sie hineingehen nnd den Bei den, sie überr.aschend, das Häleiche ihres Thuns vor Augen führen und sie Zu versöhnen trachten ? » ein, besser war es, die Beiden sichs zu überlassen. Selbst die Eltern sollen s sich nicht in Streitigkeiten der Ehe s leute mengen Hatte sich irgend et l was Böses ereignet, so mußten die! Beiden selbst zur Erkenntnisz lommeni und einander verzeihen. Das mußte leichter sein, wenn die StreitenderH nicht wußten, daß sie Jemand besp lauscht hatte. ; Heute Abend sollen die Kinder bei? ihren-Eltern speisen, und da iviirdeesz sich erweisen, ob der Zank noch fort-» dauerte. an diesem Falle war dann immer noch Zeit, einzugreifen und die Sache ins Reine zu bringen. Aus den Zehen sich zurückschlei chend, befahl Frau Müller der alten, treuen Dienstmagd an, nichts von ih rein Besuche gegen die Herrschaft zu erwähnen. Als die jungen Leute Abends la men, schienen sie vergnügt und fröh lich wie immer. Sie betragen sich ge aeneinander, als ob nie eine Wolle den Ehehimmel getrübt. Frau Müller war glücklich. Ende gut, Alles qui!... Am Tage darauf lonnte die Mutter sich der Gedanken an das gestern Vor acfallene nicht entschlagen Es unter lag keinem Zweifel, daß die jungen Eheleute wieder in bestem Einver fländniß sich befanden. Trotzdem wäre ihr viel werth aewesen, zu wissen, wie sich der Verkehr untereinander zu Hause gestalten Es ließ ihr keine Ruhe. Sie mußte es erfahren. » sum tht, als sie die Beiden zu Haus wußte, ging sie hin. Zum Fiensimiidchem das ihr öffnete, sagte te: »Melde mich nicht. Jch will meine Kinder iibekraschen.« Und sie lief leise zu der Zimmer thür, wo sie gestern gelauschi. Laute Stimmen klanan durch die geschlos sene Thür. Horchend blieb Frau Müller stehen. »Nimm dich in acht, sage ich Dik!« »Dentst Du, ich fürchte mich vor Dir?« ,,Unertr-·:i«aliches Weibl« ,,Lächerlicher Mtann!« »Gut denn! Lassen wir uns tren nen!« Entsetzt hörte es die arme Mutter. Thränen stürzten ihr in die Augen. War es möglich? Karl und Luise, die gestern Abend so vergnügt schienen, zanlten sich heute auf die gleicheWeise wie gestern. Unbegreiflich! Sie fühlte sich versucht, die Strei tenden durch ihr Hereintommen zu unterbrechen und ihnen das heuchleri fchc Benehmen im elterlichcn Hause vorzuhalten. Doch sie bezwang sich und ging zurück. Es war also doch so. Nach kaum sechsmonatlichek Ehe war es so weit gekommen. Und doch war· es eine Heirath »aus Liebe gewesen. Wie hell und freudig und glücklich hatte «Luisen’s »Ja« am Altar gestan gen. Mit welcher Freude hatte Karl sein Weibchen umhalst. Ebenso wie am Taae vorher legte sie der Dienstmagd Schweigen auf, doch ehe sie an der Hausthiir war, konnte sie der Versuchung, ihrem über vollen Herzen «Luft zu machen, nicht widerstehen. Sie mußte sprechen: »Die jungen Leute führen gerade ein sehr heftiges Gespräch. Jch will nicht stören.« »Ach, Frau ·Müller!« lautete die »Antwort, ,,sie lassen sich in ihrem ? Ranken durch Niemanden mehr stören. s Sie können einander nicht mehr ans Y stehen. Eg ist ein llnglücl!« J »Hast Du das auch schon bemerkt, i« Marie?" s «Ol) iches gemerkt habe? Jchhätte sja taub sein müssen, um es nicht zu : merken. Abends und Morgens gehst alles in Ruhe, dann sind sie Beide »sröhlich und verliebt, wie zwei Tur ’ teltäubchen; aber nach Tisch fängt der .Speltalel an mit Schelten und Schreien nnd —- Schlagen." » »Gewiß doch. Ich hal)’"5 mit eige nen Augen gesehen, daß mein Herr eine Ohrfeige betan1!« »Was that Karl denn damus ; srng Frau Müller weiter. Er- war ja Lnoch schlimmer als sie gedacht. Was mochte denn nuk eigentlich vorgesallen sein? ,Nicht5!« antwortete die treue Marie. »Er saate nur: Sapperlot, das ist ein Bißchen start nnd rieb sich die Wange.« »Das ist Alle-IV »Ja. Aber ich muß zugeben, er hat viel Geduld.« Fassunaslog sank die Mutter Lust sens auf einen Stuhl. Jhr Kind, ihre sanfte Luise konnte sich so weit vergessen, den Gatten zu schlagen. Sie konnte eH nicht begrei sen. Bald hatte sie sich so weit gefaßt, um nach Hause aehen zu können. Dort erzählte sie ihrem Manne Alles-, was geschehen. »O Himmel!« stöhnte der greife Vater. »Welch hattet Schlag siir um«-, die wir nicht-»- Anderes verlang ten, tein höheres Lebensziel hatten, als unsere Tochter glücklich zu sehen. Und nun zu wissen, daß sie unglück lich ist.« »Es sollte mir doch ein Trost sein, schluchzte die Mutter, »wenn sie allein unglücklich wäre, oder wenn ich sagen könnte: sie ist in schlechte Hände gefal len, ihr Mann ist ihrer unwerth. Aber so ist es nicht« Dastlnaliict scheint mit eher von ihrer, als von seiner Seite zu kommen.« »Was. unsere Tochter soll schuld sein?« »Wenn sie es ist, die Ohrfeigen auSLJeilt.« »qu -—« —— »Und ich muß sagen,« fuhr die Mutter fort, mit der Schürze die Thränen trocknend, »daß Karl noch sehr viel Geduld zeigte, indem er den Seht-an nicht zurückanb.« »Das ist auch wahr.« »Was können wir thun? Was »thun?« srug die verzweifelte Mutter weiter. »Nichts als abwarten, Ofrau,nicl)ts als abwarten« Seit diesen Tagen lebten die beiden guten alten Leute in fortwährender Angst vor der ihnen unvermeidlich er scheinenden Ehescheidung, denn, wie die treue Marie berichtete, die Strei ’tereien wiederholten sich immer noch » täglich. Wer das junge Paar in Gesellschaft sah, konnte nicht vermuthen, was sich zu Hause hinter verschlossenen Thüren ahspielte. Meisterlich wußten sie den Schein eine-Z glücklichen Ehepaares beizubehalten Das Schlimmste war, daß die bei den Eltern ihren Verdruß, ihre Unruhe verbergen mußten und ge zwungen waren, den Kindern ein la chendes Gesicht zu zeigen. Dazu kam, daß in wenigen Wochen ihrer Ehe erster Tag zum 25. Male wieder tehrte. Das Fest der silbernen Hoch zeit mußte gefeiert werden. Es ging nicht anders. Der-Tag des Festes war gekommen Während die Gäste dem Jubelpaare ihre Glückwiinsche darbrachsten, wech selten Frau Müller und ihr Mann vielsagende Blicke. Das Herz wurde ihnen noch schwerer. als sie hörten, daß Karl und Luise eine Duvszene aufführen wollten« Eine Komödie, hinter der sich ein Drama verbarg. Die Gäste hatien Platz genommen. Daz die Sielle eines Borhanges ein nehmende Tuch ging hoch und die bei den jungen Eheleute traten auf und spielten. Doch was war das?———— »Nein, Luise, das sollst Du nicht!« »Ich will aber!« — »Du verweigerst mir den Gehor ,,Nimm Dich in acht, sage ich Dir!« Frau Müller lauschte athemlos. »L, bester Mann!« flüsterte sie, ihrem Gatten die Hand drückend. »Was ist, Frauchen?« »O Himmel! —- soll es —- ich glaube —- hör!« — Und-das Gespräch auf der Bühne ging fort: irLuifes ich ——«·—« »Was-N Du bebst die Hand gegen mich? Da!« Patsch. »Eine Ohrfeige? Das ist stark. Sapperlot!« « Die Zuschauer klatschien stürmisch Beifall. Und ein lautes-, helles La chen brach über die Lippen der Frau Müller. Jhr ging ein Licht auf. Das ihr in so- schmerzlicher Erinne runa gebliebene Gespräch war ein: Aufsaaen der Rollen gewesen. ’ »O, was war ich dumm, uns Bei den so viel Sorae und Leid zu ma d)en!« sagte sie, sich zu ihrem Manne beugend. ,,DieKinder dürfen es nicht wissen. Wie würden sie mich aus lachen.« Zwei Schirme. Eine Professoren - Geschichte . Von Hans B«ourquin. Auch zwei sSchirme schützen vors Nässe nicht, erzählte ProfessoA Freundlich, der gern seine kleinen Schwächen ironisirte. Wie mir’s ging! Muß ich da eines Tages nach Im inerding fahren und nehme, da es nach Regen aussieht, meinen Schirm mit. Jin Coupee bringe ich ihn sicher auf dem Regal unter. Unser Dienst mädchen trägt einiges Handgepäck mit und legt es dazu. Ich sehe mich auch nicht genau danach um, weiß ich doch, daß die sorgsaine Male gewiß das Nöthige besorgt haben wird. Jn derZivischenstation Mundelfina giebt es ein gutes Glas Bier und da der Aufenthalt sich gemiithlich aug dehnt4 steige ich aus-, denn mein Schirm, den ich herunterhole, kann mich gegen den Regen, der jetzt wirk lich reichlich fällt, schützen Wie ich nun mein Maß behaglich schlürfe, kommt mir der Griff meines Schir mes so verdächtig vor. Er erscheint nämlich rund und ich glaube mich doch darauf zu besinnen, das; ich inei nen neuen Schirm mit dein eckigen Griff mitgenommen habe Jch sehe inik das Exemplar näher an: bekannt kommt es mir vor, aber ich denke, wenn das auch mein alter Schirm mit dem runden Griff wäre, kann er doch unmöglich hierher kommen, wenn ich ihn nicht mitgenommen habe! Ergo ist ei- nicht der meine. Er stammt gewiß von einem Reisenden, der ihn liegen gelassen hat. Mein Coupee war im Uebrigen leer, so daß ich den Eigenthümek nicht selbst aus findig machen konnte. Jch thue also meine Pflicht und gebe ihn ehrlich dem Portier als Fiindgut ab· Nun stiirme ich zum Wagen zurück und da mich jetzt kein Schirm mehr schätzt, werde ich gehörig naß dabei. Am Ziel in Jmmerdina angekommen, nehme ich mein Handgepäct schnell herunter, überlege auch gar nicht, daß nieinSchirm doch noch auf dem Regal liegen müsse, wenn ich einen fremden abgegeben habe, sondern denke immer nur: Nun mußt Du ohne Schirm in den Regen hinaus! Jsch mache denn meine Geschäfte in Immerding a und fahre am Abend———gehörig ein geweicht —- nach Hause zuriick. Male holt mich ain Bahnhof ab. »Aber Herr Professor, sind Sie naß!« —-— »Ja, Male, wenn man keinen Schirm hat!« — »Aber, Herr Pro sessor hatten doch zwei mitt« »Zwei?« —- »Herr Professor hatten doch den neuen Schirm selbst mitge nommen und ich habe auch den alten mit dem runden Griff nachgebracht und in der Stille auf das Regal ge legt, damit Herr Professor noch einen Schirm hätten, koenn der eine einmal siehen bliebe.« »Ja, das habe ich freilich nicht gewußt, daß mein alter auch da war, nun habe ich ihn als Fundgut in Mundelfing abgegeben.'· ——-,,-sUnd wo ist denn dann der neue l i Schirn1?« — » mußte herzlich la chen: »Der sii rt vielleicht irgendwo auf der Bahn herum und steht sich die Gegend an, bis er eingesungen wird. Als ich den alten Schirm abgegeben ! hatte, glaubte ich, jetzt überhaupt ohne ;S-chirm zu ein.« Am nächsten Tage jfahre ich nach Mundelsing, usm meine ; Rechte geltend zu machen. ,,Ja,« sagte sder Partien »da ist bereits Einer sdagewesem der nach einem Schirm ! suchte. Er sagte zwar, es wäre nicht »gerade seiner, aber er sähe ihm ähn lich und dann hat er ihn mitgenom men.« Von da ging es nach Jmmerding , und ich frage, ob ein Schirm-von mir Habgegeben wäre, der im Couvee liegen - geblieben sein mußte? Jmmerding ist nämlich Endstation des Bähnchenä so daß sich hoffen ließ, daß man dort die Wagen des leeren Zuges nach lie gengebliebenen Gegenständen durch sucht hätte. ,,Jawohl,« heißt ess, »der Schirm ist «abgegeben.« Jch zahle na türlich mit einem Stoßseufzer ein gutes Trinkgeld und habe nun wenig stens den einen Schirm gerettet. So seben Sie, schloß der liebens würdige Erzähler, daß man auch bei zwei Schirmen naß werden und dann noch Unkosten haben kann. W Polizeihmide der Bot-zeit » Die Anstellung von Polizeihunden ist keineswegs erst jüngeren Datums-, denn schon 1154 hat es solche gegeben, sogar eine Straße shat man nach ihnen get-auft, und bis in das Jahr 1770 hinein genossen sie bei jung und alt das Ansehen, welches ihnen bei ihrem wichtigen Dienst zu statten kommen mußte. Bereits im Jahre 1154 findet sich im Ausgabenbuche von Saint Malo in Frankreich eine Notiz »für die Polizeihunde«, die wie Beamte angestellt waren und von der Stadt Verwaltung Futter »und Unterkommen erhielten. Ihr »Arbeitsfeld« war ein eigenartiges. Wurden Nachts am Ha sen die Thore geschlossen, so gab der Nachtwächter mit feinem Messinghorn ein Signal, welches bedeutete, dasz nunmehk die Polizeihunde in Aktion treten würdet-» Er ging darauf zum Zwinger und ließ 24 Doggen frei, die sich durch Größe und Bösartigieit be sonders ausgezeichnet haben sollen. Tiefen Hunden lag es ob, bei Nacht cm Hafen urnherzustreichen, um jedes Eindringen in die veranterten Schiffe zu verhindern. Thatsächlich sollen diese Urahneu der Polizeihunde denn auch so vortrefflich ihres Amtes ge waltet haben, daß niemals ein Dieb stahl zu beklagen gewesen ist, und daß man bis zum Jahre 1770 von ihnen in den Stadtiausgaben lesen konnte. Erst zu dieser Zeit geschah es, das; ein junger Msarineoffizier sich spät Abends allein zu den« Schiffen wagte; die Hunde ftöberten ihn dabei auf und rissen ihn in Stücke. Darauf erst kam vom Bürgermeister der Be fehl, die treuen Hüter der Ordnung zu vergiften und dafiir zwei mensch liche Beamte anzustellen. Das Gefängniß tm Schornstein Zwischen Leben und Tod schwebte im Hause Friedrichsgracht 14 zuBer lin ein 26jähriger Schornsteinfeger. Als der Schornsteinfeger vom Dache des Hauses, das aus sein Alter von 200 Jahren zuriicksiehh den Rauch fang zu reinigen suchte, entglitt ihm der Besen. Jn dem Bemühen, ihn wieder zu erfassen, fiel er selbst in den sich nach unten verjüngenden Schorn stein. Jn Höhe der ersten Etage blieb er völlig eingeteilt stecken, so daß er weder vor- noch rückwärts konnte. Seine Hilferufe wurden schließlich von einem im Hause wohnenden Schlosserineister gehört, der sofort die Fenertoehr herbeirief, die ein großes Loch in den Schornstein brach. Der arme Schornsteinfeger wurde befreit. Er war bereits bewußtlos- nnd wurde durch Einsliiszuna von Feoanat wieder zur Besinnung gebracht. Der Fall erinnert an den «Stelettfnnd, der vor einer Reihe von Jahren in einem Schornstein des königlichen Schlosses gemacht wurde. Ein kaum der Schule ientwachssener Schornsteinseacrlehrling war plötzlich verschwunden Später fand sman in einer Eise des Schlosses ein Stelett, und es stellte sich herang, daß der verschlvundene Lehrling einen Schornstein im Schlosse aekeiitiat hatt-e und hierbei verunglückt war. Sprüche der Lebensweishetn Die Zeit flieht, weil sie fürchtet, todtgeschlagen zu werden« s- Iit P Wer nicht bemerti, daß man ihn ausnntzn wird von Egoisten Freund genannt. st- tt si Ee gibt Menschen, die nicht schla fen können, sivenn sie andere ruhig schlafen sehen.«