Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 17, 1908, Sweiter Theil., Image 18

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    -
, keins Tunneibekanntfchesp
-Mode von Franz Waren-m
Melker Nebel lag über der Land
Twa- NO und bückte alles in ein frostiges
Gar früh war es winterlich
Weitem und jetzt schon —- in den
riß-n Tagen des Oktobers —fiel auch
guten in der Ebene der Schnee in
, n Flocken vom finstekenhimmei.
«Die«jiihen Abhange entlang jagte
MEDIHUg Umwirbelt vom Schnee,
keuchend nnd schnaufend gegen Wind
tust-Seiten Noch ging es bergan-—
Immer weiter hinein and hinauf ins-«
Mntetliche Gebirge. Steil nnd dro
send ragten die gewaltigen Felsmas
IM aus dem Nebel hervor; die letzten
LIMan Blätter fegte der Stnrni
wnBaum und Busch und kalter nnd
Eifer ward es in der eisigen Höhe.
Mnn hielt ver Zug zu kurzer Rast
vor der dunklen, geheimnißvollen
Emfahtt m den ländeeverbindenden
Ein-net Die Reifenden erwartete
ggtf das Mittagsmahl an gut besetztet
el Sie konnten sich erquicken nnd
ihre Lebensgeister anregen und ftär
Linnean es sie graute vor der Nacht
Mjheilenlangen Schmiede-L Man aß
und traut hastig im bunten Gewühl
kn- Mtlionalitäten Vielen sah man
die Spannung an, mit der sie der fer
Men Fahrt, dem hinab-steigen zu den
sOUndern der italienischen Ebene ent
gegkndlietten Und dann wurde das
Zeichen zur Abfahrt gegeben. Alles
Seite wieder in die Wagen Ein schnei
dender Pfiff, und der Zug verschwand
in dem Dunkel des Tannele, klop
petud imd potternd und donnernd.
»Ich werde aanz nervs,·' gestand
ein alter deutscher Herr, der neben
» WPIW genommen hatte. Wir wa
teu allein im Abtheil des Wagens.
»Diese selnviile, schwere Lust! Die
rnsierniß draußen! Der Lärm des
III Mein Gott wenn sich jetzt ein
nsiiiet ereigneteL Hier unter der-Erde
Mdia begraben zu sein! Entseh
Ich suchte den alten Herrn zu be
Warn: Die Fahrt durch den Tun
uri dauert ja nicht lange. Kaum
Wszia Minuten.
Er schwieg. Dann stieß er plötzlich
mit ängstlicher Haft heraus: »Sie
mir Vertrauen ein DerAns
Ortes in Ihrem Gesicht —- verzeihen
Ich habe Sie in Luzern ikn
Sah-die oft beobachten können. Ich
war dort auch abgestiegen Ich habe
Mich erkundigt, wer Sie sind. Es
mx nicht Neuaier, was mich dazu
Umfaßte Es war Sympathie geb
Un nicht weit non Ihrer He: math zu
trie. Aber ich habe lange Jahre-—
ast« mein ganzes Leben-in Austra
ten zugebracht«
« »Ich erinnere mich ieyt sebr wohl.
in Lusern im Hotel gesehen zu
Hen,« erklärte ich
Der wagremde holte tief Nil-sem
» r er Lott: .Jch habe wich
« · mir Ich möchte
" « eins-— MMittheiiung machen
Ieise nach Sau Renn- zu meiner
". . anten Tochter Ich habe sonst in
der Weit niemand, der mir nahesteht.
selbst leide an einer unbeilbaren
santheit —« an einem Herziebler.
ch muß auf ein jähes Ende gefaßt
n. In diesem Augenblick fühle ich
aeich von einer furchtbaren Vettern
sit-g —- van einer namenlosen Angst
ergriffen Wenn es mir bestimmt sein
We hier plötzlich — abberufen zu
werben —
Daö Gebottek des Zuges war fett
o laut, baß fast jedes Wort unver
" lich wurde. »Aber verehr-tei
—!« rief ich dem Kranken be
Wird ins Obst-.
Mr sind meine Papiere!« ächzte
der Fremde Sie enthalten alles —
jede Aufklärung. Ich bitte Sie drin
NebmensSie sie an sich! Lesen
Irr-m !« Und er driickte mir ein
Mit in die Hand Ich
ei zögernd in die innere Seiten
Oe meines Rades
Ists D-« s» OJO II-« soc Qu- «
..,... »... » »... ,.», ».. »H, »
den Lichtern des Tunneliö vorüber.
Dann plötzlich ein Pfiff der Lokomo
tivr. der dumpf erstarb.
««hett,« rief der Fremde, indem ·er
mich heftig am Arme packte« »was-neu
" Mk Lassen Sie uns thous! Jch
Mk Sie mit mir! Kommen Sie!«
· W er hieit mich mit krampfhaftem
Miss. Ich war entsetzt. Hatte ich es
seit einem«geiftiq Gestötten — oder
Helle-Mk mit einem von Gewissens
anst folterten Berbrechee zuthunIL
»He « en Sie sich!" rief ich. »Be
tubijku Sie sich! Sehen Sie wohl.
Fest Ideen wir uns seh-Indem Ans
IMI des Tunuels!"
derThat fiel ein matter Tages
— in das Dunkel draußen. Und
. Inn-wird ei rasch Keller und heller.
fis-IMME: MEPHan über
ein-its . a ew. tKng
( imM den Jus-met usiv Hishi-nd
Mel des goldeneTageslicht in das Jn
Mte 09 Wagens
M Ah! entfubr mir. Wollenlog
. I fiel- dee hin-met über der
Zwei-aft, die im geellsiea Sau u
Kika dalag. Noch deckte leichte-S net
- « Boden: schnei! aber ging es berg
ab, nnd lauer mkd lauer ward die
Luft In herbstlichea Farben prangt
sp Haksan-M die ersten Kinder der fis-d
« IiQequlanzenwell wurden sichtbar-.
Du igenbaugk stand in den Gäst
.-«»M- nd fchon beschatten-: die häu
Jet Ost Lorbeer und die Magus-Ue
— » - « betrachtete den unheimliche-i
- htter. Reich fxzßn ee da.
W· " tap en sonnen i » »von des
W Wieiåes Sie mirs Bek
zeigen Sie mir!·« flüsterte er mir zu.
»Ich weis selbst nicht —:nir warl nicht
wohl-Ja- bin trank —- ich bin sehr
krank. Verzeihen Sie mir!«
kBernhigen Sie sich. werther herri«
entgegnete ich von neuern. »Die Auf
regun ver Fahrt-Ihr Leiden, von
dem ie vorhin sprachen ——" -
»Ich danke Ihnen. Ich danke Ih
nen,« sagte ek leise.
»Hier sind Ihre Papierel Wollen
Sie das Päckchen nicht zurücknehs
men?«
Der alte Herr antwortete nicht. Er
schien einzufchlummem Ich warf
einen mitleidigen Blick auf ihn und
wandte dann meine ganze Aufmerk
samkeit »dem draußen wechselnden
Panoratna zu. Der Zug raste noch
immer bergab aen Süden. Immer
glänzender nnd farbenpräckztiger ward
das Landschaflsbild. immer milder
die reine, klare Luft. Unten der
Sommer und oben auf den zackiaen
Gipfeln der leuchtende Schnee des
Hochgebirges.
Der Unbekannte erwachte aus fei
nem Schlummer und blickte erstaunt
mn sich. »We- sind wir jetzt?« fragte
er. -
- »Wir werden aleich ·in Lugano
sein« entgegnete ich. »Ich wcde dort
aussteigen und bis morgen rasten-—
Hier find Ihre Papier-e, verehrter
Herr!«
-
Des sskeinde Mächte rme Cornet-y
rende Handhewegung. «Nein nein —
uitte, behalten Sie sie vorliitifiat
Wenn Sie geFatten schließe ich mich
Ihnen an und setze gleichfalls morgen
meine Fahrt fort. Ich fiihle mich so
über alle Maßen matt und kraft
los -——«
Er hielt inne und schloß die Augen.
Ich fühlte herzliches Mitleid mit ihm
Anderseits war mir das weitere Zu
sammensein mit dem alten Herrn nicht
gerade angenehm; ich konnte es aber
nicht übers herz bringen, ihn das
merken zu lassen. »Ich steige im Hotel
Lugano ah,« sagte ich. »Wenn Sie
mich begleiten wollen —---«
» »Danle, dunkel Wenn Sie gestat
» ten —'·
l Und nun hielt der Zug. Tief unten
lag der blaue, im Sonnenschein fun
«lelnde See. Und ringsum die ihn
» ichiihenden mächtigen Felsen in ihren
mannigfachen Formen und Farben.
Jn einem freundlichen Zimmer des
Gasthofes brachte ich den Leidenden
untek und traf für seine Bedienung
und Pflege die nöthigenAnordnungen
Dann zog ich mich in mein eigenes
Zimmer zurück. Auch ich hatte das
HBediirsniß der Ruhe. Ich ließ mich
»aus das harte Soia nieder. Durch
Tdas geöffnete Fenster sie! mein Blick
auf die herrlichteit des Sees und der
Lands-haft —- auf die Pracht des
Sädens, dessen Reich hier begann.
Gediehen doch hier schon, im Schutz
der Höhen, Agave und Oelhanm. Und
dann erinnerte ich mich der Pariere
die mir der Unhelannte iiberaeben
hatte nnd von deren Inhalt ich in
Kenntniß nehmen sollte. Ich öffnete
das Plättchen und begann zu lesen.
Meine Ausrnerksamteit ward rege.
Sie ward aesvannter und aeivannter.
Bald las ich mit Unruhe —- fast mit
ängstlicher hast. Und dann warf ich
das Manuskript auf den Tisch Ein
lautes .-O mein Gott!« entsnhr mei
nem Munde Aufs tiefste erarissen,
erhob ich mich nnd fcktrilt im Zimmer
auf und ab.
Es waren gar eigenartige Enthül
lun n in den alten Papieren und
Anseichnunsem
itlai Borkmann hieß mein Reise
gefährte Aus dem Dolfteinischen war
er gebürtig —- einziaes Kind sehr
wohlhabender Bauern. Der Vater
hatte ihm eine aute Erziehung gege
ben, ihn eine höhere Schule besuchen
lassen. Der llnae und strebsame
Junge wollte studiert-. Das- ver
weigerte aber der Vater ciqu Ent
schiedenfte seine Zustimmung Er
zwang-den Sohn. Lendwirth zu wer
den« mit er heran-eh das väterliche
Gut übernehmen könne nnd dieses
nicht in· fremde blinde tönte. Später
Mit-n der Vater auch zur Ebe
J ! US mit einem VII-en acm
’ dem Dorf der Heime-up Dann wa
ten die Eltern rasch nacheinander ge
storben, und der junge Niklas war
mit feinem Weibe in den Besitz des
Gutes gekommen Aber er verstand
nicht zu witthschaftm Ihm war die
Landwirfbfchaft ein Greuei. Und
ebenso baßte er die ihm aufgebrau
aene Frau. So aina der Mablftand
bat-d zurück. Und alles in Haus and
Hof ging reißend bei-galt Riklaö kam
mit Weib und Kind— eine-r einzigen
Tochter —- an den Betteljtab. Da ek
baemte sich feiner einbeitm der Ben
der feiner Mutter, der in Australien
vermögender Grundbesi r gewotd en
aber eigsamee JanMe qelkliebeu
- war. Dieser lrek den Refer mit fei
ner Frau nach Australien kommen
Die nein- Wek Hack- iedqch qui
den Wunsch des Oheims in holsieitj
und wurde Ver-wandten zur Pflegt
Und Enkebuna übergeben Auf de1
langen Reise in die Fremde-in dit
neue beimath —batte Mklas Bark
mamt eine wahre Höllenpein zu er
ducden. Sein Weib vergällte ihn
ieden Augenblick Tag nnd Nach(
auslte es ihn mit Klagen und bitte
ren Vorwürf-ern Die Frau ließ kein
Stunde vorübeeaebeu, ohne ihm vor
zuhalten. daß er fein und ihr Uvglüd
verschuldet »Liebe Die ohnehin in
Mann schon fest kauezetnde Abgei
gnug gegen die ihm ankamen-gen
- Sattiu mais zu tiefem Groll uns
fian Muth aus Ei- fiihlte in de1
Frau nur noch eine unerträgliche Las
und in ihrer Gesellschaft eine qual
balle Pein. Sie vergiftete fern gan
zes Dasein. Er ward mit jedem Tage
weniger Herr eines tödtlichen Basses
gegen ste. Nachjhrer Ankunft in Au
stralien hatten beide noch eine weite
Fahrt in das Jnnere des Landes zu
unternehmen, um zum Wohnsise des
Oheimz zu gelangen. Der Weg war
ar einsam, die Gegen-d menschenleer.
« n der Oede der fremden Natur ent
stand und reifte in Bortmann ein
furchtbarer Gedanke. Er beschloß,
sich der Last zu entledigen, die sein
Dasein so lange bedrückt hatte und
unter der er erliegen zu müssen
glaubte. Er wollte endlich frei
fein —- frei und allein. So— in
einem Augenblick, da sein Weib ihn
von neuem folterte und reitte —- in
mitten der Stille undAbgefchiedenheit
Des iUUgftäulichen Landes --— führte
Bortmann die schreckliche unheilvolle
That aus: er erschlug die Gattin und
übergab die Todte dem Schweigen des
auftralischen Urwaldes. Und dann
kam der Mörder zum Oheirn, diesem
vorspiegelnd, daß die Frau unterwegs
den Strapazen der Reise erlegen. er
selbft beraubt —- auch alttr seiner Pa
piere beraubt sei· Viele Jahre ver
brachte Bortrnann in Australien und
führte dort ein Dasein, in dem der
Druck des Gewissens ihn nicht mehr
frei aufathmen ließ-Ums der Ohecrn
gestorben war und er dessen recht be
deutendes Vermögen geerbt hatte,
kehrte Bortrnann Australien den Rit
cken. Nun trieb er sich unstet umher.
Meist weilte er in den Ver. Staaten
Amerika-Z- Erst als alternder Mann
betrat er wieder Europa. Eine Art
Grimm-b her-ski- ibn nishiikb nie-b In
langer Zeit. Aber er konnte seines Le-,
bens auch hier nicht mehr froh wer
den« Dieses Leben war für immer
vergifiet und verloren. Borlmanns
Tochter, die in ganz jungen Jahren
als Crzieherin in Petersburg wirlte,
hatte einen Aussen s- einen Sehr-ist
steller — gebeirathel, war Fest aber
bereits verwitwet Sie, die Kinder
lofe, war es, die sich gegenwärtig in
San Remo aushielt und die der Va
ter fest --- nach so langen, langen
Jahren —- da sie ihm sast ganz ent
sremdet und unbekannt geworden war,
aussuchen wollte. Eine unsagbare
Angsi halte er vor diesem Wiederse
hera Und doch drängte ihn dazu ein
gebieierisches Etwas.
Das alles konnte ich aus den mir
übergebenen Auszeichnungen ersehen.
Jch las auch noch am Schlusse des mii
offenbarer Seelenqual oersaßten Be
kenntnisses den Ausruf des Unglück-—
lichem «hätie man mich in der Ju
gend meinen Weg gehen lassen und
mir gestattet. aus mir das zu machen,
wozu die Natur mich bestimmt hatte;
hätte man mich nicht gebun und
gefesselt — mein ganzes lange Leben
wäre mir wahrlich nicht zur Pein nnd
zur Schande geworden, sondern mir.
und anderen zur Freude und zum
Nasenl«
Laut llopfte es vlöklis an die Zim
merihiir. hastig wurde e ausgerissen,
und atbemlos meldete der eintretende
Kellnen »Herr — der andere herr —
der alle here ist lränler geworden —
er silrchtei ——- er läßt Sie bitten,
schleunigst zu ihm zu lomrnen!«
Erschrocken stecke ich die mir anver
trauten Pariere zu mir und eile zu
dem Leidenden, der mich in sichtlicher
Todesangst anstarrte. »Ich sterbe —
ich sterbe!« ächzte er.
»Ein Arzt —- schnell ein Arzt!« be
fahl ich dem hinauseilenden Kellnen
»Ich sterbe —- ich sterbe!« ächzte
Borlmann von neuem. mderben Sie
meine Papiere gelesen?« frang er,
nach Rhein ringend.
JE- sitt heisses-Is
ts-110« —!-t
)
»Hu mein autirugpugu Vor-. uq
der Unglückliche und bedeckte das Ge
sicht rnit beiden händen Dann raffte
er sich mit lehter Kraft anf: »Benach
richtigen Sie meine Tochter in San
Remol Sie ersehen ja aus den Pa
pieren alles —- pder — suchen Sie sie
selbst aqu Ich flehe Sie an —- urn
Gotteswillen s— ich flehe Sie anl«
»Das verspreche ich Ihnen,'· ver
sicherte ich und drückte die Hand des
Sterbenden. »Ich verspreche es Ih
nen. Sie dürfen sich fest darauf ver
lassen. Jch werde unverzüglich das
Nöthige thun« j
»Ich dante Ihnen —- ich dante Ih
nen,« flüsterte Pettinaan Und er
fiiate noch hinzu: »Meine sonstigen
Angelegenheiten ordnet mein Bevoll
mächtigter in London. Sein Name
steht gleichfalls in den Papieren.«
Schon verließ den Stett-enden das
Bewußtsein Nur unzufamrnenhiins
gende Worte murmelte er noch: —- —
»O, mein Gott —- mein allmächtiger
»Gott —- -— willst Du —- --—.« Ein
tiefer Seufzer, und alles war vorbei.
Deine weilte einst am Nord-see
strande in Gesellschaft eines Bekann
ten, der zugleich Landmann und
Dichter war. Dieser überreichteeines
Tages dein gro en Lyriter ein län
geres Ooetrsches rodutt mit der Bitte
ntn Marthe-innre desselben. Deine las
dai Gedicht und versprach, seine Kri
tit schriftlich zu senden. Nach der
Rätsel-r m die heimath erhielt der
iHart dann auch seianrbeit mit fol
: »den bezeichnenden Versen zurück:
»Im-Im Zieh einen Abzuasgraben
" —Dmch Dein wiiss’r« ei Gedicht, —
» Rock wollt-I M et halten« —
-— nichtp
. » » «
vascochimøakwsn
Eine symbolistische humoreslr. Von
Alcid Utreich.
Nur zu gut weiß ich, daß die lieine
Schwäche, die mir schon häufig den
Spott der Unverstandigen eintrug. gez
eignet erscheint, den hellen Glanz mei
nes Charakterbildei einigermaßen zu
trüben. Jch glaube nämlich an beim
liche Zusammenhänge zwischen den un
bedeutenden Eteignissen des täglichen
Lebens und den Verfügungen des
Schicksals: ich bin überzeugt, daß sich
von den tleinen Vorsällen des Alltages
unsichtbare Fäden zu den großen Br
gebenbeiten unseres Lebens spinnen.
Diese unbedeutenden Ereignisse und
kleinen Borfiille, denen wir gewöhn
lich sehr wenig Aufmerksamkeit schen
ten, sind die Vorboten jener Situatio
nen des Schmerzes und der Freude,
deren bitteren oder angenehmen Ge
nuß uns das Schicksal bestimmt hat.
Von diesem Gesichtspunkte aus be
trachtet. stimmte mich eines Tages die
Thatsache. daß mein Geer plöslich
ein Loch hatte, dessen Entstehung ich
mir nicht erklären konnte, sebr nach
denklich. Es sah aus, wie ein lleinet
Riß. den man sich zuziebi, wenn man
an einem spiden Gegenstand mit den
Kleidern anstreift.
Weniger empfindsame Menschen
würden sich mit der Feststllnng dieser
Beobachtung begnügt und den Uebel
siand rasch dadurch aus der Welt ge-«
schafft haben, daß sie den Rock der
fachtundigen Hand eines Schneiders
anvertrauten. Jch aber schüttelte seit
sam bewegt den Kopf, blickte nachstm
nend in die Ferne und sagte zu mir:
»Dieses Loch bat etwas zu bedeuten
ian-- Je »F »m- immor Hik welche
Its-las Is- vie-s -s-.- .-»..-., . ,
Art entstanden sein —-· jedenfalls ist
,e5 tein gewöhnliches zwecktofes Loch,
Idag einein Zufalle feine Existenz
Tverdanth sondern der Ausdruck
des höheren Willens einer ge
heimen Macht« die wir Schick
sal zu benennen pflegen. Es hat
eine Bestimmung, einen Zweit, eine
-Mission, die ich einfach nicht sofort
mathe. Dieses Loch im Gehn-it ift
der symbolische Wink des Seht-Hain
dessen Deutung meine Pflicht ist«
Und ich mochte mich sofort daran,
ihn zu ergründen. Noch genauer Peti
fung der Umstände. nach gewissenhaf
ster Erwägung der in Betracht toter
menden Thotsachen mußte ich rnir
sagen, daß die mehrfach erwähnte, ge
heime Macht mit dem Loch im Gehroet
einfach andeuten wollte, es wäre an
der Zeit. mich zu verehelichen Der
innertiche Zusammenhang zwischen
.detn Loch itn Geheock und einem auf
merksam geführten hausstande lag
auf der hand: man tonnte ihn nieder
übersehen noch mißveuten
Mit entsprechendem Ernfte schritt
ich sofort an die Frone heran, welche
von den jungenDamen, deren Lebens
weg ich bisher getreuzt hatte, am ge
eigtktsten wäre, meine Frau zu wer
den« Nachdem ich alle auspefchieden
»Es-atte, die aus bestimmten Gründen
i sich zudiefern Ehrenaknte nicht eigne
Jten, blieben vier Bewerherinnen um
: die Gunst meines herze-is in engem
s Wahl. von denen jede neben den son
l ftigen vortrefflichen Eigenschaften der
i Seele und des Leibes einen Separat
« vorzug hatte, den ich besonders schöne.
IIch wäre ein schlechter Symbolist,
wenn- ieh aus dieses Berleaenheit tei:
nen Ausweg gefunden haben würde.
Das Loch im Gehtoct soll kellxsft ent
scheiden. welcher von den vier Damen
des Giiick bestsmrnt wäre, meine Frau
zu werden.
Dazu eiqnete sich der herankom
mende Ostersonntag sehr trefflich. Ich
zog in den späteren Morgenstunven
den ominösen Gebroel an, glättete die
zerrissene Stelle etwas und begab
mich zunächst sur Frau Baronin Fal
tenberg, mit deren netter Tochter
Miit-h ich so gut wie veriobt war,da
ich sie im abgelaufenen Fasching in
iråend einer Palme-wie get-übt hatte.
A erdinge war ich auch inii den drei
anderen jungen Damen- so gut wie
ver-tobt, da ich auch sie bei verschiede
nen Gelegenheiten mehr oder weniger
flüchtig geküßt butte.
Mama und Tochter empfingen mich
sehr liebenswürdig Ich sragte, wag
sie zu den Feiertagen unternehmen
werden unt- ob sie vielleicht gestatten
würden, daß ich mich anschließe, wenn
sie eine Ostervartie · planen. Noch
während ich sprach, hatten Mama
und Tochter »da- Loch im Gehe-del ent
deckt. Sie warfen sich verständige
Stiele zu, die mir nicht entgingen, sie
wurden litt-ten zarückbultender, bis
ich« ei schließlich sitr angezeigt hielt,
sich eu ein-fehlen- Iein Verein-mer
blieb-sich einen Innenblick stehen und
lauschte. Mai-tu und Tochter stillten
ihr Urtheil über mich.
»sch. Numm« sliisterie Editb.
Just Du ihn genau angesehen Er
wer beseiti«
»Hm-—- niir scheint, daß der Mensch
bereit-kommt . . .·'
Miit einein Loch iin Geber wagt
er in Gesellschaft zu gehen l«
»Dort-us ersieht man deutlich,«
sagte die Madame »aus welchen
Kreisen dieser Mensch totiini Solche
Leute eignen sich nurschwer vollen
dete Umgangzsormen an. Schlqu
ihn Dir nur aus dem Kopf· Er paßt
nicht sitt Achs«
eilte fort. Das Loch itn Geh
ro« but niir einen großen Dienst er
nst-sm- 03 bei-kehrte mich ver einer
etnsebildeten, imt Stundeivorurtheii
Uns der Gesellschaft
-Vx»-(7l.L-r- « —
» . . . . haben Sie schon von dem entschlichen Unglück gehört?! Nahe
zu an hundert Familien sind an den Bettelftab gekommen --—— und noch dazu
am Anfang des Winter-BE — »
»O wie sich das gut trifft! Das versprichtjnfolge ver vielen Wohlwo
tigkeitsvetanftaltungen eine vergnügte Wintetsaison zu werden!«
len erfüllten Frau. Mein nächster
Besuch gaii dem Fabrikanten Ober
Imaner, dessen Tochter ebenfalls zu
Henen vier Damen gebete, die in die
f engere Wahl uin Das Mandat meines
iherzens kamen. Auch hier wurde ich
i seht freundtich empfangen. Man lud
) mich sofort zu einer Auiomobilkoue
i für den Nachmittag ein; sodann be
sprachen wir das neuefie Wert eines
; Dichter-, das auf einer der-vornehm
; sten Bühnen das Interesse aller Ge
bildeten erwarte Eben als ich einen
der bedeutendsten Vorzüge dieser be
merkenswertben Dichtung ,ergliederie,
tief die hübsche Tochter ·s Hauses
ans-: »Aber ——— Sie haben ja ein Loch
im Gebtock2«
Ich that sehr verlegen nnd entschul
disss wiss-(- msasn dissen- Knsfosesnssfp
lers vielmals.
»Wie können Sie iotcki einen Rock
noch länger tragen· Der iii nun ein
mal tanni nnd da wirst mnn ihn am
besten ioeg.«
’ »Ich werde den kleinen Fehler to
’ fort aut machen« ----- sagte ich, mich er
shekend »Mit-Hirn Sie. daß ich mich
F vortäuiio empfehle, ncn noch Hause zu
teilen nnd die Kleider wechseln zu tön
T nen·"
L Während ich die Treppe im Hause
; Obermaner deraditiea. pries ich die
chrireiilichleit des Loches im Geli
, con. das mir schon wieder einen nicht
s unbeträchtlichen Dienst erwiesen hatte.
itz- eathinne sie Thais-ins das-« die
: tleine. junge Dante. der ich eben meine
; Aufwartung aemacht hatte. eine leit
Tunsvirthieitaitlistå leichtsinnige Frau
; werden wird, die aoru gut im Stande
I ist«-euch einen besser inndirten Hans
I hatt ins Wanten zu bringen.
s Jn einem Reitnurant dachte ich
Fnoch sehr eingehend über diese Inst
Iisactze noch, lpeiste währenddem zu
.Mittog und zoa mich dann in ein
JKaifeedans zurück, wo ich mich ent
"schloß, nun den Bäckeemeäitet nnd
JHausbesiser Foritdudee austuiuchem
ida dieser wartete nnd tüchtige Mit
t bürgek nicht nur sehr wohiichmeckende
s Erzennisse aus feinem Weiß-nte
sein igen nannte, iondeen auch iwei
Töchter besaß, von denen alle Galan
ten behaupteten, daß sie ebenso zart
und appetitlich wären. wie die väter
lichen Kinierlm Strißerln unt-Butter
trnoierln. Eine dieser jungen Damen
gehörte zn jenen, mit denen ich mich
irgendwo heimlich durch einen flüchti
aen Kuß oerlodt hatte und die auf die
Eintssnng deöVeelobungsoersprechens
ebenso wartete. tvie die anderen innaen
Damen. Ali ich in den ForftlntedrU
schen Solon trat, kam-sie mir strah
tend entgegen und tonstatirte, daß es
»sehr gescheit ist«. daß ich gekommen
den« Der Chef der Familie. der auch
anwesend war, lud mich sofort zur
Jause ein. zu der im Speisezimmer
eben geritftet wurde, nnd bemerkte
noch, daß sie nach derselben einen
Qitetaniflug mit Wagen unterneh
men, bei dem neun meine Gegenwart
nicht vermissen wolle. «
Bei-schämt deutete ich an, daß ich
diese Einladung san-n annehmen tön
ne; »denn« —- so begriindete ich meine
Entschuldigung —- ,denn, wie ich so
eben zu meinem Einsehen bemerke,
hab ich ein Loü im Rock . . .«·
»Das macht nichts-t« bemerkte here
tnpknhum
»Dein Uebelstande tann übrigens
sosoet abgehalsen werden« -- nahm
Fräulein Mizzie das Wort »Ich werde
Ihnen das Lach einfach rasch stopfen.
Das ist in einigen Augenblicken ge
schehen und Sie können dann unbe
sorgt mit uns gehen-«
»Aber« gnädigei Frönlein«, wehrte
ich ab, »das kann ich nicht zugeben·
Sie werden sich doch nicht meinethab
den bemühen . . .'«
»Ergeben Sie sich nur in JhrSchick
sal. .« befahl Fräulein Mizzi scher
send, »und überlassen Sie Ihren Nod
meiner Behandlung«
Jnnerlich hoch erfreut, wehrte ich
mich zum Scheine gegen diese Wen
dung der Angelegenheit und gab erst
nach, als here Forsthuber angehalten
zu werden drohte. Endlich trai ich in
ein Nebenzimmer« entledigte mich mei
nes Rades und reichte ihn den zarten
Händen hinauf-, die das lleine Loch
rasch in Ordnung brachten Wie slinl
sind doch diese Frauenhändel Wie rasch
glatten sie alle Unebenheiten des Le
bens, wie geschickt entfernen sie zahl
reiche hindernisse. die uns das Leben
erschweren nnd dttster erscheinen lassen
Jn wenigen Minuten war der
-Schaden ausgehesseri und mit einigen
IBiirstensirichen der Staub aus dem
Rocke entfernt Der Gebrock fah wieder
Jsehr repräseniabel aus. Jch war ent
zziickl Fräulein Mizzi erschien mir
als eine kleine, liebengmurdige Zau
berin. Ich sagie mir daß ich ihre
Feenhiinde bewunderte und benuste
nach mehreren vorbereitenden Hand
lungen aus dem Ausfluge einen un
gbewachten Augenblick, in welchem ich
mit ihr allein war, um an sie die wich
tige Frage zu richten. ob sie in Zu:
tunsi alle noch kommenden Löcher in
meinen späteren Gehröcken stopfen
wolle, was sie mir erröihend zusagte.
. So verlodien wir uns heimlich aus
dem Osteraussluge. Jn den nächsten
Tagen sanktionirie Papa Forsihuber
zdiese Verlobung mit feinem nämlichen
jJaworie und ich bekam wenige Wo
chen später eine brave tvirihichefiliche
Frau
Wem verdanke ich dieses Glück? ;
Einzig nur dem Loche im Gehrockr. Es ’
besessigte meinen Glauben an die
deimlichen Zusammenhänge zwischen
deri unbedeutendsten Ereignissen des
täglichen Lebens und den Bestimmun
Jgen des Schicksals-.
»Das Usffsneidesusewt
Das hölzerne »Damollesschweri«
hing früher in vielen Berliner Wirths
häusern lvagerecht über dem Stamm
Oiich Ein kleines Glöckchen, welches an
der Schneide oder am Griff ange
bracht war, ertönte, sobald man das
Schwert mit Hilfe der herunterhiini
genden kurzen Schnur in schwingende
Bewegung verschie. und dies erfolgte
unfehlbar, wenn einer der Stamm
giilie feiner Phantasie zu lehr die Zü
gl lehießen ließ und «ausschnirt'.
adurch wurde dem Erzähler gewöhn
lich die Rede «ahgeschnilien«. Wahri
lcheinlich dachte man sich das Schwert
ursprünglich als «Ausschneidemesser«,
«nnd das Ertönen des Glöelleins hatte
den Sinn, den Erzähler daran zu er
innern, daß er sich des Aufschneidens
zu enthalten habe, weil dies die Auf
gabe des Messers sei. So erklärte sich
auch die Bedeutung des Wortes »auf
schneiden" für liigen sehr einfach. Viel
fach hat man mit diesem alten Brauch
gebrochen; in einigen Wirthshäusern
aber findet sich das Messer noch heule.
Das fatale presst-set
f Die »Kathol. Schutztg.« für Nord
deutfchland erzählt eine bübfche Ge
schichte davon, was für Unheit die
Fremdwörter anrichten tönnen. Jn
einer höheren Schule wurden vor
Kurzem die Schiller durch Augenörzte
untersucht. Darauf gab der Direktor
einem Schüler folgenden Brief an fei
nen Vater rnit: »Werther Herr! Die
heute angestellte Untersuchung bat er
geben« da ler Fein ftart zur Miso-te
neigt. Sie müssen etwas in der Sache
thun« —- Ani nächsten Morgen breche
Iris dem Direttor" folgenden Ant
wortdrief des Vaters: «Wertlper here
Direttort Beften Dank file ghre Nach
richt. Jch habe meinem ohne eine
gehörige Tracht Prügel zutheil werden
lassen, and ich hoffe, er wird es nicht
wieder thun. Sollte er dennoch fich«
wieder etwas zn fchulden tocnnien lafs
fen, fo bitte ich um gütige Mitwi
lung«. Der Director wird hoffentlich
nie mehr «Myopie« ftatt »Knrsfichtigs
leit« fchreiben.
der Wiss-user ato settfw
Auf welche Weife oft die sonderbar
ften Gegenstände zu Fetifchen werden,
zeigt ein von Lichtenftein de e
Vorfall von den Amaxefa - Da ern
An ihrer Niifte war ein Schiff -
ftrnndet. Der Aaffernhiiuvtling Tä
chabe ließ ein Stück von dem Schiffs
anter abschlagen und da derjenige,
der diei gethan hatte, zufällig bald
daran ftarb. hielt man feidern den
Unter fiie ein dämonifchds Wesen,
das Macht habe iiber die See und
über die ilnn zugeftigte Beleidigung
zürne. Man gal- itnn einen Namen
und jeder, der fettdern vorbeiging,
grüßte es ehrfurchtsvoll.
——--.-O-0J-s-——
Auch für die Großen qibW Erfah,
Ins-« Is- s:-«-s«-;.«k:s Ists-gr- «
nnnun ein« mer n lo,
- Sie rntiffen’i eben Leiden. P .
sek.