Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 20, 1908, Sweiter Theil., Image 10

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Das Hundertfrankcnstiick
Yes-u so- K. Orts.
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(8. Fortsetzung)
Die vier Seiten des Blattes, das
sie da entfaltet hatte, waren mit den
en en, tritzeligen Schriftzügen einer
o. nbar etwas itnsichserenFrauenhanD
bedeckt. Da hieß es: »Meine liebe
Margarethe2 Ein-Fig mein schlechter
Gesundheitsuzstand tann es erklären
nnd unschuldigen daß ich mit der
Beantwortung Deines lieben Briefes
bis heute aezöaert habe. Du tennst
mich wohl iuk Genüge, um zu wissen,
daß es nickt Mangel an Liebe und
an Theilnahme siir Dein Schicksa!
gewesen ist, was mich fo lange schwei
gen lies. Kein Mensch auf der Welt
sann sich Deines Glückes inniaer
freuen als ich, die ich in so vielen
shlaslosen Nächten Dein Unglück be
weint habe. Du sagst, daß es ein
edler und bochhergiger Mann ist. der
Dir zum Bunde fürs Leben seine
band reichen will, und nach allem.
II Du mir schon früher über den
»nsul Brüninä geschrieben —- zu
einer Zeit, als Du selbst wohl noch
nicht an die Möglichkeit einer solchen
Qudung dachtest ——— nach all diesen
Reinen Züan von Güte nnd Men
schenfreundlichkeit muß ich mich wohl
überzeugt halten, daß Dir damit ein
beneidenswerthes Loos zugefallen ist.
Wie aber kannst Du es für nothwen
dig halten, Dich vor mir gegen den
Bei-dacht zu vertheidigen, als hättest
Du nur um seines Neichthunis willen
die Wetbntxa des Konsuls angenom
men! Du müßtesi Dich in den letzten
anderthalb Jahren seltsam verändert
stehen« Um so schnöder und verwerf
llcher Berechnung fähig zu sein. Nie
mals hätte ich daran gezweifelt, daß
Du den Mann, dem Dn«s«!)ich fijr im- I
mer zu eigen geoen roiun, auch w«
ganzen Herzen liebst. und daß alle
Schöne der Welt nicht irn Stande
sein würden, Dich zu Lüge und Heu
chelei zu verführen. Aber mit der
Wahrung Deines von uns so lange
hüteten Geheimnisseg ist es ja nun
reilich vorbei. Einem wenigstens hast
Du Dich jegt offenbaren müssen, und
ich kann mir wohl denken, eine wie
schwere Stunde die Stunde dieses Be
kenntnisses für Dich gewesen ist. Bis
dahin bin ich vermuthlich die einzige
IMittr.-ifserin Deines unseligen Irr
tlyurns und des traurigen Verhäng
nisfej gewesen, das Du durch ihn über
Dich herausbeschworen, und Du durs
teft Dich der beruhigenden Gewißheit
hingeben, daß nur ein unausweichli
cher gesetzlicher oder moralischer
Zwang meine Verschwiegenheit bre
chen könne· Nun hast Du selbst den
Schleier lüften müssen, und daß es
ein Mann war, zu dem Du von allen
diesen für eine Frau so namenlos
peinlichen Dingen sprechen mußtest,
hat Dir die Beichte gewiß zu einem
Martnriuni gemacht. Ich habe Dich
in meinem herzen innig bedauert,als
ich mir iene Situation vorzustellen
suchte. Aber die Ertrnntniß der un
nbitstlichen Nothwendigteit Foird Dir
den Muth gegeben haben. sie zu über
sieht-, und jetzt liegt dies wie die
ganze traurige Vergangenheit hinter
Dir gleich einein mästen, schweren
Traum. Daß Du von Deinem Ver
löbnis als von einer feststehenden
Thatsache sprichst, ist ja der beste Be
weis dafür, das-, der Konsul Dir aus
den Ereignissen der Vergangenheit
keinen Vorwurf macht, und daß da
rtun auch Du sie nunmehr aus dem
suche Deiner Erinnerungen streichen
darfst. Der Himmel seaneund er
halte Dir Dein Glück.«
Was weiter in dem Briese folgte,
Daten Klagen til-er das schlechte Be
ben der Schreiberin, und diesen
heil las Margarethe nicht zum zwei
senMalc Sie hatte, als sie bis zu
» « Segenåswunsch gekommen war.
die band Init dein Blatt sinken las
sen, und auf ihrem feinen Gesicht
. Mr ein Ausdruck tiefer Traurigkeit
« ·-l«- 's- I- «
-.-- -- -I·--L- 8-L - - .- —
!
»Ob«-u su- u»uu,, uuo u-» neue usw
gar nichts gesagt habe —- noch gar
nichts!« sprach sie leise vor sich hin,
nnd ihre Brust hob sich in tiefern
III-einzuge, wie urn den Druck einer
schweren Beiiominenheii abznwäkzen
Troß der warmen Luft aina ein frö
Ielndes Erfchauern über ihreGlieder,
nnd dann erschienen große, alitzernde
Thäneutropfen an ihren Wimpern
»Wie —- Liebiing! — Du meinst?
—EZ sind doch nicht schlimme Nach
richten, die dieser Brief Dir gebracht
Darf«
Es war Gutes-ed Briinings Stirn
. III-. die mit solcher Frage an das Ohr
m nz in trübes Sinnen Betst-nie
set chiug Sie hatte den Klang seiner Z
näherten-wenden Schritte nicht gehörtj
- nnd in der ersten Befiiirzung über»
, sein unvermutheies Erscheinen hatte
He eine rasche Bewegung gemacht.
. Freie mir das Briefbiatt in ihrer Hand
M feinem Vlies zu verbergen
Nun aber. da sie erkannte. daß es
Mre zu spät war, faltete sie es lang
TM zusammen und sagte. ohne die
III-U zu dem Gesicht des Konsriis zu
III-Dem »Nicht gerade schiimme, aber
des recht« betrübende Der Brief ifi
« meiner Taufe Therefe, und sie
« mir, daß ei mit ihrer Ge
" «- isbt Les-Mit gingt Scheu zU
M bei me zusammen m Eng
W.- reckten ibre Nerven febe
angegriffen, und es scheint, daß sich
ihr Justand seitdem erheblich ver
ichlimmert hat«
Brüning hatte sich neben ihr auf
der Bank niedergelassen, doch in fol
chem Abstand-e, daß ein Beobachter
kaum etwas Verfängliches in diesem
Beisammensein hätte erblicken können.
Nur das warme, zärtliche Leuchten in
seine-n ans Margareidens dunklen
Kopf gerichteten Blick wäre stim viel
leicht zum Verräther qeworde »Es
thut mir aufrichtig leid, das zu hö
ren,« erwiderte er. »Du haft mir von
dieser Taute, die Dir jahrelang wie
eine Mutter zur Seite gestanden, so
viel Gutes erzählt, daß ich eine derz
liche Freundschaft für sie empfinde,
auch ohne fve persönlich zu tennen.«
»Sie verdient es, Gerhardt Denn
sie ist eine selbstlon gutherzigeFran
die fich snit nnerschiitterlicher Recht
fchcffenbeit gegen alle Stürme ihres
wenig freudenreichen Lebens behaup
iet hat. —Jhrem treuen Beistand in
schwerer Zeit verdanke ich mehr. als
ich ihr jemals vergelten tönnte.«
»Sie lebt in beicheidenen Verhält
nissen? —- In so bescheidenen viel
leicht, daß sie nicht in der Lage ist«
das siir die Wiederherstellung ihrer
Gesundheit Erfarderliche zu thun?«
»Sie lebt kümmerlich von den Zin
sen eines geringfügigen Kapitals,das
ihr verstorbener Gatte ihr hineerlasien
hatte, und sie erwähnt allerdings in
ihrem Briefe, daß sie selbstverständlich
nicht in der Lage sei, sich die ihr vom
Arzt eint-schiene Luftveränderung
und Erholung zu gönnen«
»Aber dem Iieße sich doch sehr leicht
abhelfen. Sie würde es gewiß nicht
ablehnen, wenn Du ihr ein paar hun
defrtst Mart fiir eine Badereiie anbö
te .«
Margarethe schüttelte den Kopf
»Wie ich meine Tante kenne, würde sie
«:- f t.c - est-. k-:.-.t -..4 — «—.«
LAU IUTIJII Mswcssl Fluskl lclucll still
sränden annehmen, ja sie würde das
bloße Anerbieten schon als eine Krän
kung empfinden Die Anschauungen
und Grundsätze, nach denen sie ihr
Leben eingerichtet hat, sind vielleicht
zu streng, aber da ich sie einmal
kenne, muß ich sie auch respektiren.«
Die Zurückweiiung seines Anerbie
tens schien den Koniul rnit aufrichti
aeanedauern zu erfüllen. Er fah eine
kleine Weile nachdenklich vor sich hin,
bis er plötzlich einen Ausweg gefun
den zu haben glaubte. »Wenn Du
ihr kein Geld anbieten darfst, so kann
es doch ihren Stolz unmöglich ver
letzen, wenn Du sie auf ein paar Wo
chen hierher einladest. Auch unser
gefundes Klima wird ihr vielleicht
wohl thun, zumal ihr der Garten die
Möglichkeit bietet, sich fast beständig
im Freien aufzuhalten«
Mit einein dankbaren Biick sah
Margarethe zu ihm auf. »Wie gut
Du bist, Gerhard!« sagte sie leise.
»Ich wezß ichs wohl, daß Du diesen
Vorschlag nur ersonnen hast« um mir
eine Freude zu bereiten.«
»Wilrde er darum fiir Dich weniger
annehmbar werde-ri« fragte der Kon
inl lächelnd. »Es wäre ja eine gerade- ’
zu troftlose Aussicht wenn ich auf
das Glück verzichten müßte, Dir hier
und da ein kleines Vergnügen zu
mach-ein« .
»Ich danke Dir von herzut, Du
Lieber-! —- Abcr ich weiß doch nicht,
ob ich recht daran thun würde, dies
mal von Deiner Güte Gebrauch zu
machen. Meine Tante würde Dir ver-«
muthlich nicht als eine sehr angenehme
Gesellschafterin erscheinen. Abgesehen
davon, daß die Hätte des Lebens fie
verbittert hat, wirkt auch ihr Nerven
leiden oft sehr depritnirend ans ihre
Stimmung, so daß man sie schon von
Herzen lieb haben mus, mn auch an
solchen Tagen ihre scheinbaren Lau
nen mit Geduld zu ertragen«
»Gut —- so werde ich mich eben be
—-·-:---s C- Issk In DODZIIOI dsg
Eis-mehr mein Liebling, werde ichsp
damit ja hoffentlich nicht herausfor
dern.«
»Ach nein! —- Fiir einen Maan
dürfte meine arme Tunte Therefe
kaum noch etwas Begehrenswerthes
haben. Ihre trüben Erfahrungen
haben sie zudem im Verkehr mit
Fremden beinahe trankhaft fcheu ge
machi.«
,,,Waren diefe iriiben Erfahrungen
nicht zurn Theil auch die Deinen? —
Du hast mir über Deine Erlebnisse in
Engtand bisher so wenig erzählt
Aber Du haft mir oft angedeutet, daß
sie sehr traurig waren. Willst Du
mich nicht einmal Näheres wissenl
lassen?«
Margaretha hatte sich jetzt ganz
von ihm abgewendet Gerhard Brü
ning fah nur noch einen schmalen
’Streifen ihrer weichen Wange, aber
das brennende Roth. das iim färbte,
sknnnte ihm wohl kaum entgehen.
F Als eine halbe Minute vergangen
swan ohne daß Maraarethe ihm ne
Ianttvortei hätte, sagte er denn auch
so herzlich. als hiitteer ein heaanaes
Les Unrecht gnt in machen: »Natür
lich will ich mit solcher Bitte nicht an
Dinge rühren. deren Erwähnung Dir
lvielleichk peinlich oder unangenehm
ifi.-—Ierh Habe eiia nicht vergessen,
M Dis mtå bei Faen- Eintriit in
sein Heini ersucht st- MS niemals
mit Fragen nach Deiner Metze-nam-i
heit zu quälen, und wenn ich nicht der
Mrinung gewesen wäre, daß dieDinge
zwischen uns jeßt anders liegen als
damals, wo ich Dir ein Fremder war,
wenn ich nicht aehofst hätte. mir in
diesen anderthalb Jahren Dein Vet
trauen gewonnen zu haben. io würde
ich auch jetzt eine solche Frage gewiß
nicht an Dich gerichtet haben. —- Ver
aieb mir, liebste Margaretbr. wenn
ich mich damit nach Deinem Empfin
den einer Unzartkreik schuldig gemacht
babe.«
»O. was hätte ich Dir zu verge
ben!« unterbrach sie ibn rasch. aber
mit niertwiirdia gepreßter Stimme.
»Es aiebt nichts in meinem Leben,
das ich vor Dir verbergen dürfte —
nichts, das zu erfahren Du nich ein
volles Recht hättest. Ich werde ir
auch selbstverständlich eines Tages
alles erzählen. Aber jetzt, aerade heute
—es sind so schmerzlich-e Erinnerun
gen. die ich damit heraufitschwören
müßte ——'« .
»Der Himmel bewahre mich davor,
Dir aus bloßer Neugierde dergleichen
iuzumutbem Ich verlange sogar allen
Ernstes, das davon zwischen uns
nicht mehr die Rede ist« Bei der Ein
ladung Deiner Tante aber wird es
sein Bewenben behalten — nicht
wahr? Ich werde mich herzlichfreuem
wenn die Gastsreundschaft bie ich ibi
bieten kann, ibrer Gesundheit zum
Bortheit gereicht.'«
.Da es Dein Wille ist, Gerbard.
werde ich sie bitten, mich zu besuchen.
—Aber Du selbst, Liebster, bast Du
Dich noch immer nicht entschlossen,
die Erbalungsreise einzutreten, die
Dir der Sanitiiisratb so dringend
empfohlen bat?'«
Ueber das Gesicht des Konsuls gan
es wie ein leichter Schatten. »Ich
Zähl- mZZs Js- msnnds ask IZÆO Okbdz
magst-editing, wenigstan nicht nie-U
verlieb, und den Schmerz um das,
xxas ich verloren, wiirde auch eine ver
änderte Umgebuna nicht lindern tön
nen. Ja, ieb fürchte, daß ich ibn nur
tiefer empfinden würde, wenn ich
außer meinem armen Kinde auch noch
Dich entbebren wüßte« ,
«Und doch werden wir uns in eine
solche zeitweilix Trennung finden
müssen, Gerbariu — Andeutunaen
der Frau Lorenz haben mir bereits
verrathen, wie mißtrauiich man uns
beobachtet. Auch wenn ich aar nicht
an mich selbst und an meinen quten
Namen deute, peinigt mich die Vor-.
ftelluna. daß die Leute sich berechtigt
glauben konnten, häßlich über Dich zu
reden.«
Es war ibr ersichtlich schwer gefal
len, das auszusprechen, aber auf den
Konsul hatte es unverkennbar eine
starke Wirtung hervorgebracht Er,
der sanft allezeitRubiae und Be
berrschte, vermochte seine Erregung
nicht ganz zu verbergen. »Was hat
Frau Lorenx gesaati——J-ch will doch
nicht hoffen, daß sie es gewagt bat.
Dich durch ihre Andeutungen zu de
leidigen?«
»O nein, das war wohl ihre Ab
sicht nicht, wenn te auch daraus, daß
fee sehr wenig mpathie für mich
empfindet, seit denr ersten Tage inei
nes Hierfeins tein hebt gemacht bat.«
»Aber ich will nicht, daß eine Per
son, die Dir übel gesinnt ist, mit Dir
unter demselben Dache leben dari.
Ich werde dieser Frau noch beuteibre
Stellung anständiger-. und Daselbst
sollst ihre Nachfolgerin mäblen.«
»Nein, Gerbard, das wirst Du nicht
tbun,'· bat Margarethe dringend
»Gerade weil sie vermutblich längst
erratben bat, von welcher Art unser-.
Beziehungen sind, müssen wie Nach
sicht mit ibrer Stimmung haben. Sie
bat sich so lange als die Gebieterin
des Hauses betrachten dürfen, daß sie
den EittdringliQ der sie von ibrem
Platze zu verdranaen droht, wohl
nicht anders als mit unfreundlichen
Gefühlen betrachten kann. Es wäre
eine unbillige hätte, sie durch ihre
Entlassung dafiiz zu strafen, und
dann erst würde ich ibren has wirt
lich verdienen.«
Daersab, daß es tbr voller Ernst
war« mit diesem Einspruch, bestand
der Konsul nicht auf seiner Absicht.
Das aber, was sie ibm llberdieNotlp
wendigleit einer zeitweiligen Tren
nuna aeiaat hatte, mußte ihn wohl
bis- snehlisb beschäftigte-. denn nackt J
einer lleinen Weile erklärte er mit
sichtlich schwer ertiimpstem Entschluß:
»Es soll meinetwegen niemand Dei
nen guten Namen anzutaften wagen,
Liedlina! —- Soiern Du nicht mit
einer sofortigen Bekanntgabe unseres
Berlöbnissei einverstanden bist, die
mir freilich bei weitern das liebste
wäre —-«
»Wie magst Du nur daran denken,
Gerhard!« siel sie ihm fast erschrocken
in die Rede. »Wie würde man eine
solche Verlobnna beurtheilen —- ietzt
in den Monaten der tiefsten Trauer!«
»Da mein eigenes Gewissen Dich
und mich von dem Vorwurf der Vie
tätlosigteit freispricht, würde die Mei-»
nung der Welt mich wenig tümmern.’
Aber ich darf selbstverständlich nicht
’ bloß an mich denken. Höher als die
Erfüllung meiner iebnlichen Wünsche
steht mir natürlich die Rücksicht auf
Deine Empfindungen Es bliebe uns
danach ja in der That keine andere
M· ’iichleit, das Gerede der Leute
ab chneidem als meine Entfernung,
denn IVden-on dass Du mein Haut ver
iisßt sann nicht die Rede sein. Hier
M Der Zuflucht und Dein Heim.
Der Oe anle, daß Du auch nur fiir
kurze Zeit ein anderes suchen könntest,
wäre mir unerträglich.«
»Und doch wäre es vielleicht besin,
wenn —«
L.
»Nein -’— neini Fordere von mir,
was Du willst, nur verlange nicht,
daß wir eine solche Mäglichteit auch
nur in Betracht ziehe-U
»Von Herzen gern will ich alles
thun, was in meinen Kräften steht
urn Deine Besvranisse zu zerstrenem
liebe Margarethe,« fuhr der Konsul
sort. »Morgen schon, wie sauer es mir
auch ankommen mag, werde ich knei
nen Reiteplan entwerien. Ich werde
mich auf eine Abwesenheit non meh
reren Monaten einrichte und werde
jedenfalls nicht sriiher ,urüetlehren,
als his einer Veröffentlichung unseres
Verlöbnisses keine Bedenken mehr ent
geaenstehen — Jst dies Versprechen
hinreichenv, Dich zu herubiaen
Er war ihr näher aeriictt und hatte
sich bei den lehten Worien über sie
terabaeneiah wie wenn er auf einen
Danteebeweis siir das ihrem weibli
chen Zartgesiihl gebrachte Opfer hoffe.
Aber er mußte aus solchen Lohn
verzichten, denn mit einer raschen,
ausweichenden Bewegung sliisterte
Margarethet »Frau Lorenz ist im
G.1rten——sie könnte uns sehen.« «
Ja der That gewahrte nun auch der
Konsul die weiße Hauhe der haus
Sälterin« die sich hinter dem Dreht
aittek zwilchen dem vorderen nnd dem
hinteren Theile des Gartenö hin unt
her bewegte.
Seinen Unmuth beherrschend, ftand
er auf. »Wir sprechen heute Abend
noch weiter darüber-. Und ich bitte
Dich, Deiner Tante aleich heute zu
schreiben. Wie war doch ihr Name?
Ich habe dafür ein so schlechtes Ge
dächtniß."
»Ihr-use Baumert!"
» »Ja-—- richtigs Ich bitte Dich also«
ior gleich neunsle Iwretorn uno tut
meine wärmsten Embsedlunaen aus-;
zurichten. Die Thatsache. daß ich bei;
ihrer Ankunft aller Boraussicht nach;
von biet abwesend sein werde, darf sie J
natürlich nicht abhalten, Deiner Ein-s
ladung Folge zu leisten.« i
Er verabschiedete iich mit einer,
leichten Verneiaung and tebrte in dasj
Haus zurück. Margaretbe aber blieb:
noch siir eine aeraume Weise ausikkl
rein Platz, und wieder erschien aufs
ihrem Gesicht jener Ausdruck tieferl
Traurigkeit, den es vorbin beim Lesenl
des Briefes anaenommen. Vielleichis
machte sie sich selbst sent bittere Vor
würfe darüber-, daß sie abermals diel
Gelegenheit zu einem Bekennen der
Wahrheit ungenutzt hatte vorüber
geben lassen» baß sie wieder, wie schon
so ost, seiae zurückgetrieben war vor
jenem Bekenntnis-» das doch eines Ta
oefe mit unerbittlichet Bestimmtheit
von ihr gefordert werden würde.
Die weiße Haube der Frau Lo
renz war nicht mehr sichtbar, als siLi
auch Margarethe endlich in Das Haus
beab. Um einen Gegenstand den sie
dort wußte, zu holen, wandte iie sich
nach dem im rückwärtiqen Theil des
ersten Stockwertei gelegenen Bügel
zinnnetz das nur an einem Tage der
Woche seiner Bestimmung diente«
sonst aber nur selten von einem der
hausbewobner betreten wurde.
Margaretbe war denn auch ganz
sicher gewesen, niemand darin zusta
ben, und sie blieb mit einer unwill
tiirlichen Gebärde des Erstaunens ausl
der Schwelle steten. als sie beimi
Dessnen der Thin die hübsche blondei
Lina in anscheinend recht vertrautemT
Beieinandee mit einem unbekannteni
jungen Manne vor sich sah.
Der schlanke, schwarzloctige Bur
sche. dessen Alter Margaretbe iaurn
höher ais aus zwanziq Jahre schäkn
konnte, batte seinen Arm um die
Schultern des niedlichen Zimmermiid
chens gelegt, und der Schrecken, den
die Ueberrumvelung ihm verursacht
hatte, schien durchaus nicht zu groß.
während die blonde Linn mit einem
Aufschrei bemiibt war, sich von ihm
loczumachen und vom-Kinn bis zum
aslottgescheitelten haa- hinauf rotb
wurde wie ein gesottener Summen
JOHN-fangen Sie bier Besuche,
Lina?« fragte Margaretbe, ohne von
dem jungen Manne weiter Notiz zu
Ist-outs- mIO sichs-um Essen WEI
Sie nicht« daß der Herr Konsul der
gleichen durchaus nicht gern siehi?«
»Ach« lieber Gott, sagenSie'i ihm
doch bloß nichi!« flehte die Kieine,der
die Thränen der Angst und der Be
schämung bereits in großen Tropfen
über die runden Wangen iugelien.
»Der here-es ist-es isi ja bloß
mein Bruder-»und er — und wir
—— wir haben wahrhaftig nichts Böses
aeihan."
»Das nehme ich zu Ihrer Ehre an,
Linat Aber ich rathe Ihnen trotzdem,
Ihren — Ihren Bruder künftig lieber
in der Küche oder im Garten zu em
psanaen.«
Während sie s tach, hatten die An
gen des jungen nschen unverwandi
aus ihrem Gesicht geruht, grosse,
dunkle, leidenschaftliche Augen, in de
nen es wie das Feuer des Zornes
oder des Hasses brannte. Er sprach
kein Wort m seiner oder des Mäd
chens Rechtfertiaung, sondern siand
sieiss und irohig da
Als Margareibe die Thiir des
Zins-krieg wieder zugeg, um sich zu
entsem , glaubte sie hinter ihrem
Rücken ein leises, höhnisches Auf
; lachen zuf vernehmen.
5.
Es war ein linder, sommerlich
schöner Sonniaa Nachmittag. Mit
einem großen Strauß stifchgeschniites
ner Rosen in der band trat Marga
reibe in das Speisezimmeh um den
siir zwei Personen gedeckten Tisch mit
den dustiaen Kindern Florai zu
schmückt-. Sollte ei doch siir eine
sauste Zeit heute das lebte-Mittags
mahl sein« das sie gemeinsam mitdem
geliebten Manne einnehmen durfte.
Der Konsul hatte während der ver
siossenen drei Tage seine Reisen-»be
reitungen getroffen und seine Abfobrt
war aus eine sriihe Morgenstunde des
folgenden Tages festgesetzt. Der Ge
danke an die bevorstehende Trennung
sie! Margarethen, deren Bitten ihn zu
seinem Entschluise gedrängt hatten,
nun doch viel schwerer auf die Seele,
als sie selbst es für möglich gehalten
haben mochte, und die Thränen waren
ihr nahe, während sie die Blumen in
verschiedene Vasen vertheiite.
Sie hörte den Klang eines über den
Gang daherlomrnenden Schrittes und
das rasche Oefsnen der hinter ihrem
Rücken befindlichen Thür.
Jn berGewißheit, daß tein anderer
ials der Herr des hauses sich heraus
nehmen dürse, io ohne weiteres in das
Speisezimmer einzutreten, , sagte sie,
ohne den Kopf zu wenden: »So un
geduldig, Liebsteri Du kommst noch
um ein Viertelstündchen zu friin
Aber sie erhielt teine Antwort. und
als sie den Kon wandte. erkannte sie
zu ihrer Bestiirzung daßes nicht der
KoniuL sondern sein Nesse herrnann
Ollendors war. der da mit dem Hute
in der Hand und mit starr aus sie
gerichteten Augen »vor ihr stand.
»Siei-——Mein Gott« wie Sie mich
erschreckt haben!« fuhr es thr halb un
willkürlich beraus. »Wenn Sie Ihren
Onkel suchen ——«'
Da erst kam Leben in seine Gestalt.
under trat weiter in das Zimmer
hinein. »Nein — ich bin nicht von
Berlin herübergetommen, um meinen
Onkel zu sehen. Sie wissen es auch
recht gut, Margarethe, das-, ich nur
Jhretwegen gekommen bin."
»Das wäre iehr thiirich Herr Ol-:
lendors, nnd Sie dürften sich nicht
wundern, wenn ichJsshnen wenig Dank
dasiik wüßte«
»Ein srostiger Emsang!« sagte er.
»Aber ich hätte am Ende darauf ges
saßt sein lönnen, nachdem Sie seinen
meiner Briese beantwortet haben. Es
scheint, daß Sie the Versprechungen
sehr schnell vergessen, Fräulein Mar
goretbe!«
»Meine Versprechungen? Jch babe
niemals versprochen, Ihnen ousBriese
solchen Inhalts zu antworten. Jn
diesem Augenblick aber bedaure ich
allerdings, daß ich es unterließ.«
Tie Stirn des Lungen Techniiers
zog ncn in nnnere fHauen »Min, es
iit ja noch nicht zu spat, das Ver
tömnte nzchzuholen Sie können mir
die Antwort, deren Unterlassung Sie
so lebhaft bedauern, ja jetzt mündlich
geben«
»Ich hoffe, Sie werden es miter
laiien Es ist wohl aenug, wenn ich
Sie bitte, auf eine Fortsetzung dieser
Korrespondenz zu verzichten. Denn fo
hatte ich es natürlich nicht verstan
den, als ich Ihnen auf Ihre Bitte
die Erlaubniß aab, mich von Zeit zu
Zeit über Ihr Eraehen und über Jhre
Pläne zu unterrichten.«
»Sie hatten es nicht so verstanden,
oder Sie haben inzwischen Jhre An
sichten und Ihre Gesinnung geändert!
Wir brauchen das nicht weiter zu un
tersuchen. denn für mich kommt esia
auf dasselbe heraus. So sind also auch
Sie wie die anderen, und ich bin wie
der einmal der Narr gewesen, der den
Schein fiir die Wahrheit neian
»Ich verstehe Sie durchaus nicht,
berr Ollendorft Woher nehmen Sie
die Befugniß. mir derartigeBorwürie
zu machen?«
»Ich habe lein Recht dazu —- na
ttiirlich nicht! Sie haben es mir ja
jnicht mit unzweideutigen Worten ge
Haah daß Sie meine Liebe erwidern.
Und was bedeuten Blicke und hande
driicke, wenn man gesonnen isi, sie
abzuleugnen! Das alles waren nur
die Aeußerungen eines kühlen Wohl
wollens, oder vielleicht auch nur des
Mitleids mit einem armen Teufel,
dem man ein Almosen hinwirft,s um
ihn auf ein Viertelstündchen feinen
Jammer vergessen zu machen! Mir
aber sind sie meer gewesen, Marga
rethe, mir waren sie der Boden, auf
ten ich mein neues Leben stellen
wollte, mir waren sie hie Quelle aller
Glückslsofsnung nnd alles Daseins
muthesl Sagen Sie mir ietzt, daß al
les nur Betrug aewesen ist« totettez
herzloses Spiel-— und Sie haben ein
vernichtetes Menschenleben auf dem
Gewissens
W
Er hatte seine Stimme immer lan
ter erhoben, und in tödtlicher An
erhob Margarethe befchtvbrend de
hande. »Um Gottes Willen —- so
mäßigen Sie sich doch! Wenn man
Sie hörte!«
»O, meinetwegen mag die ganze
Welt es hören! Soll ich dazu nur auf
der Welt fein, um anderen zuzr Be
friedigung ihrer flüchtigen .Launen zu
dienen? Soll ich mich treten und
mißhandeln lassen, ohne mich auch
nur dagegen aufzulehneni WissenSie
denn, was Sie mir gewesen fmd,
Margaretifi Sie waren mir ni t
bloß das-Leib, das ich liebte-—Sre
waren mif der Inbegriff alles Guten
nnd Reinen und Wahren. Nur weil
ich an Sie glaubte, erlaubte ich wieder
an die Menschen und an- mich fe!bft,
nur in dem Verlangen, Ihrer würdig
zu werden, fand ich die Kraft, mei
nen dornenvollen Weg weiter zu
gehen. Und nun? Nun muß ich er
fahren, daß Sie lediglich zum Zeit
vertreib ein wenig mit mir gespielt
haben, daß ich inzwischen bereits
einen Nachfolger gefunden habe, den
Sie wohl eben ietzt zum trautenSstello
dichein erwartent Ihre versehentlich
an mich gerichteten göttlichen Be
grüßunsgincorte haben es mir ja ver
rathen.«
»Sie wissen nicht mehr, was Sie
sprechen. und ich muß Sie allen Ern
ftes bitten, mich sent zu verlassen.«
»Sie fürchten, daß ich hier mit ihrn
zusammentreffen konnte «- mit dem
Glücklichem der sich jetzt Ihrer Guan
erfreut! Aber wenn nunaerade das
meine Absicht wär-. wenn es mich da
nach verlangte. ihn mir anzusehen
und ein paar Worte mit ihm zu
reden!"
Margareihe ertannte den fonft fo
bescheidenen jungen Mann nicht wie
der. Tie furchtbare Enttiiufchungiei
ner Hoffnnngen schien ihn aller Be
sinnung beraubt, . schien einen Ver
zweifelten aus ihm aemacht zu haben,
dessen eiferiiichtige Raserei selbst vor
dem Aeußerjten nicht mehr ·zuriick
lchrearr. In jedem Augenvner aver
konnte der Koninl eintreten, konnte
abnunaölos durch ein Wort oder
einen Blick erkaltet-, wie es zwischen
ihm und der ehemaligen Erzieherin
seines Töchterckxns stand! Zu einein
solchen Zusammentreisen durfte es
unter keinen Umständen iommen.
Das war der einzige tlare Gedanke
zu dem sich Maraaretde in diesen
Augenblicken bestiqitek Angst aui u
rassen vermochte and dem sie a .
lange Ueberleaung nachgab« als sie
sagt-e: »Sie dürfen nicht bleibender
inann —in dieser Genriitbdversassung
diirsen Sie hier nicht bleiben. Sie
würden damit ein unabsehbares Un
heil anrichten, nnd Sie wiirden zu
aleich eine Schlechtigteit begeben,
denn ich habe leinen von den Bor
wiirien verdient. mit denen Sie mich
iiberschiitten. Niemals « ichichtvöre
es Ihnen —istes mir in den Sinn
gekommen, daß Sie solche Denkens
geben tönnten. Es konnte mir gar
nicht in den Sinn iornmrn, denn
mein her-r gehörte ja liinast einem
anderen· einein Manne, der auch Ih
nen nichts als ein Genenitand dani
barer Retebruna nsd Liebe lein dars,
einem Manne, den Sie nicht betriiben
dürfen. wenn auch nur ein wineiaes
Fiinlchen Ehrgekiibl in Ihnen lebt.·
l Fortsetzung solgU
Ein in Brvotlyn ansässiger Deutsch
arneritaner hat ein neues ranchlosed
Pulver erfunden, das in drei Tagen
hergestellt werden kann. Die Fabrik
iipn der jeßt gebräuchlichen Sekten
niimnt sechs Monate in Anspruch.
Mit den Vorbereitungen silr den Kri
gehts immir noch schneller als mit de
Ausbau von Friedensbiirgschastem
If II O
Frankreich hat mit seinem Spazier
gang nach Jez nicht mehr Gliich als
seinerzeit mit dem Spaziergang nach
Berlin.
X s- y· si
Rußland bereitet sich aus den Krieg
vor, beißt es in einer Kabelmeldnng
Als ob sie das nicht alle und immerfort
töten! Und alle ini Namen des Frie
dens! . . .
I O Il
Die Klugheit war schon manchem
ein hindernis, tliiger zu werden.
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Ein Esset-quhen
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«Gnäviges Fräulein, der Barpmeter zeigt. jäetöndxkliw —- gestat
ten S«ie wir daß ich Sie mit meinem Schirm beste