Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 28, 1908, Sweiter Theil., Image 10

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1 .
Hinter der dichten Das-anmuth
Mma des Mausoleums. die sie den
sitckensicverbatg hatten die Sänger
Aufstellung genommen, und in schwer
iniitbigen Tönen klang das ergrei
seude Lied von der Bitterkeit des
Scheidens über den sommerlich pran
den Friedhof hin, während der
enge Trauerzug sich der Schwelle dex
Bküningschen Familien-Zenit nahte
,,So dir geschenkt ein Knösplein
was,
CI steck es in ein Wasserglas,
M wisse:
Iliibt morgen dir ein Röslein Ini,
Es weltt wohl schon die Nacht da
raus —
Das wisse!« « « .
Nicht ein Sarg, iondsern ein wan
delnder Hügel von Blumen schien es,
Das da über den Köpfen der anderen
us den Schultern der Träger
schwankte, und als sie es voe der
Schwelle des kleinen, tapellencketigen
Bauwetis berabhoben, um es durch
die düstere Vierte zu innen, da sah
man« daß es keine allzu schwere Last
gewesen sein konnte.
Nur ein kleiner Theil des Trauer
olges fand Einlaß in den engen
neun des Mausoleumå. Allen voran
an der Seite des Geistlichen ein hock
Iävachsenen stattlicher Mann in der
straft der Jahre Aus den klugen
singen Zügen seines Gesichts iaq
jener Ausdruck tieser Trauer-, der un
gleich beredter spricht als Thriinen
nnd Klagen, aber seine Haltung wie
fein Gebeinen zeugten von männlicher
Fassung und Erckbunq in ein unab
sendbares Geschick. Ganz alleinsiand
er hoch und aufrecht vor dein eben
fakis ganz mitBlumen und Kränzen
bedeckten Katasali, aus den winden
unt weißem Seidensiofs überzogenen
Sara zunächst nieder-gesetzt battr.crst
m kleinern Abstande hinter ihm grup
Hirten sich die ubrmen, wie zumzspek
eben, daß keiner dem dabinaesckiiedk
nen jugendlichen Meniclsentinde so
nahegestansden hatte wie er.
·Jiut mußt du mich auch recht Ver
stehn:
Wenn Menschen auseinander gehn,
So sagen sie: Aus Wiederse!)n!«
Mit der gläubig tröstendenZchluß
Qrophe war der Gefang- draußen ver
klungen, und der zu Häupten des
Sarges stehende Geistliche erhob feine
Stimme. Einzia der ernste Mann
vor dem Katafalt war eg, an den er
sich wandte, und seine Worte waren
an das gtamgebeugte Herz eines Va
ters gerichtet, Der dem Schooß der
Erde bot-zeitig das Theuerste euriicks
geben mußte, was- diese Erde ihm be
schieden.
Jst-Ich in den Tagen der Kindtzeit
ist Ihr Töchterlein dahingegangen,«
sagte er, »aber ein unerfoeschlichee
Wille hatte es aefiiat, daß sich längst
der lichte Sonnenschein verdunkelt
hatte, der sonst die glücklichen Tage
der Kindheit-erhellt«
Dann sprach er von den-. langen,
schmerzlichen Siechtbum, das die Enk
faltuna dieser jungen Menschenbliithe
gehindert hatte, von den trüben Jah
ren des Sorgens und Bannen-I- um
die Erhaltung eines Lebens, dem
wohl von allem Anbeginn die rechte
Kraft gefehlt hatte, sich zu behaupten.
Er gedachte der frühe qeschiedenen
Mutter, an deren Seite das Töchter
- chen nun ausruhen sollte von den-.
miibieligsn Dornenweg seines l rzes
irdischen Daseins, und er wahrt e den
sein« sich aufzurichten, nicht nur an
der Hoffnung auf ein W-iedersel:en.
— detn auch an dem Bewußtsein
daß treulich sorgende, unermüdliche
Liebe für die arme kleine Märtyrerin
Uszn ihrem letzten Atbernzuge alles
n, was die schwache, unzuläng
. Menschenkraft dem Schicksal an
.«;Q,eau»samkeit und Härte zu nehmer
;" W « .
« I Uly- die dem Hause des Konluls
HW freundschaftlich nahestanden
;- Mstem daß biete Anerkennung nich
. mer demButer gelten sollte, nnd ikm
Blicke richteten sich auf die schlanke
Ofer Frauenaeitalt in der vorde
IIIU Ists-,- M Kosdfkmvndsn . how-»
Gesicht sich hinter den Tirichentsicht
verbot-m und deren zarte Echukterr
in mühsam verhaltenem Schluchzer
bebten.
Der kurzen Grabrede solt-te das
Jedes und währendes draußen bin
ier den Büschen in weichen Akkorder
EIN neue ertönte:
»Wie sie so sanft ruhn, alle die c-e
· if Igen —- —-—«
Imde der weiß-, blumenbed-ckteSar4
fsngsam und feierlich durch die Oeff
Murg im Boden hrnabgesentt kn di
" christliche Grqu
Mesften Hauptes und ernster
«IIMI verließ das Tratergefolg
Mw un feißen Blüthendüften gan
n samt-, bis außer dem Geist
W niemand mehr dari anweseni
gis-M, als der Kosful Ger ard Brü
W und die f Unle, dunlle Frauen
. r. In H innrer Andacht ver
· s sste noch eine kurze Weite as
Miste-( Stätte ker- Trauer
« festbe- qutvachsene Man
die leis-e Bei-Mist zu und reicht
HE- HAVE
EWIWMOWMIUWUWUWWWWWMW
»Dank — innigsten Dank noch ein
mal im Namen meines entfchlafener
Kindes!« fagte ek mit bebendei
Stimme. Es war alles, was er fis-L
in diefem Augenblick abzurinaen ver
mochte, denn auch iiber seinen ftarten
Körper ging es jetzt wie ein Erw
tern, und an der Seite des Geistlichen
schritt er rafeb aus dem Dunkel in
den Echten, sonnenprangenden Som
mertag hinaus.
Ein alter Mann mit wohlgepflea
tem, weit über die Brust heravwal
lendem grauen Vollbart öffnete vor
dem Gartengitter der Brüning’fchen
Van den Schlag des Wagens, rein
der Konful entstieg. Als getreuer
Hüte-c des Hauses hatte et ar ver Be
gräbnißfeierlichteit nicht theilnehmen
können, aber mit feinem Herzen
mochte er doch wohl dabei gewesen
fein, dennes batte trotz der aus fol
chern Munde etwas befremdlich an
mutbenden Gewöhltbeit der Aus
drucksweife den Klang vollster Auf
richtigkeit und innigster Umbell
nahme, als er sagte: »Wollen der
Herr Konful einem einfachen Diener
arneigteft gestatten, feiner Betrübnis-«
Worte zu oerleibent — Unser kleines
Fräulein war ja mir und meiner
Frau ans Herz gewachsen wie ein
eigenes Kind.«'
Warm und freundlich, ohne alle
hochmüthige Herablassung . reichte
Gerhard Brüning feinem Pförtner die
Hand. »Ich danke Ihnen, Hackeri
Weiß ich doch, wie ehrlich Sie’s mei
nen!-Der Herr dass gegeben, der
Herr dass genommen, — das muß
mein Trost fein in dieser Prüfung.«
»Ja!———Und wen die Götter lieb
haben, den lassen sie jung sterben, wie
mein feliger Graf immer sagte, wenn
er seinen Gichtanfall batte.«
D» Hanf-il sei-ft- dom Motiv- not-b
einmalzu und trat in das Haus, das
trotz seiner bescheidenen Größenun
bältnisse sowohl in seiner äußeren
Erscheinung wie in der aedieaenen
Vornehrnbeil der Einrichtung augen
fälliae Kunde aab von der Wohlha
benheit wie von dem guten Geschmack
seines Eigenthümer-L Mit schwerem,
müdern Schritt stiea Gerbard Brü
ning in das erste Stockwerk binan
und drückte die Tbür seines Arbeits
zirnmers hinter sich ins Schloß. denn
ibn verlangte danach. nach all been
traurigen Gedränge für eine Weile
allein zu sein mit seinem Schmerz. —
Unten aber, vor dem Thore des
Gartenaitters, bielt jetzt ein zweiter
Wagen, aus dem drei schwarzgeilei
bete Frauen stieaen Zuerst die jugend
lich mädcbenbafte Gestalt, die irn
Mausoleum fiir viele ein Geaenftank
besonderen Interesses gewesen war
dann eine baaere, ältliche Person mit
unangenebm scharfen Gesichtsziiaen
und endlich ein rundliches, gutmütbie
dreinschauendes Frauchen, das infei
nem Gebaren gean die beiden Beglei
terinnen die Unterwürfigkeit der det
gesellschaftlichen Abstandes wohl be
wußten Dienerin an den Tag legte
Der stattliche Mann mit dem schö
nen grauen Barte stand noch an dei
Gitterthür, und mit einer Galanterie
der unverkennbar das Gebot-en vor
nehmer Leute zum Vorbild aebienl
hatte, war er dem jungen Mädchen
beim Aussieigen behilflich gewesen
Mit einem freundlichen Neigen del
Hauptes hatte sie ibm gedankt, un
sich dann obneAusentbalt in das Haus«
zu begeben. Die beiden anderen abe
blieben, auch als der Waaen fchot
davongefabren war bei dem lang
bärtioen Pförtner stehen
So hat man denn dem Staube ge
geben, was dem Staube gehör-H
sagte Hacker in feiner feierlichen unl
zugleich vatriarchalisch milden Art
die nur darum nichts Komisches hatte
weil sie so aut zu feiner äußeren Er
scheinung paßte. Heute die Jungei
und morgen die A«lten!« — Vor den
Todesenael giebt es nun einmal leii
Ansehen der Person«
Die Frau mit den scharfen Gesichis
seit-III- mas ÅOQ sog-- -Ie«.- Heils-s- »Is
»sp» ....·..,.. . sp .».,,»-.».,,. »W»
terbeweauna. «Lassen Sie’s autsein
Hader! Wir haben schon eine Predig
auf dem Kirchhof gehört. —Und an
Ende wär's do blos Heuchelei, wen
·man das arme Wurm bedauern sollte
das bei allem Reichtlwm so weni
Freude von seinem Leben gehabt hat
Das Kind ist aui aufgehoben un
wenn hier im Haufe jemand wirlli
eben Anlaß bat, betrübt zu sein, it
4 es meiner Ansicht nach höchstens da
feine Fräulein Hunold, für das de
Herr Ronsul jekt doch wohl kein
rechte Verwendung mehr habe
dürfte.«
»Sie bat viel Gutes an dem Kind
gethan, verehrte Frau Lorenz! Ein
leibliche Mutter hätte nicht nieb
thun lönnen.« —
,,Ja, das muß wahr fein!« bestki
stigie das rundliche Manchem das b(
jeder Aeußeruna des bärtinen Pa
triarchen mit respektvoller Zärtlichkei
zu ihm aufiah. »Ja den letzten Wo
chen vor dem Tode des kleinen Fräu
leins, als die Krankheit die schlimm
Wendung nahm, ist« sie ja kaum nat
aus ihren Kleidern herausgeben
·as«en. Und das hätte fee doch gen-i
—
»
nicht nöthig gehabt, denn sie war doch
blos als Erzieherin und nicht als
Krankenpflegerin engagirt.«
»O. meine beste Frau hacken ein
junges Frauenzimmer, das nach ei
nem wohlhabean Manne angeln
thut manches-, um sich einst-schmei
cheln. Ich bin seit mehr als zehn
Jahren Haushiilterin hier in der
Villa» nnd ich habe Gelegenheit ge
nug gehabt, meine Mbachtungen zu
machen. Seitdem die Frau Briining
todt ist, larn nicht eine einzige Banne
odek Gouvernante ins Haus, die
nicht ihre Nehe nach dem Herrn Kon
snl ausgeworfen hätte — die eine so
und die andere so. Aber er war
aliicklichetweise immer tin-I aenug,
sich nicht fangen zu lassenk Anfangs
hatte er teinen anderen Gedanken als
den an sein Geschäft, nnd als er sich
davon zurückioa lam die Liebhabe
rei mit den Münzen, die ihn gleich
gültiq machte aegen alle Frauenzim
mertiinfte. Es wäre wahrhaftig
traurig. wenn diese hunold mit ih
rem hübschen Lärvchen und ihrem
vornehmen Getbne mehr Glück gehabt
hätte als ihre Votaänaerinnen.'
»Sie muß ans einem seinen Hause
sein«, meinte der Pförtner. »Mir
bei meinem seligen Grasen habe ich
zuweilen Damen gesehen, die sich lo
aristotratisch zu benehmen wußten«
Die wohlwollende Frau Loreni
ließ ein herzes spöttisches Lachen
vernehmen. »Wenn Sie Ihren seli
gen Grafen nnd seine aristolratische
Sippschaft nur endlich im Grabe ru
hen lassen wollten, hackeri Sie tön
nen sich, wie es scheint, noch immer«
nicht damit abfinden. daß Sie von
der Höhe eines gräflichen Las-mer
dieners bis zur« Niedrialeit eines
bürgerlichen Portiers hinabsteigen
mußten. —Aber am Ende ist unser
Herr Konsnh vor dem die ganze
Stadt Respekt hat« doch noch mehr
werth, als so ein tnickeheiniger Ari
stotrat.«
Sie taxnen sonst recht qut mitein
ander ans, die hanshiilterin nnd der
Pförtner, für dessen schönen Bart
Frau Loreni unleuabar eine kleine
Schwäche hatte. Nur der Schatten
das blinke- Elksebn dem der redistr
va--.
— Hat-ereilte fast assöuifche Ver-braun
weihte« fiel zuweilen störend in die
Harmonie ihres Zusammenlebeni.
Das Gespräch wiirde vielleicht auch
ietzt rnit einein leisen Mißtlang geen
det haben, wenn nicht die Aufmerk
samkeit der Frau Lorenz in diesem
Augenblicke durch etwas anderes ab
gelentt worden wäre
.Da kommen richtig auch die beiden
Ollendcrss," saqte sie, durch eine
Kopsberoeauna auf die beiden Gestal
ten hindeutend, die sich durch die mit
Rastanien bepslanzte Villenstrasie dern
Brüning’schen Grundstück näherten.
»Na, ich meine, der Herr Ronsul
würde es ihnen wohl ver-sieben haben,
wenn sie ihn heute in Ruhe gelassen
hätten. Aber als seine einzigen Ver
wandten haben sie ietzt, nach dem
Tode der tleinen Ilse, die beste Aus
sicht aus die fette Erbschaft Da ist es
nur natürlich, daß sich die beiden
Hungerleider unseren Herrn Brünina
ietzt noch eisriaer warm zu halten
suchen als bisher.«
Schon bei den letzten Worten hatte
sie ihre nicht sehr wodllautende Stirn
rne vorsichtig dämpsen müssen, denn
die. von denen sie in so wenig ach
tungsvollen Ausdrücken gesprochen,
hatten inzwi chen das Gitter des Vor
gartens er ccht. Es waren zweie-ni
getleidete Männer, denen man’3 un
schroer ansah, in welchem verwandt
schastlichen Verhältnis sie zueinander
standen. denn dieselben charakteristi
schen Züge, die das Gesicht des Welte
ren aufwies, san-den sich auch in dem
des Jüngeren wieder, nur gemildert
durch die jugendliche Fülle der Far
men, die um Mund und Kinn sogar
etwas beinahe weiblich Weichez und
Kartes hatten, während das Antlitz
des anderen gerade hier so harte un
herbe Linien aufwies, wie nur viel
iiihriges Leid und lange Verbitterung
sie zu hinter-lassen pslegen.
Die beiden Männer grüßten kurz,
und der Aeltere sragte, ob der Konsul
bereits vom Friedhofe heimgetehrt
sei." Ali der Vsiirtner bejaht hatte,
wandte er sich an seinen Begleiter«
»Ich denke. es ist am besten. wennichl
allein hinausgehe. um ihm noch ein-J
mal unser Beileid auszudrücken Du
tannst rnich ja unten in der Halle er
. nu- rtsn «
RDHW»-IkU-«s «-o-s
OICIO
Ists-EIN Ist-Uon
— ",,Wie Tu’s fiir gut hältst, Vater-L«
lautete die Erwiderung.
Sie gingen durch den Garten ins
Haus.
Ein allerliebstes Zimmermädchen
mit rundlichen Formen, rosigen Wan
gen und slachsblondein, glattgeschei
teliem Haar kam ihnen entgegen.
»Fra,aen Sie doch den Herrn Kon
sui, Lina, obek siir mich zusprechen
ist,« sagte der Reitere. »Aber er soll
sich keinen Zwang auferlegen, falls er
fest lieber niemand sehen möchte»
kann recht wohl auch ein anderes at
wiedersommen.«
«Jarvob«l, Herr Qllendors, ich werde
es ausrichten,'« gab die Kleine zurück
nnd husrbie die Treppe hinaus, um
schon nach sebr kurzer Zeit zu den
Hart-enden zurückzukehren
»Der Herr Konsul läßt bitten,« be
richtete sie.
Wie sie es vorher verabredet hatten,
stieg der Vater in das obere Stock
werk empor, während der junge
Mann unten zurückblieb.
An berSekiwelle seines Arbeitizinv
merisichon empfing Gerhard Brüning
den Besucher und streckte iben mit ei
ner hetzlichen Bewegung die hart-d
cnigegen.
i l
»Es ist kin- gwße Freundlichkeit,’
Paul, daß Du Dich vom Friedhof
noch einmal hierher bemüht hast. Da
draußen unter den vielen Menschen
fand ich nicht Gelegenheit, Dir für
Deine Theiinabme zu danien.«
»Als wenn dergleichen auf Dank
berechnet wäre oder des Dankes be
diirftet——-Du haft mir in diesen Ta
gen aufrichtig leid gethan, Gerhardt,
obwohl man ia nie to recht weiß, ob
ei der himmel nicht besser meint mit
denen, die er binwegnimmt. als mit
denen, die er in den Kampf des Le
bens hinaus-stößt — Freilich es wäre
wobl nicht viel gewesen, was Dein
Töchterchen von diesem Kampf be
mertt baden würde."
' Er batte aewisz herzlich reden wol
len, und-er abnte es wohl selber taum,
wieviel Bitterkeit und verbisfener
Groll aus seinen letzten Worten ge
tlunaen. Der Konlul aber batte es
ebenfalls nicht aebört oder nicht hören
wollen. Er rückte ihm mit eigener
Hand einen Stiel zurecht und ließ
sich erst wieder in seinen Schreibituhl
nieder, als der Beincher Platz genom
men.
»Ich muß mich damit abzufinden
fachen Paul. wie ich mich mit man
chem anderen in meinem Leben habe
abfinden müssen. — Es ist ia auch
nicht überraschend gekommen. Jlses
vieljäbriae unheilbare Krankheit hat
mir zu meinem Kummer Gelegenheit
genug aegeben, mich darauf vorzube
reiten·«
-»Gewiß, Du wirst es überwinden.
— Wenn man, wie Du, hundert
Möglichkeiten hat , sich zu zer
streuen -——«
Er brach ab, und da er offenbar
nichts Tröftliches mehr zu sagen
wußte. gab es eine längere Pause.
Dann begann der Konsul in nn
verändert freundlichem Tone: »Auch
aus anderem Grunde ist mir’5 lieb,
daß Du deute qelommen bist. Paul!
Jch muß mich ia bei Dir weaen einer
Unterlassung entschuldiaen. die nur
durch die trauriaen Vorgänge in mei
nem Funke »Mir-i mer-den taan4 Der
c
BriefsdekiDu mir vpk nkuk oder sechs
E
Tagen geschrieben, ist lei r bisheute
unbeantkoortet eblieben und ——«’«
Abwehrend atte Paul Lillendori
die Hand erhoben. »Davon wollen wir
ietzt nicht reden. Gewaer — Hätte
ich gemußt, eoie es hier aussieht, wiisde
ich Dich seihstverständlieh rnit meinen
unbedeutenden Angelegenheiten ver
schont haben. Du toirit mir doch
wohl nicht die Taltlosigteit zutratsem
daß ich deswegen aetornrnen ioiirek"
»Nein· sicherlich nichtl -—-Aher ich
sehe nicht ein« weshalb mir nicht da
oon sprechen sollten. Wörest Du nicht
gelommem so würde ich Dir noch
heute brieflich mitaetheilt haben, daß
der gewünschte Betraa selbstverständ
liich jederzeit zu Deiner Verfügung
it.«
»Ohne baß Du die Rapiere und
Belege sehen willst. von denen ich Dir
geschrieben?«
»Du weißt doch, das; ich ein unbe
arenztes Vertrauen in Deine Recht
ichüssmkxeit habe.«
Auch das feinste Ohr hätte aus
dieser Versicherung nichts anderes als
den Klang vollster Aufrichtigkeit het
auöhören tönnen. Aber die tiefe
nasche zwischen Paul Ortenka
Brauen war nichtsdestoweniger noch
schärfer geworden. —
»Das ist seht gütig. Und doch wirst
Du wiss nachsiihlen können, daß ich
nicht gerne blos auf mein ehrliches
Gesicht hin Geld von Dir nehmen
thr. Ja. wenn es das erste wäret«
»Das erste oder nicht —- nrir ist
u:n die Rückzahlung nicht hange.«
»So? — Und ich soll glauben, daß
das mehr ist als eine sreundliche Re
densart. als eine liebenswii diac
Form siir ein großmüthig gege nes
Almosen? Die Summen, die ich irn H
Laus der Jahre von Dir erhielt, gehen
jehtschon hoch in die Tausende, und
noch hin ich nicht in der Lage gewesen«
Dir auch nur den winzigsten Bruch
theil zurückzuerstatten —- Könnteiehlt
Tät's da viesächt ilbel nehmen, wenn
Du neieh in der Stille Dein-es her-(
zenz flir einen Windheutel oder für
einen Schwindler hielten. der die
Verwandtschaft dazu mißbraucht, den
--II- Masse-I III-sei II« TAPFUIOU—J
II Its-s- «suu-- Ws·--- sw--7
die sogenannte Verwandtschaft denn
eigentlich geht Dich der halbbruder
aus der ersten Ehe Deiner Mutter
Doch ebenfoweniq an wie der erste
keite Bettler draußen auf der
« Straße!«
Gerhard Brüninsi neiate sich ein
» rven vor und leate dem Bei-sicher der
sich In eine gewisse Erreguncg hinein
aesprochen hatte. beichwichiigend die
Hand auf den Arm. »Hast Du mir
nicht bei einer früheren Gelegenheit
das Wort geaeben, lieber PUiui nie
wieder ohne Veranlassung in dieien
bitteren Ton zu verfallen? Habe ich»
Dir etwa deute einen Anlan dazu ge
aebeni Niemand weiß die Beharr
lichieit und den eisernen Fleiß, mit
denen Du um die Verwirklichung
Deiner Ideen tämpfit, besser zu wür
digen ais ich. Ich habe auch lange
aenug im Getriebe des Lebens gestan
den, um die Schwierigkeiten zu
schönen, die Du zu überwinden hast.
Sollte es mir, dem vom Geschäfts
gliick Begünstigten da nicht die auf
richtigste Freude bereiten, Dir hier
und da helfend die Hand zu reichen?«
»Aber ich will keine Geichenie
niedr, und ich würde lieber verhungert·
sein, als dass igr mich noch einmal an
Dich gewendet bitte, wenn nicht dies
mal eine volle Garantie daiiir vor
handen wäre, daß ich Dir ans dem
sicheren Griraq meines Unternehmens
nicht nur das Darlehen, sondern auch
alle früheren erstatten lann.«
Das waren ungefähr die nämlichen
Worte, die der Konful bei jedem der
artigen Anlaß aus dem Munde seines
Stiefbruders anhört hatte und heute
so wenig wie friiher lam ihm auch
nur der leiseste Zweifel an der Gut
glaubigteit des bei aller Enttiiuschung
und Verbitterung im Grunde doch
unverhefserlichen Optimiften. Er hatte
es nachgerade gelernt. die lranthafte
Empfindlichleit des allezeit mit der
gemeinen Noth des Lebens Kämpfen
den zu schonen. Er ging darum« auch
heute vollkommen ernsthaft auf feine
Absichten ein. «
»Wenn Du mir denn also zu mei
ner vollen Beruhigung gelegentlich die
erwähnten Papiere voriegen willst,
wird es mir angenehm sein. Jch werde
selbstverständlich immer bereit sein«
die Angelegenheit mit Dir zu bespre
,.Das hat einen anderen Klang —
und auf solcher Grundlage werden
wir vielleicht zu einer Verständigung
gelangen. Ich werde mich also an
einem der nächsten Tage mit den W
legen einfinden, wenn Dir’s fo recht
ist-«
»Ich erwarte Dich schon morgen.
Paul!—Ahek habe ich vorhin nicht
auch Hermann auf dem Friedhof ge
sehen? Er hielt sich so zuriiet dafz ich
neiner Sache nicht gan; sicher war
and daß ich teine Möglichkeit fand«
.hn zu begrüßenf
»Ja, er ist auf die Todesnachricht
bin von Berlin herübergetotninen, um
Deinem Kinde die letzte Ehre tu er
weisen. Das war doch ganz selbstver
ständlich nach allem, was Du seit fei
ner-i Knabeniahren fiir ihn gethan
hat« «
»Warum hat er Dich nicht hierher
begleitet?«
Er ist mitgetommen aber ich habe
ihn unten warten lassen, denn ich
meinte, dafz Du keineL thesondere
fYIcUUc Ulllllll cIClei lUllklI!I, ZYII Jst
sehen. Soviel-ich weiß, steht er nicht
mehr fonderlich hoch in Deiner
Gunft.«
»Er hat sich im Groll iiher eine
vohlgemeinte Vorhaltunn zu einer
Unehrerbietigkeit hinreifspen lassen.
Aber das ift liinaft vergessen, und er
wird in meinem Haufe tiinftig ebenso
:oilltommen sein« wie er es bisher ge
vefen ist-«
»Mir aber wäre es lieber, wenn er
auch weiter in dem Glauben bliebe
daf- hier niemand eine große Sehn
sucht n: .ch ihm empfindet. Er hat bei
iner großen Berliner Elektrititiits
iirma endlich eine Stelluna asiandem
)ie ihm gewisse Aussichten fiir die Zu
kunft bietet, undich möchte alles ver
snieden sehen was ihn aufs neue lau
und nachliifsia machen könnte in der
Erfüllung feiner Pflichten »- Es ist
endlich an der Zeit. daß er lernt
ein Mann zu iein nnd fich einzig auf
die eigene Kraft zu oerlaffen.«
»Du meinst also, daß er feinen
iiinftlertraum endgültig begraben
ind fich in seinem Beruf gefunden
fut?«
»Ich kann ihm nicht ins Herz fe-»
yen Gerhard —- Aber er weiss je-;
Ienfalls,- daß er mir mit thörichtenj
llhantaftereien nicht mehr tommenj
Darf, und daß er auf mich nicht zu(
rechnen hat, wenn er den Weg ver-!
äht, den ich ihm gewiesenk
Der Konful hatte sich erhoben.
,Jch will doch jedenfalls hinunterge
)en, um ihn zu begrüßen. Er soll
richt glauben· daß ich ihm noch im
ner zürne.«
Sie ftiegen gemeinsam in das un
Jere Stockwerk hinab.
2.
Hermann Ollendorf hatte erft we
iige Minulcn wartend in der halte
Des Parterregeschoffes zugebracht, als
sich die Thiir eines Zimmeri zu sei
ner Rechten öffnet, und die junge
Dame, die vor dem Katafalt der ur
rnen kleinen Jlfe den fchmerzerftickten
Dank des Konsuls entgegengenow
men, auf den Gang hinauztrat
Zeit, da sie ohne Hut und ohne
den ihr Gesicht verhiillenden schwor
zen Schleier war, wurde die jugend
liche Anmuth und Lieblichkeit ihrer
Erscheinung erft vollkommen offen
bar. Sie stand sicherlich noch in der
erften Hälfte der Zwanzigerjahre,
eine Fülle tiefdnntlen, gliin nden
Haare-S, an Stirn und Schläfe-n zu
—
seidigen, natjirlichen Lsckchen ges
traust, schmückte den zierlichen Kopf,
und die großen Augen schienen von
jenem fammtartigen Schwarz, das
den Kenner-i und Bewunderern weih
licher Schönheit von jeher als die br
riickendste aller Färbungen gegolten
hat.
«Sie find es, herr Ollendvrf?«
fragte sie heim Anblick des jungen
Mannes. »Und hier auf dem Gan
ge? — hat man denn den herrn
Konsul nicht von Jhrern hierfein un
terrichtet?« - «
l Mit einer raschen, faft ungestiimen
IVewegung war herrnann Ollendorf
Tauf sie zugetretern und das Leuchte-n
iseines hübschen Grsichts verrieth deut
licher als der beredteste Ausruf die
Freude, die er iiber die Begegnung
empfand. »Mein Vater ift oben bei
ihm, Fräulein Margarete. und ich
gedachte hier seine Rückkehr zu er
warten· —- Sie wissen ja, daß ich auf
einen ausnehmend freundlichen Em
pfang taum hätte rechnen dürfen.«
»Was bedeuten lleine Mißver
ständnisse an einem solchen Tage!
Jch bin sicher, daß Jhr Oheim Ihnen
niemals ernstlich böse gewesen ift. Er
ist ja der gütigste und großmüthigfte
aller Menschen«
»Wie gliicklich müßte et sein. wenn
er das hätte hören tönnen! Wer sich
doch auch ein solches Lob aus Ihrem
Munde verdienen dürfte!«
Als wollte sie ihn hindern. in die
sem Tone fortzufahren, öffnete Mar
garete Hunold die Tbiir eines kleinen,
in zarten Farben gehaltenen Salons,
der vor Jahren vielleicht das Boudoir
der Hausfrau gewesen war. »Möch
ten Sie nicht einstweilen hier eintre
ten, Herr «Ollendorf?«
»Ich dante Ihnen. —- Werden Sie
mir ein wenig Gesellschaft leisten? Es
scheint mir so ewig lange her zu sein«
das; ich nicht mehr mit Jhnen blau
bern durfte.«
Sie schien zu zaudern, dann aber
trat sie doch iiber die Schwelle des
infolge der zugezogenen Fenstervor
hänge nur von einer gedätnvften hel
ligteit erfüllten Gemaches. »Ein paar
Minuten kann ich wohl bleiben. Aber
ich bin feine gute Gesellschafter-in heu
te. Das herz ist mir so schwer, wenn
ich an unseren atmen kleinen Liebling
deute, der jetzt da draußen so mutter
seelenallein unter seinen Btumeu
schlummert.«
»Wir sollten ihr diesen Schlum
mer gönnen, Fräulein Margarete! —
Auch ich war gewifi aufrichtig be
trübt, ais ich durch einen Brief mei
nes Vaters von dem Tode der armen
»tleinen Jlse erfuhr, denn das Kind
und ich — wir sind ja, wie Sie wis
sen, immer gute Freunde gewesen.
Aber sie hat in ihrem turzen Leben
schon so viel leiden müssen, und wer
weiß, ob ihr nicht noch viel Schlim
meres vorbehalten gewesen wäret —
Auf dem Friedhof wurde erzählt, daß
ihre Krankheit den Aerzten von vorn
herein fiir unheilbar gegolten hätte.·
lFortsehung folgt.)
Jn der Koblenzer Volks-Zeitung
tode angezeigt: »Euroviiischer Hof.
heute abend 7 Uhr Symphonie- und
SoliftenssAbend Auch hier ist es mein
Bestreben wie früher in der ftädtischen
Festhalle, mein Augenmert auf die
Küche zu legen. T. Ulmer, Traineur.·
Recht so! Was nükt einem die schönste
Musik, wenn man nichts Ordentlicheö
im Magen hat! Dann hat man bald
die Musik im Magen.
I s II
« Nach den Konsularberichten sind seit
vier Jahren die Pfefferpreise im ost
indischen Martte stetig gefallen. Also
Hnur nicht verzagen.
i O If O
l Wenn ein armer Schlucter von ei
nem Einwanderer, der sich ein paar
Dollari als Notvfennig erdarbt hat«
nach Europa zurücktehrt, dann wird
ein Geschrei iiber den Unbantbaren er
haben. «Wenn aber eine ameritanische
·Mtß Millionen nach Europa nimmt-—
Ia, Bauer, das ist ganz ’was anderes.
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» Jeder Winter sorgt von selber da
fur, daßer nicht mit irgend einer ande
ren schonen Jahreszeit ver-wechselt
werden kann.
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Noch schlimme-f
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hett Oum Lebemannk »Ja, müssen Sie denn das dem Bankiet
Mein so sschnell zurückzahlth hat-r etwa mit dem Gericht gedrehf?«
Lebens-tm »O, viel schlimmer, Verlobung mit seiner Aeltesten!«