Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 24, 1908, Sweiter Theil., Image 9

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    Nebraska
Stetakssaneiger und IlseroldF
Jahrgang 2n.
Gkauv Island, Nebr»f24. Juki-me i908Z. (waeiieis The-fifty
Nummef TH .
»So gingst auch Du ——« »
Durch meine Lieder gehst »du wie eini
Traum,
Der niederstieg in weißen Vollmond
nächien,
Mit Schönheit füllend sekbst den cis-m
sien Nin-Lan
Und durch mein Leben» ist-sit du wie
i T In,
Der Schollen bricht Wd sum-n Lenz
ver-Händen
Wenn et dcrhinbrausi ülek eisige
HMU
Frichling und Träume miissen wohl
·n.verweh’
So gingst auch du—svon jensn Wun
dein allen -
Blieb tiefsies Heim-weh mir,dirn.1ch
ztsgchknx
T. Reh
Die künstlichen Diamanten
Humoresle voncsurt Thiergem
Kommerzienrath Cohn bewegte, ein
Zeichen großer Erregung, die Hände
wie die Flügel einer Schiffsschraubr.
»Mein Lieber«. sagte er im Tone sitt
licher Entriiitung, »trotzdem Sie der
Sohn meines Jugendfreundes sind,
werde ich Ihnen ohne Gnade und
Rücksicht mein Haus verbieten, wenn
Sie lich noch einmal erlauben, meiner
Tochter den Hof zu machen.«
Dr. Bein lächelte befchwichtigeuv
und schien augenscheinlich nur Inte
resse daran zu haben, seiner linlen
Schnkrrbartspitze eine geeigneten
Fasse-n zu gehen. Nach einer Weile
meinte er:
»Und wie dentt Magda darüberis«
»Hei-kl« brauste Cohn ans, »unter
ftehen Sie sich noch einmal meine
Tochter anders als Fräulein Cohn zu
bezeichnen! Wie meine We denkt.
lann Ihnen außerdem egal sein. —
Prscks schönen wenn ich bei jcdsr Mei
nigteit erlt die Meinung eines
Frauenzimmer-s einholen solltet Jch
wünsche Sie nicht als Beiverber, da
mit dasta!"
»Und ich wünsche nicht Sie zu hei
rathen, sondern Jhre Tochter, damit
baltal Sie können sich übrigens die
Sache in Ruhe überlegen! Uns pres
sirt es durchaus nicht und wir wollen
Ihnen gern die nöthige Zeit lassen,
damit Sie sich über dieForm der Ver
lobungsanzeigen schlüssig werden
können-« Damit erhob sich Dr. Brill
und streckte dem einen Kopf kleineren
Kommerzienrath gutmüthig lächelnd
die Hand hin. »Also auf Wieder
lehen, Schwiegerpapa.« "
Jn seiner Verbliissung nahm
Cohn die dargebotene Hand, um sie
aleich darauf mit Abscheu wieder los
zulassen »Herr! Jhre Unversroren
heit grenzt an das Uebernatiirliche!«
Er wollte noch mehr sagen, aber
Brill war schon an der Thür und rief
lachend zurück: ,,Lieber Schwieger
papa, Uebernatiirliches giebt’s bei
uns Chemilern nicht. Wir analhst
ren alles, auch die Gefühle eines
Brillanttönigs, der eine reizende Toch
ter hat. Addio!'· —
Cohn llingelte nach einer Flasche
Sodawasser. Als er ruhiger gewor
den war, ries er nach seiner Tochter.
Das gnädige Fräulein hätte sich be
reits zurückgezogem hieß es. Auch
das noch! Er war also gezwungen,
seine Wuth abtiihlen zu lassen, was
ihm trotz halbstündiger Zimmer-pro
menade und gelegentlicher Gefühls
eruptionen, wie: dieser Hungerleiderl
dieser Mitgitjägerl nicht gelingen
wollte. Mit diesen Bezeichnungen
that cr, wie ihm vollbewußt war, dem
Dr. Brill schwer Unrecht, denn erstens
hatte dieser ein beträchtliches Vermö
gen und zweitens brachte ihm seine
Stellung als erster Chemtler bei Rie
mann und Co. zwischen 10 und 15
Tausend jährlich ein. Verglichen
mit Cohn seelig Sohn war er aller
dings ein Armenhiiusler. denn Cohn
war der bischstbesteuerte in der gan
zen Stadt.
Cohn schnarchte noch Wuth, als er
bereits im Bett lag und schlief end
lich ein« —- —
»Dr. Brill«, meldete der Diener. —
«,Bin nicht zu sprechens« — Der Die
ner tam wieder: »Dr. Brill habe
eine Erfindung von einschneidender
Wichtigkeit gemacht-« —- «Jch will
ihn nicht-" —- ,,Aber lieber herr
Col-ji« warum so unüberlegt?!« rtes
da schon die Stimme Erim-. der ein
trat und den Diener binausscholx
Col-n war von dieser neuen Frech
» beit paralisirt und sasi mit ossenem
Munde in seinem Arbeit-stirbt
«Sehen Ste, then-er Schwieger
papa, Sie haben mich heute erst hin
ausgeschmissenl Jch habe diese De
miithigung mit Würde getragen, da
ich weiß, daß Sie nur zu scherzen be
lieben. —
Dr. Brill sah ihn aus seinen
blauen Augen freundlich an, dabei
zuckte es um seinen Mund diabolisch.
Cohn war noch immer stumm. Dr.
Brill fuhr sich mit der Hand durch
die blonden Haare und Cohn sah
deutlich , daß kleine, blaue Funken
ausstoben, wie bei einer Katze. Dann
brachte er aus seiner Tasche ein klei
nes Säckchen, hielt es dem Kommer
zienrath unter die Nase und ries: »Da
Sie, wie ich sehe, so viel Gewicht auf
Ihren durch Brillanten gewonnenen
Neichthum legen, habe ich mich dar
über gemacht, aus chemischen Wege
diese Dinger zu erzielen. Wie Sie
wissen, analysiren wir Chemiter
,alles!«
Cohn erinnerte sich, daß Bkill ihm
die letzteren Worte bereits einmal zu
gerusen hatte. Dr. Brill leerte das
Säckchen aus dem Tasch aus. Das
flimmerte und glänzte. Cohn wußte
sofort, daß das Diamanten waren,
die meisten tlein und anansehnlich,
einige aber von imponirender Größe.
Jhm wurde heiß und lalt, er nahm
die Steine in die Hände, prüfte, wog
und als er aufschaute, sah er Dr.
Brill’s Blick mit teuflischem Aus
drucke auf sich hängen. Er versuchte
zu lächeln und sprach: »Was ist da
weiter dabei? Wer weiß, wo Sie die
Dinger herhabem Jch lause Sie Ih
nen ab fiir 5000 Mi» das ist alles!«
Dr. Brill lächelte und strich sich das
Haar, aus welchem wieder die Funken
sprühten, dann meinte er: »Unsinn,
theurer Schwie', Sie würden sich da
bei selbst ruiniren, wenn Sie immer
soviel dasiir zahlen wollten. Mich lo
stet die ganze Geschichte leine zehn
Mart. Morgen werde ich meine Er
sindung in die Zeitungen bringen und
übermorgen kann sich jeder lein- Dia
manten zu Hause selbst fabriziren,
obne große Mühe!«
Dem Besitzer großer Diamanienfel !
der fiel das Herz tlastertief hinab.
Die wildesten Schlüsse vollzogen sich
in seinem Hirn, er stammelte: »Thun
)Sie das nicht! Sie ruiniren mich! Jch
würde ein armer Mann werden!«
iDer lalte Schweiß stand auf seiner
)Stirn. Dr Brill lachte höhnisch: »Das
!ist mir höchst gleichgültig Erst die
Wissens ichaft, dann das andere!«
J Cohn duckte sich und stöhnte: »Ge
den Sie mir das Versprechen, Jhre
Erfindng nicht zu veröffentlichen nnd
lich gebe Ihnen meine Tochter zur
Fran!«
» Ver anoere entgegnete rau: »Ich
bin tein Matten Jhre Tochter be
skomme ich sowieso!«
»Entsetzlich! So warten Sie, geben
Sie mir vierzehn Tage Frist, daß ich
alle meine Aktien in Berlin, London
nnd Paris an den Mann bringen
kann, ehe das Geheimnifz der künstli
chen Diamanten sie zu werthlosem
Papier macht. —- Heirathen Sie heute
noch meine Tochter! Aber lassen Sie
mir Frist!'«
»Das wäre Betrug! Morgen noch,
nein geht« sofort, telegraphire ich mei
ne Entdeckung an die größten Zeitun
gen der Welt. Addio Schtoie' in spe!«
- Der gepeinigte Cohn hielt ihn zu
rück bat flehte und warf sich zuletzt
»vor dem unerbittlichen Chemiter auf
die Knie nnd —— — —- —— « —
erwachte im Schweiß gebadet in sei
Inem Bett Sein Nervensystem war
erschüttert Der furchtbare Traum
Hstand in erschreckender Klarheit vor
’seinem Auge Wenn es wirklich ntiig
jlich wäre, Diamanten aus tiinstlichent
sWege zu erzeugen, too bliebe dann
Cohn seelig Sohn mit seinen Mitten? »
Er schlief den Nest der Nacht traum »
lob Als er am Morgen erwachte, fiel
ihm sofort wieder der Traum ein und
er ließ ihn nicht los. Magda ging
ohne die beabsichtigte Strafpredigt «
aus. Cohn war weich und versöhnlich
Zum Thee Nachmittags erschien Dr.
Brill, begrüßte Cohn liebenswürdig
und that, als ob nichts vorgefallen
war. Auch Cohn war wohlwollend
nachsichtig.
«Apropos Schwie«, sagte er plötz
lich nnd zog eine Nummer des Figaro
ans der Tasche, »haoen Sie schon ge
lesen da ist es einem franzosischen
Gelehrten gelungen, echte Diamanten
auf künstlichem Wege zu erzeugen.
Die Produkte sind allerdings noch so
klein« daß sie wenig oder keinen
Marttwerth haben, auch sind die Ko
sten der Derstellung zu enorme, um
vorläufig die Anfertigung en gros be
treiben zu könnent« —
Ver Kommerzienrath wurde blaß
»H-. -
und fah den Redenden durchdringend
an. Ob er etwas von seinem Traum
ahnte? —- Es giebt vielleicht Fälle,
wo sp-! Jhm war im höchsten Grade
unb:«i)aglich zu Muthe. »Glauben Sie
daran?« fragte et plötzlich.
Dr. Brill setzte den Zwitter ans und
sagte interessirt: »Warum nicht? —
ich beschäftige mich schon lange mit
dem Problem!« —- Cohn fühlte sich
wie unter einer eisigen Dusche. wäh
rend Brill sortsuhr, ,.sobald ich Nä
heres über den Erfolg lesen werde,
werde ich dort einsetzen wo der Fran
zose aufgehört hat«
»Nein, das werden« Sie nicht, mein
lieb-r Brill?« ries Cohn. ,,Dars ich
Sie bitten, einen Moment in mein
Arbeitszimmer zu treten? Die Damen
verzeihen!«
Als sie sich gegenüber saßen, wie
am vergangenen Tage, räusperte sich
Cohn und meinte: »Glauben Sie also
wirklich an die Erzeugung von Dia
imanten?«
»Sie wissen, wir Chemiter analy
siren alles."
,,Weiß ich schon, weiß ich schon!
fSogar die Gefühle eines SchwieUs
wie Sie sos schön sagen! Also hdren
iSie, ich habe mir die Sache überlegt
Sie sollen Magda haben!«
; »Herr Kommerzienrath!« Dr Brill
Isprang erfreut aus, aber Cohn winkte
» »Ich habe nur eine Bedingung,
daß Sie sich nie an der Lösung des
Problems der künstlichen Diamanten
betheiligenZ Wollen Sie?-«
»Mit tausend Freuden, liebster
Swie’, aber —« stammeite Brill.
»Kein aber! Erstens ist es Unsinn,
das mit dem Diamanten und zwei-.
tens —- nun, da schickt sichs nicht für
meinen Schwiegersohn! Berstandenk
Die Lies.
Tiroler Humareste von N u d o l i
G r e I n z.
Der Herr Bezirtsrichter Leonhard
Aitl hatt: heute keinen guten Tag. Jn l
aller Früh’ kamen schon die Bauern l
und stritten sich herum. Es war
Markttag. Den benützten die Bauern
pewöhnlich zur Austragung ihrer Zi
vilbändel. Das Vorzimmer, das in
die Kanzlei des Bezirtsrichters führte,
war gesteckt voll von Leuten.
Jn der Kanzlei selbst stand der Herr
Bezirtsrichter. ein kleiner, dicker Mann
mit einem röthlichem grau «metl«irten
Bollbart und einer Brille. Er gab
sich alle erdenlliche Mühe, zwei Bau
ern, die besonders hartnäckig auf ihren
vermeintlichen Rechten bebarrten, zu
versöhnen. Dabei wischte er sich vor
Anstrengung öfters mit seinem bunten
Taschentuch den Schweiß von der
Stirne; denn draußen war es drückend
heiß und schwül.
Die Leute im Vorziinmer verhielten.
sich natürlich auch nicht lautlos. Sie
stritten eifrig weiter. Es war ein
HöllenspettateL Vergebens mahnte
der Herr Kanzlist zur Ruhe. Seine
Worte wurden überhaupt nicht aebört.
Plötzlich wurde dieThür des Vor
zimmers ausgerissen Verein stürzte
in athemloser Eile ein Herr. Hinter
ihm folgte wüthenid und aufgeregt die
Irasbacher Bäuerin. Die Bauern rea:
ten neugierig den Kragen. Was hatte
es da gegeben? Die Kasbacher Matt-,
das war »koa Gnate nit«. Das Paar
rannte, ohne anzutlopfen, in die Kanz
lei des Herrn Bezirtsriclners.
Der war ganz verdutzt. »Hinaus·!«
schrie er dann die Maid an.
,,J guts nit aussi!« lreischte die
Maid, ein großes, derbes Frauenzim
mer, Mitte der Vierzig. ,,J bin icc
mein’ Rat-ti«
,,.s)inaus!« schrie der Herr Bezirke
richter neuerdings-. Die Moid wich
jetzt unwillkürlich etwas- zuriick, faßte
sich dann aber gleich wieder, rüttelte
den »Hearrischen« energisch beim Arm
nnd helserte: »Da! Den könnt’s an- »
brüll’n, aber nitmii Der shat’s than,
der schandtiche —" »
,,Sbäter!« rief der Richter und
machte die Thüre-ruf Er versuchtesdie
Moid hinauszuschieben Die stellte
sich aber breitspurig aus. steckte ihre
beiden hände unters Fürtuach, verzog
ihr breites eckiges Maul zu einem
Grinsen und sagte: »J bleib’ jatz da!«
»Ich muß Sie dringend ersuchen.
Herr Bezirtsrichter,« mischte sich jetzt
» der herr, ein jüngerer, schlank gewach
zsener Mensch mit einem feschen
;Schnurrbart, ins Gespräch. »Meine
jZeit ist gemessen! Heute Nachmittag
» muß ich wieder in Jnnsbruck seini«
Alsdann geht's Oes Zwoa auffi
derweil!« entschied der Herr Bezirks-—
richter und schob seine beiden störet
schen Bauern zur Thitr hinaus. Der
Herr Besirtsrrchtser schloß die Thür.
Die Mo d wollte zu reden anfangen.
Jedoch der Richter machte eine gebiete
rische abwehrende Handbewegung. Er
seyte ssich an den Schreibtifch- nahm
die Brille herunter, hauchte sie an und
lsegann sie zu putzen. Die Moid konnte
es vor Ungeduld schon nicht mehr aus
halten »Er hat sie umbracht!« fing sie
an.
,,Nur Geduld!« meinte der Herr Be
zirtsrichter. »J werd’ schon fragen!«
DaLei putzte er seine Brille fertig,
setzte sie umständlich anf, rückte das
Tintenfaß zurecht und nahm ein For
Ins-lar.
»So lang hab i nit derweil!« sagte
die Moid.
»Ich auch nicht!« knurrte der Herr.
»Der hat die Lies umbracht!« schrie
idieMoid wüthend auf den Herrn- deu
teno.
»Red’, wenn Du g’fragt wirst!«
herts « sie der Richter an. Dann
nahm er den Federhalter zur Hand
und begann zu schreiben. »Sie hei
ßen?« frug er den Herrn.
Iris Neuwirt.«
»Stanb?«
; ,,Jngenieur. Aber wozu denn das
Falles!«' rief der Fremde ärgerlich. »Die
l Sache ist einfach die . . . ."
,,Dös verzähl’ i!« treischte die Kas
jbacherin »Du hast sie umbracht mei
Lies mit Dei’m miserabeln Rad. . .
. ,,Also Sie hatten einen Radsahrer
»unsall?« wandte sich der Richter an
den Herrn.
»Ganz richtig!«
,.Sl?aa! Umbracht, übersahr’n hat
ser sie, die Lies! Hin is sie .. . .« ze
terte die Kasbacher Moid.
»Hast Du der Gendarrnerie die An
zeige gemacht?« fragte sie der Richter
streng. «
s· v,Naa. J bin schnurstrats zu Eul
s er g’rennt!«
Der Richter machte die Borzimmer
thür auf und rief snach«demsianzslisten.
»der Postensührer Stöger soll g’
,schrvind tommenl« befahl er.
T Der Kanzlist ging ab. Die Bauern
:dra-ußen geriethen inAus-regung.»Der
ZSchanoarml So eppesk Da hat va
7ner oane umbracht!«
»Wozu denn diese Umstände?«
fragte der Jngenieur ärgerlich. »Ich
habe wirklich keine Zeit! Mein Rad
ist beschädigt! Jch verlange Schaden
ersatz!«
»So? Du verlangst Schar-ener
satz?« helferte die Moid. »Und wer
ersetzt denn mir mei Lieg, dö Du um
bracht hast!«
»Ach wass! Nun hären Sie einmal
aus! Mein Rad ist auch kannt! Zu
wars mußte sie mir denn überm Weg
lansenl«
»Herr Richter, dem müaßt’s a harte
Strafy geben! Der hat gar toa Herz
nit!« forderte die Moid.
»Das scheint mir auch!« erklärte der
Richter mit einem strafenden Blick auf
den Angeklagten.
»Aber wieso denn?« fuhr der Inge
nieur auf. »Ich zahle ja! Aber dann
willjcb meine Ruhe haben!«
»Ah, mir Hainen wiro oas nii zu
machen sein! Das giebt der Herr
wirklich gut!« bemerkte der Richter.
Freilich niuaß er zahlen!« forderte
die Kasbarher Moid.
»Mit der Person ist überhaupt kein
vernünftiges Wort zu reden, Herr
Richter!« erklärte »der Radfahrer.
,,J bin aanz vernünftig, i!« prote
stirte dieMoid »J will lei innr) nit
sc kurz kommen bei der Sach’! Die
Lies hätt’ no’ lang’ g’lebt!«
»Wie wollen Sie denn wissen, wie
lange iie noch gelebt hätte!« sagte der
Ingenieur.
»Das woaß i!« behauptete die
Moto. »Dö hat a ganz besonders
zach’5 Leben g’habt!«
Jn diesem Augenblick drängte sich
bei der Kanzleithiir wer herein. Eine
vierschrötige Weibsperson. Die Kas
bacher Moid stürzte sich mit dein Aus
ruf: »Die Lies!« aus sie zu und woll
te sie bei ider Tshiir binausdrängxm
»Was ist denn iatz wieder los?« ries
der Herr Bezirtsrichter.
»So geab aus’in Weg!« und die
Person gab der Kasbacherin einen
Schubs. Es war die Thres, die Magd
beim Bezirksrichter. eine unbeholfene
Pusterthaleri-n. Sie trug in ihrer der
ben Faust eine todte Henne, weiß unid
gelb gesprentelt. Nun trat sie mit dem
Federvieh vor den Amtstisch des Be
zirtsrichters und sagte: »Die Frau
Bezirtsrichter läßt fragen, ob sie die
Dies taufen sollt« Die Kasbacher
Moid versuchte es, die Thres bei den
:Mttelsalten zurückzuziehen, bekam
»aber einen neuerlichen Schubs
l »Was für a Lies?« fragte der Be
izirtsrichter Fganz Uberständnißlos
»Ja, die S von der Kasbacherim
dö g rab’ vorher oaner überradelt
hatt« brachte die Thres in ihrer lang
samen Art heraus.
»Die Lies von der Kasbacherin2
Bist verruckt?« Der Richter stierte
isetne Magd gan verwirrt an.
Naat« sagte ie Ihre-. »Die Frau
Bezirisrichter hat g moant, es gäb no
a guate Supp n davon!«
»Von der Lies? Brrr! Pfui!« Der
Richter fuhr empor. Es würgte und
schüttelte ihn ordentlich vor Grausen.
,,Joa!« versicherte die Thres. »Die
Diarn vom Kasbacher hat s’ bracht.
Um zwanzig Kreuzer wär’ sie z’ ha
ben!«
»Wer?« schrie der Richter.
»Die Lies!« antwortete die Magd
ganz ruhig.
»So! Um zwanzig Kreuger!« rief
nun der Jngenieur aufgebracht. »Und
von nrir hat sie drei Gulden Schaden
crsatz verlangt, weil sie die beste Brut
henn’ in der ganzen Gegend sei!«
»Wer?« brüllte nun der Richter.
Er erhielt keine Antwort. Dafür
stieß die Thres ein höhnisches Geläch
ter aus . .. »Db·s die beste Braut
henn’! Daß ich nit lach’! Dis hat ja
längst koane Oar (Eier) tnehr g’legt!«
drehte sie sich langsam gegen die Kas
bacher Moib um« »Du hast sie ja
schon neulich der Richterin um vierzig
Kreuzer als Suppenhenn’ verlaufen
wollen!«
—«- -» -. - -««
»VVL IS llIl Wayki
»Ja, wahr is’s!« Die beiden Wei
ker standen sich feindselig gegenüber
nnd maßen sich mit giftigen Blicken.
»Und von mir verlangte die Person
für eine alte Henne drei Gulden!« rief
der Jngenieur neuerdings empört.
,,Ruhe!« rief nun der Herr Bezirks
richter, dem es allmählich klar zu wer
den begann, aus Leibesiräften. »Es
handelt sich also um eine überfahrene
Henn’?«
»Um was denn sonst!« bemerkte der
Jngrnieur ungeduldig
»Und das is die Lies von der Kas
bacherin?« fragte der Richter und deu
tete auf das Federvieh, das die Thres
in der Faust trug.
»Joa. Dös is mei’ Lies!« rief die
Moid. »Und es is nit wahr, es is
derlog’n . . ."
»Ja, was fällt dir denn ein?« rief
jetzt der Herr Bezirsksrichter wüsthend
nnd schlug mit beiden Fäusten zugleich
auf den Amtstisch hinein. »Glaubst
du vielleicht, du kannst ’s G’richt fiir
an Narren halten! A Henn’ also, und
toa Madl! Ja, warum hast denn du
dös nit glei’ g’sagt!« fuhr er die Kas
bacher Moid an.
«Oe·3 habt’s g’sagt, Oes werdet’s
schon frag’n!« grinste die Moid bas
hast
Der Herr Bezirks-richtet Leonbard
Astl setzte sich erschöpft auf seinen
Schreibtischstuhl und wischte sich den
Schweiß von der Stirn. Eine Weile
misterte er die Anwesenden nach der
Reihe mitBlicken still vesianirter Ver
zweiflung.
,,Soll die Frau Richter nachher die
Lies tauf’n?« fragte endlich die
Magd.
Der Richter fuhr wieder empor.
»Naa! Koa Spur! rief er. »Dö
liegt mir eh’ schon im Mag’n! Brauch
i sie nit in der Supp’n aa no’!«
»J will aber mei’ Recht hab’n!«
teiste die Moid.
»Ich erfetze den Schaden mit einer
Krone!« schlug der Jnigertiemr vor.
« »Dös is z’viel für a alte Suppens
»henn’!« erklärte die Thres.
»Vierzia Kreuzer haft verlangt! A
. Kro-n’ is übrig’s g’wug. Untd iatz z«apsf’
L di’ bei der Thür wußil Wawnider Herr
Iroollts lönnt’ er dir a anders Liadl
sauffpieknt Drei Gulden! Dös is ja
JBetrugN fuhr der Richter die Moid
tan. »Und die Henn’ g’hört dem
’ Herkul« ’
Die Thres gab die Henne an den s
fRadfahretn Der aber legte fie ent- .
yriiftet auf den Amtstifch, gab der
Moid eine Krone und empfahl sich.
Die Moid und die Tlires folgten ihm.
Der Herr Bezirksrichter blieb mit der
todten Henne allein zurück. Eine-Weile
betrachtete er in dumpfem Brüten das
Federvieh. Dann rief er den Kerker
meister und übergab ihm die Lies zur
Aufbesserung der Kost der paar Arre
ftanten, die beim Bezirksgerickit indes-.
tirt waren. »Aus lder Haut fa’k)r’n
tönnt’ einst« brummte er ärgerlich vor
»I
sich hin
Dai Beste.
März-lich wurde ein alter Neger
auf ein'-e geringfügige Anklage hin
tvor einen Richter in Dawfosn City
gebracht.
»Hast-sen Sie einen Anwalt?« er
kundigte sich der Richter.
»Nein, Euer Ehren«
» Können Sie lsich nicht einen ver
lchaffep?«
»Nein, Euer Ehren«
,,sSoll ich Jshnen von Gerichtsive
igen einen Vertheisdiger bestellen?«
«,-Danke, Euer Ehren. Jch dachte
mir, es sei das Beste, »den Fall der
Unwissenheit des- Gerichts zu über
lass-en.«
Eine nicht erfüllte Hoffnung bedeu
tet oft keine fo schwere Enttäufchung
wie eine erfüllte.
i
» Koch kommt!«
Anläßlich der Ehrung, die dem gro
ßen deutschen Baiteriologen für feine
Verdienste um die Bekämpfung der
Schlaftrankheit in Afrika zutheil
wurde -— es ist ihm bekanntlich der
Titel Exzellenz verliehen worden —
erzäblt man sich in Berlin eine hübsche
Geschichte, die vor etwa zehn Jahren
paffirte. Jn einem Städtchen im in
nersten Rußland langte eines Tages
eine für einen benachbarten reichen
Gutsbesitzer bestimmte Depefrhe an
mit den laionischen Worten: »Koeh
kommt«. Der Empfangsbearnte, des
sen Bildungsniveau offenbar das sei
ner Kollegen bedeutend überragte, sann
lange über die Bedeutung dieser räch
selhaften Worte nach und kam endlich
auf den gloriofen Gedanken, der »p.
p.« Koch könnte niemand anders als
»der keriihmte Hygieniler fein, dessen
sRuf selbst bis in diesen entlegenen
fWiniel rnsfischer Kultur gedrungen
war. Schnell benachrichtigte er den
Bürgermeister und die Behörden von
Edek großen Ehr-, die dem Städtchen
Ebevorständr. Bald war man sich ei
nig, daß man dem großen geschicht
lichen Moment sich gweachsen zeigen
müsse, und beschloß, die Straßen, so
weit es die kurze Zeit zuließ, festlich
zu schmücken und eine Empfangskom
mission zu dem sälligen Zuge zu ent
senden, die den berühmten Gast be
grüßen und in feierlichem Zuge zu
seinem Quartier geleiten sollte. Alles
stand in erwartungsvoller Spannung
aus dem Bahnsteig —- der Zug don
nerte in die Halle —— alle Hälse reckten
sich, um den großen Gelehrten dem
Abtheil entsteigen zu sehen —- aber
nur ein junger Mann kletterte ans
einem Wagen dritter Klasse heraus,
dessen ganzes Aeußeres verrieth, daß
zer keine Ahnung hatte, was überhaupt
JBatterien sind. Große Enttäuschung
Hauf allen Gesichtern, die sich in schal
llende Heiterkeit verwandelte, als das
Räthsel sich ausklärte: Der Gutsbe
»sitzer hatte in einem Vermittlungs
jbiiro der Provinzialhauptstadt siir
seinen Haushalt einen Koch bestellt, da
er mit den Leistungen seines bisheri
Igen Fcüchenbeherrschers nicht zufrieden
war, und war nun von dem Ver
smittler »durch die Dedesche Zvon der
Ankunft Ides neuen Hausgenossen be
nachrichtiat worden
Feuerzeug der Südfeetnfulanet.
Eine eigentihiimlsiche Art dessen-er
kmachens haben die Eingeborenen in
der deutschen Ssiidseekoslonie Neu
sPoniinern Nach’5der Beschreibung
Von Dr. Pöck in den ,,"Mitt·heislungen
der Wiiener Ankhropolsogischen Ge
sellschaft« nehmen diese Leute ein-en
kurzen, von der Rinde befreiten
Banmast, den isre Nemata nennen,
spalten ihn an einem Enjde etwas auf
und llemmen ein Steinchen in diesen
Spalt hinein. Nun sucht der Mann
sich eine Handvoll trockene-H Gras-,
ballt es- zusamsmen Und schiebt e-:· in
den Spalt des Knüppels unterhalle
Hdeg Steineg hinein. Er tritt dann
auf »das ani Boden liegende Aststiick,
um es- festsz-U"hcrlsten, zieht durch den
Spalt noch einen schmalen Baststrei
fen ,,Ana« und wetzt diesen, in
Ischnellfter Bewegung aim Steinchen
i hin unid her. Nach etwsa 30 Sekun
;«den schon steigt Rauch nuf, denn das
Hvon der Hitze ausgedörrte Gras ist
idurch die Reibung in Brand- gera
then. Jeder Gingeborene in Neu
Po-m.sniern trägst ein-en Newata bei
sich, der ihm auch als Spazierstock
dient, eben-so stets einen ,,«tlna« im
Gürtel.
«- —---.
Jn der-Hitze des Gesechres.
»Aus- Leipzeig schreibt man: Bei
der Ausführung der Oper ,,«··«ltessalsi
nn« im Staldttheater betsheislixrten sich
einige der Mitwirkenden in Der Sze
ne, in welch-er Helion die Kaiserin
gegen ihre Verfolger vertsheidig.t, so
lebhaft an dem Eis-almose, daß Herrn
Ur«ltus, dem ersten Held·entenor, eine
erhebliche Verletzung airn Arme zu
gefügt wande. Das Publikum hatte
hiervon nichts bemerkt, erhielt jedoch
alsdann Kenntniß svon dem Vorfall
durch lden Oberregisseur, der von-Be
ginn des folgenden Aktes um Nach
sicht für Herrn Urlus bat, da dieser —
infolge der dabongetragenen Ver
leduna seine Rolle nur smit Mühe
durchführen könne. Trotz derSchmer
zen sang der pflsichtsgetreue Sänger
seine Partie zsu Ende. Er hat sich auf
einige Zeit krank gemeldet
Gegensatz-.
Dichter (stolz): ,,... ch bin eben
meiner Zeit uim minde ns hundert
Jahre vor-ausl«
Wirth-im »Mit dem Bezwhlens der
Miethe sind S’ aber zwei Jaslyk zu
rück, Herr Doktorl«