Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 24, 1908, Sweiter Theil., Image 13
»Die nicht alle werden.« Erzählung von Ma rie S t ahl. Tante Josesine, die oerwittwete Frau Geheimrath Bermtvald, schüt telte den Kopf, nachdem sie den Brief ihrer Schwester, Frau Direktor Los sow gelesen. , Seit einigen Wochen hörte man von Lossows nur den einen Namen »Ellen Kramer«. Und jeder Brief war ein Loblied auf diese Perle. Sollte es· möglich fein, daß Lossorvs eine lei-I stungsfiihige und zugleich liebenswür dige »Stütze« gefunden hatten, die der Hausfrau alle Lasten abnahm, ohne je in ihre Rechte zu greifen? Ein solches Wunder müßte man mit eigenen Au gen sehen. Außerdem traute sich Tante Jose fine ein undesangeneres Urtheil zu, als ihrer Schwester-, der »guten Ma thilde««. Sie war in der ganzen Fa milie oberste Autorität in Fach-, Sach- und Menschenienntniß, und ge hörte zu den sogenannten Hellen, die durch ein eichenes Brett sehen. So hielt sie es für ihre verwandtschast liche Pflicht, mal bei Lossows nachs dem Rechten zu sehen, packte den Reise- ! lorh und die juchtene Handtasche und ! reiste ab. ’ Acht Tage lang war Tante Jose- s fine heftige Opposition. »Nimm es mir nicht übel, liebes Mathilde. aber Jhr iibertreibt,« sagte « sie hei der ersten Aussprache im Plau- « derwintel des blauen Boudoirs. I »Fröulein Ellen Kramer mag viele« vortreffliche Eigenschaften besitzen, aber » Jhr macht zu viel aus ihr. Sie be herrscht euch ja alle! Das gehört sich nicht fiir eine Person in ihrer Stel lung!« »Ich oegreiie dich nicht!" rief Frau » Losiow erregt. «Giebt es ein beschei deneres Wesen als dieses junge Mäd chen? Seit sie bei uns ist, geht mein hanshalt wie am Schnürchen, noch nie hat solche Ordnung. Sauberkeit und Pünttlichteit geherrscht! Sie nimmt mir jede Sorge und jeden Aet gee ab. Neulich, als die Köchin plötz lich erkrankte, kochte sie sofort das Mittagessen selbst. Du weißt, wie quiinglich Oskar ist, aber es schmeckte ihm so vorzüglich, daß sie seitdem öf ter mal ein Gericht siir ihn kochen muß. Und das macht sie so spielend nebenbei, ohne alles Aufhebens. Da bei ist sie im Salon vollendete Dame. Ohne schön zu sein, stellt sie jede Schönheit in den Schatten durch ihren seltenen Geschmack und ihr fesselndes Wesen." »Nimm dich nur in Acht, daß sie nicht andere zu sehr in den Schatten stellt," bemerkte die Geheimriithin trocken und beschloß die Augen weit offen zu halten Arn Abend im Familienwohnzimi mer gab es allerlei Ueberraschende5. Der Hausherr, der als Direktor ei nes großen, industriellen Bezirks den Tag über mit Arbeit überhäuft war, pflegte sich in diesen Feierabendstunden abgespannt und nervös reizbar zu zei gen. Er war dann den lebhaften uns ruhigen Kindern gegenüber zu stren gem Tadel geneigt, was ein gewisses Unbehagen verbreitete. Die Mutter hätte es gern beiden recht gemacht: dem Girtten die Ruhe verschafft, ohne den Kindern die Freiheit zu kürzen, und da dies nie möglich war, mußte sie Zafür büßen. blanke Joseitne rannte diese kleinen Szenen genau und wappnete sich mit Muth und Energie. um die Kinder gehörig in Respelt zu halten. Aber siehe da, es herrschte heute eitel Friede, Freude und harmonie im Familien reise. Die Kinder waren musterhaft. Fräulein Kramer erzählte so amiisante Geschichten, daß sie ganz Ohr waren. Lein Zanl, tein Streit und lein Lärm. Die Mutter saß, ein Bild des Beha geno. in der Sofaecke und es entging Laute Josesine nicht, daß der Haus herr hinter seiner Zeitung aushorchte und zuweilen lächelte, bei einer beson ders netten Geschichte Ellens, deren weiche Stimme selbst den reizbarsten Nerven wohllhun mußte· Und er lam sogar aus seiner Iso lirecke heraus und lauschte mit sichtli cher Besriedigung, als Fräulein Kra mer später mit Melanie vierhändia den Donau-Weiher vortrag, denn es war bisher zum steten Aerger des Va terö noch keinem Sterblichen gelungen, die vierzehniiihrige junge Dame zum Vorspielen zu bewegen. Als dann Ellen Kramer selbst reizende französi sche Chansons und englische Bollölies der tsortrug, war von Ermüdung und Nerven nichts mehr an ihm zu mer ken. Die Stimmung erreichte den Höhepunkt des allgemeinen Ent zücken-Z Und dann arrangirte Ellen Manier einen Stattisch. Das war es gerade-, · was dem Papa so sehr gefehlt hatte, ein kleines Spielchen oor dem Z bett gehen. Seine Bemühungen, alter, dem siebenzehnjährigen Selundaner, Ciat beizubringen, waren elend ge scheitert und hatten stets ein schnelleö Ende gesunden. Und nun hatte Wal ter bei Ellen diese Kunst im Handuw drehen gelernt. Tante Josesine beschloß, die Augen noch weiter auszumachen. Der Abend z war indessen einer der angenehmsten, den sie tm Lossowschen Hause erlebt. Selbst tleine Dispute zwischen den Eheleuten wußte Fräulein Kramer in angenehmer Weise zu schlichten. Am folgenden Morgen beim Früh stiicl theilte Frau Lossow den Jhren halb entrüstet, halb lachend aus der Zeitung mit, wie eine ganze Familie durch einen Hochftapler in etlatanter Weise um Hab und Gut betrogen war, den sie für einen Gentleman auf guten Glauben aufgenommen hatte, ohne legitime Beweise. »Wie kann man nur so dumm sein!« bemerkte sie. »Das sind eben die Dunnnen, die nie alle werden,« pflichtete Herr Los sow bei. »So etwas könnte mir aber nicht passiren,« ereiferte sie sich weiter. »Ich : begreise es nicht, ein Lump verrath! sich doch immer an gewissen Zügen.«—— ! »Höre mal, meine liebe Mathilde, ich glaube, niemand wäre leichter zu täuschen, als du,« erwiderte der Gotte ein wenig geringschätzig » »Dante, sehr schmeichelhaft, daß du mich zu den Dummen zählst, die nicht alle werden,« erwiderte sie tief ver letzt. ,,Uebrigens, haft du nicht da mals dem Buchhalter auch viel zu viel vertraut, bis endlich die Unterfchla gungcn ans Licht tamen?-'« Das traf eine wunde Stelle in den geschäftlichen Erfahrungen Lossows; er brauste auf, und es wäre zu einer heftigen Szene getommen, wenn nicht Fräulein Ellen schnell eine sehr in teressante Geschichte erzählt hätte, von einem sensationellen Betrugsfalle, der die Gedanken in neue Bahnen lenkte. Jm Verlauf der nächsten Tage be merkte Tante Jvfefine zweierlei. Er stens, daß ihre Schwester eigentlich im Haufe nichts mehr zu sagen und nichts mehr zu bedeuten hatte. Und zwei ten-I, daß eine große Veränderung mit ihrem Schwagek vor sich ging. Das Schlimmste war, vatz vie gute Mathilde nichts von ihrer Entthro nung merkte, so süß und bequem wur de sie in den Winkel völliger Ueber .slüssigteit gesetzt. Und noch viel be Identlicher war die Bewußtlosigleit, mit der ihr sonst so kritischer, nüchter ner Gotte sich umgarnen ließ· Die IGeheimräthin lonnte jedoch nicht klug twerden, ob der unbewußte Zauber seltener Vorzüge oder List und rassi snirte Berechnung von seiten der ge sährlichen Stütze die Ursache waren. Thatsache war: ihre Schwester hatte kein Geheimniß mehr vor der Frem den, sie vertraute ihr sämmtliche Schlüssel an, selbst die zu ihrer Kasse· Sie besprach die intimsten Angelegen heiten mit ihr und ließ sie sogar ihre Briefe lesen. Und der hauöherr wurde alle Tage liebenswürdigen Nichts mehr von überarbeiteten Nerven und Quänge leien. Er war sanft und sast zärtlich gegen die Gattin, milde gegen die Kinder, gut ausgelegt bis zu Scherz und Lachen. Die Kinder fühlten sich wie im Himmel und daher gab es viel weniger Streit und schlechte Laune. Diese Ellen Kramer war aber wirt llch ein Universalgenie! Als der Se lretiir Herrn Lossvws erlrantte, stellte es sich heraus, daß sie so viel von Stenographie und Buchführung ver stand, um ihn zur Noth einige Tage ersehen zu lönnen. Herr Lossow, der sehr verstimmt über das Mehr von Arbeit wen-, das dieser Aranlheitssall ihm anslud, nahm sie sosort mit in sein Privat-— jtonton Sie schienen sich bald wun .dervoll eingearbeitet zu haben, denn seine gute Laune stieg täglich. Tante Josesine, die wiederholt dringend den sRath ihres Schwagers wegen An- nnd Vertauss von Papieren brauchte, er schien zuweilen unangemeldet im Kons tor. Einmal hörte sie schon von seen sein herzliches Lachen und Ellen-H weiche Stimme, die etwas sehr Antä santes zum besten zu geben schien Und einmal überraschte sie beide vor dem ossenen, eisernen Geldschrant, der in die Mauer eingelassen war und dessen Geheimnisse noch nicht einmal der Gattin enthüllt worden waren. Er enthielt außer Werthpapieren nnd Baargeld auch den werthvoller Schmuck seiner Frau. Die Geheim räthin sah mit eigenen Augen« wie die Fremde lachend an den Geheimschlös sern probirte und naive Freude an den verborgenen Schätzen zeigte. »Giebt es denn überhaupt so viel Geld?« sagte sie gerade. »Davon hat ja unsereins leine Ahnung« Tant Josesine mußte sich räuspern, uns be merkt zu werden, so versunken waren beide in Belehrung und Betrachtung, und der Direktor legte ein paarmal seine Hand-aus Ellen Kramers weine Finger, um sie den Griss zu lehren, unter dem die Geheimsächer sich Zfsne ten. Jetzt wußte die Geheimrtithin, biß eine oolltommene »Stütze« sehr be Hdenllich siir eine Hausfrau ist und sie Zwar mit sich einig, daß etwas gesche Hhen müsse. Sie sah einen Abgrund, Idee sich unter den Füßen der ahnungs slosen Familie austhat, und in den Halle wie hnpnotisirt zu stürzen droh Jten. Sie hatte schlaslose Nächte dar -iiber, aber mit Mathilde zu reden war E zweckloi.« I Eines Tages kam ein Bries von der alten Marna Lossow, der die ganze Familie zu ihrem siebzigsten Geburts tag einlud. Es war eine kleine Reise bis zu ihrem Landsch, man blieb stets über Nacht dort. Mathilde war außer sieh, daß sie Ellen Kramer nicht mit nehmen konnte, und alle Kinder jam-« merten, es war gerade, als könne nie mand mehr einen Tag ohne sie sein. Nur Tante Josesine athmete erleich tert aus und beschloß, Mama Lossow ihr Herz auszuschütten und mit ihr zu berathen, was zu thun sei. Vor der Abreise übergab sie ihrem Schwager Geld und Werthsachen, die sie bei sich hatte, zur Ausbewahrung im seuer und diebessicheren Geldschrant. Es gab einen rührenden Abschied von El len. die zu Hause bleiben mußte. Ma thilde umarmte sie vor allen Leuten, die Kinder warfen Kußhände und selbst der Direktor schwenkte wieder holt seinen Hut. Es entging Tante Josesine nicht, daß das Thermometer seiner Liebenswiirdigteit während der Reise aus Null sont-. Er war wie der sehr streng gegen die Kinder und ironisch gegen Mathilde mit ihrems zahllosen Handgepäck. - Tante Josesine war mehr denn je. entschlossen, seine wohl selbst noch ah- - nungslose Seele vor dem Verderben zu retten. Am Morgen nach Großmamas Ge sburtstag trat die Katastrophe ein. Die Geheimriithin hatte sich bereits mit der alten, sehr klugen Dame ein gehend verstiindigt. Nun nahmen beide die gar zu harmlose Mathilde ins Gebet. Die arme Frau war ganz gelähmt vor Entsetzen iiber die Zu muthung, sich so schnell als möglich ihre unschätzbaren Stütze zu entledi ;gen. s Sie schwankte zwischen einem Ohn machtsansall und einem Weintramps, Ein demselben Augenblick trat der Di Irektor ein, treidebleich, ein offenes Te Ilegramtn in der Hand. I Heut Nacht schwerer Einbruch. Geldschrani ausgeräumt. Von Die-· den keine Spur. Fräulein Krainer berschwunden,« las er mit heiserer Stimme. Sein erster Gelchiistssiihrer hatte unterzeichnet.« Tableau! — Erft später erfuhr man daß Ellen Kramer die Gattin eines berüchtigten Hochftaplers und Einbrechers sei. Das Ehepaar hatte bereits im Ausland derart zusammen gearbeitet, daß die sehr gewandte Frau, die früher Er zieherin in großen Höusern gewesen, Stellungen annahm, in denen sie ih rem Mann und feinen Helfern die Wege zu ihren Raubziigen bahnte und alles so geschickt einleitete, daß sie nicht» gefaßt wurden. Die Verluste der Familie Loffow waren bitter und nicht sehr erhebend das Bewußtsein, auch einmal zu de nen gehört zu haben, die nicht alle werden. Tante Josefine aber segnete diese Lösung eines verhängnißvoll werdenden Problems, obgleich auch sie zu den Gevrellten gehörte. Sie reiste beruhigt ab, nachdem ihr Schwager aenau so unliebenswiirdig wie früher Abends von seiner Jsolirecke aus die Familie tyrannisirte und die »gute Mathilde« seufzend von Neuem die Pflichten und Lasten der Hausfrau auf die eigenen Schultern genommen hatte. Um eine schwerwiegende Er fahrung und Lebensweisheit reicher kehrte sie heim. Nämlich, daß es schlimm fiir eine Hausfrau ist, wenn sie überbürdet ist, aber noch schlimmer, wenn sie entbehrlich wird. NO .-.-—· Die goldene Violine. Von Charles Engels. 1 Das Hochzeitsmahl nahm tein Env de; ermüdet von der langen Unbe weglichleit hatte ich mich hinausge schlichen und war froh, fiir kurze Zeit dem Lärm und der schwülen Luft ent schlüpft zu sein. Als ich vor dem Saal vorbeikam, in dem später dem Tanze gehuldigt werden sollte, bemerlte ich durch die offene Thür einen Manu, der durch sein ionderbares Aussehen meine Auf merksamteit auf sich lenlte. Er war außergewiihnlich schlank und in die Höhe geschossen und machte den Eindruck eines Schwindsiichtigen. Sein abgezehrtes, mageres Gesicht mußte ohne Zweifel schön gewesen sein. Seine langen Haare umrahins ten eine hohe Stirn, und seine Augen glänzten « fieberhaft. Mit seinen lnochigen, sleischlosen Händen reinigte er mit einem seidenen Tuche eine Violine, deren Laet einen sonderbaren goldigen Glanz aus strahlte. Ueberrascht von der wundervollen glänzenden Farbe des Instruments näherte ich mich dem Musiler; ohne Zweifel hatte ich den Mann vor mir, der uns zum Tanze ausspielen wollte. »Sie scheinen da eine iverthvolle Geige zu baben«, sagte ich zu ihm; denn als ich mich ihm näherte, fielen mir sofort auch die schönen Formen des Instruments auf. »Ja!« erwiderte er lebhaft- ,,Es ist eine schöne Amati. die einzige, die mit diesem glänzenden, gelben Lacke be deckt ist« Die Sammler kennen sie wohl; sie nennen sie die »goldene Violine«. Aber sie haben ihre Spur verloren. Wer sollte sie auch hier in diesem Städtchen suchen?.. Jch habe sie von meinem verehrten Lehrer Al berti geerbt, der sie aus seinen großen Concerten spielte» Jch nehme sie sonst nicht mit hinaus-, mußte es aber l ( ist-e thun, da meine andere Geige: nicht in Ordnung is.« »Sehen Sie«, fügte er nach einer« Pause zu, ,,wie fein ihr Kopf ist we gewölbt ihr Körper, und wie er leuch tet, dieser Lack! Aber das ist alles nur für die Augen; man muß sie hö ren! Hören Sie, kennen Sie eine vierte Saite, dieso singt, wie diese? Und er spielte langsam einen ein« fachen Satz von Mendelssohn, und die Töne bebten, eindringlich und fchwermiithig, als hörte man ein Cello erklingen. »Aber Sie sind ein Künstler«, ries ich aus, »ein wirklicher Künstler!« »Wie? Also auch Sie?« sagte er bitter. ,,Einer ist wie der andere«, fuhr er fast zornig fort. ,,Künsile:! Wissen Sie, was ein Künstler ist? Jch bin nur ein Geiger, hören Sirt . . . Ein Dorsmusitant!« Und er drehte mir den Rücken zu. — Ueberrascht und fast beleidigt ver ließ ich den Saal und spürte kein-. Neigung mehr, mich weiter mit die sem Original mit den Künstlerhaaren zu unterhalten. An der Thiir traf ich meinen iFreund, den Doktor Bornftein, der Jniich suchte. j »Sie wissen Alles-« sprach ich zu ihm, »Sie werden mir auch Auskunft iiiber diesen sonderba ren Menschen ge jben können, den ich soeben sprach. « » Und ich vertraute ihm den Verlauf meiner Unterhaltung mit dem Musi fter an. l »Sie haben alle Beide recht«, er tlärte der Doktor; »der Mann war ein großer Künstler-. Aber der Kum mer, der Altohol und seine Krank heit haben ihn zum Dorsmusitanten erniedrigt. Sie wollen seine Ge schichte hören? Sie ist nicht so lang, wie sie schmerzlich ist, nnd ich will sie Ihnen erzählen« 2. »Es lvijrde schwer sein, zu sagen, zu welcher Zeit man Georg zum er sten Male mit dem Instrument in den Händen sah. Sein Vater war friih gestorben und seine Mutter ließ ihn ganz seiner Neigung leben. Sie besaß dieses kleine Wirthshaus und ihre ganzen Ersparnisse wurden der musikalischen Ausbildung ihres Sohnes gewidmet. Der Aufenthalt in der Hauptstadt, die tostspieligen Stunden bei den er sten Meistern verschlungen nur zu bald die Mittel der Familie, und er hätte auf die Künstlerlaufbahn ber zichten müssen, wenn sich nicht« der gute Alberti aus Zuneigung seines Schülers angenommen hätte. Als der Lehrer im vollen Glanze starb, wollte Geora gerade sein erstes Concert geben. Die Mittel fehlten und er mußte hierher zurückkehren, um auf eine Beschäftigung zu warten. Seit kurzer Zeit hatte sich in dem Hause, das dem Gasthofe gegenüber liegt, eine fremde Familie niederge lassen An dein Fenster, das sie von hier bemerken können, saiz täglich ein jun des Mädchen bei ihrer Handarbeit. Trotz ihres bleichen Gesichtes war Elise schön; besonders bewunderten Alle ihr reiche-Z goldblondes Haar, das ihren feinen Kon schmückte. Georg’s Leidenschaft wurde ent facht. In einein plötzlichen Fieber der Eingebung entströmten oft wun derbare Melodien seiner Geige. Er fing mit einem bekannten Satze von Mozart oder Haydn an, aber bald hörte man erregt und leidenschaft liche Variationen» die sich in’s Un endliche ergingen. Dag, was er oem jungen cucaochen nicht zu sagen wagte, das, was Worte unfähig waren, auszudrücken, das sang der Künstler auf dieser golde nen Violine, das entströmte diesem Instrumente wie das Bild einer glückverheißenden Zulunfti Und wie beantwortete Elise diese Liebe? Grausam, wie ein LIJiädchen ohne Herz. Sie spielte mit diesem Gefühle des Künstlers, für das fie kein Verständi niß hatte, und machte sich lustig über ihn, wenn sie den anderen Jünglin gen des Ortes von den musikalischen Ergiissen Georg’s erzählte. Unbarmherzig erweckte sie aber in derselben Zeit durch eine falsche Ko tetterie in dem Armen trügerische Hoffnungen, die ihn an ein kommen des Glück glauben ließen. Sie spielte ihre Rolle so gut, daß der Künstler bald glaubte, seine Liebe werde erwidert. Sein Erwachen war brutal. Als Elise sah, daß er sich seines künftigen Glückes sicher fühlte, sagte sie eines Tages mit spöttischem Lächeln: »Ich habe eine Ueberraschung für Sie; ich heirathe Robert, den Kauf mann; Sie werden uns doch zum Tanz ausspielen, nicht wahr?« Das, was für jeden eine grausame Gnttäuschung gewesen wäre« war sür « gen Künstler ein Schmerz ohne Glei en. Er schien bis zum Tage der Hoch zeit wie wahnsinnig. Nach der kirch lichen Feier trat er mit seiner goldenen Violine in den Saal. Ein Stück von erschreckender Traurigkeit klang aus in eine Hymne der Verzweiflung Dann sloh er ins Freie und er lief einsame Wege geschwinden Schrittes entlang, ohne es zu bemerken, daß der Abend anbrach und es finster wurde. Die jungen Leute machten sich ein Ver gnügen daraus, ihm zu folgen, und schließlich führten sie ihn mit Gewalt in den Ballsaal zurück. Endlich schien er ihrem Drangen nachzugehen, und man sah, wie er seine Violine wieder zum Spiel an setzte. Aber an Stelle des fröhlichen Tanzes, den man erwartete, hörte man den ,,Let3ten Gedanken« von We ber erklingen, wie ein heldenhastes und tragische-Z Schluchzent Georg sagte seinem Talent und allen seinen Träumen ein herzzerreißendes Adieu! ; Dann ließ er sich Branntwein brin den; und er, der bis dahin der nüch »ternste aller Männer gewesen war, »er suchte in der Trunkenheit Berges-; »sen siir seinen nicht zu ertragenden IKurnmerl - s Was soll ich weiter sagen-? Sie tön tuen sich die schmerzlichen Stuer sei Ines Niederganges denken. Der Künst "ler wurde zum Musikanten, denn er mußte leben! Die goldene Violine singt nicht mehr-, und in einem Jahre, vielleicht schon in einem halben, wird die schreckliche Krankheit den zerriitte ten Körper besiegt haben. 42 pl- st Nnn tannte ich die Geschichte Georgs. Endlich hörte er einmal wieder auf zu trinken· Aus großen Bogen li niirten Papiers schrieb er mit großer Geduld aus dem Gedächtnisz die Me lodien nieder, die ihm einst seine Liebe eingegeben hatte. Dann mußte er das Bett yuren; ruhig, wie ein Kind, kam er dem Grade mit jedem Tage näher. Endlich fühlte er, daß sein Ende nahte. Er wartete, bis er einen An genblick allein war; dann nahm er alle feine Kraft zusammen und stieg aus seinem Bett. Er nahm seine Violine in seine zitternden Hände und legte sie auf die glühenden Kohlen des Ofens · . . . sa- gs- s Aks sein letztes Röcheln erstarb, zer sprangen die Saiten der dem Feuer überantworteten goldenen Violine mit einem schrillen Ton; der wie ein Schrei aus geängstigter Menschenbrust erklang. —--.—.-.I----· Für den Nächsten Ein Streckenarbeiter in New York war von einem Zuge todtgefahren worden nnd seine Wittwe vertlagte die Bashngessellschaft asnf Schaden-tr fatz. Der Hauptzengse schwor positiv, daß die Lotomotive nicht eher das Warnnnnssianal gab. bevor der ganze Zug über den Arbeiter hinweg gegangen »Sie gestehen also zin, daß das Warnunggsignal gegeben w:!:«S-e?« frng der Anwalt der Bsakknaeiellsskaft den chaen. »O ja, acwiß.« »Nun. wenn das Signal reditxeitig erfolgt wäre. nm den iiberfabrexien Streckenarbeiter en warnen, Iniisde diese Thatfache doch günstig siir die Badnaesellschaft sein?« »Allerdinas.« »Gut. Für welchen nnd-ren.s?,.verl sollte aber der Lotomojivfiibser dis Signal gegeben haben. nachdem der Maan bereits überfahren lva:?« ,,Ver-mutks.lich Mr den nächst-n Streckenarbeiter,« lautete die verblkjf sende Antwort. —.-— Die lange Dienstzeit Bei einer Truppenmusterunq in Pommern machte es Friedrich dein Großen Vergnügen, sich vor der Frcnt mit einigen Soldaten zu nn terhalten »Wie lange dicnst du fckon2« fragcke er den treuherzig dreinsckauenden Flügelmann der er sten Kompagnie ,,Dreizel)n Jahre, Majestät,« lau tete Die Antwort. »Der Tauf-end! Wie alt bist du dean da«?« forschte der König ver-« wundert. »New-Denn Jahre,« entgegnete der wackere Pomrner. »Kerl, du kannst doch unmöglich schon von deinem sechsten Jahre an gedient l)absen!« lachte der König. »Tech, sMojesiät,« erklärte der junge Fleiqu ,,fiins Jahre diente ich als Gäsnseiunge, sechs Jahre als Ochsenlnechi und dann die letzten zwei Jahre als Soldat.« Im Seitennerven-h Also vierzigtausend Mark kriegt die Dame mit? Schön! Jch möchte sie aber vorher einmal sehen!« »Hier ist ihre Photographie.« »Nein —- ich meine die...vierzig tausend Mark.« Die Ileiichportimr. Meisterin: »Was weinst Du denn, Du dummer Bengel?« Lehrling: »Ach, das Stück Fleisch, das Sie mir gegeben haben, ist mir in meinem hohlen Zahn stecken geblie ben." Eine glänzende Partie. Zwei Jugendsreunde sisen nach lan gen Jahren wieder im Wirthshause beisammen und besprechen alle Vor kommnisse während der abgelaufenen Zeit. »Ja, die hochnasige Käthe,« erzählt A» »hat richtig noch einen Fürst ge heitatfset.« ,,Donnerwetter,« ruft B. aus, »wohl gar einen regierenden, wie?« »Das gerade nicht,« erwidert A» »aber von einer Seitenlinie. Er heißt nämlich Färst und ist Schafsner bei der Pfützenheimer Sekundärbahn!« Die einzige Frage-. A.: »Nun, was sagen Sie zu der vielbesprochenen Frauenstage?« B.: »Ach, Unsinn! Es giebt meines Wissens nur eine einzige Frauen srage ——« A.: »Und die heißt-s« B.: »Ist er noch ledig?« Bot-haft Freundin: »Findest Du noch immer, daß mein Maan alt neben mir aus sieht?« »Jetzt nicht mehr; Du hast Dich sehr zu seinem Vortdeil verändert!« Elietragödir. »Der Schulze hat doch vor einiger Zeit eine Dame aus dem Wasser gezo gen und sie später geheirathet.« ,,Ja—- und?« »Gestern isi cr selbst ins Wasser ge gangen.« Der Unverbesierliche. Försten ,,Brechen wir auf, Bat-o nessc, der Himmel nmdiistert sich.« Baronesse: «Daran sind nur Sie schuldi« ,,Förster: ,,Wieso ich?« Baronesse: »Weil Sie seit einer Stunde wieder ’mal alles Blaue her-— »untergelogen haben!« Modern. A. (zu B.): »Warum lassen Sie thre Söhne nicht studiren?« B.: »Das erschwinge ich nicht; es Istudiren nämlich schon m e i n c sämmtlichen Töchter!« Meter-er Trost. Reiche, häßliche Braut: »Ach, ich fürchte, meinem Bräutigam ist cr schließlich nur um mein Geld zu thun!« Freundin: »Nun ja; aber er muß doch unter allen Umständen Dich auch mit dazu nehmen!« Schmeichelhqft. Gattin: »Frau Meyer sagte gestern zu mir, es müßte ein Genuß sein, mit einem geistreichen Manne verheirathet zu fein.« Gatte: »Und was sagtest du dazu's« Gattin: »Ich sagte, ich könnte das nicht beurtheilen.« Angel-nist. »Meine jetzige Köchin ist bereits 58 Jahre alt!« »Nun, da finden Sie doch wenig stens keine Ulanen mehr in derKiiche!« »Nein aber zwei Veteranen!« Draftische Abhilfe »8)Jian hört ja Ihre Frau in letzter Zeit gar nicht mehr Klavier spielen!«« »Ich habe eine Maus in den Fliigel gesperrt, nnd jetzt traut sie sich nicht s« mehr, ihn auszumachen. Vor-weggenommen. Gatie Czder irxn I? Uhr Morgean nach Hause kommt. bevor sein-e Gat tin noch den Mund zur Gar-bitten Preidisgt össnest): »Ja, ja! Jch weiß, ich bin ein unnützes Mitglied der Ge sellssckast; ich mache Dir dag- Leben zur Qual; es ist ein Elend-T daß Du mich aselyeirathet rast — so, nun tannst Du ruhig sck.«lafen!« · Wandel. »Wer ist denn der hemntergekonp smcne Mensch d-'ort?« »Das ist der So.,n eines Empor köinmlings. «