W Fräulein Lotte. Novellette von Hedwig Nicolau Fräulein Lotte seierte ihren neun Iehnten Geburtstag. eRegimentsmufit brachte ihr ein Ständrhen, Tante Aurelie tiißte sie örtli, und der Ontel Nittmeister, n de en hause sie seit dem Tode ihrer ltern lebte, führte sie an den Geburtstagstisch im Salon. »Lauter Liebesgaben von der Tan te,«sagte herr von Schall ertlärend. s »Jchld!wasche meine Hände in Un chu « Lottes lustige branneAuaen heh ten ihn an, und ihr frischer rother Mund dffnete sich, um scherzend zu schelten. »Wer das glaubt, Onkel Guido! Jch weiß genau, daß Du ein noch größerer Verschwender bist, als die ute Tante. Denn wer onst als Du got mir die heimsten iinsche aus der Seele gele en und mir diese piet-? seine Reitausriistung gescgenltiWem’ war mein alter Sattel un das Reit i tleid nicht mehr gut genugi Wer an ders will immer Staat mit mir mir-f chen, als mein guter, alter Onkel?« i »Schon gut, Maus," wehrte ders Eweiundnierzigeä Ihrige, liebe ,,alte« i Onkel dann n Dank des erfreutenl Geburtstagslinds ab, das sich schnell! über seine Hand neigte, um sie zu liissen »Wenn es Dir nur gefällt, dasj ist die Hauptsache.« Ihre glänzenden Augen gaben ihm eine deutliche Antwort. worauf er sanft den Arm um ihre schlanleTaille legte und ihr einen Kuß in’s hell-1 blonde Haar drückte· Das junge Mädchen nahm diesen väterlichen Kuß mit leichtem Errö then hin, dann machte fie sich los undx umhalfte die alte Dame stürmifch· Die Tante, welche zwölf Jahre mehr als der Rittmeisier zählte, hatte eg mit ihrem reichen Gemüth oon jeher verstanden, dem Bruder und derNirhte denAlltag zu ver-golden Seit dem Tode von Lotte’s Mutter, einer Cou sine der beidenGeschwifter, war Fräu lein Aurelie dem junazn Mädchen so nahe gerückt, daß sie ihm eine Ber traute geworden war in allen Angele enheiten, die ein weibliches Ver ändniß erheischten, und hatte ihr die Mutter völlig ersetzt. Als Lotte sie wieder sreigab und ihr dankbar in die Argen blickte, siihlte sie die Augen der Tante voll Güte auf sich ruhen. Ma. Kinder, nun entschuldigt mich, hitte,« sagte Herr von Schall seiden die Hand reichend, »es ift Zeit, daß ich mich aus dem Staube mache. Jhr wißt ja, die Gratulativnscour ist mir ein Greuel.« »Ach, Onkel Guido, daß ich heute hier bleiben muß,« rief Lotte mit ehr lichem Bedauern, »ich ritte viel lieber mit Dir über Stock und Stein. Schade! Wozu habe ich nun das neue Weit-zeug, wenn ichs nicht benutzen kanni« , »’.Uwrgen wirst BUT- proo1r-n, tröstete der Onkel. »Heute heißt’s ge duldig das Haupt in die Fluth der Glückwilnsche tauchen, die Dich über schwemmen werden! -—— Und hörst Du, nimm nicht zu viel Süßigkeiten su Dir,« feste er, mit dem Finger dro hend, doppelsinnig hinzu, »wir scheint es, als ob neuerdings meine Herrn Leutnants und andere Griinschnäbel in Civil recht oft an meinem Hause vorbeidesilirten. Nach mir oder der Tante sehen die jungen Herren sich doch sicher nicht die Augen aus« Der jungen Dame stieg eine rosige Gluth in’s Gesicht, allein sie zuette gleichmiithig die Achseln. »Gott, sie wissen ja Alle, daß ich ein armes Mädel bin,«« entgegnete sie. »Das thut nichts; sie speiuliren aus die ossenehand zahlungssiihiger On telsund Tauten. Nicht wahr, Anre lie « Diese gab dem Bruder einen leich ten Klapg aus dieSchulter und sor derte ihn aus, sich schleunigst von dan nen u trollen, wenn er nicht den er sten Desuchern dirett in die Arme lau sen wolle. Mehr als bereitwillig tam der Ritt meister diesem Wink nach, er schob keine hohe, trastvolle Gestalt zur Thür tnaus, und als er gleich daraus aus dem Rücken seines Pserdes in den sonnenhellen Morgen hineintrabte, toar denn auch die Klingel an seiner Wohnung in beständiger Bewegung. Die Damen des Regiments, junge und ältere, erschienen nach einander und beglückwünschten das Geburts tag-tin mit einer Umarmung, die je nach Gefühl und Laune herzlicher odex tithler aussieh und brachten ihre Atl ebinde in Form von Blumen oder Elbsigesettigten Dandarbeiten dar, ren sast ausnahmxlÄeMschmaa losigteit das junge Mädchen mit ge theilten Gefühlen bewunderte. Den jungen Ossizierem von denen einer im Namen aller ein Blumen arrangement überreichte schüttelte Lotte tarneradschastlich des-and und lud sie ein, im Kranz der Damen Zlah zu nehmen, die inzwis n den abentisch mit lauten halbe lieben, alb neidischen Bewunderungsrusen trachtet hatten. Dann wurde Wein erum gereicht und argenstoßem dazu ßeg gegessen und set eeedet, namentlich unter der» ugen , die einen Kreis sltr sich gebt hatte. Frau Oberst von Oven ertundt te sich bei Tante Aueelie angelegent ch nach dem Besinden des »lieben« Ritt meilteti. ten-d oder denn immer noch nicht an’i heirathen dentez et wurde ! — doch nun endlich Zeit mit zweiundJ vierzig Jahren. Fräulein Aurelie" folgte, als sie äu ihrem Bedauern eine unbestimmte ntwort geben mußte, dem Blick der Frau Oberst, der auf ihrer ältesten, schon etwas angefahr ten Tochter ruhte, die sich heute ganz; besonders jugendlich herausgepuht hatte und in forcirter Lustigtett wie ei Bactfifch benahm. Fräulein von chall begriff, aber sie zeigte es mit » teiner Miene. Die Frau Oberst erhob sich endlich ; und mit ihr alle übrigen Besuchen Als sich die Thiir hinter den letzten geschlossen hatte, stöhnte Lotte in to mischem Muthwillen: »Gott sei Dant, diese Tortur haben wir hinter uns-! Mir ist ganz slau um den Magen; gut, daß nur alle Jahre einmal Ge burtstag ist!« »Jo, Kind, hast recht!" Die Tante sirich ihr lächelnd iiber die rosigen sWangem »Glaubft Du, daß noch Je mand kommen tönnte?" fragte sie dann. Lotte besann sich. »Ich denke nein, Tantchen Jn der Stadt cweiß Nie mand etwas oon meinem Wiegen feste.« »Dann will ich mal gleich in der Küche nach dem Rechten sehen. Wenn Guido hungrig heimlommt, wartet er nicht gern.« Die kleine, behende Dame war kaum zur Thitr hinausgerauscht, als wider Erwarten doch noch einmal leise, fast schüchtern die Flurgjocke anschlug. Lotte erschrak. Wer tonnte das noch sein? Sie horchte gespannt aus das Oeffnen des Burschen und blieb mitten im Zimmer stehen. Die Salonthtir that sich auf nnd schloß sich wieder. Vor der jungen Dame stand mit befangener Miene ein eleganter, jun ger Herr in schwarzem Frack. Jn der einen mit weißen Glaces betleideten Hand hielt er den Chlinder, in der anderen unbeholfen einen Riesen strauß. Auf Lotte’s hübsch-ein Gesicht er schien ein humorvolles Lächeln. Die Schiichternheit des Assrfsors Wolfgang Kampfhahn, die seinem streitbaren Namen so kläglich Hohn sprach und ihm vielen Spott eintrug, war bekannt in der Stadt, in deren Gesellschaftsorchester er, in Anbe tracht seiner Wohlhabenheit. wenn auch ncht die erste Geige, so doch we nigsten die Bratsche spielte; wag aber Niemand wußte, swar dieVerehrung, welche er fiir Lotte Kieiel empfand. Er verschloß sie so fest in seinem Her »ren. daß nur der Gegenstand feiner stillen Anbetung mit weiblichem Jn ftintt etwas davon met-ten konnte. »Guten Tag, HerrAssessor,« sagte die junge Dame, ihm zwei Schritte entgegengehend. »Ich bin aufrichtig erstaunt, daß Sie Kenntniß von mei nem Geburtstag haben.« Mit dumpfem Ton fiel der Hutdes eleganten Herrn zu Boden, und sich wie ein Jael sträubend, rollte er über den Teppich. Schnell kam ihm Lotte zu Hülfe und bewahrte den Strauß vor einem ähnlichen Schicksal. Sie nahm ihn an sich und reichte dem Geber die kleine weiße Hand, über die er sich, verlegen seinen Glückwunsch stam melnd, neigte, um sie höchst dezent zu küssen. »Her3lichen Dant, Herr Assessor, ich sreue mich sehr über die schönen Blumen.« Sie steckte ihr feines Näg chen in die duftende s iille. »Aber die Gabe ist viel zu schön iir mich.« Diese Bescheidenheit ließ den Gast sich zu einem schüchternen Protest ermannen. »Für Sie ist nichts zuschöm gnä: diges Fräulein,« fäuselte er, swoisei sich sein erröthendes Gesicht in den breistöctigen Stehtragen verkroch, der bis an die sanft abstehenden Ohren reichte. »Alle Welt ist bemüht, mich zu ver wöhnen,« entgegnete Lotte, ohne ihn anzusehen. ,,Betrachten Sie nur die sen reichlichen Geburtsniggtisch.« Gehorsam trat er einen Schritt näher, während sie eine Vase vom Paneel nahm und in dieser den Strauß zu den anderen Blumen stellte. — Zum zweiten Male nahm Wolf Kampfhahn sein Herz in beibe Hände und sprach mit einer Stimme, die zoghast und blöde klang: »O, gnädi ges Fräulein, es ist tein Wunder, daß man Sie veotvöhnt » ich würde — Sie auch verwöhnen —- wenn — tvenn —« Plötzlich gerieth sein Redefluß in jäheö Studen, eine unbeschreibliche Verwirrung befiel ihn, er wurde bleich und sah hülfloö zu Boden. Bei diesem lächerlichen Anblick überiam Lotte eine humoristische Stimmung Um ihren Mund zuckte es, aus ihren Wangengriibchen lachte der Matt-willen Sie hattet-Mühn an sich zu halten« als sie die Augen groß aus den betlagenswerthen jun gen Monn richtete, und stagend fein leßtes Wort wiederholte. »Wenn . .?« Der Assessor wischte mit zitternder Hand die plötzlich ansbrechenden Schweißperlen »von seiner lockennm wucherten Stirn, sein Athem ging schwer und schnell, et hätte gewünscht, m den Erdboden oersinten zu tön neu-» Jn diesem Augenblick höchster Fol teraual ertlan —er den aus allen Fugen Gerat nen anzuhören wie tebliche Harfentbne der Erlösung-— ein heftiges Gepolter irn o5lur, wie von einem umgestoßenen Gegenstand und gleich daraus -steckte Riitmeister von Schall vorsichtig den Kopf zur Thttr herein. »Ist die Lust rein, Lottei« fragte er mit gedämpftem Stimmentlang Und des jungen Mädchens ver-schmäh tes Augen-winken für eine Bejahungl nehmend, trat er mit hohen Stiefeln nnd der Reitpeistsche in den Salon ern. Erst als er das Schloß hinter sich zugedriiclt hatte, erblickte er den am ganzen Leibe behenden schüchternen Besucher seiner Nicht. ,,Pardon, mein H rr?!« klang es in halber Entschuldigung und wie in verwunderter Frage von des Mitwi sters Lippen. »Bitte tausendmal um Vergebung,« stotterte mit verzerrtem Gesicht der Assessor, indem er seinen vom Boden ausgelesenen, struppigen Hut wie einn schiitzenden Schild vor den Ma gen hielt, ,,Assessor Kampfhahn ist mein Name. Herr Nittmeister hatten bereits die Ehre —-— pardon, wollte sagen, ich hatte bereits die Ehre. Herrn Rittmeister vor einiger Zeit meine Aufwartung zu machen.« Der Angererete stemmte mit un definirbarer Miene die Arme in die Seiten und sah den wunderlichen Heiligen helustigt an. »Ah so, richtig, ich erinnere mich, pardon,« sagte er. »Bitte, wollen Sie nicht Platz nehmen?« Herr von Schall deutete auf einen Sessel unsd setzte sich selbst ritilings ans einen Stuhl, während Lotte schnell durch die Portiere in das Ne benzimmer retiririte, wo sie sich das Taschentuch in den Mund stopsste und aus vollem Herzen lachend auf die Chaiselongue sank. »Was verschafft uns das Vergnü genim fragte unterdeß der Hausherr den Gast, der auf einer Stuhlecke balanzirte. 1 ,,Berzeihen, Herr Rittmeister-— ich hatte mir die Freiheit genommen, Jhrer Fräulein Nichte zum Geburts tag zu gratuliren,« stammelte Wolf gang Kampfhahn nnd drehte verlegen seinen Hut umher. »So, so, sehr angenehm...« Herr von Schall versuchte nun, ein Gespräch in Gang ubringen, indem er allgemein interefsirende Ereignisse der Stadt erwähnte. Allein verge bens! Der Assessor antwortete unge schickt. Unfähig, sich zu etwas Haltung und Männlichleit ausziwappeln, gerieth er unter dem strengen Militörblick sei nes· Wirthes in immer größere Ver wirrung, die sich sast bis zur Sinn-l losigteit steigerte; und plötzlich den; letzten Rest klarer Ueberlegung Verlie-! rend, hatte er nur noch das eines dunkle Empfinden, als müsse er unter ! allen Umständen etwas von dem los» werden, was seine Brust außerFurcht; und Schüchternbeit bis obenan fiillte,s und so stotterte er denn von seiner; Liebe. s ...,,Jch verehre Fräulein Lotte mehr als Alles aus der Welt,« schloß! er athemlos, »und würde glücklich sein, ———wenn ich —hossen dürfte-J Weiter kam er nicht. Mit zornigem Befremden glitten die Augen des Rititmeisters über »den Jammerlavpen«; einen Moment ver sagte ihm die Sprache, dann aber schallte seine-Stimme dröhnend durch’s Gern-ach. ,,Lotte!« Die Gerusene erschien alsbald Ganz umflossen vom Sonnenlicht stand sie da, umflossen von dem leuch tenden Schmelz,·den zagend Gesund heit und ein froher tun ihrem Ge sicht gaben. Ruhig schaute sie den Ontelan, der sich gleich dem Gast er hoben hatte, und zum ersten Male wollte es Herrn vom Schall scheinen, daß tein anderes junges Mädchen so schöne Augen hatte. Er räusperte sich start und strich ein paar Mal erregt über seinen dunk len Schnurrbart, der noch tein graues Härchen zeigte. ,,Lotte, Du hast gehört, was hier gesprochen wurde-.« Seine Stimme klang rauh, als müsse er sich beherr schen. Die junge Dame machte eine unbe stimmte Geste, swobei sich des Onkels Stirn in Falten legte. «Jawohl, leugne nicht,« herrschte er sie an. Sie antwortete trotzdem nicht gleich; groß bestete sie den Blick aus den Assessor, der aus ihre Antwort wie aus die Vertündigung eines Evangeliums zu swarten schien, und sagte dann langsam, in gemessener Betonung: »Der Mann, den ich lieben lönnte. muß stark, stolz und tiihn sein. Er muß immer Herr seiner selbst, Herr der Situation und nie mals zaghast sein.« Das wirkte abckühlend und so nie derschlagend aus den hoffenden wie ein Brausepulver. Er versuchte ein trübes Lächeln, aber es wurde zur Grimasse und wirkte unendlich to niisch. . - »Ich sürchte,« stotterte er, »diesem Jdeal gleiche ich wenig.« »Nein, Herr Assessor, ganz und gar nicht!« Sie lachte ihm hell in’s Gesicht. »Sie sind das ganze Gegen theil davon. Mit einem so furchtsa men und unentschlossenen Mann würde ich nie austomtnen, er wiirde mir teine Spur von Respekt einle szen. Und ich muß ein bischen fürch ten, wo ich liebe. anders tann ich mir eine Ehe nicht spaßhast denken.« « Der arme Assessor wurde ganz grau im Gesicht und versank vor Scham sast ganz in seinen Stehtra-I gen. Völltg niedergedonnert, stand er einige Augenblicke da, dann aber ver 4 — beugte er sich und sagte mit mehr Haltung, als er sonst zu zeigen wußte: »Ich bedanke seht und bitte um Ver zeihung. Es bleibt mir dann nur übrig, Sie so bald als möglich von meinem Anblick zu befreien« —- Da mit verließ er das Zimmer. »Tu l’ as voulu, George Dandin,« sagte Lotte, aber sin ihre Genugthu ung mischte sich eine gewisse mitleidige Theilnahme für den ganz Gelnickten, und doch mußte sie lachen, als sie ihn ohne jede männliche Haltung, schlot ternd, in der Mittags-sonne seinem Schatten nachstelzen sah. — Der Rittmeister ging in Schweigen versunken auf und ab. Bald schaute er nachdenklich vor sich hin, baldruhte sein Blick mit seltsam sorschendem Ausdruck auf der Nichte. Endlich blieb er lvor dieser stehen. »Höre mal,« sagte er, mit liebevol lem Ernst sein Auge in das ihre sen tend, »ich habe wohl das Recht zu fragen, und du wirst so gütig sein, mir zu antworten, ob du dem Assessosr durch irgend »welche Avancen Veran lassung gegeben hast« sich hier so un sterblich zu blamiren2 Er scheint mir ja ein Mensch ohne viel Fond zu sein, und ich wünsche dir wirklich einen schneidigeren Lebensgefährten, als diesen unsertigen Bengel, aber es würde mir doch leid um dich sein, wenn du . . .« »Gott bewahre, Onlelchen,« unter brach ihn Lotte lachend, »diese väter liche Strenge lenne ich ja gar nicht an dir.« Den Riitmeister verdroß diese Anst wori· War es deshalb vielleicht, weil sie dieses ,,bäterlich« so stark betonte, ge rade als ob er ein Jubelgreis wäre? »Ich bitte dich, Lotte, sei ernsth».1ft,« suhr er sie in leichter Ungeduld an. Da schlug sie in der Unschuld des reinen Gewissens die Augen voll zu ihm auf, nnd obgleich sie unter sei nem Blick, der ihr bis in’s innerste Herz dringean wollen schien, lang sam erröthete, antwortete sie, ohne die Lider zu sen-ten: »Sei unbesorgt, ich habe weder diesen noch einen anderen der ,,Griinschnäbel« jemals ermuthigt, sie sind in meinen Augen ebenfalls noch viel zu jung.« Ein Rest von Zweifeln wollte sich beim Onkel noch geltend machen, des halb meinte er: »Aber im Winter hast du so viel getanzst und bist fleißig Schlittschuh gelaufen, sollte sich dabei keiner heimlich in dein Herz gestohlen Was-« . Uacheno net ne ihm ins wori. »Dann konnte ich dich auch fragen, Onkel Guido. ob du dich beim Tanzen vielleicht in Odersts Gisela verliebt hast?« Heiliger Krötenfpieß,« fuhr der Riitmeifter entsetzt auf, »Mädel, das ist der schön-sie Witz, der je verbrochen wurde. Einfach töstlichi« . »Weißt du, Kind,« sagte er, nun wieder ernst und liebreich, wie es seine Art war, »ein Gutes hat der famofe Antrag deines Asseffors doch bewirkt, denn er hat mir in einem Punkt die Augen geöffnet; ich muß gestehen, mich beschleicht mit einem Male die Furcht, es könne noch ein anderer kommen, um unsern so schönen Drei bund zu stören. Jch habe mich bisher so wohl darin gefühlt und habe immer gealaubt. dir ainge es ebenfo.« Bei diesen Worten tam ein stilles Entzücken in Lottes Gesicht. »Ach Onkel Guido,« rief sie entha siaftisch »für mich giebt’s keine liebere Vorstellung, als mein ganzes Leben lang mit dir und Tante vereinigt zu bleiben: denn ich ,-·roeifle, daß noch ein Mensch existirt, der es so aut mit mir meint wie du und fie. Wean ich euch nur alles durch Liebe vergelten könnte, wag ihr für mich gethan habt.'« »So, na, das ist herzerfreuend zu hören!« Er hielt ihr feine-Hand hin. »Dann also schlag ein, Mädel, es ist abgemacht, wir bleiben für immer zu fainmen!« Lotte legte mit ftrahlenden Auaen in seine große wohlgepflegte ihre kleine, weiße Hand, die-er in herzhaf tem Druck festhielt, indem er, anschei nend immer noch ungläubig, fraate: »Du haft doch aber zuvor dem abge blihten Kampfhahn so schön erklärt, wie dein Zuskünstiger aussehen muß: fiolz, start, muthig und so weiter, sollte sich am Ende doch solch ein Jdeal in einen verborgenen Winkel deines Herzens eingeschlichen haben?« 7riiulein Lotte wurde glühend roth un versuchte ihre Hand frei zu be kommen, aber der Onkel hielt sie nur um so fester, ja er that soaar noch mehr, er legte den Arm um ihre run den Schultern und zog die sich Sträu bende dicht an sich heran ,,Lotte,« sagte er zärtlich, ,,es blein dir ja doch nichts anderes übrig, als zu kapituliren. Jch weiß seit einer Viertelstunde genau, daß ich »der Held« bin, der dein Herz bezwungen hat.« Ohne ihre Antwort abzuwarten, hob er ihr hübsches-, in Glück ver tlärtes Gesicht zu sich auf und küßte sie-diesmal aber sehr wenia ontel haft-—an den frischen, rothen, be benden Mund. Auch ein Trost. Kaufmann Cwiithend zum Reisen den): »Na, hören Sie mal, mit der letzten Lieferung haben Sie mich aber gründlich angeschmiert!« Reisender: »Sei’n Sie nur anz ufrieden, Jhr Konkurrent, der eier drüben, hat noch größeren Schund bekommen als- stel« — ! Vie- Rekruten kommen. sEine Berliner Pslauderei. Die kurze Ruhepause, die nach dem Msanöver in der Kaserne herrschte und die nach den Strapazen der letztenZeit besonders angenehm empfunden wur-« de, ist nun auch wieder dahin. s Kaum gehen die Alten, so kommen; schon dieNeueni Man hatdie angehen deni Vaterlandsverieidiger gesehen, wie sie in den letzten Tagen durch die Straßen der Garnison zogen. Ziem lich kümmerlich und ,,bedrsippst« kamen sie daher, in Trupps zu 30 bis 40 Mann, von Unteroffizieren und Ge freiten geführt, in der Hand das Kiss ferchen, das die sorgsame Mutter beim Abschied gepackt. Wie anders wirkte doch der Anblick jener frohen, ausgelassenen sSchaaren, die wentae Tag-e friiher mit Gesang und Scherzt den heimathlichen Gefilden zustrebten und die Zurückbleibenden beim Ab schied tiöstetem »So lebt denn wohl, ihr Kameraden, Die ihr noch länger dienen müßt, Von Euch wird man es auch einst sagen: Seht, welch ein schmucker Reservist!« Ja, aber bis dahin hat es noch gute Weile. Einstweilen tritt der Ernst des Lebens an die neuen Marsjiinger ziemlich ,,dichte ran«, wie der Berliner sagt. Das sah mian auf ihren—Gesich tern ausgeprägt, wie sie so dahinmar schirten. Das Ab.sch«edweh oerstummt vor der Bangigkeit, wie sich die nächst-e Zukunft gestalten wird, und das Herz rutscht tiefer, je mehr man sich der Kaserne nähert, bis es schließlich ganz unten sitzt und nicht weiter kann. Das tritt in dem Moment ein, wos die aus dem Kasernenhof den Kom pagnien zugetheilten Rekruten zum ersten Male Aug in Aug dem gestren gen Herrn Feldwebel gegenüberstehen, der sie mit den ausmunternden Wor ten begriißt: »Na, Kerls, nu nehmt man die Dögköppe ein bischen hochl und seht nicht so drömerig aus. Und nun nennt mir jeder laut seinen Na men und bisherigen Stand.« Bald geht’s dann auch in die Kom pagnie-stammen wo der Sergeant — später »Lumpenlönig« genannt — schon tnit Sorgen der Ankömmlinge wartet, und nun beginnt ein müde-J volles Treiben. Jst es doch leine» Kleinigkeit, auf all die jungen Dick schädel Helme dritter Garnitur zu verpassen und die bei Muttern ange-« sutterten Zivilistenbäuche in das kleid- ! same Futteral eines sechsten Waffen rocles einzuschließen,—von den ,,gar: nisondienstbrauchbaren« Stiefeln und Schnürschuhen ganz zu schweigen. Nur unter Seufzern und dunklen, drohenden Hinweisen aus die nahe Zukunft swird das schwierige Werk vollbracht. Auch später aus den Stuben ist es siir den Retruten nicht gerade rosig, sondern zunächst höchst unaemiithlich Jeder hat da ein kleines Spind, in Dem er seine Msonturem Utensilien und Ausriistungsstiicke taum zu lassen weiß, und drohend schwebt ihm das Gespenst der Spindordnung vor. Der kurz angebundene militärischse Ton, die Kameraden, die sich in ihrer neuen Würde als »alte Leute« ziemlich »diclethun«, das Bett mit seinem tut-« sternden, frisch gefüllten Strohsact,» der erst eingelegen werden muß, — das alles ist nicht gerade geeignet,j den Eintritt in’s militärische Leben besonders angenehm zu gestalten und» das nagende Heimweh zu vertreiben. Ja, für Muttersöhnchen ist der milisf tärische Dienst überhaupt nich-is an genehmes, als-er eine gute, wenn auch strenae Schule des Lebens stellt er dar, in der der junge Mann zum. ersten Male lernt, auf eigenen Füßen zu stehen. »Ak und Daim, am nacyflrll Augen« das erste Exerzieren, ein Vorgeschmack! tommender Wochen. Ach, du !iebe; Zeit, man ahnt ja nicht, wie steii soi ein Bauernbursche ist, der bisher nur schwere Arbeit gethan, oder eine «Schreiberseele, die nur den Bureau fessel gedrückt hat! Allein der bloße Versuch der Ungliictlichen, sich in mi litärischer Haltung hinzustellen oder im Laufschritt fortzubewegen hat für den Zuschauer etwas unendlich Ko misches, kann aber den mit der Aus bildung dieser jungen Bären Betrau ten auf die Dauer an den Rand der Verzweiflung bringen. Einige aller dings, die früher einer Jugendwehr oder einem Turwveresin angehörten, lernen diese einfachen Sachen spielend. - Nur schade, daß sie der verschwinden den Minsderzahl angehören. Summa fummarum, gehört eine Unmenge Ge-! duld und taubenhafter Sanftrnutht dazu, um die Rekruten allmählich in den Fächern des praktischen Dienstes vorwärts-zubringen Daß hierbei in Augenblicken höchster Noth mal eint Paar zoologische Vergleiche zur Jllu: ftrirung der Sachlage mit herange zogen werden, iist verzeihlich und wird auch von Niemand weiter übelgenom men. Ebenso schlimm steht es anfangs meist mit den geistigen Künsten. Ein ländliches Rekrutengemiith verhält sich. zihnen gegenüber in der Regel durch »aus ablehnend, ja feindlich. Geschichte fund Geographie sind denn auch für die Mehrzahl sböhmische Dörfer und die Geheimnisse der militärischen .Reg"lements und Vorschriften wollen oft in so einen armen geplagten Re .trutesntsopf partout nicht hineinaehen. So hilft sich denn der instruirende FUnteroffizier in seiner Verzweiflung, indem er für die immer näher heran rückende Vorinstrwktion — »Seht-m revision« genannt —- eine Reihe von .Paradefragen einübt, auf die prornpi die eingefuchste Antwort erfolgt. Da kommen denn manchmal wunderliche Dinge vor. Frage, z. B.: »Was pflanzt des Soldat, wenn er was läuft?" Antwort: »Er pflanzt Seitenges wehr auf, wenn er Gefahr läuft.« Oder: »Mit was, ohne was so-ll der Soldat nicht über was gehen?« »Mit einer Pfeife ohne Deckel sollt er nicht über den Kasernenhof gehem« Ferner: »Im Jahre 1813, wi stand Deutschland auf?« »Wie ein Mann« »Was soll der Soldat zunächst thun, wenn er Morgens aufste«ht?« »Er soll am Abend vorher seine Stiefel geputzt haben . . .« Unser Regiment rückte im Sommer gewöhnlich auf den Schießplatz Wahn aus. Einst sollte der Rekrutenoffizier über das schwere Thema »Militiirische Treue« svorinstruiren Er half sich über alle Schwierigkeiten in geradezu genialer Weise hinweg: »Was ist Treue?« ,,Treue ist keinleerer Wahn.« »Was ist Wahn noch-W »Wahn ist ein S-chsießplatz.« »Was- macht das Regiment aus dem Schießplatz?« — und schon war er bei dem sehr viel leichter zu be handelnden Tshemm ,,Bene"hmen aus dem Schießplah« angelangt. Dann war bei uns ein ,.Pollsak«, der auf iede Frage nur mit einem Verstänsdnißlosen Lächeln antwortete, sonst aber absolut stumm blieb. Den nahm sich unser Leuinant vor und übte ihm im Verlauf viel-er Wochen mit großer Mühe»einen kleinen latei nischen Satz ein, den der Rekrut Gra matzki in jeder Stunde wiederholen mußte und den er auf jede Fragealz Antwort zu geben hatte. Als nun die Vorinftruktion heransnahte und der Rekrutenoffizier im Tone edler Be aeisterung über die dem brav-en Sol daten eigenen militärischen Tugenden instruirte, fragte er schließlich densanr linken Flügel stehenden Noslent »Und nun, Gramatzki. sagen Sie mir, was ist süß?« »Js sich dulce et decorum Pro va tria mori« ertönte es stramm zurück. Hiermit erreichte die Besschtiaung einen geradezu glänzenden Abschluß. Gramatzti aber erhielt fünfzig Pfen nige, damit er sich am nächsten Sonn tag im Zoologischen Garten amiisiren könnte, mit denen er in den Wochen vorher so oft verglichen worden war. —--.-. Zuviel verlangt. - Köchin (einer alten Jungfer, zum Milchmann): »Meine Gnädige sagst, Sie sollen in Zukunft Jhre Frau zu uns-. schicken, sie wolle kein männliches Wesen in ihrer Wohnung sehen.« lllt"lchmann: »So, ——— na, wissen Sie was, sagen Sie Jshrer Gnädi en, daß ich meiner Ksundschaft gern ge eil lig sei, aber wegen einem halben Li ter Milch Pro Tag zu heirathen, das ist mir doch ein wenig zsu viel.« Ein gutes Gedächtnis. Lehrerin: ,,J11 der letzten Stunde haben wir über die Stadt Rom ge sprochen, kannst du mir noch sage-n Gretchen, wann diese Stadt erbost-; wurde?« Gretchen: »D-es Nachts.« Lehrerin: »Wie kommst du dems darauf?« Gretchen: »Mein Vater sagt im mer, Roms ist nicht an einem Tags erbaut.« · Vom schlauen Heini· Der Papa will ungestörte Mittag-Z ruhe halten. Der fünf-jährige Heini und das dreijährige Lisel sollen da neben im Kinderzimmer ruhig spie len. Ein Weilchen geht es. Als aber dann die Kleine allen Ermahnungm des Brüderchens zum Trotz Lärm-l macht, rennt Heini wüthend zum schlafenden Papa, rijttelt ihn wo nnd sagt: ,,V"citerchen, sag es . selbst der Liesc, daß du ungestö schlafen willst!« Anzüglich. ,,Also der Angeklagte hat Ihnen als Sie Posten standen, eine Zigam. angeboten?« ,,J-awol)l, Herr Präsident.« »Sie verweigerten die Annahme derselben?« ,,Zu Befehl, Herr Präsisdent!« »Und was gab er Ihnen zur Ant tvort?« »Sie sind ein Schafskops, Herr Präsident!« · — « Schnell geänderte Absicht. ’ Heirathssvermittlen »Ich muß Sie schon bitten, mir endlich die Provi sion zu zahlen. Jch habe Jshnen doch eine so hübsche, brave Frau vermit telt!« »Ich dank schön—gestern ist sie mit einem andern durchge b r a n n t l« »Da verdien’ ich ja erst re cht die Provision!... Seien Sie froh daß Sie sie los haben!« « — I Gemüthlich· qt Baronin lzu einer Bäuerin, diesies verheirathet hatte, seit die Barondi nicht mehr aus dem Gut war):«NM Lisette, sind Sie zufrieden mit Ihr-II Mann?« Bäuerin: ,,No ja, gnä Brau, sat sen thut er halt, wie die hnnslenk all’-—-Sie wissen scho selber -—--«(