Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 20, 1907, Sweiter Theil., Image 6

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» Morgenro the.
Mutes Roma ans der Tegeumtt—B-n E. Gkitgy.
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(8. Fortsetzung) I(
aSie haben schon als Kinder zu-:
rannten gespielt. Der Vater von Aw
otja Waffiljerona war Ingenieur in
unserer Fabr-ji«
Der Beamte machte eine Bleifiift
notiz. »Sage mir, liebes Kind, Du
siehst klug aus, und Du haft sicher
Deine Ohren und Augen immer rich
tig benutzt! Daher wirft Du wissen,
warum die reiche Tarafowa von ihren
Eltern fortgezogen ift und jegt hier
lebif"
Maria Sergejewnas Zofe errötheie
vor freudigem Eifer und rieb ihre
Inde. »O, das weiß ich natürlich!
an ift doch nicht taub und blind!«
«So, das weißt Du, na, nimm
Dir einmal einen Stuhl, fes Dich.
und erzähle uns die Sache recht nett.
Dir haben Zeit. Deine herrinift im
Theater und bleibt lunge fort.«
Während das Mädchen sich nach
einein Stu unefah usw i n herbei
fchleppte, ii - ete sich die T "r. Ein
here in Zivil trat in das Zimmer,
Wette Gruß und Blick mit dem
Ptiftaw und stellte sich an den Ofen,
in dem der Sturm die dürren Hölzer
eetuiftern nnd prasseln machte.
«Do,« begonn Mafuscha redselig,
»das war eine Geschichte! Wir alle
waren aufgeregt, solchen Lärm und
K Ebenen gab es im use.
tät Setgejewna wies alle reier
th. och zulest einen richtigen Für
- Sie liebte einen wunderschönen
it, einen Deutschen, mit dem sie
B Deutsch sprach, so daß ich lei
nie verstand, was fie miteinander
sprachen Zuerst tam er täglich, und
W Tritt lachte und fang den
nzen K Sie war ein-e ganz an
oe ewor n. —- Dann blieb der
rr aron von Rahdell lange fort.
rja Sergejewna wurde bleich und
Wot! Eines Tages tam er wie
imsd da müssen sich die beiden
Matt haben. Er ging plöylich fort
M lie fich nicht mehr erblicken.
Idee i Sergeitsih der Bruder
steigen Herrin, kam egen Abend!
Un da gasb es ein Gechrei — wie
in der Hölle! Der Alte fchrie, und die
Ilte kutschte. und der Sohn tobte.
Usd meine Herrin schlug ihren Bru
der mitten ins Gesicht und fagte
MutttTer fuxchtban Sagen-—
" paar a ·päter rei wir.
das heißt die Frau von Jang und
der deutsche Besuch, das Fräulein
« M und wir hier nach Peters
und richteten die Wohnung ein.
cis alles fertig war, fuhren die deut
"- Don-en ins Ausland, und Aw
tia Waffiljewna tam zu uns.«
Mcha athniete tief auf und fah
Ich ttiutnphirend um·
«Stehft Du, kleine Taube Du bist
pllug als Du aussiehst!« lobte der
amtr. »Warum Deine herein den
Volke-r Raydell fortgeschiclt hat, das
Idein Du sicher auch?'« Aber das
Mädchen schiiitelte detrosfen und
Mich verneinend das Haupt.
JOHN na, das macht nichts, aber
Prseihun ,« unterbrach jeyt der
vom en her das Gespräch
trat neben den Stuhl des Pri
IOL Er legte seine Rechte leicht
aus dessen Schultern und sraste
tut-: Mhat Maria Sergejewna nn
Iuslande viel mit Russen verlehrti«
Wuschm etwas verlegen unbem
U chtert durch dies neue Betht
rein-den, dachte nach. «Ja,« sagte
E endlich, »wir trafen in den hotels
viele Russenf
»Das waren alles reiche Leute, die
Im ihrer Gesundheit und ihres Ber
snögeni willen im Auslande umher
Ieisterh nicht wahr? Auch reiche Mos
weiter die sie bannte, Adlige, nicht
III-V
·s-a,« entgegnete die Zofe befrie
digt, ,natürlich, wir trasen Bekannte
j-: ttd furchtbar reiche. ch weiß es
sen ihren Dienern, die emitgenom
M hatten!«
»So-pl Aber arme Siudentem solch
. bleiche, schlecht gekleidete Menschen,
besonders Juden kamen doch auch zu
» ? Denk nur nach, entsinne Dich,
Hin l« drängte er.
Bat Mädchen machte sichtliche An
ki- nnd übelte. »Ja,
- ja-«
FikMdlich , »inPariS und
- ist-f, auch inBerlin waren einige-·
solche remden Leute bei ung.
T ; heiß, rja Sergejewna gab
daselb. Sie müssen wohl gebet
Mk MMnnen der Zivilist und de:
irte, taulchten erneut Blicke
«’ Zisc- « »Deine Herrin ing auch mit
; M «aus und besu te ihre Ver
same-Wen nicht wahef
·. ÆMe finste. »Das weiß ich
« « IM« murmelte sie unsicher.
«Äsk nur nach- Du wirst Dich
s-; W sei-merke hie-Wes sinds-«
MAY-wendete sie densvpf und
VI inger. »Es-je mojl
« Gotty te soll ich wissen wo
PMB Sie M so viel in Gesell
- med träge, in Theater
J »He
russische Vortrage, ging-sie alleini«
sorschte er drängend.
»Es kann sein," sagte jetzt Man
scha grübelnd. »Jaja,« stieß sie plisp
lich frob hervor. »Ich weiß sog-ihm
Paris und in Genf holten sie zu
weilen russischc Herren und Damen
ab, dann blieben sie stundenlang fort,
und Maria Sergejewna kam allein
zurück. — Natürlich, einer der her
ren« die öfter kamen, hat uns ja in
Moskau noch besucht.«
Ein leiser Pfiss entglitt den Lip
pen des Pristaws. »Ah-II rieser,«der
Herr besuchte die alten Tamsowkk
»Nein, er kam mit einer junge-n
Dame über die schwarze Treppe( in
tertoeppe) und war nur in un rat
Zimmern bei meinen Damen.«
»Wie er heißt, weißt Du wohl
nicht« Kind?
» Nein, ich brachte beide nachher bis
zum Ausscan und da sagte die
Dame: » rischa", und er nannte sie
I »Anuta«. "
« Wieder machte der Beamte Noti
zen. »hier in Pieter (Petersbura)
garer sie doch auch schon bei Euch,
u «
»O nein, sie sind doch in Mos
tau," das Mädchen lachte. »Hier kam-·
men lauter fremde, neue Bekannte.
Ich servire immer mit beim Essen.
vdaher weiß ich es doch!«
-Bah, zu Euch kommen doch sast
nur Studenten nnd Knrsisiten (Stu
,dentinnen)? Der Schweizer nnd diel
. Dworniki lachen schon über Euch!« I
Mafuscha hob bei den spottenden’
Warten getränkt den hübschen Kopf.
»Bitte. das ist nicht wahrt« rief sie.
roo sie war. »Am-dein Wassiljexonai
ist doch eine Kurs-stier, und da kam-;
inen natürlich Studenten zu nn3.;
jAber bei Maria Sergejerona verteb-H
» ten Schriftstellers-und Aerzte und Jst-J
sgenieure nnd sehr viele Leute, diemit
iibrem Vater in Geschäftsverbindnng
Istsheti
s »Deine Perrm geyr auap on aus
. dein Hause zu Gesellschaften, nicht
f nicht«-«
»Natürlich, wir sind immer viel
eingeladen, sogar zu Fürsten und
Herrschaften vom Hose. Seitdem wir
die beiden Schneiderinnen sitzen hu
hen und siir die Zarin Soldaten
toäsche und Binden nähen, waren
schon Hof-darum in kaiserlichen Wa
gen bei uns. Und herren und Da
men vorn »Rothen Kreuz«.«
»Matja Sergejewna thut viel siir
unsere Soldaten. Sie schickt Weine
und Schotolade und Kräftigunas
mittel in großen Packeien nach der
Mandschurei,« sagte der Zivilist, rieb
sich die Hände und lachte. «
.Oh da viel antornth gegen
sragte der andere, auch lachend. »Un
sere lieben Kollegen trinken auch gern
Kräftigendeö!«
»Die Tarasowa ist eine Kuptschicha
lKausmannssrau). die ist wie ihr
Vater.« sliistette der andere vorsichtig.
»Sie schickt alles an die deutschen
Feldlazarethe oder durch die Saust
wos, da rnag et eher ankommen.
Und der alte Tarasow hat einen
Spettatel mit dem Großstirsten Ser
ius gehabt, der seine fürstlichen Ge
chente —- —-—«
,. st. BorsichU Der Moskauer Kol
lege hat es mir auch erzählt. Tarasotv
sollte sogar aus en werden;
aber er wollte die , briten schließen
und Rußland verlassen. Da mußte
man ihn halten um der Steuer wil
len und um seine Arbeiter nicht drob
los zu machen,« gab der Pristatv rau
nend zurück. Er kniipste hie Unisorm
ans, weil es ihm zu heiß wurde, und
scholtk »Welch« Duract lTrottels
heFtt wieder so verrückt? Man er
sei hier ja!« Dann sprang er aus
und tam aus Masuscha zu. Seine
Linie hoh ihr Gesicht beim Kinn ern
por, während seine Rechte ihre Wan
gen tosend streichelte. »Hö: einmal
zu, Du kleine Kasef sagte er jooial,
»für heute- gehst Du nach Hause-« Du
bist klug, niedlich und hast uns ge
nügt. Daher werden wir Dich wie
der rusen lassen. Kannst Du eigent
lich lesen und schreian«
»Aber Darin, ich war vier Jahre
in der Popenschnlr. Unsere Köchin
und das Stuhenmädchen können beide
nicht schreiben und lesen; aber ich lese
Rom-ne und Zeitungen.«
»Siehst Du, das sreut mich, denn
das hebe ich in Die vermuthet. Du
bist guter Eltern Kind- lot-te er.
,darunr wirst Du jetzt vorsichtig, daß
niemand es merkt, alle Reimen der
huren und Dornen ansschreihen, die
ins harr- konrnien. Und dann
wirß Dir merken, was sie so mit
einander sprechen. Du kannst ja an
den Thiiren horchen. Doch das thust
Du schon ohne meinen Rath?!«
»W« klagte die Zofe, »wenn sie
nur nicht unt-net Deutsch und Fran
zösisch sprechen wollten« Da verstehe
·tch nur einige Worte, besonders wenn
sie so leise und so sehr schnell reden·
Ich kann ja nur die paar Brocken
. dreich in den Dotels im Auslande
lernte, weil ich sie heauchte.«
svkissi IM- Mtt die Namen, has
« «- PMÆLMYM Wiswa
- v — . . Un I g -
Jst-Zwe. - » »O «
i - - » ,
W
f Das Mädchen knicken las-tur- m
sging, sich toketi in den hiiften wie
» end, bis zur Thür. Dort wandte es
- ch um, knicksie noch einmal undur
» schwand-.
J Die beiden Zuereibenden sahen
isich an und entzündeten «neue Pa
porox
»Ist-zu das allei? Sie ihui viel
lfiir die Krieger und oertebrt in den
Ehiichsten Kreisen!'« meinte der Pristaw
achselzuckend »Im-net neue Schere
reien, und um solch schönes Weibs«
« »Der Polizeimeister befahl den
Rappori. Sie muß doch verdächtig
sein, sonst würde man sie nicht so
til-erwarben Ihre Korrespondenz
wird auf Befehl auch durchgesehen.
Weiß der Tduseh wenn ich fo reich
und schön wäre wie die Tarafotoa.
ich tiimmerie mich um meine Liebes
geschichien und ließe die verfluchie
Politik —- Politik sein."
»Wer weiß, ian Jbr da wieder
wittert. wozu Jhr sie absolut herein
«zieben wollt!« brummte der Unisor
kmirikp »Ihr vom Gebeimdienst riecht
sia förmlich Perbrechen.«
» »Weder- Sie nichts. wovon Sie
Nichts verstehen!« sagte der ioilist
»«gereizt. »Es sieht so ziemlich fe ,daß
die Tarasoma die »Organisniion«
mit ibten Geldmiiteln unterstüii.»
Die Kolsoffa, die bei ibr wohnt. ifii
»eine bekannte Revolutioniirin. Neu-?
s lich hat sie auf der großen ia deiT
zeiner Studentenversamnelung rand-’
Hteden gehalten. Unser Spihel hat
Ums ihre Rede stenographirt. Auch
kverbreitei sie anarchistische Blätier.
iBei der nächsten Gelegenheit werden
iwir uns die Kröte langen und mal
kein bißchen nach der Festung fpedi
sten, wo man sozche Tät-beben zahm
kommi!" Er sagte das so kalt, das:
dem gutmüthigeren Pristaw ein
Schauer über den Rücken lief.
»
2.
Maria Sergejewna fasi mit einer
ihr betannteu Dame im Parlett des
Marientheaters.
Die ersten Akte waren glanzvoll
verlaufen, und nach brausendem Bei
sallsjubel verließ ein großer Theil
des Publikums das haus, um die
Pause im For-er zu oerbringen.Auch
Maria erhob sich und schritt neben
ihrer Begleiterin, einer Dame der
französischen Botschaft, hinaus-. Beide
Damen waren am Abend zuvor auf
einem großen Fest gewesen, dessen
Bazar- und Konzertertrag fiir die
Kämpfer-den auf dem Kriegsschaa
vlan bestimmt war· Fast die ge
iammte hofgesellschaft hatte sich
stundenlang«gezeiat. um den Glanz
des Abends zu erhöhen. Nach dem
Verschwinven du allerhöchsten und
höchsten Herrschaften hatte der Ball
begonnen und bis ties in den Morgen
hinein gedauert. »
»Sollte man es siir miiglich bal
ten, daß Rußland in einen schweren
Krieg vermittelt ist und bis jetzt nur
die grausanisten Verluste erlitten
hat?« fragte die Französin in ihrer
Sprache und schaute sich durch ihre
Lorgnette kopfschüttelnd um. »Mein
Gatte, der von Paris über Berlin
bierber retournirte, erzählt, daß man
sich in bei-den Orten weit mehr iiber
Japans Siege erregt als hieri«
»Das liegt nun einmal im russis
schen Charakter,·' entgegnete Maria
bitter, »wir löschen erst, wenn es in
unserem hause lichterloh brennt.Ein
Krieg, der Tausende von Werst von
uns entsernt todt, stört uns nichtaus
unserer bequemen Ruhe aust«
»Um so mehr, als alle guten Re
ginienter zurüetgebalten find, ma
cheer. Wer sorgte gech bei diesem ent
seslich großen Lan und seinen weit,
weit über hundertsechzig Millionen
Einwobnern um fremde Hunderttau
sende, die hingeschlachret werden und
noch da u aus Gouvernements stam
men, bis man kaum vom Hörensagen
kennst» Jchmbegreife das-I »
It
»Es-Kuh YIUIITUIIC II Uculqulsh ZU
nicht!« entgegnete Maria leidenschaft
lich. «Sind wir denn nicht alle Kin
der eines Landes. eines Glaubens?
Sind ihre schmachvollen Niederlagen
nicht Flecke auf unserer aller Ehre?
-—Glauben Sie bitte nicht, daß allen
der Krieg und seine Folgen so gleich
aiiltig sind ivie der Moskauer oder
Petersburger Gesellschaft!« ·
»Sie sind die erste und einzige, bei
der ich einen Gemütlizton vernehme!«
sagte die Marquise erstaunt und
blickte Maria neugierig an. »Sie
sind also doch außer sich über diever
lorenen Schlachten? Sie bosien aus
Sieg?« Da das Mädchen nicht gleich
santworteta wiederholte sie ihre Frage
noch einmal und dringender.
Das Antlitz der Gefragten über
goß sich vlöhlich mit slammendem
Rotb, das aber schnell verlöschte.
,.Bitte, sorschen Sie nicht weiter!«
sagte sie leise.
Jedoch die lebbaste Französin legte
ihre Hand in «Mar5ai Arm nnd
drängte sich schmeichelnd näher ais-sie
ran. »Nim, non, non, cherie,«
öngte sie, »das dürfen Sie nickt
verlange-in Wir Franzosen sind als
Ihre treuesten Bundesgenossen mit
engagirt und hoffen so brennend wie
Sie aus eian Sieg einen endgkltis
gen Sieg Jst-er Wassenl«
»Und damit aus eine Stärkung der
Autoiratie, der elendeste-i Beamten
lorruptien, der weiteren Unterdrück
ung aller Menschenrechtei« brach
Maria bitter aus. Und als die kleine
Prangiisin sie verständnißloi an
arrte, fuhr He erregt fort: »Gebt es
denn einen grii en W in der
- Weltgeichioite ei - dieses, alt un er
sogenanntes Mindest Der galli ehe
W
s
l
dahn der französischen Rein-blit, derl
dem Doppeladler des Selbstherrscher-(
thums die Marseillaise oorkräbt und
dasiit die Zarenhmnne anhört? —
Zu löcherlichi«
»Wie wie meinen Sie dass« seaate
die andere bestürzt. ·
»Sie Frau en empfinden unsere
Schmach als ·e Jshre und beten siir
uns! Wir wahren russischen Patria
ten aber trümmen uns verzweifelt
unter dem Gedanken dieser Bernielp
tung unseres Prestige und —- und
beten um den endgültigen Sieg dieser
japanischen Teufels«
»Wie? Was? Aber ——--— psnii
Das ist ja bodenlos. das ist ja Lan
desverrath!« ächzte die Marquife em
pört und ließ Marias Arm fahren.
Diese lächelte bitter und trauri .
»Sie sprechen von Landesverratä
weil Sie die Tragödie dieses missi
schen Duaiigmns nie ermessen tön
nen! O Madame 'la Marquise. wann
soll Russland die Unmöglichkeit jegli
chen Knitnrfortschrittee, eine gänz
liche Unsöljigtekt, die Krebsschiiden
seiner Antotratie einsehen lernen,
wenn nicht fett? Jsi nicht jeder neue
Tag in diesem Kriege ein neuer Be
weis dafür, daß es von Grund ans
anders werden muß? Und es wird
nun anders, wenn wir ihn verlieren!
—Das neue bessere Rnßland kann
nur ans den Trümmern des alten
verrotteten ausgebaut werdens«
»Ich möchte wissen, wo es Ihnen
gier. fehlt? Man lebt so behaglich
Ier.«
»Der Reiche-— trennt-! Wer mit"
Geld die Beamten kaufen iann und
sich mit behaglichem Familienleben
und rauschenden Festen begnügt, der
lebt herrlich bei uns! Jedoch—haben
Sie von den Millionen an Geld. von
den nothwendigfien Kleidungöstiiclem
Arzneien, Lebensmitteln »nicht ak
bört, welche auf dem Wege nach der
Mandschur" plößlich verschwinden,
während d Truppen Noth leiden?
—.Haben Sie nicht bemerkt, daß di
arme Beamteqtadt Petersburg plötz
lich reich wird, daß lleine Polizei
und Bahnkeamte ihre Weiber mit
echtem Schmuck behängen? Atmen
Sie nicht, gar nicht, woher deren
Geld gestohlen war, woher es
ftarnmti«
»Voila. Rest ce que mon maridit,
das ist es ja, was mein Gatte so ber
urtheilt!« sprudelte die Marquife
heraus. »Ein paar Schuste stehlen
ein paar hundert Nabel, ein paar
Kisten Wein, und sofort wird detail
aemeinertt Sosfort sollen alle stehlen,
soll alles verschwinden!«
»Mein Vater war in der vorigen
Woche beim Minister befohlen und
wird, wie er hofft, in der nächfien
Woche beim Zaren in Zarsloie-Selo
Audienz haben. Sie können ihn bei
mir sprechen. Er wird Ihnen nähere
Auskunft geben über all diese Fra
gen. Aber das iage ich Ihnen, verehr
teste Marauise, so zornig und erregt
habe ich meinen gutmiithigen Vater
noch nie gesehen, als bei seinen Er
zähiungen über diese Beraubunaen
unserer armen. tapferen Soldaten.
die fiir srivole Landanneltionen hoher
herren auf fremdem Boden iämpfend
sterben und noch den Stempel un
fähiger feiger Besiegter mit in ihre
Massengriiber hineinnehmen!« Maria
hatte die Umgebung in ihrer heiligen
Empsrun vollständig vergessen und
so laut ge prochen, daß sich eine ganze
Gruppe neugierig Vorchender um fxe
sammelte. -Mit Kopfnicken oder
Achselzucken wurden ihre Worte von
den Fremden begleitet. ,
»Wigen Sie, Vorsicht, schwei
gxn Sie!« warnte die Französin sie
sorgt und fuhr. plötzlich einen an
deren Ton anschlagend, in ihrem
mangelhasten Rasse-seh fort: »Eine«
prachtvolle Ausführung wir habenj
sehr gute Sänger hier!—Ah, cherie,;
Sie werden gegrüßt-« 4
Etwas verwirrt blickte Maria Ta-»
rasow auf, sich im voment schwerinx
die Situation zurii abend. »Ich?
L —- Wv?« ;
« «Saviel ich ihn erkenne, ift es der
schöne Offizier. der Adjuiant des
Graßfiitsten Nit:lai, Baron RahdelL
der dort mit einem herrn und einer
Dame fieht und uns begrüßt. Voila,
schon wieder!«
Maria fühlte das fchtvere,- läh
mende Gefühl, das sie stets übertam,
wenn der Zufall fie mit Friedrich von
Nahdell zufammenführte, den sie
turze Zeit nach ihrem Eintreffen in
Petershurg kennen gelernt hatte.
Aeufzerlich glich er dem Bruder sehr,
nur war fein Auftreten weltmiinni
scher, harmloser, der Ausdruck feines
Gesichtes unbedeutenden — Das Zu
sammentreffen mit Paris Bruder
hatte Maria das erstemal saft über
menschlich erregt-« Nur mit eiferner
Energie hatte fie den in ihr tosenden
Aufruhr niederztoingen können. An
feiner tiihlen Zurückhaltung, feinen
sie heimlich scharf beobachtenden
Blicken merlte ste, daß er iibee ihre
Stellung zu feinem Bruder unterrich
tetwar oder fie zum mindesten ahnte
Und das erhöhte ihre Qual.
Heute standen ein here in Zivil
nnd eine stattliche, schöne Blondine
neben ihm. Als fie den Kon zum
Gegengruß neigte, tam die ganze
Gruppe auf sie za, nnd Maria er
kannte überrascht Graf Marte, denfie
seit jenem schrecklichen Tage im Pa
laii Taran nicht wiedergesehen
hatte. An dem wilden Klopfen ihres
herzens fühlte ie san neuem die Be
deutung jenes - ges siir ihr Dasein.
—dach sehan stand Maele vor ihr
und streckte die Dand aus« ,
O
f
Ists-aus«
fmi
Gotte (im Konzert): Was singen die denn da?
Gattin: Das ist ein MendetssothuaktettZ Sprich nicht so laut, die
Leute,wetden sonst aufmerksam.
Gatte: Schön; aber fag’ mit nat das eine: welcher ist denn Mendelss
sahns
Dame nicht allein sabren laßi!«
»Maria Sergejewna,« sagte er
ernst,·-,,ich freue mich iiber den guten
Zufall, der mich schon am ersten Tage
hier mit anen zusaminenfiihri Ich
grüße Sie!« «
»Daraus hatte ich nicht gerechnet
lieber Graf,« meinte sie beklommen.
Randell begrüßte sie mit einer Ber
neigung; die ibrn bekannte Marquife
mit freundschaftlichem Händedruck.
Beide plauderien sofort. daber fuhr
das blasse Mädchen ausathmend fort:
»Seien Sie mir in Peteröburg will
kommen. Was fiibrie Sie, den ein
gefleischten Mostowiter, hierber2«
»Nicht mebr und nicht weniger als
meine Hochzeitsreise,« entgegnete er.i
«Vor acht Tagen feierten wir in
Randellbos unsere Hochzeit und blie-s
ben dann och in Riga Komm lieber
Schatz, i indchte Dich mit Marjas
Sergejewna Taeasow bekannt ma- j
chen. Hier haben Sie meine junge,.i
theure G.ittin.« «
Zwei hände streckten sich zögernd
aus. Zivei,Augenpaare, ein blaues
nnd ein braunek, maßen sich mit
prüfendem Blick. Die schöne Blondine
und die dunkelbaarige Schönheitwas
ren von gleicher Größe. nur daß die
erstere zufrieden und glücklich ins.
Leben schaute. Die andere grambeJ
rührt. .
»Seine Schwester,« erwog Maria
das blühende Antli forschend be
trachtend, voller S merz; aber laniz
sagte sie. »Ach-neu Sie meine bestens
Wünsche fiir das Glück bres Wind-!
nisses, Grafink Lassen ie sich alles;
Gute wünschen, Gras Marte!« -
Eine leichte Unterhaltung wurde;
angebahnt, bis die Oper wieder ein
sektr. Als das Zeichen ertönte, sagte
die tleine Marauise: »Mein Gatie
holt mich nachher ab. Wollen wie
nicht alle im »Baren« soupiren. Wer
den Sie sich uns nicht anschließen.
Frau Grafen Herr Graf?«
Das iunge Ehepaar stimmte dem
Plane bei. Nur Maria, der der Ge
danke, noch einige Stunden in Gesell
schaft von Boris von Randells Ge
schiivistern verhingen zu müssen,
schrecklich war, schüttelte den Kopf:
»Ich werde lieber nach hause fahren«
Frau Marauisef s
»Das ist ganz ausgeschlossen, cherie, z
das wiirden wir nie erlauben! Sie
bleiben bei uns, bis wir Sie selbsian
Jbr hau- brinsen Die Zustände sind
mornentan derart, daß man eine
CI ---IA--4 .- —:.s-4I« l
««’Iss nagst-w tluw tust-s.
.Die estau Marauife hat recht,i
Maria erge«ewna,« wandte Mackes
»ein, »Sie wi en doch, daß für heuteg
eine große Arbeiterdemonftration an-i
Igefagt war. Dir unverschämte Bande
I will vom Zaren persönlich empfangen
werden. Als wir vorhin hierher fuh-»
ten, war der Newslij Prospekt schon-E
voll von unheinzlichein Gesindel.·'
»Ist der Zar aus Zarslofe-Selo«.
eingetroffen, hat er die Leute empfan-;
gen«?« fragte Maria, rafch abgelenli.;
Randell lachte verächtlich. »Man;
hat das Militär und die Polizei reg;
auirirt und wohl mit den her-en ge-i
bülnend verhandelt Mit solchem un
gebildeten, aufgehetzten Pöbel paltiet
unser allerdurchlauchtigster Kaisers
nicht, meine Gniidigfta Ein paar-i
Peitschenhiebe und ein paar Schüsses
erreichen weit mehr.« E
»Um Gottes willenl· rief Mariens
»das wäre ja ein unabfelzbarej Unsi
aliielt Die armen Leut-. kommen dochi
waffenlos, vertrauensvolL als Bit-;
iende zu ihre-n Kaifen wie Kinder
zum Vater.«
»Und auch ein Vater mufz renitente
Kinder strafen. meine Gnadigstdzn
cIhr-ern weiblichkn Herzen malt ch
Sag alles felir ideal, was tin Grunde
nichts weiter ist als der Beginn einer
Revolution,« tagte Randell kalt.
»Diese Demonftration wird ini
Sande verlaufen wie alle anderen.«
beruhigte Graf Masse
,,Dai heißt, die Zeitungen werden
ihre Opfer todtfchweigen. Man wird
die Gefallenen liei Nacht etnfchorren
und die Midelsfiilyree in Nasen-attei
und setgwerten mfchwinden lasse-l
Wir werden nichts hören von dem
Jammer. der Eil-er ungliickliche Fa
milien her-eingebrochen ist, fondern
weiter tanzen,« stieß Maria herb her
vor, und ein Schauer glitt über sie
hin. »Wenn doch der Zar oder we
nigstens feine Minister die Deputas
non empfangen hättet«
,,Eine Deputation von vielen Zehn
tausenden, die eine mißverstandene
Bewegung ein falscher Ton in mä
thende Bestien verwandeln kanns
Danlen wir dem Schöpfer, daß be
sonnene Leute fiir unsere Sicherheit
beforgter sind als Sie, ma chere«,
warf die Maeqniie friiftelnd ein.
»Es-onst könnten wir eine Wiederho
lung der französischen Zustände bei
der Revolution erleben. Sollen auch
hier die Hätt-hier der Martthallen
den Zaren von Zarstoje ins Winter
nnlais holen? — Meine Herrschaf
ten, auf Wiedersehn im »Besten«
nach der Oper.
Man trennte sich. Die beiden
Damen schritten auf ihre Pläne zu
rück. »Sie sind die unborsichtigfte
Person, die ich je in meinem Leben
kennen gelernt habe!« schalt dieFran·
zösin flü,fternd. »Wollen Sie ins
Gefängniß mit Ihren unglaublichen
Reden, wollen Sie uns alle mitge
fährdeni Man ift ia mit Jhnen
seines Daseins nicht sicherl«
»Wir sigen hier und hören Mußt,
und eine halbe Stunde von uns ent
fernt spielen sich vielleicht weltges
fchichtliche Vorgänge ab. O, wen
man doch...« iie vollendete den Satz
nicht. »Wenn doch der Kaiser ssie
empfangen hätte! Das ift ja die
legte Hoffnung!«
Die, Marquife schüttelte befan
den Kopf und fah sich um. Auch i r
war unheimlich zmnun geworden.
Auch sie mußte. währen das Orche
fter rauschend spielte, unablässig an
die politischen Ereignisse denken. Un
iuhig beobachtete sie Maria. F
tiefeö Sinnen everfunten faß diefe
und ftarrte in ihren Schopfe Man
sah, sie hatte ihre Umgebung volltorni
mer-; vergessen, hörte und fah nichts
me r.
Wie befreit erhoben sich beide. all
die Oper endiich aus war. Jm Ve
siibiil erwartete sie d r Marqniö mit
schönen, frischen No en unb geleitete
sie zur Equipage, nachdem fein Die-,
ner ihnen in die Mantel und Galo
ichen geholfen hatte.
»Das war etn Tagt« ja te e
während der Fahrt. »hoftentct
haben Sie die schreckte-H Schießeee
nicht gehöri? c-. soll ja gräßltch
gewesen feint«
j »Gtäß!ich? Wieso, ift Blut ge
flossen?« fragte Maria bebend.
! »Wie man hört, sogar sehr vielt
IJPie Atteiteehozoen nahten sogar kntt
einem Papen an der Spihe Zum
FThetl waren sie betrunken, was mein
Sektetär selbst beobachtet hatte. Sie
Iwollten zum Wintetpalais pilgetn.
doch etnviing ne der e·. ste Kotdon an
der Polizeibtückr. Nachdem see dem
Erniederhotten Befehl, auseinandetgus
aehen, nicht gefolgt wurde eben ge
I euett.« v
I »Gesetz«-M Aus unbewassnete
jMenschen?« Maria schrie ei beinah.
; ,Ja, tüchtige Salt-en wurden ge
Z eben. Vorhin, als ich die Katans
E cheKathedkate passitte trug man
noch die Leichen und Verm-unbetei
ist-et Denn taunt donnerte die esse
Inn-sann so machten die Massen
stehet. Da wird es noch verschiedene
Rippenbkiiche und Quetschnngen ge
geben haben!«
,O man dien, ist denn jedt alles
ruhig, Hektor?h
.,Sei nnbesargt. alles ist in Ord
»nung. Polizei und Militae hat alle
wichtigen Straßen belebt. Nur zer
bta ne Fen etscheiben und ein paar
gepl ndette aden zeugen von den
Heidenthaten des Proletariats —«
Bestien!«
prttettuvg folgt)
) intee manchen kommt man nicht
It t, weil et zwei Staaten hat.