Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 15, 1907, Sweiter Theil., Image 11

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    « Deutscher Haushalt in alten
Tagen.
Von Gerhard Weise.
Von der «guten alten Zeit« zu re
ben, das ist schon nicht mehr modern.
·« Wer sich einmal mit ihr besaßt hat«
der mertt gleich: die alte Zeit war
te Zeit und schlechte Zeit, wie un
ere eben auch. So pflegte man frü
her gern wohl von der Einfachheit und
Rattirlichteit deutscher haushaltung
in unserer Voroäter Tagen zu spre
chen und zu schwärmen. Doch wäre
recht sehr zu bezweifeln, ob diese
Schwärmer sich wohl fühlen würden,
sähen sie sich plötzlich in die niedrigen,
dumpfigen und schlecht beleuchteten
Räume einer deutschen Wohnung, sa
gen wir: im 15. Jahrhundert versetzt.
Und was die Einfachheit angeht, so
sind unsere Herren Ahnen, mit Ber
nunst zu reden, zweifellos viel größere
Schlemmer gewesen als wir, und
obendrein tragen viele ihrer Lieblings
gerichte einen« so «ausgesprochenen
Charakter von Schwerberdaulichteit
oder Unverdaulichteit, daß man bei
der bloßen Lettiire der Rezepte schon
Magendriicken zu verspüren meint.
Mir-lich bat Max Bauer im Verlage
von Alsred Scholl in Berlin ein sehr
hübsches und empfehlenswerthes Buch
über »Die deutsche Frau in der Ber
gangenheit« veröffentlicht, worin er
eine anschauliche und frische Schilde
rrtig der Lebensgeschichte der deut
schen Frau von den Tagen alten Ger
manenthums bis zu denen der gro
ßen Revolution vor Augen führt. An
der hand dieses unterhaltenden und
unterrichteten Führers wollen wir
uns denn einmal einen deutschen
haust-alt etwa im 15. Jahrhundert
in vergegenwörtigen suchen.
Wie sagt doch unser Wilhelm
Rande einmal in der Schilderung.ei
nei alten deutschen Städtewesensi
Sehr gemiithvoll und nett sei es da
gewesen· «aber die Schweinerei ist
groß'. Etwas derb, aber unzweihaft
richtig. Um zu unserem Hause zu ge
langen, müssen wir erst durch dunkle,
unsaubere nnd auch bei Nacht nicht
beleuchtete Straßen stolpern ——- stol
vern im wortwörtlichsten Sinne, denn
mit dem Pflaster sieht es in unserer
lieben Stadt meistentheils noch gar
iibel aus. Besonders verdrießlich ist
uns das, wenn wir von unserem
Landaiitchen zurückkehren Denn wer
ei sich leisten tann. der taust sich vor
dem Thore draußen oder doch wenia
stens in der Vorstadt ein Stückchen
Land und leat sich dort einen Garten
an, ganz wie bei uns auch: und da
wird dann gesäet und gepflanzt und
ein Gartenhäuschen gebaut -—— nur
daß man eben in besagtem Garten
häuschen nicht Kassec oder Schotolade,
sondern vielleicht biedere saure Milch
oder andere Delitatessen genießt. Auch
giebt es da hllbner und Pfauen und
Bienen und schöne Blumen aller Art.
Das alles ist sehr hiibfch und an
sprechend und zierliche wennUX »Es
gegen den Abend geht, dann heißt’s »
heim, ehe die Thore geschlossen wer- H
den. Der Herr Sohn mag die Laterne i
voran tragen und die Familie ihm.
dann titit Vorsicht solaen, bis wir an J
unser Haus gelangt sind.
Nun, wie so ein altes, deutsches T
hau- von außen aussah, das lehrt :
mir is giiiacichekwkisc noch so man- ’
chei schone Beispikc in Lin-ed und Hu- s
desheinn in Nürnberg oder Rothen
burg. Drinnen ist’s zumeist etwas
eng, und selbst ein wohlhabendee
Mann begniiat sich mit einem Wohn
gimrner, den Schlafgemöchern und der
Küche nebst den nöthigen Wirth
schastiräumem Jst noch ein Speise
zirntner vorhanden, so ist das schon
eine recht stattliche Anlage. Jn die
sem Falle fehlt auch die Kredenz nicht«
das, was wir heute Büsett nennen und
unsere Vorfahren mit hundert Stil
schnörleln getreulich nachiifsen. Und
aus der Kredenz zeigen sich schöne
Schüsseln und Kannen, Becher und
Polale, Geräthe aus Silber obee
Thon oder Glas over Zinn, was dem
Altdorser Professor Johann Christoph
Wagenseil einmal Gelegenheit zu der
bissigen Bemerkung gearben hat:
.Wir Deutsche zieren unsere Stuben
mit Gläsern, Kannen und Schüsseln,
damit man unsere Eßlust säbe.« Al
lein in den meisten Familien wird im
Wobnzimmer oder in der Küche ar
speist, wie ja noch heute der Arbeiter
in der Regel in der Küche seine Mahl
Ieiten einnimmt. Von alten Stichen
und Bildern weiß man ja seltsam.
daß das Mobiliar eines alten deut
schen Wohnzimrnees ziemlich be
schränkt war. Tisch und Stühle, ein
Wasieebebsiller vielleicht mit hand
lach, ein Spieael in dem nur Zerrbib
der zu sehen sind, eine Bank vielleicht
noch. gegen den »holzzeschmack« mit
Kissen belegt: das sind so die haupt
stückr. Uhren giebt es erst spätjdie
Sanduhr ausgenommen. Eine haupt
sache bleibt immer die große Wäsche
truhe. Die Truhe war in älterer Zeit
die beliebtere Form, als das moderne
Spind. In der Wäscheirube besin
den sich Tischtücher, Servietten, Hand
tücher, Bettwäsche und Leibwäsche.
Die Wäschetruhe war schon in alten
Tagen der deutschen Hausfrau Stolz,
Ue reiche Frantsurterin Eise von
holzhausen hinterließ 1410 iiber 50
Tischtiicher. Zumeist befindet sich im
xhause auch ein Bogelbauer, denn die
»Liebe zu hausthieren ist im deut
xschen hause seit alters lebendig,
lund wer keinen Vogel hält, der
hält sich vielleicht, was eine Zeit
lang Mode war, gar eine ge
zähmte Meertaßr. Nun aber zur Kü
che! Die Küche, so sagt Bauer, war
ein riimisches Geschenk —- insofern
niimlich, als sie aus der ,,Coauina«
entstand. Da ist denn natürlich die
hauptsache der Herd. Der herd mit
dem offenen Feuer, das im alten ger
manischen Hause niemals erlöschen
durfte. Es ward mit Holztohlens ge
nährt, die vorn Lande in die Stadt
gebracht wurden, wo oTters noch ein
Rohlenmarlt an diesen einst so wich-«
tiaen Handel erinnert. Hier in der
Küche nun ist alles zusammengehäust,
was unsere Hausfrau braucht, an
Kessel und Hasen, an Spießen, Ro
sten, Messern nnd Eimern u. s. w.
Regelmiißiges anentarstück: eine
Mausefalle. Dagegen nicht zum al
ten deutschen Inventar gehörig: Ga
beln; denn diese ist erst in Frankreich
um 1650 in Mode gekommen. Jm
Uebrigen gibt die altdeutsche Küche
ein schönes Bild, weil alle diese me
tallenen Geschirre, all dies Kupfer,
Messing und Zinn ar reizend blintt
und blantt. Neben cTäerskiicbe befindet
sich die Borrathstammer oder Speise
tammer, im guten hause reich gefüllt.
Du lieber Gott« womit nicht alles!
Hans Sachs entrollt uns die Wunder
einer solchen altideutschen Speisen-m
jmer. Allerlei Fleischsorten undSpecl
und Obst, wie »Mensch Birnen.
.NUß«- dann Brod, Eier, Käse, Lat
wergen, Lebtuchen und anderen
«Schleet«, Rosrnem Weinbeeren
Man-dein, Konfett und Gewürze,
dann Gemüse, »Nein-h nüßt man
»alle Tag", Hülfensriichte -—- es ist
»Zeit, etwas Lust zu schöpfen; und
Huberdies hält selbst der festeste Ma
gen diese Aufzählung taum mehr«
Zweiter aus. Genug, man siebt: est
»wer, wie der Berliner von heute zu
sagen pflegt, alles da.
. Mußte auch da ein, denn es wurde
wahrhaftig weidli gegessen. Jan-ei
len möchte man statt dieses Wört
chens lieber noch ein anderes, etwas-J
derberes gebrauchen. Essen unITrin-!
ten gehörte im altdeutschen Leben
unsertrennlich zu jedem Feste; oder
vielmehr: sie bildeten eigentlich das
Hauptstiich Bei besonderer Gelegen
heit aber wurden wahre Alpen von(
Nahrungsmitteln deniolirt. Wie irrt
Herzog Georg von Landshut eine
politische Gräiin heirathete, da ver
tilgte die Hochzeitsgeseüschaft binnen
acht Tagen: 300 Ochsen. 75 Wild-»
;schweine, am Gans-, 62,000 Hub-i
Ener, 75,000 Krebse und 162 Hirsche.
itka hielt Herr Dietrich von Quit-.
zow zu Lölln an der Spree seine
Hochzeit mit Fräulein Elisabeth
Schent von Lande-berg. Der Speise
zettel dieser Hochzeit mag hier mit
getheilt werden: das Mahl fing mit
großen Näpfen von Biersuppe an, bei
der Pfeffer und Jngtrer nicht gespart
wurden, hierauf tam Hirsc, mit Sa
sran schön gelb gekocht, und Würstr.
Dann Grüntool mit hammeltörpien
und hierauf Kalt-fleisch, ebenfalls mit
Sasran gegsilbt und mit Pfeffer ge
würzt. Rehbsraien mit viel Knob
tauch und Zwiebeln und Wild
schweinsbraten schloß sich an. Als
Schluß des ersten Msahles ward
Thorner Pseffertuchen aufgetragen.
Was aber der Herzog Günther Belli
corus zu- Arnstadt in Thüringen
1560 bei seiner Hochzeit seinen Gästen
an Speisen oorsetzt«, das aufzuzäh
len, reicht der Nanm hier wahrlich
nichts und es mag nur berichtet sein,
womit dieses Essen herabgeschwemmt
wurde —- nämlich mit 200 Legeln
Malvasier, 25 Fudern Rheinwein.
12 Faß Bronhahn, 24 Tonnen Ham:v
bargen 12 Faß Einbecker Bier, 12
Faß Mindisches Bier, 10 Faß Arn-—
siiidter Bier, 30 Faß Zellisches Bier,
200 Faß Speisebier ohne die Kräu
terbiere, und 1010 Eimer Landwein.
Usft
Wie unsere Speisezettel schon ge-1
zeigt haben werden, so hatten unsere
Vorfahren eine bedenkliche Neigung
zur Verwendung von allerlei Gewür
zen, und je weiter das Mittelalter
fortschritt, um so qriißer ward d.e
Vorliebe basiir. Psesser und Jng
wer, Galgan, Nelten, Nägelein,
Zimmt, Musiat, Salran, Kalinus,
Rhabarber und was weiß ich noch al
les, wurden zu den verschiedenartig-—
sten Speisen und Getränken qethan
und allmählich wurde die Kochtunst
so tomplirirt, daß der Prediger Cras
mus Grüninger im Jahre 1605 är
gerlich äußerte, »das Fressen sei so
leckerhast und seltsam geworden, daß
schier mehr Lernen's dazu gehöre,bis
einer ein Koch, als bis einer ein
Doktor würde." Jn der streiten
hälste des 16. Jahrhunderts fängt
dann aber die deutsche Kochtunst an,
herabzugehem unt- ber Dreißigiähriae
Krieg hat auslee ibr ein Ende gemacht.
Nach dem Kr war der Bratspieß
aus der deut chen Küche in der
Hauptsache verschwunden, und darin
hat Bauer ganz recht: mit dem Brat
pieß fällt die echte alte deutsche
Küche. Das war also ihr Schicksal.
Noch abetshaben wir von dein Trink
lapitel nicht oder doch nur weni ge
sprochen. Der deutsche Durst ist ja
eine rechte deutsche Eigenthümltchkeit
—- ob auch ein deutscher Ruhm, das
mag nun hier dahingestellt bleiben.
Ndensalls waren da, wo die Speise
amrner all das enthielt, was oben
mitgetheilt wurde, auch vie Keller
nicht gerade leer. Vielmehr ver
brauchte Anton Tucher in Nürnberg
in den Jahren 1507 bis 1516 an
Wein 468 Eimer, was auf einen
durchschnittlichen Jahresverbrauch
von 2500 Litern Wein und 3600
Litern Bier zu berechnen ist. Jn
Anton Tucherls Hause wurden also
täglich rund 100 Liter Bier konsu
mirt, sowie rund 70 Liter Wein am
Tage. Das ist denn doch ein ganz
hübscher Verbrauch! Ob dabei eigent
lich die sogenannten ,,Wiirzweine«
inbegtifien waren, die zur Familie
dessen gehören, was wir heute Müh
wein nennen, uns von der Hausfrau
eigenhändig unter reichlickern Zusatze
ron allerlei Gewürzen zubereitet
wurden, das vermag ich nicht zu
sagen
Man sieht: Der deutsche Haushalt
in alten Tagen hatte nach unseren
heutigen Begriffen seine guten und
seine schlechten Seiten. Aber um mit
dem Ansange"zu enden, ob wir heute
wurden mit dem Haushalt unserer
Altoorderen von Anno 1400 tauschen
is»ollten, wenn wir pas könnten, das
bleibt doch sehr zweifelhaft. Hohe«
helle Stuben, peinliche Sauberkeit,
Licht und Luft, Bequemlichkeit aller
Art und eine leicht betömmliche Nah
rung: das sind doch auch ganz schöne
Sachen, die man nicht mehr gern ent
behren mag, und die deutsche Haus
frau von 1400 würde vielleicht ihre
heutige Nachfolgerin in vielem blaß
beneiden, wenn sie ihr Heim besichti
gen-könnte
Avancement.
BonKarlReif.
Als Dickenast zum Regierungsrath
»Lesi)«rdert wurde, geriethen seine
Freunde und Bekannten fast aus dem
Häuschen. Wir waren gerade beim
Maler Mock beisammen, als der As
sessor Wolsbera die Nachricht brachte·
»Unoerschämt, ich sage einfach un
verschämt!« schrie der Staatsanwalt
Horn, der schmerzlich aus seine Be
förderung zum Landaerichtsrath
wartete. »Was bat der Mensch ge
leistet? Warum ist er überhaupt ins
Ministerium gekommen? Nichts als
Tsusell So oft eine Thiir ausging,
stand er davor.«
»Warum bist denn Du nicht« zur
Finanz aeganaenim sraate ich.
»Weil ich ein Esel bin « entgegnete
er bissia »Ich hatte vor, mich zu mel
den lies; mir aber weismachen, bei
kei Justiz seien die Ansichten besser.
Jetzt sitze ich in der Tinte. Aber wenn
ich auch zur Finanz gegangen wäre
wie Dickenast hätte ich es doch nicht
getroffen. Dazu gehört Dusel und
den hat keiner wie er.«
»Wie alt ist Dickenast?-« fragte
Mach
«Drei Jahre jünaer als ich. Zwei
unddreißia Jahre.«
»Und in welchem Alter wird man
in der Regel Ziieaierunggrath?«
»Wenn man Gliict hat, mit fiinss
Mk
»Dann thut mir Dickenast leid.'«
Mock liebte paradoxe Ausspriicksr·
Wir wußten das; aber diesmal wa
ren wir doch alle verblüfft.
»Du bist wohl nicht mehr zganz
ktar?« sagte Horn. »Weshalb thut er
Dir leid?«
»Ich bin ganz tlar,« erwiderte
Mock ruhig durch den Rauch seiner
Pfeife. Ihr seid allzusammen Stre
ber und meint, das sei ein Glück,
nsenn man aus der Leiter rasch hin
auftommtz Ich bin ein freier Mann
nnd sage Euch, es ist tein Glück. Ein
sorcirteg Avancement ist ein Un
glück.«
»Armer Kerl! Plötzlich blödsinnia
acwordenl« näselte Wolsberg in un
verhohlenem Entsetzen.
»Seht richtiz;!« stimmte Horn bei.
Mock liest sich aber nicht irre ma
»Wenn Ihr nicht so verbohrt wäret
in Eure Ansichten, könnte ich es Euch
leicht beweisen, daß ich recht habe.
Aber Ihr versteht es nicht«
»Loslegen!« schrien alle.
»Die Sache ist sehr einfach. Also
nehmen wir an. man wird normaler
weise mit zweiundsiinszig Jahren
Maierungsrath Dickenast ist zwei
unt-dreißig alt. Das ist doch sent ge
nau so, wie wenn man ihm die zwan
zig Jahre von zwenendreißig bis
zweiundsiinszig aus seinem Leben
herausgenommen hätte. Gestern schlief
er als ein junger Mann ein« heute
ist er als Greis aufgewacht. Das
soll Aein -G«liiel«seinz«
»Ich habe einen Antrag zu stellen,«
sagte Horn mit Nachdkuck und rich
tete sich in seiner ganzen Länge auf.
»Wenn wir nicht bei Mock gerade zu
Gaste wären, würde ich vorschlagen,
daß wir ihn zum Fenster hinaus
wersen. Verdient hätte er es. Leute,
die aus Beförderung angewiesen sind.
srozzelt man nicht so. Nachdem wir
aber heute unseren Ytäbrvater in ihm
schonen müssen, beantrage ich. ihm
mildernde Umstände zuzubilligen und
ihn lediglich zu sechs Flaschen Ratten
tbaler Burggraben zu verurtheilen, die
er sosort beizubringen hat. Wer gegen
den Antrag ist, irn bitte ich, sich zu
erheben«
Niemand stand aus. »Bravo!" hieß
es rundmn.
,Du scheinst selbst einzusehen, das;
Dii die Strafe verdienst?« sagte Horn
zu Mott. «
»Das nicht. Aber wozu soll ich aus
stehen? Jbr überstimnit mich ja doch.«
Der Wein inni.
»Also,« sagte Horn, »dem Gast
geber zu Ehren« stcßen wir an auf
schlechtes Abaneeinent. Jhm zu Eh
ren und uns zum Trost. Schlechter
als es ist« lann es ja doch nicht mehr
werden!«
Am anderen Tage gratulirte ich
Dickenast. Er war eitel Entzücken.
Hsundrrtundzwölf Vorleute hatte er
übersprungen Das war noch nie da
wesent Seine Denlschrist über die
esteuerung von Zündhölzern hatte
den Minister auf ihn aufmerksam ge
macht. Aber er war doch bescheiden
geblieben. Ja, er erklärte mir sogar,
er habe mehr Glück als Verstand.Das
war wirklich schön von ihm.
Bald nachher lam ich als Amt-stich
ter in den Bayerischcn Wald. Von
dort ist es weit nach München; da
mals war es noch weiter. Erst drei
Jahre spjiter tain ich im Urlaub wie
der zurück, um meine Versetzung an
zustreben. Ich suchte Most auf, der
allein von unserer Tafelrunbe zurück
geblieben war. Er hauste noch in der
alten Bude und siel mir vor Freude
und Rührung fast um den Hals-, als
ich bei ihm eintrat.
-,,Schau, daß Du nach München
lommst,« sagte er. »Ich schließe mich
schwer an und bin recht einsam. Horn
-—- ich muß wirllich sagen: das
Horn —- hat eine Stelle in Weiden
angenommen und Wolfberg ist gar
nach Berlin gegangen. Nur, um rasch
davonzuiommem Was haben sie jetzt
dasbon?««
»Hu-ums- Uu iuu Yluriiuil »staa
sanimen?«
»Nie!« sagte er kurz und zog ein
Gesicht, als hätte er einen Schluck«
Seewein erwischt. »Mit solchen Leu
ten verlehre ich nicht.«
»Aber seiso gut. Er war doch im
mer ein netter Mensch« !
»War er. Oder schien es doch. Jehti
ist er es nicht mehr. Laß es Dir ge
sagt sein: La carriere corroinpt le
caraeterr. Der Spruch ist von mir,
Deutsch reimt er sich leider nicht, da
rum hab’ ich ihn übersetzt. Aber er
gilt allgemein, in der ganzen Welt.«
Jch ging doch zu Dickenast in der
stillen Hoffnung-, daß er mir bei mei
nen Versetzungsabsichten behilflich
sein werde-.
Er war wirklich sehr verändert.
Regierungsrath vom Scheitel bis zur
Sohle.
Voll Anerkennung gegen sich selhsL
Sein Betenntniß, daß er mehr Glück
a·s Verstand gehabt, hatte er offen
sichtlich vergessen. Er hatte sogar ver
gessen, daß wir uns sriiher duzten.
Doch mater gütig und wohlwollend·
Nur als ich mit meinem Anliegen her
aus-rückte, nahm er eine eisige Miene
an.
»Nein, mein lieber Herr Anitsrichi
:er,« sagte er beinahe ängstlich, ,,da
tanii ich wirklich nichts thun. Jrh
kenne Die Lage der Dinge bei der
Justiz otel zu wenig. Jch hedaure
sehr, aber es ist mir ganz unmög
lich.«
Most lachte hell auf, als ich ihm
den Verlauf der Unterredung er
zählte.
»Das hätte ich Dir vorher sagen
tönnen,« meinte er. »Der Mensch
rentt seit seinesii ,,glänzendsen Aoans
cemeiit« (Moct hatte eine Art, in
Gänsefiisichen zu sprechen) an nichts
mehr als ari seine Karriere und lebt
in einer heillosen Sorge. sie könne
vielleicht in Zukunft nicht im gleichen
Tempo weitergehen. Er traut sich
keinen Schnauser zu thun, ehe er sich
oergewissert, daß es höchsten Ortes
genehm ist« Du hättest ihn sehen
sollen, wie er darunter litt, daß ich
mit ihm näher bekannt war. »Wenn
Jhr Kiinstler doch etwas mehr For
men hattet!« seufzte er immer. So
ein Kerl will mir von Formen sagen!
Und wenn ich ihn dann einlud ain
rcn Saloatortcller oder aus Die
Schivabinger Kirchweih, wie er sich
J: wand und iriimmte! »Ja, weißt
Du, früher, sriiher da war es ehen
anders. Aber alg Regierungsrath,
siehst Du --——« Schließlich redete er
inicheinmal mit Sie an. Jch wil!
Dir nicht sagen, was ich ihm hinaus
gab. Aber seither existirt er siir mich
nicht mehr.«
Erst zwei Jahre später hatte mein
Gesuch Erfolg. Auch Horn ioar es
gelungen, seine Versetzung nach Mün- ;
chen zu erzielen. i
Als ich einmal mit ihm durch dies
Maxiniilianstraße bumnielte, stieß er
mich an und deutete aus einen Mann.
der gesenkten Blickes und hastigen
Schrittes aus der andern Straßenseite
siadteinwärts ging.
»Ist das Dichenast?« fragte ich er
schrocken.
»Das ist Dickenast,« entgegnete er.
»Der paßt jetzt seit ztoei Jahren aus
die Beförderung zumOberregierungs
rath, und daß ie nicht kommen will,
hat ihn transtgemachL Als ich ihn bei
meiner Rückkehr nach München be
suchte, war er ganz verzweifelt Jm
Verlehrgministerium waren zweiRe
gierungsräthe, die dienstjiinger waren
ali- er, zu Oberregierungsräthen be
fordert worden« Das war in seinen
Augen eine schwere Zurücksetzung..
Als ich ihm sagte, daß er ja doch
noch iebr jung sei, wurde er wüthend.
»Ein alter Regierungsrath bin
ich,« schrie er mich an. ,,Friiher ist
man im Ministerium höchstens dreiI
»Joh« lang Regierungsrath geblie
ben, und ich bin es jetzt schon fünf.
Das ist nicht mehr zum Aue-halten
Und dann immer das blöde Geschwätz
von meiner Jugend! Das Dienstalter
ist maßgebend und sonst nichts. UndI
nach dem Dienstalter bin ich eini
alter Regierungsratle ?
Jn der Sommckstiichr.
Dorfwirth szum Gast, der sich über die lästigen Fliegen beklagt): »Dö
Flieg’n wollen S’ weghamm? Dös hamm mer scho, da is ä lebendige
Fliegenklappe!«
Wir sahen ihm nach. Er ging that
sächlich einher wie ein alter Mann
Hatte er sich in den Gedanken hinein
gelebt, daß er alt sei? Oder war
alles nur angenommene Gewöhnung?
Nachdenllich schritten wir weiter.
»Mock hat damals doch nicht fo
unrecht gehasbt,« sagte ich schließlich.
,,Recht hat er gehabt. Er ist über
haupt ein vernünftiger Mensch.
Gehen wir zu ihm! Er hat wieder
einen guten Rauenthaler im Kellerf
Der prtvtleqtrte Winter-roth
Das- Prager »Tagbiatt« erzählt
folgendes lustige und charakteristische
Geschichtchem Ein hiisbsches Hotel
inädchen erscheint um ein Viertel nach
TUhr Abends bei der Gepäctaufgabe
des Prager Bahnhofpostamts und
präsentirt ein iimfangreiches, sorg
fältig ocrschniirtes Variet. »Noch
Wien, Expreß!«' erklärt sie, als ginge
es sie gar nichts an, daß um 7 Uhr
der Packetveriehr eingestellt wird.
Der Beamte sieht das Mädchen an,
dann das Padet und stempelt ruhig
Postftiicke weiter. ,,.Kommen Sie
morgen friih!« erklärt er schließlich
niit dem Bewußtsein und d:r Ruhe
eines Menschen, der absolut weiß,
daß er diesmal im Rechte ist. Aber
das Mägdelein läßt sich nicht so rasch
« einichiichtern »Wenn das Pack-et
nicht sofort erpedirt wird, geh ich
zum Vorstand.« Staunen und all
gemeine Entriistung hinter den Schal
lern. Das Mädchen« wird Gegen
stand allgemeiner Aufmerksamkeit
Mit ironischer Höflichkeit — die re
soliite Dame war, wie gesagt, ganz
nett-— sagt ihr d:r Expedient, sie
möge sich durch die gegenüberliegende
Tlnir ins Burcau des Vorstandes be
geben. Dann erwartet alles gespannt,
daß sich die Angelegenheit nach des
Dienste-H ewig gleichgestellter Uhr ab
wickeln werde. Dag·heisit, daß die
Retellion der feschen Maid gegen
den SiebeniihrHPostschIiiß mit einer
iliiglichen Niederlage endan werde.
Silber es iani anders. Das Mädchen
stößt hinter der Thiir mit einem
,iileren Beamten zusammen Jn der
Meinung, den Vorstand nor sich iii
haben, bringt sie ihre Beschwerde vor.
Gütig lächelnd, aber talt bTS ein-J
Herz hinan, zuckt der Herr die Ach
ickn »Wenn einmal der Schalier ge
schlossen ist, ineiit liebes stink, dann
tann Jhr Partei Niemand iiiehr auf
nehmen, und wenns an dsii Herrgott
gehen sollte.« ,,So"?« kegelirt dieans
dere auf. »Tai Partei mus; wet, Der
Winterroel muss, morgen iii Akt iseii sei n,
der Herr Minister hit ihn hier Der
essen « »Wi - Wer? und
iiii Nu ändert sich die Stich ane. Zehn
Lwände strecken sich nach dem so schiidde
iehindel ten Partei aug, init Feierlich
leit ivird die Adresse Vervollständiit
und der Winterroct -r. Er .elten,i lie
hutsain obenan aiif die zu befdrdern
den Parlete geleat Das Mädchen ater
verläßt triumphirend das Postanit.
—
Atrdemfche Spruchtveløhcit.
An einem mittelalierlichen Hausin
dem ganz aus Holz gebauten schmei
Yerifchen Städtchen Werdenberg jin
set sich folgender schöne Spruch:
»Diß Hut-s ist min und dochnitniin,
Wer vorher da, wag ooch nit sin.
Wer nach mir tunli, niuoß ruck;
hinufz;
Zag, lieber Frün.d, wein ifi biß
Hin-W
Aehnlich findet sich der Spruch
auch an aleinannischen Hofthoren in
Baden und ini Elfaß, wo er lauietr
Dies Haus ist mein und doch nicht
mein:
Wer nach mit temmt, bleibt auch nit
drein.
Die Folge.
Arzt: »Sie scheinen aufrichtigen
Schmerz über den Tod Jhres Schwie
gervaters zu empfinden!«
Junger Ehemann: »Wie sollt’ ich
nicht? Jetzt zieht Mama zu ungl«
Gegen Schlaflosiqkeit
Köchin: »Haben Sie meinen Rath
befolgt und langsam gezählt?«
Stubenmädchem »Ja, ich habei
langsam bis 20,000 gezählt!«
·Köchin: »Und dann sind Sie ein
geschlafen?«
Stubeninädchen: »Nein, dann war
es die höchste Zeit, aufzustehen!« ;
Dritt-ring.
s Schneider: Herr Studiosus StisfeL
sich habe hier eine Rechnung für Sie!
» Süsfel: Mir ist es leider unmög
lich, vor drei Monaten zu bezahlen!
« Schneider: Herr SäffeL wenn Sie
mich nicht binnen vierzehn Tagen be
zahlen, heirathe ich Jhre Erbtante.
Ein Einsiiltiger.
Chef: »Warum hat die Dame den
Hut nicht gekauft? Haben Sie ihn
sdenn nicht gehörig angepriesen?"
? Kommis: »Oh, im Gegentheil, ich
!hab’ ihr sogar vorgelogen, daß wir
davon schon mehrere Dutzend verkauft
hätten!«'
Großartigc Erfindung.
Patentanwalt: »Nun, was haben
Sie denn erfunden?«
HerrsSchlaumeier: »Einen Musik
Automaten. Wenn man zehn Pfen
nig hineinsteckt —
Patentanrvalt: »Gehen Sie, das ist
doch nichts Neues-. Dann fängt der
Apparat an zu spielen —
i Herr Schlaumeier: »Nein, er hört
»auf!«
J Grundloic Sorge
; Doktor tder bei einem Patienten
auf Typhus schließt) »Ob Sie sich
nicht mit Wasser infizirt haben!
sWann haben Sie denn das letzte Mal
sWasser getrunken?«
« Patient: »Das werden so a drei
Jahrln sein!«
Erklärung.
Sie: »Sag, liebes Männchen, was
Hversteht man denn eigentlich unter
sKunstweinen Z«
; Er: »Weißt Du, das ist das Wei
-,«-1 um einen neuen Hut und derglei
Ichen.« ,
ifticlichek Zwist.
Er iwill sie bersöhnen): »Bist Du
lnicht neugierig, was sich in diesem
Partei befindei?«
s Sie igleichgiiltia): «Nein."
s Er: »Es ist etwas fiir das Wesen,
jdag ich auf Erden am meisten liebe. «
I Sie: »So! Dann verinuthe ich, es
ssind die neuen Kragen, die Du
!b.ranchst «
i
i
i
i
i
i
Echorsfraqix
chaan wird ein Bäcker drodlogf
Antwort: Litenn er sein Brod nicht
lioS wird
XII
Gut gegeben.
Die Schwiegermutter eines Haupt
zmanng ging im nahen Wald spazie
ren. Da sie misfallend lange aus
bleibt, schickt der Hauptmann mehrere
Reiruten in den Wald, um die Dame
zu suchen. Diese soen geraume Zeit,
können aber keine Spur entdecken.
Nun berathschlagen sie, wie sie dem
Hauptmann die Meldung machen wer
den. Da meint der eine: ,,’s wird ’s
beste sein, wir melden halt . . . . daß
wir vom Feinde nichts wahrgenom
men!«
Eifrig.
Madame lzum neuen Dienstmäd
chen): »Vor· allen Dingen erwarte ich,
daß Sie verschwiegen sind!«
Dienstmädchen: »Daraus können
Sie sich verlassen; (neuqierig): was
soll ich denn verschtoeigen?«
Gefährlich.
Hausherr: »Aber warum wollen
Sie nicht in mein Haus ziehen, wenn
Jhnen die Wohnung so sehr gefällt?«
Mieiher: »Weil ich dann in kurzer .
Zeit bankerott sein würde. Sie müssen
bedenken, daß ich eine Frau habe und
daß es in Ihrem Hause einen Juwe
lier, eine Modistin und ein Reisebus
reau giebt!«
Erzrvungene Bewegung
Was, Sie haben sich jetzt auch ein
Schnauserl angeschafft?
Ja, das gehört zur Entsettungstuk
für mich!
Zur Entettungglur ein Autornobili
Freilich, Sie glauben gar nicht«
was man da oft für Bewegung ma
chen muß, wenn der Kasten nicht wei
ter will!