Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 04, 1907, Sweiter Theil., Image 5

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    Nebraska
SXMESAM
Jahrg-HEXE
·6"k"«":iiss«snizk3, Worts-« Oktober 1907. fff(sz«.-3izvle«icer Thau
( Risiäiiikk fs.
Erntezeit.
Wenn des Kornez goldne Fülle teifet
Und der halme Last hernieder sinkt,
Froh des Landmanns Blick darüber
ichtveifet —
Reiche Ernte seinem Schafer winkt.
Arbeit ist fein Looö und schwere
Mag
hart und mühevoll sein täglich Brod;
Neiden löuni er wohl des Reichen
age,
Die von Harm und Sorge nicht be
droht.
Möchi’ mit jenem Trägen doch nicht
tauschen,
Der fein willst-Wie sich’re«s Brod ver
Höret lieber doch jedies-traten rauschen,
Die ihm eig neskchhiinde Fleiß be
Ein nngeldstes Geheimnis
Von I. Ost-r stand-ask
Jn der Morgenltnnde bettete ich die
Straße nnd finde in der Fuge zwischen
zwei Granitplatten des Bürgersteigs
eine Stecknadei. Nach dem Volksinter
glauben hat derjenige, der eine Steck
nadel auf der Straße findet, an jenem
Tage noch nicht gelogen.
Es ist möglich, daß das an bei mir
Zittisz denn es ist ja noch riih am
age. Aber eine Betrachtung und ei
ne eigenartige Gedanientette wird in
mir lebendig, und die Frage drängt sich
mir «·auf: Warum finde ich nur diefe
eine StecknadePi Warum findet man
selten Stecknadeln, wenigstens ver
hältnismäßigseltem und warum sind
unsere Straßen nicht trog aller Reini
gung bedeckt mit Nähnadeln, Stecknai
deln, Haarnadeln, Kniipsen und Nä
gean
Wir wollen eine kurze und lurzweis
lige statistische Betrachtung anstellen.
Es gibt in Deutschland allein 50 bis
60 Nähnadel-Fa eilen, mehr als 50
haarnadeln-Fadrilen, etwa 30 Steck
nadelsZabrilen und M Nagel-Fabri
ien und fast 1000 Nagel-Schmieden;
ferner mehr als 500 Knopf-Fahnen
Mit hilfe der modernen Maschinen
produziren diese Jndustriewertjtiitten
ungeheuerliche Mengen der billigen
oben genannten Gegenstände. Es gibt
Wundern-nie der Technik, an denen ein
Arbeiter stündlich 30—5(),000 Doppel
schiifte, bestehend aus je zwei Steck
nadelnnadeln liefern kann. Aehniich
hohe Zahlen finden wir bei der Fabri
kation der Nähnadeln. Die Nähnadel
Fabritation hat ihren Sitz in Rhein
prenßen, in Wesifalen und in Mittel
franten. Einzelne diefer Iabriten
rroduziren jährlich 850 Millionen
Stück Nadeln und selbst die kleineren
immer noch 150 Millionen. In Näh
nadeln beherrscht Deutschland den
Weltmarlt und hat hier England voll
ständig gefchlagen. Zu gewissen Zeiten
liefert zum Beispiel errlohn monat
lich sieben bis acht Doppelwaggons
Nähnadeln allein nach China, und ein
Pfund feinster Nähnadeln enthält
zirtg 2500 Stück.
s Or stkI,-,
US gcyl aus tm kokch Syri- osqck
Hunderte von Mi ionen Nähnadeln
nach dem Auslande; aber es bleiben
doch auch noch Hunderte von Millionen
irn Jnlande und werden hier konsu
mitt
« Allerdings, das Wort »loniunii
ren« -—-—-- verbrauchen ist nur in gewis
sem Sinne richtig, denn in Wirklichkeit
können ja diese Nadeln gar nicht alle
verbraucht werden. Und trotzdem
verschwinden sie, denn wenn das nicht
derFall wäre, wären alleWaarenla er
und auch die Vorräthe, die man ich
im Privathaushalt hält, übersiillt,
und die Fabrikanten müßten ihren Be
trieb einsiellen. Aber die Fabrikanten
arbeiten jahraus, jahrein, und seyen
Millionen « Nähnadeln, Stecknadeln,
haarnadelm Nägel und Knöpse in die
Welt, nur vergeblich fragt man sich,
. wer diese Milliarden verbraucht, oder
was aus ihnen wird.
Wir können aus der ossiziellen Sta
tistik des Deutschen Reiches uns sogar
eine lieberfrcht verschaffen, wie viel
Nähnadeln wohl jährlich in Deutsch
land verbraucht werden. Die Ge
werbe - Statistik belehrt uns darüber.
daß in den Berusen fiir Betleidung,
die ja wohl arn meisten Nähnadeln ver
brauchen, ins hauptberus und Neben
berusen beinahe eindreiviertel Millio
nen Menschen beschäftigt sind. Diese
verbrauchen gewiß eine Menge von
Nähnadeln. Aber eine gut behandelte
Nähnadel hält doch auch eine ganze
Weile vor. Manchmal sreili zerbre
chen beim Nähen zwei, dre Nadeln
hintereinander, wie das jede HausfrauI
und auch jedes männliche Individuum.
meiß, welches als Soldat oder Tourist’
gezwungen war, mit der Nabel zu ban- J
täten. Aber manche N l hält dochi
auch dasiir wieder w nlang undl
Itann immer und immer wieder ver
wendet werden. Rechnen wir nun
(alletdings sehr hoch), daß noch an
derthalb Millionen Personen außer
balb des Bekleidungsgewerbes, insbe
sondere die Frauen im Alter zwischen
fünfzehn und siebzig beständig Näh
nadeln gebrauchen, so haben wir doch
noch immer nicht die Frage gelöst, wer
die Milliarden von Nähnadeln ver
braucht, die allein im Deutschen Reiche
fabrizirt und hier verkauft werden«
Eine Stecknadel nützt sich noch weniger
ab als eine Nähnadel. Man muthet ist
nicht soviel zu, sie bricht auch nicht o
leicht; denn sie ist aus weicherem Me
tall hergestellt Und die HaarnadeL
wie lange kann man sie tragen! Wenn
sie nicht verloren gebt, und man ihr
nichtGewaltsachen umutbet, wenn die»
Frau sie nur im aar trägt, ist sie!
eigentlich von unbegrenzter Haltbat-«
eit.
«- .- « s- - »- ·-.- —
Ls gchll Cllckclllgs lllgllcy Illu
fende und Hunderttausende, ja im gan
zen Reiche vielleicht Millionen von
Haarnadelm Stectnadeln und Nähna
deln verloren. Das Zeug ist eben io
billig, daß man den Verluft garnicht
beachtet. Aber wo kommen diese ver
loren gegangenen Nadeln hin? n den
großen Städten findet ja be tändig
eine Straßenreinigung statt. Aber in
kleineren Ortschaften, in vielbesuchten
Landstrichen, zum Beispiel im Grum
wald, too jährlich Millionen von Men
schen verkehren und doch auch Haar
nadeln, Stecknadeln und schließlich
Nähnadeln verlieren, müßte man doch
irgendwo ganze Haufen von diesen
verlorenen Nadeln finden. Auch im
Müll der großen Städte müßte man
ganze Berge dieser Nadeln auffinden,
und doch ist dies nicht der Fall.
Die Physik belehrt uns darüber, daß
in der Natur nichts verloren geht, und
daß sich die Stoffe nur umwandelnp
Die verloren gegangenen Nähnadeln,»
Stecknadeln und Haarnadeln verrosten
und verrotten eben, sie lösen sich auf in
Rost oder Grllnspan. ;
Das mag freilich richtig sein; abers
diese Auslösung erfolgt doch nicht so
rasch Man hat Veriuche gemacht, in
dem man Nähnadeln und Stecknadeln
an geschiißten feuchten Orten in Gär
ten niederlegte und ihre allmähliche
Auflösung beobachtete. Dabei hat
man gefunden. daß es Wochen und
Monate dauerte, bis sich diese wegge
legten Nähnadeln und Stecknadeln
vollständig aufgelöst haben. Befon
der s die Nähnadeln vie polirt sind,
widerstehen lange dem Angriffe des
Rostes, dann allerdings fallen sie ihm
vollständig zum Opfer, und in einigen i
Monaten sind sie bis auf die letzte
Spur verschwunden. Aber es gibt doch
auch Dinge die nicht derrotten. Man
dente nur an die Milliarden kleiner
Knöpfe (zum Beispiel von Hand
schuhen) aus Porzellan, aus Stein. !
Wo kommen die Milliarden dieser;
Knopfe hin, die in den Hunderten von l
Knopffabriten mit Hilfe von Maschi
nen die täglich Hunderttausende von
Stück produzirem hergestellt werden?»
Auch Schreibfedern fsnd ein Massen
artitel und werden zu unglaublich bil
ligen Preisen auf den Martt geworfen.
Aber eine Schreibfeder verschleißt sich,
wenn man sie viel gebraucht, wenn auch
mancher sparsame Mann init einer
Stahlfeder monatelang schreibt. Die
verschleißten Federn wirft man fort,
wenn man recht vorsichtig ist, ins
Feuer des Küchenherdez, damit sich
niemand an der roitigen Stahlfeder
verletzt, weit dies leicht Blutvergiftung
erzeugt.
Wo lommen aber die Milliarden
und abermals Milliarden von Nägeln
hin, die jährlich in den Fabriten pro
duzirt werden? Wenn man einen
Nagel einmal in eine Wand geschlagen
hat, so hält er doch jahrelang, und
wenn die Industrie in den verschieden
sten Fabrikationszweigen jährlich
Hunderttausende von Nägeln ver
braucht, so bleiben doch auch wiederum
die Gegenstände, die man mit Nägeln
zusammenfiigi. thzehnte lang im
Gebrauch, u. der agel braucht nicht
ersetzt zu werden. So viele Nägel
werden doch nicht irumm eschlagen
und dadurch entwerthet, da man den
Konsum von Milliarden, der jährlich
allein im Deutschen Reiche stattfindet,
erklären könnte.
Es wird vielleicht besonders die Le
; serinnen interessiren, einmal selbst
zdariiber nachzudentem wie groß ihr
Hjährlicher Verbrauch nur an Näh
?nadeln, Stecknadeln und Haarnadeln
Jist. Als fernere Betrachtung wäre zu
erwägen, wie viele von den jährlich ver
rauchten Radeln dieser Art wirklich
dem Verschleifz zum Opfer gefallen
sind und wie viele ungefähr jährlich
’verloren gingen, abhanden.tamen, sich,
um einen vulgären Ausdruck zu ge
brauchen, »vertrümelten«. Und wenn
Leserinnen und Leser am Schluß der
Betrachtung zu der Ueberzeugung ge
kommen sind, daß viel mehr von diesen
billigen Dingen verloren gehen, als
verschleißt werden, so bleibt doch tm
mer wieder die Frage ungelöst: wo
tommen diese Tausende und abermals
Tausende, ja diese Milliarden von Na
deln aller Art, von Knövsen und Nä
geln hin, die unbeschädigt verloren ge
hen und verschwinden? Und immer
wieder drängt sich einem die Frage
auf: warum sammeln sich nicht an ir
gendwelchen Orten deutlich sichtbare
Schichten, Hausen, Berge von diesen
Dingen an, die doch nicht so ohne wei
teres aus der Welt verschwinden kön
nen, weil es keine Zauberei gibt. Und
die Antwort auf diese immer noch un
geliiste Frage lautet:
Niemand weiß es. Sie verschwin
den, aber wo sie hiniommem das ist
nicht zu ergründen.
Bei der außerordentlichen Billigkeit
der oben erwähnten Gegenstände ist ja
der Verlust im einzelnen nicht so groß.
Rechnet man aber die Milliarden von
Rudeer Nägeln und Knöpsen zusam
men, so ergibt sich doch alljährlich
allein siir das Deutsche Reich ein Ver
lust des Nationalvermögens, der in die
Hunderttausende von Mark geht.
Vielleicht kommt einmal ein findiger
Kopf, der uns die Möglichkeit bietet,
das Geheimniß zu lösen, wo die verlo
ren gegangenen Dinge bleiben, und der
uns gleichzeitig die Mittel angibt, wie s
man diese Dcierteure des Konsumss
wieder in den Kreislauf des Verkehrs
und des Verbrauchens zurückbringt.
Die Tod-te innisnt f. . (
Stizze von Walther Kabei.
Das Licht der elektrischen Krone
zeichnete in das marmorblasse Gesichtl
der jungen Frau so scharfe Kontraste.
Und in diesem Gesicht leuchteten ein
Paar dunkle, leidenschaftliche Augen,
wie die phosphoreszirenden Lichter
eines Raubthieres.
,,Wiißten Sie, wie sehe ich Sie ver
achte... wie sehr!« —Und dann hob
Yrau Ellen den Arm und wies zurx
:-·hiir, deren offenstehende Flügel von
der schweren, golddurchwirkten Por
tiere halb verdeckt waren.
»-Gehen Sie... Sie...« ,,Leben
Sie wohl, gnädige Frau,« sagte da
müde, heiser vor Erregung der, dessen
zusammengesuntener Gestalt sich jetzt
aus dem dunklen Sessel emporrich
txtr. Und zagend, schuldbewußt, ging
er zur Thür, schlug die Portiere zur
lSeite und dann... wandte er sich
nochmals zurück... Ein Stöhnen
klang durch die Stille des immerg,
ein Laut, der ans Herz grif und die
Nerven oibriren ließ.
Die Portiere fiel zurück; zögernde,
schwersälligeSchritte aus dem Partetts
faßan des Salons-—— eine Thür,
die ins Schloß fiel, laut, dröhnend,
daß es in den eleganten Räumen wi
derhallte... Ein junges Weib aber
lag mit wehem Schluchzen vor jenem
Sessel auf den Knieem aus dem noch
vor Seiunden Rolf Senden gesessen
hatt, lag da und hatte den Kopf in
beide Arme gedrückt, und unaufhörlich
ging es wie ein Zittern durch die
schlanke Gestalt der Knieenden..-.
Das Ende einer großen Liebe
scheint so geschrieben. Scheint . . . .
Denn die Liebe zwischen diesen beiden,
die so auseinandergingen, war einst
ein: Lawine gewesen, die alle, alle
Hindernisse beseitigte... bis, ja bis-—
ste sich eines Tages in den Armen la
gen mit jagenden Herzen. ohne Ver
rtunst... zwei, die das Glück gesucht
und es nun gefunden hatten und es
sich bewahren wollten so treu, so fest
.. . zwei, die ihre Liebe in den Himmel
hoben und- deren heiße Küsse wie
Schwüre der Urwergänglichteit die
Gestirne suchten
Jahre gingen dahin. Aber das ver
borgene Glück blieb dasselbe. —- So
war Frau Ellens junge Wittswenschast
nach kurzer, sieudloser Ehe durch
einen Frühlingstraum abgelöst wor
den« wie ihn kein Dichter heißer, be
riictendcr schildern kann.
Aber wie immer in ein Glück zweier
Herzen sührte die Windsbraut mit
langem Klagen den Störensried her
bei... ein anderes Weib! Under, der
seiner Liebe Seligkeit in glühenden
Briesen ein Denkmal gesehn er ver
gaß Frau Ellen, betrog sie...
WarumA — Es giebt einen Ueber
muth des Glücks-, einen Uebermutb,
der leicht zu gewissenloser Unbestiini
digteit wird...
Und als der Mann dann erwachte,
als das Bild der anderen zerrann,
da war’s zu spät... zu spät!—und
dem, den sie glühend hassen wollte,
wies Frau Ellen die Thür...
Zwei Jahre find seit jenem Winter
abend ins Land gezogen, als Frau
Ellen den, der sie betrogen hatte, von
sich stieß in oerlehtem Stolz. Die Zeit
hat die, die sich einst alles waren,
auseinandergetriebem Rols Senden
Verließ bald nach demBruch die-Stadt
Sein Beruf führte ihn fort über das
Meer zum Kampf gegen räuberische
Horden; und keine Zeitung brachte
Kunde, ob er noch am Leben oder ob
seine Gebeine in den öden Sand
strecken der asrikanischen Kolonie
oleichten. Verschollen... verweht,
cugselöscht aus Frau Ellens Leben
für immer.
Für immer?! —- Ein anderer Win
tertag kam und wieder sang der Wind
leise, einschlummernd im Kamin, wie
der zeichnete das elektrische Licht so
scharfe Kontraste in das blasse Gesicht
einer einsamen Frau. Sie sitzt vor
dem Kamin, regun slos zusammen
getauert in einem gessel Und ihre
wilden, schwermiithigen Augen star
ren in die glühenden Koklem die bis
weilen leise knisternd au flammen»
Jn den Händen hält sie einige ver
gilbte Blätter, Seiten, die aus einem
Buche unachksam in Eile herausge
rissen und mit kaum lesbaren, mit
zitternder Hand geschriebenen Worten
bedeckt sind—e.in Brief von dem, den
sie einst liebte, der ihres Lebens — n
halt ausmachte und... der sie be og,
detrog...
Im Kamcn singt der Wind. .sonst
alles so still so unheimlich einsam um
sie» . Jhre Gedanken eilen in die
Vergangenheit Sie facht dieses
Einst, dieses traumhafte Glück wieder
an; schließt die Augen, erschauert,
glaubt diese Stimme wieder u hörens
sn weich, so bethörend, führ wieder
diese Lippen, die sich in Dankbarkeit
cus ihre Hand pressen... Sie will
jetzt das Einst wiederaufleben lassen
—jetzt, da er todt ist.
Todt... Jhr Herz krampft sich zu
sammen . .. Was gäbe sie setzt . . jetzt,
wenn er hier wäre mit seinem glück
lichen Uebermuth, mit den strahlenden
Augen .. hier wie einst« . Und
leise spricht sie vor sich hin» . »Wie
einst«
Der Brief ist ihr durch das Kom
mando der Schutztruppe zugestellt
worden mit kurzem Vegleitschreisbem
daß der Oberleutnant Rolf Senden
spam 18. Juni 19.. auf einem Pa
trouillenrttt gefallen und daß beifol
gende Aufzeichnungen von seiner
Hand, adressirt an Frau Ellen Vic
ler, neben der Leiche gesunden sei und
ihr hiermit überreichi werde.
Sie beugte sich vor und liest nun
zum dritten Male diese mit zitternder
Hand geschriebenen Zeilen, den
Scheidegruß eines Sterbenden an sie,
die einzig Geliebte.
Ellen!
Jch rufe nach Dir —- Du kommst
nicht. Die Sonne brennt auf mein
sieberndes Hirn» .Jch sehe die Luft
über der Steppe flimmern. Und da
hinten ziehen zwei Schatale vorbei
und wittern herüber... sie riechen
mein Blut... Es tropft aus meiner
Brust in den gelben Sand, und in
dem rothen Fleck spiegelt sich die
Sonne wieder. Die Sonne, Ellen!
Weißt Du noch, einst nannte ich Dich
mein-e Sonne, mein Leben, mein Al
les Ellen, komm, damit ich Dich
anflehen kann, damit Du mir ver
giebst...
Die rorhe ocheioe versanr so gin
henb hinter jenen Bergzacten und nur
die feurige Röthe umflammt noch die
Felsen.» Jch habe wohl lange be
wußtlos gelegen. Jetzt erweckt mich
die Kälte... Sie kriecht mir zum
Herzen und schüttelt mich. Aber meine
Augen sind tlar... und wenn ich- sie
schließe, sehe ich Dich, Dich Ellen...
ineine«Ellen... Das Schreiben fällt
mir so sch-wer... Meine Wunde blu
tec nicht... Aber die Schatale sitzm
da drüben und starren mich an...
Jch werde sterben... sterben hier al
lei,n ganz allein, verlassen... fiir
mein Vaterland, fiir Dich, Ellen...
zur Sühne!... Wirst Du mir ver
zeihen...? Die Räthe am Horizont
ist erloschen, die Nacht tommt...
Jch bin so matt... zum Sterben...
Nacht um mich her... Aber da
oben, Ellen, blitzen die Lämpchen, die
Gott fiir mich allein angesteckt hat« fiir
mich . . . und Dich, Ellen» . Jch habe
so lange gsebeten... jetzt kommst Du
endlich... endlich-» Jch sehe Dich
durch das Dämmerlicht schreiten, so
stolz, so elastisch wie früher, mit
leuchtenden Augen und rothen Lippen
Wie ich Dich liebe, Ellen, wie ich
Dir danke, baß Du mich gehört hast
so weit, so weit... Du kommst
immer näher, Göttin... immer näher
...und Du lächelst so lieb, so lieb
wie einst, Du... Du, mein Glück...
Und jetzt... in Dein Ohr fliist’re
ich's... nahe, ganz nahe... Jch habe
nur Dich geliebt, nur Dich . .. il Jetzt
tiisfe mich... und dann werden wir.
zurückkehren in das traute Gemach,:
in dem ver Kamin uns Märchen er-:
ählte...«gliictlich wer-den wir wieder!
sein... ganz glücklich... Und treu’
bleib ich Dir jetzt, jetzt für ewig, meine
Ellen . » Deine rothen Lippen nähern
sich den meinen... der Himmel wird
so licht... und ich fühle Kraft, Le
ben . . . und jetzt . . . küßt Du mich
. . . Ich danke Dir, Ellen . . . bleib . . .
bleib . . . und verzeih mir . . .
«- - «
Die Kohlen fallen im Kamin pol
ternd zusammen. Da schreckt die ein-i
same Frau auf, die Blaiter in ihrer
Hand tascheln . . . der Todte mahnt . . !
Das mißt-rückte Pcaivapm i
»Es sind nicht nur die modernenj
Advokaten, die vor den Schrankendes:
Gerichts fiir ihre bedrohten Klienten
»die rührendsten Attentate auf die
-Menschlichteit, Christlichkeit und
Barmherzigkeit der Richter unterneh
men. Der »Gaulois« erzählt eine
amiisante Anekdote aus dem Gerichts
saale, die 200 Jahre zurückliegt.
Schon DMguesseau verlangte von
einem gewissenhaften Rechtsanwalte,
daß er kein Mittel, sei es tragisch,
sei es komisch, unversucht lasse, um
seine Sache zu gewinnen. Das that
auch ein Asdvokat, dessen Klient der
Verurtheilung fast sicher war. Beim
Schlusse des Plaidoyers, als erschüt
terndstes Argument, packteer das zu
diesem Zwecke fürsorglich bereit ge
haltene Kindchen des Angeklagten,
hob es hoch empor, streckte es dem
Tribunal entgegen und bat um Milde.
Das Kind begann, kläglich zu wei
nen, sein Schluchzen ergriff alle Her
zeu, der Erfolg schien sicher. Nur der
Staatsanwalt bewahrte seine klassi
iche Ruhe. »Mein kleiner Freun«d,«
fragte er begütigend den Kleinen,
»warum winst Du denn so bitter
lich?« Der Kleine weint noch stärker.
»Ach, er zwickt mich immer so,'« schreit
er verzweifelt auf und will sich den
Händen des Bertheidigers entringen.
Der Angeklagte wurde verurtheilt.
W
Wörtlich befolgt.
Der amerikanische General Stier
man hatte einst einen irischen Diener,
dessen Stärke darin lag, daß er sich
stets erst nach dem Grunde jedes Be
fehls erkundigte, ehe er ihn ausführte,
rann aber auch um so sicherer. Wäh
rend detSchlachi bei Shiloh berichtete
nun eine Ordonnanz irrthiimlich, daß
das - Lieblingspferd Sherman’s,
,,Rossi«, von einer Kanonentugel ge
tödtet worden sei.
Der-General rief seinen Diener und
befahl ihm: »Geh, zieh ,,Rossi« das
Fell ab!«
»Weshalb denn? Jst ,,Rossi« todt?«
chate dieser.
General Sherman wurde wüthend
und schrie: »Ganz gleich, ob er todt
ist oder nicht —- ich habe dir gesagt,
du sollst ihm das Fell abziehen!«
Drei Stunden später kehrte der
Diener zurück und überreichte seinem
Herren das Fell.
Sherman fragte ärgerlich: ,,Wo
warst du denn. Dauert es denn drei
Stunden, einem Pferde das Fell ab
zuziehen?«
»Nein,« erwiderte der Jre, »aber
ich habe fast zwei Stunden dazu ge
braucht, »Rossi« zu fangen.«
—-..--—-—
)
Gut zurückgegeben.
Sie war gebotene Englän·derin,
ebenso reich wie aufgeblasen und hatte
sich in Pennsylvanien an einen Ame
ritaner verheirathet. Den Mann ge
lustete es nach einem politischen Amt,
und um seine Kampagne zu unter
» stützen, veranstaltete Madame ein
» Gartenfest, zu welchem sie jeden Wäh
ler aus der ganzen ländlichen Nach
barschaft einlud. Unter den Gästen
befand sich auch ein Grocer von sehr
unabhängigen Manieren. Er fühlte
sich ganz zu Hause und behandelte,
ohne aufdringlich zu sein, alle ande
ren Anwesenden als Seines-gleichem
Das paßte der hochnasigen Hausfrau
nicht in den Kram, sie verlor die Ge
duld und wollt-e dem Grocer eins
auswischen, indem sie schnippisch be
merkte: ,,Wissen Sie, Herr Greens,
’bei uns in London gehen Römers
lcute nicht in die beste Gesellschaft.«
Der Grocer schaute auf, nickte zu
stimmend und erwiderte mit bedeut
samem Lächeln: »Bei uns hier auch
nicht, Madame.«
l
Das verfchwmidem stufenweis-» !
Ein Jngenieur schreibt: Während »
des Kriegs 1870——71 war ich bei ei
ner Magdeburger Kessel- Armatur
Fabrik als Jngenieur thätig Nach
der Schlacht von Sedan hoffte man
allgemein in Deutschland, daß nun
Friede würde, allein es kam anders.
Unsere Stadt war schon vollgepfropft
mit französischen Kriegsgesangenen
Als nun nach der Kapitalation von
Metz ein neuer Zuschub von 170,000
Mann nach Deutschland zog, wußte
man sie kaum unterzubringen. Viele
von ihnen wurden wiederum in Mag
deburg"eingeschlofsen. Die bisherigen
Betöftigungöeinrichtungen waren in
des unzureichend fiir diesen neuer«
Andrang. Die Fabrik, in der ich daji
mals thätig war, wurde beauftragt V
schleunigst eine bessere Küche für dir
Verpflegung der Gefangenen einzureisa
chen Diese wurde nun auch im Um-u
sehen sektiggesterct Ein Dutzend hale
lugeliger Kochtessel wurden bei einenF
Kupferschmied bestellt, und ein alter L
Lotomotivkessel lieferte den Dampf
zum Kochen. Schwanenhalsförmig
gebogene Rohre führten den Dampf
in die Kochkessel, die trocken mit Ge-.
müse und Fleisch gefüllt waren. Nunk
ereignete sich am Tage der anetriebslÄ
setzung der Dampftuche ein höchst to-A
mischer Unfall Während des ftp-If
chens war nämlich der Rest des altenU
Lotomotivtessels unversehens herun-o
tergefallen, und das Küchenpersona il
hatte die Kochkessel verlassen, um fi üi
die interessante Arbeit anzusehen, wiea
der Rost, nachdem der Kessel sich einzii
wenig abgeliihlt hatte, herausgenom-’
men und wieder eingesetzt wurde. Un1h
beschreiblich war die Ueberraschung
der braven Leute, als sie, nach ihrendj
Kochapparaten zurückgekehrt, diese-U
Ivollständig leer fanden. Man schobps
:anfangs die Schuld auf die Franzo-S
sen, die sich lchon längst mit ihren Ge-t1
)schirren eingefunden hatten, um ihreß
Nation in Empfang zu nehmen; mann
glaubte sie wären ungeduldig gewor-tl
den und hätten die halbgaren Speidk
sen eigenhändig entwendet Aber baldki
Isollte man erfahren, wo der Jnhaltn
ider Kochtöpfe geblieben war. Sobaldn
der Kessel nämlich in Ordnung ge
Ibracht war und wieder unter Dampf-h
!druck stand, nud nun der Maschiniftg
die Probierhähne öffnete, siehe — da,t
sspritzten die Linsen und Fleischstück
leben, die eben jetzt im Kessel waren, ino
seuchtem Strahl heraus Jn demu
IDampftessel war durch die Unterbre-z
;chung des Heizens Lustleere entstan-q
den, und so hatte er die Linsen und
Fleischstiicke aus den Kochtesseln inss
Lsich hineingesogen. . Jl
n
» its
Das Ende eines römischen hattest-.
Die Reste eines römischen .Kastells,te
das sich bei Cannstatt, auf ein-: AUYL
ihöbe links des Neckars, etwa eine halbe
tStunde vom Fluß entfernt, befindet,
Iwerden demnächst verschwinden. Das I
jKastell, das aller Wahrscheinlichteitzc
nach aus der Zeit Trojans j"tarnmt,k1
Iwurde i. J. 1894 entdeckt und ausge-»
graben, wobei verschiedene Funde ana,
Altertijmern gemacht wurden. Dqu
Cannstatter Altertumsverein nah "
das Kastell, von dem allerdings beizk
weitem nicht so viele Reste erhaltenkz
waren, wie von der Saalburg,» mitx
staatlicher Unterstützung in seine Ob
hut; es wurde zumteil mit einem Zauns
lumgeben und war unter Führung ei-L
Ines Wächters zu besichtigen. Jetzt soll: T
der Platz wieder seinen ursprünglichenn
;militiirischen Zwecken zurückgegeben
werden; die Militärverwaltung hatic ’
ihn ungetauft Wo vor achtzehn Jahr-l
hunderten der römische Centurio seines
Soldaten drillte, da werden jetzt wärt-I
tembergische Dragoner ihre Rasse tu-I’
meln. Die Schuld an dem Verschwin-l
den des Römerkastells trägt die moder-(
ne Verkehrsentwicklungx die Vergröße-c
rung des Hauptbahnhofs Stuttgarti
erfordert die Verlegung der Dragoner-r
kaserne nach der Peripheri von Groß
Stuttgart. Das württembergisches
Kultusministerium hat umsonst
Schritte gethan, um die Erhaltung des
Kastells möglich zu machen; die Mill
tärverwaltung erklärt sich außerStan
de, den Platz freizushalten. Man rech- «
net darauf, daß wenigstens in der
Form einer Gedenttafel die Erinne-"s
rung an die Vergangenheit dieser s
Stätte wach erhalten bleibt.
Vom Reutlinger Wein.
Jn der Chronik von Reutlingen
finden sich folgende Verfe, die des
P: inzen Eugen Bewirihung in der
,,Siadt der Gerber und Färber« schil
dern: -
—man kam überein. T«
bjaftfreundfchaftlich ihm zu reichen J
auch einen Humpen Wein;
Er trank, so schnell er konnte, ihn aus L
in einem Zug, .
Sie füllten ihn aufs Neue, den brei- ;
ten Ehrenlrug. ;
Da drückt’ er zu die Augen und er
verzog den Mund,
Esschiitteli ihn wie Fieber, alsiäm’
die Todesftund’;
Er sprach: Trintt euren Essig in Zu- H
lunft selber fein,
Viel lieber nehm ich Belgrad »noch-:«T
mais im Sturme ein.« ?
Heut’ kommt es nicht drauf an, ob du .
ein Held bist! «
Viel wicht ger ift s fiir dich, ob du —- ·
bei Geld bifil