Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 27, 1907, Sweiter Theil., Image 9

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    Mem-r schreibeka von
kizzik kunsstrngeL
A
No. 277. —- Wie unsere Pahttie
iimoet war un mich un der Philipp,
was mein Hosband is» ware in unser
4 bei sechs Bettes-ihm do hen ich ge
ioischt, das Bettrum wär zehn mal so
grad bilalps ich hen gefühlt, als wann
ich noch en Tusiepp danze sollt, der
sich gewösche hol. Awwer so wie’s
wac, do hen ich den Phil noch nit
emol en Kisz gen-we könne, for alles
was er gedahn hoi. Jch denke, et hot
auch nit viel drnm gen-we. Ennihau,
mit die Patiie do hen met uns emol
geblohl un ich sin schuhr, daß in siw
evezehn Jahr die Piebels noch davon
spreche. Met hen atig lang geschlafe,
bilahs es war doch e große Last un
mann mer denkt, daß mer e ganzeLatt
ißt sun auch e wenig viel drinle duht
bei so Sache un zwische Jhne un
mich hen ich sogar fso e ganz kleines
Aefsche gehabt, so agt der Philipp,
aiower ich weiß besser, ich sin nur e
wenig animositiet gewese — wenn
mer also an all das denke duht, anns
muß jeder Mensch sehn, daß so besi
an die Noehtss geht. Well, mer hens
also lang geschlase un wie met end
lich daunsiehkö komme sin, for Brett-s
fest zu dawide« do hot der Hotel Pro-;
preiett aliwwet geschmeilt un hoi ge-;
sagt: »Mäddem, die Pahrtie war ein
Sud eß vom Wort ,,go'« an. Jch hen.
osf Ist-des mein Paß-et dazu beigeH
trage, awwer was hätt das all ge-l
holfe, wann ich nii Jhne Jhkn Schie
nisuö als Essisienl gehabt hätt.« Jch
denke, Mistek Edithor« das bot der
Mann seht niei gesagt un ich hen
mich's auch keitewea in mei Memmo
tandum Buch geschriwa biiads so
edbes will mer doch nit vergesse. Mer
len also Brecksest gehabt un dann hot
der Philipp gesagt: »Jetzt wolle mers
emal e wenig siggere un ich denke ess
is besser, wenn meine Alte dabei is,;
ditahs es is mich liewer, daß sie dass
Schrecklichste gleich hört· als wann ich
etscht die Nuhs zu se breche sollt."
Der Löndlord bot geschmeilt un hot
gesagt, dor Philipp tviir en Spaß
vogei. Jch sin schuhr, in sei Jnseit
hot er gedenkt: Mach du nor Schob-is
so viel wie du willst, es werd nit
lang nemme un der Eppeteit sum
Spaßmache is dich vergange. Mer sin
mit ihn in seine Afsis gange un er
bot mich en iesige Stuhl hingestellt,
meddie er bot gedenkt, ich deht ihn
niede un dann hot er gestart sei Bill
zu mache. Daß ich nit drei un zwan
zig mal gesehntet sin, hen ich nur
. meine gute Kanstituhschen zu ver
danie, owwer es is doch e große
Tschehnsch in mein Innere vor sich
Sange: einmal den ich gefühlt, als
wann ich in beuling Wasser sitze deht
un dann war es mich widder, als ob
mich einer in en Resritscherehter ge
setzt hätt. Es is kein Judz daß ich
Jhne all die einzelne Emaunts hier
nenne, bitahs sonst könnt ich grad so
gut die ganze Bill hier abprinte,aw
mer ich will oshne doch e paar von
die Pieisches sage. For viernnzwan
zig Soppers hot er zwei un siwswezig
Dahler getschartscht. For Wein vier
kig Dahin-, sor Muhsici suszig Dah
er, sor Flaueesch un Deckerehschens
hunnert Dahler un so sort. Es sin
noch so edaut sitowe un zwanzig an
nere Eitems an die Bill gewese, wo,
ich gar nicks von Fewiißt den. For
Schetnpehn bot er stwwezigDahiet ge
tschartscht. For de Länds Seiyis, hen
ich gesagt. mir den ja gar kein Schem
pelsn gehabt! Do könne Se sroh sor
sein, hot der Schuwiat gesagt, sonst
bebt-s noch mehr koste. Well, die
..-..«-- .-f-,.-—«» » .. —- —--.- — — --(
ganze Bill hat zu puttiniek vier hun
nert Dahler emauntet. Der Kanne
is arad wie et mit Rechne fertig war,
assezeit gerufe worde, un do hen ich
awwer die Tschehns benutzt un hen
vei den Philipp einol mein Herzche
Lust gemacht. Das bezahle mer nit,
den »ich gesagt, das is Schwindel un
Humbusi un e Schlinngehm. Do hot
der Phti gesagt: «Lizzie, du hast so
weit e gute Jmpre chen gemacht un
jedes schwört en eineid drufs, daß
du e seine Sasseiethee Lehdie bist.
Die nämliche Reppetehschen hen ich.
Duhst du mehbie denke, daß mir uns
die sauer verdiente Reppetehschen
speule lasse, indem mir jetzt en Kick
iehses Natt motsch, no nit un wann
er dausent Dahler get-chartscht hätt.
Laß mich nur emol die Geschicht mit
den Ländlord fielse. Do is er wid
den erein komme un der Åhil hot ge
sagt: »Nati, Mister, ich hen die Bill
nachgefiggert un ich denke, es is alles
alrecht, eckzept den Schempehn. Den
müsse Se auskotte, bitahs ich bezahle
Jhne noch nit en Cent»dasor.« Wie
der Phil den Weg gesproche hots da
hätte Se nur emol den Feger fehn
solle! So schmuht wie en Mensch
nur sein kann, hot er gesagt: Wti
ofs Kohrs, das is nur en Mißtehi un
selbstverständlich muß das von die
Bill, awwer da stillt mich ein, daß ich
ja ganz vergesse hen, das Sopper un
den Wein for das Ohrlestka zu
tschartsche. Das macht auch drei un
achtzig Qahler un weil ich doch nit
selsisch sein will un sweil ich Jhne als
en feine Kostiemer londdere, so will
ich Jhne etwas sage: Losse Se die
Bill grad so wie se is un den Mehr
betragfwo ich zu kriege hen, den will
ich dann austotte, in die Hoffnung,
daß Sie mich rietommende un daß ich
auch ebbes werth. So, do hen mer’sch
jcßt gehabt un ich hen gesagt, tsche
nerellie spieiing wäre mir arig sät
tisseit un mein Hosband deht ihn
gleich en Scheck gen-we; off Kohrs
wär die Bill e wenig hei, awwer das
deht weiter nicks ausmache, wege soe
seinigleit dehte mir nit feile odder
en Faß rehse. Der Ländlohrd hot
Bohs gemacht. daß ich jede Minnit
eckspecktet hen, sei Spein deht ttäcke.
Wie mer autfeit ware, hen ich ge
sagt: Phil, ich denke mir besser gehn
heim, wann mir noch e Woch hier
bleiwe, dann sin mer so arm, daß ich
wasche gehn muß, sor daß mer unser
Lewe mache un unsere Kids standes
gemäß erziehe könne.
Mit beste Niegards
» Yours
Lizzie HansstengeL
Leichter Ver-s.
A.: »Was machen Sie denn eigent
lich jetzt?«
B.: »Ich sriste mein Leben durch
Schreiben.«
«A.: »M: Zeitun n?«
B.: « rn, ich s reibe zweimal im
Mwi an meinen Vater und erinnere
ihn daran, daß ich Geld brauche.«
Immer While-lege
Herr N, bittet den Herrn Grimm
sialprofefsor G. um die Hand seiner
Tochter. Jn wohlgeseszter Rede bringt
er seine Bewerbung vor und setzt seine
Verhältnisse auseinander. Der Herr
Gymnasraldirettor lauscht nicht ohne
ein gewisses Interesse den Worten
seines demnächstigeu Schwiegersohnes
nnd entgegnet, ais dieser geendet.
kurz aber wohlwollend: »So, nun
sagen Sie’«s mal lateinisch!«
Durch die Blume.
Unterossizier izu dem in Urlaub
gehenden Rekruten): »Woh! ’n schönes
StückErde, wo Sie her sind, Haber?«
Rekrut: »O ja, Herr Unteroffi
zier!"
»Viehzucht —- Schweinezucht?«
»Bedeutend!«
»Wissen Sie was, Haben Sie tön
nen mir ’mal ’n paar Ansichten von
der Gegen-d dort mitbringen!«
Ein Vorsichtisetn
here Mießlich: »Ich vermache mein
ganzes Vermögen meiner Gattin,
setzen Sie eine Urkunde davon aus,
Herr Notar —«
chNotar: »Seht wohl, Herr Mießs
ii .'«
her-r Wirklich: »—— unter der Be
dingung, daß sie sich innerhalb eines
Jahres nach meinem Ableben wieder .
derehlicht.« s
Notar: »Warum dieserBtyrbehalti« ’
Herr Mieszliche »Damit, wenn ich
mal sterbe, wenigstens einer da ist«
der meinen Tod aufrichtig bedauertt« l
Kaiernenisfiliitir.
Jus«»s«mt«unnst- J- s
» Fekdwebeh »Was für eine Schlappheit unsd Lottetei das heute wieder
Ist. Ihr somit-It mir wahrhaftig vor, wie ’ne Schachtel Zinnsoldaten acht
case nach Wechnachtent
x
. « «
.- - - ... — « -.».,--.—,---.... - .—...»——
core’5 Erkenntnis
Slizze von E. F a h r v w.
Schweigend hatte Lote Wendler den
Weg vom Parlthvr bis zum Herren
hause zurückgelegt Schweigend auch
war neben ihr Tlfran Blandt gegan
gen, den schma en Kopf tief geneigt
wie gewöhnlich. Er war so groß, daß
es nur natürlich erschien, wenn er den
Kon geneigt trug, Besonders wenn
er neben der schmächtigen Lore ein
l;erschritt. «
Und eigentlich war er sein ganzes
Leben lang so neben ihr einhergeschrit
ten. Schon vor threm da sie Nach
barlinder waren, u d dann auch nach
her, als Lore begann, die gefeierte
Dame zu sein und immer so weiter —
auch in der schmerzlichen Zeit, da sie
ihr Herz an Leutnant Richard Werb
ling verlor. ’
Oder vielleicht war es auch nicht ihr
Herz, sondern -nur ihr übriges Ich.
Wer konnte das ergründen-bei einem
so verschlossenen, jungen Mädchen!
Vielleicht wußte sie auch selbst nicht
genau, wie es in ihr aussah und was
da tief drinnen lebte und wuchs und
sich entwickelt. « edensalls waren es
Inanz glückliche, roheAugen gewesen«
mit denen sie damals von ihrem Spa
Hzierritt nach Haus gekommen war
fund ihrer Familie mitgetheilt hatte,
sie habe Leutnant Werbling getroffen
und sich soeben mit ihm verlobt.
Franz Blandt hatte es dann ein
paarTage spät-er gehört, als er gerade
zu Besuch nach Haus am. Und er
hatte sein zudendesHez festgehalten
s und tein Wort weiter gesagt, als »ich
! sah es lommen«.
t Daran hatte er noch eine weitere,
jcntsetzlich schwere Stunde verlebt, als
s er hinüber gefahren war, um zu gra
t tuliren.
Wohl mochten seine klaren, dunklen
fAugen etwas von seinem Schmerz
» verrathen haben, denn Lore hielt seine
i Hand einen Augenblick länger fest als
i sonst und sah ihn fragend an. Dann
s aber, da er schwieg, wandte sie sich mit
Jeinem leichten Lächeln ab und sagt-e:
»Wie du doch sein bist, Franzi«
; Um so wenigespr still war ihr Ber
;lobter. Der hübsche, junge »Mensch
; sprudelte immer von lustigenEinfallen
fund lebendiger Unterhaltung. Er
i sprach auch nicht nur viel, sondern
; aut, denn er hatte viel gelesen und
IrvUßte das Gelesene gewandt anzu:
. brina:n. - ·
» Aber Franz Blandt konnte sich einer
; geheimen Sorge nicht erwehren, wenn
; er den Leutnant txobachtete. Er mein
’ te, die beiden paßten nicht zusammen;
nnd doch wagte er taum vor sich selbst
Diesem Gedsnth Raum zu get-en aus
Furcht, daß dahinter vielleicht nichts
stecke als ganz gewöhnliche Eis-er
sucht. —
Heute nun hatte Lvre ein ernsteH
Gespräch mit ihm gehabt. Sie hatte
ihm gesagt, daß sie einem Menschen
alles verzeihen könne, nur nicht eine-:
s —- das Spiel.
l »Das Spiel?« hatte er verwundert
: gefragt· »Meinst du vie Karten,
- Lore?« «
s , »Aber nein, Franz, nicht nur ge
IOtadse die Karten: ich meine das Ganze,
; diese Leidenschaft, die mit der Beherr
’ schung durchgeht, daß ein Mensch über
dem Moment alles vergißt, selbst sein
eigenes Gewissen.«
»Leivenschast,« hatte Franz mit sei
nertiesen, schwingenden Stimme ac-:
antwortet, ,,muß verstanden, begriffen
werden; es macht eben ihr Wesen
aus, daß sie alles andere Dergesan
läßt-. Und was man versteht, das
verzeiht man betanntlich.'«
»Nun, dann verstehe ich also keine
Spielernaturen, ganz einfach. Und es
aizbt so viele, Franz! So viele, vie
dem Moment. nicht widerstehen«iöns
nen. Solche Leute sind mir unerträa
s lich.« ,
s
H
s »Sie sind nicht schlecht, Lore, son
’ dern nur schwach. Einem Schwachn
i zur Seite zu stehen, das ist eine schöne
? Pflicht.«
I Jrrte sich Lore, oder hatte feine tiefe
» Stimme gebebt, als er das saates
und dachte ex dabei an M Au bei
chard Werbling?
Sie zog die Brauen schmerzlich zu
stimmen. Mehr als einmal schon sei:
ihrer Verlobung hatte es ihr fcheinen
wollen, als sinteRichardS Bild neben
dem des Jugendfreundes zusammen
und als rage umgekehrt Franz in sei
nem vornehmen Ernst über alle ande
ren hinaus.
Und zualeich mit diesem Vergleich
tvar die Einsicht in ihr aufgegangen,
daß Franz sie liebe. Jhre Mutter
hatte ihr das fchon früher einmal ge
scgt, aber sie hatte es nicht glauben
wollen.
Strahlend und fröhlich wie immer,
war ihr Bräutigam an diesem Nach
mittag auf den Hof geritten. « Er
bolte die Damen ab zu einer großen
Wagenpartie, die von der nahen Gar
nison aus in den Wald unternommen
wurde, und zu der man sich in der
Nähe des Gutes traf. —- Lore nnd
ihre Mutter waren schan bereit und
der Wagen fuhr vor; niemals vielleicht
hatte Lore reizender ausgesehen als
heute, da sie etwas so Weiches, Hin
gebendes in Blick und haltuna hatte
—- gleichfam als wolle isie Richard
einen Verdacht abbitten, den sie ins
geheim aegen ihn gehegt. —
Der Nachmittag verlief ohne Stö
rung und in heiterster Stimmung.
Richard Werbling war wie gewöhnlich
die Seele des Ganzen und mehr als
,ein junges Mädchen seufzte in stillem
Neid, daß Lore Wendl-:r den allge
meinen Liebling für sich eroberte
hatte. — -s
Auf dem Rückwege fuhr der Wend
!kk’fch: Wagen an der Spitze und die
reitenden Herren hielten sich ein Stück-i
weiter voraus.
Da geschah etwas Uneiwartetes
- Der Weg wurde von der Eisenbahn
durchschnitten und die Schranken wa
ren geschlossen, denn der Schnellzug
wurde soeben erwartet·
Richards Rappe, ein Vollblut, tän
zelte ungeduldig hin und her; er war
ein dorziiglicher Springer und hätte
wohl gern die Barriere genommen.
»Kommen Sie zurück, Ærbling.«
rief ein älterer Offizier ihm zu, »Ihr
Gaul könnte scheuen.«
k, »Was, scheuen?« rief lachend Ri
chard zurück. »Mein Almansor steht
mit jeder Dampfmaschine auf ver
traute-m Fuß. Und übrigens-was
gilt dieWettespsich nehme dieSchran
ten, eh: der Schnellng herangebraust
ist und fehlt-en auch nur ein paar
Meter!«
»Werbling, machen Sie keinen Un
sinn!« »Werbling, renommiren Sie
doch nichtso!« »Mann, kommen Sie
zurück, das ist ja ein wahnsinniger
Gedanke!« »
So klang es durcheinander, wäh
Iend schon das Rollen des nahenden
Zuges aus dem Walde hervordröhnte.
-—— Aber Richard, in übermüthiger
Stimmung, erhitzt durch den genosse
nrn Wein und den Widerspruch der
ltcmeradem hörte nichts, als was er
bitten wollte.
Er biß die Zähne zusammen. Nun
gelade! dachte er. Denken die, ich
könnte nicht reiten?
Und da —- dicht vor dem heran
brausenden Zuge, gaber dein Rappen
die Sporen. —-— Ein langer Satz —
ein stiebendes Weitersprengen -——
nochmals ein Satz— und dicht hinter
deif ölanten Hufeisen donnerte der
Zug vorbei! —
N- -tc.-—(-k-—fc-tk-L--s Akte-s cis-»s
Neu usbjlsulsssbsllvusvahst qui-I- »so-s
der raschen Vorgang beobachtet. Der
Herzschlag stockte ihr. Stockte ihr
noch, als Richard jetzt langsam unter
ten sich öffnenden Barrieren zurückge
ritten kam und lachend die halb ta
delnden, halb bewundernd-m Bemer
tungen der Kameraden entaegennahm.
Da sah er das todtenblasse Gesicht
cken seiner Braut und sprengteÄ zu
ihr hin. :
»Armes .Herzchen,« sagte er, indem
er sich ties zu ihr hinabneigte, ,,l)ast
dich ;rschrecit, nicht wahr? Nun, ver
,--.eih’ mir! Habe ichs nicht gut ge
macht?«
Sie versuchte zu antworten, aber
es kam lein Ton aus ihrer Kehle.
Bleich und stumm saß sie im Wagen,
bleich und stumm blieb sie auch den
penzen Abend zu Hause.
Am nächsten Tage reiste sie fort,zu
Vzrwandtrn -—— i
Richard Werbling bekam einen»
Brief, in dem sein Ring lag und?
einige ruhige Abschiedstvortex »Jch"
habe eingesehetfl daß wir nicht zusam
men passen,« schrieb sie unter ande
rem. »Wer so mit seinem Leben zu
spielen vermag, um einem augenblick
lichen Einfall nachzugehen, der bietet
nicht die Garantien, die für eine Ehe
nothwendig sind. Und deshalb wol
len wir lieber auseinander gehen, ehe
es zu spät is.« ——
Es dauerte viele Monate, bis Lore
zurückkehrte Werbling hatte sich in
zwischen in ein anderes Ncgiment ver
setzen lassen, aber Lore hätte aucheinc
Begegnung mit ihm nicht gescheut.
Das-, was sie zu ihm hingezogen, sie
zuerst an ihn qefesselt hatte, war zu
iammengestiirzt wie ein Haus, von
Kindxrhänden Jbaut Und was nun
unter den Trümmern Jxrvorsproßte,
das- tvar ein stilles, dustendes Bliihen
wie von Getreide im Sommer, bevor
es edle Frucht trägt. —
Und Franz Blandt sah das Blühen
und sein Herz richtete sich auf in fro
bem Hoffen. Er wußte, nun war die
Zeit nicht mehr sern, da auch siir ihn
die Sonne scheinen sollte — dieSonne,
die eine ganze Seele durchleuchtet,
weil sie aus einer anderen Seele
kommt. »
Ein melancholtfcher See.
Jn der Nähe von Bergen in Nor
Mgen liegt ein See, der »der melan
clsolifche" heißt. Er ist von ganz stei
len Felsen umgeben, sein Wasser ist
rolltocnnien unbewegt, und fast tein
Sonnenstrahl trifft die Fläche, die
iiver unendlicher Tiefe liegt. Kein
Vogel soll es wagen, iiber den ge
;eininif3vollen--See zu fliegen, und
Neisende versichern, daß ein Blick in
den See von den ihn umgebenden
Felsen das fast unwiderstehliche Ver
langen erzeuge, sich in diesen ,,umge
kehrten Himmel« hinabzuftiirzenx des
gleichen soll man beim Fahren auf
dem stillen Wasser fortwährend in
Versuchung schweben, sich in die Tie
fen zu werfen. Die Norweger schrei
ben dies, poetifch genug, der magi
srhen Gewalt der Nier zu, die nach
ihrer Meinung auf dem Grunde des
Sees einen zauberhaft schönen Palast
haben.
—--.
Die Barmftedter Zeitung enthält
folgenden Aufruf: Mitbiirgerl Wählt
heute abend einstinFnig den Kaufmann
Johannes Glismann, Chemnitzstraße
, zum Stadtverordneten. Er ist ein
Mann, der für die Interessen der Ge
meinheit in uneigennützigster Weise
eintreten wird· Einige Bürger.«
Glismann wurde nicht gewählt. Das
wundeet uns nicht bei einem Mann,
der sich für die Gemeinheit ins Zeug
zu legen verspricht
Ver Einfluß der Frau.
Daß Hunger, Eitelkeit und Liebe
die drei mächtigsten Faktoren sind, die
nicht nur das Triebrad des Lebens
in Bewegung setzen, sondern auch den
Impuls zu den meisten entscheidean
Schritten im Leben des einzelnen wie
der Gesammtheit in sich bergen, daß
diese drei Faktoren nicht immer
veredel d und klärend auf die Men
schen ei wirken, ist eine alte, schon wie
derholt festgestellte Thatsache. Als
vierter Faktor, der bedeutsamere Re
sultate zutage fördert und allgewalti
gen Einfluß übt, mag derjenige ins
Treffen geführt werden, welchen Alexan
der Dumasschon so treffend mit den
Worten: ,,Eherchez la femme!« bezeich
net. Turgenjew, Ebers-, Saudou,
Srribe, Legouv(-. und selbst der italie
nische Dichter Pananti, der 1837 ge
storben, sie alle haben die Wichtigkeit
und Bedeutung der Frau im mensch
lichen Leben in gebundener Rede wie
in Prosa zur Geltung zu bringen ver
standen. Es erscheint somit nur ge
rechtfertigt, wenn man neben die drei
obengenannten mächtigen Triebfedern
noch jenen Vierten Impuls stellt, wel
cher an Bedeutung den anderen sicher
lich nicht untergeordnet ist, im Gegen
theil, sie vielleicht überragt. Ich meine
den Fraueneinsluß.
Nicht allein das menschliche Leben
der Gegenwart, auch die Weltgeschichtej
rocist in unzähligen Beispielen darauss
hin, welchen bedeutsamen Einfluß dieY
Frau aus den Mann, dadurch auf!
ihre Umgebung, aus die Geschichte, ’
auf den Weltlaus zu nehmen im-;
stande ist. Es ist nicht meine Absicht, !
die vielfach erörterten Themata ders
Frauenbewegung und Frauenemanzi-;
pation noch eingehender zu beleuchten,
als dies ohnehin von wirklich dazu Be
rufenen und solchen, welche sich für
berufen halten, geschieht.
Wenn man Gelegenheit hat, sehen
den Auges um sich zu blicken, so sin
aet man auch gar häufig in kleinen
Kreisen Probleme, welche zu denken
geben, und man kommt als Frau in
nie Lage, sich allen Ernstes seines Ge
schlechts zu schämen, wenn man sieht,
wie wenig ernst wie wenig heilig die
Frau die Mission im kleinen erfaßt,
.Vie wenig sie begreift, daß, eben weil
ihr eine große Macht eingeräumt ist,
ihr auch die Pflicht obliegt, diese in
vornehmer und edler Weise zu üben,
ihren Einfluß nicht zu mißbrauchen
sondern zu gebrauchen, um Gutes zu
tage zu fördern, um den Mann
ethisch zu beben und ihn nicht auf ein
kleinliches Niveau herabzudrücken, ihn
zu selbstsiichtigen Zwecken auszu
!-.utzen.
Ach lkkzlcyllllg m Dck ifclxnillc kann
nnd soll in dieser Hinsicht vielerlei
Resultate zutage fördern; unsereMäd
eben lernen in den letzten Dezennien
nicht wenig: an ihr Wissen werden
aroße Anforderungen gestellt. aber die
Bildung ihrerGemiither hält durchaus
nicht gleichen Schritt mit-jenen ihres
Könnens-. Es ist unmodern, der Frau
beizubringen, daß nur die vollständige
Hintansetzung ihres eigenen-»Jchs« sie
in die Lage versetze, auf die Dauer
aliicklich zu machen und glücklich zu
sein. Man nennt diejenige geradezu
dumm, welche nicht den Kultus des
eigenen Jchs allem anderen doranstel
ken, und man mag darin insofern ent
schuldigt sein, als bei der allgemeinen
Jchsucht derJeytzeit in Bezug aus ma
teriellen Vortheil diejenigen, die nicht
hie Eignung besitzen, in erster Linie
immer an sich zu denken, in mancher
Hinsicht gewiß den kürzeren ziehen.
Aber der Realismus der Jetztzeit ist
eine Kinderkrankheit, welche vorüber
gehen wird, und es muß eine Zeit kom
men, in der man einsehen lernt, dasz
ohne einen eFunken Jdealismus das
Leben wahrlich unwerth sei, gelebt zu
werden« daß die realistische Strömung
ter Jetztzeit nur zu moralischem Ver
fall, nicht aber zu jener Veredlstng zu
jenem Streben nach hohen Zielen süh
rcn kann, welche auf die Dauer allein
Befriedigung zu gewähren vermögen.
Und wenn dieser Zeitpunkt eintrifft,
dann ist auch der Moment gekommen,
in dem jene Frauen und Mädchen
welche nicht dazu herangezogen wor
den sind, den Kultus des Jdealen im
Hause und in der Familie aufrecht
zu erhalten, einsehen werden, wie schal
und nichtig das Leben ist, wenn man
nichts anderes leistet, als dem eigenen
»Jch« zu leben. Für ein Pius oder
Minus an Geistesleben lann man nie
mals verantwortlich gemacht werden;
die Eigenschaften des Herzens zu kul
tiviren aber, das Gemüth zu pflegen,
das ist Erziehungssache, und speziell
auf diesem Gebiete hat das zwanzigste
Jahrhundert, wie es zu seinem eigenen
Schaden erkennen muß, nicht dem
Fortschritt, sondern dem Rückschritt
gehuldigt.
Die naturgemasze Folge dieses
Rückschrittes ist ein Mangel an seiner
Empfindung bei den Frauen, und so
wird es kommen, daß ihr Einfluß
verrohend aus die Männer wirkt.
Dichterworte wie jene: »Ehrei die
Frauen, sie slechten und weben himm
lische Rosen ins irdische Leben«, oder
»Willst du genau erfahren, was sich
ziemt, so frage nur bei edlen Frauen
an«, sind Zitate, bei welchen die größ
ten Poeten gewiß nicht Gestalten vor
Augen hatten, wie sie jetzt nur allzu
häufig hervortreten. Einerseits ge
fällt dem Weibe der Kultus, welchen
man mit ihm treibt, aber es bedenkt
nicht, daß es sitt diesen Kultus auch
verpflichtet wäre, mehr zu leisten. als
höchstens eine schöne Larve zur Schau
zu tragen. Die Frau soll ihren gan
zen Ehrgeiz, ihren ganzen Stolz, ihres
ganze Willenslrast hineinsetem tier
edelnd, erhebend, verbessernd auf den
Mann zu wirken. Sie soll ihn ethi ch »
zu sich emporziehen, die feinsten e
gungen des Gemüthslebens ihm zu
gänglich machen-, nicht aber, wie dies
in den meisten Fällen zu geschehen
pflegt, diese in ihm ersticken, damit er
nur zum Sklaven ihrer Schönheit,
zum gefiigigen Werkzeug werde, so daß
er aus toller, blinder Leidenschaft, von
sinnlichen Reizen gefesselt, imstande
ist, Pflicht und Gewissen zu vergessen,
die heiligsien Empfindungen mit ji
ßen zu treten, um als schwachlöpfrger
Seladon am Triumphwagen irgend
eines Weibes zu ziehen, welchem fsein
eigenes Jch viel wichtigere Lebens ra
gen sind als das Behagen des Man
nes, als sein Wohl und Wehe. s
Man begegnet auf Schritt und
Tritt im täglichen Leben Fällen, bei
denen wir erkennen müssen, daß der.
Einfluß der Frau ganz und gar nicht
so geübt wurde, wie sich dies wün
schen ließe. Die Macht der Frage
war, ist und bleibt stets eine un
ermeßlich große. Es ist dies zum
Theil in der Natur begründet; damit
aber diese Macht veredelnd, erhebend,
klärend, verbessernd wirken könne, soll
und muß die Frau unaufhörlich an
sich arbeiten, soll und muß sie zu groß,
zu edel. zutvornehm denken, um den
Kultus des eigenen Jchs zu betreiben,
um, weil ihr dies Bortheil bringen
kann, den Mann zu sich herabzu
ziehen.—Jm Gegentheill Sie strebe
danach, sich ihm geistig gleichzustellen
und ihn ethisch zu heben. Sie finde
ihr ganzes Glück in dem Heim und in
der Familie, für welche sie sich opfert,
— dann allein kann ihr Einfluß der
richtige sein. Die Frau sei kein Spiel
zeug, mit welchem man tändelt, kein
LuxusartikeL den man mit überflüs
sigem Tand umgibt, sondern eine
tapfere Mitkiimpferin im Wettstreit
des Lebens, welche sich fügt, wo sich
dies als nöthig ergibt, nur dort nach
Einfluß ringt, wo dieser segenbrin
gend zu wirken imstande ist.
In der Erziehung des weiblichen
Geschlechtes aber möge man daraus
bedacht sein, zwar das Wissen nicht
zu vernachlässigen, für dessen Ent
wickelung aber nicht auf Kosten des
Gemüthes und Seelenlcbens, Sorge
zu tragen. Ein Troper Liebe ist
mehr werth als alle Weisheit; speziell
in dem Leben der Frau soll das Herz
immer die größte Rolle spielen; die
;ses aber paart sich, sobald es echt ist,
Tnimmermehr mit, jener lleinlichen
i Selbstsucht, durch welche manche
Frauen so häufig um des eigenen
Vortheiles willen das Familienleben
unteraraben.
Man pflege wie eine Knospe
Herz und Gemüth des Mädchens-, da
rnit es als Weib und Mutter den
Einfluß üben kann, der nutzbringend
Hur Geltung kommt, und damit die
Fälle« in welchen durch Fraueneinfluß
das Verderben des einzelnen oder der
Gesammtheit hervorgerufen w-ird,end
Xich sporadischer austreten.
Ellen Keh.
Kunst, Wissenschaft nnd Literatur.
Ein Brief Gneisenaus an Goethe
wird von Ludwig Geiger in Anmer
kungen des neuen Goethe - Jabrbuchs
abgedruckt. Der Brief des Feldmar
schalls war hervorgerufen durch den
Berliner Besuch des Sohnes« und der
Schwiegertochter Goethe-CH. Er lau
tet:
.,Erzellenz! Es geschieht aus Befehl
einer jungen Frau, und zwar einer
sehr liebenswürdigen daß ich mir er
laube, diese Zeilen an Ew. Erzellenz
zu richten, und Sie wissen, daß man
solchen Befehlen nur schwer widerstehen
kann. So mancher Zudringliche schon
mag Ihren Unmuth erregt haben; oft
war ich Jhnen im Leben nah, doch nur
einmal habe ich es mir gestattet, einen
Versuch zu machen, Jhr Antlitz näher
zu sehen. Ein Brief erröthet und stot
tert nicht, darum wird es mir leichter-,
mich bei Jhnen schriftlich einzuführen,
als vor jenen drehßig Jahren mündlich,
und somit gehorche ich um so williger
jener jungen Frau.
Soeben komme ich von einem Be
such bei Jhren jungen Eheleuten, denen
ich meinen Segen aus die Reise gege
ben habe, nicht ohne Besorgnisse für
die Gesundheit der liebenswürdigen
jungen Frau, der vielleicht eine südliche
Seelust heilsam sehn würde, sonst ein
Brustiibel sich entwickeln möchte —
doch mag der Wechsel des Aussehens
auch andere Ursachen haben. Der junge
Mann ist vollsastig und ternhast; eine
Warnung möchte beiden nützlich sehn.
Nun, Exzellenz, genug siir einen
Einfiihrungsbrief. Jm Geiste bleibe ich
Ihnen immer nah und meine guten
Wünsche begleiten Sie stets-. Gott be
fahlen.
Berlin, den 1. Juni 1819.
Der Gen. d. Jns.,
Gr. N. v. Gneisenam
s Wenn alle die Lügen, die jetzt auf
:Lager gehalten werden müssen, spä
I ter nachtelegraphiert werden sollen, —
ina, das kann eine hübsche Bescherung
werden.
If- It If
» Die Lehrerin fragte einen ihrer
Schüler: »Was versteht man unter
-Durchschnitt?« Prompt antwortet der
Junge: »Das sind die Dinger, die die
i Hennen legen.« — »Die Dinger, die die
Damen legen? Eier meinst Du?« —
,,Ja, ich habe einmal in einem Buch ge
lesen, daß eine Heim jährlich im Durch
sschnitt 200 Eier legt.«
«—-·s-«.