Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 27, 1907, Sweiter Theil., Image 14

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    ,7«z
www-«- -,
. .
W von Kleemarks Sockeni
j humresle von E. Fa b r o w.
Vor zwanzig Jahren hatte Herr von
Kleeniann noch volles dunkles Haar
und blisende blaue Augen. Ostmals
schlich ihm »Wehmuth in’5 Herz hin
ein«, wenn er ini Spiegel seine allzu
tomplett gewordene Gestalt, die blanke
Wölbung seines Koper und die matt
gewordenen Augen ansah, die ihm
daraus entgegenblickten.
»Merlwiirdig, Junggesellen erhal
ten sich nicht lange jung," dachte er
dann wohl, »und dabei ist es doch jetzt
so sehr modern, nicht zu altern!«
Ach, vor zwanzig Jahren, als er
noch nicht in Berlin, sondern auf ei
nein seiner Güter in Weslpreußen
lebte, war er ein glücklicher und ver
wöhnter Mensch gewesen; auch heute
war er noch verwöhnt; denn einen
Junggesellen der unendlich viel Geld
hat, behandelt Jedermann mit gebüh
render Hochachtung. Damals aber —
es war wohl die Jugend allein gewe
sen« die ihn damals glücklicher als
heute gemacht hatte. Und dann noch
eins: er hatte.Jemand sehr lieb ge
habt, die schöne Tochter eines Guts
nachbars, und, obwohl auch sie ihn
liebte wartete er —- wartele und war
tete und konnte sich nicht zur Wer
bung entschließen, weil ihm damals
seine »Freiheit« gar so kostbar er
schien. Schließlich wartete er so
lange, bis das schöne Mädchen einen
Andern nahm . . . . l
Wie lebhaft oetvayrie er aue oieie
Erinnerungen in seinem Herzen aus!
Da· war kein Betannter und selbst
kein Knecht, an den er sich nicht genau
erinnerte. Ihnen allen war er mensch
-lich näher getreten, denn er war einer
von den Edlen, die nicht zunächst nach
Rangnnterschiedem sondern nach dem
Menschlichen im Menschen zu forschen
pflegen.
Auch die kleine Maruschta hatte er
nicht vergessen, die achtjährige Ge
meindehirtin, die bei gutem und
schlechtem Wetter draußen an der
Tritt sitzen und die Schafe zu hüten
hatte.
Ein blantäugiges, schwarzhaariges
Ding war sie! Jmmer lustig und vor
allem immer fleißig. Nicht ein ein
ziges Mal ging Herr von Kieemann
an der Trift vorbei, daß er nicht die
Kleine mit einem Strickstrumpf be
schäftigt sah. Es waren allerlei
Strümpfe: Männersocken und lange
baurnwollene Frauenstriirnpse, meist
stir die Eltern der Hiriin bestimmt.
Oft blieb der Gutsbesitzer bei der klei
» nen Fleißigen stehen und fragte
neckend:
, »Da, Marufchti. warum strickft Du
denn nicht einmal ein paar Socken für
nicht«
Und jedesmal hatte die Kleine auf
geblickt und gelacht nnd genickt:
«Warten Sie nur, Herr von Mee
mann, Sie kriegen auch noch ein
Klein - Maruschka war nur einige
Jahre in Herrn v. Kleernanns Bereich
gewesen, und dann mit ihren Eltern
nach Amerika gegangen.
Einige Jahre nach dem Wegzuge der
Kroschkins kam auch der Lieblings
Recht des herrn von Kleemann und»
- Qui unt seine Entlassung.
" »Was fällt Dir ein?« rief der Guts
,,Geht es Dir etwa hier nicht
t genug?«
Warum soll es mir nicht gut genug
sei Ihnen gehen herr von Kleemanni
Aber vielleicht geht es mir wo anders
noch besserf
"" »Undankharer Kerl!" fuhr ihn sein
»» »Herr an. Da wurde Bronislaw dun
Zärtläoth und stand eine ganze Weile
»An nicht undankbar Herri«
i IWas denn sonst? Mach keine Re
gdensartenI Wenn Du von mir fort
·:ksi, blos weil s Dir vielleicht wo an
s Wer gehen könnte, so ist das eine
jgsnz elende hundegesinnnng!«
. «Hnndegesinnung?« — wiederholte
tstonislatn der nur sehr langsam Von
iM war. »Nein, Herr, hunde sind
« fis-mer dankbar!«
j T «Dpnnerwetter, da hat der Kerl
TM Also nun heraus mit der Spra
Oft-: Bädihinters MänDu schmei:
:W « n gnug
,,Wer ist nicht verliebt?«
Nun mußte Herr von Kleemann la
Gen. Er zuckte die Achseln und wollte
sehen aber da trat der Knecht noch
einen Schritt vor:
. »Es ist nicht Undankbarkeit!« sagte
Fee verdrossen. »Ich will den Krosch
An- nachgehen, hab s der kleinen Ma
Ztuschta versprochenf
; Jetzt entsann sich Heer von Mee
;IIq-n, daß von jeher eine große
· rundschaft zwischen der Familie
s oschiin und seinem Knecht bestan
jden hatte. Natürlich konnte keine Rede 1
, idavon sein, daß der zwanzigjährige
zpuesche etwa in das zehnjährige Kind «
Jst-liebt wor. Doch es ließ sich nichts
d speiset gegen vielen Entschluß vor-«
1 , und III-i Bedauern sah man
" » M dieses wackere-i Arbeiter Botowke
III schöne Gut verlassen
f
xech ja, das war jejt zwanzig Jahre
c sz m Meeresan saß Dei-stimmt
WORK-! Wohnung und taug
Da lam der Diener herein und
brachte einen Brief mit vielenfremd
ländischen Marien darauf.
»Aus Anterika,« murmelte der Em
pfänger verwundert. »Das ifi doch
merkwürdig, daß ich gerade heute an
all die Leute denken mußte, die von
Voraer und meinen anderen Gütern
nach und nach gen Amerika gezogen
sind.«
Er öffnete den Brief und siehe da—
ein paar schöner grauwollener Socken
fiel ihm daraus entgegen. Ein Brief
lag dabei, der lautete: !
»hochverehrter und lieber Herr
Kleemann! Es ist ein bischen lange
her, daß wir uns zuletzt gesehen haben,
aber Sie waren immer fo freundlich
zu mir, daß ich denke, Sie werden
mich nicht ganz vergessen haben. Jch
bin die Maruschka Krofchiin aus Bo
rowke. Jch habe es nicht vergessen.
daß ich Jhnen vor zwanzig Jahren fo
oft versprochen habe. Sie follten auch
ein Paar Strümpfe bon mir bekom
men. Es ifi zwar rechi fpiit gewor
den, ader ich wollte doch mein Ver-«
sprechen halten« und hier fende ich Ih
nen also die Socken, die ich mit viel
Liebe gestricki habe. Wir hatten Sie
nämlich immer alle sehr lieb, hochge
ehrter Herr, wenn wir auch blos ge
ringe Leute waren.
·-- «
M Ich Zyllell llllll Unmut Icqcrwy
will ich auch gleich erzählen, wie es
uns hier geht. Die Eltern sind alt
und schwach geworden und können
nicht mehr arbeiten. Aber das macht
nichts. Jch bin jetzt achtundzwanzigs
Jahre und kann daher desto mehr ar- I
beiten. Jch bin Abtheilungsvarstehe-i
rin in dem großen Waarenhaus bei
Johnston und oerdiene genug siir mich
und die Eltern. Natürlich tann ich
noch nicht an’s Heirathen denken, denn
das Sparen geht langsam. Aber
wenn auch der Bronislaw sehr unge
duldig ist und garleine Einsicht hat,
so muß er doch warten, bis ich noch
bessere Einnahmen habe. damit ich
nicht blos allein aus das angewiesen
bin, was er verdient; denn meine El
tern will ich ganz allein erhalten. Bro
nislaw, an den Sie sich wohl noch er
innern, ist zwar sehr gut und will
meine Eltern auch rnit erhalten, aber
dazu bin ich zu stolz.
Sie sehen also, werther Herr von
Kleemann, daß es uns Gott sei Dank
sehr gut geht, so daß wir nicht, wie so
viele unserer Landsleute, unser Hier
herkommen zu bedauern brauchen.
Nach der Heimath ist uns zwar manch
mal bange, und wenn ich könnte, wür
de ich Borowte gern einmal wieder
sehen. Da das aber nicht sein kann,
müssen wir es eben ausgeben.
Nun tragen Sie die Socken in Ge
sundheit und schreiben Sie rnir auch
einmal, wie es Ihnen geht. Darüber
würde sich sehr freuen
Jhre hochachtungsooll ergebene
Maruschta Kroschtin.«
Nein, hatte Herr von Kleemann eine
Freude! Das war doch wirklich viel
Anhänglichkeit und viel mehr, als er
jemals erwartet hattet
Wenn man Herrn von Kleemann
eine Freude gemacht hatte, so pflegte
er das aus höchst großmüthige Weise
zu vergelten. Er überlegte einige
Stunden lang, aus welche Art er sich
der Maruschta erkenntlich zeigen
könnte.
Einige Wochen später erhielten die
alten Eltern Maruschtas eine beträcht
liche Geldsnmme und dazu einen Bries
ihres ehemaligen Gutsherrn. Der
schrieb, er habe sich seit zwanzig Jah
ren über nichts so sehr gefreut, wie
iiber Maruschkas Geschenk. Und des
halb sende er diese Summe, mit der
sich die Eltern in ein Altersheirn ein
tausen sollten. Die Maruschta solle
nun aber so bald wie möglich heira
then. Denn das wisse er aus eigener
Erfahrung, was ein sehr großer Kö
nig gesagt habe: »Wer heirathet, ist
zwar ein Esel, aber wer nicht heira
thet, ist noch ein größerer.«.
Ob der große König und here von i
meet-min- kecht damit hatten-r . . . l
(
Wie ein Dichter Minister wird.
Der bekannte spanische Schriftstel
ler Jose Echegray, der Dichter des
»Galeotto«, veröffentlicht soeben Me
moiren, aus denen man ersehen kann,
aus welche Weise manchmal Minister
ernannt werden. Freilich hat auch
nicht jeder Exminister den Muth wie
Echegaray, einzuaestehem daß er von
seinem Ressort absolut nichts verstan
den habe. Der Dramatiter, der vor
zwei Jahren den Nobel - Preis silr
Literatur erhielt, war seinerzeit Mi
nister der öffentlichen Arbeiter, Jn
dustrie, Handel und Ackerbau, selbst
verständlich alles aus einmal. Da er
sowohl Technik wie Nationalötono
inie siudirt hatte, konnte er die drei
ersten Abtheilungen seines Postens
zur Noth überseheny Vom Ackerbau
dagegen hatte er, wie er selbst sagt,
nicht die geringste Ahnung. Nach
langem Grübeln fand er auch den
Grund, warum man ihn aus diesen
Posten berufen hatte: sein Vater war
ein bekannter Botaniter . .
Stosseuszer.
Frau: »Kann-ist du schon wieder
erst tun drei Uhr nach hause, dat«
i Mann: Mhei:rgott, hat-ek- die
fein-er gut gehabt, wie-e bloß Son
nen-dies gab, dahat in der Nacht
iamnd wußt, wie späks ist«
M
Vei- aite Faktotuin.
Von Camille Lemonnier.«
Fünszig Jahre hatte mein Großva
ter im Bezirk von Condroz das Leben
eines Landedelmannes geführt. Zu
grunde gerichtet durch seine Sorg
losigteit, sab er sich schließlich ge
zwungen, seinen Besitz zu deräuszern
Er siedelte in die Stadt über, genau
fo wie andere, welche die gesellschaft
lichen Anforderungen allmählich mür
be gemacht haben, sich aus dem Lande
niederlassen.
Von der zahlreichen Dienerschast
hatte er nur die alte gute Katberine
bei sich behalten, die man allgemein
trato rief. Meine Großmutter war
noch gerade zeitig genug gestorben, um
nicht das Elend einer von Tag zu
Tag beitleren Lage kennen zu lernen.
Kato, diese unvergleichliche Dienerin,
hätte noch den großen, letzten Mad
dsradatsch beschwören können, wenn
ihr Herr und Gebieter nicht auch ib
rcn Bitten gegenüber das Leben eines
Menschen beibehalten haben würde,
der nicht gewohnt ist« mit dem Gelde
zu rechnen. So aber vermochte sie
nur den Augenblick um ein wenig zu
verzögern, in dem Schloß und Ge
lände in sremde Hände über ingen.
Mein Großvater, ebenso obers · lich
inr Unglück, wie er es im Ueber lusz
gewesen war, schien im Uebrigen kaum
unter dem Wechsel der Lebensbeding
ungen zu leiden; ihn berührte durch
aus nicht besonders die pretäre Stel
lung, die ihm das neue Leben in der
Stadt auszwang
er brachte eo even nichr uoer nai,
aus den Schein zu verzichten, und to
hatte er in dem ariftotratischen Viertel
der Stadt ein Avartement von sechs
Zimmern gemiethet. Eine mehr als
tnapve Einrichtung ließ die Räume
nur um so trostlofer und tahler er
scheinen. Er benutzte für sich elbst
nur zwei Zimmer. Aber die röfze
des Stockwertes rief ihm die unge
heure Flucht der Gemächer in dem al
ten Herrenhaufe in die Erinnerung,
das er traurigerweife hatte aufgeben
müssen. Die Weitfchweifigteit der
vielen Gemächer feiner städtischen
Wohnung schmeichelte den Gepflogen
heiten seiner ehemaligen Lebensweise«
Kato bewohnte natürlich in demsel- !
bcn Stockwerk ein-sen Raum, desseni
hohe Spiegeln-Linde ihrer angeborenen’
Temuth fast eine Beleidigung dünk
ten. Die drei Fenster dieer prächti
gen Gemach-s- aber slihrten aus die
Wipsel eines von großen Mauern
eingefriedigten Bartes hinaus. Die
ser Anblick tröstete sie schließlich über
die Nothwendigteit, ihr Ebenbild
stets irn Spiegel vor sich zu sehen,
gleichsam als höhnende Karilatur je
ner noblen Damen, die vor ihr sich be
wundert haben mochten.
Kato führte die Kasse. Das Geld
hätte nicht hingereicht, die beiden zu
ernähren, wenn die gute Seele nicht
heimlich von den Ersparnissen zuge
fchosfen haben würde. die sie während
ihrer langen und rechtschaffenen
Dienstboten-Laufbahn gemacht hatte.
Mein Großvater konnte auf diese
Weise sieh einbilden, daß sie beide fiir
den Rest ihres Lebens aller Sorgen
enthoben wären. ch glaube aber, die
brave Frau muß ehr oft der bittere
Gedanke befchlichen haben, daß ihrs
eigener Tod, sollte er vor dem ihresi
Herrn eintreten, ihm zugleich auch die- I
se lehteTäufchung nicht ersparen wür- z
de. Mein Großvater hatte verlangtJ
daß das Auswischen der Wohnungl
nicht Katos Sache fei. Die Pförtner-i
seau mußte täglich die Stuben in(
Ordnung bringen. Ein Gartoch ins
der Nachbarschaft lieferte den Bedarsl
an Speisen, und beiden wurde ein-?
zeln fervirt· Sie sahen sich nur with- ;
rend des kurzen Besuches, den der
herr jeden Morgen feiner alten Vor
sehung abstattete·
«·- -- -s
Die Naiv zog zu dreier Wiegenheit
stets ein altmodisches Kleid über, das
dort unten aus dein Lande ihren
Sonntagsstaat gebildet hatte. Er
trat dann mit jenem entzückend-en
Lächeln aui sie zu, welches stets eines
det Reize dieses unverbesserlichen al
ten Herrn gewesen ist. Er erkundigte
sich nach Katos Gesundheit und sprach
ihr vom Lande draußen, wie wenn
sie bald wieder dorthin übersiedeln
sollten. Jn den getrübten Augen der
Greisin entsachte sich dann ein neues
sFeuen Seine schön gesetzten Worte
sendeten im Uebrigen regelmäßig da
smit, daß er die treue Dienerin mit
einem leichten üsteln um etwas Geld
anging. Die hiir schloß sich darauf
hinter ihm. Und Kato legte flugs
das grobe bäueeische Gewand wieder
an, jenes Kleid und den Spenzer,
die der Schweiß gesteist und die
Sonne verbrannt hatten; denn with
rend der ganzen Zeit ihres Dienstes
ikn Schloß hatte sie nie aufgehört, an
den Arbeiten im Kuchengarten theil
zunehtnem »s
Jch fiir meine erson empfand ein
besonderes Vergngen daran, Rathe
rine auszusuchen, wenn mein Vater,
der »Advdlat", wie ihn nicht ohne
eine gewisse Nuanee boshaster Jeonie
mein Großvater nannte, mich zu sol
chen Pslichtbesuchen mitnahm. Meine
Neugier sand stets neue überraschende
Seiten heraus, wenn ich in ihr hoch
deckiges Zimmer eindeang Kato hatte
dort einen hausen bescheidener Erin
nerungen an ir Landleben und an
ihre ein igeu eschiixtigungen ausge
fiapelt ldlriiuter Fern ten in Tö
dten hi er den Fen echt-then Sie
hatte einen jungen Eichenttteb unt
ein Melchititinmchen mitgebracht die
W
sie im frischen Winde auf dein solt-sit
auszog. Verbinde oon Ieldfruchten
mit Samenbiindeln verstaubten, then
ren Reliquie-i gleich, rings an den
Wänden. Der teamin selbst war mit
Sätrchen voller Sämereien garnirt.
riato hatte es auch fertig betommen,
Salat in einer Suppenterrine zu
suchten. »Der vornehme Solon mit
seinen grunen und goldenen Grund
tonen ahnelte damit durchaus dem
Laboratorium eines Kräutiersuchers.
Die von den Jahren und torperlis
chen Plagen aufgeriebene sanfte Alte
erzählte mit dann wunderbare Dinge.
Es gab da zum Beispiel «bei uns« ein
Geholz. das aussah, als ob Rapoleon
mit seinem Heere im Anmarsch .’re.
Ein Drache spie in Sturmnll
Flammen in einer höhle, aus welcher
niemand lebendig heimgetehrt war.
Eines Sommers, als man sich schon
Peter und Paul näherte, war ein fei
ner Hagel gefallen, der die Früchte in
eitel Zuckerwerl verwandelt hatte.
Eines Tages hatte ihr Vater, der alte
Gärtner, einen Hecht auf die Tafel der
herrschaft gebracht, in dessen Leib
sich eine goldene Uhr vorgefunden
hatte. Während sie so erzählte, belebte
eine hettische Röthe ihr zerborsienes
und rauhes Anth, das dem regenlo
sen Acker in der Augusthiße gleich.
Jhre Bewegungen wiesen wie auf ei
nen fernen. unsichtbaren horizont.
Mit einem leisen Erzittern der Lippen
unterließ sie es nie, mir beim Verlas
sen zu sagen:
»Ich möchte nicht eher sterben, als
bis ich noch einmal den Geruch meiner
Erde eingeathmet habe.'«
Sie gestand mir, daß ihr die Stadt
zwei große Freuden bereitete: der
LTrieb der Zweige, die iiber die Parl
xmauer hinwegstrebten, und des Mor
!gens, wenn sie aus dem Fenster lehnte,
jder Anblick des langen Zuges der in
idie Stadt kommenden Karten der Ge
Hrniisesrauem Sie erhob sich schon,
wenn der Morgen graute, nur um die
ses Schauspiel nicht zu versäumen.
Zuerst kam ein starren, dessen Pferd
wie im Schlafe dahinschlich: lurz hin
terher ein zweiter, und alle strömten
den Duft von frischem Gemiise aus«
alle blißten Und blintten von bunten
Gemüsen und Krautzeug
»Sehen Sie, junger Herr-, das ist,
als wenn der liebe Herrgott in Person
die Straße entlang täme."
Kato ertrantte dann eines Tages.
Der Arzt verordnete sofortige Land
lust. Sie hatte in ihrem Dorfe eine
Nichte. die sie holen kann. Als es zum
Abschied ging, mußte sie dem Groß
vater fest versprechen, zu ihm zurjickzw
kehren, sobald es ihr besser geben
würde. Es geschah hierbei vielleicht
ium erstens und leßtenmaL daß dieser
stets glückliche und leichtfertige Mann
Thränen vergaß.
«Sprich ein wenig von mir zu mei
nen Bäumen,« sagte er ihr mit einem
Seufzer.
Die alte Magd verlangte sofort nach
ihrer Ankunft zu allererst zumSchloise
geführt zu werden. Die neuen Besitzer
waren nicht anwesend. Kato durch
auerte die höfe und betrat den Gar
tens Plößlich in demselben Augen
blick, in dem sie den Zaun des Küchen
gartens hinter sich hatte, warf sie sich
auf die Knie. Jhre Fäuste wühlten
sich in die fette Erde, und lachend und
weinend küßte sie diesen gebenedeiten
Boden. Jn derselben Nacht schloß sie
die Augen fiir immer.
Auch eine pundertsahrstkriemes
mus.
Nach dem Frieden von Tilsit lehrte
Napoleon im Anfang des Augustrno
nats 1807 aus dem Felde zurück und
kurde am Z. August auf der Durch-.
reife nach Paris in Leipzig erwartet,
wo das Frühstück eingenommen und
umgespannt werden sollte. Eiligsi und
schleunigst wurde vor dem Grimma’
schen Thor eine gewaltige Triumph
vforte gezirnmert, mit Kränzen ge
schmückt und mit der fchmeichelhasten
Jnfchrift versehen: »Fortunae reduri«
tder zurückführenden Glücksgöttin).
Weißgetleidet Mädchen sollten Nat-o
leon anfingen, da Sachsen dem Rhein
bunde beigetreien war, und sächsische
fiavallerie biioatirie die Nacht hin
durch im Straßengraben vor der
Stadt, denn der Kaiser war um 6 Uhr
friih angesagt. Aber, o Tücke des
Schicksals! Der Sieger von Jena und
Friedland langte unerwartet schon um
5 Uhr anUllle angemeldeten Demna
tionen lagen um diese Zeit noch im
tiefen Schlummer. Die Kanonenschiisse
erdröhnt , die sächsisch- Kavallerie
ejtorte sa auf, aber weder die Blüthe
von Leipzigi Jungfrauen, noch die
Väter der Stadt hatten sich vorn wei
chen Lager erhoben.
Der bekannte Schauspieler Heinrich
Anschiitz erzählt als Augenzeugu Jch
war zufällig spät (oder vielmehr sehr
früh) heimgekommen und erreichte die
Post, als gerade der Wagen Navoleoni
mit frischen Pferden bespannt wurde.
Bald erschien auch der endlich flügge
gewordene Theil des Stadirathes, aber
bevor er sein »Groszniächtigsier, Un
iiberwindlichster« oder dergleichen vor
bringen konnte, lehnte sich der Ade
tant des Kaisers aus dem Wagen
schlage und bemerkte, daß seine Mase
stät schlummerten und leine Order ge
geben hätten· sie zu wetten. Tief in die
Ecke gedriielt sah ich den Mann des
Jahrhunderts lehnen, ein Tuch über
Toukisi: »Was bedeutet denn der Denkstein hiek?«
Führer: »Den habe ich aufgestellt An dieser Stelle gab mir ein Den
einmal zwanzig Matt Trinkgeld!«
das Antlitz geworfen. Ein Peitschem
tnall! und fort ging es in halber-Tar
riere, die sächsischen Kürassiere hinter
drein zum Ransiiidter Steinweg hin
aus nach Lindenau, und erst hier
nahm Rapoleon das Frühstück ein, aus
welches Leipzig so start gepocht hatte.
Kaum war der Gegenstand der Feier
verschwunden, so flatterten gleich einer
Schaar weißer Tauben aus allen
Straßen die Festmiidchen herbei, und
fast die ganze Stadt hatte sich aus den
Federn losgewundem und die Stra
ßen füllten sich mit erwartungsvollen
Zuschauern, die nun von dem Mißlin
gen des prosettirten Triumvhzuges
Kunde erhielten. Unter dem bomeri
schen Gelächter der Menge trabten
dann die enttiiuschten Ebrengarden so
schnell wie möglich nach Hause. um
sich den Blicken der Spötter zu ent
ziehen.
- W
Bin Denn-rat der- steuaifsanee.
Das Schloß von Jssogne, eines der
schönsten und besterbaltenen Denkma
ler dieser Art in dem an Nitierburger
reichen Thal von Aosta, ist dieser
HTage von seinem bisherigen Besitzer,
i dem Turiner Maler Vittorio Avondo,
idem italienischen Staat geschenkt
Twordem mit der Bedingun · daß er
rs als Sehenswiirdigtcit infiand hal
tr. Gegen Ende des 15. Jahrhun
derts von Gras Georg, von Cballand
erbaut, war der stattliche vierstöckige,
äußerst einfache Bau am Wiesenuser
der Dora Baltem gegenüb:r dem
hochgelegenen Kastell von Werkes,
lange Zeit ein Lieblingsausenthali.
tser fast das ganze Thal beherrschen
den mächtigen Familie Challand.
Auch die französischen Könige Carl
NU. und Ludwig XIL haben bei ib
»ren Jtaliensahrten das Schloß be
wohnt, das in seiner innern illa-stat
trung und Einrichtung heute eine
wahre Schatztammer mittelalterlicher
. und Rennaissancetultur ist. Die
schmiedeeiserne Zier des Hosbrunnens
in Gestalt eines Granatbaums, die
Malereien der hofwiinde mitStamm
träumen, Wappen, mntbologischen
Darstellungen und sieben hochintrres
santen genrebasten Fresten unter den
Landen des Cingangs, die Wir-roma
lereien der Bewohner des 15., 16. und
« !7. Jahrhundert in Form von Sprü
chen und Namensinschristem sowie
:endlich die Fülle von altem stilvollern
;Hausratb, den Vittorio Avondo seit
:1872 darin mit liebevollern Ver
istiindniß zusammengebracht dat, ma
scheu das Schloß von ssogne zu ei
Inenr siirnnrungsvollen useum der
«Nenaissancezeit und einer hervorra
genden Sebenswiirdigteit des schönen
z piemontefischen Alventhals.
i
—
; Fünf Menschenleben met einen
Dies-muten
Fast alle berühmten Diamanten ha
ben eine Geschichte. So war der im
russtschen Kronschay befindliche
.Schah« einst die Zierde des persiseben
Herrschers Nadir Schab. Ein afgha
nischer Soldat stahl ihn und entfloh
damit, wurde jedoch von drei arme
nifchen Brüdern getödtet, als er ihn
gerade einem Juwelier verlaufen
wollte. Um ihr Geheimniß tödteten
sie auch den Juwelenhändler. Der
älteste der drei Armenier brachte sei
nen beiden Brüdern Gift bei und
wurde so der alleinige Besitzer des
Dianianten Um seinen Schon zu
veräußern,- reiste er nach Europa.
Katharina Il. von Rußland erstand
den «Schah« für zwei Millionen
Mark. Schafe-, der Armenier, er
freute sich aber nicht lange seines libel
erworbenen Reichthums; nach zwei
Jahren wurde er durch seinen Schwie
gerfohn vergiftet.
Sei-e Sei-speise.
Onkel: »Was ist denn Deine Leib
speise, Karlchen?«
Karlchem »Diese Erbsen: da werde
ich immer so traut, daß ich aus der
Schule fortbleiben tann!«
Ein Midian-.
utzmann (zu einem unheimli
chen enfchen): »Ich beobachte Sie
jent schon seit einer Stunde. Unaus
hörlich schleichen Sie wie ein Verbre
cher um dieses haus. Sie warten
wohl auf eine Gelegenheit, um einzu
recheni -
Der Berdiichti : «Ei herrjese3«
mein lutes rr n. Ich beabsichtigt
ar nichts sec. Ich will Sie blos
ier einen Zahn sieben lassen.«
Gute Antwort
Lehrer (kezititenb): «Da weeden »
Weiber zu Hyänem wo kommt das
vor, hubetW
haben »Ja der Ebe.«
Uns-leich.
Braut: «Ni t wahr, lieber Adolar,
den Hausschlii el überläßt Du mirs«
Benutigaw «Meinetwegen sollst
Du ihn haben —- daslir nehme ich
aber den Klaviecschliisset in Verwah
rung.«
sennchtvnp
»Seit ist Geld,« heißt es, deshalb
haben auch so viele Menschen, wenn sie
Rechnungen bezahlen sollen, meist
keine Zeit dazu·«
Bin zwei Uebeln das kleinere.
»Sie können doch in diesem strö
menden Regen nicht aus die Straße
geben; bleiben Sie, bitte, bei uns zum
Abendbrod.«
»Ob« so schlimm ist das Wetter
bcch nicht.«
Unbeeb sen-eint
Mann: »Eine schlechte Eigenschaft
hast du, baß du nämlich niemals
meine Taschen untersuchst!"
Frau: »Und das nennst du eine
schlechte Eigenschast?«
Mann: »Natürlich, sonst würdest
du finden, daß sie alle zerrissen sind!«
——
Mebk als eine.
»Was würden Sie, wenn Jhnen
eine gütige Fee die Wahl li:ße, vor
«-,Eehen: Reichthum oder eine schöne
Frau?« ,
»Natürlich-Richthum —- die schöne
Frau würde sich dann schon sin-be»n.«
Edle Rache.
»Na. was macht bein treuer Freund
und Stubengenosse Müller-?m
»Du? Mit dem bin ich ganz aus
einander. Er sing einmal aus ie
genb einem Grunde Streit mit mir
an und ba versetzte ich ihm in der
Muth —- —«
,,Eine Ohrfeige?«
»Nein, seine Uhr!« ’
Z
i
Dressur-minder
Menngeriebesitzer: »Hier in diesem
Käfig sehen Sie, meine Herrschaften.
das Wunder der Dressur: einen aus
gewachsenen Tiger einen Stein-en
wolf und ein Schaf, die in größter
Verträglichteit zusammenleben."
Ein herr: »Wie lange haben Sie
die Thiere schon?«
Mena riebesitzerx »Bereits drei
Jahre. Its ift auch nie das Geringste
pafsitt; n ur das Schaf hat im Lauf
der Zeit einigemale erneuert werden
iniissen.«
Ein lieber Mensch.
A.: »Sie sind also jetzt auch ver
heirathet? Jch hatte teine Ahnung
davonl« "
B.: »Etinnern Sie sich denn nicht«
daß Sie mich dem Fräulein Reinfeld
im Hause Ihrer Eltern selbst vorge
stellt haben? Sie ist jetzt meine
Frau!«
A.: Ach, das thut mir aber schrec
lich lei ! Na, hoffentlich tragen Sie
mir’s nicht nacht«
Solmintlche Weidbeit
A.: »Herr Rath. Sie sind doch ris
so geicheidter Mann, sagen Sie mir,
wer ist glücklicher daran: Ein Man-»
der 100,000 Mart hat, oder einer, der
sieben Töchter hat?«
b ««Ossenbor der, der sieben Töchter
at.«
ist-: »Wieso?«
«Einer, der 100,000 Mart hat«
wünscht sich mehr-; Einer, der sieben
Töchter bat —- nicht!«
Der Unttsftltchr.
Er: »Dorn, Ihre ablehnende Ant
wort aus meinen Antrag hat mir
einen Schlag versetzt, von dem ich
mich wohl nie vollständig erholen
werde. Von diesem Tage an existirt
tein Weib mehr sitt mich auf der
Weltt (Er birgt fein Gesicht in das
Sophntissen.) »
Sie: »Den-hegen Sie sich doch. Ei
ibt noch so viele junge Damen, die
le egliietlicher machen werden alsich.
Ich enne sogar ein junges Mädchen,
die einige eichnet zu Jhnen passen
würde. te stammt aus lehr guter
MERM- fiene d
r an r n ): t
istcdf M m