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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Sept. 20, 1907)
sche- ——.-- — . .«».— -.—.-;-—.——-.-..-.-.-— Wie ihr erz erkaltete. Talisornisez Erzählung von u Uc. « Nur wer das Gute thut, ohne dafür irgend welchen Dank zu erwarten, nur weil sein eigenes Herz ihn dazu an treibt, nur der wird darin Besriedi gung und vielleicht sogar Glück finden, wer aber Dank dasiir erwartet, der wird enttiiuicht werden. Ader wie viele Menschen gibt ei wohl; die sich zu dem Worte Goeth« bekennen: »So ich dich liede, was geht« es dich ani« Und doch ist nur das die Phi lanthropie im höchsten Sinne, denn allein eine solche Liebe ist ohne Egois mus — sie erwartet keine Gegenliebe, keinen Dank. Jhr wirklicher Name war Cnnthia Marlham, aber sie wurde noch immer Tinnie genannt, das war der Name, den sie sich selber gegeben hatte, als sie noch ein Bahn war. Jetzt war sie 35 Jahre alt, und da sie auch reich war, hatte sie natürlich mehr als ei nen Heirathsantrag erhalten« ader sie hatte jeden abgelehnt, sie wußte nur zu wohl, daß es dabei jedesmal nur aus ihr Geld abgesehen war. Und nun lebte sie als altes Mädchen ruhig und zufrieden, und war pas Neigung und ans Man el an einer sonstigenLedeng ausgabe hilanthropin, sie versuchte Gutes zu thun, wo immer sie Gelegen heit dazu sand. Aber im Allgemeinen hatte sie wenig Glück damit und we nig Genugihuung k- denn sie ver langte, daß Diejenigen, denen sie GUUS thi- ihr in der Weise danlen sollten, die sie von ihnen erwartete. Aber natiirlich thaten sie das nicht. So hatte sie einmal eine ganze An zahl von armen Fabrikrniidchen siir ein paar Wochen im Sommer nach dem Seegestade gebracht, damit die selben dort baden und frisch und ge und werden sollten. Sie hatte ihnen dazu einfache nette Sommertleider ge tauft, und Jeder ein neues Testament geschenkt und Komm und Seise, und was sie sonst nothwendig hatten. Aber der einfache Anzug war ihnen zu ein fach und die anderen Dinge ließen sie ganz unbeachtet, und sie nahten sich heraus, so gut Jede es fertig brachte und benahmen sich so, daß die gute Tinnie die Sache schon nach drei Wo chen wieder ausgab und froh war, wie der u Hause und allein zu sein. A r ihr Philanthropinismus war dadurch noch nicht gebrochen. Und als sie im nächsten Winter einmal einen ganz besonders verhungert und ver lumpt aussehenden kleinen Zeitung-s iungen sah, da hielt sie ihn an und fragte ihn aus, und dann ging sie mit ihm zu seineniEltern. Dort sah es elend genug aus. Die Leute ließen sich leicht genug dazu bereit finden, ihr den kleinen Jungen abzutreten, der ihnen nur eine Last war, und siir den die gute Dame ihnen eine hübsche runde Summe gab. Sie nahm das Kind mit sich, tleidete es und sing an« es zu erziehen. Bald bemertte sie, dasz in demJungen mit den roßen schönen Augen ein Künstler-« alent chlummerte, er fing an, alles was er ah, aufs Papier zu zeichnen oder in Thon nachzubilden« so gut er es nur fertig bringen konnte. Da lehrte sie ihn zeichnen und malen, und gab ihm dann Lehrer, und er machte wunder bare Fortschritte. Und vor Allem, er liebte seine Wohlthäterin mit schwär merischer Anhänglichkeit Sie war ihm ein höheres Wesen. O wie glücklich fühlte sich die gute Tinnie —- das war es ja, wonach ihr Herz seit Jahren vergeblich verlangt und gesucht hatte. Und der Knabe war wirklich durch und durch voll Kunst und Poesie — auch fiir Gesang und Musit hatte er Talent, und sie unter richtete ihn auch darin und fand ihre Seligkeit in ihm. Jan Andresen, wie der Knabe hieß, that Alles, was sie wollte, und gehorchte ihr in allen Dingen aufs Wort. So lebte der Knabe zehn Jahre lang bei ihr, er verkehrte sast nur-mit ihr und ihrer guten Mutter, welcher Alles recht war, was die Tochter that. Aber es ionnte so nicht bleiben, der Knabe wurde zum Jüngling, und er mußte nun hinaus in bie Welt, um sich weiter zu bilden unb ein großer fiiinstler zu werden — er mußte hinaus in die Welt, die er noch nicht lennen gelernt hatte. Sie schielte ihn nach Paris, um seine Ausbildung zu vollenden. Als er fortging. weinte sie bittere Thriinen und bat ihn. jeden Abend zu beten, und nicht zu viel zu siudirem und ihr recht oft zu schreiben, und gut siir seine Gesundheit zu sor gen. Daß er dort in Paris aus Ab we e gerathen könnte, daran dachte sie ni t, das lag ihr zu sern. Sie blieb allein zu hause bei ibrer Mutter und zählte schon die Jahre, Monate und Tage. bis er wiedertornrnen werde. « Er schrieb ost, bon seinem Leben. seinem Studium, seinen Arbeiten. endlich auch, baß eines seiner Ge mälde würdig befunden worden war, im Solan. ber großen Jahres-Kunst auisiellung der Pariser, ausgestellt zu werden. unb dort mit einer Mebaille " prämiirt worden war. Wie stolz war Tinnie aus ihren Knaben! Da tam eines Tages eine Freun din Tinnie’s, die in Europa gewesen war, von dort zuritel und besuchte Tinnie. Sie war auch in Paris ge wesen unb sagte: »Ja, ich habe dort auch deinen Jan gesehen.« »Er schrieb ei mir«,. antwortete Tinnie, »wie sieht er outs« - »Ausgczeichnet. Er ist außeror dentlich beliebt unter ben jungen Künstlern und er hat sein Bild im Salon gut vertauft Natürlich hat er kann ein Bisserl iiber die Stränge ge schlagen — das ist nun einmal so vei den jungen Leuten.« —- Darnit ging die Freundin fort —- sie ahnte nicht, daß sie einen Stachel in das herz Tinnies getrieben hatte. Denn Jan hatte von dem Verlauf desBildes nichts geschrieben Vielleicht hatte er es vergessen Aber was meinte die Freundin wohl mit dem »Ueber »die Stränge schlagen?« Nichts, aller Wahrscheinlichkeit nach. Vielleicht nur ganz unschuldigen Scherz, wie ihn alle jungen Männer treiben. Und natürlich hatten ihn Alle gern —- das konnte ja nicht anders sein, er war ja ihr Jan. Aber die Freundin war doch eine recht alberne Schwätzerin Und an diesem Abend schrieb Tin nie an ihren Jung-In, und zur rechten Zeit lani die Antwort, und diese füll te ihr Herz wieder mit-Seligkeit Es that ihm leid, daß sie von dem Ver lauf des Bildes gehört hatte — er hatte sie ia damit überraschen wollen, wenn er nach Hause lam. Es war doch recht dumm von Mrs. L...., daß sie es verrathen hatte. Dieselbe sei ja eine recht angenehme Dame, aber ein bischen frivol und klatsch siichtig. Er hoffe, daß seine Wohl thäterin nichts aus das Geschwätz derselben geben werde. Er werde bald nach Hause kommen und werde dann versuchen, seiner Wohlthäterin zu zeigen, wie danlbar er ihr ei. Und als der Herbst tam, da lan-. auch Jan. Als er vom Dampier her- J ablam, begrüßte er Tinnie mit einem herzlichen Kuß. Und wie schön war er geworden. hr Herz war voll von lück und Seligkeit. Und doch war etwas in seinem Gesicht, das sie be sorgt machte; er sah nicht so srisch aus« wie ehedem, um seine Augen und um seinen Mund iagen leichte, taum sichtbare Linien, aber sie sah dieselben doch-. Vielleicht war er nur übermü det, er war vielleicht überanstrengt, er mußte sich ausruhen, sich erholen. ;Aber darüber lachte er nur. Er sagte, er werde alt und habe leine Zeit zu verlieren. er müsse nun ein Atelier eröffnen und s Geld verdienen. Er habe allerdings in Paris einige Bil rer verkauft, aber das letzte Jahr sei iostspieliger gewesen als die früheren, ershabe hierhin und dorthin geh-In n.iissen, um »Jdeen« zu erhalten, er ha also nichts eriibrigen können A er nun wolle er verdienen, und sie solle sein Bankiers sein. »Aber du hast ja schon so viel ge aäbeiteh hast du nicht?« fragte sie r n. » »O fa, aber eigentlich doch nicht. ich habe nur studirt, nur Jdeen gesam melt, nicht stetig gearbeitet. Aber nun soll das losgehen.« Und es ging los —- Jan’3 Atelier war ein Erfolg vom ersten Tage an. »Er hatte wirklich Ideen, neue, kraft « volle, originelle Ideen, und sein erstes Bild wurde schnell und gut verkauft. Er brachte das Geld zu Tinnie und sie war glücklich. Sein nächstes Bild wurde nicht so schnell fertig wie das erste, aber es machte mehr Aussehen, es war ein wundervolles Mädchen, und er hatte es »Ein Mädchen von Korsila« ge nannt· Tinnie stand oft vorder klei nen Gemäldegallerie, wo es ausge stellt war, und hiirte mit Stolz, was die Beschauer davon sprachen. Da hörte sie eines Tages, wie wei ele gant gekleidete Damen sich ort sol gendermaßen unterhielten: »Ja, Jan ist ein großer Künstler —- ich habe seine Bilder in Paris ge sehen. Sie sagten schon dort, er werde ein berühmter Mann werden, wenn er dreißig Jahre alt werde.« « »Und warum sollte er denn nicht so alt werden?« sragte die Andere, di-: offenbar fremd in der Stadt war. »O, Sie wissen ja, Künstler sind Künstler, und ihr Grundsah ist: »Mein, Weib und Gefang«. Er soll ja allerdings hier solider geworden sein -—- seit Chnthia Marlham ihn beans sichtigt. Was siir ein herrlicheö Ge sicht hat seine Korsilanerinl Jch habe gehört, daß sie seine Geliebte ist. Ein frivoles Ding, miteinem leeren Kopf und Herzen. Blate hein sie —- ich glaube, Dora Blase. Jch wette, daß Chrtthia Marsham davon leine Ahnung at!" « »Ist " riiulein Marlhain sseine Protettrire?« »Ja, und sie dentt, daß ihr Pro trge der Inbegriff aller Tugend ist. Das wird bös werden sür sie und für ihn, wenn sie einmal die Wahrheit er fährt!« Das alles hatte Cynthia gehört — lie brach sast zufammen, und als die Beiden gegangen waren, ohne sie zn bemerlen, da mußte sie sich setzen. Lange saß sie da und lonnte sich nicht rühren, und als sie ausstand, da war ihr Gesicht hart und kalt. Denn das, was sie da gehört hatte, lonnte sie nicht sassen, nicht begreisen. Entwe .der das Alles war erlogen, oder ihr Jan war sie mochte es nicht wei ter. ausbeuten Und dann stellte sie sich wieder vor das- Bild. und jeht sah sie es mit an deren Augen an, als vorher. Also das sollte ihres Jan Geliebte sein? Und doch hatte er ihr nie davon ge sprochen, sie mußte ihn selber darum besteigen, sie muhte sofort zu ihm ge hen in sein Atelier. Als sie dort in lam, trat erade ein junges Mii en aus dem leva tot und verließ das haus. Sie er lannte es sosort —- es war die Kor silonerin. Aber aus detn Bilde war sie idealisirt--—— in Wirtltchteit war i sie ganz das, was vie eine der beides-« Damen von ihr gesagt hatte. Und das sollte das Mädchen sein, welches isgn liebte? Das war ja nicht mög t . - Jan empfing sie mit überfchweng lichen Worten, aber offenbar ein we nig verlegen. Tinnkk gratulirte ihm zum Erfolg feines Bildeö, und dann ging sie direlt aus ihr Ziel los; sie erzählte ihm, daß sie ehiirt habe, wer daf- Original der otsilanerin sei, nnd daß sie das Mädchen soeben un ten im Hause getroffen habe. Sie sah, wie er verwirrt wurde, und sie fuhr fort, daß er sich nicht sehr ge ichmeichelt fühlen werde, wenn er hkre, was die eine der Damen von dxm Mädchen und von ihm gesagt habe. »Was hat sie denn gesagt?« fragte Jan scharf, und man hörte-es seinen Warten an, daß er in Aerger gerieth s-- »was hat sie denn gesagt?« Da antwortete Tinnie lalt: »Sie lsat gesagt, daß dein Modell zu glei cher Zeit deine Geliebte sei, daß sie ein frivoles und eitles Ding ist, mit sleerem Kopf und Herzen. Und ich hätte von dir erwartet, daß du dich nicht so weit erniedrigen würdest, dich in eine solche Person zu verlie ben.« Da wurde Jan roth und dann" bleich vor Aufregung. Das war mehr, als er ertragen konnte, sein ganzer Stolz bäumte sich in ihm aus und unterdrückte das Gefühl der Dant barteit gegen seine Wohlthäterin, und er sprach lalt und scharf: Fräulein Marsham —- ich weiß wohl, wie viel Dank ich Jhnen schulde — alles, was ich bin, bin ich durch Sie. Aber mit dem, was Sie da, auf die Worte einer Anderen hin,. über Fräulein Blale gesagt haben, die Sie selber nur einen flüchtigen Moment gesehen haben, damit haben Sie das Tischtuch zwischen uns Beiden zier schnitten. Denn ich bin entschlossen, Dora Blate zu heirathen. Mit dem, was ich verdiene, und mit dem, was Sie noch von mir in Händen haben, werden wir genua haben, unseren Haus-stand zu«beginnen. Geben Sie mir das Geld, das ich Jhnen zur Aufbewahrung gegeben habe, und las sen Sie mich meine Wege gehen.« »Nein, ich werde dir dein Geld auf heben, du wirst dir die Sache wohl noch besser überlegen,« sagte Tinnir. Da brauste Jan auf: »Nun gut, so behalten Sie das Geld, und machen Sie sich damit bezahlt für das, was Si.f auf meine Ausbildung verwendet haben!« rief Jan, »und lassen Sie mich wissen, wie viel ich sonst noch Jhnen schulde!« So schrie er, obgleich im selben Mo ment sein Gewissen ihm sagte, wie schweres Unrecht er ihr that. Sie aber wurde bleich wie die Wand, und sie zog ihr Checkbuch hervor, das sie in Ider Tasche hatte, und schrieb einen Check fiir die Summe, die er ihr in IVerwahrung gegeben hatte. Dann verließ sie das Atelier. Das waren lalte trübe Wochen und Monate. die nun folgten. Sie hatte erwartet, Jan werde sein Unrecht ein sehen und zu ihr tommen, um Verzei hung zu erbitten. Aber er lam nicht. Er tam auch nicht, als es in der gan zen Stadt betannt wurde, daß er all sein Geld an sein früheres Modell und seine spätere Frau Dora verschwendet hatte, und daß dieselbe ihn dann, als er ihr nicht mehr jeden thörichten eitlen Wunsch erfüllen konnte, verlassen hatte und mit einem reichen jungen Lebe mann davongegangen war. Tinnie wartete und wartete —- er tam nicht. Aber eines Abends, als sie müde und traurig nach Hause gekommen war und in die Abendzeitung blickte, fiel ihr Auge auf eine Ueberschrift, welche lautete: »Ein unglücklicher Künstler«. Und darunter stand, daß in seinem Atelier der junge ausgezeichnete-Künst ler Jan Andresen Selbstmord durch Erschießen begangen habe. Unglück in der Liebe und Ausschweifungen hatten ihn zu der That veranlaßt. So weit man wisse, habe er keine Verwandte in der Stadt. Tinnie legte die Zeitung aus der Hand und blickte wie geistesabwesend hinaus nach dem Westen, wo dieSonne eben sich in’s Meer sentte. Die Fluth tam gerade herauf. es war ihr zu Muthe. als ob die Wellen ihr bis ans Herz stiegen. Ein Frösteln überfiel sie, und sie zog ihrenShawl um dieSchul tern und starrte hinaus, bis ihreMuts ter lam. An jenem Abend war Tin nie«s früher so warmes Herz für alle Zeiten ertaltet. ·lCalif. Demotrc.·..) s— Its-erstehe in Leier-. Man schreibt aus Trier: Bei Erb arbeiten aus dem Hauptmartte stieß man aus eine der ältesten Römerstra izen aus dem augustiiischen Trier. Die Straße liegt in einer Tiefe von vier Metern aus gewachsenem Boden von einer Schicht bläulichen Schiefersan bes. Die Straße ist annähernd zehn Meter breit und läuft in der Rich tung vom Markte nach der Mosel. An der Seite der Straße ist ein mehrere Meter breites Bautett. Daran schließt sich ein mächtiges Bauwerk, das an scheinend gewaltsam zerstört wurde. Die Fundamente dieses Bauwerts be stehen aus gewaltigen Sandsteinqua been. Man konnte noch nicht feststel len» ob es sich um einen befestigten Lausgraben, um ein Gebäude oder ein Denkmal handelti. Fripoillards Trick. Von Guy de Teramo,nd. . Es ist herrliches Frühlingswetter, der erste helle klare Tag; eine leichte Staubdecke ift über den Asphalt ge breitet. Man fühlt sich von neuer Kraft· durchfirömt, von jugendfrisch fröhli cher Stimmung gehoben. Heute muß es schön fein, aus der liirmenden, sti ckigen Stadt heraus ins Freie zu fah ren, immer die Chausfee entlang; da läßt man die Phantasie in unbekannte Fernen schweifen und badet die Lun gen in der reinen Luft. Jn solche Gedanken vertieft, sitzt der junge Fripoulliard auf einer Bank der äußeren Boulevards in dem sehr pro blematischen Schatten einer schwind fiichtigen P"1tane, die ihre schmächti gen grünen Händchen gegen den fon nenglänzenden Himmel reckt, als woll te ,sie ihn um ein wenig wohlthätiger Feuchtigteit anflehen. Ach, wer doch Flügel hätte! . . . in den Sattel eines schnellen Fahrrades fich schwingen . . . vom frühen Mor gen bis zum sinkenden Abend unzäh- - lige Kilometer fressen! . . « « E Ja, aber wenn man das Glück nicht ! mit der Hand erfassen kann, ist’s nur i ein Traum, sagt der Dichter. Fri pouillard ist nur reich an Streben, und die arbeitsreiche Volontärstellung in dem Tapetengeschiift füllt seine Ta schen nicht einmal mit der bescheidenen Summe, die zur Erfüllung seines Wunschen nöthig ist. Soll man sich das Geld dazu bor gen? Unlösbares Problem! Es ließe sich vielleicht eine mitleidige Seele da zu bereitfinden, wenn sie erfährt, daß er seit zwei Tagen nichts zu Mittag gegessen hat, ihm fünfzig Centimes zu schenken, aber niemand würde sie ihm borgen. Ob er auf sein ehrliches Gesicht hin Kredit bekäme? Welcher Radverleiher würde wohl so naiv sein, ihm auchi nur eine Lentstange oder ein Paari Pedale anzuvertrauen, einem solchen jungen Gentleman der Faubvurgs, der ihm nicht einmal eine Taschenuhr für vier Franks fünfundneunzig oder die Wählerlarte seines Portiers als Pfand anbieten konnte? Aber Fripoulliard ist ein geweckter Bursche· Lasitte hat den Grund zu seinem Vermögen dadurch gelegt, daß er im Hofe eines Bankiers eine Steck nadel aufhob, und der berühmte Er finder Thomas Edison, indem er die Zugthiiren der Pazifitbahn in Ame rita zumachte. Und er sollte sich keinen Rath wissen, er, ein echtes Pariser Kind? Ja, da wird er wohl ein Rad stehlen müssen, um dieser wahnsinnigen Lust Genüge zu thun, die ihn gerader tör perlich schmerzt? — Keine Ahnung. Fripvuillard besitzt einen Fonds na türlicher Ehrenhaftigteit. Er hat schon einmal ein Partemon naie auf der Straße gefunden, mit fünfzehn Centimes und einem Stadt bahnbillet Inhalt, und er hat es aufs Polizeitvmmissariat getragen. Und wenn er in einem Postamt die Million der letzten Ziehung der Presse-Lotterie finden würde, er gäbe sie, ohne zu zö gern, ihrem rechtmäßigen Besitzer zu rück. Also . . .? — Fripouillard steht auf und, die Hände in die Taschen vergra ben, geht langsam weiter. Jhn interes siren die tausend kleinen Ereignisse der Straßen: wie die Hunde sich verfol gen, wie die Kutscher einander die Na men aller Thiere der Schöpfung an den Kopf werfen, wie die Betruntenen aus dem Wein eine heitere Mittheil samteit geschöpft haben, an der sie das ganze Weltall theilnehmen lassen möchten. Er wartet ruhig auf die Inspiration oder vielmehr auf die Gelegenheit, dieses Wesen mit der be rühmten Haarlocte, das schon so viele Siege entschieden hat. Und plötzlich steht er still. Seine Augen haften an einem La denschild: »Zu den hunderttausend Fahrrä-i dern« —- und davor eine Unmenge Maschinen, von allen· möglichen Sti stemen und Farben, die diesem viel-» versprechenden Firmenschild Recht zu geben scheinen Jn einem Winkel sitzt s schläfrig ein Kommis in weißer Bluse ; der darüber zu wachen hat, daß nicht ! ein geschickter Straßenräuber eine da von wegestamotirt. Fripouillard geht mit dem liebens- « würdigen Lächeln eines Menschen, der ein gutes Gewissen hat, auf ihn zu. Er zeigt aus ein Rad, ein schönes Rad, wo das Nickel noch wie neu ist und in der Sonne funkelt, und fragt leichthin: »Was kostet dieses-I« Der Kommis mustert den schlecht getleideten Kunden, der doch sicher nichts wirklich kaufen wird, und brummt bloß: ,,Siebzig Francs.« »So!« Fripouillard denkt nach. Siebzigj Francs? Das ist eine schöne Summe, ( besonders wenn man sie nicht hat. Und dabei gibt’s doch Krösusse, die sie ha ben! O, über die Ungerechtigkeit des Schicksals! Aber, wenn er den groß artigen Plan, der plötzlich in seinem hirn entsteht, gut durchführen will, so« darf er nicht den Kopf verlieren. Er zieht seht das Fahrrad heraus, hebt es Eis-wärt Hausherr: »Sie bekommen 50 C-;nts, wenn Sie mir das Holz klein machen.« · Bettler: ,,Freili’ und laß’ mir von der Bettler-Union zwei Dollars Straf geb’n." isachte hoch, dreht die Pedale, betrach itet genau die Kette, Glied für Glied, »und sagt endlich wegwerfend: »Pö, jdas ist höchstens sechzig Francs werth!« Und da der Kommis es nicht sfür nöthig hält, darauf zu reagiren fragt er: s »Sie wollen es mir zu diesem Preise inicht lassen?« i »Ich kann nichtp »Warum?« »Ich bin nicht der Chef!« »Glauben Sie, daß der mir’s so lassen würde?« - »Das giaube ich nicht·« ,,Wo ist denn Jhr Chef?« »Im Hinterzimmer, er frühstückt.« Diese Erklärung scheint dem jun gen Mann sehr zu behagen. »Ich werde ihn selber fragen gehen.« »Wenn Sie wollen!« Und Fripouillard, dem der Kom mis mit ironischen Blicken nachsteht, geht in den Laden, das Fahrt-ad in der Hand . . . Fünf Minuten verge-; hen, sie dauern so lange wie ein Jahr- « hundert. Der Kommis ist mit seinem Federwedel einmal über seine Maschi nen hingesahren und hat sich dann, von dieser Leistung natürlich sehr er müdet, wieder in seinen Winkel ge setzt. «Dieser junge Mann, denkt er, ist wirklich naiv . . . . ich kenne ja den Alten . . . . Er wird nicht zehn Franch herunterlassen . » Lieber verkauft er gar nichts, als daß er den geringsten Nachlaß auf seinen Kram bewilligte . . Ach, du lieber Gott, wer wird uns ( nur den ganzen Dreck abnehmen? . . . Nieder mit den Ausbeuternt . . . Hoch die Emanzivation der Arbeiter! . . . Und nachdem seine Galle sich so Luft gemacht hat, versinkt er wieder in seine Tritumerei und betrachtet auf merksam die vorbeischwiminenden Holzstückchen, die die Kinder in den Rinnstein geworfen haben: da Witz-s lich kommt Frivouillard heraus. —» »Keine Möglichkeit, mit Jhrem Chefs einig zu werden,« wirst er im Vorbei- i gehen hin und entfernt sich eilig. Eines halbe Stunde später nach beendetem Frühstück erscheint der Besitzer der hunderttausend Fahrräder auf der Schwelle seines Ladens und ruft sei nen Kommis. , »Holen Sie mal die Maschine aus dem Hinterzimtner und stellen Sie diese ins Schaufenster.« ; Und als der andere sich anschickt. dem Befehl Folge zu leisten, fügt er hinzu: »Ich habe eben ein brillantes Geschäft gemacht. Ich habe dieses Rad für einen Spottvreis gekauft.« »Sie haben’s gekauft? . . .« »Ja,« antwortet der Chef, mit scha denfroher Miene die Hände reibend: ,dieser junge Mann war in Geldbet legenheit und da habe ich ihm 20 Fres. siir sein Versatzstück geboten. und er hat s aenommen Sie werden es mit siebzig Francs auszeichnen Se hen Sie, lieber Freund so macht man sein Geschäft!« Aber der junge Mann muß an sich halten, um ihm nicht ins Gesicht zu lachen: a, Herr . . .« s »Na, was denn?« l »Dieses- Rad . . ." f »Nun dieses Rad i Der Kommis zeigt mit dem Finger · auf die leere Stelle: »Das war dieses da! . . .« j Der Chef ist starr; dann aber brüllt H er in plötzlicher Wuth: »Wozu gaffen Sie mich denn mit solchem idiotischen Gesicht an?« . Und der andere gibt ihm mit allem schuldigen Respekt die tröstliche Er klärung: »Nun weiß ich auch, warum sder Kunde es gar so eilig hattet« . . . ’ i Inzwischen aber hat in einem ande jren Stadtviertel der junge Fripouil » lard ein Rad gemiethet und fährt, aus Leibeskräften treten·d, durch das Bois be Boulogne über Suresne nach ,Saint-Cloud, Versailles, und wer jweiß wohin, und summt vergnügt die bekannte Melodie: « I »Ach, die schönen Birnen! . . .« Schlechtes Gewissen. »Johann, wenn Du meinem Fuch sen wirklich das Schnarchen abgewöh nen lannst, so belommft Du einen Thaler von mir!« (Acht Tage später): »Johann, Du t« bist ein BlitzkerL hier hast Du Deinen Thaler! Aber sage mir, wie hast Du dem Gaul das Schnarchen so schnell abgewöhnt?« Johann: »Seht einfach, gnädiger Herr. Wie er wieder angefangtn hat« hab’ ich ihm einen Kübel Wasser über den Kon gegossen!« »Hier hast Du noch einen Thaler!" Aber um Gotteswillen, sag’ von der Kur meiner Frau nichts —- die macht mir’s sonst ebensol« Unmöglichkeit Fürst (eines kleinen Landes, zum Okerhaupt der Polizei): »Sagen Sie mir, warum wird denn die Schnell fahrcrei mit dem Automobil durch unser Land gestattet?« Polizeirberhauptt »O, wir treten sehr energisch dagegen aus« als-er es nützt uns nichts; wie wir sie anrusenz sind sie schon im andern Land!« q, — ' Ein Bedauernswctther. Kneipbruder: »Mache es doch wie ich und ziehe Nachts, wenn Du heim lommst, die Stiefel aus der Treppe aus-« Pantoffelmüller: »O nein, das darf ich nicht! Da schimpft mich meine Frau am anderen Morgen erst rech.t,. wenn sie mich nicht kommen hört.« In der Rekrntenschulc. Herr Leutnant Pierre de Rappel läßt seinen Zug zur Kleider-Juwel tion antreten. Wie schon öfters, so fällt auch diesmal der Abstand zwi schen den beiden Gliedern zum Ver druß deg gestrenge n Herrn Leutnants nsicderum zu groß aus. Er ruft des halb in vollstzr Entriistung: »Das isch wieder emal e’n Abstand! Da ;chönt ja es Kameel bequäm düre!««. Sdrichtg und schreitet zum stillen Er lgötzen der Mannschaft zwischen den Ilseiden Reiken hindurch . » Ach sp! . «·-’" Fremder tder sich bei einem Wirthe eingszmiethet hat): »Sagen S’ nur, warum sind Sie denn die ersten Stun den die ich lei gehnen war, aar so niißtrauisch um mich herumg: gangen? zch kann mir das gar nicht erllärenl« Wirth: »Ach, entschul digen Sie nur, mein Herr, ich hab Sie siir einen Weinreisenden aehalten!« Seine Auffassung. Fritzchen hört, wiePapa bei Gele genheit eines Gespräch-S ülirr den Ber ehrer der erwachsen-an Tochter Mama gegenüber die Bemerkung fallen läßt: »Der sollte doch mal endlich arti-zi fzen!« Andern Tages überrascht er feine Schwester, wie fie sich von ihrem Lixkhaber einen Kuß rauben läßt. Freudeftrahlsend läuft er zum Papa nnd ruft: »Papa, er hat ange b i f se n !« Uncriläklich. Schauspieler: »Geh-en Sie mir doch zehn Dollars Vorschuß: der Schneider bedrängt mich fnrchtbarl« Direktor: »Was, Sie wollen Hel diendarfteller sein und lassen fich von einem Schneider ins Bockshorn jagen?« Die Nachbarinnen. »Wat? Sie jeben Ihrem Mann den Hausfchliissel? Dei würde ick nich thun!« »Sagen Sie fo! Jcl hab’s ver fucht... habe ihm den Schlüssel ver weigert -—— da is er frühmorgens ietonimen . · . !« Eiche-tret Mittel. »Lieker Doktor, ich leide an Schlaf losigkeit. Ein einmaliges Miauen meines Mädchens genügt, um mich nicht wieder einschlafen zu lassen.« »Schön, lassen Sie das Pulver machen.« »Und wie muß ich das nehmen«-P »Um Gottes willen, Sie nicht! Das geben Sie der Katze in die Milch.«