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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Sept. 20, 1907)
Nebraska Staats-Anzeiger und Ifceroldp - meziiz 28F Graus Island-, Nehrsseik Septemberv i907p y(;-kiii;i"t«ek Tfhsiikjt f« f—-« L Kummer 4. Feierabend. Auf dem dämmernden Alten, » Grün umrankt vom Weine, Glühen Ros’ und Tulipan Noth im Abendscheinr. Großmama ist eingenickt, Und die Kinder schweige-U Nur die alte Wanduhr tickt, Und die Grillen geigen. Mutter spült die Näpfe kein, Schließt dann Schrank und Truhe Auf den Zehen fchkeicht hinein Feierabendtuhr. Un doppelter sieg. f l i Frei dem Eriglfschewacherzählt von G. Inn-. Jch muß in die Hitze hinaus und be neide dich um den kühlen Schatten dei ner geltebten Bäume am großen Teich.« sagte mein Vater. »Aber es hilft nichts. Der Vermittler aus Malabar hat eine Schaar Kulis vom Festlande herüber gebracht, und nun will ich ins nächste Dorf reiten und sehen. ob wir handels eins werden. Jch werde hoffentlich zum Tisfin wieder hier sein." Mit freundlichem Gruß und Lächeln ritt er in schlankem Trabe fort, sein Pserdeknecht, ein barfüßiger Singhale senbursche, lief rasch und lautlos, wie ein brauner Schatten, neben dem Pfer de her. Die Zeiten hatten sich leider geän dert, seit Herr Travers, mein Vater, zu den reichsten Kasseepflanzern auf Ceylon gehörte. Der äußerst fruchtbare, aber zu sehr ausgenutzte und vernach lässigte Boden gab nicht mehr so reiche Ausbeute rothbrauner Beeren her. Die Urbarmachung der Dschungeln aber war zu mühsam und kostspielig. Der Ertrag der Pslanzung gewährte uns ein sorgenfreies Leben, nicht mehr Ich war das einzige Kind. und mein Vater war Wittwer; unsereBediirsnifse waren in dem billigen und einfachen Lande leicht zu befriedigen; so hätte ich auch gar keine Sorge in der Welt gehabt. wäre nicht die alte, alte Liebes geschichte gewesen, die ein ungliiekliches Ende zu nehmen drohte. Unser näch ster Nachbar »s— und weiße christliche Nachbarn gab’s nicht viel im nördlichen Cehlon —- war Herr Förster, auch Pflanzen aber weit wohlhabender als wir. Nun hatten Oswald Förster und ich einander lieb, aber der bloße Ge danke an eine Verbindung seines einzi gen Sohnes mit der Tochter des min berbegiiterten Nachbarn war Oswalds Vater m der Seele zuwider. Er war ein stolzer, selbstsüchtiger Mann, der sein blühendes Besihthum so bewirth schastete, daß er aus jedem Acre Lan des einundglichst große Ausbeute an Silberrupien zog. Um nun Oswald von dem Gedanken an die Verbindung ·mit der armen El len Travers abzubrrngen, beschloßherr Försier im Einverständniß mit seiner Frau, seinen Sohn nach Europa zu schicken, in der Zuversicht, daß Reise und Wechselsin der Lebensweise bald das Bild des einsamen Mädchens vom Teiche von Minary aus seinem Ge dächtniß verwischen würden. Mit dem See oder Teich von Mi nary, der dicht bei meinem Elternbause liegt, war ich von Kindheit an ver traut. und ich liebte seine spiegelglatte Obersliiche, die mit den rothen Blüthen und dunlelgriinen Blättern der pur purnen Lotosblume besät war. Selt same Fische in glänzendem Schuppen kleide glitten in leuchtenden Schanren durch das tiefe, llore Wasser; bunte Vögel vom rosenrothen Flamingo bis zum winzigen Psingstvogel belebten die Ufer. und ringsum wuchsen in wirrem Durcheinander die mächtigen Bäume und die blühenden Schlinggewiichse des Urwaldes, aus dem hin und wie der der llagende Ruf der Berglatze er scholl, das Schreien des hirsches, das Knurren des Panthers, oder das Kra chen von Rohr und Gezweig, wenn die milden Elefanten sich ihren Weg durch das sast undurchdringliche Gestrüpp der Dschungeln babnten. Doch gab es in der schönen Umgebung des Teiches auch weniger anziehende Bewohner, als die satbenprächtigen Vögel und die bübschen Eidechsen, die im Sonnen scheine 'dabinbuschten. Alligatoren waren dort nicht selten, Schlangen in Menge, und dem Skorpion, dem Hun dertsusi nnd dem Blutegel begegnete man bitusigin den seuchieren, unwirtb lichen Theilen des Waldes. Aber wir Eingeborenen besitzen eine Gleichgültig leit gegen allei, was um uns herum triecht, die den Europäer in Erstaunen setzt. und auch ich batte noch nicht ge wußt, was es beißt, · sich vor einem Thier zu fürchten. Als ich mich von meinem Vater ver abschiedet hatte, wandte ich unserm weißen Hause mit seinem grünen hols merk den Rücken und wanderte im Schatten der großen Bäume dahin, »dem großen Teiche zu. Nach halbftün diger Wanderung fah ich das verfallene Sommerhaus vor mir, das am Rande ; des Sees von einem früheren holländi ’fchen Besitzer errichtet war. Bei diesem Sommerhaufe pflegte ich Oswald zu treffen und wollte es auch heute wieder. Aber die Tage waren gezählt, wo wir uns noch sehen konnten, denn am SI. Juli sollte er von Point de Galle ad fahren, und die erfte Woche des Mo nats war fast vorüber. Unterwegs stand ich hin und wieder still, um den weiten Spiegel des Sees zu betrachten, dessen silbernes Wasser so erhaben dalag, daß man laum be greifen konnte, daß das, was ein Bin nensee zu sein schien, wirklich das Wert von Menschenhiinden war. Ganze Schgaren weißbeschwingter Mist-sen lauerten den Schwärmen bunter Fische auf, die um die Krautinfelchen herum schwammen, während hier und da zwi schen den Lotosblumen gleich einem schwimmenden Klotz ein Alligator er s schien, der sich triige von der glühenden ! Sonne befcheinen ließ. — i Die drückende Hiye schien selbst den J Eingeborenen die Bewegung zu verlei ’den. denn ich sah leinen Fischer wie sonst sein leichtes Boot über das Was ser rudern oder seine Netze aus zähen iKotosfasern zum Trocknen ausbreiten. "Selbft die braunen Holzhauer hatten Hihre Arbeit eingestellt, und von ihrer zThiitigleit zeugten nur ein großerHau ern behauener Baumstämme und meh ,rere turze blanle Aerte, die in einem ldicken Zyprefsenstamme ftalen. Ein i paar Schritte von diesem Haufen war sdas verfallene Sommerhaus und da ,hinter ragte der mächtige Palmbaum Thervor, unter dem Oswald und ich !uns gewöhnlich trafen. Zu meiner großen Ueberraschung Iund vielleicht auch Enttiiuschung sah )ich den Erwarteten zuerst nicht, und fürchtete schon, er hätte die Verabre Hdung vergessen, da erblickte ich beim sNiihertreten etwas, das mir vor Ent setzen das Blut in den Adern erstarren l ließ und den Angftschrei auf meinen Lippen ertödtetr. Auf dem Rasen zwi Ischen den Wurzeln des mächtigen Bau mes lag stald und schien zu schla fen, wahrscheinlich von der ungewöhn lichen hitze überwältigt, und um ihn Iherum wand sich etwas, das einem »diclen, seltsam schwarz und gelb und iweiß gestreiften Tau ähnlich sah, et was, das bei jeder Schlängelbewegung sdie verweltten Blätter und das ver sdorrie Gras rascheln ließ. : Jch hatte noch nie eine lebende IKlapperschlange gesehen, aber beim ersten Blick wußte ich, daß die Schlan ge vor mir nur ein großes Exemplar dieser gefürchteten Thiere sein konnte, gegen deren Biß es lein Heilmittel gibt. Der große flache Kopf des Ungez heuers ruhte auf dem Boden zwischen Blumen und Farnkraut Jch lonnte ihre Augen, die wie Diamanten fun lelten, auf mich gerichtet sehen. Sie gab im Augenblick teine besonderen Zeichen von Wuth oder Mißtrauen, sondern begniigte sich damit, den Ein dringling in ihr Reich ruhig zu be trachten. Als ich dastand und meinen schlafenden Geliebten anstarrte und das scheuszliche Geschöpf, das ruhig, aber wachsam bei ihm lag, da fielen mir alle Schlangengefchichten ein, die ich gelesen oder gehört hatte. Jch wußte, daß die Klapperschlange, wie fast alle Gift schlangen, ihre Giftziihne selten ge braucht. wenn sie nicht angegriffen oder ereizt wird. So lange Oswald schlte und sich nicht rührte, war er auch nicht in Gefahr, von der Schlange ver letzt zu werden. Jch fürchtete nur, daß er aufwachen und durch eine hastige Bewegung die Wuth des entsetzlichen Feindes erregen könnte. Plötzlich tam mir ein Gedanke, der mich in diefer äußersten Noth hoffen ließ. Jch hatte oft zahme Schlangen in den häusern der Landsleute gesehen, kannte ihre Gewohnheiten und ihre Vorliebe für mancherlei Nahrungsmit tel, besonders fiir Milch. Wenn ich nur etwas Milch herbeischaffen und fie, bevor Oswald erwachte, in lockender Nähe der Schlange aufstellen konnte, so konnte noch alles gut werden. Es .schien zwar grausam ibn in so schreck ;licher Gefellfchaft zurückzulassem doch iwar es zu feiner Rettung, und ich I,fiihlte daß ich gehen mußte. Sebr Elangsam und leise zog ich mich zurück, um den Schläfer und feine Wächter inicht zu ftören; als ich aber in sicherer iEntfernung war, eilte ich, fo schnell i mich meine Füße trugen, den Wall-weg ientlang. ! Die nächste europäische Ansiedlung Iwar Oswalds Elternhaus. Zu jeder andern Zeit lzätte ich Herrn Forfters Grund und Boden gemieden, jetzt aber war keine Zeit zu folcher Zurückhal .tung. Leben oder Tod hingen von meiner Schnelligkeit ab. Da iauchtet endlich die hohe undu:chdrin liche Dotnhecke vor mir aus, die die Pflan zung zum Schutze gegen Leopatden und Schakale umgab, und durch ein os sensö Thor trat ich in den Hof. Der erste Bediente, der mir begegnete und der mit höflichem ,,Salaam« und freundlichem Lächeln die Hand an den schneeweißen Turban legte, war ein Mnhrutta, den ich kannte, denn er war früher bei meinem Vater gewesen und ich hatte seit Kind während eines Fie beransalls gepflegt. ,.Ball Singh!« leuchte ich, nach Athem ringend, »thu mir einen großen Gefallen, gib mir, fo schnell du kannst, etwas frische Milch, aber frage nicht, nur eile!« Irgend etwas in meiner Stimme mußte auf denMahratta Ein druck machen denn ohne ein Wort zu sagen, eilte er fort und kehrte bald mit einem Kruge Milch und einem Trink gefäß zurück, das er auf ein Zeichen von mir füllte. Jch hielt mich kaum so lange auf, ein Wort des Dankes zu sagen, sondern ergriff das messingene Gefäß und eilte fort. Befliigelten Fußes und doch den kostbaren Trunk Milch mit größter Vorsicht tragend, eilte ich zu dem Platze, wo ich am Fuße des großen Palmbaumes den Geliebten zurück e lasfen hatte. Er schlief noch, aber ie Schlange fing an, sich zu rühren, als ob sie sich unbehaglich fühlte. Jhr häßlicher Kopf bewegte sich zwischen den weißen Blumen hin und her, und ihre lange dünne Zunge zeigte sich zwi schen den geöffneten Kinnladen Aber noch tam ich zur rechten Zeit, und wäh rend ich einen Theil derMilch auf dem Boden ausgoß, so daß eine lange Spur zu dar Stelle führte, wo ich das Trink gesäß mit dem iibrigeanhalt hinsetzte, vermied ich sorgfältig jede unborsichtige « Bewegung, die das Thier hätte reizen können. Es folgten einige Minuten ängstli-: cher Erwartung, und dann fing das Reptil zu meiner großen Freude an, sich fortzubewegen, augenscheinlich auf; die Milch zu. Ein Ring nach dem tin-» dern löste sich auf, und die große; Schlange wand sich durch Gras und; Blumen dahin, um endlich bei der’ Milch innezuhalten. Als ich Oswald so befreit sah und der unerwartete Feind sich weiter und weiter von feinem Nuheplatze fortbewegte, fühlte ich, wie die Kraft, die mich so lange aufrecht erhalten hatte, einer plötzlichen Schwä che Platz machte. Nun, wo meine Ner den nicht nicht mehr durch den Gedan ten an Oswalds Gefrhr in Spannung gehalten wurden, gewannen der-Schrei ten und der Abscheu, den ich von Kind heit an gegen das Geschlecht derSchlan gen gefühlt hatte, die Oberhand, und ich wurde schwach und schwindlig, so daß ich taum stehen und sehen konnte. Was stand da vor meinen trüben Blicken? Das wohlbekannte Portal des alten holländischen Sommerhaui fes. Mechanisch trat ich ein, ließ mich erschöpft auf einen morschen, früher wohl mit seidenen Kissen bedeuten höl zernen Sitz nieder, und allmählich ge wann ich meine körperliche Kraft und mit ihr Klarheit der Gedanken wieder. Jch dachte an Oswalds Gefahr, an meine Bemühungen, ihn zu retten, und —- — Wns raschelte dort in den Ranken, Blättern und Knospen der prächtigen Schlingpflanzen, die die zerbrochenen Fenster des Sommerhauses in ver schwenderischer Fülle einrahmtenk War es nicht die eigenthiimliche, schlän gelnde Bewegung, mit der sich eine große Schlange durch das Gras der Dschungeln sortwindeti Ja, meine Furcht war nur zu begründet! Dort in dem offenen Fenster, dessen zerbro chenes Gitterwert durch wilden Wein und hangende Orchideen ersetzt war erschien in einer Höhe von sieben Fufi über dem Erdboden der scheußliche Kon der Schlange, die vorhin Osivald bedroht hatte, und nun mich anstarrte. Da fiel es mir ein« daß dieses ver lassene Gemäuer wahrscheinlich der Schlupfwinlel des Reptils wäre und daß ich ahnungslos in das Reich des entseylichenThieres eingedrungen war, aus dessen Nähe ich mich als Oswaldg Leben gerettet war schleunigst entfernt hatte. Jch hatte oft gehört, das-, Schlangen eine besondere Vorliebe für oertassene, menschliche Wohnungen zei gen, und baß sie oft einsam liegende Wohnsitze von Europäern und Hütten von Eingeborenen aufsuchen Und nun war ich ganz tolliiitm eingedrun gen in den Schlupfwintel des schreck lichen Bewohners der Dschungeln! ---- Zweifellos war die Schlange gereizt. Sie bog ihren schlanten Schwanenhals und zischte leise mit halbosfenemMaul. Mir schien es, als könnte ich die krum men Giftzähne sehen, während die dia manthellen Augen mich unheilvertiin dend ansuntelten. Einen wilden, durch IZrIngenden Angstschrei konnte ich noch Haus-stoßen dann sah ich die Unmöglich keit jedesWinderltandes und der Flucht ein. Rettungslos, wie versteinert vor Furcht, stand ich da und starrte in die glänzenden Augen, die sich so erbar mungslos auf mich richteten. Der un angenehme, erstickende Geruch, den gro ße Schlangen ausathmem wenn sie ge reizt sind, erreichte mich. Jch gab mich verloren und wartete ganz still, daß das Scheusal ,an mich losschnelltr. Dasszischende Geräusch aus dem halb offenen Rachen der Schlange war lau Hter, das anteln der Augen drohender Iaeworden. der Kopf hoch aufgerichtet, i zum Biß bereit. ! Da plötzlich blitzte etwas Heu-s durch die blühenden Ranken, wie durch Jeinen Zauberschlag verschwanden der scheußllche Kopf und der schlanke Leib meines Feindes. Dann hörte ich den Lärm eines wüthenden Kampfes, wie derholteSchläge, Fußtritte und mensch liche Stimmen, und dann stürmte Os wald durch dieThiir herein, riß mich in seine Arme und trug mich hinaus in das helle Sonnenlicht. Da lag, noch guckend, der riesige Leib der Schlange, von Oswalds scharfer Axt mitten durchgehauen. i »Shabasch!« rief Ball Shing, dessen dunkles Gesicht vor Freude strahlte, und wälzte den«Körper des besiegten Feindes hin und her. »Es war nur gut, daß der erste Schlag saß, sonst wäre es dem jungen Sahib wohl schlecht ergangen, als der scheußliche Menschenmörder sich gegen ihn wandte. Ja, ja, zehnmal lieber will ich einem Tiger gegenübertreten!« Ball Singh bei-dankte ich in nicht geringem Maße meine Rettung. Da er aus meiner Aufregung geschlossen hatte daß irgend etwas vorgefallen sein mußte, war er mir gefolgt und ge rade damit beschäftigt, ngald aufzu i riitteln, als er meinen durchdringenden Schrei hörte, der ihn auf die große Ge fahr aufmerksam machte, in welcher ich mich befand. Oswald hatte eine-der scharfen Aexte ergriffen, welche die Holzhauer zurückgelassen hatten, und hatte glücklicherweise die Schlange mit dem ersten Schlage wehrlos gemacht. Meine Geschichte ist erzählt; ich will Fnur noch hinzufügen, daß ich von der sFörsterschen Familie mit Lobeserhe bungen und Liebkosungen überhäuft wurde und daß am folgenden Tage »Herr Förster selbst zu meinem Vater tam und ihn dringend um seine Freundschaft fiir sich und um meine Hand fiir seinen Sohn bat. Beides wurde gern gewährt. Oswald fuhr natürlich am einunddreißigsten Juli nicht von Point de Gar-se ab, und als er später Europa besuchte, nahm er Ellen Travers als feine Frau mit Wir wohnen setzt schon lange glück lich im eigenen Heim, weit ab von den tropischen Dschungeln und ihren ge fährlichen Bewohnern aber niemals werden wir die wenigen Augenblicke bitterster Todesangst am Teiche von Minarh vergessen. Das Geldmannl. Aus dem böhmischen Grenzwaldr. Von A l e x i s K o l b. Wie ich da neulig nach Platten geh’, komm’ ich bei der schwarzen Ficht’ ei nem Menschen nach, der’5 gar· eilig ge habt hat. · Wenn das nicht der Andres von Seisen ist, laß ich mir die Hand ab hackwi denk’ ich so bei mir; und rich tig, er war’s auch. Der Andres war nämlich mein be ster Freund. Na! Der hat sich wieder einmal schön heraussiassirt gehabt! Den Andres hab ich schon in den verschiedensten Auszügen gesehen, aber so wie heut’ schon lange nicht, der hat heut’ sein Rock verkehrt angehabt, die Knopsseite nach hinten, und bei jedem Schritt sind die zwei Theile hin und her geschwankt; bloßsüßig war er na türlich auch wieder. Wie ich aber näher kommen bin, hab’ ich’s gesehen, daß ich dem braven Andres unrecht gethan hab’. Der hat den Rock gar nicht verkehrt angehabt, der Rock war nur ausgerissen von oben bis unten. ,,Aha!« hab’ ich bei mir ge dacht, »da ist der Andtes wieder ir gendwo hängen geblieben in der Ge schwindigkeit!« «Andres, wart’ doch!« rus’ ich, weil ich ihn nicht einholen konnt". Der Andres dreht sich um, erkennt mich und winkt mir nur energisch mit der Hand, ohne seinen Laufschritt zu mä szigen. ,,hast’s denn heut’ gar so eilig?« stag’ ich, wie ich endlich an seiner Seite bin, »Freilich hab« ich’s eilia!« »Was hast« denn eigentlich?«« ’ »Mit-it hab’ ich!« » Jetzt war mir feine Eile verständ lich. »Wo werden wir denn einkehren in Platten?« frag’ ich, um nur was zu sagen. »Halt in einem anständigen Gast haus.« »Na, sind denn in Platten vielleicht nicht lauter anständige Wirthshäu ser?« wagte ich schüchtern einzuwen den. Da sah er mich mitleidig von der Seite an. ,,Kriegt man leicht in einem jeden Wirthshaus einen Schnaps?« fragte er verächtlich. « Da mußte ich ihm wieder recht ge ben Er hat mich auch in eine Kneipe ge führt, wo wir Schnaps ’kriegt haben. Wie ihm die Wirthin das achte Glas eingeschenkt hat, hat er abgelehnt. ,,Heut’ hab’ ich noch ein wichtiges Ge schäft vor, da heißt’s nüchtern sein!« hat er gesagt und hat mit lauter Ku pferkreuzern gezahlt, und weil’s doch nicht ganz gelangt hat, so ist er einen Sechser schuldig geblieben. Dafür hat er die Wirthin noch um eine Nabel und einen Faden Zwirn angegangen und hat’s auch ’triegt. Zum Dank für dieses mildthätige Werk hat er draußen angefangen, über den schlech ten Schnaps zu schimpfen, was nur irgend möglich war: »Wenn mir die Pantoffel nicht gar so gut gepaßt hät ten, ich hätt’ der alten Giftmischerin die Wahrheit schon noch hineingesagt!« meint er zum Schluß. Jch schau’ verwundert auf seine Füß’, und richtig hat der Andres ein Paar neue Pantoffeln an, »Jetzt können wir aber trachten, daß wir aus dem Ort hinaus kommen!« sag’ ich ängstlich ,,«’freilich, freilich!« stimmt mir der Andres zu, »aber erst hab’ ich hier noch eine kleine Verrichtung!« und da bei wirft er seinen alten Filz zur Erde und tritt in die Grenzwachtka ferne. Jch hab’ geglaubt er sei überge schnavpt und will ihn zurückhalten aber er reißt sich los und klopft beschei den an die Kanzleithür. ! ,,Drei Tag’ lan ich ohne einen Bis sen Essen und ohne Mütze in der Welt herum!« bettelt er kläglich den Aufseher an, der ihm aufmacht. Der gutmüthige Beamte schenkt ihm einen Sechser, und ein anderer bringt ihm eine abgetragene Uniformkappe. Dann klappt die Thür wieder zu. Der Andres aber bleibt noch eine Weile überlegend im Gange stehen und betrachtet nachdenklich den Dienst mantel an der Wand. Dann zieht er sein Messer, und mit ein paar geschick ten Schnitten hat er die blanlen Me tallknöpfe vom Tuche getrennt. Jetzt haben wir uns gedrückt. Wie wir aus der Stadt hinaus sind, schleichen wir uns gegen den Wald und hinter die ersten Fichteln setzen wir uns nieder. Dort stülpt mir der Andres die Grenzermiitze auf den Kopf, schlägt mir den Rocktragen empor und heftet mir mit Nadel und Zwirn die gestoh lenen Unisormtnöpfe in zwei Reihen auf die Brust, so daß ich bald aus schau’ wie ein richtiger Grenzwächter. Jch wundere mich nur im Stillen und war neugierig, was aus dieser Mastirung noch werden soll, denn fra gen hab’ ich mich nicht getraut, weil’s der Andres nicht gut vertragen tonnt’. Der Andres drückt mir noch einen Stecken in die Hand, mustert mich noch kritisch von allen Seiten und packt dann aus. »Schau!« sagt er, ,,hier hab’ ich ein Packet mit hundert Stück neuen Gul dennoten, die sind falsch; dafür gibt mir der Einmann ausErbenloh zwan zig Mart in Gold; in einer halben Stund’ treff« ich mit ihm bei der Gal geneich’ zusammen. Du versteckst dich in der Näh’, und sobald du siehst, daß ich das Packet aufmach’ und zu zählen anfangen will, springst du vor und schreist »Halt! —- im Namen des Ge setzes!« Jch steck dem Einmann schnell das Packet zu und er mir das Goldstück und danzn schauen wir, daß wir fortkommen, in jeder nach einer anderen Seit’; hast mich verstanden?« Jch schüttel’ den Kopf. »Warum willst du denn dem Einmann die hun dert Gulden nicht in aller Ruh’ auf zählen?« frag’ ich mißtrauisch Da schaut mich der Andre-s mitleidig an. ,,Weil’s gar keine falschen Guldenzettel sind, aber nur der obere und der un tere Guldenzettel ist echt, in der Mitte sind lauter farbige, werthlose, zuge schnittene Papierstiicke. Der obere und der untere Guldenschein ist aber wirk lich echt, denn wenn ich falsches Geld machen könnt’, dann braucht ich den Einmann nicht!« Diese Red’ hat mir eingeleuchtet, und bewundert hab’ ich im geheimen-; meinen tlugeanreund I Es ist auch alles so gekommen, wie es sich der Andres zurechtgelegt hat« Der Einmann war am Platz und hat das Goldstück in der Hand gehalten, und wie der Andres anfangen will, die Gulden zu zählen, spring’ ich auö" meinem Versteck hervor und schrei’ aus Leibesträften Der Andres drückt dem EinmannT schnell das Geldvacket in die Hand und ’ nimmt dafür das Goldstück, dann lau sen sie miteinander davon wie diej Dieb’, der eine rechts und der andere. links. t Beim schwarzen Hübel bin ich wie- f der mit dem Andre-s zusammengetros- - sen. Der hat sich bucklig gelacht übers den gelungenen Streich und hat mirs wieder die blanken Knöps vom Rock; getrennt. . Dann sind wir nach Brand gangen und im Wirthshaus eingekehrt. Der Andres hat bestellt was gut und« theuer war, und wir haben es uns, schmecken lassen. Der Wirth hat uns «s argwöhnisch umkreist; das hat dem Andres Spaß gemacht. Die Zeche ist s« immer größer und er Wirth immer unruhiger geworden. « Da langt der Andres in die Tasche s und legt das Goldstück auf die Tisch- — platte. Der Wirth langt nach dem Gold, ,,betracht« es eingehend von al- « len Seiten und wirft es endlich ver ächtlich aus den Tisch zurück. Da ha ben wir’s sofort am Klang gehört warum dem Mann das Geld nicht ge fallen hat. »Andres!« sagt der Wirth hochroth , vor Zorn und rüttelt meinen Freund « bei der Schulter, »ich will dich nicht in’s Kriminal bringen, jetzt zahl’ deine Zeche, aber mit besserem Gelde, als mit diesem falschen Geldstück, und · dann schau, daß du fort tommst!« Der Wirth hat gut reden gehabt, ’ dem Andres sein Reichthum war ein einziger Sechser, und da ist ihm pas sirt, was ich schon an der Grenzwacht kaserne in Platten erwartet hab’ —- in — Bogen ist er aus dem Wirthshaus hin-« ausgeflogen. Jch bin schnell hinter drein gelaufen denn ich wollt’ dem Wirth eine weitere Anstrengung er sparen und dabei hab« ich auch noch dem Andres seine neuen Pantoffel ausgeklaubt, die er bei der eiligen - Lustfahrt verloren hat. Hinter dem « Dorf hab« ich meinen Freund wieder . eingeholt. Der hat die Händ’ geballt und hat lästerlich geschimpst über den , Einmann diesen Halunten, diesen Schuft und Schurken. »Schau’ die sen Betrüger an!« hat er geschrien, »und da soll man noch auf die Ehr lichkeit der Menschen bauen!« -.-— Sensattonelle Nektar-eh Der Kampf ums Dasein zwingt die Unternehmer auf immer neuere und sensationellere Art, das Publikum an zuziehen. Ein ganz besonders guter Trick wurde vor wenigen Wochen in London ausgeführt. Eines schönen Morgens ftaute sich eine ungeheure Menge in Picadilly. Ein prachtvolles «s Automobil hielt am Rande des Trot toirs; in demselben saß in bequemer s Haltung ein unbekannter Herr in « einem sammetnen Gewand, reich mit « Goldsticterei und Spitzen verziert Sehr erstaunt sah der Fremde um sich. erhob sich nach kurzem Zögern von sei nem Platz und stieg aus dem Wagen, ohne auf seinen Begleiter Rücksicht zu nehmen. Der Unbekannte bückte sich und begann das Trottoir auszumes sen, indem er immer mit demselben Lächeln aus den Lippen die Menge zu rückdrängte. Er kam aber nicht sehr weit. Nach etwa zwanzig Metern stand das Publikum derartig dicht ge drängt, daß der ganze Verkehr stockgte nnd selbst die Omnibusse und Stra ßenbahnen halten mußten Ein Schutzmann kam hinzu und forderte den Fremden ebenso höflich wie be stimmt auf, weiter zu gehen. Der sah ihn lächelnd an und sagte kein Wort. Eine wiederholte Aufforderung des Schutzmannes hatte denselben negati ven Erfolg. Daraufhin schritt der Beamte zur Berhastung des mysteriii« sen Fremdlings. Am andern Tage las man in sämmtlichen Zeitungen, daß zum ersten Mal seit dem Bestehen der Welt ein Automat vor das Poli zeigericht geladen worden sei Der Erfolg dieser Reklame war selbstver ständlich riesengroß. Alles strömte « in das Restaurant, in dem dieser . künstliche Mensch gezeigt wurde, und das Strafmandat, das der findige Unternehmer zu zahlen hatte, wurde buntertfach eingebracht Fremder Freude sich neidlos freuen, ist aller Weisheit Krone.