Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 13, 1907, Sweiter Theil., Image 6

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    Der Mann mit lieu vielen Jlamen.
KtiminabRoman von Auguste Groner.
(11. ForifeßungJ
»Als gar so fleißig ist der Herr
« «bemerkie Frau See
ei und regte noch ein Stück Fleisch ;
. M USE-es Teller. Die gute Frau
Ziel-le daß jeder eines so gesegne
Ippeiitö fei, wie sie selbst
.· Mller interessirte sich indessen weit
· Wger fiir Doppelportionen als für
W Diese, über den er gar nicht
Hering erfahren konnte. Deshalb be
«- Mir er sich, zu fragen wie denn die
- angeschwäkmten Mannes Fleiß
geäußert, ob er viel geschrieben
" Rein, geschrieben hatte Herr Dietze
Deß gar nicht, aber in einem »K«afer
suche« hatte er immer studiri nnd eine
;.Mge solcher »Biecherln« hatte er im
Der von feinen Spaziergängen mit
« waracht nnd hatte sie nni den
ldnngen in seinem großen Buche
ZWlichern Er hatte auch viele latei
Mche Namen gewußt und immer neue
W auswendig gelernt
»in-Essig
«
l
Diese Eigendeit Fritz Dieses über- !
tkschte den Deiettiv nicht wenig. Feß- I
sie-L tte ihm Diese keineswegs alsl
f Mann geschildert, der irgend-E
Eselcher Wissenschaft ergeben sei. Alsz
einen echten Genußrnenschen hatte er Z
M hingestellt, als einen, der nur eine s
« Hans seichte Bildung besitze und aurl
III Spiel und Sport Interesse habe. j
Und nun mußte Miiller vernehmen, x
Daß Diese ein bescheidener-, stiller Herr
pssewesew der, geradeso wie er, keines
jshegs das Hotelleben bevorzugt son
Osten sich auch in stillen Gassen, bei
s· kinfsuchet Hausmannskost wohl befand,
sind auch so wie er den intimen Schön
Tfeiten nnd kleinen Wundern der Na
tur nachging.
Also ein Entomoloae war Fritz
Editsex ein Mann, der sich in den Jn
halt eines Käferbuches vertiefen
konnte der viel lateinische Namen
Miste und die welche ihm noch fremd
TM, mit Schülerfleiß auswendig
Jietntr.x
j Müller hätte bei dieser Vorstellung
M liebsten hell ausgelacht, aber er
. si- drückte die Heiterkeit, welche ihn
»in-riss, und veranlaßte die beiden ;
Tischgenossinnen auf seine kluge, un-;
:- bare Art weiter über den lieben -
»Den-n Diese zu berichten. Wenn der,
» , sie da schilt-ersten thatsächlich und
--i- so war, wie er sich diesen bei
»Den Frauen gezeigt, dgnn wäre er ein
·. der Typus eines angenehmen, stil
, bescheidenen Mannes gewesen.
I Ein geeiebener Bursche!'« mußte
-Mllet wieder denken. »Er will wie
Un Ebamäleom wenn er nicht aus
. will, wird er — wie seine Um
: , s-«
Ei war am zweiten Taae seine-II
» IIfenthults in Jfchl, als Müller mit
, s Zigarre recht gemüthlich bei
« lein Leni saß, die rasch Zu
Nennen zu dem neuen Miether gefaßt ·
ihm I
; Fräulein Magdalene Seewieseri
Flor-r mit einer Näherei beschäftigt !
, YDrauszen nickten die Blätter des wil
Eben Jastnim der das Fenster um-;
· Hwhmth fortwährend unter dem Re
ZU der sie schon seit dem frühen«
FMorgen wusch. Es war ein richtiger J
zsebirgsregem der mit Kälte und Nebel
sprangezogen und der so schien es
- chioisen war, nie mehr auszuhö-»
Umso gemüthlicher war es in der
en Stube mit den uralten, schö
. Zirbelmöheln, mit dem grünen
sen, in dessen glänzenden Kachelnz
E - Lichter saßen und mit dein ;
»-ig großen LehnsesseL darin :
Tiers hagere Gestalt fast ver- i
BUn .
der für Gemüthlichkeit merk- !
Eigerweise einen ganz ausgespro- ·
Sinn hatte, fühlte sich außer- !
» - lich wohl in dieler altväterischen »
»dring. in welche dieses verblühte »
., das noch immer Vergiß-i
« ichtsträuße band und Kanariem E
ei pflegte, so recht hineinpaßte !
M auch die leise Schwärmerei und T
leise Sehnsucht. die immer mitge- ;
« hatten, so oft sie von Dietze ge
« auch die paßten gar gut zu
blas-blauen Strauß, mit dem sie
Nähtisch geschmückt, und zu dem
Kätzlein, das vom schlechten
verstimmt, in seinem Bauer
O
weih als ob der trübe Tag so
. « sp tät-lett Magdalene Seen-ie
« das E sich jth mehr in ih
.- sitt-ite, alzbet bei hellem
» ieiaeette wenigstens daß sie
«« war, as dies bisher
- « eu. Sie erzahtte ihm
Zu d nnd sie that dies
s· gis wären es schon
W Eck- stik sie jung gewe
»Wi« hanc also doch tkptz
nnd Qanarienvogeh
sanesi tri. Das be
MM nnd er fühlte
W, ihr etwas
Liebeö zu sagen, ihr eine kleine Freude
zu machen.
Er siand aus. ging in sein Zimmer
hinüber und holte ein Päitchen schö
ner Ansichtstartem vie er bei seiner
Ankunft in Jichl einem etwas zu
dringlichen Händler abgetaust hatte· "
Er hatte sie eigentlich für einen tar
tensammelnden Gymnasiaften feiner
Bekanntschaft erstanden. Aber weil
darunter sich mehrere Bilder von Ge
genden. die Leni schon einmal gesehen
hatte, befanden, wollte er sie nun ihr -
schenken. !
Sie nahm sie denn auch sichtlich er
sreut an und holte eine große ge
schnitzte Schatulle herbei, um die Kar
ten sogleich zu verwahren.
»Da haben Sie ja schon eine reiche
Sammlung!« meinte er. «Lassen
Sie doch schauen!« I
Sie überließ ihm gekii die Sen-(
tulle mit ihrem bunten Inhalt. Jch
half die meisten von den Leuten be
kommen, die bei uns gewohnt haben,«
erklärte sie. l
»Nun, da wird ja auch Herr Dietze I
welche geschickt baben.«
Fräulein Leni bejahte errötbend.
Ihr Gesicht wurde fast wieder jung.
Sie brauchte Dieyes Karten gar nicht
zu suchen. sie lagen in einem beson-i
deren Umschlag beisammen, was allein s
schon ein Beweis dafür war, daß sie ;
den anderen, die loie in der Schatulle
lagen, nicht gleichgehalten wurden. s
»Diese bat er geschickt,« sagte das «
sittliche Mädchen, ein bißchen ver
schiimt lächelnd. »Die lente bebe ich
erst vor ein paar Tagen bekommen«
»Die ledte erst vor ein paar Ta
gen!« hallte es in Müllers Geist nach,
und es zuckte in seinen Händen
Aber er hatte es schon längst ge
lernt, sich zu beherrschen. Er schaute
bie Karten genau in der Reihenfolge
an, in welcher sie lagen, und sie lagen
genau in der Reihenfolge, in zvelcher
sie eingetroffen waren.
Die erste war vor zwei Jahren in
Aussee zur Post gegeben worden. Sie
trug den Stempel vom 17. Septem
ber unb enthielt nur eine Begrü
ßungspbrasr. Die zweite Karte, vom
22. Oktober desselben Jahres. zeiate
in Buntbrucl eine Praterpartie: ein
Weitrennbild, und enthielt nebst vielen
Grüßen auch die Bemerkung: »Habe
soeben verloren That aber nichts.
Das Gliick ist tugelrund.«
»Ist Herr Diese öfters in Wien?«
erkundigte sich Müller anliißlich die
ser Karte.
Fräulein Leni schüttelte den Kons.
»Nein.« sagte sie rnit einer gewissen
Wichtigkeit, «er gebt-nur itn Herbst
und im Frühling hin, wenn die gro
ßen Rennen sind. Jeht wird er auch
wieder hingeben« · «
I Müller horchte hoch auf. »Ist-han
.perll« dachte er dabei. »Hast da ein
warnehrn klingendes Wort ausge
ischnappt. hast keine Ahnung, was
zdie »großen, Rennen« sind. Aber stei
lich, ein Fritz Diese weiß schon, was
imponirt.«
f Die dritte Karte wies das Bild ei- !
ner Kirche auf, die sich an einem Fluß- s
Hhiigel erhebt. »Paura« stand darun
ster. Diese Karte war am 7. Oktober
Ivergangenen Jahres aufgegeben wor
»den und entbielt auch nur das Wort:
-«Gruß: D.«
Nun kam eine ungewöhnlich schön
sausgefiihrte Karte an die Reihe. Sie
shatte nur den Fehler, dafz sie nirgends !
iPlatz zum Schreiben bot· Sie stellte i
sdas Brandenburger Thor in BerlinZ
Hirn Schnee dar. In den Wollen ftand
;»Prosit Neujahr!« H
,·Er denlt doch oft an ungl« sagte «
sFriiulein Leni in glücklichem Tone. l
»Er muß sich eben biet auch febr
i
(
l
4
l
l
Jvohl gefühlt baden.« entgegnete Mitl
;ler. »Er will vielleicht auch wieder
jtomrnen.«
I Noch hielt er drei Karten in der
wand, davon die letzte erst vor ein
jpaar Tagen insFräulein Lenis Besitz
;gelangt war. Die Ungeduld bohrte
Lschon in ihm, die Ungeduld. endlich
sdies letzte Karte zu sehen. Aber äu
fßerlich ließ er sich nichts anmerlen.
»Ah —- die ist hübsch! Ein echtes
Frühjahr-bild. Wie schön das Laubs ;
wert behandelt ist, und die Blütheni
duften lchier.« « J
Das alles sagte er mechanisch, wäh- j
rend er las: »Mein-I l lomnre ichs
schon im Juli. Mein Stämer ift doch
Mi«
Und nun noch eine Karte. Sie
trug, gleich derjenigen mit dem Kir
,chenbilde, den Stempel Lambach und ·
war arn lettvergangenen Z. Juni in
Jfchl angelangt Sie stellte das In
nere des dortigen Beuediltinerltifteg
dar. Wieder enthielt sie nichts als ei
nen Gans
Run, textlich hatte sich Diese ja
iiderhanpt nie angestrengt Er hatte
die Karten wohl nur geschickt, urn diese
beiden Frauen sich zu irgend welchem
NO warne zu halten, das wer der
Met, den Müller durch die sechs
Karten betont-seen hatte.
Endkich hatte er die, siebente-. die-4
lesee vor sich. Einen Augenblick lang
mußte er die Lippen auseinanderpresi
sen — dann hatte er seine Fassung
schon wieder, konnte schon wieder sei
nen Worten gebieten.
»Die kommt ja von weit her!«
konnte er in ganz ruhiger Weise sa
gen. - »Katten aus Athen, noch dazu
so ausgesucht schöne. werden nur we
nige Sammlerinnen haben. Wie
lange die wohl bis nach Jschl unt-er
wegs warf Aha. Bier Tage. Arn
ersten September ist sie aufgegeben
worden« und atn vierten ist sie hier an
gekommen Wirklich. eine sehr hübsche
Karte! So also steht das Haut
Schliemanns aus!«
Das Schliemarfn"sche Haus inAthen
interessierte Herrn Müller recht wenig.
Er verbrauchte seine Zeit keineswegs
damit, es zu betrachten, sondern um
die paar Worte zu lesen, die darunter
standen: »Komm über Wien zu Ih
nen Ende dieses Monats. Brauche
Ruhe. Viele Grüße ansMama See
wieser und Sie. D.«
»Daß doch jeder, auch der Durch-"
triebenste, irgend eine Dummheit
macht, die ihn dann trotz aller Vor
sicht an den Galgen bringt!« dachte
Müller, während er die sieben für ihn
so überaus interessanten Ansichtslar
ten wieder in den Umschlag schob nnd
diesen der ganz beglückten Leni mit
galanter Verbeugung überreichte.
Einige Stunden später hatte der
Rean so weit nachgelassen. daß er sich
auf der Esplanade ein bißchen Bewe
gung machen konnte. Er dehnte sei
nen Spaziergang bis zum Postgebäude
aus. Dort gab er an seine Wirth
schafterin ein Telearamm auf. Es
lautete: »Wie gewöhnlich Sofort.«
Diesen Worten war seine jeßige
Adresse angefügt.
Er wüßte« daß die gute Frau über
diese, für andere ein bißchen riithlels
hatte Depeiche keineswegs erstaunt sein
würde. War es doch nicht das erste
Mal, daß sie ein Teleararnnr mit sal
chern Wortlaut erhielt. Sie wußte,
dasi sie ihren herrn alsdann telegra
pbisch heimiubemfen hatte.
Dann ging Müller an den Brief
schalter und fragte an, ob nicht ein,
postlaaernder Brief für ihn angekom
men sei.
Es war dies tbatsiichlich der Fall
Natürlich kam das Schreiben von
Fehler. Es muss-te ia sonst niemand,
dasi Müller sich in Jschl befinde.
Er steckte den Brief ein und ging
wieder aus die« Esvianade, unter de
ren noch dichtem Blätterdache etliche
weiterfeste Leute in Regenmiinteln und
Gummilchuhn spazieren ainaen.
Als Müller das menschenleere Ende
der Eiplanade erreichtchattn öffnete er
den Brief.
Als er ein paar Zeilen gelesen hatte,
blieb er stehen. Das, was ihm da ge
meldet wurde, mußte in Ruhe gelesen
werden.
Und als Müller mit dem Briefe zu
Ende gekommen war, stand er noch
lange auf demselben Fleet und dann
— nun dann ging er, in tiefes Nach
sinnen verloren, weiter. Er war in
irgend eine Straße gerathen. Er
wußte gar nicht, was für einen Weg
er unter den Fühen habe, wußte nicht,
daß er über eine tropfnasse Wiese
ging, über ein Marien-, dessen schwere
Blüthentöpfe sich trag im Winde neig
ten, über einen Brachacker dessen
feuchte Schallen sich an seine Schuhe
klebten.
Erst das Rauschen des Witdwass
fert, in das er fast schon hineinge
"tappt war, erweckte ihn ais feinem
Brüten. »Na, ich schau gut aus«-«
Das war das erste das er dachte, ja
sogar laut sagte nachdem er sich eine
Weile gesammelt hatte. Er streckte
einen Fuß nach dem anderen in den
Bach, der denn auch la gefällig war,
ihm Schuhpuyerdienlte zu leisten,
dann sprang er von Stein zu Stein.
non Graöbiifchel zu Grazbiischeb bis
fer die nahe Straße erreicht hatte, auf
zwelcher er nach seiner Wohnung zu
rückkehrte. L
Daheim angekommen, las et den
Brief noch einmal genau durch:
Feßler fchtieb: »Geehkter Herr!
ISeit kurzem häufen sich die Ereig
nisse in meinem fonfi fo ftill gewese
nen Leben. Leider sind es, meine
Verlobung ausgenommen, lauter trau
rige Ereignisse. Nun, die wichtigsten
davon kennen Sie ja. Es hat fich«
.feit Sie mich verließen, abermals
Trauriges ereignei. Diese Zeilen
zfcheeibe ich Ihnen neben dem Bette
meiner Mutter. Sie ift krank gewor
jden. Noch weiß der Arzt nicht« was
Hwetden wird, ob die Nerven der Ar
zmen sich wieder beruhigen werden,
.oder ob die Krisis erft vor uns liegt.
jJedenfallt kann ich meine arme Mut
ter jetzt nicht verlassen. Sie iingftigt
sich schon, wenn ich nur aus dem Zim
smer gehe. Da ich leider fo viel ge
Tthan habe, um ihre Nerven zu bean
iuhigen, muß ich fest alles thun, um
sihr wieder Ruhe zu verschaffen Alfo
—- ich bin bis auf weiteres nicht in
der Lage, auch nur aus dem haufe zu
gehen. Und ich follte eben fest frei,
ganz frei fein, um meiner Braut bei
siehen zu können. Auch ihr ift näm
iich das Unheil genaht. Sie iiindigte
dies mir per Draht an. Daß fie bis
vor tut-ein außer ihrem Bruder noch
einen Verwandten, einen Großes-im
befas, wiffen Sie sfchom Ich habe
——I
Ihnen ja die Geschichte der Geschwi- «
ster erzählt. Joseph Moorland ist am
14. Juni dieses Jahres gestorben; sein
Testament wurde, laut seiner Willens
äußekung, drei Monate nach seinem
Tode, also heute, am 14. September,
eröffnet. Meine Braut ist gestern in
Lambach —- dort nämlich war ihr
Großoheinr anfäng —- angekommen.
Der sie empfangende Notar bat sie,
nicht sogleich nach ihrem Besis zu sah
ren, sondern in seinem Hause zu über
nachten. Notar Klinger sollte näm
lich am 14. September, also heute, in
einer wichtigen amtlichen Sache Mit
tags in Linz eintreffen. Da wollte er
die Testamentseröfsnung schon vor
neun Uhr Morgens vornehmen. und
da der Lindenhos —- so heißt der
Moorland sche Besitz — ziemlich weit
weg von Lambach ist wollte er Hedwig
die Unbequemlichteit des Frühaus
steheng nicht zumuthen.
Hedwig hat denn auch die Einla
dung angenommen und hat den Abend
gemütblich in Klingers Familie zu
gebracht und heute, vor neun Uhr.
wurde in Klingers Kanzlei vor einem
Gerichtsbeamten und vor den zwei
Testamentszeugen —- welche herren
auch Zeugen waren, wie Klinger nach
dem Tode des alten herrn den wohl
versiegelten Pack feiner Werts-pariere
mitnabm —- das Testament erösfnet.
Es verhielt sich ganz so, wie wir
alle erwartet hatten. Hedwig iit Jo
seph Moorlandö alleinige Erbin. Ab
gesehen von ein paar Legaten, die iie
auszuzahlen hat« geht sein ganzer Be
sitz auf sie über.
So weit war also alles in Ord
nung. Als-jedoch Klinger das Partei
öffnete, das nebst dem Testament auch
die Wetthvaviere enthalten sollte, sand
es sich, daß die größte Anzahl dersel
ben. sowie auch die Sparlassenbücher
sehlten. Dasür waren Zeitungen in
das Partei gelegt worden. Klingen
der ein Verzeichnisz der Werthpaviere
des alten Moorland besitzt, hat selige
stellt. daß drei Spartassenbiicher mit
einer Gesammteinlage von dreiund
achtzigtausend Kro- und andereWerth
papiere von etwa dem halben Werthe
fehlen. Natürlich herrscht große Be
stiirzung unter den Betheiligten, und
Lüge wäre es, zu behaupten, daß ich
mich nicht zu den Betheiligten zähle.
Klinger vor allem ist geradezu tas
iungslos, oder giebt sich wenigstens so,
als- ob er iassungslos wäre.
Da wäre es nun sür uns höchst
wüns enswerth, daß einer, .der nicht
sassun slos ist, einer, dem man, wie
Ihnen, nach jeder Richtung hin voll
ständig vertrauen tann, sich die Sache
in der Nähe betrachten würde. Und
so bitte ich Sie, der sich derzeit meet
würdigerweiie in Jschl befinden, nach
dem nahen Lambach zu gehen, salls
Jhnen dies möglich ist. Geben Sie
auch recht bald Nachricht von der an
deren, ja noch größeren Sache Ihrem
Ihnen jeht schon ties verpslichteten
Herbesä Fehlen«
Das war der Jnhalt des Schrei
bens, welches Müllers Aufmertsatns
teit so ganz und gar in Anspruch ge
nommen hatte. daß er darüber Weg
und Steg verlor.
In Lambach also war ein großer
Diebstahl verübt worden. An Joseph
Moorland war er verübt worden. Es
hatte ihn einer begangen, der im
Haufe Moorlands aus und ein ging,
der dort gut Bescheid wußte, sonst
hätte das sragliche Packet nicht geöff
net und wieder verschlossen werden
tsnnen.
Aber wann war daö.geschehen·
Der Dieb hatte, um das· srühere
Volumen wieder herzustellen, statt
der entwendeten Papiere Zeitungen in
dn Umschlag gethan. ·
Diese werden nun aussagen tön
nen, von welchem Tage an der Dieb
stahl ausgeführt worden wa,r. Aber
mehr wird ihr Datum nicht lagen.
Der Dieb tonnte ja vor langem schon
erschienene Zeitungen zu dem er
wähnten Zwecke verwendet haben.
Wenn diese Zeitungen nun zwi
schen dem 7. Oktober des vorigen und
dem s. Juni des laufenden Jahres er
schienen waren!
Lag da nichtt die Möglichteit vor,
daß Diese« dreier Iris Diese, der
auch solcher That wohl fähig war, den
Diebstahl begangen hattet
Diese war ja zwischen jenem 7. und
diesem ö. Juni mindestens zweimal in
Lambach gewesen, in 'esern ja eigent
lich ziemlich reizloien Städtchen, das
für einen Sport- und Lebe-rann als-·
Diese geschildert worden war, sicher
lich wenig anziehend war.
Was also konnte ihn hingefiihrt ha
ben?
hatte der alte Moor-fand ihn an
gezogen, Moorland, der reich und der
Erbgroßpntel hedwigs war? Moor
land, dessen Verhältnis Iris Diese
sehr wohl iennen kannte, denn warum
hätte Vedwig Moorland zu ihrem
Manne nicht von ihrem Yertvandten
reden folleni
Diese nnd noch manch andere Er
wägungen drängten sich in des De
tettins Kopf, und es war ihm fett
sehr recht, daß er das Adderufungö
telegeannn bestellt hatte.
Er wäre fotvieso baldmsglichst nach
Lamdach gefahren. Das Städtchen
lag ja nahe und immerhin kannte es
von Rasen sein, wenn man ein paar
Stunden daran wandte. um zu er
fahren, was einen Diese zum wieder
holten sesuch Larnbachs veranlaßt
haben konnte. Nun war diese Rach
soeschung erst recht nothwendig ge
worden. (
Mäller ware am liebsten sosort
weggesahren, aber erstens ging augen-1
blicklich tein Zug ab und zweitens
durste er aus teinen Fall hier irgend
etwas Aufsallendes thun. denn Diese
hatte sein Cintressen bei Seewiesers
siir Ende dieses Monats angetiindigt.;
Die beiden Frauen, welche, jede in ih-i
rer Urt, in ihn verliebt waren, durs-(
ten nicht ahnen. daß auch andere Leute :
ein Augenniert aus diesen herrn hat-;
ten daß Diese gesucht wurde. »
Frauen, auch ehrbare Frauen sind
unberechenbar. Wer weiß, ob sie
Dies-en nicht gewarnt hätten. Die
yMutter oder die Tochter oder wohl
Iauch Mutter und Tochter im Verein.
! Also hieß es, sich gar nicht auffäl
i lig machen. «
» Miiller schrieb in seiner Wohnung
seinen turzen Brief an Feßler. Er
;theilte ihm darin nach einigem Ueber
zlegen die Thatsache mit. daß Diehe
und herr v. Ueltien dieselbe Person
sei, und daß er Miiller heute noch
jnach Lambach sahren werde
J Ersteren Punkt noch zu verschweig
gen, war seht so schien es Müller
überflüssig geworden, da er Armuth-s
Jlich heute noch selbst mit Hedwig
Moorland reden und sie nachdriiclp
lichst vor jedem etwa möglich werden-T
den Gedantenaustausch mit Dieße
warnen konnte.
Wie die Sachen jetzt standen, war
es sogar gut, daß sie aler erfuhr denn z
dann war vielleicht auch durch sie nochi
einiges zu erfahren. i
Wer weiß wie die Faden lich zwi
schen Berlin. Wien und Lanibach tier
schlungen hatten, und wer weiß. ob
nicht auch sie zu deren Lösung beitra-.
gen konnte! i
Mit dem Briese an Feßler verließj
Müller noch einmal das Haus. Als
er wieder zurückkam, war gerade die·
Jauienzeit da.
Wieder regnete es und wieder war
es doppelt gemiithlich in der großen
Wohnstube. Müller war während der!
Jause sehr gespriichig. Er betlagteil
es, daß er solch häßlicheö Wetter gesj
sunden, ließ sich diesbezüglich aber;
bald trösten und machte, theilweisej
mit hilse der beiden Fraurm Planes
siir die Fußtouren, die in den paarz
Tagen, über welche er noch versägeni
tonnte, zu machen waren.
Dabei itreiften feine Augen zuwei-.
len verstohlen zu der Schwarzwälderl
Uhr hinüber. Nach acht Uhr ging ein «
Zug ab, der ihn gegen halb zehn Uhrsi
nach Lambach bringen lonnte.
Und jetzt war es silni Uhr. Das
bestellte Telegrainni lonnte jeden Au- i
i
i
l
genblick eintreffen
Wenn es aber verspätet oder gar
nicht lam!
Müller war äußerlich ebenso ruhig
und gemiithlich als er sich.innerlich
gespannt und besorgt siihlte »
Sechs Uhr war schon vorbei. dai
endlich lain die Depeiche. Die Magd
brachte fie herein und legte sie vor ihm
nieder. .
Er that feer verwundert Während «
er den Empfangfchein unterschrieb,l
sagte er ärgerlich: »Kaum hat manl
sich ein bißchen srei gemacht, tritt ei-I
nem das Geschäft schon wieder auf dief
hiihnetaugen. Diesrnal hat man es(
aber gar zu eilig ehe-di Jch habet
ihnen kaum meine drefse geschrieben.j
benutzen sie sie ouch schon, um mich zu (
belästigen.« I
»Wenn es nur nichts Unonanehs
mes ifi.«' meinte Fräulein Beni
«Ah, was wird es sein!'« sagte Mul- ·
ler in nochläfsrger Weise. »Vielleicht
ist wieder einmal eine Farbe nicht ge
lungen oder ein Kunde nracht Schwie
rigleiten.«
Er hatte sich nämlich im Hause
Seewieser für den Besitzer einer grogi
szen Färberei ausgegeben ’
Gleichgültig nur mit einem Stich
ins Aergerliche, öffnete er die De
che.
Da aber wurde er plötzlich zornig,
kleinnue die Lippen zwischen die Zähnei
»und schlug rnt der geballten hand aufs
den Tisch. .
»Was ift denni« erkundigte sich
Frau Seewieser erschrocken und strich
das in Unordnung gerntlpene Tifchs
tuch wieder glatt, denn so weit ging
ihre Aufregung nicht« daß fie nicht
noch Sinn fin Ordnung gehabt hätte.
s »Was isi eli« Müller l te zornig.
HNach Daufe muß ich, ofort nach
Dante. und die paar Sage Freiheit!
na —— die sind natürlich wieder hin.«·
«Schadel« meinte mitleidig die wa
ckere schler haussrain und Fräuleins
Leni ehte aufrichtig betrübt hinzu:
»Es ist wirklich schade, daß Sie fort
müssen. Jch hab' eben auf den Ba
grneter geschaut. Er steigt entschie
w«
-Miiller zuckte die Achseln. »Da
tann man halt nichts machen!« sagte
er wehmüthig und verdrossen. »Das
Geschäft geht allein voran. Jeht heißt
es schauen, wann der nächste Zug
geht.« -
»Wa« Heute wollen Sie fchon
fort?" klagte Frau Seewiefer.
Jhr Miether fchiittelte sden Kopf.
»Wollen? Ah nein —- wollen nicht,
aber miifsen —- O, Fräulein Leni ift
scharmant.«
Die schlante Maid hatte einen Ei
senbahnfahrplan gebracht. und ein
paar Minuten später wußten die bei
den Frauen, daß ihr Miether noch am
gleichen Abend Jschl verlassen werde.
Der Abschied war faft rührend.
Müller mußte versprechen« wieder zu
kommen. Und er versprach es gern.
Jn stockfinsterer Nacht, in einem
Regen, der selbft dem Saul-immer
aute Ehre machte, lam Müller in
Lambach an. Kein Wagen weit und
breit! Er ging alio zu Fuh. Zum
Giiiel hatte er einen wasserdichten
haveloch dem auch ein weiterer Weg
bei solchem Wetter nichts hätte anha
ben können. " .
Als er die einsame Bahnhofstraße
hinter sich hatte und schon im Bereiche
des Stiftsaebiiudes war, that eine llbr
zwei Schläge Es war halb zehn
Uhr. «
l Fortsetzung solgt.)
doneerrollerfche Gradnätrem
Wie aus Breölau gemeldet wird,
hat man bei Wiederherstellungsarbei
ten «in der tatholischen Kirche zu Ditt
.mannsdors in Schlesien ein Massen
sgrad mit acht Sorgen ausgedeclt, die
fang den Jahren 1638—40 stammen
Isollen und das Waden des Hauses
kHohenzollern - Sigma:ingen tragen.
Es handelt sich hier unzweifelhaft um
IBeifetzungen aus der, fchlesilchen Linie
ides Hauses hohenzocern lichtväibiiche
zLinietg die Graf Joachim, ein Sohn
Karls l. (1516-——1576) grünt-ein
JDieser war das zwölfte Kind des ge
nannten Grafen, trat als einziger der
schwäbifchen Zallern zum Proteftan
tisrnus über, ging nach Norddeutsch
land. heiratete eine Griifin Anna von
Hrzhenitein und ariindete eine schlesi-..
iche Linie der Hiohenzollerm die aber
schon mit seinem Sohne Johann im
Manneesftamrn erlosch. Auffailend iit
der Umstand, dasz man von diesen act-i
Sätgen bis jth nichts gewußt hat.
Wen iie bergen, muß eine aenauere
Untersuchung seftstellen. Wir wissen
Hnur von Johann. daß er in Ditt
;n·.ann3dorf beigesetzt wurde. Jeden
zsalls bringt dieser Fund wieder ine
Bereicherung der solle-lieben ab
itiittenlenntnis. Zollerische Grabstat
;ten. natürlich die sriinlisrten Zollern
jiKurhrandenburg - Preußen) einbe
zgrifiem sind mit Ausschluß der Tür
ftei iiber ganz Euxoda verbreitet.
,
W»
l
l «Lieschen. du mußt dich nicht so in
Iden Vordergrund drängen, nicht im
rner die allgemeine Aufmerksamkeit fiir
fdich beanspruchen.« — »Aber Mama,
wir leben doch im Jahrhundert des
Kindesl«
I i O
Als das Paradies der Weiberrechts
lerinnen darf das ungarifche Dort Ke
titova bezeichnet werden, wo die Män
ner einfach «al!e geworden« sind. «
Viete sind so lange tlug —- dis sie
handeln.
i II
! Die Versuche mit Luittchtfien in
Deutschland Und Frankreich bereiten
Iden-. braven John Ball ernste Sor
gen. Was kann einem unschuldigen
Panzerschiss nicht alles passieren, wenn
kdie Bomben von oben kommen!
I I I
An der Kiitie Neu- Englands ver
lebt ein junges Paar die litterwo
chen im Wipfel eines mächtigen Wei
dent-.annies Die Turteltauben wer
den über diese Konkurrenz nicht wenig
erstaunt fein.
e i T
Die Befestigung der Insel Borlum
chat wohl nicht irn Wilhelmshöher
Betttiindigungsprograinm gestanden.
Trintkkphilsisphir.
Ich verstehe daß man über den Durst trinken kann; daß man aber
til-et den Durst schimper kann, ist mit unbegreiflich!«