Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 13, 1907, Sweiter Theil., Image 10

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    Gebot-gern
Eine See-Novelle von E. Fischer-Markgraff.
AC- adieu Jettchen, bleib gesund
III W Dich ordentlich!" Kapitän
UM umarmte die runde Gestalt sei
Mcanim hob mit der Linien dast
volle Effekt derselb n in die Höhe unds
driiette einen Kuß aus den noch immer
roihlippigem seftgesiigtn Mund ihr
dabei Freundlich in die blau-en, vonj
Thränen die-i verschwollenen Augen.
blickend. »Adieu, Frauchein und
wenn Du einmal lein Kasseztränzchen
hast« dann deni auch mal an mich,
hörst Du?« Ein Zug von Schelmerei
suckie urn den Mund unter dem di ch- J
ten, dunklen Vollbart, der pas ti fge- ;
bräunte Gesicht mit der scharf ausge
prägten, aeraden Nase und den hellen
freiblickz nden Augen unbeschreiblich
an iehend machte, nur mochte einem;
aufmerksamen Beobachter eine aewisse
W. ichlzeit der Linien, ein Mangel an
Fettigkeit im Ausdruck der Züge aus- «
stillem I
Frau Jeiichen nahm eine getränite 1
Miene an »Aber Hermanm soeitvass
zu mir zu sagen!« Dann drang der;
Kummer wieder bei ihr durch, und sie
Ychluch te laut aus. «.Acki, Gott« es ift s
ja so chwerl Nun gehst Du so iveiiE
weg-— und —und Winter wird es
auch« Sie legte die Arme um deni
Nacken des stattlichen Mannes, der sie?
um Kopfesliinge überragte, und;
schluclizte an seinem Halse.
Kapitän Ullrichi hielt die volle Eise-i
statt sest an sich gepreßt, und auch über
sein E—«sichi zitterte es wie von unter
driictten Thränrm aM sei aut,
Teitchen,« bat er mit schwankender
Stimme mach mir den Abschied!
nicht so schwer-«
Sie hob den Kon und blickte ihm
mit den vermeinten Augen ins Ge
sickt ,Ach Her-mann, ich habe eine
lolche Ängst! Das Schiff ist alt und
schlecht« E
Der Kapitiin fuhr eint-ot, seine:
Augenbrauen zogen sich finster zusam
men. »Was fällt Dir eini« sagte er
Zornig. »Die »Elise«' hat ja schon so
lange ausgehauen warum nicht noch;
längerf Er blickte hastig zur Seite«
und gerade einem etwa dreißigjähri
gen Menschen, der Kleidung nach der.
Sirnite Steuermann des Schiffes insj
Auge, der, ein Getninde von Tauenk
auf dem Arm, an ihm vorüberichriti, E
und deisen Blick mit einer Art spötti
ich-n Ueberlegenheit in den seinen
lauschte "
Der junge Mann war von kleiner
Statut aber nicht sein und zierlich, I
sondern starkgliedrig und kernig cre- !
baut, ganz Muskeln und Sehnen;
das magere gebräunte Gesicht mit derj
kräftig oebogenen Nase und der hohen, i
Tiber derSiirn aufgethürmten Tollhj
welche es noch schmaler und länaetxx
erscheinen ließ, machte keinen unschä-I
nen Eindruck: kes wurde vollständig—
beherrschi durch die grüngrauenAuaen
dte die Welt urn sich her nur in sichs
aufzunehmen schienen um sie in eine m s
glinerndem ipotigesäitigten Funieln
wieder auszustrahlen.
Z
Auch Frau Jetich: ns Blick war dem
Dahinf.,keitenden gefolgt, und in ihr
rundes, hübsches Gesicht irate ein Aus- i
dtuck von Abneigung »Ach, dieseri
sürchterl iche Mensch!« s uizie sie. »Ich!
giaube, das ist es hauptsächlich weissz
mir so Angst macht daß Du den ans
Bord hast. Mir ahni es er bringtj
Dir Unglück. Was haft Du nur an’
ihn-? Laß ihn doch wieder geben«
»Was ich an ihm habe?« fragt-ihr
Gatte, dessen Stimme einen gewissen
Grad von Schärfe angendrnnien hatte.
»Solliest Du das nicht wissen?«
Sie schwieg und schlug die Augen
nieder, sie wußte es ja nur zu gut.
Kapiiän Ullrich hatte seine Frau
einst kaum kennen gebend als er sei
« yet wakmbliitigen, enthusinsiischen
- Natur zufolge schon eine leidenschaft
äche Liebe siir das hiidsche Mädchen
seit den feinen Zügenu d den Ber
- Lgejmeiunichiaugen gesa. Sie war
er eines mittleren Beamten
M außer seinem Gehalt und dein
JtÆtbauten Häuschen nichts sein
M nannte, und da war es denn
list-l Linien der ältere Bruder seines
itzigm zweiten Steuermannes we-!
n, der ihm die Summe vsege reckt’
die ihm ermöglichen eineni
Æssianeheil zu kauer und dies
Mut heimzuführen
Die Hände in den Taschen vergra
ben, hatte der Kapitän unbeweglich
vor sich hingestarrt. Wie verschieden
das Leben sie bedacht hatte! Jhnen
- hatte der Freund mit seinen geringen
f Mitteln zu einer Existenz verholfen,
nnd erlelbst war nach hartem, erfolg
lkfem Ringen auf der höhe seiner
Kraft, dem Leben plötzlich entzogen
worden. Da hatte Ullr1ch, seiner ge
dentend, den jüngeren Bruder an
Bord genommen, als er ihn herunter
getsenmern verlumpt beim heuerbaas
As »Mutter-» als einen Menschen, der wie
- auf des Messers Schneide am Ab
qwnde entlang wandelte
Mritän Ullrich seufzte und strich
M, wie aus tiefen Gedanken erwa
« » , mit der nd über die Augen.
· waren Nachbaritinder,«
er halblaut und wie träumend
s - « . ji
-.«.««. Z II- Ætsssksne les-Js
tleinen, alttlugen Knirps aus meinen
Knieen in denSchlaf gewiegt, wenn
ich bei feinem Bruder zu Besuch war.
iUnd später —« er brach hastig, wie
sich besinnend, ab-— nein, nein, Fett
chen, solche tbörichten Gedanken mußt
Du Dir aus dein Kopfe schlagen.«
»Alten« wandte die Gattin etwas
bedrückt ein, «Sophie tann ihn auch
nicht leiden.«
»Ja. Vatting da muß ich Mutter
recht geben," mischte sich fest das
junge Mädchen ins Gespräch. Den
Arm aus die Reling gesteniint, hatte
sie bisher schweigend daneben gestan
den und auf das Wasser geblickt, wel
ches, vom Seetoind hafenwiirts getrie
ben, sich in wilden kleinen Weillen um
die schwarzgetheerten Planken träu
srlie. »Auch michbedriiktt und häng
siigi es, daß Du den Menschen bei
Dir hast«
Der Vater fuhr rnit beiden Händen
iu die duntlen, an den Spisen ein
wenig gelockten Haare ,,Kinder, ich
bitt euch» macht mir den Kon nicht
warm! Was soll ich denn machen?
Jch tann ihn doch nicht im lehten
Augenblick an Land sehen, abgesezen
davon, dasz ich gar nicht einmal
sag fiir ihn hätte. Jrn übrigen —«
er dämpfte seine Stimme etwas und
trat näher zu den rauen beran —
»thue ich ein gutes eri, wenn ich
mich seiner annehme, sanft ginge er
am Ende noch ganz zu Grunde.'«
Er zog seine Uhr und tief den
schlankem weißblonden Mann heran,
dessen Gestg lt in diin tnappen fest
geschlossenen Jaiett einen fast uber
großen Eindruck macht-: »Alles fertig,
Harimann?« Seine Stimme nahm
jett den ruhigsicheren Klang an, dem
man die Gewohnheit des Befehle-is
anhdrte Zu g leicher Zeit fuhr der
Schleppdainpfer heran der den Drei
niaster aus dem Oasen bugsirensollte
und legte« sich puftend und schnaufend
längsseitx ein Tau wurde nach dein
Werden des Schifer binübergeichleu
dert und dort beseitigt» Dann trat
der erfte Steuermann heran: »All
right, Kapiiän.«
.Dann macht log.'«
Er klopfte seiner Frau die Backen
und drängte sie zum Bord des Schif
ses. »Mein nicht sa, krauchen,« be
ruhigt-: er die trampfhat in das Ta
schentuch Schluchzende, »ich tonini’ ja
wie-den«
Dann wandte er sich feiner Sachsen
zu. Sie hatte das Geländer verlassen
nnd hob das blasse, fchmer verzogene
Gesicht mit dem festgeschlossenen
Mund und den dunkelblauen Augen,
aus denen ein leidenschaftliches Ab
ichiedsweh sprach, zu .ibm empor. Ein
Zittern ging durch ihre Gesile und
sie schlang die Arme um seinen Hals.
Eine Weile hielten sie sich fesi um
klammert, stumm preßte sich Mund
-.-.usMund, dann lösten sie sich lang
sam, zögernd voneinander. Mit beiden
Händen faßte er das schmale Gesicht
und blickte ihr in die Augen, während
die Lippen unter dern braunen Voll
bart in verbaltenem Schmerz zuckten.
Dann ließ er die Arme sinken und
wandte sich wieder »seiner Frau zu.
Jettcken hatte, den Kopf auf die
Seite gelegt, das Tafcheniuch an die
Lippen gepreßt. abseits gestanden und
mit brennenden Augen dem Abschied
zwischen Vater und Tochter zugesehen
und es stieg heiß in, ibr in die höhe,
wie schon oft-ein Gemisch von Ei
fersucht und demüthigender Zurück
feyung· Doch dann fuhr sie erfchroks
ien zufammen, der Kapitän hatte ihre
Hand erfaßt.
»Komm, Jettchen, ich führe Dich.«
Sie nickte ibm zu und konnte rnit
den tbränenverschleierten Augen doch
kaum das Breit erkennen, welches noch
allein den Verkehr zwischen Land und
Schiff vermittelte, und das sie nun
betreten hatten.
Der Steuermann der «Elife« war
auf das junge Mädchen zugeineim
»Ich darf Sie webt geleitenk
i Sie reichte ihm die Hand und schritt
ftunnn und sicher hinter ihm iiber das
fchwanke Brett, während die Mutter,
von dem Gatten an beiden Armen
gehalten, zitternd den schmalen Sieg
passirte.
Schon fast am Land wandte der
junge Seemann sich um und blickte
auf die Gestalt des jungen Mädchens
zurück, als wollte er noch einen Blick
der blauen Augen erhaschen. Als die
Lider derfelben gesentt blieben, drückte
er sacht, ganz sacht, die schmale hand,
die er gefaßt hielt. Aber kalt und
schwer la fie in der seinen, und leinj
Zacken i ei Gesichtes zeigte ihm an«
daß sie den Druck bemerkt hatte
Auch als sie schon das Ufer exreicht
hatten, hielt er noch immer die schlan
len Finger, die ihm wie unbewußt
überlassen wurden. Dann wandte er
sich jäh run.
Gleich darauf standen die beiden
« Männer schon wieder auf dem Deck
nnd grüßten noch einmal die Frauen,
welche ihnen ftmnm nachblicktm
An Bord »der »Elise« erschollen
Kommandorufq die Mater-sen liefen
mit Waden "n und her, um
eine Mist-n des ifer mit ande
ren In verhindert-, dazwischen erllang
, .
dgs gleichmäßig rasselnde Geräusch
der eingeholt werdenden Jam, und die
Schraube des Dampfm, welcher sich
vor das Schiff gespannt hatte, that im
Anziehen ein paar kurze Schläge
Noch einige Befehle, das an dem
Schlepper beseitigte Tau spannte sich,
ein Rucken ging durch dai Schiff, das
in seinen Fugen knackte und erzitterte
—und sacht glitt die «Elife« zum
i Hafen hinauf.
Jetzt schwenkte der Kapitiin noch
»einmal dieeMiihe, und weiter, immer
weiter entschwand das Schiff den
Blicken der nachfchauenden Frauen.
Da fühlte Frau Jettchen die hand
»der Tochter au ihrem Arm. «Komxn,
xMutting Du weißt, Vater sieht es
Inicht gern, wenn wir ihm io lange
snachfehem Er iagt immer, wir mach
ten ihm den Abschied nur noch schwe
iet."
Die Mutter verzog den Mund und
brachte das Tafchentuch an die noch
immer trvpfenden Augen. »Ach, was
Du auch immer willst," sagte sie un
wirich wie ein kleines Kind, das seinen
Willen nicht bekommt, »er tann sich
doch nur freuen, wenn er sieht, daß
wir ihn ungern gehen lassen.«
Nichtsdestoweniger wandte sie fich
gehorsam um und schritt, nach ab und»
zu die Augen trocknend, ein wenig
llgåriteriiiloer gebogen neben der Tochter
r.
Aapitän Ullrich ging einige Tages
später auf dem Verdeck langsam aqu
und ab mit dem ein wenig wiegenden
Gang der meisten Seeleulr. Die See;
war unruhig und fchaulelte dasSchiff !
in kurzen Schwankungen auf und nie
der, kleine Sprihwellen llatfchken auf
das Verdeck, der Wind pfiff in der
Talen-ge «
Er hatte die hände in den Taschen
des Uebetrockes verborgen und laute
verdrießlich an feinem Schnur-thun
Da hatten sie sich nun tagelang be
müht, gegen den lonttiieen Wind an
zuläxnpfem und waren gerade erfl über
Arlpna hinausgehen-sum und feil ein
paar Stunden flante es beständig ab;
morgen oder übermorgen konnten sie
die schönste Windstille haben. Dann
saßen sie wieder fest.
Seine Augen hafteten an dem
Dampfer, welcher fern arn horizont
gleichmäßig feinen Wen fortsehtg um
dann über die .Elise« hinztykiten,
die· außerordentlich lana und schmal
gebaut. heftig hin und her rollte.
»Olles ranles Diertl« murmelt-e er
halblaut, fast ohne es zu wissen, vor
sich bin.
»Ja, ’3 is ’n gräßlicher, aller Till
fel«, sprach es neben ihm, wie in Ani
wotl auf feine Gedanken. »Wenn
rnan den auf gute Art losweeden
könnt’!« ; « «
Fortfesnng folgt.)
Jm Heidcdorf.
Roman von A. von der Elbe.
(16. Fortsetzung und Schluß.)
«Jeanne —- Jeanne!« rief er un
wirsch. .Sie ist eine Egniftin, eine
verliebte Katze. Mein ei ener Edel
rnuth war-K Aber reden sie, Jeanne
Das-ernten ich gehe, ich entziehe mich
der Versuchung, zu nehmen, was rnir
gehört, damit mich nicht doch vie
Reue partic«
Er wandte sich und verließ in wüt
diger haltung das immer.
Marse nthrnete an . Aber was be
deutete dies alles-?
Jeanne warf sich an ihre Brust,
umfaßte, küßte sie. »Er hat dich längst
aufgegeben,'« frohlockte sie. »Macht-ern
du ihm durchgegangen warst, hat er
eine Klage angestrengt auf Verstellung
eurer ehelichen Gemeinschaft Du folg
test, wie ich vorher wußte, keiner der
öffentlichen Aufforderungen zur Rück
tritt-. Und dann hat er auf Schei
dung ungetragen wegen böswilligen
Berlassens. Die Scheidung ist aus-z
gar-rochen und jeden Augenblick tann
Wrichterliche Spruch - ern-treffen(
Motive schrie laut auf. »Ist es mög- I
lich? O Jeanne——o Jeannel Du
Liebe, Gute, du hast mir geholfen«
Und so wäre ich denn wirklich frei-—
frei!« Sie lag an der Freundin Brust
und drückte und küßte ie. .
Sobald die Französin si? der
Stürmischen erwehren konnte, uhr sie
fort: »Wenn die Scheidung aus e
svrochen ist, wird Anatol sofort un r
Aufgebot bestellen. Denn sieh, meine
Liebe, du hast mir einen viel größeren
; Dienst erwiesen, als ich dir. Er—er
war immer das Ziel meiner Wünfche,
und nachdem du glücklich fort warst,
ionniie ich ihn fiir mich gewinnen.«
«Tauiend Glückwiinsches liebe
Jeanne!« ,
»Ja, fa, n liebt mich. aber es wird
doch besser fein, du kommst ihm mög
lich wenig vor Augen« «
»Ganz mein Wanst-, ich werde ihm
gen-iß ausweichen, wo ich innn.«
«Ach, ein Männerherz ist io wan
ielrniiihig, und ich kann von meinem
Anatol nicht lassen.«
.jSie warf Marie noch eine Kußhand
zu und huschie hinaus.
Marie fühlte sich wie von Ketten
befreit. Sie hol- d· Hände zu denr
Stückchen sonnigen rühlingshimmel
empor, das hier zwi chen hohen Gie
beln nnd Dächern auf sie wie ein tröst
lichei Goiieiauge niederiah und flü
sietie: »O, wie froh und glücklich bin
gi! Nun kann noch alles gut wer
n!«
Als der Arzt kam, den Kranken
schwach fand und feine Befugniß of
fen ansprach, legte lich aufs neue ein
Trauer leier itder Mariei helles
Güteer iihl. hre hoffende junge
Seele konnte chtver den Gedanken
des ihr drohenden Verlustes fassen. «
Jm Halbfchlaf verbrachte der
Kranke den Tag. .
Gegen Abend, als die lehten Rosen
wöllchen am Himmel standen und
Marie vor ihres Vaters Bette saß,
trat hans Assel mit Lreundlichem Lä
cheln zu ihr heran un sagte, er wolle
sie adliilen, es sei jemand da, der sie
zu sprechen wünsche. —
Marie verließ die Kammer und
ging ahnenden Herzens in des Onlels
Stäbchen.
Da stand er, Hinrich, eilte auf sie
zu und schloß sie in seine Arme.
»Marie—Marie,« flüsterte er.
»O hinrich, lieber Hinrich, ich bin
srei——ich darf dein fein!«
Sie hielten sich voll Seligkeit um
faßt. Dann saßen sie nebeneinander
auf Assels tleimm Sofa und tausch
ien Gedanken, Erlebnisse und Wün
sche aus.
Er er ählte ihr von all feinen See
leniämp.eu im Winter, von feinem
Hoffen und Zagen ihretwegen, nnd
wie Großvater ihm nun endlich gr
sagt, daß sie, trotz all ihrer Gegen
wehr, ihn doch liede, und daß ihre
Ehe eigentlich gar keine Ehe sei, son
dern nur eine Gesehesformeli
»Sag« Großvater nicht« man solle
das Gesetz ehren?« «
l »Er hat schon dir gesagt« daß man
suchen müsse, ein lolchesVand wie
Idaz welches dich drückt, zu lösen.«
»Goldammer ist uns uoorgetom
men. Wir sind bereits gefchiedemund
er wird sich bald mit einer anderen
vermählen.«'
(
i
« »So bist du mein. O Marie, keine
Macht soll dich mir nun noch ent
teißen!«
; »Ja, inrich, dein—endlich dein!
sAber ein weiten kann ich meinen ar
j men Vater noch nicht verlassen.«
i »Ich bleibe dir zur Seite-' sagte
Hintich bestimmt, Jo lange du hier
sin Sorgen let-ft; vielleicht tann ich dir
doch von Nasen sein.«
Marie führte den Geliebten zu ih
rem Vater, der ihnen mit tlarem Blick
entgegensad. —
»Hier ist Hinrich Beennanm lieber
Vater, du weißt, der Sohn von Mut
ters Schwester Trina aus HaiddorL
Da ich nun zu meineir Freude von
Goldamnier geschieden bin. möchte er
mich zur Frau, und, a Feder Vater
ihm, meinem Hinrich, gebe ich mit
tausend Freuden mein Ja. —Segne
unst« rief sie plöhltch mit tiefer Be
Bekunzr Sie fant vor des Vaters
t aus die Kniee und zog hinrich
zu sich nieder.
- Der Kranke hab die zitternde Hand
kund legte sie aus die dicht zueinander
T eneigten Köpfe der Qui-enden Mit
fchwacher Stimme sagte er: »Ja, das
tvilt Dota; dass freut sie. er ist einer
von den Ihren und wenn ich zu ihr
--tomme, wird sie zufrieden sein, daß
ich euch zusammengedr. Gottes Segen
über euch, meine Mai-erst
-——«
Ermattei von der Anstrengung sank f
er zurück. Marie sprang auf, gab
ihm ftärkenden Wein und dankte ihm
mit zärtliche-i Worten, daß er so un
eussprechlich gut sei und ihrem Glücke
die Weihe gebe.
Die Nacht verlief fin den Kranken
wieder ebenso unruhig, und am Mor
gen schliefer sanft ein, urn nicht mehr
zu erwachen. Jn den Armen seines
Kindes, dein bang Assel und hinrich
zur Seite standen, hauchke er den letz
ien Akhernzug aus.
Marie, die wußte, wie inniger sich
die WiedervereiniMng mit ihrer vor
angegangenen utter wünschte,
gönnte ihm die ersehnte Ruhe, hatte er
doch kaum noch ini wirklichen Leben
gesundem Aber er war ihr Vater,
Juno die·hohe Majestät des Todes, die
z nun zum zweiten Male ihrem jungen
Zan nahe trot, erschüttern sie-doch
ie .
In den nächsten Tagen waren alle
drei von ernster Siinimun und von
den Vorbereitungen zur rdigung
erfüllt So fanden sie kaum Zeit und
Muth, um Beschlüsse für die nächste
Zukunft zu fassen.
Nachdem der Tag des Le be
gäråfnissei überstanden war, so ensie
in Heli Skiibchen und überlegken,
was nun zunächst zu thun sei.
»Ich nehme euch beide mit mie,«
sagte Hinrich entschieden. .Deinen
Onkel hanc können wir nun und
nimmer irn Stiche kassen.«
»Meine Schvägerin würde mich
Jst Wirth aufnehmen« entgegnete
»Und ich würde mich ewig nach dir -
sehnen, mein lieber, treuer Ontelt Bist
du nicht der eigentliche Gründer un
seres Glückes? Haft du mich nicht
durch deine großmüttzige hilie vor
einern schrecklichen Schicchi beweist-ist«
Sie iegte den Arm um ihn« streichelte
fein eingefalleneit, altes Gesicht nnd
bat: »Sag ja, haniei, daß du mit
uns tommen willst! Hinrich und ich
haben das lange i on ausgemacht.«
»Ehe geschickte nd, wie vie deine,
Onkel Duns, fehlt uns 'an dem
« Dokfe," pflichtete Hintich bei.
»Und wenn ich nach Beet-nennt
Hof siehe, herziiebei hanietchen, dann
bleibst du beim Großvater, ihr paßt
niarnmen, ihr müßt die besten
Freunde werden.«
han« Assel konnte nicht länger
zwiverstehern liebte er doch Marie wie
fein Kind, und ein gemeinsam-ei Le
ben in haiddorf wurde beschlossen.
Makie bat hinrich, am nächsten
Tage heimzukehren Sie wußte, daß
die Frühjabrsarbeit drängte, und daß
er tat in den ibcn unbekannten Ber
hiiitniffen und bei der Auflösung
ihrer Wirtbfchaft wenig helfen könne.
Alt er abgereist war, machte sie fich
mit dank eifrig an die Arbeit, und
nach acht Tagen waren sie so weit,
Berlin verlassen zu können.
Sie batte Goldamrner nur atn Be
gräbnißtaye und flüchtig von ferne ge
fenen, beibe waren sich nach Möglich
keit aus bern W:ge gegangen. Als sie
mit Affeh ibres Vaters Manne und
den legten Gepäckftiicten abfuhr, fah
sie Goldammer, mit Jeannr Duvers
nier am Arm, an ihnen vorbeigehen.
Das Paar lachte und fcherzte mitein
ander, und als man sie in ihr-ern offe
nen Wagen ertannie, griißten die bei
den freudig und triumphirend.
Nun fuhr Marie mit dem treuen
Freunde der neuen-Heimatl) und einem
neuen Leben entgegen. Das herz war
ihr gfchwellt von Glück und Dankbar
keit, und die Zukunft lag rosig vor!
ihr. · , ;
Als fie auf der Station anlamen,;
empfingen Großvater nnd Hinrich sie»
auf dein Bahnfteig. Ein freudi ess
Lächeln verklärte Dietrich Kru es
Züge, als er sah, wie Hinrich feine
raut in die Arme schloß.
Nachdem der alte Mann Hans Affel
herzlich begrüßt hatte, fagteer zu dem
jungen Paare: »So ist es recht. meine
Marie. Du tennft die Stadt und!
tomtnfi aus freier Wahl zu uns. Unvi
du Hinrich, tannft es iroft mit der
Stadtdeern wagen. n Liebe und
Arbeit werdet ihr miteinander glücklich
fein und erkennen, daß der freie
Bauer, der für sich und die Sein-en
iät und erntet, keinen Städter zu be
neiden braucht.·'
Ende
Der Sultan von Marokio.
! Zu dein Charatterbilde des Sul
Itans von Marotto trägt die bekannte
englische Reisende Mes. Frances
sCarnpbell aus persönlicher Anschein-»
ung manche neuen Züge bei, die bei
den neuen ,Wirren in seinem Reiche ein.
besonderes Interesse verdienen. Ade
ei Aziz———Der Geliebte — macht ins
seiner schneeweißen Getvandung, denl
Suleham aus dem handle, weniger
den Eindruck des Sultans von Mir-?
roilo, als der lebenden Verlöwerung3
eines Propheten ans fernen Zeiten-.i
Eine seltsame Persönlichkeit voll vonj
Widersprüchen in Temperament und
Latinen.
SeineErscheinung iibt einen eigenen
Zauber, wenngleich seine Gestalt tei-«
neswegs überragend oder impotont ge
nannt werden cann. Fast möchte man,
ihn tlein nennen; ans den Schultern!
löst sich ein kurzer Nacken, und schoni
verröth sich eine bedrohii Neigung
zum Embonpoint. Aber ein Austreii
ten athmet einen solchen natürlichen
Reiz von Würde und Adel, sein Wesen
offenbart einen so löniglichen, einen so
genialen Stole daß man ihn selbstl
unter einer Schnur prächtig getleideters
Würdenträger aus den ersten Blick er
lennen würde, selbst wenn rann ihn
niemals gesehen.
Und tron seiner sast einsiedlerischen
Zurückgezogenheit tron der geringen
ahl von Menschen, die mit demhew
scher persönlich in Berührung kommen,
läßt Abd el Aziz sich niemals zn.ver
traulicherJntirnitiit herab; dieSchroni
le mischen herrschet und» Untertdan
wir niemals durchbrechen, ein jeder
muss sich innebleiben. dass es der mäch- «
rige Sultan ist« vor dem er steht; unds
niemals opsert Abd el Aziz den großen «
Gestnz des gebotenen herrscherih
Er ist ein tieser Kenner der archi
schen nnd persischen Literatur, ist mit;
großem Fleiß und starlemVerstiindnisx;
rn die orientalische Gedanlenwelt einst
gedtungem und seinkGelebrsomleitH
und sein Wissen in diesem verschlunge:
nen, nun-e samenGebiet ist in Fez sast
sprichroört ch geworden. »
In einer Indien«-i citirte der deut
sche Gesandte Dr.Rosen vor Kurzem
einen Satz an- einern der alten, lotibas
i ren neidischen Bücher, die der deutsche
Kaiser dem Sulian hatte sumGeschent
überreichen lassen. Dr. Rosen ciiirie
nicht ganz iorreli, und sofort wieder
holte Abd el Aziz den Sah in der tor
ulien Fassung des Originals in sei
nem ilasstsch schönen Aradisch, wie in
Marolio ei vielleicht nur drei oder vier
Männer zu sprechen wissen: der Sul
tan, Dr. Rosen und ein oder zwei Mi
nister. Uebrigens ist anzunehmen, daß
Dr. Rosen jenen Sag absichtlich salsch
citirie. um dem Suiian die ihm »
schmeichelnde Gelegenheit zur Berichti
gung zu geben; denn auch Dr. Rosen
isi ein seltener Kenner arabischer Lite
Erniur.
iDer Sultan bedeckt sein haupt nach
maurischer Sitte, aber die malerischen
Falten, die seinen Kopf umslattern,
lassen doch den herrlichen Schnitt der
Brauen und die Umrisse der edel ge
sormten Nase erkennen. Die Augen
sind groß, von tiesem Glanze und zei
gen einen leisen Schimmer von Melan-—
cholir. Der obere Theil des Gesichts ist
non großem Adel, mit demMunde aber
zbkginnt der Widerspruch, die Lippen
Isrnd dick und sleischig, ein weiches, ver
ischwimmendes, etwas borstredendes
Jsiinns besiegelt den seltsamen Kontrast.
JUnd so widerspruchsvoll wie die Bil
dung seines Gesichte sind auch seine
Handlungen. Schwach, unbestimmt,
stemdeaninsluß leicht zugänglich, von
Launen abhängig, zu schwach, um zu
widerstehen, zu lässig. um beizustim
men, so zeigt sich das Bild seines Cha
ralterö. Seine Rat-backe- wilsen ge
schickt den Kontalt mit der Außenwelt
zu unterbinden, und nur das gelangt
zu seiner Kenntniß, wag die Umge
bung durchläßt. Zugleich thöricht und
entschlossen, stark und schwach, gut und
schlecht und bei allem ein tapferer
Mann; so bater den Muth gefunden,
gegen die Rassen und Familieninstintte
zu tämpsen, bat den Versuch unter
nommen, in ausgellärter Weile«-über
Unterthanen zu desschem die eigentlich
noch der Zeit der enesis angehören.
·,Jawohl,' so pslegt er zu antworten,
wenn die »Nazarener' von Reformen
sprechen, »aber die Zeit dazu ist noch
nicht getommen.«
; Und doch hat dieser Mann sich dazu
überreden lassen, ein neues Steuer
system einzuführen, hat sich dazu drin- «
aen lassen, einen Mörder von der Aa
pelle Mutai Jdrers des bis dahin un
verlehten iligthumes von Marotto,
hinwegzus teppen und hinrichten zu
lassen. Es konnte nicht ausbleiben,
daß er so sein Volt sich entsrerndete.
Vielleicht würden auch die Mauren sich
mit der Zeit aussiihnrrn mit den Tele
phon-—- und Telegraphendrähtem die
heute den Palast verunzierem haben sie
sich schon doch an den Anblick gewöhnt;
aber nie werden sie es dem Sultan
vergessen, daß er einen Flüchtling aus
der heiligen Zufluchtsstiitte fortschlep
pen und ihn hinrichten tiefz, weil er ei
nen Christen ermordete. Oh der For
scher und Gelehrte in ihm die eigene
Aehnlichteit mit den großen Palast
giirten ertennt, in denen er lustwandelt
und wo Weizen und Unkraut. Apselid
nen nnd Tolltirschen, Blumen und
Diitetn wild nebeneinander wachten?
Abd el Aziz iit trotz. seiner Fehler
eine der anziehendsten, der höflichste
und freundlichste unter den romanti
åschen Persönlichkeiten Seine Stimme,
ssrine Sprache iit herrlich, und man
»dergißt sie nie mehr. Sechst in den
Stunden destlnmuthz bleibt er höflich"
»und riicksichtsdoll gegen seine Umge
jbung; die ihn am längsten tennen, das
sind auch die, die ihn am meisten tie
ben. Stets stößt er Liebe und Ach
tung ein« niemals Scheu —- und selten
Treue. Er ist ein tapferer Miglinek
ein frommer Anhänger einer Religion,
die er verhöhnt hat: seine Unterthanen
lieben ihn und sehnen sich nach seinem
Tode. oder seiner Uhdantnng
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Die Nachricht don der Nest nation
der Kaiserin - Witwe von E ina itt
interessant, aber sie wäre wichtiger.
redenn sie von der werten Dame dirett
ame.
Ist-L
Frau (in der Küche zum Diean mädchen): «Jda, ich dulde nicht, daß
Sie liedegtitclh Æzogeäbghnk
Dieu ä : « gnädige Frau. ich geh« doch ni t liebe l« «
Frau: »Pa, in der Schürze hab en Sie ein Loch!« ch r Ich?
Dienstmädchen: »Ach, verzeilyn Sie, da hab« ich aus Ansehen eine voR
.der gnädig-n Frau angezogen!«