Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 06, 1907, Sweiter Theil., Image 12

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    Im Izeidedorf.
Roman von Y. von der Sche.
s——-—.— —-, =
(15. Fortsesung). !
»Ich, hinrich, sei gut, laß mich.
tschi-« sie hob sieher vie Händ-. Es s
Iat ihr suechtbae, das auszusprechen 1
pas ihe wie ein Verbrechen im tief- I
sen Winlel der Seele lag und was
sie am liebsten begraben und vergessen «
oder vor sich selbst verleugnet hätte.
»Ich kann dich nicht schonen, Ma-l
rie. es fgeht um mein Lebensglüa.«
Gib mir dein Vertrauen, ich bitte.
sich. Mit wem bist zu verheirathet?«
»Mit —- mit unserem Berliner
shauswirih einem alten Wittwer.
Rein aber ist’g genug. Sei still —- es
ifl nichts daran zu machen. Die Ehe
ist nach dem Gesetz geschlossen. Groß
vater hätte mich nie ausgenommen,
W eris wüßte. Er ist viel zu recht
HMassen Und ich schäme mich alle
Tage, daß ich es wage, mit dein
schrecklichen Geheimniß aus der Seele
Kniee euch zu leben.«
Sie wollte fort, an ihm vorüber
,lausen, et hielt sie fest. »Sag mir nur
ein einziges-. Wäre jener Mann —
- wäre dein Pflichtgefühl nicht, könntest
U mich dann lieben?"
Athemlos sah er sie an, ihm schien
alles Glück der Welt an ihrer Ant
W zu hängen.
«Sprich mir nie Von Liebe!« rief
sie mit zitternd-er Stimme.
»Ja oder Reinl«
»Ich will nicht —- geh!« rief sie
außer sich. »Du-sollst mich nicht zu
seiner Sünde verleiten. Laß mich,
shimich —- iaß mich!«
Sie rang mit ihm.
»Du kommst mir so nicht davon.
Ich muß mehr wissen ich gehe sonst
an dieser Ungewißheit zu Grunde
heraus damit: kannst du mich lieb
haben oder nicht? Nur ein Wort.
Sag ja — ja!«
« Sie faßte sich mit aller Kraft der
Selbstbeberrschung Zusammen und
schrie ihm zu: »Nein — nein —
Ma. «
Er fuhr zurück, sie war frei. und
, inii oerzweiseltem Entschluß einen·
Blick höchster Seelenaual auf Hinrich
Verse-nd stürzte sie fort auf das Haus
zu. Sie sank in ihrer Kammer aus
die Kniee, wand sich in der großen
«Pein, die sie erfüllte, hin nnd her und
weinte, als solle ihr das Herz brechen
Ihm hatte sie ihn ganz gewiß und’-siir
alle Zeit verloren! —
Die Tage die folgten, lasteten wie
« Blei aus Marie, sie wußte nicht, wie
sie sich durch die Stunden schleppte
vund ging wie in einein schweren
fTraum umher.
Tante Rilchen schüttelte ost den
Kot-s über der Nichte verändertes
Wesen und dachte: »Sie hat doch ge
miß Fedor lieb gehabt. Das arme
Ding!«
Sie glaubte den Schmerz und die
Tauschung der schönsten Hoffnungen
aus ihr-r Jitaiz ndzeit wieder zu süh
len, als damals der Vetter Pastor die l
andere nahm. Nun ging es ihremi
. lieben Kinde ebenso, und das machtel
.- sie ganz zind und weichmüthig für das
bete-übte Mädchen.
. Ueber all dem Kummer ging die
Zeit hin Die Herbstarbeiten wollten
gethan sein, der Wind wehtsiiber die
LRMeln die Heide blüht e nur noch
« verspätet an schattigen Stellen, nnd1
all das Schaffen und Sorgen sür den 1
M drängte sich so breit in deni
Uorderarund. dafi wenig Raum für !
zenstiimmernisse blieb, und daß
mit den schweren Herbstnebeln
Dtlche die ode Flur bedeckten, auch
Wer über manche Wunden im
set-dich legten.
Es war gegen Abend, Hinrich kam
M Psliigen und ging nach hause,
Qsde zoa rnit den Pferden voran. -
-- ssinrich hatte teine Eile, er guckte
Jst den rathen Himmel es konnte wohl
W Frost geden, und dann kam er
» » jSinnzierem wie sonst.
Wenn sie ihm nur ein wenig Hoff
vessen-m gegeben hätte, könnte er nach
" Berlin fahren, mit ihrem Vater spre
: Gen und sehen, was sich Zur Lösung
»dieses Ehe, die ihr doch offenbar ver
. haßt war, thun ließ. Aber ihr star
« seit Nein, ihr Abwenden und Ans
" weichen ließen ihm au- tein Recht, sich
in ihre Angelegenheiten zu mischen.
Zwar glomrn tm letzten Winkel sei
M Herzens immer noch ein Fünkchen
Wh. aber aus ihrem Verhalten ge
ilm konnte et temm etwas wie
Dei-ersieht ichspr Es war mehr ein
eben feines eigenen Herzens, ein
n nnd Glauben, was ihn manch
Rbetkeenn als irgend etwas an
m Wen argen ihn Oder war
« Tsheskfe Missetat-·an doch nur aus
Wittwe-set Gewiffenhaftitzkeit nnd
W ihrem Bekzensmeinen ent
s m? Sn tiefe er es immer noch
ihr nachzuzgelyn und ihren Blick
seht et lich auch miibte, seine
M obtuichiittelm Unlust und
vmotten tn ihn-« Er wußte
ld sieht W was et wollte
’ M ssk,- als ginge ee mit
- Dispos-—
zusammengefchnürten Gliedern und
itönne nicht so voran, wie er möchte.
T Jhm verlangte nach irgend etwas
Besonderer-i, Erlöfendem, er wußte
selbst nicht, woher die hilfe kommen
sollte. — Das konnte doch nur durch
ein gutes Wort von ihr sein. Aber
wie das erlangen? Jhm schien, als
solle er daran los rennen, sich mit
einem starken Gesellen balgen, Bäume
ausreißen —- irgend etwas brauchte
er, was ihn von dieser bellemmenden
Seelennoth befreite.
Aber es fand sich nichts. Morgen «
und Abend kamen und die tägliche(
Arbeit Was half alles er mußte
weiter auch ohne sie. Aber die rechte
Freudigkeit, die ihn sonst durchstrdrnt
hatte, die fehlte ihm. Nun mochte
alles geben, wie es wollte. Seinj
kräftiger Lebensmutb lag tief danie
der.
Der Winter lam, die Tage wurden
grau und kurz. Die gelben Blätter
tanzten und raschelten. Der erste
Schnee fiel auf entlaubte Bäume und
kahle Felder. Man saß dicht am
Herde, auf dem ein großes Torffeuer
glühte oder in der Stube, am war
men Kachelofen. Rilchens Spinnrad
schnurrte stundenlang, und Marie,
die nicht spinnen lonnte, trug an Näh
arbeit zufammen, was sich im hause
fand. Dabei dachte sie mit Verlangen
an ihre Nährnaschine daheim, und
endlich bat sie Onkel Duns, ihr die
Helferin zu schicken. f«
Es war ein frohes Wiedersehen, als
die Maschine ankam. Nun konnte
Marie an Lisbeths Aussteuer nähen
helfen, und als die Braut nichts mehr
für sie zu thun hatte, da viel in Kof
fern fertig lag, fragte Marie den
Großvater, ob sie für die Leute im
Dorf nähen und sich damit etwas ver
dienen dürfe.
»Ist recht, Kind.« erwiderte er,
«Arbeit schändet nicht, ist immer gut,
nnd der selbstverdiente Groschen
schlägt besser an als ein geschenkter
Thaler.«
So belarn Marie rollan zu thun.
Und das war gut für sie. denn die Ge
danken und das Herzweh peinigten sie
und ließen sich nur durch Arbeit be
sänftigen.
Warum hatte sie nicht Hinrich mehr
anvertraut, als er damals im Garten
in sie gedrungen? Sie hatte gefürch
tet, :hr Herz zu verrathen. und das
durfte nicht sein« daher war sie fo
schroff gewesen. Vielleicht hätte er
ihr doch helfen können, sie sehnte sich
ja schon lange nach treuem, verständi
gern Rath! Wenn er wüßte, welch
loses Band sie mit Goldanrmer ver-—
knüpfte, würde er sie vielleicht nicht
giinzlich aufgeben. Aber sie brachte
es nicht über die Lenden, von ihrem
Schicksale zu erzählen.
Und nun lümmerte er sich nicht
mehr um sie. Wenn er sie aufgab und
sein Herz einem anderen Mädchen zu
wandte, etwa Pastors Anna, die ihn
gern hatte was sollte dann aus ihr
werdens Dann gab es ja in der gan
zen Welt kein Glück mehr für sie.
Onkel Hans schrieb auch nichts Er
muthigendes. Goldarnrner ging ihrn
und ihrem Vater mit grirnniigern Ge
sichte aus dem Wege, aber die Kündi
gung der Wohnung war nicht wieder
ierfolgL So blieb alles beim alten
! ohne Lichtblick und Aenderung.
s Nach einem langen trüben Winter
h Marie zum zweiten Male die
onne in haiddorf höher steigen und ;
die arme starre Erde zu sruchtbarern ;
Leben- erwachen. Ein Frühlingsodern «
strich durch «die Natur und erquickte
auch die Menschen. die dehnten und «
freuten sich und gingen wieder rüstig
an ihre Arbeit. Die Veilchen blühten
nnd dufteten in warmen Ecken. und
täglich wurde das Ersiehenund Wer
den sieahafter.
Hinrich überlegte nun schon lange.
ob er denn nicht noch einmal mit Ma
rie sprechen solle. Aus welchem
Grunde mochte sie ihren Mann ver
lassen haben? Vermuihlich aus Ab
neigung. War denn da keine Tren
nung der Ehe möglich? Er wußte,
daß er aesetzesunlnndig und unge
wcndt sei und daß die vorliegende
Anaelegenheit zart angefaßt werden
müsse. Aber falls sie es ihm nur er
laubte, wollte er gern fest für sie ein
treten. Die Gebeimnißlränierei war
feiner Natur zuwider, allein man
konnte nicht wissen, wie alles zusam
menbing, und er brannte darauf, das
Dunkel zu lichten. —
Es war im Mai, als Marie einen
. Brief von Onkel Hans erhielt. der sie
in die äussersie Besiiirzung versenk.
Der treue Freund theilte ihr rnit. daß
ilir Vater. der schon lange schwach und
pxnwobl amefem nun ernstlich er
krankt sei. Er habe mit dem Ante
gesprochen der die Achseln gen-at und
ameint balde. bei einem lo schwachen
Manne könne man nie wissen, wie die
Krankheit sieh wende.
»Unm- diesen Umständen mein lie
» des Kind, halte ich es siir nothwendig,
Ich
Dich zu bitten. daß Du hierher zu
rücklehrft. Du kannst die Pflege des
Kranken besser besorgen als ich, und
ich glaube auch, daß Dein Vater sich
nach Dir sehnt. Als ich neulich von
Dir sprach, nickte er mir traurig zu
und meinte, ob er Dich wohl noch
einmal wiedersehen diirfe.
s Jch weiß daß ich Dich mit dieser
Bitte sehr erscheecte Jch lann Die
Inicht einmal zu Deiner Ermuthigung
!sagen, ob Goldammer Dich in Frieden
klassen wird. Jch weiß nur eines daß
ich es fiir Deine Pflicht halte heimzu
Itehren. Alles weitere muß sich später
ifinden.«
Marie fafz auf dem Rande ihres
jBettes und rang mit dem Entschluß
Idee an sie ergangenen Aufforderung
zu folgen. Sie mußte ohne Wahl und
iFrage fo rasch sie tonnte reisen. Allein »
der Gedanke Goldammee wiederzu-!
sfehen, und die Furcht, er werde seine ?
kgesenlichen Rechte an sie geltend ma
letzen, ließ sie erschauern s
Sie dachte an Hinrich und dann
erchien es ihr noch unmöglicher als
bisher, Goldammer anzugehiirem
i Sie fühlte auch daß sie es jetzt dem
guten Großvater schuldig fei ihm zu
gestehen, daß er nicht alles wisse, daß
sie das fchwerwiegende Geheimniß
ihres Lebens ihm noch vorenthalten
abe.
So entfehloß sie sich rasch, sprang
auf und ging mit dem offenen Briefe
in der Hand zu ihm. Sie fand ihn
auf seinem gewöhnlichen Platz in der
Stube. Er nickte ihr freundlich ent
gegen, und sie trat zaghaft zu ihm
heran.
»Gros3vater,« stammelte sie bewegt,
»mein Vater ist trank. Jch muß, so
bald es geht. nach Berlin.«
»Natürlich. Kind, wenn dein Vater
dich drancht.«
»O Großvater, da ist noch eines —
etwas Schreckliches, das ich dir endlich
bekennen muß.«
Sie glitt vor ihm nieder, legte die
Arme aus seine Kniee und das von
Gluth überströmte Gesicht aus ihre
Hände. Kaum verständlich stammelte
sie: »Ich beging ein Unrecht — ich
weiß gar nicht, wie ich es dir nur
sagen soll. Sei nicht böse, verachte
mich nicht« denke dir. Großvater, ich
war bereits standesamtlich mit dem
schrecklichen Goldamnier verheirathet,
als Hans mir sagte, dasz er Geld habe,
daß er für meinen Vater sorgen wolle,
daß also mein Opfer unnöthig sei.
Da schlug die Verzweiflung mir über
den Kopf zusammen, ich kehrte mich
nicht an das Standesaint und ging,
ehe wir zur Kirche fuhren, aus und
davon.' —
Als sie sich dies schwere Gestöndniß,
von dem sie glaubte, daß es ihr die
Lieb und Achtung des theuren alten
Mannes nehmen werde, von der Seele
gerungen, brach sie in sich zusammen,
schlug die hände vors Gesicht und
wurde von einem wilden Schluchzen
geschüttelt.
»Wind-, was ist das siir eine böse
Geschichte!« Dietrich Kruse neigte den
Kopf, legte sinnend die Hände aus die
Kniee und begann sehr erst: »Als-)
nach Recht und Geseh bist du unglück
liche Deern verheirathet. hm —- hin.
Und ich habe dich siir los und led«g
gehalten. Und ich habe gehosft und
spintisirt undosiir dich an Hinrich ge
dacht —«
Sie fuhr aus. .O, Hinrich! Es
hat um mich geworden. Und ich liebe
ihn von ganzem bergen. Aber es
konnte ja nicht sein, und da habe ich
ihm gesagt, daß ich verheirathet bin."
; Etwas wie ein hofsnungsschiminer
Jslog iiber das Gesicht des alten Man
!nes. Aus hauen vie beide-« vie kk
Flange siir einander bestimmte, sich doch
stirb, und nichts als diese sonderbare
Ehe stand zwischen ihnen.»
«Marie,« sagte er viel milderen
Tones. »sollte s denn nicht möglich
sein« diesen Goldaniiner wieder los zu
tverden9«
»Ach, ich weiß ja von nichts, Groß
vater. Mir ist, als ginge ich in die
Höhle eines Löwen« wenn ich in das
Haus des Mannes zurückkehre. der ein
so unzweifelbastes Recht an mich be
sißh Aber du siehst selbst, ich kann
nicht anders, mein tranter Vater ruft
mich, und so muß ich es denn wagen.«
»Nun hör mal zu. Du hatt den
lassen«, wie es im Gesetz heißt. Jeßt
bleibe ihm gegenüber itsamnn laß dich
aus gar nichts ein; eine solche Ehe
muß getrennt werden tönnen.«
Mit froh ausleuchiendem Blick ries
sie: »Du meinst also, eine Scheidung
wäre zu erlangen? O, wie mich der
Gedante ermuthigtt Wenn du mir
beisiehst, will ich mich getrost nach
Berlin wagen!« —
Maries Vorbereitungen zur Reise
waren bald getroffen. Dem guten
Rikchen sagte sie ein zärtliches Lebe
fuhr Großvater sie zur Stati .
Alö sie in den Eisenbahntvagen
stiek rannte der alte Mann ihr mit
einem schlauen Lächeln zu: »Se:
man still. mein Deern, ich will dir
.gute Hilfe« schicken. Und hier nimm,
damit du eigen Geld hast« Er drückte
ihr ein Päckchen in die hand.
z· Was meinte Großvater? hilse
wollte er ihr schicken. sollte Hinrich
kommen, ihr beizustede O, wenn
das möglich wäre, mit ihm zur Seite
,
Mann ein Jahr lana »böswillig ver- ’
""tvolil und aus Wie-ersehen Dann·
wiirde fie frei werden —- frei und
glücklich!
Der Zug fuhr ab, und Marie
fühl. e, daß sie mit ganzem Herzen an
der hier gefundenen peimath hänge.
IDas Glück des Landlebenö war ihr
hier zuerft aufgegangen Sie hatte
·bliihende Bäume, soc-grade Felder,
Duft und Farben-pracht der Blumen
den W d und d:e Heide in ihrem
stothen dummer-, Fruchtbiiume und
die Lqu des Siienj und Erniens ken
nen gelernt. Welch ein inhaltreiche
Jahr war ihr zu theil geworden! Wie
viel Güte, wie viele Freude hatte sie
genossen!
Und nun wußte auch sie, was die
Manneöliebe bedeutete, die eines
sWeibes ganzes Herz auszufüllen det
lmag. Eine süße Ahnung, daß sich
sihr Geschick wende, und die Zukunft
; llar und hell wie r: n junger Tag her
laufsieigen werde, ließ ihr Herz höher
spochen Jhr fchien als könne sie den
sAlp abschiiiieln, der sie fo lange
«schn)et dedriicii halte. .
Und nun fuhr sie, dieselbe und doch
eine andere, zagenden und zugleich
hoffenden Herzens dem großen unru
higen Berlin entgegen.
Onkel hans empfing sie auf dem
Babnhofe mit offenen Armen. Sie
warf sich aufschluchjend an seine Brust
und stammelie: »Wie geht es meinem
armen Vater?«
!
i
(
i
L
»Wir wollen das befte hoffen,
Kind,« fagte der tteine Mann in fei
ner milden Weise, dann hob er die
tief Bewegte in eine Drofchte und fuhr
mit ihr nach der Leipzigerftraßr.
Unter bangem Oerszklavfen betrat
Marie das Haus. O, nur teinen br
gegnen, nur den Gefürchteten nicht«
wiederfehen! Scheu und flüchtig eilte
sie iiber die Diele« die Treppen hin
auf· Es war gegliiat, sie hatte tein
betannteö Gesicht gefehen, tief athmete
sie auf, und nun wandte sich alt ihr
Denken dem Kranten zu.
Nafch durchfchritt sie alle Stu
ben, trat in« das geräumige Schlaf
zirnrner ihrer Eltern und an des Vas
ters Bett. Sie erfchrat, er fah ja
furchtbar verändert aus
Sein Teckel fuhr ktiiffend unter der
Decke hervor, dann erkannte er sie und
leate ihr die Hände.
»Sei still, Männe.« ftiifterte der
Krante mit fchwacher Stimme, «sie isi
eg. meine Dorat Endlich bift du sa,
mich zu rufen!«
Mit alüalichem Ausdruck breitete er
ihr die Arme entgegen. Sie umfaßte
und titßte ihm »Ich bin eß, dein
Kind, deine Marie." Sie faß auf fei
nem Bettrande und ftiilzte fein Kissen·
fo daß der Schwache sich aufrecht hat
ten konnte.
«Siehit du, Papa« da bin ich und
komme, dich zu pflegen.«
«Pftegen —- wozu?«
»Damit du bald wieder munter
wirft.«
»Nicht nöthig,« sagte er kopfschüt
telnd. «Wo dift du denn fo lange ge
wefen?-«
Sie erzählte ihm von Haiddorf.
vorn Großvater, der nicht mehr bitte
fei und ihrer armen Mutter vergeben
habe.
Er nickte befriedigt und verfant in
Erinnerungen Bald glaubte er, seine
Dora mit dem Spinnrade über den
Hof gehen zu fehen, batd führte sie
ihn durch das geräumige alte Bauern
bau3, dasMarie nun fo genau lannte·
Dann ftand er mit der Geliebten im
Mondschein hinter den Gartcnirectem
fragte, ob sie nicht die Mühlrad-er
tauschen höre, und vermeinte den
Hund. der fee begleitete, zu streicheln.
Die Bilder und Phantasiem in denen
er lebte, waren hell und freundlich.
nnd immer wieder hielt er sein Kind
fiir Dota, die geliebte Frau, die ge
kommen fei, sich endlich mit itan zu
vereinigen.
: So vergingen viele Stunden der
;-Racht. Erft fdiit fand der Kranke
einen unruhigen Schiummer. während
Marie, feine ungleichen Athemeiige
deiaufchend. vor feinem Bette Eß
Ilm anderen Morgen begann Marie
mit der früheren Riihrtgteit zu forgen
und zu schaffen. Sie l te dem
Vater eine Sappe, nöthigtei n. unter
fveundlichem Zureden, fie zu genießen,
und ging dann, um in dem vernach
lässigten Salon aufzuräumen
Ali sie in voller Tbätigteit war.
fteckte viittiich Stranne Duvernier ihr
Gesicht um die Ecke und-rief mit spit
bübifchem Lächeln: »Nichts-nat hier
kommt hoher Befuch.«
i
»
Marie taumelte zurück, als sie Ana
tol Goldammers behäbie Gestaltniit
dein rothen, wichtigen esicht in die
Thiir treten sah. Das Mädchen mußte
halt nnd Stütze am iteinen Schreib
.tiich der Mutter suchen. Mit beiden
händen hinter sich greifend, tlatnmerte
sie sich an den Rand des Fisches-und
starrte entsehten Blickes aus die Er
scheinung des Mannes. Wie hatte sie
sich in allen ihren Gedanken und
Träumen vor diesem Augenblick ge
iiirchtett ,
»Da ist also mein Ausreißer,« sagte
der Friieut, rieb sich die dicken Hände
und trat auf die Erbedende zu.
Marie wollte ihn bitten, sie zu scho
nen, aber sie konnte nur die Lippen
beweget-, kein Ton kam hervor, sie
wich so weit zurück, wie sie konnte.
«Miserabel frisirt ist sie noch im
mer, Anatol,« sagte die Französim
« ch könnte meine Gemahlin mis
tels polizeilicher Hilfe zu mir Judici
siihreu lassen. Ei würde dir schlecht
ergeben, du Frevler-in am Geschi«
i
f
)
)
i
i
Jeamie rief: Allein im r en die
ses edlen Mentcsen wohnt Freisgniittliti
So sprich doch, Anatvlchen.« s
.J will nur sagen, daß ich send
bin, endlich erreichen zu können!« ;
»Und zu welchem Zweck —- sag«sz
ihr dort-P s
»Meine Frau ist wirklich noch viel»
Eichsner geworden, Jeanne.«
. ch bitte mir aus —"
« ur ruh·g. Schurrranteste, lau-it
du, ich lasse mich ganz ungestra tmiß
Handelns Nein, selbst nicht von einem
Engel.«
Marie wußte nicht, was sie»von
alledem denten sollte, aber sie fuhtte,l
daß es ihre Pflicht sei, ihm ein gutes.
Wort zu gönnen, eine Bitte um Ver-l
acbuna und vor allem die Bitte um
ihre Freiheit. "
«h.·rr Goldammer,« hob sie zaghaft«
an. «befter Herr Goldammer, ach, ich
weiß ia, wie gut Sie es mit mir ge
meint hoben. ich fühle auch, daß ich
Sie lriinlt,e daß ich Ihnen Unrecht
thut. Sie hatten mein Wort-— das
Standesamt verband uns; aber —
atser —- ich glaubte, wir würden doch
nicht eusammenpassen Nun ahnt mir,
daß die qute Jeanette Sie versöhn
iich gestimmt hat« —
CSaJlusz solgt.)
pie- Este-easily
Unter den Früchten. die uns der
Sommer mit seiner Fülle an Licht und
Wärme hat herunterer lassen, sind
nebenKirichen und Crdbeeren wohl
Aepfcl und Birnen um meisten ke
gehrt. Der Genug dieier beiden Obst
Iorten wird von vielen mit Recht sür
sehr gesund gehalten; darum solt im
folgenden einmal näher auseinander
gesetzt werden, worin eigentlich dieser
Nutzen siir unsere Gesundheit besteht.
Es soll aber auch nicht unterlassen
werden« daraus hinzuweisen, wie der
Otsstgenuß uns gelegentlich auch schäd
lich werden lame.
Die Kernobftiorten tönnen —- eben
fo wie auch alle übrigen Ohltarten —
iregen ihres verhältnismäßig geringen
Gehaltes an Eitoeiß und Kohlen
lzvdraten und wegen des vollständigen
Mangels an Fett-n zu den eigentlichen
Nohrungsmitteln nicht gerechnet tret
bcn. Sie gehören vielmehr wegen ihres
außerordentlich hohen Gehaltes an
Wasser tettra 84 Prozent) und vor al
lem wegen der in ihnen enthaltenen
appetitanregenven und oerdauungsbe
fördernden Stoffe zu d:r Gruppe der
Genußniittei. Das iiir unsere Ernäh
rung io außerordentlich wicksize Ei
weifz iit im Apfel und in der Birne ei
gentlich nur in Spuren, nämlich zu 0,4
Prozent, enthalten, und vorn Zucker
sind kaum 8 Prozent vorhanden, wäh
rend —— um einen vergleichenden Maß
ftab aus dem Gebiete der wirtlichen
Nahrungsmittel heranzuziehen s— t.B.
Fleisch durchschnittlich , etwa 20 Pro
zent Eiweiß und Brot ungefähr 45 bis
50 Prozent Kohlehndrate enthält. Um
so größere Bedeutung hat aber das
Kernotsft fiir unsere Gesundheit durch
seinen Gehalt an vegetabilischen Sal
zen. an freien. organischen Säueen
lheionders Wein- und Apfellöure)
und on aromatilchsätherischen Stoffen,
die dem Obst ja feinen lchönemDuft
und sein Aronra verleihen. Wie wich
tig die Salze fiie unteren Körper find
lz. B. fiir die Bildung der Verdau
xsngsliifte und fiir den Knochenbau),
gehtfchon aus derinteressanten That
fnche hervor, baß Thiere, die mit allen
nothwendigen Nahrungsstoffen —- ie
doch unter völliger Fernhaltung alter
Salze s— gefüttert werden, in einigen
Wochen an sogenannte-n ,Afchehunger«
zugrunde geherr. Die Fruchtfiiuren
und die aromatiichen Stoffe bewirken
theils durch ihren angenehmen Geruch,
tbeil durch dieelte Einwirlung auf die
Magens und Darmwandung eine ver
rnebrte Abscheidung der Bett-Manns
siifte und ein-. Vermehrung der Ma
gendarniihätigteitz deshalb. ift der Ge
nuß von Obst besonders jenen zu ein
kfshlenz·die· infolge ·von fipendkr Le
den-weise oder aus irgendeinem ande
ren Grunde an Darmiräaheit leiden.
Auch wer infolge von erblicher Veran
lagung oder geivohnheitsmäszigeim
reichlichern Fleischgenufz Neigung zur
Steinbilduna hat, sollte regelmäßig
; Obst als Beilost zu seiner« übrigen
Nahrung genießen, da durch den Obst
genusz der Stoffwechsel ergiebiger ge-;
i slaltet und das Blut vor der Ueberla- J
dung mit schädlichen Stoffwechselpro
dulien bewahrt wird. Aber nicht nur
Kranke, sondern auch jeder Geiunde
und vor allem Kinder sollten weaen der
1oben betonten wohltbätigen Einwir
kung aus die Verdauung und seines
erstischenden Wohlgeschmackes regelmä
Min Obst in angemessener Menae essen.
Jn dem gleichen Sinn ist auch der Ge
nuß von Apfelwein wegen der darin
enthaltenen Obstlilure aus das angele
gcntlichste zu empfehlen, zumal er nur
eliva 5 Prozent Altohol enthält.
Daß der Genuß von unreisern Obst
nachtheilig siir die Gesundheit, roei
ein jeder; und zwar haben die dnna
austretenden Magens und Darmka
tartde ihren Grund in dem außeror
dentlich großen Gehalt der unreifen
Frucht an Obstsäurem die-—- wie wir
!«esehen baten —- in normaler Menge
ehr nutzbringend und heilsam wirken,
in adnoem großer Menge jedoch die
Schleimhaut des Mariens und des
Darms übermäßig starl reizen und in
einen Zustand der Entzündunq ver
setzen, der uns als Magendarmlatarrh
« mit all seinen unanqenehrnen Begleit
ersckeinungen ketannt ist. ,
Aus mehrfachen Gründen ist es
Edrlngend eboten, Uevsel und Birnen
i vor dem nusse von der Sshale zu be
« sreien. da sie wegen ihres größeren Zel
-« luloseaehaltes lehr schwer verdaulitb ist
und eine unnöt igeBelastun des Ma
gens darstellt. ußerdem pflegt aber
) auch so ein Apfel erst durch viele, zurn
, Theil recht unsaubere hande zu geben«
lebe er in den Besitz des Konsumenten
» gelangt. Ganz abgesehen von der da
Irin enthaltenen Unappetitlichleit kön- I
. nen nnn beim Genuß der ungereinigten
sSchale Krankheitsteime aller Art und
die mit bloßem Auge nur schwer wahr
x nehrnbaren Eier menschlicher Eingewei
dewiirmer mit in den Magen gelangen
und die bedenklichsten Ertranlungen’
nach sich ziehen.
Eine andere Gefahr liegt endlich
noch in dem Bersehluclen der Obst
lerne. die bei besonders datiir disk-o
nirien bzw. miterblicher Anlage ver
sehenen Individuen leicht in die Dess
nung des zwischen Dünn- und Dick
darni als seitliches Anhängsel einge
schalteten Blindarnisortsatzes gelangen
tönnen nnd dort lieaen bleiben. Der
durch diese Fremdlörper andauernd
ausgeübte Reiz bewirkt nun häufig
til-er turz oder lang eine Entzündung
der Schleimhaut des Blinddarnisort
sage-; sodann rusen die im Darm stets
reichlich vorhandenen Balterien eine
Eiterung hervor. und es entwickelt sich
unter starlen Schmerzen in der rechten
llnterbauchgegend — dem Sihe des
Blinddarrnes —- unter Fieber und an
deren Smntomen das Bild der aesiirkts
tctrn Blinddarmentziindung die leider
nur zu ost mit dem Tod endigt. Es
sei also nochmals drinnend vor dem
Verlclilnclen der Obsiterne gewarntx
auch Kindern präge man dies rechtzei
tia ein.
lsiner lurzen Erwähnung bedarf
noch die vielfach im Volke verbreitete
Meinuna dasr es besonders aelund sei.
Abends dicht vor dem Zubettgehenei
niae Amsel oder Birnen zu verzehren
Deknaegeniiber sei sestaestellt, daß es
liöcbst unelveclmäsria ist, den Magen
dicht vor dem Schlafengehen irgendwie
zu belasten. ganz aliichaiiltia ob durch
ten Genusr von Art-sein oder irgend
einem anderen Nahrungsmittel Es
bleibt vielmehr die alte bekannte Ge
iundbeitsreael zu Rein bestehen. iviis
teilens drei Stunden vor dem Zudem
izeden etwas zu genießen. damit auch
die Verdauunasoraane während der
Nacht ihre Ruhe haben. Dr. Eckold
l
Wann soll man bade-IT
Es bestehen viele Meinungsvers
schiedenlieiten bei der Frage: »Wann
ist die beste Zeit, ein Bad zu nehmen?«
Meistens hält man es siir am geeig
netsten und bequemtten, sich Morgens
gieich nach dein Aufstehen zu baden.
Viele Autoritäten behaupten, die best-v
zt it wäre Abends. Jedoch tann sich
diese Frage jeder Mensch. seinem lot
tserlichen Zustand gemäß, selbst be- -
antworten. Ein kaltes Bad frühmor
gens ist nur denjenigen heilsam. die
genügende Reaktionstrast und ein ge
funden Nervensystem besitzen. Fühlt
man sich nach dem Bade sehr ersrischt,
aber nach zwei ·oder drei Stunden
müde nnd schla11, so ist dies ein Zei
chen, daß das kalte Baden schädlich ist,
nnd die Gewohnheit sollte eingestellt
werden. Vollbliitigen und dicken Men
icken, ron langsamem, phlegmatischein
Temperament nnd unverwüstlicher
Nerventrast sind Morgenbiider sehr zu
empfehlen. Solche, die zur Magerkeit
neigen, deren Hände und Füße bei
geringster Gelegenheit lalt nnd seucht
tretden und die ihr Essen schwer ver
dauen, die nervös sind und sich geistig
plagen, sollten Bädes am sriihenMoe
gen meiden- Ein Bad am Nachmittag
oder vor dein Schlafengehen würde
hier heilsanier wirlen. Andere Perso
nen verspüren nach einem kalten Bade
sosort eine wohlthiitige Reaktion, aber
sie verlieren bei derNachwirtung mehr,
als sie beim Bade gewinnen. Diese
sollten nicht zu ost baden und stets
s sann-armes Wasser brauchen. Es ist
ldann am rathsanisten. es vor dem
Schlafengehen zuthutn Aus jeden Fall
sollte der Körper gehörig mit eine-n
weichen handtuche srottirt werden, bis
die hant ordentlich warm wird. Dieses
verursacht eine gesunde Bligtzirtulation
in der baut, sowie »in allen anderen
Praanen und erhält den Körper ge
und.
sue-hört
s
«...Woeübek haben Sie sich denkt
So geärgert, Den Rai-Mk
»Weil ich mir ieii vier Wochen den
Beet stehen lasse —und das will mir
kein Mensch glaubea!«
New York hat ein Nachtpolizeige
richi erhalten. Da sit-PS Abwechs
lung für die Richter. Während sie
früher Katetitudien machen mußten,
können sie jeßt gleich beim Affenstm
dium anfangen. -
s- i- s
Koe- Mensch wiatd so zükni,
Koa Mensch wiatd so wild,
Wien a Dieb, den was amal
s anderer was stiehlt.