Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 16, 1907, Sweiter Theil., Image 6

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Da Man mit den vielen Jlameu.
Kriminal-Roman von Auguste Graun-.
· (7. FortsehungJ
k. »Sie denken, daß es, wenn es kein
HIVlbstmoerah ein Raubtnord hätte
« Mein können? Aber —«
Mingoiti hielt inne.
',j-k »Was wollten Sie sagen, Kapi
,- »Mus«
. «Estwas Dammes. Jch dachte, weil
Uhr und Geld da waren —«
Wieder hielt er inne und lachte
Uber- sich selber.
Auch Müller lächelte. »Nun, die
» hätte man hier auf dem Schiff nicht
verschwinden lassen dürfen. Das
« wäre ja sofort ausgefallen. Nein
« —- ec hätte sich da nur um verbor
»- Jene Werthe handeln können. Aber
zcuch solche with Feßler nicht bei sich
habt haben, da er bei offener Thür
. ief. —- Nun aber, Kapitäm er
-«Uche ich Sie, mich die Hinterlassem
ft des Verstorbenen ansehen zu
en. Sie haben sie doch an Bord?«
» »Gewiß. Der Konsnlatsbeamte,
Zkl her gekommen ist, um ein paar Fra
In an den Doktor Und die Stewards
-·«- « ·thnn. hat Feßlers Effekten mir so
gekeh gelassen. Jch habe sie der
, reesier Polizei abzuliefern.«
.- ch kann sie also schen?«
.,, wiß. Sie dürfen sie sehen.
Einem anderen würde ich dieses Er
suchen nicht erfüllen. Aber bei Ih
:; wen tsi es nicht Neugierde. —- Kom
IS wiss-I i
..-., Ts «" s.
- si« »spi.
-«
Mingotti führte den Detettiv zu.
. einer Kabine und schloß diese aus.
»D-· Es war ein winziger Raum.· Nichts
", als ein«schmales Bett und ein Tisch-s
» n hatten darin Platz. Aus dem;
s t lagen ein mäßig großer Reise- !
lasset und eine Umhängetasche. An ei
nein Haken hing ein Paletot und eine
neue weiße Mühe, und in einer Ecke
sehnte ein Schirm.
»Man soll Ihnen eine Lampe brin
gen«, sagte Mingotti, »und wenn Sie
a Tisch kommen, werden Sie viel
icht auch, gleich mir, nimmer da
.; ten zweifeln, baß es sich hier wirklich
nur um einen Selbstmord handeln
kann. Der arme Doktor war wohl
trat seiner Absonderlichteiten ein
- r harmloser Mensch- und solchen
·- reien doch siir gewöhnlich fremde
»Mit-mer nicht nach, um sie auf hoher
See aus die Seite zu bringen. Nein
—- nein, lieber Herr Müller, so ro
-« mantisch geht es aus der Welt nicht
T - . Nur Jhr ewig mit dem Schlimm
sillen beschäftigter Geist sieht solche
Dizgek
jingotti ging, mit einer leisen
Ironie erfüllt.
»F Müller achtete nicht aus des Ka
s. pitiins Wesen. Offenbar war er völ
if lig von der Erwartung dessen, was
sit sich ihm da möglicherweise offenba
ren konnte, ianspruch genommen.
Er wartete, bis man ihm die Lam
, pe brachte, dann sperrte er die Thür
- ab und machte sich daran, Feßlers
- - Effekten za untersuchen
» Man war schon zu Tisch gegangen,
"» aber Müller war noch nicht tm Spei
gsaalr Der Kapitän schaute des
. —. steren erwartungsvoll nach der
r.
" » Endlich, man war schon beim
« steten, Mnete sie sich für den von
JÆgotti Erwarteten. Mechanisch
, , gis-g Mtiller aus seinen Platz zu und
s · sich, nach rechts und links sich
; knrge verneigenb, auf seinem Stuhl
me r. Dann aß er still nnd lang
·-«ssnr, sichtlich geistesabwesenix
-·;—"- Kaum hatte der Kapitiim eiliger
», - Eli sonst die Tafel aufgehoben» bat
et Müller, mit ihm in seiner Kajiitel
« - eine Cigarre zu rauchen.
Müller folgte ihm und schob gleich «
den Riegel vor, als er nach
otti eingetreten war.
—., uni«
M end sich Müller sente, sagte
. ««, est tappe ich erst im Dunkel-.
II est etwas eingetreten, das ich ganz
«d gar nicht erwartet habe.«
8. Kapitel. !
»Da, wo in Christiania die St
Oänfsgade gegen den Schloßpakk hin
endete, befand sich die Pension der
Frau henriette Jvetsm Das vor
- schme, alte Haus, darin sie ihre Gä
ße auf wahrhaft mütterliche Weise
sp·msvågte, besaß außer vielen anve
« nnehmlichkeiten auch einen ge
innigem schönen Gatten und da
Un stand ein stattliches Gartenhaus
sit einem großen Speisesaal und ei
M kleinen Rauch immer. Jn einer
des Speise aales stand ein
Iiigel, und in einer anderen
eine Sisgarniiur aus Bambuö,
’ welche sich die Blätter zweier
Ueber Phönixpalmen beugten.
M einem der stolz geschwunge
W sisiier leuchteien eines Mittags
i m dein Essen die meriwiirdi
Zili rast-tadeln welche das glän
s vatze Paar der Signora
, i ierten. Diese
eine ältliche Ylienerin non
is gewshnlichen anieren war
daduich interessant, daß sie eine
« s M ungewöhnlicher Schön
Und ungewöhnlicher Begabung
. Und Erminia Locatelli, wel
B christiania Concerte gab, zeich
U außer durch ihren Ruhm als
noch durch die vielen Ju
welen aus, dies-sie zu jeder Zeit, zur
passenden sowohl. als zur nicht pas
senden, reichlich zur Schau trug.
Gerade wieder wurde von ihrem
Schmuck gesprochen, und die schwarz
ljnnrige Signora machte in ihrem to
miichen Kauderwelsch die um sie
gruppirten Damen darauf aufmerk
sam, wie herrlich die haarspange sei,
welche ihre Tochter heute trug, und
wies mit einer jener großartigen Ge
sten. wie sie nur Südländer bei je
der Gelegenheit zur Verfügung ha
ben, nach der Klavierecke hinüber-.
Dort wurde schon eine Weile drö
ludirt, nnd nun setzte ein wunder
ichdner Mezzofopran ein Es war
eine leidenschaftliche Arie, welche daf
laut wurde. «
Die Sängerin begleitete selbst ih
ren Gesang. Ein noch ziemlich jun
Zer Mann von feinem Aeußeren
and dicht an ihrem Stuhl und wen
dete ihr die Notenbliitter um.
Zwei noch sehr junge, flachsblonde
Kaufmannstöchter aus Bergen, die
aus ihrer regenreichen Vaterstadt
nach Christiania geloninien waren.
um einen Klavierturs durchzurna
chen, lauschten dem Gesang nicht we
niger entzückt, als der junge Student
und der alte rothhaarige Oberki, wel
che sich auch der reisenden Italiene
rin angeschlossen hatten.
Eine halbe Stunde später ging
man zu Tisch.
— . . «.---.
US WC kgcllllll clll LUYIUO Oc ch
anwesend, und außerdem Frau Jver
sen und ihre beiden Töchter
- Man blieb, das war in diesem
Hause so eingesühri, ziemlich lang
und recht gemüthlich bei Tisch sitzen.
Erst als die Dämmerung eintrat, hob
Jdie Dame des Hauses die Tafel auf,
und die Herren zogen sich in das
Rauchziinmer zurück.
»Nun here Doktor, was haben
Sie für die nächsten Tage vor?«
fragte der Oberst den Herrn, welcher
sich vorhin am Klavier so nützlich ge
macht hatte.
Der geiiillige Blattuniivender er
klärte, daß er nicht gar viel mehr
unternehmen könne denn er werde
nur noch bis übermorgen in Chri
stiania bleiben.
»So bald schon wollen Sie uns
verlassen?« meinte höflich bedauernd
der Oberst.
»Am liebsten siihre ich schon heute
weg«. antwortete der Gefragte.
Das war nicht übermäßig artig.
e»Der Herr mochte dies wohl selber
fühlen, denn sein Gesicht, das so
eben noch Zerstreiiiheit ausdrückte,
erhielt plötzlich einen liebenswürdi
gen Zug, und schon wollte er weiter
sprechen. aber es lam nicht dazu.
Die Aufm.ertsanileii der vier Her
ren, welche sich ini Rauchzimmer be
fanden —- es waren auch der Stu
dent und ein Gutsbesitzer aus dein
Drontheinier Kreise anwesend —
rourde abgelentt. Eine der Damen
hatte einen geltenden Schrei ausge
stoßen.
Als die herren hinauseiltem
herrschte schon ein ziemlicher Wirr
warr unter den Damen. Signora
Loeatelli hatte nämlich entdeckt, daß
ihre Tochter die Bricantenspange
nicht mehr im haar hatte
. Natürlich theilte sich ihre Erregung
Iden anderen mit. Ei redete jeder,
und zugleich ann ein allgemeines
Suchen. Sel verständlich bethei
ligten sich auch die betten daran.
Die schöne Si nora Locatelli und
noch mehr ibre utter waren außer
sich über den Verlust der Brillant
tenspange. Sie redete jetzt nur Jtas
tienisch miteinander, eine Sprache,
die sonst niemand von den Anwesen
den verstand. Daß sie jedoch im
Berlause ihres sehr erregt geführten
Gespräches von dern Obersten und
dem Doktor sprachen, war allen klar,
denn ihre Blicke redeten deutlich ge
nug. Dies fiel allen auf, am pein
lichsten aber selbstverständlich den be
treffenden Herren.
Der Oberst war es, der zuerst in
Xiadezu barscher Weise an die bei
n erregten Frauen die Frage rich
tete, wie sie dazu kämen, sich mit
seiner Person zu beschäftigen.
»Und mit der meinigen'«, setzte der»
Doktor zornig hinzu. Es war etwas;
Drohendes in seinem Blick. E
Da iusebelten die Jtalienerinnen
noch eine Weile miteinander, und»
dann gab die Sängerin die gezwun
gen klingende Ertliirun ab, daß es
weder ihr noch ihrer utter beitom
me, irgend eine bestimmte Persön
lichteit unter den Anwesenden mit
denr Verfchwinden des Schmuckstii
ckes in Zusammenhang zu bringen. ·
»Was mich anbelangt, so würde ich
anen dies auch nicht rathen«, ent
aennete der Oberst kalt und wandte
ihnen den Rücken.
»Ich dagegen stelle mich ohne wei
teres zu einer Untersuchung» ur Ber
s fügung«, sagte sehr ruhig er Dot
tor. »Wir kennen einander ja alle
nicht. —- Jch finde, daß keiner von
. uns dein-anderem wenn solch ein
all eintritt, Vertrauen schuldig ist.
tatiirlich aber iordere ich, daß sich
auch alle anderen einer Untersuchung
untersucan
, !
—
Diesen Worten folgte ein Gemm
«mel des Unwillens. Frau versen
nnd ihre Töchter suchten na allen
Seiten hin zu beruhigen, aber ihre
Bemühungen waren erfolglos. Die
beiden Jtalienerinnen bestanden da
rauf, daß sie wieder zu ihrer Spange
lommen müßten, und forderten un
gestüm«das Eingreifen der Polizei.
Ihr bißchen Lebensart hatte sie
vollständig verlassen, ihr bißchen
Tünche war gänzlich von ihnen abge
fallen.
«Schicken Sie immerhin zur Po
lizei«, nahm jetzt der Drontheimer
Gutsbefrser das Wort, indem er sich
an die händeringende hausfrau
wandte. »Die Sache ist jetzt ja ar«
nicht mehr anders zu ordnen. it
werden alle in diesem Saal hleiben.«
Daraufhin feste sich der alte Herr,
zog seine Zeitung aus der Tasche und
las ruhig weiter.
Eine halbe Stunde später war das
energische Verlangen der Italiene
rinnen erfüllt. Ein Polizeibeamter
war angetommem Er hatte eine
Aaentin mitgenommen, welche bei
den Frauen Nach-schau halten sollte.
Auch ein Schreiber begleitete ihn.
Vorrrst nahm er den Thatbesiand
aus, dann ließ er sich von jedem der
Anwesenden Namen, Stand und
Wohnort nennen. Eine resolute
junge Dame. eine Studentin. welche
schon seit zwei Jahren bei Frau
Jversen lebte, begab sich als erste in
das Rauchzimmer hinüber, wo die
Bisitation stattfinden sollt-.
Sie wars sowohl beim Hineinge
hen als beim herauskommen den
beiden-Locatelli vernichtende Blicke
zu und zog sich dann in den Klavier- :
wintel zurück. j
Die Untersuchung nahm ihren»
Fortgang. Aber sie blieb Guttat-(
los.
n.nerlich wüthend und voll Miß
t,rauen aber sie wagten jetzt teine Be
mertungen und teine Anspielungen
mehr.
. Als der Beamte gegangen war,
empfahlen auch sie sich, um sich auf
ihre Zimmer zurückzuziehen
Ebenso eisig und stumm wie sie
grüßten wurden sie wieder gegrüßt
und dann recht hart beurtheilt..
Aber, wie das schon einmal so ist
auch nach ihrer Entfernung wollte
die hier sonst stets heimische Gemäch
, lächleit sich nicht wieder einstellen, und
sgo dtrerrnte sich denn die Gesellschaft
; al .
. Am nächsten Tag ließen sich- die
talienerinnen nicht mehr blicken.
Frau Jversen hatte sie schriftlich et
sucht sich nach einer anderen Woh
nung umzusehn-u ’
Trotzdem verlies das Mittagessen
Ziemlich ungemüthlich Man hatte
oeben das Obst ausgetragen, als der
Doktor hinausgerusen wurde.
» Die eine der jungen Schwestern
»aus Bergen riiette zinruhig aus ihrem
Stuhle, so daß ihr NachHar, der
Student, sie fragte, was geschehen sei·
Sie hatte noch immer die ängstli
cbcn Blicke auf eines der Fenster ge
richtet, von denen aus man den Weg
iiversehen tonnte, der vom hause
zum Papillon führte. »Der Herr,
welcher uns gestern verhörte, ist wie
der hier«, sagte sie ärgerlich
» Da richteten sich sofort aller Au
Jgen aus die Fenster und alle sahen
HUeberraschendeT «
s Der Dottor war, als das Mädcheen
stbm sagte, er möge hinausgehen
sei jemand da, der ihn u sprechen
wünsche, sichtlich verwun a usges
standen, hatte nachdenklich seine Ser
viette hingelegt und hatte, an dem
Kleiderständer oortibertommend sei
nen hut Kommen
Gleich nach befand er sich aus
dem Wege, welcher zum use führ
te. Dieser Weg lriirnmte ch ein biß
chen und war von Gebüsch umseiirmt.
An der Krümmung tarn fest eine
Gestalt zum Vorschein. Der Dok
tor hielt unwillkürlich im Gehen in
ne, denn der, welcher ihm da en e
gentam, war der Polizeibeamte,
gestern hier amtirt hatte.
Olk Uan Zisllcllcklnklcll DCIM
»Sie wollen mich noch einmal
spreche-im fragte der Doktor
Der Beamte zog das Protokoll,
welches er· gestern aufgenommen,
aus seiner Rocktaiche und entfaltete
es. Er hatte sich neben den Doktor
gestellt und wies auf eine bestimmte
Stelle der Schrift.
«Doktor Herdert Konstantin Feßi1
ler aus Wien«, las er vor. Danns
blickte ei- aiif. »Das haben Sie doch(
angegeben?« I
»Ja, das habe ich angegeben.«
Die Art, in der dies gesagt wurde,
war merkwürdig unsicher.
«Bestehen Sie darauf, daß Sie
der Dottor herbert Fehler sind?«
« »Gewiß. ich bin est« Jett klang ed
wie Troi aus der Stimme des Be
frageem ·
r Beamte sah ihn scharf ari.
Ich würde doch lieber nicht dabei
b.eiben!«
«Mein herri«
.Bitte, keine Redensarten! Sie
sind nicht der, fiir den»Sie sich aus
geben. Das wissen wir schon seit
zwei tunden, seit aus Wien die von
uns rbetene Auskunft eingetroffen
ist. Wir haben die Nachricht erhal
ten daß Doktor herbert Konstantin
Fehler vor vier Tagen, oder genauer
gesagt in der Nacht voni 21. aiif den
22. August, »sich auf »dem Eidam
pfer »Sees·chwalbe« zwischen Brindisi
uin Alexandrieii erschaffen hat«
Dieser Bericht iibte eine geradezu
niderschinetternde Wirtiin auf den
aus« der sich ais Do or Verliert
W
Fehler aus Wien bei Frau Jversen
einguartirt hatte. Ganz bleich ge
worden, starrte er den Beamten an.
Offenbar rang er mit einer gewalti
gen Erregung Er athmete schwer
und mußte sich die Stirn trocknen.
Erst nach einer .langen Pause sagte
er leise: »Und ich. bin doch herbert
Feßler.«
»Nun«, meinte der Beamte trocken,
»Sie werden sich schon noch aus Ih
ren richtigen Namen besinnen. Einst
weilen können wir nur seststelien, daß
Sie einen Grund haben, unter frem
dem Namen zu reisen. Solch ein
Grund pflegt tein guter zu sein. Bis
Sie uns vom Gegentheil überzeugt
haben, werden wir Sie festhalten
müssen. Jin Namen des Königs —
Verbafte ich Sie.«
Mit einem seltsamen Lächeln er
widerte der andere: »Alle gehen
wir!«
Ein Dutzend Paar Augen folgte
itznm Noch glaubten ja nicht alle
vie im Saale zurückgeblieben waren,
daß dies eine Verhastung sei. Als
aber gleich danach eines der Stu
benmädchen hereinstiir te und berich
tetc, daß man des attorö Gepäck
mit Beslchag belegt habe, schwand
jeder Zweifel.
»Es ist schrecklich, mit welchen
Leuten man zuweilen in der Fremde
beisammen ist! tlagte einer der Da
men. .
»Von diesem hätte ich es nicht ge
glaubt«, ertlärte offen der wackere
Oberst.
.Als ob sich die Polizei nicht ast
geirrt hättes« sagte-zornig die Stu
dentin. Die jungen Schwestern aus
Bergen weinten beinahe. .
Der, welcher sich hier Doktor Feß- ;
ler genannt, hatte sich immerhin ei-;
; niger Sympathie zu erfreuen. I
I Am nächsten Vormittag standen
Larn Hafen vieleLeute zusammen. Ein
Laroßer englischer Dampfer wurde er
wartet Er fuhr auch schon auf die
-Landungshriicke zu. an welcher er
nachher in stolzer Langsarnleit an
legte. Noch vor ihm hatte an einer
anderen Stelle ein weit kleineres
Schiff angelegt, das kaum Beach
tung sand.
Es war dies der schmucke Schnell
dampfer »Sten Sture«. Er tam vom
Nordlap herunter und legte in Chri
stiania diesmal nur fiir zwei Stun
den an.
Seine Passagiere, lauter Vergnü
gungsreisende, hatten Norwegens
Hauptstadt nämlich schon. besichtigt,
als sie auf ihrem Wege von Stral
sund nach dem Nordtap warens
Schon seitdem der «Stern Stute«
iin Fiord fuhr, und die Stadt sicht
bar geworden war, hatten sich fast
sämmtliche Reisende auf dem Des
versammelt.
Auch eine geschlossene Gesellschaft,
die sich eng beieinander hielt, schaute
nun zum zweiten Male mit Vergnü
gen das schöne Bild, das sich vor ihr
aufrollte. . «
Nur der elegante Mann, der sicht
lich das Haupt der Gesellschaft war,
und die Dame, der er den Arm ge
reicht hatte, schenkten der schönen
Landschaft teine Beachtung; ihre Au
än waren auf das bleiche Gesicht des
annes gerichtet, der seitlich» von rh
nen in einem bequemen Stuhl ruhte
und welcher das junge Mädchen, das
neben ihm stand, soeben auf eine
Möwe aufmertsatn machte, die von
ei Seeadler verfolgt wurde.
Kote sieht er sehr iihel—,aui·, sag
te let e der herr. -
Die Dame seufzte nur, und dabei
traten Thriinen in ihre Augen.
.Was isks denn schon wiedert«
Der hlasse Mann rief es ärgerlich
aus und blickte fragend auf die dun
telhaarige helserin. welche ihm die
Decke, die zu Boden geglitten war,
wieder iiber die Kniee legte.
; »Aber E on!« erwiderte Frau
iRora geträn t.,
; Hebung stand neven -- ihrer Schule-s
Jrin und blickte sehnsüchtig nach der.
sSiodt hin, die nun schon ganz nahe
war. Sie sreute sich innig darauf,
von herbert endlich wieder etwas zu
erfahren. Sie hatte ihm gerade noch
vor seiner Abreise telegraphiren tön
nen, daß sie am 25.« August einen
Brief in Christiania würde obholen
können, und sie zweifelte nicht irn
mindeiien daran, daß er ihr entwe
der noch von Wien aus oder von
gis irgendwoher Nachricht gegeben
Auch Wernerz wußten, daß sie
solche erwarte. Sie hatte ja von ihrer
Verlobung diesen lieben Menschen
Mittheilung rniacht. Da war sie
denn schon ot geneJt worden wegen
der reude,-rnit welcher sie dieser
Nacht t entgegenlah Jn mancher
lei Weise war sie eneckt worden, lie
benswürdig und «ssig·’
»Nun, schauen Sie sich nur nicht
die Augen aust« esagte Nora eben
wieder. »Der Bei liiust Ihnen ja
wohl nicht davont«
»Aber Tantet« rief helene ihr
zornig zu.
Da sah Hedwig sie ermahnend und
bittend on und antwortete ihrer Geg
nerin nun selber. »Gniidige Frau
den sich vermuthlich noch niemals
olch einen Brief geholt«, sagte sie
ggüenthiiinlich lächelnd, «daher tennen
die kleine Aufregung eben nicht,
die solch ein Ermatten hervorruft.«
»Meine Aufregung!« spöttelte No
ra »Ich finde. daß Ihnen eine gro
ße SF n ucht aus den Augen schaut.«
Ene große Sehnsucht!« wieder
hpiie heim-in »Sie huren recht
t
—
»Sieh sehnen, das allein schon ist
wunderbar«, ries Egon, und seine
Augen hatten noch mehr geredet.
Dedwig erwiderte den nur zu deut
lich sprechenden Blick mit einem lie
ben, wehmüthigen Lächeln.
Wenn fest zuweilen solch eine An
deutung. sol ein eigentlich ganz os
senes Gestiin niß ersalgte, brachte
dies sie nicht mehr in Verlegenheit.
Wußten es doch schon alle, wie auch
sie selbst es endlich wußte, daß der
Schwertrante sie liebte.
Er hatte dies niemand von den
Seinigen gegenüber, auch ihr nicht,
mit deutli n Worten erklärt, aber
seit er wu te, daß seine Lebenszeit
eine nur no ganz kurze sei, sand er
es siir überlufsig, noch weiter mit
seinen Gefühlen Verstecten zu spielen.
Sein Empfinden hatte wenig Irdi
sches mehr an sich, es hatte sich so
verfeinert. so vergeistigt, daß es auch
das zartsiihlende Weib nicht mehr
peinlich berühren tonnte.
So that er sich denn auch teinen
Zwang mehr an. Er zeigte Hed
wig die reickze Zärtlichkeit, die er siir
sie empisan, erwies ihr hundert
Ausmertamttiten und verbarg das
tiese Bestiedigtsein nicht, das ihre;
Nähe allein schon ihm gewährte. s
Und Dedwigt
Jhr gutes erz gab den Ton an,»
in weichem e mit ihm vertehrtr.j
Sie war wie eine zärtliche, wie eine’
sehr zärtliche Schwester zu ihm. (
Der Kommerzienrath und seine
Frau trugen sie dasür aus Händen,
denn sie liebten den armen Kranten
innig. und so waren sie derjenigen,
die ihm sein letztes Erdenglück gab.
ungemein dankbar. Auch Helene
vergötterte jetzt sast ihre Erzieherin.
Frau Nora aber haßte Hedwig
mehr als je. —- H
Als Mk YCMPJIT Allgclcgl Stille,
gingen nur wenige Passagiere an das
Land. Es war nämlich ein sehr hei
ßer Tag, unb da lockte ein Spazier
gang nicht sonderlich.
hedwig aber. Helene und Egon
verließen den Damper ,
»Ich muß durchaus noch einmal
im Wickingerlande spazieren gehen«,
hatte Egori geäußert, und so hatte er,
von eineni wüthenden Blick erass
verfolgt, sich den beiden Damen an
geschlossen
Was Debirs so sicher gehofft, war
nicht ein etro sen. Herbert hatte ihr
nicht ges rieben.
Sie war sehr traurig darüber,
was sie freilich zu verbergen suchte.
helene tadelte in ihrem jugendli
chen Ungestüm ben Söumigem ihr
Onkel aber fand eine Menge Ent
schuldigungen für ihn, und Hedwig
trat ihm dafür dantbar. «
Bald nachdem sie wieder auf dem
Dampser eingetroffen waren, verließ
dieser den Oasen·
»Nun, bat Deine Angebetete ihren
ersehnteii Brief erhalten?« fragte No
ra ihren Schweigen der gerade im
Begriff stand, seine Kabine aufzusa
chen. »Ihr müßt ja sehr weit rnit
einander gegangen sein. Du bist to
tal erschöpft.«
Er schaute ihr kalt in die Augen.
»Ich rathe eher Dir, nicht zu weit
zu gehen«, antwortete er, ließ sie ste
hen und seste seinen Weg fort.
Sie ballte die Hände und schickte
ihm einen wüthenben Blick nach.
Später gesellte sie sich zu hebwig
die allein auf Deck geblieben war und
traurig nach der entschwundenen
Stadt . hiniiber blickte.
«Sie sehen ja lehr maßtg beginnt
ausl« fing sie an. »So hat also
othe Brief nicht das Erwarte-te ent
Daltenlk »
»Ich habe überhaupt leinen Brief«
betontnten.« s
»Nicht! Da hat es also der Herr
Bräutigam nicht sehr eilig mit dem
Schreiben-« ’
»Ah-kühn Sie sich gewiß nicht
sehr grämen werden«, entgegnete»
hedwig mit einem trüben Lächelns
»Wenn ich nur wüßte, warum es Ih
nen eine gar io große reude macht,z
mir Unangenehtnes zu agent« I
»Das wissen Sie nicht? Wie naiv!s
Aber wenn et heimliche Zusammen-i
tünfie gilt, da sind Sie nicht mit-J
Jch wundeee mich nur, woher Siej
den Muth zu foichem Doppellebenj
nehmen«
Jeyt fah dtvig entschieden be
stürzt aus. pra, dies bemerkend,
fuhr höhnend fort: »Wenn es zum
Beispiel Ihr Bräutigam etführe,
————1
f
W
daß Sie eines anderen Mannes we
gen in Ohnmacht fielen, benn ba
rnali im Coneert — leugnen Sie es
nur nicht —- sind Sie ja doch nur
wieder unwohl geworden. weil der
,.Dolländer« —- Helenchen hat oft
doch recht wundervolle Einfälle! -—
sich abermals gezeigt hats«
»Ah —- von diesem reden Sie!"
sagte Debwig eigenthiimlich lächelnd
«Gewiß —- von diesem! Jch möch
te nur wissen, ob Helenens Bezeich
nung wirtlich stimmt. Der Mann
muß ja immerhin interessant sein
weniqstenz fiir ein to junges Ding!«
Er tann auch ältere Damen be
saubern, viel ältere."
Nara schaute unwillkürlich ge
spannt auf. Es lag jetzt viel Schär
ie in der Stimme der Gouvernantr.
»Zum Beispiel Frasu en in Jbrrtn
Alter«, fuhr thwia irrt
»Wie meinen Sie dar-r« Di: biibg
sche Wittwe war plötzlich nachdenllieh
geworden.
»Die selbst hat-en sich von ian be
zaubern lassen. Genau so meine ich-'
»Fräul in Moorle .nd!"
»Gniidige Frau fangen an zu ker
iteben. Jch rede natürlich von Herrn
chtzcx
Nora athmete wieder auf. ,,Kenne
ich nicht!« sagte sie kurz.
hedtvig war draußen nur einen
Augenblick lang ihrer Sprache un
sicher gewesen. Jetzt bemerkte sie
ruhig: »Er hat sich Jhnen also unter
einem anderen Namen dargestellt
Ein bildicböner Mann. Der Typus
eines Südländers. Am Ballen der
rechten Hand hat er eine Narbe.«
Nora war bleich geworden. »Was
wi en Sie von ihm und mir?"
forschte sie lauernd.
JU-—
Hedwig athmete ties aus« »Von
ihm viel, sehr viel — von Ihnen, daß
"Sie, die Sie so streng gegen andere
sind, die Sie alles versuchten, um
Frau Egon o. Wsrrner zu werden,
gleich eitia einem Iris Diese nach
geiauien sind."
Ein paar Augenbliche lang herrsch
te Schweigen zwischen den beiden.
Nora war durch diese Worte
schwer, sehr schwer genossen, denn sie
war eine Heuchlerin, and sie wollte
schon deshalb siir eine tadellose Frau
gehalten werden. Und außerdem
wollte sie wieder geheirathet werden
-—- und auch dazu brauchte sie einen
guten Rus. Und diesen Rus ielt
ietzt ihre Gegnerin in der Hand. as
erwog das intrigante Weib in aller
Schnelligkeit Aber sie blieb nicht da
bei stehen. Jhr Geist arbeitete ras
weiter. Sie erwog in aller Eile, da
auch hedwig wohl noch mehr als sie
ieibst u verlieren hatte, wenn sie
diese Lisasse gegen sie gebrauchte,
stean dann würde es ja auch tlar wer
den, welche sehr große Rolle dieser
»i1ie9ende holländer«, dessen Ge
genwart ihr jetzt noch Ohnmachten
verursachte, in ihrem Leben gespielt
hatte. Wenn das dssenbar wurde,
dann war es wohl mit Hedwigs
Brautschast aus.
Frau Nora tonnte man wohl er
schrecken, aber wenn man ihr schaden
wollte, dann schädigte man sich selber
ebenfallä
« lFthsetzung iolgt.)
Ein sechzehnjiihriger Bursche in St.
Louis hat sich bereit ertlärt, Pearh
aus seiner nächsten Nordpolsahrt zu
begleiten. Kein Wunder, daß er sich
nach einem tiihlerem Klima sehnt; in
der Ludwigstadt ist es nach den neue
ten Meldunaen mal wieder ein alt
nrodischer Sommer.
D O O
Die Wippersiiriher Zeitung berichtet
von der englisch-spanischen Königszm
jsammeniunst: «Köuig Alfons war mit
sder briiischen Königs-nacht in den Ha
jfen eingebornpr unter betäubenden
?Kanonensalai.« Kanonensalai isi an
scheinend eine besondere Art der Got
tung Kanonensuiter.
i O L
Die Erde ’gleichi einer Attienbani,
»die Menschen den Aktien: Beim Jers
lebentreten werden fr-: freudig und hoff
nungsvoll begziißix doch ob sie steigen
oder sinken, ob sie hohen Wert erlan
gen oder eine Rull sein werden, wer
weiß ei?
« · e- si
» Es ist ein großer Unterschied-, ob
man das Welt-Theater von der Loge
aus betrachten oder ob man im Steh
parterre auf die hiihneraugen getre
irn wird.
Det Sack-verständige
»I« , L w
s- .
· Eellney Eisingen Sie mir eine Flasche Rheinwein —- i mu ’
über den Verlust meiner Braux »Musik« —- ch ß msch
.Da würde ich Ihnen .Mosrl« empfehlen2«
-'"·