Nebraska Staats-AUGUST Und J«cerold’ Jahrgang 27. Grund Island, Nebr» 16. August 1907. (Zweiter ThciU s i Nummer 51. sz Waldes-zauber. Wie hält mich wundersam umfangen Des Waldes stiller Zauberbann, Erquickend weht um Stirn und Wan gen Sein tühler Friedenshauch mich an. f i Mag fern des Lebens Brandung tosen, Mich lockt sie nicht — ich bin geseit —, Umrantt von Farn und wilden Rosen, Ruh« ich in Weltvergessenheit. Jm Tannengrunde will ich lauschen, Des scheuen Wildes flücht’ger Spur, Dem Vogelsang, dem Quellenrauschen, Dem regen Pulsschlag der Natur. Und streis’ ich durch das Laubgewinde, Durchsorschen will ich jeden Spalt, Ob ich ·das Glück, das Glück nicht finde: Biellei «t wohnt’s irgendwo im Wald! Ver Traum im Wald. Humoreste von Lothar Bren tendors. Einmal in meinem Leben habe ich Gelegenheit gehabt, reich zu werden. Jch bin’·3 nicht geworden. Daran ist allein der Wald schuld. Der Wald ist ein arger Gesell. Jch bin ihm von jeher gut gewesen; und das hat er sich zu Nutze gemacht, mich um etliche Hunderttausende zu brin gen« Statt reich hat er mich glücklich! werden lassen, der Schlimme i Drum, wenn du willst zu Hose’gehn,» Mein Sohn, ich rathe dir fein: ! Leg nicht dein Haupt auf Etvekshöh, s Allda zu schlummern ein. ( Jn den bayrifchen Vorbergen war’s, ; so in der Gegend von Kachel. Jchs verdutzte da in jugendlichern Leicht-? sinn die Moneten, die ich mir in zwei- j jähriger saurer Arbeit als Lehrer ans einem Berliner Gymnasiurn eriibrigt hatte, und gab mich dem dolce far niente hin. »Das heißt, ich that aller dings etwas —- hatte eine Beschäfti gung, die sogar mit nicht unerheb lichen Ansteengungen verbunden war: ich machte der schönen Miß Applhars den Hof, die irgend ein wunderbar-er Zufall ebenfalls an den reisenden Kochelsee geführt hatte. Denn ein merkwürdiger Zufall mußte es in der That gewesen sein. Miß Applyard war reich, und sie war Amerilanerin. Nun sind die bayrischen Vorberge nicht die höchsten, die es giebt, das Essen in » den d rtigen Gasthöfen dafür aber so ; ziemli das schlechteste, das man im! ganzen lieben deutschen Reiche vorge-s setzt bekommt, die Wohnungsverhältss nisse primitiv und die Preise dem ent- s sprechend —- sehr hoch. Eine Ameri- I kanerin aber pflegt für gewöhnlich nur ? dahin zu gehen, wo die höchsten Berge » und das beste Essen zu Hause sind ——’ also ist es mir nicht recht erklärlich welche Schicksalssiigung Miß Appl hard in meine Gesellschaft geführt hatte. — ,- « Daß ich ihr die Cour machte, war ja selbstverständlich —- denn erstens war sie, wie gesagt, sehr schän, und zweitens war sie sehr reich. Weniger selbstverständlich aber war, daß sie mir, dem armen Philologen, ganz augenfällig ihre Gunst zuwandte. Sie gestattete mir, sie auf ihren Spazier gängen zu begleiten, sie machte Aus sliige mit mir, ruderte mit mir und spielte mit mir Tennis, ritt, radelte, fuhr mit mir und bestimmte mich zu ihrem Nachbarn an der table d'höte. So groß meine Freude iiber all diese Beweise ihrer freundlichen Gesinnung gegen mich war, so beträchtliche Schwierigkeiten bereiteten sie doch meinem Portemonnaie, das von Tag zu Tag an Fülle der Rundung ab-. nahm. Und doch war es nicht einmal das, wal- unseren »Flirt« für mich so überaus schwierig gestaltete. Miß Apvlyard reiste nämlich nicht allein, sondern sie hatte eine Gesellschafterin bei sich, und diese Gesellschafterin war nicht, wie es gewöhnlich der Fall zu sein pflegt, eine ältliche Person mit glatt gescheitelten grauen Haaren, sondern ein allerliebstes junges Mäd chen, dessen hübsches Gesichtchen eine» Fülle blonder Locken umrahmte. Sie war eine unbemittelte deutsche Ver wandte der englischen Miß und hattes von ihr, wie sie mir mehr als einmal; versicherte, nur aus Mitleid den Po-; sten einer Reisebegleiterin erhalten.’ Jedenfalls war sie eine junge Dame von den angenehmsten Manieren und versügte iiber eine Bildung, die einl Gespräch mit ihr zu einem wahren Vergnügen machte. Es war mir schlechterdings unmöglich, sie einfach nicht zu beachten, und ich hatte also meine Aufmerksamkeit und meine Huldigungen zwischen den beiden Da men zu theilen, wobei ich, um nichts zu verderben, überdies bestrebt sein mußte, nach Möglichkeit gerecht und unparteiisch zu verfahren. — Dies dopplete Spiel war ganzz danach an gethan, ·der Ruhe meines Herzens ge fährlich zu werden. Und es wurde ihr gefährlich. Glaubte ich in einem Augenblick bis über beide Ohren in die schöne Amerikanerin verliebt zu se schien es mir im nächsten außer allem Zweifel, daß mein Herz sich fiir die reizende Gesellschafterin entschie den habe. Und unter allen Umstän den gehörte meine Liebe immer derje nigen von beiden, zu der ich eben sprach. Einem Don Juan möchte die ser Zustand höchst angenehm erschie nen sein; mich aber stürzte er in ein Meer von Zweifeln und bedrohte mich infolge von Herzklopsen und schlafw sen Nächten sogar mit einer ernstli-» chen Schädigung meiner Gesundheit. Da faßte ich nach schwerem Kampfe —- idealistisch veranlagt, wie ich es nun einmal bin —- zuguterletzt einen heroischen Entschluß. Wenn ich mich denn durchaus nicht fiir die eine oder’ die andere entscheiden konnte, so war es wohl am besten, alle beide auszuge ben. Wohl war in diesem großarti gen Ergebnisse meines Nachdenken-s etwas von der Weisheit jener beiden Leute, die ihren Esel nach Hause tru gen, weil keiner von ihnen reiten und den andern zu Fuße gehen lassen wollte, aber ich wußte mir nun ein nial keinen anderen Rath. Jch aß also nicht mehr an der table d’hote und vermied ängstlich alle Spazier wege, aus denen ich bisher mit Miß Applyard oder mit Fräulein Elli, ihrer lieblichen Gesellschafterin, ge wandelt war, um mich fortan aus ab gelegenen Pfaden mutterseelenallein in den Wäldern herumzutreiben » So war ich auch wieder eines Ta ges seit dem frühen Morgen ziel- und planlos herumgelaufen, bis ich mich todtmüde in einiger Entfernung vom Weg-e in das weiche Moos sintcnließ, uin in Morpheus Armen meine quä lenden Gedanken zu vergessen. Die bereiickende, von tausend unbestimm ten Geräuschen erfüllte Ruhe des Waldes herrschte um mich her, ich glaubte das heimlich heiße Athmen der Natur zu spüren. Mehr und mehr kam ich in eine traumhaft weiche Stimmung, meine Schmezten und meine Zweifel lösten sich in stille Weh rnuth, und ich glaube, ich bin am Ende eingeschlafen. Da war mir’s, als vernähme ich in meiner unmittelbaren Nähe den Klang einer wohlbekannten Stimme --— und ich lächelte. Sonderbar deut lich war ich mir bewußt, daß ich träumte. Meine halb geöffneten Augen sahen wohl den Himmel, die Sonne und die Bäume des Waldes, die sich leise rauschend im Mittagswinde be wegten —- aber ich fühlte instinktiv, daß das alles anders war als die Wirtlichteii, schöner, vertlärter, von jenem undefinirbaren Etwas erfüllt, das uns in den Märchen so seltsam ergreift. Und auch jene Stimme, die noch immer forttönte, konnte nicht der Wirklichleit angehören —- wie sollte auch Miß Applhard gerade hierher kommen? Jch nahm den Wohllaut ihrer Stimme in mich auf, ohne mir die Mühe zu geben, auf den Sinn ih rer Worte zu achten, der Worte, die doch nur ein Traumbild sprach. Bis es mir bewußt zu werden schien, dass dieser Traum mir vielleicht Gewiß heit geben sollte über den Zustand meines Herzens—und bis ich meinen Namen nennen hörte. »Sie sein einer fakschen Schlange,« vermeinte i? Miß Applyard sagen zu hören. »Mi ter Fichtnär« —- merkwür dig, daß auch die Traumgestalt mei nen Namen so falsch aussprach, wie es die Miß zu thun pflegte-»Mister Fichtnär hätte mir um meiner Hand gevittem wenn You ihn nicht so feine tugen geworfen hättest. Oh, it len nen You well, You sein eine —eine Away-Fässer :-—.k. »Aus Pakt-keck frei eine anoece, vor Enttiistung behende Stimme ein, »ich habe mich keines Unrechts schul dig gemacht. Wenn here ichtner Jhten Etwartun n nicht ent pkochen got, so trage gen-ise nicht ich dieSchuld aran.« »Abiit You lieben ihm!« Diesmal dauerte es sehr lange, bis die Antwort kam. Sollte der Traum vielleicht schon ein Ende haben. Aber Ein-jetzt sprach die Stimme wie r— »Ja—ich liebe ihn!«Wakum sollte ich es ieugnent -ch habe nicht um seine Liebe gebettet und habe nichts gethan, ihn für mich zu gewinnen, was sträflich gewesen wäre. Und Sie haben also auch tein Recht, mich des lhalb zu schelten.« Da kam ein häßliches, schneidendes Lachen —— ein Lachen, das mir weh that, obwohl ich doch wußte, daß die wirkliche Miß Applyard ein reizen rses, verführerisches Lachen hatte. »Nein —- ick schelten Jhnen nika,« vernahm ich. ,,Adiir ick entlasse h nen. You können heut noch abrei en. Jck zahlen Jhnen den Salair für den Vierteljahr. Oh, hätt ick doch nur gewissen, daß You aine solche falsche Schlange sein!« Was darauf erwidert wurde, wert so leise, daß ich es nicht verstehen tonnte, nud dann wurde es still. äch lauschte noch eine kleine Weile; a r es war nichts mehr zu vernehmen als das leiseRauschen des nahen Wald baches und das aufdringliche Zirpen einer kleinen,Meise, die sich’s in den Biischen mir zur Seite wohl sein ließ. Da legte ich mich tief aufseufzend auf die Seite und wartete, wie der Traum verlaufen würde. Aber er hatte sein Ende schon erreicht. Denn gerade jetzt kitzelte ein vorwißi er Sonnenstrahl mein Gesicht, ich mu te niesen —- und war ohne Frage er wacht. Ja, ich war erwacht —- erwacht zum klaren Bewußtsein meiner selbst! Der Traum hatte mir’s gezeigt, wie es in meinem Herzen aussah —- wie wenig edel und erhaben das Bild war, das- ich von Miß Applyaro in der Seele trug, und-wie glücklich mich das Liebesgeständniß Ellis machte, das ich mir doch nur eingebildet hatte! —Aber sie selbst sollte mir wieder holen, was das Traumbild gespro chen! Noch in dieser Stunde wollte ich zu ihr, sie um ihre Hand bitten. So schnell mich meine Füße tragen «wollten, eilte ich den Weg hinab, das Hotel zu erreichen. Noch keine drei shundert Schritt aber hatte ich ge ;macht, als mein Fuß wie angewurzelt Hain Boden haftete. Dort vor mir auf einem gefällten Baumstamm saß die, zu der mich meine Sehnsucht trieb, und das Beben ihrer Schultern ver rieth deutlich, daß sie weinte! Sie stieß einen leisen Schrei aus, als ich so plötzlich an ihrer Seite stand, und erhob abwehrend die Rechte. »Herr Fichtner-«-—— Sie!" ftammel U sie. Bitte —- bitte, gehe-n Sie!« »Aber warum denn? —- Bin ich Jhnen denn gar so widerwärtig?« Sie hatte sich erhoben, und indem sie Miene machte, mir zu entfliehen, sliisterte sie mit sliegendem Athem: »Nein — nein! Aber Sie dürfen nicht bei mir sein-dürfen nicht!« »So sagen Sie mir denn, warum ich nicht dars! —Wer außer Jhnen hätte ein Recht, mich aus Ihrer Nähe zu bertreiben?« Und als sie mir keine Antwort gab bemächtigte ich mich mit sanfter Ge walt ihrer beiden Hände. ,,Dars ich auch dann nicht bleiben, wenn ich — Sie liebe? ——-Elli — meine süße, angebeiete Elli —willst du mein Weib werden?« Da sank sie mir aufschluchzend an die Brust. Und während die Bäume leise rauschend die Köpfe schüttelten, tiißten wir Uns in toller Seligkeit. — Ja, der Wald ist ein arger Gesell. Denn ohne den Traum, den er mir eingefliistert —- wer weiß, wer weiß, was geschehen wäret Der fabelhafte Zinsfuß. Von J. H. Rosny. Deutsch von Margarete Rand. Nach meiner Freilassung vom Miti tär trat ich— o erzählte AlbertVo gere—in ein Möbelgeschäft ein« Ich verbrachte meine Tage in einein engen Kontor, wo ich Briefe und Rechnungen uschreiben hatte. Dieses Dasein er-: fchien mir umso tümmerlicher, ali- ich eine lräftige Natur, breite Schultern nnd tüchtige Lun en besaß, die nich reichlicher und reiner Luft verlangten. ! Jch erftickte in dem engen Raume, und meine Wangen vertauschten bald ihre fnatürliche Röthe legen die gelbliche Farbe der Kellerpl angen. Meine Ue ! lenle wurden steif, und ich hatte häu s fig Schwindelanfälle und Herztlvpfen Wäre ich allein gewesen, ich hätte niich auf und davon gemacht und mein Glück in der Ferne versucht. Aber ich !nntfzte fiir den Lebensunterhalt met ner Tante Elisabeth sorgen, die der Ehe entsagt hatte, um mich groß zu ziehen- Meine Dienstzeit hatte ihre letzten Ersparnisse verzehrt Sie war lvcm Rheumatismus geplagt und litt außerdem an einem Her leiden dein sie jeden Augenblick erliegen konnte Jch durfte sie unmöglich in diesem Zustand verlassen l So mußte ich mich in mein Schick sal fügen und meine Gesundheit tro pfenweise hergeben. Vergeblichträuin te ich von einem besseren Leben, baute ich Zulunftspläne, wenn ich auf dem LWeg zum und vom Geschäft durch die lärmenden Straßen schritt. Jchfiihlte mich mit eisernen Ketten an dasElend geschmiedet, und oft schien es mir, als läge ich in einem tiefen Brunnen, aus dem ich nie wieder herauskommen l könne. i «- « e An einem trüben Herbstatge ging ich müde und langsamen Schrittes durch die Straßen des Hallenviertels. Dunkle Wolken hingen am Himmel:« ein feiner Staubregen rieselte hernie-» der, und all die Straßen in der Um-; gegend der großen Martthallen ro-. chen nach saulem Fleisch, Unrath,; alten Knochen und Kreosot « Schwerfällig zog ich die Füße nach, s während ich meinen schwarzen Gedan- » . ten nachhing. Es regte sich in mir zu» gleicher Zeit ein sehnlicher Wunsch nach l JGlück und ein heißes Verlangen nach j dem Tode. Gerade, als ich eine Straße süderschrttt, glitt ein alter Mann vor lmir aus und fiel stöhnend zu Boden. tUnwilltürlich eilte ich auf ihn zu, Ihals ihm aufstehen und bot ihm den Arm, denn er hinite. i »Es ist nichts,««s antwortete er mir auf meine Fragen, und seine Stimme tlang etwas trocken »die Maschine ist unversehrt. Nur der Knöchel thut mir weh.« Nichtsdestoweniger nahm er meinen Arm mit den Worten: »Wenn-Sie nichts Besseres zu thun haben, so führen Sie mich nach der Nur des Bourdonnais.« ,,Wollen Sie nicht eine Droschte nehmen?« fragte ich. »Aber ich denke nicht daran!« rief er ganz empört. »Eine Droschth wa rum nicht gleich einen Extrazug?« Ich betrachtete ihn verstohlen· Es war ein magerer, schwächlicher Mann mit schlafer Muskeln und schlafser Haut· Die runden Augen lagen tief in-. Kopfe; das erdfarbene Gesicht hatte die Form eines Dreieck-; die eingefal lenen, bläulichen Lippen bildeten eine Höhlung Und doch drückte die ganze äußere Erscheinung Entschiedenheit und Unerbittlichkeit aus. Jch beglei tete den alten Mann bis zu der Rue des Bourdonnais, trug ihn sechsTrep pen hinauf und setzte ihn am Ende eines langen niedrigen Korridors nie Vet. »Sie tonnen eintreten!·« tagte der Mann. Jch trat in eine unsaubere Dachsi.ube, deren Möbel aus einem schmalen- eisernen Bett, einem ver fchirnmelten Tisch, zwei durchlöcherten c-tiihlen und einem winzigen Koch öfchen bestanden. »Ja, Sie können ruhig eintreten!« wiederholte der Mann, ironisch... »Sie finden teinen Heller in dieser Dachstube!« »Mein Gott! Jch möchte Sie nicht stören!« antwortete ich, »und wenn Sie mich nicht mehr brauchen, so ziehe ich mich zurück.« »Aber durchaus nicht!« rief er un geduldig· »So schnell sollen Sie nicht loskommen. Sie waren so freundlich gegen mich, daß ich hoffe, Sie werden es bis zum Ende sein. Jch brauche nämlich zwei Franks, ich brauche sie unbedingt. Wollen Sie sie mir leihen?« Er sprach mit scharfer, schneiden der Stimme, während ein merkwürdi ges Feuer in seinen runden Augen glänzte Jsch zauderte, denn ich hatte nur 2,50 Fr. in der Tasche, und die sollten zu den fünf letzten Mittagessen des Monats ausreichen, die ich im Bu reau verzehren mußte, um den allzu weiten Weg nach Hause sparen. Trotz dem zog ich meinen Geldbeutel hervor und reichte dem alten Manne die ge wünschten zwei Franks. Er drehte das Geldstiick in seiner Hand, besah es und beroch es. Dann blickte er mich lange und nachdenklich an. »Ich hätte wetten mögen, daß Sie ein gutmüthiges Schaf sind . . . und was fiir eins-! Nach ihrem Gesichte zu urtheilen, ist diese Summe für Sie von großer Bedeutung.« »Sie haben ganz richtig gerathen,« erwiderte ich etwas ärgerlich, ,,mit die ser Summe hätte ich vier Mittagessen bezahlt.« »Ich wußte es ja! und dabei geben Sie mir sie doch?« ) »Ah-: seidstvekständcich!« sagte ich. ! »Ich bat Sie aber nut, mir das Geld zu leihen« Dann lachte er iro knifch auf: »Haben Sie etwa tein Ver Ttrauen in mich?" Er that, als wenn er beleidigt wäre: »Ich möchte es Ih nen am liebsten wiedergeben,« preßte er hervor. Er drehte das Geldstück noch immer in der Hand, beroch es von neuem und ’warf ihm einen zärtlichen Blick zu: »,,Nein, ich gebe es Jhnen nicht wieder. Sie leihen es mir,· aber ich bezahle Ih nen Zinsen zum Zinsfuß der Armen, das heißt zu fünf Prozent täglich mit Hden Zinseszinsen« T Jch mußte unwillkürlich lächeln i »Gutes Schafk« rief er aufs neue Hin fast gerührtem Ton ,,Unglaublicher, ’schrecklicher Dummkopf! . . . Jawohl yzu fünf Prozent und mit den täglichen "Adreffe?« Zinseszinfen . . . Wie lautet Ihre Jch gab ihm meine Adresse und ging fort. Er humpelte mir noch bis ans Ende des Korridors nach, und feine schneidende Stimme erklang fortwäh rend: »Dummkopf, gutmüthiges Schaf! . . . Was für ein unglaubli cher Dummtopf!« — — — Herbst und Winter waren verftri chen. Der Frühling tam und brachte trübe Regentage und hellen Sonnen schein. Die Bäume blühten und grün ten. Jch arbetete noch immer in dem kleinen Kontor; ich gab mich densel ben heißen Träumen hin, und mein Leben verfloß in stetem Kampf und Elend. An einem Sonntagmorgen saß ich der armen Tante Elisabeth ge genüber und hatte gerade mein erstes Frühstück, das aus einer Tasse Kaffee und einem Stück fauren Brotes be stand, beendet. Ein herbes Gefühl er füllte mir die Seele, als man plötzlich an die Thür klopfte. Jch öffnete und erblickte den Poftboten. »Ein einge schriebener Brief!« sagte der Mann, indem er mich um meine Unterschrift bat. Er übergab mir einen Briefum schlag, den ich eher mißtrauisch als hoffnungsvoll entgegennahm. Jch öff nete ihn, nicht ohne ein gewisses Ban gen. Er enthielt einen Brief und ei nen dicken, gerippten Papierbogen. Jch las zuerst den Brief. Er· lautete: »Vor 240 Tagen machte ich bei Ih nen eine Anleihe Von zwei Franken. Der von mir bestimmte Zinsfuß be trug fünf Prozent pro Tag. Folglich ist ihr Guthaben auf 111,000 Franken angewachsen, die ich bei dem Credit Foncier auf ihren Namen hinterlegt habe. Einliegend der Empfangsschein der deponirten Summe, dessen Em pfang ich mir zu bestätigen bitte. Philippe Amercour, 17 Rue des Bourdonnais.« Das kam mir so unglaublich vor, daß ich zunächst gar nicht aufgeregt war. Jch hatte nur das Gefühl, daß man mit mir einen Schabernack treibe Doch, als ich das einliegende Papier etwas näher betrachtete, gewann ich thatsächlich die Ueberzeugung, daß mir wirklich eine Summe von 111,000 Franken gutgeschrieben war. Jch stürzte die Treppen hinunter, kletterte in einen Omnibus und eilte nach der Rue es Bourdonnais. Jch fand den fchwächlichen Alten in seiner Manfar de. Er empfing mich mit hellem Ge lächter und den Worten: »Mein Dummkopr Mein gutmüthiges Schaf!« · . . . und als ich ihm mit ge rührten Worten danken wollte, unter brach er mich: »Das habe ich zu mei nem eigenen Vergnügen gethan. Sie schulden mir also keinen Dant!« Dann warf er mir einen zärtlichen Blick zu und fuhr fort: »Ich bin ein Millionär, mein geliebter Dummkopr Mein einziges Vergnügen ist meine freiwillige Armuth. Es ist mir nichts angenehmer, als mich niemals fatt zu essen, in einem Loch zu leben, anfan ber gekleidet zu fein und auf einem harten Bett zu schlafen. Jch liebe die Armuth. Sie ist die Königin der schö nen Träume Aber ich bin kein Geiz hals; von Zeit zu Zeit gebe ich etwas von meinem Reichthum ab, wenn its harmlosen, großmüthigen Naturen; ohne Bosheit und Falschheit, wie derj !,Jhrigen, begegne. Da diese Natur-Ins Esehr selten sind, so gebe ich natürlich! Irecht wenig aus. Geben Sie mir die! Hand und machen Sie, daß Sie fort-s kommen; Dankbarkeitsszenen find mirs Jimmer verhaßt « Er schob mich langsam zur Thiire ;hinaus. Als ich die Schwelle über » schritten, rief er mir noch nach: »Mein IgutFiiithiges Schaf! Mein Dumm « kop !« J Jch eilte sofort nach Hause zurück, iund einige Zeit darauf konnte meine Tante Elisabeth sich in einer wohnli i chen Villa in der Normandie alle Pfle ge angedeihen lassen, während ich mich Hauf die Automobilinduftrie verlegte. Das Glück war mir günstig, denn trotz meiner Dummheit habe ich mir ein Vermögen erworben. s t s Vom Kame. Eine der geistvollsten Frauen am Hofe Ludwigs XIV» Frau von Sevigne, hat dem Kaisee prophezeit, daß er ebenso aus der Mode kommen werde wie der einstige Liebling des französischen Theaters-, Racine. Jn des mit dieser Prophezeiung hat die kluge Dame wenig Glück gehabt. Während zur Zeit der Frau v. Sevigne nur einige tausend Pfund skaffee in Europa eingeführt wurden, übersteigt der heutige Gebrauch an Kasfee längst die Höhe von 300 Mil lionen Pfund. Den stärksten Kaffee erhält man bekanntlich im Orie« So übergießen Türken und Ara « den Kaffee gleich in dem Gefäß, ais-; welchem sie trinken, mit heißem Wai " ser Der Kaisee kann hier in gewigi sem Sinne wirklich ein Nahrungss mittel genannt werden, denn der ganji nicht geringe Gehalt an Proteinftoj sen den der Kasfeesatz enthält, wir hier für den Organismus mit nutzbaR gemacht. Ebenso wie es bekanntlic» allerhand komische Zwischenfälle bis. der ersten Einführung der Kartoffelfsi gegeben hat, wußten auch manch-s Hausfrauem als es noch keine allge mein verbreitete Kochbiicher in Eures pa gab, mit dem Kaffee wenig anzu sangen. Eine den Kaffee nach oriengs talischer Sitte als Nahrun smittel bCFH handelnde Bereitungsweiile schildexfi Hermann Kurz in ,,Schillers Hei-; mathsjahren«. Eine Frau Pfartiijx auf dem Schwarzwalde will eitmlfJ Gast aus der Residenz den ersten Kaki see, den sie in ihrem Leben kereik et hak: vorsetzen, und siehe da — sie hat iha wie Haferbrei geschmälzt. »Den;«k mehr oder weniger Schmalz« —- sag-T der Pfarrer — »das ist hierzuland« das Maß der Achtung, welche ma einem Besuch erweisen will.« is; Gellert über die Ehe. Jn einem Briefe an seineSchwestegxi der nur sehr wenig bekannt sei-I dürfte, äußert sich der bekannte Fabeiizjs dichter über vie Ehe, ein Thema-date auch heute bei Verheiratheten unii Ledigen als aktuell und ständig insng teressant gilt. Gellert meint zwar-Z Ehestand — Wehestand, fügt danikjs . aber philosophisch hinzu: ETT »Durch Eintracht und durch Zärtliches - ke·t « . 1 r-cjl Berringert sich das schwere Leidl« ZZ Jn derselben liebenswürdigen phtks losoph.isch-ironischen Weise fährt Czszzj dann fort: »Einst wurde ich von meijijk ner Braut gefragt, wer in der Ehe zlsFi den meisten Verdrießlichkeiten Anlass? gäbe, ob der Mann oder die Frau. Jeks legte meinen Finger an die Nase unifzz sann lange nach. Endlich brach ich ijk diesen Denkspruch aus: « Ost liegt die Ursach’ an dem MannTFJZ Ost ist die Frau auch schuld daran! IT Die Frage, wodurch die meisteUriixj einigkeit in die Ehe käme, beantwoer tete Gellert ebenfalls poetisch: si-; Der meiste Krieg, der meiste Streit iii Entsteht durch eine Kleinigkeit, is Die wird durch Unbescheidenheit i Ein Krieg von großer Wichtigkeit. Die Sehenswürbigtettem Herr Schwammerl besucht aus de Durchreise seinen Freund Stutzelbeezs ger. »Bis sechs Uhr hab’ ich Zeitij sagt er. »Da geht der Schnellng —.; mit dem muß ich unbedingt weiterisjz ,,Bis sechs Uhr!« meint Stutzelberis ger. »Jetzt ist ’s zehne! Recht schin; tbnnen wir bis dahin die Hauptsei« , henswürdigkeiten anschauen!« "-" Sie machen sich zunächst aus des Weg zum Hosbräuhaus. Auf einers schönen Platz bleiben sie zwei Minu-, ten stehen, um ein großes, interessan tes Monument zu betrachten. « Die ,,Besichtigung« des Hofbräu hause-s nimmt den ganzenTag in Anzv sprach, und sie gewahren erst im letz ten Augenblick, daß es höchste Zeit den Bahnhos auszusuchen. Wie si ebet in größter Hast dort ankommen sJ sagt der Portier achselzuckend: »Be, daure, meine Herren, zu spät —- Jh«1 Zug ist oor zwei Minuten abgesah" ren!« »Gelt!« rust Schwammerl vor»i wnrisvoll. »Ich hab’s ja g’wußt: Wi-« hätten den Zug nicht versäumt, wem wir uns net bei dem Monument auf-, g’halten hätten!« Nervenfi. Hi Ein sehr nervöser Hotelgast wende J sich an den Portier des Hotels mis der Bitte, dieser möge doch die Bei« wohner der angrenzenden Zimme1 . um möglichste Ruhe beim Schlafen:» gehen ersuchen, da ihn das geringst·».X Geräusch soltere. — Einer seinerI Zimmernachbarn kommt Nachts nack, Hause, denkt nicht an den nervöser-; Herrn, und während er sich auskleisÅI, det, wirfter geräuschvoll seinen einer Stiefel in die Ecke. Da fällt ihm daz; Ersuchen des Portiers ein, under bes««; endet das Austleiden möglichst ges räiischlos. Nach drei Stunden weckh ihn sein nervöser Nachbar aus denst Schlasec »Ja, um Gotteswille Mensch, wann werden Sie endli den anderen Stiefel in die Ecke wer-THE sen, ich warte schon drei Stunden das-z raus!« Es ist eine wahre Erholung, month man einmal mit jemand zu tun hatt-; der sagt, was er meint. Leg