Nebraska Staats-Anäeiger und erroldF Jahrgang 27 Gkajid Jota-w Eis-or» 9. auguii iäom usw-im Thau Nimmt-r 50. Am Morgen. Frisch aus, in den jubelnden Morgen hinein! Hinaus in die lachende Welt! Sie isi 1a voll fielk und voll Sonnen Auch ohne den Beutel voll Geld! Drum froh gefahrend ins blühende An heute denk’, nicht an morgen! Beut« den Abschiedsgeusz Dir manch’ freundliche Hand, So laß zuriiä nur die Sorgen!— Nun wandte — und raste, wo Dir’3 gefällt Wo stoh man genießt das Sein! — Am Ende ist schonmein Ruhplah be si Dann, schauend die Schönheit, schlas’ ein! Sein Werk. Novellette von helmuth tan Mor. Mit müden, langsamen«Schritten hatte er die teppichbelegte Treppe er stiegen. Nun stand er, schwer athmend, vor der Thür, und seine Augen, die tief in ihrenhö ten lagen, ftarrten auf das Messing ildchen, das die Ausschrift »Dottor Hermann Gus dorf'« trug. Der schwere Kampf- der sich in seinem Jnnern abspielte« malte sich deutlich genug auf seinen Zügen; endlich aber zog er doch die Glocke, um freilich in demselben Augenblick, da ihr schriller Klang zu ihm heraus tönte, die Rechte wie erschrocken sinken zu lassen. Fast hatte es den Anschein, als wollte er sich ur Flucht wenden, ehe man ihm ges et hatte, aber er besann sich dann doch eines Anderen. Mit gesenttem haupte blieb er stehen, und als ihm ein Mädchen in tleidfas mer Zofentracht öffnete, nannte er ihr seinen Zinnen mit der Bittte, ihn dem Herrn - ottor zu melden Und man ließ ihn nicht langswars ten. Mit einem »Der here - ottori lassen bitten!« führte ihn das Kam mertiihchen in das Arbeitszimmer des Hausherrn, und mit ausgeftrectten Händen ging ihm Hermann Gersdorf -entgegen. .,Ludwig! ——. Alter Freund! Das nenne ich einmal eine gelungene Ueberraschung!« rief er mit einer fröh lichen herzlichkeit, die unmöglich er kiinstelt fein konnte. Der Besucher aber legte trotzdem nur mit sichtlichem Zö gern seineRechte- in die gebotenen Hände. »Ich danke dir für den Willkom .mengruß,« erwiderte er mit rauher, tiangloser Stimme. »Aber ich möchte dich nicht betrügen, hermanm Es war mir um eineUbeerraschung so wenig zu thun wie um einen freundschaft liechn Besuch. Jch komme lediglich »als Bittfteller zu dir. Und du thust vielleicht tlug daran, dein Benehmen von vornherein so einzurichten, wie man es Bettlern und ähnlichen Leu ten gegenüber zu thun pflegt.«« Der· heitere Ausdruck verschwand nun freilich von dem Gesichte des An deren. Mit ruhigem Ernst erwiderte ser: »Wenn du mir gleich bei unserem Wiedersehen Gelegenheit geben willst, dir meine sreundschaftlichen Gesinnun gen zu beweisen, wirst du mir damit natürlich nur eine reude bereiten-« « Vorerst aber le st u doch wohl ab.i Und dann mut du mir gestatten, meiner Frau —« Aber Ludwi Mainhold unterbrach ihn mit einer ast gebieterischen Hand bewegung. « »Ich bitte dich-laß uns allein! bleiben, Hertnann! —- Und wenn du erlaubst, behalte ich den Mantel an. Es ist das einzige anständige Klei dungsstiich das ich noch habe-— und mit meinem schädigen Anzug würde ich in deiner prachtvollen Wohnung eine gar zu jämmerliche Figur ab geben« »Ludtoig!« Vielleicht wider seinen Willen klang das Ers retten allzu deutlich aus Gersdor I Stimme; »Wie ist es möglich —-—« i Er brach turz ab. Mainhold aber! vollendete den Saß: l »Daß ich so heruntergetommen· bini -—wolltest du sagen-? — Ja, tieber’ Freund. darauf muß ich selbst dir die nttvort schuldig bleiben. ch tönnte dir ja Allertei von der S lechtigteit der Men chen erzählen und ihrer ba «"d(nlosen ieoertracht; aber das ist ein( altes Lied-—- und vielleicht hat mich« meine eigene Dummheit nnd Lebens untauglichteit auch mehr» «an den Hund gebracht, als die Schurtereien einiger armseliger Wichte. Bedeutung hat ja doch schließlich nur die That sacke, daß ich zum hungerleider ge worden hin.« »Und deine-deine Frau-i« »Meine Frau?« wiederhose Main hold langsam. »Meine Frau ist glück licher als ich. Jn der ersten Zeit unfe res Elends hat fee ja wohl noch mehr darunter gelitten wie ich—ich wollte mir meinen herrlichen Optimismus so gar nicht rauben lassen. Aber seit dem sie den Verstand verloren hat, ist sie meiner Meinun nach mit ih rem Loose ganz zufrie n.« Ein Schauer des Entsetzens schüt telte Gerdsorf. Ludwig Mainhold aber fuhr so gelassen ofrt, als erzählte er die alltäglichsten und gleichgültigsten Dinge: s »Sie ist wieder zum iKnde gewor den, und die Noth des Lebens be kümmert sie nicht mehr. Wenn sie nur satt zu essen bekommt. ist sie be ruhigt — alles andere kümmert sie nicht. Das Merkwürdige ist, daß sie dabei noch immer mit leidenschaft licher Liebe an mir hängt-—- würe das nicht, hätte ich mich natürlich schon lange erschossen. Ich weiß aber, daß sie daran zu Grunde gehen würde, könnte sie mich nicht mehr tagtäg lich sehen; und weil ich ihr doch die einzigen glücklichen Stunden. meines Lebens derbe-ske, muß ich mich ihr ietzt dafür ertenntiich zeigen und für sit weiter vegeiiren. Jch habe mir bis heute durch Adressenschreiben und ähnliche schriftftellerifche Arbeiten unser Brod verdient; jetzt habe ich jedoch fiir den Augenblick auch diesen Verdienst verloren, weil ich meinen Auftraggeber einen Blutsauger und betrügerischen Schurken genannt habe. Er hatte nämlich einen armen, der wie ich für ihn arbeitete, um seine sauer verdienten Groschen geprellt. Jetzt sind auch meine letzten Pfennige ausgegeben, und weil ich nicht wußte, wovon ich meiner Frau morgen zu essen geben sollte, habe ich zu dir kom men müssen.« »Warum aber kommst du jetzterst —Dentft du denn so tlein von mir? War es denn nicht einfach meine Pflicht, dir in deinen Bedrängnissen eizustehen?« 1 »Deine Pflicht-Rein Heimaka das war es nicht! All die, an die ich« mich hier und da um Unterstützung gewandt habe, — all meine sogenann ten Freunde, die mich mit einem be-: dauernden Achselzucken abfertigten —» sie handelten wie-rechte Menschen, denn ibnen allen hatte ich nichts Gutes erwiesen in der Zeit, wo es mir noch etwas besser ging. Dir aber hatte ich ein große Leid zugefügt und du hat test ein Recht, mir die Thür zu wei sen, wenn ich tam.« »Nicht mehr in dem Augenblick, da ich an der Seite einer herrlichen Frau mein Glück gefunden hatte, Ludwig— Und wohi auch vorher nicht. Du hattest ja nichts davon gewußt, daß auch ich deine Frau liebte-und ihr Herz hatte sich doch für dich entschie den. Da durfte ich dir nicht grollen —und als ich meinen ersten, leiden schaftlichen Schmerz überwunden hatte, habe ich nichts so sehr herbei gesehnt, wie den Augenblick, der mich wieder mit dir zusammenfiihrte und mich dir sagen ließ, daß ich nicht auf gehört hatte, dein Freund zu sein. Deine Schuld ist es, Ludwig, daß dieser Augenblick so spät gekommen ist«-nicht die meine.« ,.Laß mich dir auch fiir diese Worte danken, Hermann —- denn sie lehren mich, daß ich nicht gnz und gar irrte, als ich früher einmal an Edelmuttz und Selbstverleugnung bei den Men schen glaubte. —-J.Itun aber Fu meinem ! Anliegent Jch habe dieltbsicht, dir eine Arbeit aus meiner Feder zu ver kaufen.« « »Für meine Zeitschrift? —Das ist das erste erfreuliche Wort, das ich heute von dir höre, mein Altert« »Ich tann mir wohl denken, wie groß deine Freude sein muß. Es war ja ein furchtbarer Schlag für die deut sche Literatur, als ich mich vor Jahren entschloß, die Schriftstellerei, die mir nicht einmal Brod uno Obdach ver schaffen konnte, an den Nagel zu hän gen. Jch habe mir damals geschworen, teineZeile mehr zu schreiben. Aber man wird so leicht meineidig, wenn man sich in verzweiselter Stunde ge lobt, einer alten Liebe siie immer zu entsagen. Und so habe ich denn doch wieder einen Roman verfaßt. chwill dich nicht durch avgebrauchte edens artenwerstimmem sonst würde ich vielleicht sagen, es müsse mein bestes Wert sein, weil ich sozusagen mit meinem Herzblut eschrieben habe. Aber das-, es mein etztes Wert sein wird, und daäheich mich um nichts in der Welt so r Arbeit noch einmal unterziehen möchte, dessen darf ich dich getrost versicheru. Jch weiß nicht« wie viele trostlose hungerniichte ich durch wacht habe, Um mit iroststarren Fin gern Kapitel an Kapitel zu reiben. Aber ich weiß, daß mir ein Grauen überiam, als ich endlich den fertigen Stoß beschriebene-.- Blätter vor mir liegen sah, ein Grauen vor der Un ...—--.—- -.—. ..s«-. —;;j.. —-..- «-.-.. stimme von Elend und Qual, die die arme Menschenlreatut zu tragen im Stande isi.« »Und warum hast du das Manu skript nicht gleich mitgebracht?« »Konnte ich denn wissen, welcher Art meine Aufnahme hier sein würdes» Jch habe mich daran gewöhnt, sehr bes; scheiden zu sein in den Hoffnuarkem die ich auf die Großmuth der - schen setze. Aber wenn du das Manu skript lesen willst, morgen früh kann ich es dir überbringen.« « »Ich erwarte es rnitBeftimmiheii,’ lieber Freund! Und du mußt mir erlauben, dir gleich jetzt einen Bor schuß darauf zu geben. ,,Gewi«ß erlaube ich es dir —- ich sagte dir ja schon, daß ich nichts mehr zum Leben habe. Aber ich habe dir Ia den Preis für meinen Roman noch nicht genannt. Er beträgt sechstau send Mart.« Unverwandt ruhte sein glühender Blick auf dem Gesicht des Freundes. Der aber blieb ganz unbefangen. »Du wirst mir gestatten, dir darauf nach der Lesung des Manuskriptes zu antworten. Für die Romane, die in meiner Zeitschrift erscheinen, pflege ich vier- bis fünftausend Mark zu bezah len; es ist ja aber doch leicht mii lich. daß deine» Arbeit auch für den rich oerlag Erfolg verspricht. Und dann müßte das Honorar natürlich entspre chend höher sein.« Da stand Ludwig Mainhold lang sam auf. »Wenn du rnir jetzt also den ver sprochenen Vorschuß geben willst, Her - mann!—Jch will dir noch etwas sa ;gen: wäre deine Antwort auf meine ;Forderung anders ausgefallen, als du isie gegeben hast,—so hättest du deine Isreundschaftliche Gesinnung nur noch darin bethätigen können, mir und meiner Frau ein anständiges Begräbq nisz zu schaffen. — Jch danke dirll Also auf morgen!« l Mit dem gleichen düster-ernsten Ge-T sichtsausdruck, mit den gleichen müden cchn wie bei seinem Kommen, stie er die Treppe des Miethspalastes - wie er hinab. Bis zu seiner Wohnungi im äußersten Norden der Stadt hatte» er einen weiten Weg, und die Hat-I tun seines mageren Körpers war noch hinsiälliger und gebückter geworden, als er nun die fünf düsteren engen Treppen erklommen hatte, die zuset-· net Behausung unter dem Dache em porfiihrten. Mit einem rührend zu traulichen Lächeln kam ihm die arme kleine Frau entgegen, deren einstens schönes Gesicht Kummer und Noth entstellt hatten. Ludwig Mainholü küßte sie auf die Augen, über denen es beständig wie ein Schleier lag, und ging dann langsam zum Tische. Da legte sich ein seltsam drückendes Gefühl über ihn. — Hatte er denn feine Arbeit, seinen Roman nicht hier her gelegt, als er ihn vor dem Fort gehen noch einmal durchflogen hatte? Aber er war nicht zu finden. »Marcella!——Hast du das Panier fort enocnmen, das hier lag?« engstlich sah sie zu ihm auf. »Das Papier? —Ja —es war so ,talt, Ludwig —- und ich fror so — und da habe ich Feuer gemacht-— da Ihabe ich das Papier genommen.« — Der Bote, den Doktor Hermann Gersdors am dritten Tage nach dem Besuche des Freundes zu ihm schickte, begehrte vergebens Einlaß. Und als man die Thür erbrechen ließ, fand man Ludwig Mianhold und seine tleine arme Frau erschossen. König ,,cusiik«. Vor hundert Jahren, in den ersten Tagen des Monats Juli, treilte Napoleon seinem jüngsten Bru der Jerome kurz und bündig mit: »Sie find als König von Westfalen anerkannt. Dieses Königreich umfaßt alle Staaten, deren Aufzählung anbei erfolgt.« Der erst dreiundzwanzigjährige Kö nig hatte eine recht romantifche Vorge schichtr. Geboten am IS. November 1784 halte er auf Veranlassung Napoleous eine sorgfältige Erziehung erhalten, sollte ursprünglich Kaufmann werden, wurde dann, als die glänzende Lauf bahn des Aelteren begann, Offizier und im Jahre 1800 von ihm, dem schon allmächtigen ersten KonfuL als Schiffen-want nach den VII-sündi schen Gewässern gesandt. Er zeigte hier wohl persönliche Tapferkeit, be nutzte aber dann, als die Kämpfe um lHaiti sich zi: Ungunften der französi schen Taffet-· neigten, sehr gern die Gelegenheit, sich in Nordamerika von den inegsstradazen zu erholen. Jn IBaltiknore lernte er die aussallend schöne Tochter eines wohlhabenden Hausherrn, Elisa Patterson, kennen. Er hatte schon sriih eine außerordent liche Gabe entwickelt, den Frauen zu gefallen, war "bildhiibsch, frisch und von bezaubernder Anmuth Die Ame ritanettn verliebte sich in ihn, und nach einigem Widerstreben des herrn Pa paö kam die Ehe zustande. Auch einen Sohn schenkte die junge Amerikanerin ihrem Gatten, und es gibt bekanntlich noch heute eine amerikanische Familie Bonaparte, die ihre Abstammung auf diesen Sprößling zurückführt. Geri Cha:les J. Bonaparte, Generalanwalt in Roosevelts Kabinett, zählt bekannt lich dazu). . Inzwischen harte Ycapoleon aber den P Kaiserthron bestiegen und war empört über diese »Mesalliance« des Cadets seines Geschlechts. Seine Brüder durf ten sich ssninöglich »verplempern«, er hatte größeres mit ihnen vor. So ging der entschiedene Befehl nach Baltimore, Jeroine sollte sofort nach rankreich heimkehren, und zwar ohne eine Gat tin. De: gute Geromino war nicht der Mann,- auf den schönen Titel eines taiserlichen Prinzen zu verzichten-. Er gehorchte, verließ seine Frau —- der Traum war ausgeträunit. Der Kai ser ließ die Ehe mit Elisa Patterson für ungültig erklären, und die Bahn war damit für Jerome frei. Aller dings scheint es, als ob er in einer der vielen Kammern feines Herzens immer einen Rest von Neigung für die schöne und liebenswürdige Amerikanerin be wahrt hätte, und es wird sogar er zählt, e; würde sie gern nach seiner neuen Residenz Kassel haben nachkom men lassen, wenn sie nur gewollt hätte —- doch er war inzwischen auf Napo leons Befehl eine neue Ehe eingegan gen. Der Kaiser fand es nämlich für an gemessen, daß der König von Weftfa len au E eine Königin zur Seite habe. Seine Wahl fiel auf die Prinzessin Katharina, die Tochter seines getreuen i Verbündeten, des Königs Friedrich s von Württemberg. Am 5. August hielt er ofsiziell sür den Bruder in Stutt gart um die Hand der Prinzefsin an, i und man beeilte sich in Stuttgart, sich der hohen Ehre würdig zu erweisen. Als Deutsche hat sich Königin Ka tharina nicht bewährt, Vermittleriii zwischen Jerome und seinen deutschen Unterthanen, wie dies Napoleon ge wünscht ist sie nie geworden; auch die deutsch« Sprache hat der König nicht von ihi gelernt, ist überhaupt in deren Gebrauch nicht über einzelne Brocken herausgekommen, unter denen sein ,,Lustit! Morgen wieder lustii!« zu historischem Ruf gelangte. Anfang Dezember 1807 traf dass Königspaar in seinem Lande ein, am i IS. Dezember in Wilhelmshöhe bei Kassel —- nun schleunigst in Natio leonshöM umgetauft. Woraus bestand nun eigentlich das ,,Königreich Weftfalen«? Es war ein Konglomerat ziemlich bunter Art, das von der Elbe (mit Magdeburg) im Osten bis zum Groß herzogthum Hefsen, Waldeck, Münster, Bingen im Osten reichte, im Süden bis guldm im Norden bis Oldenburg. en Kern bildeten ehemals preußische Besitzungen (Altmart, Mansfeld,Halle, Halberstadt, das Gichsfeld, dann Pa derborn, Minden, die Grafschaft Ra vensberg) und die bisherigen Oeffen Kasselschen Lande; ferner die Graf schaft Stolberg, die Grafschaft Rit berg-Reunitz, einzelne hannoverfche Theile u. Braunschweig-Lüneburg — alle in allem 695 Quadratmeilen mit rund 2 Millionen Einwohnern. Hier zu trat 1810 Hannover mit 500 Qua dratmeilen und 800,000 Einwohnern. Man würde völlig irren, wollte man annehmen,daß die deutscheBevöllerung die neue Herrschaft mit Unwillen oder auch nur lühler Abneigung aufgenom men hätte. Der junge König wurde bald beliebt. Er entwickelte eine be strickende Liebenswiirdigteit, war leuts selig und wohlthiitig Dafz er vergnü gungsfiichtig war, sah man ihm gern nach. Er brachte doch auch Geld in Umlauf. Mehr und mehr begann der König Geschmack an einer prunlvollen Hof haltung und an üppigem eigenen Le benswandel zu finden. Mehr und mehr nahm er dafür, weit iiber seine Zivilliste hinaus, die Kräfte des Lan des in Anspruch. Er wollte aus seinem Kassel ein kleines Paris machen. Es ging wirklich sehr »lustil« her an diesem prächtigen Hofe. Jede Gelegen heit, einen Tag festlich zu begehen, wurde mit Freuden ergriffen. Emp fänge, Balle, Maskeraden wechselten mit Gartenfesten, Ausfliigen, Boot fahrten, Jlluminationen, Paraden. Auf den Bällen tanzte der König selbst leidenschaftlich, leitete auch wohl per sönlich die Quadrillen. Ein französisches Theater kunnte Hieronymus Napoleon selbstverständ lich nicht entbehren. Jn einem Flügel von Napoleonshöhe wurde eine Schaar von Schauspielern und besonders von hübschen, jungen Tänzerinnen aus Pa ris verschrieben. Das alles kostete na türlich Geld —-«- viel Geld! Und der selbe Jerotne, der in Paris sich 1,800, 000 Franken hatte leihen müssen, um mit einigem Anstand in sein neues Reich zu kommen, griff nun wacker in den Staatssäckel. Rapoleon, der stets ein nüchterner Rechner war, ließ es an Vorwürfen nicht fehlen. Jerome wur de schließlich widerspenstig, und seiner leichtlebigen Natur entsprach es, daß er sich für allen Aerger zu entschädi gen suchte durch neue, stärkere Vergnü aunaen. So kam das Jahr 1812, kam der Feldzug gegen Ruleand heran. Je rome wurde vom Kaiser zum Führer der Armee des rechten Flügels be stimmt, zu der auch 25,000 Mann« westfälischer Truppen gehörten, ver sagte aber völlig, überwarf sich mit Napoleon, reiste aus dem Feldlager, von seiner persönlichen Prunltruppe, der Garde-du-Corps, begleitet, nach War-schau zurück, amiifirte sich hier einige Zeit in gewohnter Weise und begab sich dann nach Kassel, wo er völlig unerwartet am 12. August ein tras. Zur höchsten Freude der Kö nigin, die inzwischen — ganz leidlich — die Regentin gespielt hatte. Die Kanonen der Residenz donnerten, und der Moniteur meldete urbi et orbi, daß Seiner Majeftät Gesundheit durch die Strapazen des Feldzuges schwer erschüttert und deshalb Aller höchstseine Heimkehr dringend noth wendig geworden fei. Gar zu arg wird es mit der schwer erfchütterten Gesundheit Jeromes nicht gewesen sein. Er war wenigstens fo fort wieder ,,luftil«. Wenige Tage nach der Rückkehr veranstaltete er für den Hofstaat eine Ausfahrt mit 244 Wagen nach dem Meißner, am 22. August wurde der Jahrestag der Ver mählung des Königspaares durch ein glänzendes Gartenfeft begangen, def sen Kosten sich a-1f 10,000 Taler be liefen. So ging es munter weiter, bis am 1.2. November auf dem Königs platz zu Kassel das Standbild Na poleons mit größtem Gedränge ent hüllt wurde. Noch einmal regnete es dabei überfchwengliche Huldigungs phrasem « t« Dabei stand das Ende bevor. So wenig Jerome sich in seinen persönlichen Vergnügungen beschrän ken lafsen mochte, fiir den allgemei nen Zustand des Landes war er kei neswegs blind.s Schon im Dezember 1811 hatte er seinem Bruder geschrie ben: »Die Gährung ist auf dem Höhepunkt... wenn der Krieg aus bricht, werden alle Gegenden zwischen Rhein und Oder den Herd einer all gemeinen Jnfurrektion bilden.« Und nun 1818, wo die Noth des Landes am höchsten gestiegen war, verlangte Napoleon neue Opfer, neue Rüstun gen. Von dem weitfälischen Kontin gent war noch nicht der zehnte Theil aus Rußland zurückgekommen, alles Kriegsmaterial war verloren. Der Kaiser aber forderte sofortige Neu aufstellung des Heeres, heischte gebie terisch die Berproviantirung Magde burgs auf ein Jahr. Vergeblich bat und schrieb Jerome um Nachlaß, um Unterstützung Napoleon gab nicht nach. Die Steuern mußten aufs neue erhöht werden, das Land sollte bis aufs äußerste ausgefogen werden — aber kein Detret half mehr, die Staatskassen blieben leer. Hier und dort brachen bereits lotale Aufstände aus. Sogar in Kassel selbst zeigten sich, als der Aufruf König Friedrich Wilhelms Ill. »An mein Boll« be kannt wurde, Sympathien für Preu ßen. Beunruhigender war die Thätigkeit preußischer und russischer Streif korps, vor denen die jungen westfiili schen Truppen eine wenig ruhmreiche Rolle spielten. Am 28. September mußte Jerome sogar vor einem jähen Ansturm des russischen Korps Czer nitschofss Kassel verlassen, konnte aber Mitte Oktober noch einmal zurück kehren, freilich eigentlich nur, um aus den Schlössern und Mufeen Kunst werte und Silberzeug nach Frank reich zu senden, um fiir sich zu ret ten, was noch zu retten war. Die Schlacht bei Leipzig brachte die Entscheidung Am 26. Oktober ritt Jerome, ohne seine Residenz noch einmal zu berühren, von Napoleons höhe ab, begleitet von dem kümmer lichen Rest feiner Leibgarde. Das Königreich Westfalen war zu Ende. . Vier Tage nach Jeromes Flucht wurde in Kassel der Kurprinz von Hefsen feierlich eingeholt, einen Mo nat später tehrte der Kurfiirst in seine Residenz heim. Hieronymus konnte zunächst in Stains bei Paris-, wo er sich vorläu fig niederließ, sein Leben als »König morgen wieder lustit« fortsehem bis die Ereignisse ihn überhaupt vom französischen Boden vertrieben. Mit seinem Bruder völlig versal len, versuchte er jetzt auf seiner Schwiegervater, den König von Würt temberg, dahin einzuwirken, daß des sen Fürsprache bei den Berbiindetet ihm sein Reich —- wenn auch mit Ge bietsvetkleinerung —- wieder ver schaffe. Ein naives Verlangen, da König Friedrich mit der Aufforde rung beantworten-, seine Tochter soll sich von Jeäime scheiden lassen. Aber Katharina dachte anders. Si weigerte sich entschieden, ihren Gatteivv zu verlassen. Allen Versuchen, sie vor ihm zu trennen, setzte sie einen nichj zu brechenden Widerstand entgegen Jerome und Katharina zogen al ,,Gras und Gräsin vom Harz« zu nächst auch nach der schönen Haupt stadt von Steiermark, um später au den heißen Wunsch Jeroknes, den Graz bald zu langweilig wurde, nac··, dem lustigeren Triest übersiedeln zis dürfen. Hier erfüllte sich endlich auc". die schmerzlich-süße Sehnsucht Ka tharinas. Sie war bisher kinderlo: geblieben und hatte oft davor ge· bangt, das Schicksal der Kaiserin Jo · sephine theilen zu müssen, von Jeromzxz geschieden zu werden,,weil sie ihm leis nen Erben gab. Jn Triest wurde ih ein Knabe geschenkt —- dem späte noch ein zweiter folgte, der unter den zweiten Kaiserreich als Plon - Ploijst » bekannt gewordene Prinz. Jerome aber stürzte sich bald it neue Abenteuer. Er entwich trot scharfer Aufsicht aus Triest, um sio an Murat bei dessen Feldng gegei Oesterreich anzuschließen, nahm dam theil an den Erei nissen der Hunder Tage, des letzten Zdiederaufflammeni des Sterns des gewaltigen Bruders ; ——um endlich, mit Müh und Noth voi den Bourbonen entkommend, zi. sei is ner Gemahlin zurückzukehren. Katha . rina hatte inzwischen eine neue schwere Schule des Leidens durchge macht. Sie war in Triest ziemlic mittellos zurückgeblieben, dann hallis mit Gewalt gezwungen worden, nack dem württembergischen Schloß Gott« pingen überzusiedeln, wo ihr weiter Lj harte Kämpfe mit dem Vater bevor standen. ...«--..-».-,. :. » « »F .- 2 »He « Aber Katharina hielt auch diesmaHFI stand. Sie nahm Jerome 1815 miss« offenen Armen aus, sie trug mit ihnd alle Härten, die König Friedrich, deifil seinen Schwiegersohn jetzt haßte, die-I sem auferlegte; sie setzte endlich durch· daß sie als ,,Fürst und Fürstin Mon-;« fort« wieder nach Oesterreich zurück kehren durften, das immerhin gaftsj freier erschien als ihr .83)eimathslarth.l Hier lebten sie anfangs auf Schlos Schönau, dann nochmals in Triest; ; vielfach in großen finanziellen Nöthen .E iKatharina mußte ihren Schmuck ver pfänden, sie mußte bald bei der ir Rom lebenden Madame Mere, bald bei«« · ihrem eigenen Bruder, bald bei derr Kaiser von Ruszland um Unterstützung , bitten. Nie aber kam bei diesen demü-, "thigenden Schritten eine Klage geger ihren Mann über ihre Lippen. Sie ist ihm die treueste, hingebend liebende. ;Gattin geblieben, bis sie im Sommer i1885 zu Lausanne ein schweres Lei sden von seiner Seite riß. —- Jerome« zaber erlebte noch das Wiederemvor jsteigen des Napoleonssterns, sonntei lsich noch im Glanze des zweiten Kai serreichs. Von seinem Neffen, Na-« poelon lll., wurde er in Paris gast lich aufgenommen, aufs neue als französischer Prinz anerkannt und —sj·z was ihm wahrscheinlich besonders liess war —- mit einer Jahresapanage vonj einer Million Franken ausgestattet iAls Marächal de France und Ehren-; igouverneur der Jnvaliden lebte den« Zimmer noch lustige alte Herr bis zum s8. Juni 1860. Seine Gebeine ruhen« ;im Jnoalidendom an der Seite de ’ großen Bruders, der ikm aus denitv »Nichts zum Könige von Weftsalen ge-; macht hatte. -.. Hanns von Zobeltitz. W Schwur-je Störche. i s Jm sogenannten Urwaloe bei Un ieeliifz Greis Celle, Hannovet) bot-» stet, wie wir dem Si Huberius ent-l « s nehmen, ein schwarzer Storch in einer « jfehk alten, hohen Eiche; der Baum; wird seit einigen Jahren als Natur- - « i denkmal geschont. Dieses Jahr hor stet der schwarze Storch auch noch an drei anderen Punkten der Pravinjs Hannovek, und zwar bei Huxahjs ILachtehaufen und bei Dannenhütiej Greis Gifhorn). W M— ! Kindermnud. ; Onkel: »Aber, Franzi, was withj - ldein Papa sagen, wenn du mit den? pzerrissenen und befchmutzten Kleider-cis heiintommst?« Franzlt »Das weiß ich schon! sagt: Was wird vie Mama sagen?i«